Bericht über ein Austauschsemester in Budapest im Frühjahr 2012 - Austausch an der Eötvös-Loránd Universität in Budapest über ein Programm des ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bericht über ein Austauschsemester in Budapest im Frühjahr 2012 Austausch an der Eötvös-Loránd Universität in Budapest über ein Programm des Akademischen Auslandsamts der Universität Heidelberg
Einleitung Als ich mich im Dezember 2010 für ein Austauschsemester in Budapest beworben habe, habe ich kein ganzes Semester in Heidelberg studiert. Es war eher ein spontaner Einfall gewesen, da ich die Universität und mein Hauptfach gewechselt habe und deswegen sowieso nicht wusste, wie genau mein Studium verlaufen würde. Als ich dann im Februar 2012 nach Budapest gefahren bin, hatte ich drei schöne, aber auch sehr arbeitsintensive Semester in Heidelberg hinter mir, weil ich durch meinen Fachwechsel einen umfangreichen Stundenplan hatte und nahezu immer neben dem Studium gearbeitet habe. Für mich war der Aufenthalt in Budapest sozusagen eine Art Bonussemester vor meinem Bachelorabschluss, weil ich durch mein hohes Arbeitspensum zuvor nur noch drei Kurse belegen musste. Gerade diese Zeit, die ich hatte, war für mich das Beste am Austauschsemester. Vorbereitungen Für die Vorbereitung meines Semesters an der Eötvös-Loránd-Universität hatte ich eine sehr gute Vorlaufzeit, da ich schon im Frühjahr 2011 meine Zusage hatte. Obwohl ich nicht am Erasmusprogramm, sondern einem Programm vom Deutschen Akademischen Austauschdienst teilnahm, wurde ich in Budapest von dem Erasmuskoordinator betreut. Schon im Mai hatten wir angefangen, meinen Aufenthalt zu planen, sodass ich mit einer Kursliste aus Budapest bei der Fachstudienberatung in Heidelberg meine zukünftigen Kurse besprechen konnte. Das war sehr praktisch, da mir auch bei meiner Rückkehr alle in Budapest erbrachten Leistungen für mein Studium anerkannt wurden. Tatsächlich sollte ich meine Kurse ab Februar 2012 schon im Sommer 2011 wählen, was mir sehr früh schien. Ursprünglich hatte ich befürchtet, dass die Kurse dann nicht angeboten wurden, aber das war nicht der Fall. So konnte ich auch schon mit den zukünftigen Dozenten in Kontakt treten und nach Prüfungsformen fragen. Insgesamt fand ich es sehr gut, dass sich die Koordinatoren aus Budapest so früh gemeldet haben und auf Fragen aller Art so schnell geantwortet haben. Das betrifft besonders den Koordinator der Geisteswissenschaftlichen Fakultät an der Universität in Budapest, Sándor Balaci, der nicht nur vorab, sondern auch in Budapest immer erreichbar war und schnell geholfen hat. Auch mit meiner Mentorin hatte ich schon im Sommer 2011 Kontakt, sodass wir uns per Mail ein bisschen kennen lernen konnten. An der geisteswissenschaftlichen Fakultät der ELTE waren die Mentoren wirklich sehr motiviert und haben jede Woche Veranstaltungen geplant. Hoch motiviert hatte ich mich im Wintersemester 2011 für einen Ungarischkurs an der Volkshochschule eingeschrieben und habe bis Februar Ungarisch gelernt. Die Sprache ist wirklich mehr als kompliziert, besonders weil sie im Gegensatz zu allen anderen Sprachen Europas (bis auf finnisch) nicht der indogermanischen Sprachfamilie angehört. Nicht nur alle Wörter klingen gänzlich fremd, die grammatische Struktur ist auch ganz anders als die deutsche, da es keine Präpositionen gibt sondern nur Suffixe. Im Kurs habe ich aber trotzdem die Redewendungen für ein kurzes freundliches Gespräch gelernt, und auch die anderen Vokabeln haben mir im Alltag zumeist geholfen. Außerdem haben sich die meisten Ungarn sehr gefreut, wenn man zumindest versucht hat, Ungarisch zu lernen, denn dass ihre Sprache kompliziert ist, wissen sie selber und schätzen Versuche deswegen umso mehr. Weil ich also schon im Sommer wusste, wie sich mein Universitätsalltag gestalten würde, blieb für die Planung meines Aufenthaltes eigentlich nur die Wohnungssuche. Das Wohnheim in Budapest hatte ich ausgeschlossen, weil ich von Bekannten, die schon in Budapest gelebt haben, wusste, dass die Wohnheime nicht in bestem Zustand waren. Das hätte mich weniger gestört als die Tatsache, dass man sich ein Zimmer mit mindestens einer Person hätte teilen müssen. Einige meiner Komilitonen in Budapest haben im Wohnheim gewohnt, und die Meinungen waren geteilt: Manche fanden es fürchterlich und sind wieder ausgezogen, andere wiederum haben in ihren Zimmerkollegen echte Freunde gefunden. Insofern ist es mit Sicherheit eine Überlegung 2
wert. Allerdings sind gute Zimmer in Budapest für 150-200€ zu haben, die auch noch viel zentraler als Wohnheime gelegen sind. Mein Zimmer habe ich über WG-Gesucht gefunden, per Skype habe ich meine zukünftige Mitbewohnerin, eine Ungarin, kennen gelernt. Zusammen mit mir ist noch eine polnische Erasmusstudentin eingezogen. Mir war es sehr wichtig, mit Ungarn zusammen zu wohnen, da ich damit gerechnet habe, in der Uni nicht unbedingt leicht Kontakt zu ungarischen Komilitonen aufbauen zu können. Diese Einschätzung hat sich leider später bestätigt. Ich habe auf der Buda- Seite direkt neben dem Schlossberg gewohnt, was eine wirklich sehr angenehme Wohngegend war, sehr ruhig und trotzdem sehr gut an das Zentrum angebunden. Gleichzeitig sollte man wissen (was ich bei der Wohnungssuche noch nicht wusste), dass sich im Prinzip das ganze Leben auf der Pester Seite abspielt. Wer also mitten im Geschehen sein möchte, sollte lieber nach Pest ziehen. Nachdem all das erledigt war, blieben nur noch einige kleinere Aufgaben zu bewältigen, die Wohnungskündigung, die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt, Rücksprache mit der Krankenkasse, die Eröffnung eines Kreditkartenkontos (was ich wirklich jedem empfehlen kann, da man so bei Abhebungen keine Gebühren zahlt). Ich wusste, dass ich nicht viele Kurse belegen würde und habe mich aus diesem Grund für ein Praktikum parallel zum Studium im rumänischen Kulturinstitut in Budapest beworben. Das habe ich gemacht, weil in Rumänien geboren bin und dort Familie habe und so auch noch etwas mehr Zugang zu der rumänischen Kultur haben wollte. An der Eötvös-Loránd Universität Budapest Direkt nach meiner Ankunft sollte ich mich bei unserem Fakultätskoordinator melden und einschreiben. Das ging sehr schnell und es waren auch keine Unterlagen dafür erforderlich. Sehr freundlich fand ich, dass er mir auch schnell das Formular für meinen Auslandsbafögantrag ausfüllte, so dass ich den Antrag noch fristgerecht stellen konnte. Als nächstes musste ich meinen Studentenausweis abholen; den gab es in der sogenannten Quaestura, und als Austauschsstudent, der nur für ein Semester da war, erhielt ich als Ausweis nur einen Bogen Papier mit ungarischem Text, den ich alle zwei Monate erneuern musste. Er hat aber gereicht, um mein Monatsticket vergünstigt zu bekommen, wobei die meisten Stellen auch den Internationalen Studentenausweis akzeptieren. Die nächsten zwei Wochen waren für mich damit ausgefüllt, Stadt und Menschen kennen zu lernen. Mit meiner Mitbewohnerin bin ich auf den Schlossberg gegangen bei bitterster Kälte und habe alleine sehr lange Spaziergänge durch die Stadt unternommen. Als ich in Budapest angekommen war, lag noch Schnee, und ich bin sehr froh, Budapest auch im Schnee erlebt zu haben. Allerdings war die Stadt im Winter gerade abends recht leer, was sich ab März merklich geändert hat. In den ersten Wochen gab es verschiedene Kennenlernveranstaltungen seitens der Uni, der Fakultät und der Mentoren. Dazu gehörten eine kleine informelle Begrüßungsfeier, eine Stadtrallye und verschiedene Kneipentouren. Ich finde es bemerkenswert, wie viel Mühe sich alle Beteiligten gegeben haben, so ein umfangreiches Programm aufzustellen, da jede Woche mindestens zwei Veranstaltungen stattfanden. Der Campus der geisteswissenschaftlichen Fakultät ist sehr zentral an Astoria gelegen; es sind keine fünf Minuten zu der Váci ut, der Einkaufsstraße, und es grenzen das jüdische Viertel, das Ausgehviertel an. Direkt neben dem Campus ist das Nationalmuseum, im Prinzip liegen im Umkreis von 200 Metern rund um den Campus allesamt sehr schöne Viertel. An der Universität habe ich drei Kurse belegt; die Semesterzeit war von Mitte Februar bis Mitte Mai; die Klausurenphase ging bis Anfang Juli, allerdings wurden in unseren Kursen keine Klausuren geschrieben. 3
Die Seminare hatten eher Vorlesungscharakter, wobei in zwei Seminaren Referate gehalten wurden, was das aufgelockert hat. Von den Anforerungen her waren meine Kurse sehr gut schaffbar, und als Prüfungsleistung zählten Referat, mündliche Prüfung und kurze Hausarbeit. Insgesamt waren die Englischkenntnisse der Dozenten gut, allerdings gab es manchmal wirklich Verständigungsprobleme wegen mangelnder Englischkenntnisse. Wer an der ELTE studieren wird und Interesse an ungarischer Geschichte hat sollte den Kurs „Postwar history of Hungary 1945-1990“ von Dr. Zsuzsanna Varga besuchen. Sie hält den Kurs häufiger, und er ist sehr interessant. Für Referat und Hausarbeit war man auf die Bibliotheken angewiesen; als erste Anlaufstelle sei die Universitätsbibliothek der ELTE genannt (Egyetemi Könyvtár), die einige deutsch- und englische Publikationen hat, die ausgeliehen werden können für einen Zeitraum für zwei Wochen. So oder so sind die Lesesäle am Ferenciek Ter, der nur zwei Minuten Fußweg vom Campus entfernt ist, sehr schön ausgestattet mit alten Holztischen und Lampen. Kleidung und Taschen gibt man bei einer sehr freundlichen Dame an der Garderobe ab, die einen nach ein paar Tagen wiedererkennt. Bevor man die Bibliothek nutzen kann muss man einen Bibliotheksausweis machen, den man dann am Eingang des Lesesaals für die Benutzungsdauer abgibt. Per Onlinekatalog kann man sich vorab informieren, ob gebrauchte Bücher vorhanden sind. Eigentlich sollte jeder die Bibliothek zumindest von außen und innen sehen, sie gehört zu einen der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Sobald man aber als Geisteswissenschaftler speziellere Literatur braucht, reicht die Universitätsbibliothek nicht unbedingt aus. Dann muss man die CEU-Library nutzen (Die Bibliothek der von George Soros gegründeten Central European University) direkt an der Szent Istvan Bazilika. Um diese Bibliothek nutzen zu können braucht man ungefähr eine Woche Vorlauf: Um einen Ausweis zu bekommen muss man sich online anmelden (unter http://www.library.ceu.hu/memext.html) und ein Foto sowie ein Empfehlungsschreiben eines Dozenten einreichen. Die Dozenten schreiben diese Empfehlungen ohne Vorbehalte, nach diesem Prozedere dauert es noch circa zwei Tage bis man seinen Ausweis dann für 750 Forint (≈2,5€) abholen kann. Ohne diesen Ausweis darf man die Bibliothek nicht betreten, und es wird am Eingang kontrolliert! Dieser Gastausweis ist auch nur für einen begrenzten Zeitraum gültig und man kann damit keine Bücher ausleihen. Da die Bibliothek Samstags nur bis 14 Uhr geöffnet ist und Sonntag gar nicht, sollte man diese Vorlaufzeit einplanen. Wie bereits erwähnt haben sich die Mentoren große Mühe gegeben, Programm zu bieten. Dazu gehörten klassische Erasmusparties mit anderen Universitäten Budapests und Mottoparties. Ob einem solche Veranstaltungen gefallen, ist wohl eher Geschmackssache. Daneben gab es Theaterbesuche oder eine Stadtführung. Leider wurden aber die zu Anfang des Semesters angekündigten Ausflüge in die Nachbarländer nicht unternommen. Was das Rahmenprogramm angeht ist auch das Festival an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, wo im Campus Konzerte und anderes stattfanden. Eine super Erfahrung! Meine Mentorin war sehr nett und hat mir viel in der Stadt gezeigt und Tipps gegeben. Wir haben uns circa einmal im Monat getroffen und etwas unternommen und sie hat mich auch zu sich nach Hause nach Pécs eingeladen. Auch alle anderen Erasmusstudenten die ich kenne hatten nette Mentoren die vieles vorgeschlagen haben, also würde ich jedem empfehlen, auch um einen Mentor zu bitten. Parallel zum Studium habe ich ein Praktikum im rumänischen Kulturinstitut in Budapest absolviert; einmal die Woche habe ich dort in der Bibliothek ausgeholfen und konnte so nochmal mehr über Rumänien lernen. Außerdem war ich oft bei den kulturellen Abendveranstaltungen, zum Beispiel bei Konzerten oder im rumänischen Theater, besonders schön war eine Vernissage für zeitgenössische rumänische Kunst in der Kunsthalle Budapest. Das Praktikum hat mir viel Spaß gemacht, weil mich die Kollegen sehr herzlich aufgenommen haben. So habe ich mein Rumänisch ganz spürbar verbessern können, was mich sehr gefreut hat. Ohnehin war es mir gut möglich, in Budapest Zugang zu meinen rumänischen Wurzeln zu haben, weil ich von dort aus 4
sehr gute Verbindungen zu meinen Verwandten nach Rumänien hatte und so zwei Mal nach Rumänien gefahren bin. Leben in Budapest Budapest ist eine Stadt voller Kultur und vor allem mit Lebensart. Wer historisch und kulturell interessiert ist, kann sich gut beschäftigen, aber auch das Nachtleben ist vielfältig. Über Sehenswürdigkeiten kann man sich gut online informieren oder in Reiseführern. Ich will nur kurz etwas zum Charakter der Stadt schreiben und meine persönlichen Empfehlungen abgeben. Karte von: http://mappery.com/maps/Budapest-Tourist-Map-2.gif Als erste Unterscheidung bietet sich die Unterteilung in die zwei Seiten Budapests an: Buda und Pest. Buda Buda hat einen ganz anderen Charakter als Pest. Das Leben ist hier ruhiger und es sind eher reine Wohngegenden. Der Lebensstandard scheint im Allgemeinen gehobener zu sein; dennoch sind die Mieten sehr bezahlbar, für Heidelberger Verhältnisse regelrecht günstig. Im ersten Bezirk liegt eine der Hauptattraktionen Budapests, der Schlossberg. Tagsüber immer voll, kann man durch mittelalterliche Gassen spazieren oder auf einer Kirchenruine picknicken. Besonders beliebt ist die Fischerbastion, eine Maueranlage aus dem 19. Jahrhundert von der man auf die Donau und die Pester Seite sehen kann. Je wärmer es wird, desto voller wird der Schlossberg, also empfiehlt es sich, abends zu kommen – gerade dann ist das Budapestpanorama am 5
schönsten. Im Schloss sind das Budapester Geschichtsmuseum untergebracht, was sehr schön die Stadtgeschichte aufbereitet, sowie Nationalgalerie und –bibliothek. Nationalgalerie auf dem Schlossberg – Eigenes Foto Je weiter weg man von der Donau wohnt auf der Budaseite, umso schlechter wird die Anbindung bei den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das sollte man bei der Wohnungssuche unbedingt berücksichtigen. Pest In Pest spielt sich das kulturelle Leben und das Nachtleben ab. Es ist hektischer, voller, lauter und lebhafter, aber auch teilweise nicht so gepflegt und entspannt wie Buda. Im jüdischen Viertel sind viele alternative Bars und drei noch erhaltene Synagogen von denen eine, die Große Synagoge, die größte in Kontinentaleuropa ist. Dieses Viertel ist manchmal etwas heruntergekommen und hat so einen ganz eigenen Charme, in der Nacht sind die Straßen bevölkert und sogenannte „Ruinenpubs“ sind eine Spezialität Budapests. Sehr schön ist die sommerliche Gartenkultur, es eröffnen in lauter Hinterhöfen kleine Lokale in denen man draußen sitzen kann. Rund um das imposante Parlament am Donauufer sind einige Ministerien und weitere Prachtbauten; auf dem Freiheitsplatz (Szabadság ter) ist ein schöner zentraler Park, der im Sommer stark bevölkert ist. In dem gleichen Bezirk befindet sich auch die Einkaufsstraße Váci ut sowie die Szent Istvan Bazilika, auf deren Stufen man schön sitzen kann. In diesem Viertel ist das Preisniveau etwas höher als in anderen Vierteln, jedoch immer noch nicht höher als in Deutschland. 6
Die Prachtsstraße Andrássy út führt an teuren Geschäften und lokalen am Theaterviertel und Oper vorbei auf den Heldenplatz (Hösök ter), hinter dem der große Stadtpark (Városliget) beginnt. In dem Stadtpark ist sonntags ein großer Flohmarkt, es gibt eine kleine Burganlage mit Museen und das Szechenyi-Thermalbad, eine touristische Hauptattraktion. Das Szechenyibad ist riesig und wunderschön, vom Eintritt her etwas teurer (circa 12 € für einen Tag) aber absolut lohnenswert! Die Museen in Budapest sind interessant, aber leider nicht unbedingt gut mit englischen Texten ausgestattet. Das war ganz besonders im vielgelobten Haus des Terrors schade. Im Nationalmuseum fällt eine heroisierende Darstellung der ungarischen Geschichte sehr auf. Insgesamt ist in der ganzen Stadt die Erinnerung an die Revolution von 1956 und die Zeit des Sozialismus sehr präsent, die an den Faschismus wesentlich weniger. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man sich Museen ansieht. Ein absolutes Muss ist meiner Meinung nach ein Besuch der Oper: In einem prunkvollen goldenen Saal kann man wundervoll inszenierte Opern bestaunen. Es gibt zwar keinen Studentenrabatt, aber zwischen 2,50 und 10€ kann man wirklich gute Plätze kaufen. Praktische Informationen Der Nahverkehr ist sehr gut ausgebaut; ein Monatsticket für Studenten kostet 3.300 Forint, also ungefähr 11€.Es gibt Busse, Straßenbahnen und drei Metrolinien. Schwarzfahren lohnt sich nicht nur wegen dieser Preise nicht, sondern auch weil an allen Metrostationen und in Nachtbussen Fahrscheine kontrolliert werden. Es gibt ein großes Nachtbusnetz, da die Metros ab halb zwölf Uhr nachts nicht mehr fahren; mindestens einmal stündlich fahren Nachtbusse an jedem Tag der Woche. Lebensmittel bekommt man entweder in einer der Markthallen, die ohnehin eine Sehenswürdigkeit sind, oder in den zahlreichen Supermärkten; CBA entspricht am ehesten unserem Rewe und verkauft auch Feinkost, Match ist sehr günstig und unterhält in der Innenstadt viele Nonstop-Filialen. Ohnehin gibt es überall kleine Nonstopgeschäfte in denen man Lebensmittel, Getränke, Drogerieartikel und Zigaretten rund um die Uhr kaufen kann. Das Preisniveau liegt hierbei leicht unter dem deutschen, aber nicht stark. Imbisse und Büfés sind aber wesentlich günstiger als in Deutschland, sodass selber kochen von der Preisersparnis her sich nicht unbedingt lohnen muss. Ingesamt liegen die Lebenshaltungskosten merkbar unter denen in Deutschland, auch, weil Ausgehen so günstig ist und man sich, wenn man weiß wo, sehr günstig ernähren kann. Auch die Miete verbraucht im Normalfall nicht so viel wie in Deutschland – im Gegenteil. Ich habe keine Förderung erhalten, kein Erasmusgeld, Stipendium oder Auslandsbafög, und habe trotzdem keine Abstriche machen müssen. Wer aber, wie ich auch, plant das Land oder Nachbarländer zu bereisen, sollte pro inländischen Ausflug um die 80-100€ zusätzlich einplanen, bei Ausflügen ins Ausland natürlich mehr. Zum Arzt habe ich in Budapest nicht gehen müssen; aus Erzählungen anderer kann ich nur sagen, dass es sich lohnen kann, erstmal verschiedene Ärzte zu vergleichen, da sie teilweise sehr unterschiedlich hohe Honorare für ihre Leistungen verlangen. Die Kosten bekommt man zwar von seiner Krankenkasse aus Deutschland erstattet, aber nur bis zu einer bestimmten Höhe. Medikamente in der Apotheke sind viel günstiger als in Deutschland. Die meisten Ungarn die ich in Budapest getroffen habe sprechen sehr gut Englisch, oft sogar gutes Deutsch. Wenn nicht, klappt es meistens trotzdem mit der Kommunikation oder eine Person, die Englisch oder Deutsch spricht schaltet sich ein. Die meisten Menschen sind freundlich und hilfsbereit in den Geschäften. Ich habe den Reiseführer „Budapest: Ein kritischer Reiseführer“ von Andras Török verschlungen und kann ihn nur wärmstens empfehlen, weil er über die Oberflächlichkeit anderer Reiseführer hinausgeht und den Charme der Stadt in meinen Augen perfekt einfängt. Ansonsten kann man 7
sich bei tripadvisor recht gut informieren. Für tagesaktuelle Berichte über Politik in Ungarn und der Region sollte man auf jeden Fall den Pester Lloyd lesen unter www.pesterlloyd.net. Sicherheit In Budapest habe ich mich nie unsicher gefühlt, allerdings sollte man sich an die vielen, teilweise sehr offensiv bettelnden Obdachlosen in Budapest gewöhnen. Manchmal laufen einem Bettler auch einige Meter nach, was besonders nachts sehr unangenehm ist. Am besten ist, man beschleunigt dann seinen Schritt, denn auf bestimmte Ablehnung reagieren viele tendenziell agressiv. Traurigerweise gehört es auch in der Innenstadt nachts zum Straßenbild, dass Obdachlose in Hauseingängen übernachten. Von ihnen geht aber keine Gefahr aus. Eigentlich ist die Polizeipräsenz in der Innenstadt relativ hoch, und auch in den Nachtbussen und den Straßenbahnlinien 4 und 6, die die ganze Nacht über fahren, ist Sicherheitspersonal. Man kann sich also sehr sicher bewegen. Falls man sich nachts unsicher fühlt, kann man auch immer noch ein Taxi nehmen, die sind in Budapest eigentlich sehr günstig. Weiterhin wird vor Taschendiebstahl und Trickbetrug gewarnt. Dass man seine Wertsachen gerade in Gedränge und der Innenstadt nah an sich tragen sollte und immer im Blick haben sollte versteht sich von selbst und ist ein vernünftiges Verhalten, das man in jeder Stadt an den Tag legen sollte. Im Internet und Reiseführern wird vor dem VIII. Bezirk, der Josefstadt (Jozsefváros) gewarnt, ebenso wie vor der Gegend um den Ostbahnhof (Keleti pu) sowie um den Verkehrsknotenpunkt Blaha Lujza ter. Die Josefstadt liegt am großen Ring und ist irgendwie eine andere Welt als andere Bezirke. Die Häuser sind sehr heruntergekommen und es ist ein teilweise großer Kontrast zu anderen Stadtteilen; in manchen Häusern sieht man noch Einschüsse von den Straßenkämpfen im Oktober 1956. Allerdings haben Komilitonen sowohl dort als auch am Ostbahnhof gewohnt und keiner hat sich darüber beschwert. Meine Vermutung ist, dass die Stadtteile deswegen in Verruf sind, weil dort viele Sinti und Roma wohnen, welche in Ungarn in der öffentlichen Meinung leider sehr schnell kriminalisiert werden. Ich habe in diesen Bezirken auch abends keine schlechten Erfahrungen gemacht, da ich da aber auch nicht dort gelebt habe, kann ich nicht beurteilen, ob sie tatsächlich so unsicher sind. Meiner Meinung nach sollte man sich aber von diesen Aussagen nicht verrückt machen lassen und sich selber ein Bild davon verschaffen, ob man sich dort wohl fühlt oder nicht. Mir kamen die Warnungen insgesamt übertrieben vor, aber vermutlich steckt ein Fünkchen Wahrheit drin. Ohnehin wird man abends in diesen Gegenden eher weniger unterwegs sein, da sich die meisten Ausgehmöglichkeiten im jüdischen Viertel, der Theresienstadt, oder in anderen Vierteln befinden. 8
Politische Situation in Ungarn Aus deutscher Berichterstattung weiß man, dass die politische Situation in Ungarn höchst angespannt ist. Bevor ich nach Budapest gegangen bin, war ich besorgt wegen der politischen Situation und besonders wegen der Jobbikanhänger. Ungarn wird mit absoluter Mehrheit von der Partei Fidész regiert, Premierminister ist Viktor Orbán. Fidész ist eine konservative Partei, aber nicht rechtsextremistisch. Rechtsextremistisch ist die Partei Jobbik, die de facto mitregiert sodass Orbán im Parlament über eine Zweidrittelmehrheit verfügt. Mit dieser Mehrheit hat die Regierung die Verfassung und das Wahlrecht verändert sowie das höchst umstrittene Mediengesetz erlassen. In der Zeit als ich in Budapest war gab es alleine drei sehr große Demonstrationen oder Kundgebungen, von denen nur bei einer vorher klar war, dass sie stattfinden würde. Glücklicherweise bin ich keiner dieser Veranstaltungen begegnet. Im Februar gab es eine gemeinschaftliche Demonstration deutscher Nazis und ungarischer Jobbiks in der Stadt, von der ich erst im Nachhinein erfahren habe. Den Nationalfeiertag am 15. März habe ich verpasst, aber auf Fotos wird deutlich, in was für Massen die Jobbik marschierte und wie beängstigend sie sind, da sie gerne Uniformen der Pfeilkreuzler, der ungarischen Faschisten aus dem Zweiten Weltkrieg, tragen. Desweiteren fand auf dem Heldenplatz eine Vereidigung tausender Jobbikanhänger statt. Während man in Deutschland wissen würde, ob in den nächsten Tagen Nazis mehr oder weniger vor der eigenen Haustür demonstrieren würden, war es für mich sehr schwer, mich in Budapest vorab zu informieren. Der Pester Lloyd, eine sonst sehr zuverlässige Informationsquelle, hat mir dabei leider nicht weitergeholfen. Im Straßenbild fallen einem, wenn man ihre Symbole kennt, einige Jobbiks auf, allerdings weniger als ich erwartet hätte. Ingesamt ist die Situation sehr beunruhigend, man kommt aber als Austauschstudent nicht stark in Berührung mit diesen Problemen. Ein bestimmendes Bild sind in Budapest die vielen Ungarnflaggen, die, gerade um den Nationalfeiertag herum das Stadtbild dominieren. Mir ist aufgefallen, das viel stärker an die Opfer des Kommunismus erinnert wird, als an die Opfer des Zweiten Weltkriegs. Schockierend fand ich zum Beispiel, dass im Nationalmuseum der ungarische Reichsverweser Miklós Horthy, der Ungarn von 1920 bis 1944 regierte und sich für antisemitische Gesetze verantwortlich zeigt, ausschließlich als kompetenter Staatsmann dargestellt wird. Der Vertrag von Trianon, in dem 1920 Ungarn Zweidrittel seines ehemaligen Territoriums an Nachbarländer verlor, scheint, polemisch ausgedrückt, immer noch ein nationales Trauma zu sein. Dazu muss man nicht an den Eklat denken, als Ungarn in der Zeit der eigenen europäischen Ratspräsidentschaft einen Teppich auslegte, auf dem die Umrisse Ungarns vor 1920 zu sehen waren. Es ist Standard, dass auch 90 Jahre nach diesem Vertrag die Umrisse Großungarns überall auf Souvenirs, T-Shirts und Pullovern zu sehen sind, was mir persönlich sehr komisch vorkommt. Ich habe viele Schüler gesehen, die solche Pullover tragen oder in einer anderen Form ihren Patriotismus kundtun. Die Jobbik ist auf die EU gar nicht gut zu sprechen, ein EU- Abgeordneter der Jobbik verbrannte sogar eine EU-Flagge auf einer Kundgebung öffentlichkeitswirksam auf der Bühne. Im April musste der ungarische Staatspräsident Pál Schmitt zurücktreten, weil er in seiner Dissertation plagiiert hatte. Als eine Demonstration gegen ihn vor seinem Amtssitz stattfand, bin ich interessiert hingegangen, nur um festzustellen das wohl kaum 250 Leute da waren. Das scheint symptomatisch: Auch am Nationalfeiertag war die Demonstration gegen die Regierung Orbán wesentlich kleiner als die Demonstration der Jobbiks. Ein Gesetzesvorhaben im Frühjahr führte zu Hörsaalbesetzungen durch Studenten: In einem neuen Hochschulgesetz sollten Studenten darauf verpflichtet werden, nach Abschluss ihres Studiums in Ungarn für ein paar Jahre in Ungarn zu bleiben- sonst sollten sie die gesamten Kosten ihres Studiums rückwirkend tragen. Mit diesem Gesetz plante die Regierung, die starke Abwanderung von Hochschulabsolventen zu unterbinden. Die Reaktion waren Proteste und 9
eben genannte Hörsaalbesetzungen, außerdem führte der Vorschlag zu weiteren Spannungen im Verhältnis zur EU. Was man sich immer vor Augen halten sollte ist, dass die Löhne in Ungarn einfach sehr niedrig sind. Auch wenn das Preisniveau unter dem deutschen liegt, liegt das Lohnniveau wesentlich stärker unter dem deutschen. Das sieht man nicht unbedingt in den schön renovierten Stadtzentren, aber es ist ein drängendes gesellschaftliches Problem. Auch die Integration von Sinti und Roma bleibt ein Problem; sogenannte Bürgerwehren in ländlichen Gebieten, die Sinti und Roma in Ghettos einpferchen sind schockierende Zustände; Umfragen zeigen, dass sie von großen Teilen der Bevölkerung als kriminell gesehen werden, und auch die meisten Parteien teilen programmatisch diese Ansicht. Die politische Situation lässt sich also kaum beschönigen. Die hohe Gewaltbereitschaft, der Rassismus und Antisemitismus der Jobbiks ist bekannt. Die Situation bringt aber meines Erachtens für Außenstehende keine größeren persönlichen Gefahren mit sich und ist gerade in der Innenstadt Budapests nicht permanent präsent. Über diese Verhältnisse sollte man sich aber im Klaren sein und nicht so ignorant sein, sich nur wegen der Sprachbarriere, und weil es prinzipiell ginge, nicht damit auseinanderzusetzen. Reisen in Ungarn Ungarn ist kein sehr großes Land und Budapest liegt direkt in der Mitte: Man kann also sehr schnell andere Städte in Ungarn erreichen. Die ungarische Bahn MAV ist sehr günstig, und als Student im Inland zahlt man nur die Hälfte des regulären Fahrpreises. Die Fahrkarten kann man in den Zügen kaufen, zahlt in dem Fall aber eine Gebühr von 3.000 Forint extra. Das entspricht ungefähr 10€ und ist dann doch schnell mehr als der eigentliche Fahrtpreis. Deswegen sollte man seine Fahrkarten an den Bahnhöfen Deli (Bahnhof in Buda), Keleti (Ostbahnhof) oder Nyugati (Westbahnhof) kaufen. Da die Mitarbeiter an den Fahrkartenschaltern nicht immer unbedingt englisch oder deutsch sprechen ist es praktisch, sich auf www.mav.hu die Zugverbindung exakt aufzuschreiben und dann am Schalter einfach den Zettel und den Studentenausweis vorzulegen. Das hat für mich sehr gut funktioniert. Ich habe Ausflüge nach Szentendre, Pécs, Eger und Szeged unternommen. Szentendre ist nur wenige Kilometer nördlich von Budapest an der Donau gelegen, eine Fahrt dahin ist nicht mit dem Monatsticket möglich, man muss eine Anschlussfahrkarte ziehen für 100 Forint. Szentendre ist ein kleines Städtchen, das vom Charakter her Heidelberg ähnelt. Am Wochenende tummeln sich in den Gassen viele Ausflügler, man kann traditionelle Keramik kaufen und einen sehr schönen Tag in der Stadt und an der Donau verbringen. Pécs ist im Süden Ungarns nahe an der kroatischen Grenze und war im Jahr 2010 Kulturhauptstadt Europas. Diesem Umstand hat die Stadt eine sehr gute touristische Infrastruktur zu verdanken; im Tourismusbüro gibt es viele informative und schön gestaltete Prospekte. Wer Zeit hat, sollte diese Stadt wirklich für ein Wochenende besuchen! In der Stadt kann man noch sehr eindrücklich den osmanischen Einfluss in Ungarn bestaunen, da noch eine große Moschee erhalten ist. Neben anderen innerstädtischen Sehenswürdigkeiten wie dem Dom ist die Stadt sehr studentisch geprägt, und es wird viel deutsch gesprochen. Etwas außerhalb des Zentrums ist das Kulturgelände der ehemaligen Zsolnay-Manufaktur. In den Zsolnaymanufakturen wurde Keramik hergestellt sowie eine ganz einzigartige Lasur entwickelt, die man vor allem in Pécs, aber auch auf Dächern und Fassaden anderer Häuser bestaunen kann. Das Gelände umfasst die alten Manufakturen und auch die Medien-Fakultät der Universität Pécs. Eger ist im Nordosten Ungarns und vor allem für seine Weine bekannt, den „Egri Bikaver“, das Erlauer Stierblut. Auch hier ist der osmanische Einfluss stellenweise noch zu sehen, unter 10
anderen in Form eines einzelstehenden Minarettes. Außerdem gibt es eine große Burg und die zweitgrößte Basilika Ungarns zu sehen, und die Stadt hat ein sehr angenehmes Flair. Ein wenig außerhalb der Stadt ist das „Tal der schönen Frauen“ mit vielen Weinkellern, die in die Bergwand gemauert sind und Essen und Getränke verkaufen. Dieses Tal wird als Attraktion sehr gelobt, aber ich persönlich fand es sehr kitischig und unauthentisch. Die Fahrt zu diesem Tal dauert ungefähr eine halbe Stunde mit einer Bummelbahn und ist ohnehin nicht teuer; insofern kann man sich das aus Interesse in Eger auch noch ansehen. Außerdem habe ich ein Wochenende in Szeged verbracht, was ich nur jedem empfehlen kann; man kann viel Jugendstilarchitektur bestaunen und durch die insgesamt sehr grüne Stadt flanieren. Im Mai findet ein Weinfest statt, bei dem auf dem gesamten Hauptplatz Winzer ihren Wein verkaufen und Musik gespielt wird. Auf der großen Theißbrücke ist ein Handwerkermarkt. Auch Szeged ist ziemlich studentisch geprägt, sodass man auch den Abend schön verbringen kann. Für Szeged kann man ruhig zwei Tage einplanen, aber ein Tag würde wahrscheinlich auch reichen, sich alles anzusehen. An zwei Tagen kann man noch einen Besuch im Thermalbad anschließen, das wesentlich günstiger ist als alle Bäder in Budapest. Im Ausland bieten sich Städte wie Timisoara in Rumänien, Bratislava in der Slovakei oder Wien an. Zu allen diesen Städten braucht man maximal vier Stunden per Bus oder Bahn. Zagreb und Belgrad sind circa acht Stunden entfernt. Insofern kann man Budapest als guten Ausgangspunkt für einige kleinere Reisen wählen. Ich selber bin nur auf dem Rückweg nach Deutschland für drei Tage in Wien gewesen und der Fahrtpreis beträgt 11 € mit einem Bus von Orange Ways. Dieses Busunternehmen fährt auch in andere Städte (z.B. Prag) und ist sehr günstig. Vor meinem Heimweg noch einmal in Wien gewesen zu sein war für mich persönlich ein sehr würdiger Abschluss eines insgesamt besonders schönen Semesters in Budapest. Fazit Mein Semester in Budapest war bereichernd. Ich habe in einer wunderschönen Stadt gelebt, habe sehr gute Freunde gefunden und Ungarn, ein wunderschönes Land, kennen lernen können. Das Semester war wie im Zeitraffer vergangen, weil ich so viel neues erlebt habe, gleichzeitig war es im Vergleich zu meinem vorherigen Studium regelrecht entschleunigt, weil ich sehr viel Zeit neben dem Studium hatte. Diese freie Zeit hat mir sehr dabei geholfen, mich persönlich zu orientieren. Ich hatte Zeit, mir zu überlegen, was ich nach dem Semester machen möchte, was eventuell ein Berufsweg für mich sein könnte, auf was ich mich in meinem Master spezialisieren möchte, und ich glaube auch, dass es deswegen so gut funktioniert hat, weil ich mir alle diese Fragen außerhalb meines Alltags in Deutschland gestellt und beantwortet habe. Das hat mich sehr gestärkt und ich bin mit einer ungemeinen Motivation zurückgekehrt, was mein weiteres Studium angeht. Für mich war das wahrscheinlich das wertvollste, was mir das Semester in Budapest gebracht hat. Deswegen würde ich auch jedem empfehlen, der ein Auslandssemester machen möchte, sich den Stundenplan nicht zu überfrachten. Ich hätte auch meine Bachelorarbeit in Budapest schreiben können und habe mich glücklicherweise dagegen entschieden; einige meiner Freunde und Bekannten haben ihre Abschlussarbeit in Budapest geschrieben und waren dadurch teilweise sehr eingeschränkt oder mussten fahren. Wenn man die Chance hat, in einer anderen Stadt zu leben, wäre es schade, sich selber von vornerein so einzuschränken. Aus persönlicher Erfahrung würde ich deswegen jederzeit wieder im Studium oder auch danach ins Ausland gehen, was ich vor meinem Auslandssemester nicht für möglich gehalten hätte. Deswegen würde ich jedem, der sich überlegt, ein Auslandssemester zu machen, raten, es zu tun. Meine Erfahrungen hätte ich bestimmt auch in einer anderen europäischen Stadt machen können. Für Budapest spricht aber die Vielfältigkeit des kulturellen Angebots, die Freundlichkeit der Menschen und am Ende natürlich auch das Preisniveau. Außerdem finde ich die Exotik ideal dosiert: Natürlich ist vieles anders als in Deutschland, aber nicht in einem Ausmaß, das man als Kulturschock bezeichnen könnte. Es ist spannend, sich in Budapest einzuleben, aber nicht 11
anstrengend. Es ist weit genug weg, um Abstand zum Alltag zu gewinnen und nah genug, um kein Heimweh zu bekommen. Für mich war es auch einfach schön, neben der ungarischen Kultur auch noch die rumänische Kultur viel besser kennen lernen zu können. Deswegen muss ich mich ganz besonders beim Akademischen Auslandsamt der Universität Heidelberg bedanken, denn eigentlich waren alle Austauschplätze an der Eötvös-Loránd Universität schon vergeben. Es ist dem Einsatz der ehemaligen Koordinatorin Christine Müller zu verdanken, dass ich an der ELTE studieren konnte, weil Sie sich die Mühe gemacht hat, extra für mich anzufragen, ob ich nicht als zusätzliche Austauschstudentin an die Universität gehen könne. Auch Frau Fischer, ihre Nachfolgerin, hat mich sehr gut betreut und mir immer schnell Auskunft gegeben oder Dokumente geschickt, genauso wie die Koordinatoren in Budapest. 12
Sie können auch lesen