Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemeinden - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen
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Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemeinden Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Verkehrstechnik Heft V 113
Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemeinden von Karl-Heinz Schweig Stephan Keuchel Roland Kleine-Wiskott Rolf Hermes Clemens van Acken Forschungsschwerpunkt Stadtverkehr Fachhochschule Gelsenkirchen Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Verkehrstechnik Heft V 113
Die Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs- ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihe besteht aus folgenden Unterreihen: A - Allgemeines B - Brücken- und Ingenieurbau F - Fahrzeugtechnik M- Mensch und Sicherheit S - Straßenbau V - Verkehrstechnik Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichten Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des Herausgebers wiedergeben. Nachdruck und photomechanische Wieder- gabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmi- gung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Die Hefte der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen können direkt beim Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bgm.-Smidt-Str. 74-76, D-27568 Bremerhaven, Telefon (04 71) 9 45 44 - 0, bezogen werden. Über die Forschungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen wird in Kurzform im Informationsdienst BASt-Info berichtet. Dieser Dienst wird kostenlos abgegeben; Interessenten wenden sich bitte an die Bundesanstalt für Straßenwesen, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Impressum Bericht zum Forschungsprojekt 77.460/2001: Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemeinden Projektbetreuung Klaus Krause Herausgeber Bundesanstalt für Straßenwesen Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach Telefon: (0 22 04) 43 - 0 Telefax: (0 22 04) 43 - 674 Redaktion Referat Öffentlichkeitsarbeit Druck und Verlag Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH Postfach 10 11 10, D-27511 Bremerhaven Telefon: (04 71) 9 45 44 - 0 Telefax: (04 71) 9 45 44 77 Email: vertrieb@nw-verlag.de Internet: www.nw-verlag.de ISSN 0943-9331 ISBN 3-86509-134-2 Bergisch Gladbach, Juni 2004
3 Kurzfassung – Abstract Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemein- vant sind. Die Fallstudien zeigen aber auch, dass den auch in kleinen und mittleren Gemeinden Car-Sha- ring wirtschaftlich und zum Teil mit beachtlichen Im Forschungsbericht wird das Car-Sharing, also Nutzerzahlen betrieben werden kann. Für kleine Ge- das organisierte Teilen von Kraftfahrzeugen, in Ge- meinden sind spezielle Modelle entwickelt worden, meinden unter 100.000 Einwohnern betrachtet. die Car-Sharing auch mit sehr geringen Nutzerzah- Nach einer begrifflichen Abgrenzung der verschie- len ermöglichen. Die Nutzung von Car-Sharing denen Formen von Mobilitätsdienstleistungen auf durch Gemeindeverwaltungen oder Firmen kann für Basis flexibler Autonutzung werden die Konkurrenz- eine bestimmte Grundauslastung der Fahrzeuge beziehungen zwischen den beiden bedeutens- sorgen und so einen Standort sichern. Schließlich ten Mobilitätsdienstleistungen – dem Car-Sharing wird aufgezeigt, welche vielfältigen Möglichkeiten und der Autovermietung – untersucht. Es stellt sich Gemeindeverwaltungen haben, das Car-Sharing in heraus, dass in einzelnen Marktsegmenten eine sol- ihrem Gemeindegebiet zu unterstützen. Neben der che besteht. eigenen Teilnahme am Car-Sharing, die auch für die Darauf folgend wird eine umfassende Marktanalyse Gemeindeverwaltung vorteilhaft sein kann, ist hier vorgestellt. Für die kleinen Gemeinden mit weniger auch die Bereitstellung von Infrastruktur (z. B. von als 20.000 Einwohnern wurde eine schriftliche Be- Stellplätzen) oder die Bestellung von Car-Sharing- fragung zum Thema durchgeführt, zu den mittleren Leistungen in Orientierung an der Aufgabenträger- Gemeinden zwischen 20.000 und 100.000 Einwoh- schaft des öffentlichen Personennahverkehrs denk- nern eine entsprechende Internetrecherche. Die Un- bar. tersuchung zeigt, dass Car-Sharing in kleinen und Eine Bestätigung der bis dahin gewonnenen Er- mittleren Gemeinden im Vergleich zu den Großstäd- kenntnisse liefert die Auswertung einer schriftlichen ten geringer verbreitet ist. Befragung sämtlicher deutscher Car-Sharing-Orga- Eine Analyse der Wirtschaftlichkeit von Car-Sharing nisationen, welche in Zusammenarbeit mit den Be- in kleinen und mittleren Gemeinden ergab, dass vor arbeitern eines Parallelprojektes durchgeführt allem in den kleinen Gemeinden häufig die Rahmen- wurde (FE 77.461/2001: „Bestandsaufnahme und bedingungen für Car-Sharing ungünstig sind. Dies Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Car-Sha- betrifft vor allem die Siedlungsstruktur, welche mit ring“). Auf der geschaffenen Wissensgrundlage wer- abnehmender Gemeindegröße das Entstehen und den vier Car-Sharing-Modelle dargestellt, die den Wachsen von Car-Sharing behindert. Auch der besonderen Erfordernissen in kleinen und mittleren ÖPNV ist häufig mangelhaft. Weiterhin können Kos- Gemeinden angepasst sind. Es handelt sich dabei tenvorteile größerer Organisationen identifiziert wer- um herkömmliches Car-Sharing, das sog. Einbrin- den. Sie kommen vor allem in kleineren Gemeinden germodell, Car-Sharing mit Deckungsgarantie sowie nur dann zum Tragen, wenn das Car-Sharing vor Ort privates Autoteilen auf vertraglicher Basis. Die Mo- als Filialbetrieb organisiert wird. Kostennachteile delle werden im Forschungsbericht erläutert und mit kleiner Organisationen können allerdings durch eh- Beispielen aus der Praxis belegt. Abschließend wird renamtliche Tätigkeit zum Teil kompensiert werden. weiterer Forschungsbedarf aus Sicht der Projektbe- Auch das in Großstädten häufig praktizierte Einge- arbeiter aufgezeigt. hen von Kooperationen mit Verkehrsbetrieben kann Der Originalbericht enthält als Anlagen 1. die für die vor allem in den kleineren Gemeinden aus Mangel Erhebung verwendeten Fragebögen zur Befragung an Möglichkeiten kaum praktiziert werden. Darüber von Gemeinden, Car-Sharing-Organisationen und hinaus gibt es bestimmte kritische Unternehmens- für die Experteninterviews sowie 2. die verschiede- phasen, die in kleinen und mittleren Gemeinden eine nen Nutzerverträge. Außerdem wurde ein Handbuch relativ große Rolle spielen. für Car-Sharing-Initiatoren, Initiativen und Gemein- Im Rahmen von Fallstudien wurden Expertenge- deverwaltungen entwickelt. Bei der vorliegenden spräche bei Vertretern von Car-Sharing-Organisatio- Veröffentlichung wurde sowohl auf die Anlagen als nen geführt. Dabei wurden die zuvor erarbeiteten auch auf den Abdruck des Handbuches verzichtet. Erkenntnisse auf ihre Praxisrelevanz hin überprüft. Anlagen und Handbuch liegen bei der Bundesan- Es zeigt sich, dass die aufgezeigten Probleme in stalt für Straßenwesen vor und sind dort einsehbar. kleinen und mittleren Gemeinden in der Praxis rele- Soweit im Berichtstext Verweise darauf enthalten
4 sind, wurden diese zur besseren Orientierung des show that it is possible to run car-sharing Lesers beibehalten. operations efficiently, and in some cases with an impressive number of users, in small and Car-sharing in small and medium-sized medium-sized municipalities as well. Special municipalities models have been developed for small municipalities which enable car-sharing operations The research report discusses car-sharing, i.e. the to be run with a very small user base. The use of organised sharing of vehicles, in municipalities of car-sharing by municipal administrations or firms fewer than 100,000 inhabitants. The report first can ensure a certain basic utilisation level of the gives definitions of the different forms which vehicles and therefore secure the viability of a mobility services based on flexible car-use may location. Finally, the report shows the large variety take, and then investigates the competition of ways in which municipal administrations can between the two most significant mobility services support car-sharing in their area. As well as the – car-sharing and car-hire. This investigation shows municipal administration participating in car- that such competition does indeed exist in some sharing itself, which can also be to its advantage, market segments. other conceivable steps include making infrastruc- The report then presents a comprehensive market ture available (e.g. parking spaces) or ordering car- analysis. A written survey focusing on this subject sharing services, based on the approach used for was carried out in the small municipalities of fewer commissioning agencies to provide public than 20,000 inhabitants, and Internet research was transport. conducted on the medium-sized municipalities of The evaluation of a written survey of all German between 20,000 and 100,000 inhabitants. The car-sharing organisations provides confirmation of investigation shows that car-sharing is less previous findings; the survey was carried out in common in small and medium-sized municipalities collaboration with colleagues working on a parallel than it is in cities. project (FE 77.461/2001: Current state and An analysis of the economic efficiency of car- opportunities for further development of car- sharing in small and medium-sized municipalities sharing (Bestandsaufnahme und Möglichkeiten der showed that conditions for car-sharing are Weiterentwicklung des Car-Sharing)). The unfavourable, particularly in small municipalities. knowledge and findings gained are then used as a This relates especially to the settlement structure, basis for presenting four car-sharing models which hinders the creation and growth of car- adapted to the special requirements of small and shar-ing; the extent of this hindrance increases as medium-sized municipalities. These models the size of the municipality decreases. Public comprise a conventional car-sharing system, the transport is often inadequate. There are also cost so-called contribution model (Einbringermodell), advantages for larger organisations. Such cost car-sharing with guaranteed coverage and private advantages can only be gained in smaller car-sharing based on a contractual agreement. The municipalities when the local car-sharing business models are explained in the research report and is organised as a branch operation. Some of the supported with practical examples. In conclusion, cost disadvantages of smaller organisations can, the authors of the project indicate areas where they however, be compensated by means of honorary consider there to be a need for further research. work. Due to a lack of opportunities, it is also The appendices to the original report contain: 1. seldom possible in smaller municipalities to make the questionnaires used for the survey carried out cooperative agreements with transport companies, in the municipalities, car-sharing organisations and a practice which is common in cities. In addition to for the interviews of the experts; and 2. the this, there are certain critical company phases different user contracts. A handbook for car- which play a relatively large role in small and sharing initiators, initiatives and municipal medium-sized municipalities. administrations was also developed. The present During case studies, discussions were held with publication does not contain the appendices or a experts from car-sharing organisations. This stage printout of the handbook. They can be consulted at was also used to check the practical relevance of the Federal Highway Research Institute. Any previous findings. It was seen that the problems references to the appendices and the handbook shown were relevant in small and medium-sized made in the report text have been retained to assist municipalities. However, the case studies also the reader.
5 Inhalt 1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.2.1 Eingrenzung des Untersuchungs- objektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2 Projektziele und Methodik . . . . . . . . . 9 4.2.2 Der Markt für Mobilitätsdienstleis- tungen auf Basis flexibler Autonut- 3 Car-Sharing und andere Mobilitäts- zung in mittleren Gemeinden in der dienstleistungen auf Basis flexibler Bundesrepublik Deutschland Autonutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 – empirische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . 25 3.1 Definition der Mobilitätsdienstleistungen 4.2.3 Der Markt für Mobilitätsdienstleis- auf Basis flexibler Autonutzung . . . . . . . 11 tungen auf Basis flexibler Autonut- 3.1.1 Der Begriff des Paratransit . . . . . . . . . . 11 zung in kleinen Gemeinden 3.1.2 Mobilitätsdienstleistungen auf Basis – empirische Ergebnisse . . . . . . . . . . . . 26 flexibler Autonutzung und Paratransit . . 11 4.2.4 Anbieter von Car-Sharing . . . . . . . . . . . 29 3.2 Car-Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.2.5 Nachfrager von Car-Sharing . . . . . . . . . 30 3.2.1 Funktionsweise des organisierten 4.2.6 Anbieter im Autovermietgeschäft . . . . . 32 Car-Sharings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2.7 Nachfrager im Autovermiet- 3.2.2 Vor- und Nachteile aus Nutzersicht . . . . 13 geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2.3 Rechtsformen von Car-Sharing- 4.3 Zwischenfazit zu Kapitel 3 und 4 . . . . . . 33 Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.3 Dem Car-Sharing verwandte 5 Die Wirtschaftlichkeit von Mobilitätsdienstleistungen . . . . . . . . . . . 18 Car-Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3.3.1 Cash-Car . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 5.1 Wirtschaftlichkeitsanalyse einer 3.3.2 Combi-Car . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Car-Sharing-Organisation . . . . . . . . . . . 33 3.3.3 Car-Pool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.1.1 Begriffliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . 33 3.3.4 Kilometerleasing . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 5.1.2 Umsatzerlöse und Kosten einer 3.4 Autovermietungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Car-Sharing-Organisation . . . . . . . . . . . 34 3.5 Unterschiede und Konkurrenz- 5.2 Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 37 beziehungen zwischen Car-Sharing 5.2.1 Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 37 und anderen Mobilitätsdienst- 5.2.2 Unternehmensgröße und Kosten- leistungen auf Basis flexibler vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Autonutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 5.3 Car-Sharing-spezifische Aspekte . . . . . 39 3.5.1 Unterschiede zwischen Car-Sharing 5.3.1 Auslastung vs. Buchungswahr- und Autovermietungen . . . . . . . . . . . . . 21 scheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.5.2 Konkurrenzbeziehungen . . . . . . . . . . . . 22 5.3.2 Disposition der Fahrzeuge . . . . . . . . . . 40 5.3.3 Typische Entwicklung einer 4 Der Markt für Mobilitätsdienst- Car-Sharing-Organisation . . . . . . . . . . . 41 leistungen auf Basis flexibler Autonutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.1 Marktpotenzialabschätzungen in 6 Wirtschaftlichkeitsvergleich der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 von Car-Sharing in kleinen und mittleren Gemeinden sowie in 4.1.1 Das Marktpotenzial für Car-Sharing . . . 24 Großstädten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 4.1.2 Das Marktpotenzial für Auto- vermietungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 6.1 Allgemeine Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 42 6.1.1 Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . 42 4.2 Analyse des Marktes für Mobilitäts- dienstleistungen auf Basis flexibler 6.1.2 Unternehmensgröße und Kosten- Autonutzung in kleinen und mittleren vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 6.2 Car-Sharing-spezifische Aspekte . . . . . 45
6 6.2.1 Auslastung vs. Buchungswahr- 8 Ergebnisse der Befragung der scheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Car-Sharing-Organisationen . . . . . . . 72 6.2.2 Disposition der Fahrzeuge . . . . . . . . . . 45 8.1 Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 6.2.3 Die kritischen Unternehmens- 8.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 6.3 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 9 Car-Sharing-Modelle in kleinen und mittleren Gemeinden . . . . . . . . . 75 7 Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 9.1 Herkömmliches Car-Sharing . . . . . . . . 76 7.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 9.2 Sonderformen des Car-Sharings . . . . . 79 7.1.1 Ziel und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 9.2.1 Car-Sharing mit 7.1.2 Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Deckungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . 79 9.2.2 Das Einbringermodell . . . . . . . . . . . . . 79 7.1.3 Aufbau der Fallstudien . . . . . . . . . . . . . 47 9.2.3 Privates Autoteilen . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.1.4 Der Fragebogen und der Ablauf der Interviews . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 9.3 Exkurs: Combi-Car . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.2 Fallstudien: Car-Sharing in kleinen 10 Möglichkeiten der Beteiligung und mittleren Gemeinden . . . . . . . . . . . 48 von Kommunen an der Bereit- Fallstudie 1: (Pretest) Stadtteilauto stellung von Car-Sharing . . . . . . . . . 81 Münster GmbH . . . . . . . . . . . . . 48 10.1 Bereitstellung durch die Fallstudie 2: Mobility Schweiz . . . . . . . . . . . . 49 Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Fallstudie 3: Car-Sharing-Verbund 10.2 Bestellung von Car-Sharing-Leis- Südbaden. . . . . . . . . . . . . . . . . 51 tungen durch die Kommunen . . . . . . . 81 Fallstudie 4: Carriba (Wuppertal) . . . . . . . . . . 52 10.3 Förderung des Car-Sharings Fallstudie 5: Ökostadt Hannover e. V. . . . . . . 54 durch die Kommunen . . . . . . . . . . . . . 81 Fallstudie 6: Campusmobil Lüneburg. . . . . . . 55 10.4 Beispiele aus der Praxis . . . . . . . . . . . 83 Fallstudie 7: einfach mobil GmbH 10.4.1 Das Beispiel Lörrach . . . . . . . . . . . . . . 83 Marburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 10.4.2 Das Beispiel Hirschberg . . . . . . . . . . . 83 Fallstudie 8: Stadtmobil Rhein-Neckar 10.4.3 Das Beispiel Karben . . . . . . . . . . . . . . 83 GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 10.4.4 Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Fallstudie 9: Ökostadt Tübingen e. V.. . . . . . . 59 11 Zusammenfassung und Fallstudie 10: Die Autonative Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Ravensburg e. V. . . . . . . . . . . . . 61 11.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . 84 Fallstudie 11: Car-Sharing Lindau e. V. . . . . . . 62 11.2 Ausblick und weiterer Fallstudie 12: DORFmobil e. V. Forschungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Bad Boll . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Fallstudie 13: VCD-Gemeinschaftsauto 12 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Esslingen e. V. . . . . . . . . . . . . . . 64 Fallstudie 14: Stadtwerke Rheine . . . . . . . . . . 65 Fallstudie 15: CarShare e. V. Birkenfeld . . . . . . 66 Fallstudie 16: Autohaus Vossgröne (Ibbenbüren) . . . . . . . . . . . . . . . 67 Fallstudie 17: Stadtmobil Karlsruhe GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Fallstudie 18: Combi-Car (Stadtmobil Dortmund) . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 7.3 Auswertung der Fallstudien . . . . . . . . . . 70
7 Abkürzungsverzeichnis ADAC Allgemeiner Deutscher Automobilclub AG Aktiengesellschaft BayObLG Bayrisches Oberlandesgericht bcs e. V. Bundesverband Car-Sharing e. V. BGHZ Entscheidungssammlung des Bundes- gerichtshofs in Zivilsachen BMBF Bundesministerium für Forschung und Bildung CSO Car-Sharing-Organisation DB Deutsche Bahn AG e. G. eingetragene Genossenschaft GbR Gesellschaft des bürgerlichen Rechts IV Individualverkehr MDR Monatsschrift für Deutsches Recht ÖPNV Öffentlicher Personen-Nahverkehr ÖV Öffentlicher Verkehr RegG Regionalisierungsgesetz SPNV Schienenpersonennahverkehr VCD Verkehrsclub Deutschland WM Wertpapier-Mitteilungen WZB Wissenschaftszentrum Berlin
9 1 Problemstellung einer Zahl, die allerdings bis heute auch nicht annähernd ausgeschöpft wurde, da in Deutschland Trotz Angebotsverbesserungen im öffentlichen derzeit nur etwa 55.000 Teilnehmer Car-Sharing Personennahverkehr (ÖPNV) ist es in den vergan- nutzen. genen Jahren nicht gelungen, den wachsenden Aus betriebswirtschaftlicher Sicht interessant sind Pkw-Verkehr einzudämmen. Angesichts der durch die Arbeiten von PETERSEN (1995), REINDL (1997) den motorisierten Individualverkehr erzeugten ne- und ZOU (1999), die einige wichtige Richtgrößen gativen Auswirkungen auf die Umwelt, insbeson- wie z. B. optimale Stationsgrößen, Nutzerzahl pro dere durch den enormen Flächenverbrauch, er- Fahrzeug etc. liefern. Mehrere Studien schließlich scheint ein Umlenken dieser Entwicklung vor allem befassen sich u. a. mit der sozioökonomischen aus umweltpolitischen Gründen wünschenswert. Struktur der Teilnehmer und einer darauf aufbauen- Da jedoch eine Befriedigung der Mobilitätsbedürf- den Zielgruppenanalyse sowie Teilnahmemotiven nisse der Bevölkerung von den politischen Mehr- und Zugangshemmnissen für (potenzielle) Car- heiten gewünscht wird, sind Lösungsansätze erfor- Sharer. Ebenso wurden verkehrliche Auswirkungen derlich, die im Bedarfsfall auch dem Bedürfnis und daraus resultierende ökologische Effekte von nach automobiler Fortbewegung gerecht werden. einzelnen Autoren untersucht (z. B. PESCH 1996). Eine alleinige Verbesserung des ÖPNV reicht hier anscheinend nicht aus. Bisher kaum erforscht wurden die besonderen Be- dingungen für Car-Sharing in kleinen und mittleren Ein Baustein umweltverträglicher Verkehrskonzep- Gemeinden sowohl in städtischen Randgebieten te ist das so genannte Car-Sharing, organisiertes als auch im ländlichen Raum. Lediglich eine aktuel- Autoteilen. Unter dem Schlagwort „Auto nutzen lere Studie des Bundesverbandes Car-Sharing e. V. statt besitzen“ stellt es eine Möglichkeit der fle- (bcs e. V.) aus dem Jahre 2001 untersucht die xiblen Pkw-Nutzung dar, die insbesondere dem Machbarkeit von Car-Sharing in der Fläche. Die Problem des Flächen- und Ressourcenverbrauchs Studie dokumentiert den Stand der Forschung zum entgegenwirkt. Da Car-Sharing aufgrund der bisher Car-Sharing und erarbeitet im Rahmen einer Mach- gemachten Erfahrungen zu einem rationelleren und barkeitsstudie die theoretischen Grundlagen für ein verminderten Einsatz des Pkw führt, wird zumin- Modellprojekt, welches aber letztendlich nicht rea- dest eine Verringerung des Wachstums der Pkw- lisiert wurde. Fahrleistungen erwartet. Eine weitere Verbreitung des Car-Sharings wäre daher zu begrüßen. Zwar lässt sich aus den derzeit verfügbaren For- schungsarbeiten theoretisch ableiten, worin die Gegenwärtig wird Car-Sharing in über 200 Städten Hemmnisse für Car-Sharing in kleinen und mittle- und Gemeinden der Bundesrepublik angeboten. ren Gemeinden liegen könnten, die Tatsache, dass Trotz insgesamt steigender Teilnehmerzahlen ist in einigen dieser Gemeinden Car-Sharing angebo- insbesondere in kleinen und mittleren Gemeinden ten wird, spricht jedoch dafür, dass es auch hierfür das Vorhandensein dieser Dienstleistung eher die Lösungsansätze gibt. Diese sollen in der vorliegen- Ausnahme. Anscheinend ist aus ökonomischen den Arbeit erarbeitet werden. Gründen der Betrieb von Car-Sharing in diesen Orten nur unter Schwierigkeiten aufrechtzuerhal- ten. Anders stellt sich die Situation in der Schweiz dar, wo Car-Sharing von einem einzigen Anbieter 2 Projektziele und Methodik auch in zahlreichen kleinen und mittleren Gemein- den im ländlichen Raum betrieben wird. Auch in Hauptziel des vorliegenden Forschungsprojektes Deutschland wird Car-Sharing in einzelnen Regio- ist es, die Grundlagen für ein Handbuch zu erarbei- nen – z. B. im Freiburger Raum – nahezu flächen- ten, das Vertretern kleiner und mittlerer Gemeinden deckend angeboten. und Car-Sharing-Initiativen als Leitfaden für die Unterstützung bzw. den Aufbau eines wirtschaftli- Zum Thema Car-Sharing wurde in den letzten Jah- chen Car-Sharing-Betriebs dienen soll. Der Entwurf ren eine Reihe von Forschungsergebnissen publi- des Handbuches wurde am 14. Oktober 2003 im ziert. Für Aufmerksamkeit sorgte vor allem die Stu- Rahmen eines Workshops Vertretern von Car-Sha- die von BAUM/PESCH (1994), die Car-Sharing al- ring-Organisationen, Initiativen (z. B. Agenda 21) lein in städtischen Ballungsräumen ein Marktpo- und Gemeindeverwaltungen vorgestellt und disku- tenzial von 2,45 Mio. Autofahrern prognostizierte, tiert. Die Erkenntnisse aus dem Workshop sind so-
10 wohl in das Handbuch als auch in diesen For- le in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einer CSO ein- schungsbericht eingeflossen. gehen. Danach ist anhand von Plausibilitätsüberle- gungen aufzuzeigen, welche Einflussgrößen auf die Ziel des ersten Arbeitschrittes (Kapitel 3) ist es, den einzelnen Komponenten der Kosten- und Erlössei- Car-Sharing-Markt in kleinen und mittleren Ge- te einer CSO wirken. Hier ist sowohl auf allgemei- meinden genauer zu analysieren. Neben dem Car- ne Aspekte als auch auf die für einen Car-Sharing- Sharing sollen dabei auch andere Mobilitätsdienst- Betrieb typischen Aspekte einzugehen. leistungen auf Basis flexibler Autonutzung in die Untersuchung einbezogen werden. Dies sind zum In einem weiteren Schritt der Wirtschaftlichkeits- einen dem Car-Sharing sehr ähnliche Dienstleis- analyse ist nun eine Unterscheidung zwischen tungen wie z. B. Cash-Car oder Combi-Car, zum Großstädten auf der einen und kleinen und mittle- anderen aber auch die herkömmlichen Autovermie- ren Gemeinden auf der anderen Seite vorzuneh- tungen. So soll zum Ersten ein Überblick über die men. In Kapitel 6 werden daher die zuvor erarbei- derzeit vorhandenen Mobilitätsdienstleistungen auf teten Einflussgrößen auf die Wirtschaftlichkeit von Basis flexibler Autonutzung gegeben werden. Zum CSO nach dem Kriterium der Gemeindegröße un- Zweiten sollen auch mögliche Konkurrenzbezie- tersucht sowie eine weitere Differenzierung nach hungen zwischen dem Car-Sharing und herkömm- Organisationsformen vorgenommen. Auf diese lichen Autovermietungen herausgearbeitet werden. Weise kann herausgearbeitet werden, warum ein wirtschaftlicher Car-Sharing-Betrieb insbesondere Im zweiten Arbeitsschritt wurde auf Grundlage der in den kleinen und mittleren Gemeinden so schwie- Hypothese, dass in den kleinen und mittleren Ge- rig ist. meinden die Verbreitung von solchen Dienstleis- tungen geringer ist als in den Großstädten, eine In Kapitel 7 sind die zuvor gewonnenen Erkennt- Befragung von kleinen Gemeinden mit weniger als nisse über die Wirtschaftlichkeit des Car-Sharings 20.000 Einwohnern vorgenommen. Die Befragung in kleinen und mittleren Gemeinden zu überprüfen. erlaubt Aussagen über die räumliche Verteilung der Methodisch geschieht dies über insgesamt 18 Fall- untersuchten Mobilitätsdienstleistungen und gibt studien, welche die im Rahmen von Expertenge- Aufschlüsse über das Interesse der Kommunen am sprächen gewonnenen Informationen aufbereiten Car-Sharing. Für die mittleren Gemeinden zwi- und um einige Rahmendaten ergänzen. Die Fallstu- schen 20.000 und 100.000 Einwohnern erfolgt eine dien geben einen umfassenden Aufschluss da- Auswertung über das Internet. Hier wird das Vor- rüber, wie Car-Sharing in den kleinen und mittleren handensein von Autovermietungen und Car-Sha- Gemeinden organisiert wird, ob die vermuteten ring-Stationen überprüft. Anhand dieser beiden wirtschaftlichen Probleme tatsächlich in der erwar- methodischen Schritte kann in Kapitel 4 festgestellt teten Form zutage treten und ob die CSO hierfür werden, ob die Verbreitung der Dienstleistung Lösungsmöglichkeiten entwickelt. In Form eines tatsächlich der o. g. Vermutung entspricht. Zwischenfazits wird gezeigt, ob die zuvor aufge- stellten Hypothesen zu bestätigen oder zu verwer- Weiterer Bestandteil der Marktanalyse ist die ge- fen sind. nauere Betrachtung der Anbieter- und Nachfrage- seite. Für die Mobilitätsdienstleistungen Car-Sha- In Kapitel 8 werden die im vorangegangenen Kapi- ring und Autovermietung wird, soweit Informatio- tel gewonnenen Erkenntnisse um weitere empiri- nen aus der Literatur vorhanden sind, aufgezeigt, sche Daten erweitert. Methodische Grundlage bil- wer die Anbieter und Nachfrager der jeweiligen det eine schriftliche Befragung der im Bundesge- Dienstleistungen sind. Beim Car-Sharing fällt diese biet tätigen CSO, die gemeinsam mit den For- Analyse tiefergehend aus, da sich mehrere Studien schungsnehmern eines Parallelprojektes (FE sehr ausführlich mit den Merkmalen von Car-Sha- 77.461/2001) durchgeführt wurde. Die ausführli- ring-Teilnehmer befasst haben. chen Ergebnisse werden im Zwischen- und Endbe- richt des Parallelprojektes dargestellt. Einzelne, für Anschließend erfolgt die nähere Untersuchung des die Aufgabenstellung dieses Projektes besonders Car-Sharings in kleinen und mittleren Gemeinden relevante Ergebnisse werden hier aufgeführt und hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit. Hier ist erläutert. zunächst zu analysieren, was der Begriff der Wirt- schaftlichkeit für eine Car-Sharing-Organisation In Kapitel 9 werden die bis dahin gewonnenen Er- (CSO) überhaupt bedeutet. Mit Hilfe zweier Bei- kenntnisse zusammengefasst und in Handlungs- spiele wird in Kapitel 5 gezeigt, welche Bestandtei- empfehlungen übergeleitet. Dies geschieht in Form
11 einer Übersicht über verschiedene Car-Sharing- Für die Abgrenzung der unterschiedlichen Formen Modelle, deren Anwendung besonders in kleinen des Paratransits können sämtliche Bedienungsfor- und mittleren Gemeinden Erfolg versprechend er- men des Personenverkehrs nach ihren zeitlichen, scheint. Hier werden auch die Vor- und Nachteile räumlichen und modalen Merkmalsausprägungen der jeweiligen Modelle aufgeführt. beschrieben und geordnet werden.2 Beispiele kön- nen aus Tabelle 1 ersehen werden. In Kapitel 10 schließlich wird der Untersuchungs- gegenstand aus Sicht der Gemeinde näher be- In zeitlicher Hinsicht findet eine Unterscheidung leuchtet. Vor einem verkehrspolitischen Hinter- statt zwischen grund soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten - zeitlich gebundenen Systemen (Beförderung zu eine Gemeinde selbst hat, das Car-Sharing zu för- fixen Zeiten, Taktfahrplan), dern. Anschließend an eine Darstellung verschie- dener Fördermöglichkeiten wird anhand dreier Bei- - zeitlich teilgebundenen Beförderungsformen spielfälle aufgezeigt, dass eine solche Förderung in (Bedienung innerhalb bestimmter Zeitintervalle, der Praxis bereits stattfindet. Die theoretischen flexibler Fahrplan) Überlegungen werden somit durch praktische Bei- - und zeitlich ungebundenen Bedienungsformen spiele untermauert. (Transport zu beliebigen Zeiten, kein Fahrplan). Abschließend werden die Ergebnisse dieses For- Die räumliche Anbindung der Beförderungsformen schungsprojektes zusammengefasst und weiterer kann Forschungsbedarf aufgezeigt. - linienförmig (Linienbetrieb), Technologische Aspekte (Zugangs-, Buchungs- und Abrechnungssysteme) werden in dieser Arbeit - richtungsorientiert (Richtungsbandbetrieb) nur am Rande behandelt. Ausführlicher wird auf sie - und flächenhaft beschaffen sein. in dem parallel zu diesem Bericht zu erstellenden Handbuch eingegangen werden. Weiterhin spielt der Selbstbestimmungsgrad3 bei der Abgrenzung von öffentlichem Verkehr (ÖV), IV und Paratransit eine entscheidende Rolle. Im IV hat der Nutzer einen hohen Selbstbestimmungsgrad 3 Car-Sharing und andere Mobi- bezüglich Zeit, Weg und Ziel, da die Fahrzeuge nur litätsdienstleistungen auf Basis einer Person oder einem beschränktem Personen- kreis zur Verfügung stehen. Im Gegensatz dazu ist flexibler Autonutzung der ÖV durch die allgemeine Zugänglichkeit und die Unabhängigkeit der Fahrpläne durch die einzel- 3.1 Definition der Mobilitätsdienstleis- nen Fahrgäste gekennzeichnet. Tabelle 1 gibt eine tungen auf Basis flexibler Autonut- Übersicht über die Einordnung der unterschiedli- zung chen Paratransitformen zwischen den beiden Ex- trema ÖV und IV. 3.1.1 Der Begriff des Paratransit Der Begriff „Paratransit“ setzt sich aus dem grie- 3.1.2 Mobilitätsdienstleistungen auf Basis chischen „para“ (neben) und dem lateinischen flexibler Autonutzung und Paratransit „Transitum“ (Verkehr, Übergang) zusammen und beschreibt, dass die dem Paratransit zugeordneten Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die in Verkehrsarten neben den üblichen Formen des In- Tabelle 1 in einem Feld aufgeführten Bedienungs- dividualverkehrs (IV) und des öffentlichen Verkehrs formen Car-Sharing und Autovermietung. Dabei positioniert sind.1 sind die unterschiedlichen Formen des Car-Sha- rings sowie deren Abgrenzung zur klassischen Au- tovermietung aufzuzeigen. KELLER (2002) definiert zunächst das Car-Sharing 1 Vgl. PETERSEN (1995), S. 75 im weiteren Sinne, indem er den Begriff mit dem 2 Vgl. ZOU (1999), S. 37-39 Car-Pooling vergleicht und weiter nach einer for- 3 Der Selbstbestimmungsgrad ist mit den jeweiligen Eigen- mellen oder informellen Organisationsformen un- tumsrechten verknüpft; vgl. PETERSEN (1995), S. 69 ff. terscheidet (siehe Tabelle 2).
12 Selbstbestimmungsgrad selbstbestimmt (IV) mitbestimmt (Paratransit) fremdbestimmt räumlich zeitlich Selbstfahrer Fremdfahrer (ÖV) zu festen Zeiten x x x Linienbus, Straßenbahn, Stadtbahn, U-/S-Bahn (mit Taktfahrplan) Lienienbetrieb innerhalb von x x Linien-Sammel-Taxi Linienverkehr mit Zeitintervallen (fahrplangebunden) flexiblem Fahrplan zu zufälligen Zeiten x x Bedarfs-Linienbus x (fahrplanungebunden) Richtungs- zu festen Zeiten x x x (Kombi Linie) bandbetrieb innerhalb von x Abgesprochene Rufbus, Sammeltaxi Zielbus (Zubringer Zeitintervallen Mitnahme (fahrplanungebunden) Verteilerbus oder zu zufälligen spontane AnrufBus Verteiler) Zeiten x Mitnahme x Zusteige-Mitnahme, Trampen zu festen x Richtungs- Zeiten Bringen – und – Abholen (Kiss&Ride) (Kombi Linie) bandbetrieb innerhalb von CarPooling Anruf Sammeltaxi Zeitintervallen x (turnusmäßig) Pendeldienst (mit Start- zu zufälligen fahrplangebunden) und Endpunkt Zeiten x Mitfahr- Anruf Bus x gesellschaft (fahrplangebunden) zu festen Zeiten x x x innerhalb von x Tourenbetrieb Flächenbetrieb Zeitintervallen zu zufälligen zu Fuß, Fahrrad, Car-Sharing Anruf Bus Zeiten Motorrad, Privatauto Autovermietung Einzeltaxi x Quelle: ZOU (1999), S. 39 Tab. 1: Verschiedene Bedienungsformen im Personenverkehr Organisation In den nun folgenden Kapiteln wird schwerpunkt- Paratransitform formell informell mäßig der Begriff des (formellen) Car-Sharing wei- · organisiertes · Car-Sharing im ter ausdifferenziert. Darauf folgend werden die ty- Car-Sharing Haushalt pischen Merkmale einer herkömmlichen Autover- Car-Sharing · Mietwagen und · Ausleihen von Fahr- Taxi zeugen bei Bekann- mietung erläutert und abschließend ein Vergleich ten/Verwandten vorgenommen, in dem zum einen die Unterschiede · Mobilitätszentrale · Bildung von Fahrge- zwischen den beiden Paratransitformen noch ein- Car-Pooling · Berufspendler- meinschaften im Be- mal herausgearbeitet werden, zum anderen aufge- vermittlung kanntenkreis Quelle: KELLER (2002), S. 51 zeigt werden soll, ob und in welcher Weise eine Konkurrenzbeziehung zwischen beiden besteht. Tab. 2: Organisationsformen des Car-Sharing im weiteren Sinne 3.2 Car-Sharing Danach zählen zum formellen Car-Sharing sowohl CSO, die ihren Mitgliedern Fahrzeuge zur gemein- In Kapitel 3.1.1 wurde der Begriff „Car-Sharing“ be- schaftlichen Nutzung zur Verfügung stellen, als auch reits grob skizziert und unter dem Oberbegriff des die Paratransitformen Taxi und Autovermietung. Im Paratransits von ähnlichen Mobilitätsformen abge- Falle des informellen Car-Sharings schließen sich grenzt. In Kapitel 3.1.2 wurde der Car-Sharing-Be- mehrere Personen zur gemeinschaftlichen Fahr- griff weiter präzisiert und es wurde zwischen for- zeugnutzung auf privater Basis zusammen. Dies mellem und informellem Car-Sharing unterschie- macht ein hohes Vertrauen notwendig, da der Fahr- den. Im folgenden Abschnitt werden die Funktions- zeughalter z. B. für die Verstöße anderer Nutzer weise des organisierten (formellen) Car-Sharings gegen die Straßenverkehrsordnung haftet und das Fahrzeug instand halten und reparieren muss. Zur Lösung dieser Problematik bietet sich daher die 4 In diesem Fall müsste man aber wieder von einer formellen Ausarbeitung eines Vertrages an4. Organisationsform sprechen.
13 und die Vor- und Nachteile aus Nutzersicht skizziert 3.2.2 Vor- und Nachteile aus Nutzersicht sowie die bei CSO derzeit vorzufindenden Rechts- Da sich die Literatur mit dem ökologischen Nutzen formen vorgestellt und in Kürze diskutiert werden. des Car-Sharings (z. B. Verringerung der Fahrleis- tungen und Reduktion des Flächenverbrauchs) 3.2.1 Funktionsweise des organisierten Car- Sharings sehr ausführlich beschäftigt und diesen bestätigt hat6, soll die Thematik an dieser Stelle nicht weiter Nach PETERSEN handelt es sich bei einer CSO um behandelt werden. Car-Sharing hat jedoch nicht eine organisierte Gruppe von Menschen, die zu- nur ökologische Wirkungen, sondern es spielen sammen mehrere Fahrzeuge nutzen. Vom Halter auch andere Aspekte für die Teilnahme am Autotei- eines Privat-Pkw unterscheiden sich die Nutzer len eine Rolle. Wesentliche Vorteile der Car-Sha- einer CSO in verschiedenen Punkten5: ring-Nutzung aus Nutzersicht sind vor allem: 1. Die Gruppe ist in verschiedenen Rechtsformen - die Reduktion der Mobilitätskosten, organisiert und hält als Organisation mehrere Autos (Organisationsaspekt). Eine Großfamilie - eine höhere Flexibilität bei der Verkehrsmittel- mit mehreren Fahrzeugen ist dementsprechend wahl. keine CSO. Eine Reduktion der Mobilitätskosten kann sich vor 2. Alle Fahrzeuge stehen allen Nutzern gleicher- allem aus der Auflösung des sog. Fixkostendilem- maßen zur Verfügung (Gleichheitsaspekt). mas ergeben. Wird ein Fahrzeug angeschafft, so 3. Kosten entstehen den Nutzern vor allem bei der führt dies zu sehr hohen Fixkosten, vor allem durch Nutzung der Fahrzeuge (Kostenstrukturaspekt). Abschreibungen, Kfz-Steuern, Versicherung etc. Die variablen Kosten, vor allem die Kraftstoffkos- 4. Die Rückgabe der Fahrzeuge erfolgt an be- ten, sind vergleichsweise gering. Im Kostenver- stimmten Orten, damit die nächsten Nutzer gleich zwischen Pkw und den öffentlichen Ver- leichteren Zugriff haben (Stellplatzaspekt). kehrsmitteln werden daher nur noch die variablen In der Praxis differieren die Nutzungsmodalitäten Pkw-Kosten mit den Vollkosten des ÖV verglichen. nur unwesentlich. Die Buchung des gewünschten Dies führt folglich zu einer verzerrten Wahrneh- Fahrzeugs erfolgt i. d. R. telefonisch oder per Inter- mung der Kosten bei der Verkehrsmittelwahlent- net bei der CSO. Der Nutzer geht zu der Station, an scheidung. Beim Car-Sharing hingegen bestehen der sich das gebuchte Fahrzeug befindet. Er öffnet die Kosten für den Nutzer üblicherweise aus: den Fahrzeugschlüsseltresor mit einem Schlüssel (mechanischer Tresor) oder einer Chipkarte (elek- - einer Kaution, tronischer Tresor) oder kann das Fahrzeug direkt - einer Aufnahmegebühr, mit der Chipkarte öffnen (Stand-alone-System). Nach Beendigung der Fahrt bringt er das Fahrzeug - den monatlichen Bereitstellungsgebühren, wieder an die gleiche Station zurück und füllt einen - den zeitabhängigen Nutzungsentgelten, Fahrtbericht aus. Bei neueren Technologien wer- den die Fahrtdaten über den Bordcomputer direkt - den kilometerabhängigen Nutzungsentgelten. an einen zentralen Rechner geleitet, der die Daten sammelt und daraus die monatliche Abrechnung Die Fixkosten der Kfz-Haltung werden beim Car- erstellt. Abschließend wird der Fahrzeugschlüssel Sharing auf mehrere Nutzer verteilt, so dass sich wieder in den Tresor gehängt. hier für den einzelnen Nutzer eine Kostenreduktion ergibt. Auch die Kosten für das Fahrzeugmanage- ment, also z. B. der zeitliche Aufwand für Fahrzeu- 5 PETERSEN spricht von Mitgliedern; vgl. PETERSEN, S. 93. ginspektion, Pflege und Reparaturen, reduzieren Um diese Definition aber auch auf diejenigen CSO anwen- sich für den Car-Sharing-Teilnehmer, da eine CSO den zu können, die nicht als Verein organisiert sind, werden im Folgenden alle bei CSO registrierten Fahrtberechtigten diese Arbeiten effizienter bewältigen kann als eine als Nutzer bezeichnet. Genau genommen müsste man ent- Privatperson. Car-Sharing hebt somit den Zwang sprechend der Rechtsform nach (Vereins-)Mitgliedern, Ge- auf, durch hohe Fahrleistungen die Kosten pro ge- nossenschaftern etc. unterscheiden. Auch die Verwendung der Begriffe „Teilnehmer“ und „Kunden“ ist bei den CSO fahrenen Kilometer zu minimieren (Fixkostende- nicht einheitlich. gression).7 Die Kostenstruktur für die Fahrzeugnut- 6 Vgl. z. B. PESCH (1996), Kapitel 6 und 7 zung wird für den Car-Sharing-Nutzer transparen- 7 Vgl. z. B. PESCH (1996), S. 64, oder NOVY (1998), S. P2 ter als für einen Fahrzeugbesitzer.
14 Intensiv diskutiert wird die Frage, ab welcher Jah- turen) ein Nutzer selbst einbringen kann9. Einen reskilometerleistung sich die Abschaffung des Pri- sehr ausführlichen Überblick über die Kostenver- vat-Pkw und die Teilnahme am Car-Sharing lohnen. gleiche verschiedener Autoren und die methodi- Die Literatur gibt hier unterschiedliche Werte an. schen Probleme bei der Berechnung dieser Kosten Die Lage des sog. Break-even-points, also des Ki- gibt BILHARZ (1999)10. lometerwertes, ab dem sich eine Teilnahme am Ein Vergleich der Bilder 1 und 2 zeigt, dass bei aus- Car-Sharing lohnt, hängt entscheidend von den ge- schließlich stundenweiser Fahrzeugnutzung Car- troffenen Annahmen ab. PESCH (1996) verweist Sharing aus Nutzersicht erst bei einer geringeren darauf, dass die zeitliche Nutzungsstruktur zu Jahreskilometerleistung günstiger als ein Privat- berücksichtigen ist, ob ein Fahrzeug also eher Pkw ist. Bei tageweiser Nutzung liegt der Break- stunden- oder tageweise genutzt wird (vgl. Bilder even-Punkt bei einer höheren Kilometerleistung. 1, 2 und 3)8. Ebenso relevant ist das Alter des Fahr- Deutlich wird somit die finanzielle Vorteilhaftigkeit zeuges und welche Eigenleistung (z. B. für Repara- des Car-Sharings gegenüber dem Privat-Pkw bei Kurzzeit-Nutzung. Ein weiterer Vorteil des Car-Sharings aus Nutzer- sicht ergibt sich aus der höheren Flexibilität bei der Verkehrsmittelwahl. Durch die oben beschriebene höhere Kostentransparenz stellt sich für den Car- Sharing-Nutzer für jede Fahrt die Frage der opti- malen Wahl des Verkehrsmittels und des Fahr- zeugtyps. Während ein Fahrzeugbesitzer u. a. aus oben genannten Gründen an sein Fahrzeug gebun- den ist, kann der Car-Sharing-Nutzer i. d. R. auf einen größeren Fahrzeugpark zugreifen und somit Bild 1: Break-even-Punkt bei ausschließlich stundenweiser Car- Sharing-Nutzung Verkehrsmittel- und ggf. Fahrzeugtypwahl von den jeweiligen Erfordernissen des einzelnen Fahrt- zweckes abhängig machen. Den Vorteilen der Car-Sharing-Nutzung stehen auch Nachteile entgegen. Ein Nachteil ist der Zeit- aufwand für die Informationsbeschaffung und das Verstehen des Produktes Car-Sharing, da dieses häufig noch unbekannt und auf den ersten Blick recht komplex ist. Weiterer Nachteil kann der zeitli- che Aufwand für den Weg vom Wohnort zum Fahr- zeugstandort sein. Außerdem sind die Flexibilität und Verfügbarkeit eines Car-Sharing-Fahrzeuges Bild 2: Break-even-Punkt bei ausschließlich tageweiser Car- insbesondere im Hinblick auf spontane Fahrten ge- Sharing-Nutzung ringer als die eines Privatfahrzeuges. Eine ausführ- liche Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile des Car-Sharings findet sich bei ZOU (1999)11. 3.2.3 Rechtsformen von Car-Sharing- Organisationen Im deutschen Car-Sharing-Markt finden derzeit fünf verschiedene Rechtsformen Verbreitung, die im Folgenden beschrieben werden: 8 Vgl. PESCH (1996), S. 87 ff. 9 Vgl. PESCH (1996), S. 89, und KUMER et. al (1996), S. 42 10 Vgl. BILHARZ (1999), S. 44 f und 53 ff. Bild 3: Break-even-Punkt bei durchschnittlicher Car-Sharing- Nutzung 11 Vgl. ZOU (1999), S. 44-45
15 - Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist handsvermögens stehen die zum Gesell- eine Personengesellschaft zur Erreichung eines schaftsvermögen gehörenden Sachen und (ggf. wirtschaftlichen) Zwecks. Der Gründungs- Rechte allen Gesellschaftern gemeinschaftlich aufwand ist gering. Erforderlich ist der Ab- zu. Für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft schluss eines Gesellschaftsvertrags, der grund- haftet das Gesellschaftsvermögen. Daneben sätzlich formfrei ist. haften grundsätzlich alle Gesellschafter persön- lich und gesamt-schuldnerisch für die rechtsge- Wird von den Beteiligten der dauernde Betrieb schäftlichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft eines Handelsgewerbes beabsichtigt, kommt mit ihrem Privatvermögen.13 Anders als bei der die GbR als Rechtsform nicht in Betracht; statt- Gründung besteht ein hoher Aufwand im Falle dessen sind für die Gründer dann andere Ge- des Ein- und Austrittes eines Gesellschafters sellschaftsformen, namentlich die des Handels- und bei der steuerlichen Abwicklung. Ab einer gesetzbuches (z. B. offene Handelsgesell- gewissen Größe ist diese Rechtsform für eine schaft), einschlägig12. Ob im Einzelfall der Be- CSO daher unpraktikabel.14 trieb eines Handelsgewerbes vorliegt, hängt u. a. davon ab, dass – unter dem Merkmal „Ge- - Der Verein kann die Basis für eine lokale CSO werbe“ – die jeweiligen Aktivitäten mit Gewinn- darstellen. Dieser Zusammenschluss kann ein- erzielungsabsicht unternommen werden. Da- fach und relativ unbürokratisch gegründet wer- rüber hinaus verlangt das Merkmal „Handelsge- den. Der erste Schritt besteht im Abschluss werbe“ den Betrieb eines Gewerbes, bei dem eines Gründungsvertrags, durch den die Grün- das Unternehmen nach Art und Umfang einen der einen auf Dauer angelegten gemeinsamen in kaufmännischer Weise eingerichteten Ge- Zweck festlegen und sich zur Förderung dieses schäftsbetrieb erfordert. Eine solche kaufmän- Zwecks verpflichten, und in der Verabschiedung nische Organisation hängt unter dem Merkmal einer Satzung, die mit dem Gründungsvertrag in „Art“ von folgenden Faktoren ab: Kompliziert- Kraft gesetzt wird. Zugleich stellt sich die Frage, heit der Geschäfte, Vielfalt und Verschiedenheit ob der Verein als solcher ein Träger von Rech- der Geschäftsbeziehungen, Inanspruchnahme ten und Pflichten, also rechtsfähig (juristische von Krediten, Beteiligung am Wechselverkehr, Person), sein soll oder nicht. Als juristische Per- größere Zahl von Mitarbeitern. Unter dem Merk- son kann der Verein selbst am Rechtsverkehr mal „Umfang“ ist der Blick auf den Umsatz oder teilnehmen und z. B. Verträge schließen. Er ist die Gewerbsteuerhöhe zu richten; diesbezüg- als solcher Inhaber der für ihn begründeten lich existieren bei den Industrie- und Handels- Rechte und Schuldner der für ihn eingegange- kammern Richtwert-Tabellen. nen Verbindlichkeiten. Ist im Einzelfall der dauernde Betrieb eines Han- Wollen die Mitglieder einer als Verein organisier- delsgewerbes im vorgenannten Sinne nicht be- ten CSO generell auf die Erlangung seiner absichtigt, so können sich die Interessenten zu Rechtsfähigkeit und den dazu nötigen Verfah- einer GbR zusammenschließen. Deren Gesell- rensaufwand verzichten, so kommt ein nicht- schafter sind in der Betriebsphase verpflichtet, rechtsfähiger Verein in Betracht. Zu beachten ist den gemeinsamen Zweck durch gemeinsame dabei jedoch: Wenn von einem nichtrechtsfähi- Leistungen auf der Basis persönlichen Zusam- gen Zusammenschluss auf Dauer ein Unterneh- menwirkens anzustreben. Sie haben den ge- men betrieben wird, so soll dieser nicht als Ver- meinsamen Zweck regelmäßig durch die Leis- ein, sondern als Gesellschaft (ggf. also als OHG tung von Beiträgen zu fördern (insbesondere oder KG) behandelt werden.15 Geldzahlungen; möglich ist aber auch die Über- lassung von Sachen oder das Erbringen von Haben sich die Gründer des Vereins zugunsten Dienstleistungen). Im Sinne eines Gesamt- seiner Rechtsfähigkeit entschieden, so ist für deren Erlangung zwischen Idealverein und wirt- schaftlichem Verein zu unterscheiden. Der 12 Vgl. EISENHARDT (2000), S. 27 f., Rn.43 ideelle Verein ohne wirtschaftliche Zweckset- 13 Vgl. BGH, WM 1999, S. 2071 ff.; EISENHARDT (2000), zung entsteht durch Abschluss des Gründungs- S. 48 f., Rn. 82 f. vertrags und Eintragung in das Vereinsregister 14 Vgl. ausführlich Stadtteilauto Aachen (1992), S. 39 (zuständiges Amtsgericht). Die Anmeldung zum 15 Vgl. EISENHARDT (2000), S. 93, Rn. 167 Vereinsregister setzt voraus, dass die Unter-
16 schriften der Beteiligten notariell beglaubigt Vermögen des Vereins gehört nicht seinen Mit- werden. Im Gegensatz dazu wird dem wirt- gliedern, sondern ihm selbst.20 Für Forderun- schaftlichen Verein die Rechtsfähigkeit durch gen Dritter können die Mitglieder also „staatliche Verleihung“ zuerkannt („Konzes- grundsätzlich nicht herangezogen werden.21 sionszwang“). Die Mitglieder haben die Pflicht, Beiträge zu leisten, und das Recht, die vom Verein zum Ge- Ein wirtschaftlicher Verein ist gegeben, wenn brauch für die Vereinsmitglieder bestimmten der Vereinszweck hauptsächlich darauf gerich- Sachen zu benutzen. Sie haben bestimmenden tet ist, mit Hilfe eines wirtschaftlichen Ge- Einfluss auf den Verein, dies durch die Be- schäftsbetriebs Gewinne zu erzielen.16 Dafür ist schlüsse der Mitgliederversammlung. Die Mit- eine planmäßige, auf Dauer angelegte und ent- gliederversammlung hat die unentziehbare geltliche Tätigkeit am Markt erforderlich.17 Sind Kompetenz für die Grundentscheidungen des diese Merkmale erfüllt, greift in der Verleihungs- Vereins.22 Sie ist weiter für die Bestellung und praxis aber der Grundsatz der Subsidiarität: Der Ablösung des Vorstands zuständig. Dem Vor- Zusammenschluss ist in der Regel für seine stand obliegen die Geschäftsführungs- und Ver- „Konzession“ auf die Rechtsformen der Aktien- tretungsmaßnahmen. Mit dieser Konstruktion gesellschaft, der GmbH oder der Genossen- lässt sich der Verein vergleichsweise unbürokra- schaft verwiesen und kann nur dann als „wirt- tisch führen. Die Satzungsautonomie gibt dem schaftlicher Verein“ durch Verleihung die Verein den nötigen Spielraum, um über seine ei- Rechtsfähigkeit erlangen, wenn ihm wegen be- genen Angelegenheiten unabhängig sachge- sonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumut- recht zu bestimmen. Insbesondere existieren bar ist, sich nach den besonderen Vorschriften auch nicht zu viele einengende Vorschriften in des Aktien-, GmbH- oder Genossenschaftsge- Bezug auf Buchhaltung und finanzwirtschaftli- setzes zu konstituieren.18 Dies wird eher selten che Aspekte23. Der Verein wird in seiner Exi- der Fall sein, so dass in der Praxis Konzessio- stenz beendet durch Auflösung (bei entspre- nen kaum erteilt werden.19 chendem Beschluss der Mitglieder; bei Eintritt Unabhängig davon ist der Vereinsstatus – so- von Tatsachen, die gemäß Satzung zur Auflö- weit mit Blick auf die Subsidiarität überhaupt zu sung führen sollen; bei Wegfall sämtlicher Mit- erlangen – für das Führen eines wirtschaftlichen glieder) oder durch Verlust der Rechtsfähigkeit Betriebes im Allgemeinen nicht optimal, da Ver- (insbesondere beim Wandel vom ideellen zum eine meist nicht über nennenswertes Eigenkapi- wirtschaftlichen Verein). Die Zugehörigkeit ein- tal verfügen. Hinzu kommt, dass jedes Vereins- zelner Mitglieder endet durch Austritt, Aus- mitglied (Vollmitglied) Mitentscheidungsrechte schluss oder Tod. hat, welche die Vereinsvorstände über Be- - Eine weitere Rechtsform ist die der eingetra- schlussfassungen im Rahmen der Generalver- genen Genossenschaft (e. G.). Diese entspricht sammlungen binden. der Art nach grundsätzlich einem rechtsfähigen Nach dem zuvor Gesagten wird für eine CSO Verein, der auf einen wirtschaftlichen Zweck ein konzessionierter wirtschaftlicher Verein nur ausgerichtet ist, da sie hinsichtlich der Organi- ausnahmsweise in Betracht kommen. Näher lie- sationsstrukturen dem Verein ähnlich ist. Die gend ist hier der Idealverein, der seine Rechts- Genossenschaft wird durch Eintragung in das fähigkeit bei Erfüllung bestimmter, regelmäßig leicht zu erfüllender „Normativbedingungen“ 16 Vgl. BGHZ 45, S. 395, 398; vgl. auch HÜFFER (1996), durch Eintragung in das Vereinsregister erlangt S. 14, 19 („eingetragener Verein – e. V.“). Naturgemäß darf 17 Vgl. BayObLG, MDR 1978, S. 843; EISENHARDT (2000), er nicht darauf gerichtet sein, mit Hilfe eines S. 66, Rn. 110 wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Gewinne zu 18 Vgl. BGHZ 22, S. 240, 244; EISENHARDT (2000), S. 68 f., erzielen. Stattdessen dominiert die ideelle Ori- Rn. 114 f. entierung. In seiner Betriebsphase hat der so 19 Vgl. EISENHARDT (2000), S. 68, Rn. 114 ausgerichtete Car-Sharing-Verein die Möglich- 20 Vgl. HÜFFER (1996), S. 17 keit, als eigenständige Rechtsperson Rechte zu 21 Vgl. ebenda erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen und 22 Vgl. HÜFFER (1996), S. 23 f. dazu insbesondere Verträge zu schließen. Das 23 Vgl. dazu WANCURA (1997), S. 14
17 Genossenschaftsregister gegründet und ist hin- richtungen benutzt und die Leistungen des ge- sichtlich ihrer Mitgliederzahl nicht geschlossen. nossenschaftlichen Geschäftsbetriebs in An- spruch genommen werden können. Ein ent- Gesetzlicher Zweck der Genossenschaft ist es, sprechender Anspruch steht nach dem genos- zugunsten der Mitglieder deren Erwerb oder senschaftlichen Förderungszweck jedoch na- deren Wirtschaft (z. B. den Absatz ihrer Güter mentlich den Mitgliedern, also nicht etwa Exter- oder die Inanspruchnahme von Krediten) zu för- nen, zu. Zu den Pflichten der Mitglieder gehört dern. Vorausgesetzt ist dabei die Wahrung der es, Einlagen zu erbringen. Aufgrund dessen be- wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Teilneh- steht bei der Genossenschaft gegenüber dem mer. Hier stellt sich im Einzelfall bereits die Verein die Möglichkeit und somit der Vorteil, Frage, ob in einer CSO bei den einzelnen Betei- über die Genossenschaftsanteilscheine Eigen- ligten schon ursprünglich eine eigenständige kapital zu bilden. Ein weiterer Unterschied zum Erwerbs- oder Wirtschaftstätigkeit in dem Be- Verein besteht hinsichtlich des Gewerbe- und reich „Car-Sharing“ anzutreffen ist, die dann je- Steuerrechtes, das bei Vereinen nicht ausrei- weils eigenständig weitergeführt werden soll chend geklärt ist (Unklarheit über die gewerbe- und mittels eines gemeinschaftlichen Ge- rechtliche Situation eines Vereines und über die schäftsbetriebs bloß zu fördern wäre. Bereits Umsatzsteuer-Verpflichtung). Genossenschaf- hieran kann die Wahl der Genossenschaft als ten sind diesbezüglich wie Kapitalgesellschaf- Rechtsform für eine CSO scheitern. ten zu betrachten, also wie solche Unterneh- Soweit nach dem Vorigen die Rechtsform der mensformen, bei denen die Beteiligten gegen- Genossenschaft gleichwohl in Betracht kommt, über Gläubigern der Gesellschaft nur mit ihren muss aber eine weitere Restriktion beachtet Kapitalanteilen haften26. Zu beachten sind bei werden: Das spezifische gesetzliche (Erwerbs- der Genossenschaft weiter die Pflicht zur Auf- oder Wirtschafts-)Förderungsziel untersagt es, stellung des Jahresabschlusses sowie eines La- die Genossenschaft für Zwecke zu benutzen, geberichts und die Vorschriften über die kauf- die ausschließlich oder überwiegend ideeller männische Rechnungslegung. Natur sind oder die die Vereinigung selbst auf - Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Erzielung und Maximierung von Gewinnen (GmbH) ist ein Unternehmen, an dem sich die ausrichten.24 Die Rechtsform der Genossen- Gesellschafter durch Einlagen auf das Stamm- schaft erweist sich demnach für eine CSO als kapital beteiligen. Das Mindestkapital beträgt ungeeignet, wenn diese ganz oder vorrangig25 25.000,- Euro. Der Gründungsaufwand ist im einen ideellen Zweck verfolgt oder wenn die Vergleich zum Verein höher, da der Gesell- Genossenschaft nicht nur fördern, sondern als schaftsvertrag der notariellen Form bedarf und solche Gewinne machen soll. die Gesellschaft in das Handelsregister einzu- Soweit angesichts dieser Restriktionen die tragen ist. Die innere Struktur der GmbH kön- Rechtsform der Genossenschaft im Einzelfall nen die Gesellschafter ohne wesentliche Ein- dennoch für eine CSO in Frage kommen kann, schränkungen frei regeln. Die entsprechenden ist der konkreter gefasste gesetzliche Förde- gesetzlichen Vorschriften sind grundsätzlich ab- rungszweck einer Genossenschaft für die Nut- dingbar. Die Gesellschafter haben demnach den zung dieser Rechtsform ausschlaggebend. Er bestimmenden Einfluss auf die GmbH. Um richtet sich darauf, dass die von der Genossen- einen Einfluss der Nutzer auf das Car-Sharing- schaft bereit gestellten gemeinschaftlichen Ein- Geschäft der GmbH zu gewährleisten, werden vielen als GmbH organisierten CSO Vereine angliedert27. Diese Verbindung ermöglicht es, die Meinungen und Erfahrungen der Nutzer in 24 Vgl. KÜBLER (1998), § 13 I 1 b; EISENHARDT (2000), S. 434, institutionalisierter und verfahrensmäßig festge- Rn. 784 25 Hier stellt sich bereits die Frage, welchen Zweck eine Auto- legter Weise für die Entscheidungen der GmbH teilergruppe vorrangig verfolgt, einen ökologischen Zweck nutzbar zu machen. oder die Reduzierung der eigenen Mobilitätstkosten durch das Teilen von Fahrzeugen. Ein Gesellschafterwechsel ist in der GmbH 26 Vgl. dazu WANCURA (1997), S. 14 ohne große Schwierigkeiten möglich. Er erfolgt 27 In der Praxis wird diese Mitbestimmungsmöglichkeit aber durch die Übertragung des Geschäftsanteils, kaum in Anspruch genommen. Vgl. KREMER (1997), S. 26 der grundsätzlich ohne die Zustimmung der an-
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