Carsten Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro
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Buch Verlag Farbe Herausgeber Magazine Lektor Broschüre Druck Urheberrecht Akquise Cellophanierung Autor Schriftmuster Tageszeitung Hardcover Papier Fotos Klammerheftung Workflow Bildband Nr. 1 & 2 | 2020 MAGAZIN FÜR GESUNDHEIT UND LEBEN Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen Tiefer geblickt. Neues aus den Landkreiskliniken PNP Sales GmbH Medienstraße 5 94036 Passau Tel. 0851/802-594 www.pnp.de
EDITORIAL Deutschlands Demokratie steht offensichtlich vor einer Zeitenwende. Die Zeit der Volksparteien, de- ren großer Vorteil es immer war, dass sie den Aus- gleich zwischen unterschiedlichen Interessen zu ei- nem guten Teil bereits innerparteilich organisieren, neigt sich erkennbar ihrem Ende zu. Vieles muss sich noch sortieren und zurechtrütteln, ehe wir kla- rer sehen, wie unsere politische Zukunft aussieht. Vor einem warne ich allerdings schon jetzt aus- drücklich: Marktwirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten gelten auch in Zukunft – unabhängig davon, wer regiert. Ideologische Experimente können nur allzu schnell Standort und Wohlstand gefährden. Ein Beispiel ist das Gesetz des abnehmenden Grenz- nutzens. Bezogen auf den Klimaschutz besagt diese Regel, dass sich eine Zeit lang durch einen gestei- gerten Mitteleinsatz ein Mehr beim Klimaschutz erreichen lässt. Irgendwann allerdings beginnt jedes weitere kleine Mehr an Klimaschutz Unsummen zu verschlingen – die nichts anderes wären als Wohl- standsverluste ohne angemessenen Nutzen. Konkret heißt das: Deutschland ist für zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Es bringt nichts, wenn wir nur unseren Anteil verrin- gern – der CO2-Ausstoß weltweit muss sinken. Es gibt vieles, das wir tun müssen, zum Beispiel unsere Umwelttechnologien weiterentwickeln und in die Welt bringen. Wirtschaftlich vernünftig muss es sein. Lufthansa-CEO Carsten Spohr etwa weist in unserem Interview (Seite 14) auf nachhaltige Kraft- stoffe hin, deren Einsatz mehr bringt als die Diskus- sionen über (nationale) Flugverbote. Deshalb weist der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Michael Hüther zu Recht darauf hin, dass Klimaschutz nicht nur globaler Ziele, sondern auch globaler Maßnah- men bedarf (Seite 10). Wohlstand kann man nicht leihen und er ist nicht dauerhaft – er muss Tag für Tag aufs Neue erwirt- schaftet werden. Dafür werbe ich. BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber
INHALT 6PORTRÄT 14 INTERVIEW 20 MANAGEMENT Tradition und „Die schwierigste Zeit Delegieren und neue Ideen liegt hinter uns“ vertrauen Mit dem Allesschneider ist die Firma Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzen- Führungskräfte sollten ihre ritterwerk groß geworden. Heute der der Lufthansa AG, spricht über Assistenz und ihr Team ergänzt die Firma in Gröbenzell die die Transformation im Unternehmen professionell einbinden, Produktpalette mit weiteren prakti- und fordert staatliche Investitionen Aufgaben verteilen und sich schen Artikeln in zeitlosem Design. in synthetische Kraftstoffe. Wer etwas auf die Kompetenz der Mitar- für nachhaltigen Flugverkehr tut, beiter verlassen. sollte keine Nachteile haben.
INHALT STANDPUNKT10 EINE FRAGE NOCH ... 38 IMPRESSUM MACH(T)RAUM12 vbw Unternehmermagazin 05/2021 HERAUSGEBER vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. VR 15888 Amtsgericht München 24 28 Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt Max-Joseph-Str. 5, 80333 München Büro des Herausgebers: Andreas Ebersperger E-Mail: unternehmermagazin@vbw-bayern.de HERAUSGEBERBEIRAT Bertram Brossardt Holger Busch Anna Engel-Köhler BILDUNG MODE Michael Forster Klaus Lindner Thomas Schmid Dr. Peter J. Thelen Digitaler Gründergeist in Walter Vogg GESAMTKOORDINATION Perspektiven- sechster Generation Dr. Peter J. Thelen Tel.: 089-551 78-333, E-Mail: peter.thelen@vbw-bayern.de wechsel Annette Roeckl hat aus dem CHEFREDAKTEUR einst königlich-bayerischen Alexander Kain (V.i.S.d.P.) Wie eine Datenbrille soziale REDAKTION: Sandra Hatz Hoflieferanten und Handschuh- AUTOREN: Alexander Kain, Sandra Hatz, Kompetenzen von Auszubilden- Lisa Plank, Christiane Habrich-Böcker Hersteller eine Marke für den fördern, Konflikten vorbeu- GRAFIK: Johanna Geier, Silvia Niedermeier Accessoires gemacht. gen und zu besserer Motivation KORRESPONDENTENBÜROS D – 10117 Berlin, Charlottenstraße 35/36, beitragen kann. Dr. Peter J. Thelen B – 1000 Brüssel, Rue Marie de Bourgogne 58, Volker Pitts-Thurm USA – 10174 New York, The Chrysler Building, 405 Lexington Ave, 37th Fl., Christoph Kolle VERLAG vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Projektgesellschaft mbH HRB 106556 Amtsgericht München Geschäftsführer: Klaus Kornitzer KOOPERATIONSPARTNER · GESAMTABWICKLUNG · ANZEIGEN Reiner Fürst, PNP Sales GmbH Medienstraße 5, 94036 Passau Tel.: 0851-802-237, Fax: 0851-802-772 Anzeigentechnik E-Mail: josef.feucht@vgp.de TITELFOTO: Astrid Schmidhuber DRUCK PASSAVIA Druckservice GmbH & Co. KG Medienstraße 5b 94036 Passau Tel.: 0851-966 180-0 Das vbw Unternehmermagazin erscheint sechsmal im Jahr mit einer Auflage von 70.000 Exemplaren. ISSN 1866-4989 Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für die Zusendung unverlangter Manuskripte oder Bilder wird keine Gewähr übernommen. www.vbw-bayern.de
XXX Fotos: ritterwerk GmbH Aus der Kurbelmechanik der einstigen Messerputzmaschine entwickelte Franz Ritter 1932 die erste Brotschneidemaschi- ne der Welt. Seit 1968 gibt es sie auch mit Elektromotor.
PORTRÄT MITTELSTAND „Die größte Herausforderung ist es, neue Ideen zu haben“ Vor 116 Jahren produzierte ritterwerk noch Messerputzmaschinen, heute ist es Marktführer für Allesschneider. Das Unternehmen hat seine Produktpalette immer wieder dem Zeitgeist angepasst – mit Erfolg Die Geschichte der Firma ritterwerk maschine und entwickelte daraus eine wie vor 116 Jahren. „Michael Cawley beginnt bereits im Jahr 1905. Franz der ersten Brotschneidemaschinen hat einmal gesagt: ‚In einem Geschäft, Ritter, der Firmengründer, konstru- der Welt. Im Jahr 1968 folgte der erste in dem alle das Gleiche bieten, über- ierte und produzierte Messerputzma- elektrische Allesschneider – als Stand- leben diejenigen mit den niedrigsten schinen im Münchner Stadtteil Send- gerät für die Küchentheke und als Preisen.‘ Wir haben uns gefragt: Wie ling. 30 Jahre lang hatte er damit platzsparendes Einbaugerät zum Ver- kann das ritterwerk in einem solchen Erfolg. Das änderte sich jedoch mit stauen in der Schublade. Das Unter- Umfeld überleben?“, so Schüller. der Einführung rostfreien Stahls. Wer nehmen hatte eine Nische gefunden. Das ritterwerk überlebt nicht nur, es Messer aus rostfreiem Edelstahl be- Heute ist es Michael Schüllers Aufga- hat Erfolg – jedoch nicht wegen be- saß, benötigte die Messerputzmaschi- be, das Unternehmen konkurrenzfä- sonders niedriger Preise. Stattdessen ne nicht mehr – der Absatz der Firma hig zu halten. Er leitet das Unterneh- setzt das mittelständische Unterneh- ritterwerk ging zurück. Um das Un- men seit 2005; mittlerweile arbeiten men auf innovative Produkte, zeitlo- ternehmen zu erhalten, waren neue mit ihm rund 90 Mitarbeiter. Die He- sen Bauhaus-Stil und außergewöhnli- Ideen nötig. rausforderungen von damals, rele- chen Service. Es hat über die Jahre Franz Ritter hatte eine Idee: Er nutzte vante und innovative Produkte zu seine Produktpalette immer wieder die Kurbelmechanik der Messerputz- entwickeln, gilt heute noch genauso erweitert und neue Märkte erschlos- 7
PORTRÄT stammen größtenteils aus der Region. Produkte, sondern auch beim Vertrieb. Michael Schüller Lediglich die Motoren der Küchenge- Bis in die Neunzigerjahre lieferte das räte müssen aus Asien importiert Unternehmen ausschließlich in den sen, ohne dabei werden. „Das ginge aber nicht an- deutschsprachigen Raum. Heute ist die seine Kern- ders, solche Motoren werden in Euro- Situation eine andere. „Der Mauerfall kompetenzen pa nämlich gar nicht mehr produ- hat viele Perspektiven eröffnet. Da zu vernachläs- ziert“, verrät Schüller. raufhin haben wir begonnen, unseren sigen. Durch Obwohl das ritterwerk nahezu in die Markt auszuweiten“, erzählt Schüller. diese Strategie ganze Welt exportiert, konnte es den Zu Beginn der Expansionsphase lag schafft es das Charme eines mittelständischen Un- der Fokus vor allem auf Osteuropa. Unternehmen, ternehmens erhalten. Wenn Michael „Die Essgewohnheiten dort sind den sich qualitativ Schüller durch die Produktions- und deutschen sehr ähnlich. Auch in Ost- und preislich mit Lagerhallen läuft, grüßt er jeden sei- europa wird viel Brot gegessen, dort internationalen ner Mitarbeiter beim Namen. Die gab und gibt es also auch Nachfrage Hausgeräteherstel- Stimmung ist entspannt, die Mitar- nach unseren Allesschneidern.“ lern zu messen. beiter sind gut gelaunt. Mittlerweile wird auch der Markt in Mittlerweile umfasst das Im Werk in Gröbenzell werden nicht Asien und Südamerika immer größer. Sortiment des ritterwerks alle nur neue Produkte entwickelt und Der Grund hierfür liege in den sich Arten von Küchenkleingeräten: Toas- produziert, sondern auch alte Geräte verändernden Essgewohnheiten. „In ter, Wasserkocher, einen kabellosen repariert. „Wir legen großen Wert auf Asien gibt es immer mehr deutsche Stabmixer und sogar Einbau-Sockel- Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir, Bäckereien. Deshalb wird dort auch sauger. Zum ritter-Sortiment gehören dass unsere Kunden auch ihre Altge- immer häufiger Brot gegessen“, so sowohl Standgeräte als auch Ein- räte reparieren lassen können, statt Schüller. Dadurch entsteht ein stetig bau-Lösungen, die – je nach indivi- ein neues Gerät kaufen zu müssen“, wachsendes Absatzpotenzial für den duellem Bedarf – in den Küchen- sagt er. „Manchmal bringen uns Kun- Allesschneider. „Ich habe immer ge- schubladen verbaut werden können. den ihre Schätze, die schon 30 Jahre sagt: Sobald man in Asien Interesse „Durch die Montage in der Schubla- alt sind und längst nicht mehr produ- an Brot hat, müssen wir vor Ort sein“, de sind unsere Einbaugeräte beson- ziert werden. Wenn es irgendwie erinnert sich Schüller. Diese Strategie ders platzsparend und dabei doch geht, reparieren wir aber auch diese.“ ging auf. immer griffbereit“, erklärt Schüller. An den Fließbändern in der Produkti- Heute wird lediglich Nordamerika als Ein Handgriff genügt, um die in onshalle sitzen vor allem Frauen. Jeder potenzieller Markt ausgespart. „Dort Schubläden versteckten Küchenhelfer Handgriff sitzt, in Rekordgeschwindig- lauern Gefahren aufgrund der hervorzuholen. Genauso schnell kön- keit bauen sie die Geräte zusammen US-spezifischen Produkthaftung. Wir nen sie wieder zusammengeklappt und verpacken sie. Die Handarbeit haben auf TTIP gehofft, das hätte uns und verstaut werden. und der kritische Blick der Mitarbeite- den Export in die USA ermöglicht. Die ritter-Produkte werden aus- rinnen garantieren die hohe Qualität. Allerdings ist dieses geplante Abkom- schließlich in Gröbenzell bei Mün- Besonderes Augenmaß gilt nicht nur men gescheitert, sodass die USA für chen produziert, selbst die Zulieferer bei der Entwicklung und Fertigung der uns vorerst keine Option darstellen.“ Zeitloser Stil prägt heute weitere Produkte aus der Allesschneider-Manufaktur. 8
Michael Schüller möchte zukünftig jedoch nicht nur den Exportmarkt weiter ausbauen, die Produktpalette des Unternehmens soll weiterhin ver- größert werden. „Die größte Heraus- forderung ist es, neue Ideen zu haben. Die liegen ja nicht einfach auf der Straße rum“, scherzt er. Vor dieser Herausforderung schreckt er jedoch nicht zurück. Im vergange- nen Jahr erhielt er von Werner Braun, dem damaligen Gesellschafter des ritterwerks, den Auftrag, das Unter- nehmen zu verkaufen. „Als ich das meiner Familie erzählt habe, schlugen meine Söhne vor, ritterwerk zu über- nehmen“, sagt Schüller. Lorin und 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäf- Moritz Schüller werden das Unter- tigt ritterwerk in Gröbenzell. Handwerkliches nehmen in Kürze aktiv unterstützen Geschick und ein kritischer Blick garantieren die und als Jungunternehmer für frischen Qualität der Küchenhelfer. Wind sorgen. „Wir haben jetzt zwei junge Leute an der Spitze des Unter- nehmens, die ihr ganzes Berufsleben noch vor sich haben“, berichtet Michael Schüller. Die Entscheidung, das Unternehmen zu erwerben, trafen die Schüllers im April vergangenen Jahres. „Wir haben uns natürlich gefragt, ob es Sinn macht, zu Beginn einer Pandemie solch eine Transaktion durchzufüh- ren“, sagt Schüller. „Aber uns war im- mer klar: Corona ist temporär, das werden wir überstehen.“ Wenige Wo- chen später bewahrheitete sich seine Einschätzung. Als der internationale Handel eingeschränkt und der Ein- zelhandel geschlossen worden waren, fiel auch der Absatz des ritterwerks. Einige Wochen später verzeichnete das Unternehmen jedoch wieder ei- nen deutlichen Aufschwung. „Die Leute haben es sich zu Hause gemüt- lich gemacht und in Haushaltsgeräte investiert. Davon haben wir profi- tiert“, führt Schüller aus. Damit die Kunden weiterhin in ritter-Haushaltsgeräte investieren, will Schüller nun wieder neue Produkte auf den Markt bringen. „Wir wollen Die Zulieferer befinden sich vor allem in der Region, die kleinen Elektromotoren Nischenprodukte einführen, die eine müssen aus Asien importiert werden. Innovation beinhalten. Solche inno- vativen Ideen fallen aber nicht einfach vom Himmel, das braucht Zeit.“ 9
STANDPUNKT „Mut braucht es“ Egal, welche Regierungskoalition sich am Ende findet: An vier großen Themen kommt die nächste Bundesregierung nicht vorbei Vier Megatrends bestimmen die politi- geteilte Rolle. Einerseits werden mehr kräfte, deren Bedarf über das inländi- sche Agenda: Demographische Alte- Investitionen in zukunftsfähige Klima- sche Arbeitskräftepotenzial kaum noch rung, De-Globalisierung, Dekarboni- technologien notwendig, von denen ge- zu decken ist. Firmen bauen auf mehr sierung und digitale Transformation. rade die deutsche Industrie profitieren Vorleistungen des Staates in Bildung Das sind schon für sich genommen ge- kann. Andererseits stehen Teile der sowie Forschung und Entwicklung, was waltige Aufgaben, durch ihre starke Wirtschaft vor erheblichem Anpas- angesichts der schrumpfenden und al- Verschränkung verstärken und bedin- sungsdruck und müssen teils schmerz- ternden Gesellschaft neue Fragen nach gen sie sich gegenseitig. Analytisch hafte Transformationsleistungen er- der adäquaten Finanzierung aufwirft. muss ein besonderes Augenmerk auf bringen. Erfolgreich sind wir aber nur, Gleichzeitig bedarf es endlich eines agi- die Schnittstellen der disruptiven Ver- wenn es global gelingt, wirksam auf len digitalisierten Staates. änderungen gelegt werden, politisch Klimaneutralität zu setzen, was wieder- Die Modernisierung der Infrastruktur, verlangt es eine umfassende und kohä- um in Zeiten erschöpfter Globalisie- der staatlichen Bildungsangebote und rente Wachstumspolitik. rung nicht gerade leichterfällt. der öffentlichen Verwaltung sind fun- (1) Der DEMOGRAPHISCHE (4) Die DIGITALISIERUNG birgt mit damentale Voraussetzung für die viel- WANDEL wird in der nächsten Dekade ihren Steuerungsoptionen in Echtzeit fältigen Innovationsanstrengungen und das Arbeitsangebot empfindlich ver- nicht nur neue Optionen (Industrie Investitionen der Unternehmen. Neben knappen und die Stabilität der sozialen 4.0), sondern auch das Potenzial, die einer Staatsreform für eine wirksame Sicherungssysteme herausfordern. für den Klimaschutz so bedeutsame Politikumsetzung sollten die Spielräu- Schon heute reichen die gesetzlichen Ressourceneffizienz zu steigern. Das me der Schuldenbremse für einen Rentenbeiträge nicht mehr aus, um die erfordert eine flächendeckend digitale mehrjährigen Investitionsfonds in eige- Rentenansprüche zu decken. Bis 2030 Infrastruktur auf modernstem Stan- ner Rechtsperson genutzt werden. Die schrumpft das Erwerbspersonenpoten- dard; hier stehen wir mit dem 5G-Netz Tilgung der Corona-Schulden sollte zial um über drei Millionen Arbeitskräf- erst am Anfang. Offensichtliche Hand- dabei so gestreckt werden, dass neue te im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 66 Jahren. Dabei wirken Fachkräf- teengpässe schon heute wie ein Klotz am Bein der deutschen Wirtschaft. „ES BEDARF ENDLICH EINES AGILEN (2) Die ERSCHÖPFUNG DER GLO- BALISIERUNG bedroht unseren Wohl- DIGITALISIERTEN STAATES“ stand. Denn keine Volkswirtschaft ist international so vernetzt wie die deut- sche. Unser exportgetriebenes Ge- schäftsmodell, das durch Hidden lungsbedarfe zeigen sich ebenso im Belastungen der privaten Akteure ver- Champions mit ihren Spezialisierungen Kontext der digitalen Transformation mieden werden. und besonders die Automobilwirtschaft in der öffentlichen Verwaltung sowie Die Stärkung unternehmerischer Wett- mit ihrer Premiumstrategie getragen bei Schulen. bewerbsfähigkeit verlangt auch eine wird, ist durch den Systemwettbewerb Aus den vier Themenfeldern ergeben Steuerreform, die Personengesellschaf- infrage gestellt, der zuletzt zu einem sich eng verwobene Handlungsbedarfe, ten und Kapitalgesellschaften gleichbe- profilierten Systemkonflikt im Wett- die erst bei erfolgreicher Verknüpfung handelt sowie die Steuerlast im interna- streit der großen Mächte („Great Power einen wachstumswirksamen Transfor- tionalen Vergleich neu justiert. Eine Competition“) mutierte. mationsprozess ermöglichen. Es vollständige Abschaffung des zur Un- (3) Als säkularer Megatrend spielt braucht für die Entwicklung klima ternehmensreststeuer verkommenen die DEKARBONISIERUNG eine zwei- freundlicher Technologien IT-Fach- Solidaritätszuschlags wäre dafür 10
schnell und einfach möglich. Überdies Des Weiteren können Unternehmen ständlich. Deutschland muss dafür in- verschafft eine Expansion der Beschäf- strategische Neuausrichtungen im un- ternational breiter seiner Rolle tigung neue Spielräume für die Finan- sicheren Fahrwasser multipler Verän- entsprechend Verantwortung überneh- zierung wirksamer Staatstätigkeit. derungen nur bei verlässlichen interna- men. Das erfordert auch, das seit länge- Doch die absehbaren Fachkräfteeng- tionalen Rahmenbedingungen rem akzeptierte NATO-Ziel für die pässe haben hingegen das Potenzial, erfolgreich umsetzen. Gerade in der Verteidigungsausgaben endlich zu er- die deutsche Wirtschaft auszubremsen. Klimapolitik braucht es eine supra- füllen. Nur wer für seine Verteidigung angemessen selbst sorgt, der wird auch insgesamt auf der Weltbühne ernst ge- nommen. „IN DER KLIMAPOLITIK BRAUCHT ES EINE Kurzum: Die Herausforderungen der neuen Regierung liegen nicht in den SUPRA-NATIONALE HIERARCHIE“ einzelnen Themen, sondern in der Ge- samtschau ihrer Wirkungen und einer dafür schlüssigen Strategie. Das ist nicht einfach, aber möglich und ertrag- Das seit 2020 geltende Einwanderungs- nationale Hierarchie, die langfristig Er- reich. Mut braucht es. gesetz gibt den Rahmen für eine ziel wartungen stabilisiert. Als ökonomisch orientierte Zuwanderung an Fachkräf- optimale Lösung am Ende des Hori- ten, der nun genutzt werden muss. zonts steht damit ein weltweit einheitli- Zudem sollte das inländische Arbeits- cher CO2-Preis. Die Idee eines Kli- kräftepotenzial stärker mobilisiert wer- maclubs der transatlantischen Welt, den, beispielsweise durch die Auswei- der neben dem Preis für CO2 einen ef- tung der Jahresarbeitszeit auf das fektiven Grenzausgleich etabliert, wäre Niveau der Schweiz oder Schwedens. ein starkes Signal an andere Staaten. Das traut sich jedoch keine Partei zu Ein klimapolitischer Vorlauf der adressieren. Mittelfristig – ab 2030 – Europäischen Union mit den wäre das Rentenzugangsalter systema- USA und Kanada ist trotz tisch an die Erhöhung der Lebenser- der Biden-Administra- wartung zu koppeln. tion nicht selbstver- Professor Dr. Michael Hüther ist der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Foto: IW 11
Mach(t)Raum Fotos: Astrid Schmidhuber Der Drache, der auf Fürackers Schreib- tisch seinen Platz hat, ist dem „Further „Der bayerische Finanzminister Drachen“ nachempfunden – „Fanny“, wie ist auch Großadmiral“, scherzt ihn die Einheimischen nennen. Füracker ist Füracker mit Blick auf das Oberpfälzer – und als solcher natürlich stolz hölzerne Steuerrad – und spielt auf den „Further Drachenstich“ als ältes- damit auf den Umstand an, dass tes Volksschauspiel Deutschlands und den zahlreiche weiß-blaue Besitztümer Hightech-Drachen-Darsteller, dem größten im Finanzministerium verwaltet vierbeinigen Schreitroboter der Welt. werden. Etwa die Seenschifffahrt auf dem Königssee, dem Tegern- see, dem Ammersee und dem Starnberger See – mit insgesamt immerhin 33 Motorschiffen. Ein Schnappschuss, ein kurzer Moment während Für einen, der das Bargeld einer CSU-Klausurtagung in Kloster Banz. Dass auf gar keinen Fall abge- Markus Söder und Albert Füracker einen außer schafft sehen will, haben gewöhnlich kurzen Draht zueinander pflegen, zeigte die Euro-Prägungen der sich schon, als Söder noch Finanzminister und weiß-blauen Münzanstalt Füracker sein Staatssekretär war. ganz besondere Bedeutung. 12
Information Anzeige 71,2 Milliarden Euro – so hoch ist der weiß-blaue Staatshaushalt in diesem Jahr. Verwaltet wird dieser nicht unbeträchtliche Etat von für Sie in Bestform ALBERT FÜRACKER : Der Oberpfälzer ist BAYERNS FINANZMINISTER – und damit einer der mächtigsten Politiker im Freistaat. Ministerkolle- gen, die mit der Bitte um mehr Geld für ihr Ressort bei Füracker vorstellig geworden sind, berichten, dass sie sich selten so ein charmantes Nein ab- geholt hätten: Füracker lehne nicht einfach ab, sondern zeige vielmehr die fiskalischen Folgen (und die womöglich niedrige Begeisterung des Regie- e www.vbw-bayern.d Schutzgebühr 6,– Euro rungschefs) durch die Mehrausgaben auf. Viele Forderungen lösten sich so von selbst in Luft auf, ist zu vernehmen. Zugleich fungiert der gelernte Landwirt und staatlich geprüfte Techniker für Landbau auch noch als Heimatminister, zuständig unter anderem für die Förderprogramme zum schnellen Ausbau des Internets. Sein Vorgän- ger in beiden Ämtern: Markus Söder. Ihm stand Füracker lange Jahre als Staatssekretär zur Seite, lernte so das Ministerium und seine politischen Potenziale in- und auswändig kennen. Dass das Ministerium seit Jahren eine Dependance in Söders Heimatstadt Nürnberg hat – natürlich kein Zufall. Dass der Ministerpräsident das Haus bisweilen als Dependance der Staatskanzlei nutzt – gegessen. Füracker selbst: unprätentiös. Sein Büro im Münchner Finanz- und Hei- matministerium: Seit Jahrzehnten nicht umgebaut. Neu? Nur die Gerät- Interview : Siegfried 020321 www.vbw-bayern.d e Schutzgebühr 6,– Euro schaft für Videokonferenzen. Computer? Er nutzt lieber ein Tablet. Söder Russwurm 1 weiß, dass er sich auf Füracker blind verlassen kann. Und andersherum. Als Söder vorübergehend als Kanzler nach Berlin zu entschwinden schien, hatten nicht wenige Füracker als Nachfolger auf dem Zettel. Das Schild mit dem Demut gebietenden Spruch hat Füracker von einem Freund geschenkt bekommen, als er 2013 als Staatssekretär erstmals ins Bayernkabinett berufen wurde: „Teil der Interview : 020 4 bayerischen Staatsregierung Katja zu sein, stand nicht in meiner Wildermuth Geburtsurkunde“, sagt 21 1 Füracker. Das vbw Unternehmermagazin ist die Premium- Der 3-D-Druck einer Landschaft Publikation für Menschen aus der bayerischen steckt unter einer Plexiglasabdeckung – und zeigt Lupburg, die Heimatge- Wirtschaft und Politik. Das sind Unternehmer, meinde Fürackers, wo er zudem lange Führungskräfte in den Betrieben, politische Mei- als 2. Bürgermeister selbst gewirkt hat. nungsbildner, Entscheider aus den Verbänden sowie Multiplikatoren gesellschaftlich relevanter Gruppen. Wir wollen Ihnen mit dem vbw Unternehmer- magazin alle zwei Monate nutzwertorientierte Inhalte geben, darunter Best-Practice-Beispiele aus bayerischen Unternehmen, Wirtschaftspolitik, Recht, Soziales, Forschung und Technik, Bildung und Lifestyle. Wenn Sie auch zu diesem Leserkreis gehören wollen, bestellen Sie ein kostenloses Abonnement. Senden Sie uns einfach eine kurze E-Mail mit Ihren Adress- daten an unternehmermagazin@vbw-bayern.de Ihre personenbezogenen Daten werden ausschließlich für die Zusendung des vbw Unternehmermagazins verarbeitet. Informationen zum Datenschutz gem. Art. 13, 14 13 DS-GVO finden Sie unter www.vbw-bayern.de/01dsv
INTERVIEW „Das ist unsere Mission. Wir verbinden die Welt“ Corona hat die Airlines als Erste und am härtesten getroffen, sagt Lufthansa-CEO CARSTEN SPOHR im Interview mit dem vbw Unternehmermagazin, und die Airlines werden unter den Letzten sein, die das Vorkrisen-Niveau erreichen. Aber der Nachhol bedarf an Flugreisen sei riesig. Dabei kann das Fliegen deutlich ökologischer werden. Und übrigens: Die dritte Startbahn in München hat er wohl noch nicht ganz abgeschrieben Es gab eine Lufthansa vor Coro- kundenorientierter und auch nach- ser gesamtes Streckennetz an, fast na: viele Verbindungen, viele haltiger. Über 30.000 Menschen von 300 Ziele in aller Welt. Für die kom- Flugzeuge, viele Mitarbeiter, vie- 140.000 haben das Unternehmen menden Jahre erwarten wir einen re- le Lounges. Wie ist der Zustand verlassen. Das schmerzt – aber ich gelrechten Nachfrageboom für die der Lufthansa heute? bin glücklich, sagen zu können, dass USA und Kanada. Geschäftsreisende Die schwierigste Zeit liegt hinter uns. wir 100.000 Lufthanseaten nachhaltig aus Europa werden sich zunehmend Unsere Passagier- und Buchungszah- sichere Arbeitsplätze bieten können. wieder auch um die globale Entwick- len sind zuletzt kontinuierlich gestie- Trotz dieser einmaligen Zäsur. lung ihrer Firmen kümmern. Und gen. Und dennoch – unsere Branche die Privatreisenden haben einen ist als eine der Ersten in die Corona- Was wird sich bei Lufthansa wie- enormen Nachholbedarf was Reisen Krise hineingeraten, wurde am här- der erholen? Und was wird nie angeht. Ich schaue optimistisch nach testen von ihr getroffen und wir wer- mehr so werden wie zuvor? vorne. den unter den Letzten sein, die Wir rechnen damit, dass sich die wieder Vorkrisenniveau erreichen. globale Luftfahrt erst Mitte des Jahr- Und doch sind Videokonferenzen Für Lufthansa ist diese Pandemie zehnts wieder gänzlich erholen und wahrscheinlich zu einem ernst- aber auch eine Chance: Wir h aben auf das Niveau von vor der Pande- zunehmenden Konkurrenten für unsere begonnene Transformation mie kommen wird. Dennoch bieten Lufthansa geworden. Dass sich beschleunigt, sind heute effizienter, wir schon heute wieder nahezu un- Fliegen sozusagen mal digitalisie- 15
INTERVIEW ren lässt, hätte auch niemand er- Wir verbinden die Welt. Ohne Luft- fung von EU-Impfzertifikaten digitali- wartet, oder? verkehr ist das nicht vorstellbar. Und siert und automatisiert. So können Direkter, menschlicher, persönlicher wir wissen sehr genau, dass die Men- unsere Kunden aus Nichtrisikogebie- Kontakt lässt sich nicht digitalisieren. schen endlich wieder reisen wollen – ten im Schengenraum wieder den mo- Ja, es wird Treffen geben, die auch gerade nach den Erfahrungen in der bilen Check-in nutzen und müssen künftig per Videokonferenz stattfin- Pandemie. nicht mehr zum Dokumenten-Check den werden. Aber nicht die, bei an den Schalter. Gleichermaßen ist denen es um Geschäftsanbahnung, Wie sieht denn aus Ihrer Sicht zentral für uns, Flugverkehr noch Kreativität und ehrlichen Austausch die Zukunft des Fliegens aus? nachhaltiger zu gestalten. Zum Bei- spiel, indem wir trotz der pandemie- bedingten Verluste in neue, sparsame Flugzeuge investieren. Diese verbrau- chen rund 25 Prozent Treibstoff weni- ger als ihre Vorgängermodelle. Das ist „DIREKTER, MENSCHLICHER, PERSÖNLICHER ein großer Schritt in die richtige Rich- KONTAKT LÄSST SICH NICHT D IGITALISIEREN“ tung. Aber nur einer von vielen. Setzt Ihnen die Klimadiskussion zu? Ich bin mehr denn je davon über- geht. Corona hat gezeigt, welch große Individualisierter, digitaler, einfacher. zeugt, dass Mobilität und damit auch Bedeutung Luftfahrt für eine globali- Und vor allem nachhaltiger. Wir in- der Luftverkehr ein wichtiger Teil der sierte Gesellschaft hat, die darauf an- vestieren massiv in den Ausbau unse- Lösung bei der Bekämpfung des Kli- gewiesen ist, Menschen, Kulturen rer digitalen Plattformen. Auch hier mawandels ist. Denn die weltweite Re- und Volkswirtschaften zusammenzu- war die Krise Beschleuniger: Ganz ak- duzierung von CO₂-Emissionen ist führen. Exakt das ist unsere Mission. tuell haben wir beispielsweise die Prü- eine globale Aufgabe. Ohne globalen 16
INTERVIEW Wohlstand, der unter anderem auch CO₂-neutral zu ermöglichen. Schon investiert werden. Wir als Airline leis- vom Luftverkehr angetrieben wird, ist heute sind die Airlines der Lufthansa ten hier einen wichtigen Beitrag. Elek- dieses Ziel nicht zu erreichen. Damit Group mit 11.000 Tonnen pro Jahr der troantriebe oder Wasserstofftechnik sind wir ein größerer Teil der Lösung größte Abnehmer von Sustainable werden in absehbarer Zeit keine Ver- als des Problems. Aktuell gibt es für Aviation Fuel – kurz SAF – in ganz kehrsflugzeuge antreiben können, die die Luftfahrt drei große Handlungsfel- mehr als 100 Menschen über eine län- der. Erstens: Innovative Technologien, gere Strecke transportieren. Die Ge- also zum Beispiel neue, noch effizien- setze der Physik lassen dies mit der tere Triebwerke. Zweitens: Bessere Inf- heute verfügbaren und absehbaren rastruktur, mit effizient organisierten „EIN GRÖSSERER Technologie nicht zu. Deshalb brau- Lufträumen, dem Ausbau von TEIL DER LÖSUNG chen wir kurz- und mittelfristig mehr Bahn-Anschlüssen an Flughäfen oder nachhaltigen Kraftstoff. besserer Verfügbarkeit von nachhalti- ALS DES gen Kraftstoffen. Und drittens: Kom- PROBLEMS“ Eine Idee ist ja: Die Fluggesell- pensation. Schon heute können unsere schaften bieten nur noch Fernflü- Kunden über unser Portal Compens ge an – das Inlandsgeschäft hin- aid CO₂-neutral fliegen. Leider nutzt gegen macht die Bahn oder es dieses Angebot aktuell nicht einmal findet, ganz moderne Zukunfts- ein Prozent unserer Kunden. Europa. Es gibt aktuell aber leider viel musik, in Vakuumröhren statt, in zu wenig davon. Diese 11.000 Tonnen denen Kabinen mit Überschall- Glauben Sie ernsthaft an synthe- reichen gerade mal für 100 Langstre- geschwindigkeit dahinsausen. tische Kraftstoffe? Oder Elekt- ckenflüge. So viele haben wir in nor- Könnte eine solche Arbeitstei- roflieger, die transatlantisch un- malen Zeiten an einem einzigen Tag lung ökonomisch Zukunft haben? terwegs sind? in die USA und zurück. Es muss also Deutschlands zweitgrößter Flughafen Synthetische Kraftstoffe sind aktuell hier gemeinsam mit der Politik und in München hat noch nicht mal ei- die einzige Chance, Luftverkehr der Energiewirtschaft deutlich mehr nen Fernbahnhof – da fehlt mir offen 17
INTERVIEW gestanden die Phantasie für Vakuum- dann lieber in Frankfurt oder Zürich Ärgert es Sie, wenn Sie andau- röhren quer durch Deutschland. Im um. ernd gegen allzu viele politische Ernst: Noch nie haben wir intensiver Regulatorien zu kämpfen haben mit der Bahn zusammengearbeitet. Die Bahnstreiks zuletzt haben – und zeitgleich sehen Sie, wie Dort, wo die Bahn konkurrenzfähig immerhin gezeigt, dass es jeden- Regionen von der Türkei bis in ist, verzichten wir auf den Flug. Da- falls derzeit nicht ohne Inlands- die Emirate zum Dreh- und An- mit ist die Lufthansa Gruppe sogar flüge geht … gelpunkt des Flugverkehrs zwi- „Modalitätsweltmeister“. Solange es Der Streik war eine Ausnahmesituati- schen Europa und Asien aufge- diese intermodale Anbindung aber on. Und ich bin froh, dass wir viele päppelt werden? nicht überall gibt, brauchen wir In- Gäste in dieser Zeit durch zusätzliche Es geht weniger um meine Emotion landsflüge vor allem als Zubringer Flüge an ihr Ziel bringen konnten. als vielmehr um den Wohlstand unse- für die Langstrecken. Manager, die Das ändert aber nichts daran, dass rer Heimatländer. Flugverkehr ist glo- aus der Region Nürnberg nach Los wir auf intermodale Angebote setzen. bal, und entsprechend müssen auch Angeles wollen, fahren nur zum klei- Das ist gut für unsere Kunden und die Wettbewerbsbedingungen fair nen Teil vorher drei Stunden mit die Umwelt. Intelligente Lösungen sein. Es darf nicht sein, dass europäi- dem Bus an den Flughafen München, und vernetzte Verkehrswelten schaf- sche Airlines gegenüber nichteuropäi- um dort umzusteigen, sie steigen fen einen echten Mehrwert. schen Airlines deutlich benachteiligt werden. Wenn Tickets in Europa teu- rer werden und dann die Menschen den Umweg über Istanbul oder Dubai nehmen, steigt der CO₂-Ausstoß und „DORT, WO DIE BAHN KONKURRENZFÄHIG IST, der Wirtschaftsstandort Deutschland VERZICHTEN WIR AUF DEN FLUG“ wird geschwächt. Ein „Level-Play- ing-Field“ mit unseren Hauptwettbe- Anzeige LfA Förderbank Bayern 70 JAHRE Rückenwind für Bayerns Mittelstand Seit 70 Jahren prägt die LfA Bayerns wirtschaftliche Entwicklung entscheidend mit. Wir ebnen Gründern den Weg in die Selbstständigkeit, unterstützen Wachs- tumsvorhaben, nachhaltige und innovative Investitionen und stehen Bayerns Mittelstand auch in schwierigen Situationen tatkräftig zur Seite. Gerne beraten wir Sie kostenfrei, wie Sie unsere Fördermöglichkeiten optimal nutzen können. Tel. 089 / 21 24 - 10 00 www.lfa.de
werbern aus dem Nahen Osten, Chi- dies der Ausbau des nachhaltigen na, den USA und aus der Türkei muss Satellitenterminals ein wichtiges Ziel. sichergestellt sein. Damit die, die am Und natürlich braucht der Flughafen meisten für Nachhaltigkeit im Luft- wie erwähnt endlich eine ICE-Anbin- verkehr tun, keine zusätzlichen Nach- dung. Da gibt es zunächst genug zu teile haben. tun – bis zur dritten Bahn. Entsprechende Versuche, aus Die Menschen in der Flughafen- dem Flughafen München einen region, so war es der letzte ganz großen Player zu machen, Stand vor Corona, wollen nicht sind ja an der Frage gescheitert, mehr Flugverkehr. Warum soll- ob eine dritte Startbahn gebaut ten sie ihre Meinung ändern? wird. Bedauern Sie, dass Minister- Ich bin sicher, dass die Menschen in präsident und CSU-Chef M arkus ganz Bayern um die Bedeutung des Söder das Projekt beerdigt hat? Flughafens München wissen. Als München ist seit Jahren für unsere Wirtschaftsfaktor, der über die letz- Kunden Europas bester Airport. Das ten Jahrzehnte wesentlich zu Wohl- soll auch in Zukunft so bleiben. Des- stand und Vollbeschäftigung in der halb wollen wir möglichst schnell zu Region beigetragen hat. Und als Bay- alter Stärke mit rund 30 modernen erns Tor zur Welt. Der Flughafen Langstreckenflugzeugen, mit einem „MUC“ ist als einer der weltweit bes- Carsten Spohr ist seit 2014 CEO der Luft- First-Class-Angebot und einem ent- ten Airports zudem ein Aushänge- hansa AG. Der studierte Wirtschaftsinge- sprechenden Europanetzwerk zu- schild für München, Bayern und für nieur (Universität Karlsruhe) ist Inhaber rückkehren. Langfristig bleibt über- ganz Deutschland. einer Verkehrspiloten-Lizenz. „ICH BIN SICHER, DASS DIE MENSCHEN IN GANZ BAYERN UM DIE BEDEUTUNG DES FLUGHAFENS MÜNCHEN WISSEN“
MANAGEMENT Foto: Jacob Lund - stock.adobe.com FÜHRUNG MACHT DEN MEISTER Mitarbeiterorientierung gefragt 20
MANAGEMENT Führungskräfte sollten ihrem Team Visionen Führungskräfte sind gut ausgebildet und Erkenntnisse vermitteln, aber auf die und könnten Großes leisten. Warum administrativen Fähigkeiten ihrer Assistenzen tun sie es in manchen Fällen nicht? vertrauen und Aufgaben delegieren. Weil sie die Ressourcen und Fähig- keiten ihrer Mitarbeiter falsch einset- zen und ihre eigenen überschätzen. Delegieren und priorisieren fällt vie- len schwer. So liegt das Potenzial vor ihrer Bürotür brach. Das gilt vor al- lem für ihre engsten Mitarbeiter, die Assistenzen. „In dieser Hinsicht erle- ben wir so einiges“, sagt Christine Walker, deren Unternehmen PLU seit vielen Jahren Top-Assistenten ausbil- det und vermittelt. Beispiele gefällig? Ein Manager sen- dete an seine Assistentin eine E-Mail mit dem Screenshot eines Fluges, den sie buchen sollte. „Oder sie bitten ihre Assistenzen, sie in eine Telefonkonfe- renz mit den USA einzuwählen und das lange nach der offiziellen Arbeits- zeit“, erzählt Walker. Sitzen sie in der Bahn und rufen ihre Assistenzen an, leiten sie das Gespräch mit den Wor- ten ein: „Ich sitze im Zug nach …“ und vergessen, dass die/der Ge- sprächspartner*in für das Ticket ge- sorgt hat. Oder sie führen ihren eige- nen Kalender und den soll die Assistenz dann im Teamkalender synchronisieren. Ein anderes Exem- pel: Der Chef geht mit der Assistenz die Buffetauswahl zum Firmenjubilä- um durch. Das bezeichnet Walker als echtes Mikromanagement. „Wenn seine Assistenz das nicht beherrscht, ist sie die Falsche.“ Ein weiteres The- ma, für das Manager mitunter ihre Zeit vergeuden, ist der E-Mail-Ein- gang. Viele E-Mails landen im Ein- gangspostfach, weil ein wohlmeinen- der Mitarbeiter meint, den Vorgang Wissenschaftler der Harvard Business School unter- gegenüber seinem Vorgesetzten do- suchten in einer Studie, wie 27 Führungskräfte großer kumentieren zu müssen. Würden die Bosse ihren Assistenzen im wahrsten Unternehmen ihre Arbeitszeit planen. Das Ergebnis: Sinne des Wortes die Arbeit eines Die, die ihren Kalender selbst führen, haben ein „Vorzimmers“ überlassen, könnten diese die Flut an unnötigen Nachrich- katastrophales Zeitmanagement. Die Manager, die ten rausfiltern. Voraussetzung ist na- delegieren und auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter türlich eine anfängliche „Trainings- phase“ und vor allem Vertrauen. bauen, schneiden da wesentlich besser ab Führungskräfte sollten sich bewusst machen: Sie sind nicht dafür einge- 21
MANAGEMENT stellt worden, um passende Flugver- vermitteln, desto höher ist die Chan- Redeentwürfe, Aufgabenverteilung so- bindungen zu suchen, Termine zu ce, als Erster die Zielflagge zu sehen. wie -koordination oder Event-Organi- koordinieren, das Catering fürs Event Für das Administrative haben Füh- sationen sind durchaus Tätigkeiten, auszuwählen oder zu Meetings einzu- rungskräfte in ihrem Team jemand, für die Assistenzen ausgebildet sind. laden. Das frisst nicht nur nachweis- der das besser kann – die Assistenz. Doch das scheint vielen nicht bewusst lich Arbeits-, sondern Lebenszeit der Gerade wenn sie diese Position beset- zu sein. „Wir erleben es fast täglich, Führungskraft und ihrer Mitarbeiter. zen, sind Manager beim Einstellungs- dass so manch überkommene Vorstel- „Die Tätigkeit eines leitenden Mana- prozess sehr anspruchsvoll. Wer also lungen aufseiten des Vorgesetzten ein gers kann man mit der eines For- am Ende eingestellt wird, hat etwas effizientes Miteinander blockieren. mel-1-Piloten vergleichen“, sagt vorzuweisen. Die „Ausgewählte“ oder Dabei haben Spitzenleute Spitzenchefs Walker. Die Hauptaufgabe eines der „Ausgewählte“ verfügt über Po- verdient“, so Walker. „Lenkers“ ist es, das Team zu briefen, tenzial und Ressourcen, um ihren Nicht jeder, der eine Führungspositi- welche Stellschrauben zu drehen sind, Chef zu entlasten. Das geht weit über on bekleidet, ist für seine unmittelba- um so das Beste aus dem Rennboli- die täglichen Standardaufgaben wie re Umgebung allerdings eine gute den rauszuholen. Je besser der Steu- Terminplan führen oder E-Mails fil- Führungskraft. Das kann Mitarbeiter ernde es beherrscht, Visionen und Er- tern hinaus. Projektmanagement, Vor- demotivieren. Ist das so, hat das nicht kenntnisse an seine Mannschaft zu verhandlungen, Präsentationen und nur wirtschaftlich negative Auswir- kungen, sondern ebenso menschliche. Laut aktuellem „Gallup Engagement Index 2020“ zeigten sich während der „WERTSCHÄTZENDE UND ANERKENNENDE akuten Pandemiephase solcherart De- fizite bei den Führungskräften. In FÜHRUNG WIRKT WIE EIN BOOST-EFFEKT, dem Fall „kündigen Mitarbeiter in- AUCH WIRTSCHAFTLICH“ nerlich, sind bereit für einen Jobwech- sel oder schauen sich bereits nach ei- Anzeige Die Druckerei der Fotografen. PASSAVIA ist die Qualitätsadresse internationaler Verlage, weltbekannter Museen und der besten Fotografen für Kunst- und Fotodruck „Made in Germany“. Als besonderes Privileg sehen wir die Bezeichnung „Die Druckerei der Fotografen“. In den vergangenen Jahren durften wir zahlreiche international renommierte Fotografen zum Andruck begrüßen – von den „Jägern des Lichts“ Ingo Arndt und Bernd Römmelt über Sebastião Salgado, Michael Martin, Stefan Moses (†) bis hin zu Anton Corbijn und Annie Leibovitz. „KUNST KOMMT VON KÖNNEN.“
Anzeige MANAGEMENT Kuratorium der Bayerischen Wirtschaft delt, versteht das“, meint auch Walker. Darum bietet ihr Unternehmen seit kurzem an, das Führungsverhalten von Managern zu prüfen, um sie bei Mankos zu coachen. Im Kern glei- chen die Berater Selbst- und Fremd- wahrnehmung des Chefs ab und arbeiten danach mit ihm an den Ehrenmedaille Schwachpunkten. Am Ende gibt es für vorbildlichen ein Top-Boss-Zertifikat. Viele Chef-und-Assistenz-Tandems Einsatz haben das rund sechs Monate dau- Christine Walker bildet seit vielen ernde Training absolviert und mit Jahren Top-Assistenten aus. Bravour bestanden. Dass sich das für Chefs und Unternehmen wirtschaft- lich rechnet, zeigt die Reduzierung nem neuen Arbeitgeber um“, erklärt der durchschnittlichen Arbeitszeit: Marco Nink von Gallup. „Die der Vorgesetzten von 59 auf 54 „Wertschätzende und anerkennende Stunden, bei den Assistenzen von 42 Führung“ wirkt wie ein „Boost-Ef- auf 39 Stunden die Woche“, erklärt fekt“, auch wirtschaftlich. Die jüngste Sophie Descollaz-Dunkel, verant- Analyse von Gallup hat gezeigt, dass wortlich für die Ausbildung zum das Engagement der Mitarbeiter eine „Top Boss“. Die gewonnene Zeit soll- Vielzahl positiver Unternehmenser- ten sie aber nicht für neue Aufgaben gebnisse steigert, darunter Mitarbei- im Beruf, sondern für sich selbst nut- terbindung, Sicherheit, Umsatz, Pro- zen. „Das lädt den Speicher für krea- duktivität und Rentabilität. In tive Ideen auf “, sagt Walker und er- schwierigen Zeiten wie der Pandemie zählt, dass sie in ihrem Unternehmen ist dieser Zusammenhang noch aus- den Beschäftigten ein „Tut-nix-Tag“ geprägter, schreibt Gallup im Studi- auf Wunsch des Teams eingeführt enkommentar. Dies erklärt, warum hat. An diesem Tag kann der Mitar- das Engagement für Unternehmens- beiter, befreit vom Tagesgeschäft, an führer in ganz Europa immer mehr weitergehenden Ideen oder Verbesse- Priorität hat. rungen arbeiten. In dieselbe Richtung geht auch das Was aber bei der Bilanz des bisheri- Ergebnis der Expertise „Digitalisie- rung und mitarbeiterorientierte Füh- gen Top-Boss-Trainings noch viel in- teressanter ist: Sage und schreibe Sagen Sie „Danke!“ rung“ des Instituts der deutschen neun Führungskräfte sind durchge- Wirtschaft. Vor allem in der aktuellen fallen. Das zeigt, dass bei vielen hin- Transformationsphase hinsichtlich KI sichtlich Führungsstil noch Luft nach und New Work. „Bei der Suche nach oben ist. Führungskräfte mit Perso- Mit der neuen Ehrenmedaille für vorbildlichen Orientierung erlebt die Debatte um nalverantwortung müssen lernen, mit Einsatz können Sie Arbeitnehmer*innen für he- ‚gute‘ Führung eine Renaissance“, und nicht vor der Assistenz zu arbei- rausragende Leistungen in besonders schwieri- schreiben die Studienautoren. „Tradi- ten, ihr Entscheidungsfreiräume ge- gen Situationen wie z. B. der Corona-Pandemie tionelle Führungsmodelle und -stile ben und vor allem mit ihr klar zu ehren. Zeigen Sie Ihre Anerkennung und moti- werden stärker hinterfragt und schei- kommunizieren. Sie müssen sie er- vieren Sie für die Zukunft. Die Medaille wird zu- sammen mit der Ehrennadel im Etui und mit nen nicht mehr in die volatilen und mutigen, Fragen zu stellen und ihre einer Urkunde geliefert. von Unsicherheit geprägten digitalen Fähigkeiten einzuschätzen. Dann gilt: Zeiten zu passen.“ Ein effizientes Team leistet entspre- „Wenn Unternehmen im Wettbewerb chend effiziente Arbeit. Wie sagte um die Besten vorne sein wollen, Henry Ford so richtig: „Zusammen- muss der Vorgesetzte den Mitarbeiter kommen ist ein Beginn. Zusammen- Einfach online bestellen überzeugen und nicht umgekehrt. bleiben ein Fortschritt. Zusammenar- www.kuratorium-bayern.de Wer langfristig denkt und smart han- beiten ist ein Erfolg.“ oder per E-Mail an ehrung@kuratorium-bayern.de 23
BILDUNG Um Konflikte in der Aus- und Weiterbildung besser lösen zu lernen, setzt das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) modernste Virtual-Reality-Anwendungen ein. Fotos: bbw 24
BILDUNG FORSCHUNGSINSTITUT BETRIEBLICHE BILDUNG Perspektivwechsel durch die Datenbrille Konflikte gibt es überall. Auch in der Aus- und Weiterbildung. Vor allem dann, wenn unter- schiedliche Vorstellungen von Arbeit aufeinanderprallen. Um sie zu lösen, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb) ein besonderes Konzept entwickelt: Mithilfe modernster Virtual-Reality-Anwendungen sollen Betroffene lernen, besser mit solchen Auseinandersetzungen umzugehen Eine Szene aus dem Berufsleben: In che Bildung (f-bb) mit seiner Virtual- „VR-Technik ermöglicht einen Pers- einer Kfz-Werkstatt stehen ein Aus- Reality-(VR)-Brille betrachtet, steht pektivwechsel. Daher bietet sich ihr zubildender, ein Geselle und eine mitten in einem authentischen Ge- Einsatz an, um soziale Kompetenzen Ausbildungsleiterin an einem Fahr- schehen und kann verschiedene Posi- zu verbessern“, erklärt Dr. Iris Pfeiffer, zeug. Der Auszubildende soll die tionen einnehmen: die des hilflosen Geschäftsführerin des f-bb – ein Un- Bremsen wechseln, weiß jedoch Auszubildenden, die des ungeduldi- ternehmen des Bildungswerks der nicht, wie das geht. Es kommt zu ei- gen Gesellen oder die der schlichten- Bayerischen Wirtschaft (bbw). Übli- nem Konflikt mit dem Gesellen und den Ausbildungsleiterin. So entsteht cherweise werden VR-Anwendungen zu einer Grundsatzdiskussion. ein Verständnis für unterschiedliche in der beruflichen Aus- und Weiter- Wer diesen Auszug aus einem Lernvi- Standpunkte und mögliche Lösungs- bildung eingesetzt, um Arbeitsumge- deo des Forschungsinstituts Betriebli- wege aus dem Konflikt. bungen virtuell darzustellen und da- 25
BILDUNG geht es um ein Gesamtkonzept zur Förderung von Sozialkompetenz.“ Früher musste er immer wieder fest- stellen, dass bisherige Ansätze nicht ausreichen. „Besonders diese Softskills sind für die Motivation der Schülerin- nen und Schüler aber sehr wichtig.“ Um die neuen VR-Filme in der Praxis zu erproben, nutzten 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrkräfte ei- ner 10. Klasse der Berufsfachschule Fertigungstechnik die Konflikt-Vi- deos erstmals im Fach Sozialkunde – und waren begeistert. „Die Lernvi- deos kamen gut an. Unsere Schülerinnen und Schüler sind sehr Die SoKo-VR-Lernmaterialien offen und technikaffin. Sie finden unterstützen die Förderung sozialer VR-Brillen faszinierend, weil sie diese Kompetenzen in der Ausbildung. Technik vom Gaming kennen“, sagt Schumann. Dominique Dauser und dem f-bb ha- mit schwierige oder sogar gefährliche Auszubildenden oder über den sorg- ben das positive Feedback bei Pro- Situationen zu simulieren. „Mit dem fältigen Umgang mit Werkzeugen. duktpräsentationen und die Erfah- Einsatz der SoKo-VR-Brille zur För- „Wir mussten realistische und au- rungen aus der Erprobung gezeigt: derung sozialer Kompetenzen haben thentische Drehbücher entwickeln“, Jugendliche können durch den Ein- wir zusammen mit Unternehmen, sagt Dauser. Gemeinsam mit einem satz von VR-Technik zu sozialem Berufsschulen und überbetrieblichen Mediengestalter wurde an verschie- Lernen motiviert werden. „Unsere Einrichtungen ein neues Anwen- denen Schauplätzen gedreht. Mitar- Rolle als f-bb ist, dass wir Innovation dungsfeld für die künstlichen Realitä- beiterinnen und Mitarbeiter der Part- anstoßen und neue Themen aufgrei- ten erschlossen“, so Pfeiffer. ner-Unternehmen fungierten als fen.“ Zwar habe Corona den Einsatz „Wir haben uns beim Konzept auf au- Laiendarsteller. Danach mussten die des VR-Projekts in den Betrieben ge- thentische Konflikte in der Ausbil- Filme in der Praxis erprobt werden. bremst. Aber das Interesse sei da. dung fokussiert“, erzählt f-bb-Mitar- Dafür fand sich die „Berufliche Schu- „Wir erhalten viele Anfragen zu dem beiterin Dominique Dauser, die das le 2“ in Nürnberg als Kooperations- Thema. Die SoKo-VR-Brille wird Projekt initiierte. „Dafür haben wir partner. wahrgenommen“, sagt Dauser. Sie ist vorab zahlreiche Experteninterviews Schulleiter Karl Schumann erläutert, davon überzeugt: Das Thema soziale mit einer Reihe von Betrieben ge- warum seine Schule sich beteiligt: Kompetenz wird in den nächsten Jah- führt, um typische Konfliktsituatio- „Wir haben uns von Anfang an für das ren wieder an Gewicht zunehmen. nen herauszufinden.“ Mit dabei wa- Projekt interessiert. Überfachliche Fä- ren der Handelskonzern Rewe und higkeiten sind wichtig in der Berufs- Die Filme sind kostenfrei unter der Automobilhersteller Audi. Auch ausbildung – und bei diesem Projekt https://lms-sokovr.f-bb.de abrufbar. die vbw – Vereinigung der Bayeri- schen Wirtschaft unterstützte das f-bb-Team. Anschließend entwickelten die Das Projekt SoKo-VR-Brille f-bb-Wissenschaftlerinnen und -Wis- wurde in der Förderbekannt- senschaftler spezielle Lernmaterialien. machung „Förderung sozialer Die VR-Filme sind Teil davon. Sie Kompetenz in der dualen greifen typische Szenarien auf, die aus Ausbildung, insbesondere zur Integration von Flüchtlingen“ dem Alltag in Unternehmen aus unter dem Förderkennzeichen Handel, Handwerk und Industrie 01NN19011 durch das Bundes- stammen: darunter unter anderem ministerium für Wirtschaft und Konflikte über unterschiedliche Rol- Energie (BMWi) gefördert. lenvorstellungen von Ausbildern und 26
MODE Fotos: Roeckl Passgenaue Handschuhe stehen im Mittelpunkt des Unternehmergeists der Familie Roeckl – seit 180 Jahren. 28
MODE FAMILIENUNTERNEHMEN „Tradition entsteht nur, wenn man wandlungsfähig bleibt“ Annette Roeckl ist Gesellschafterin in sechster Generation. Sie erzählt von ihrer Leidenschaft und von den Herausforderungen. Existenzielle Krisen haben den Gründergeist immer wieder neu entfacht „Als Jugendliche hielt ich Tradition der Münchner Kaufingerstraße, nach Blick auf Tradition. „Es fiel mir wie für total verstaubt“, sagt Annette und nach vergrößerte er sein Unter- Schuppen von den Augen. Tradition Roeckl und lacht. Mit dem väterli- nehmen. Innerhalb der nächsten kann nur entstehen, wenn man chen Betrieb und seiner traditionsrei- sechs Jahrzehnte stieg die Mitarbei- wandlungsfähig bleibt“, sagt sie. Diese chen Geschichte konnte sie damals terzahl auf rund 1000. Wandlungsfähigkeit haben wenig anfangen. Das ist heute anders, Mit Annette Roeckl als Leiterin ist die Roeckls be- Tradition steht im Zentrum ihrer Ar- das Unternehmen nun seit sechs Ge- wiesen. ▶ beit. Seit 2003 leitet sie das Unterneh- nerationen im Familienbesitz. Trotz- men Roeckl in sechster Generation. dem war es für sie eine pragmatische Damit ist sie in große Fußstapfen ge- Entscheidung, in den väterlichen Be- treten: Das 1839 gegründete Unter- trieb einzusteigen. „Ich wurde schon nehmen war einst königlicher Hoflie- mit 21 Mutter. Damals wollte ich ferant und zweitgrößter Arbeitgeber meiner Rolle als Mutter gerecht wer- in München. Zu den Kunden des Fa- den, aber gleichzeitig meine Ausbil- milienunternehmens gehörten unter dung nicht vernachlässigen“, erzählt anderem König Ludwig II. und Kaise- sie. Durch die Ausbildung zur Han- rin Sisi. delsfachwirtin im Unternehmen ihrer Gegründet wurde das Unternehmen Familie gelang ihr beides. von Jakob Roeckl. Der gelernte Säck- Durch die Arbeit im Familienunter- lermeister eröffnete einen Laden in nehmen veränderte sich auch ihr 29
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