Ilka Horstmeier Interview: www.vbw-bayern.de Schutzgebühr 6,- Euro
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Buch Verlag Farbe Herausgeber Magazine Lektor Druck Broschüre Urheberrecht Cellophanierung Autor Akquise Schriftmuster Tageszeitung Hardcover Papier Klammerheftung Bildband Fotos Workflow Nr. 1 & 2 | 2020 MAGAZIN FÜR GESUNDHEIT UND LEBEN Landkreis Passau Gesundheitseinrichtungen Tiefer geblickt. Neues aus den Landkreiskliniken PNP Sales GmbH Medienstraße 5 94036 Passau Tel. 0851/802-594 www.pnp.de
EDITORIAL es gibt einen alten Spruch, den man immer wieder zu hören bekommt: „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“ Soll ich Ihnen etwas sagen? Ich hal- te diesen Spruch für platt und völlig untauglich. Als ob es um irgendwelche Moden oder Befindlichkeiten gin- ge, an die man sich nur halten muss, um stets modern daherzukommen. Nein, die wahre Kunst der Führung ist, zu antizipieren, wohin eine Entwicklung geht, früh- zeitig zu erkennen, welche Auswirkungen sie hat, und dann anhand von handfesten Fakten statt Gefühlen die Entscheidungen zu treffen, die notwendig sind, um in der Zukunft zu bestehen. Im vorliegenden Magazin ha- ben wir zwei hervorragende Beispiele, die zeigen, was ich m eine – dass nämlich kluge Führung deutlich mehr ist, als die Fahne in die wechselnden Brisen des Zeit- geistes zu halten. Die BMW-Personalvorständin Ilka Horstmeier e rklärt im Titelinterview ab Seite 14, wie eng Produkt- und Personalentwicklung verwoben sind: Wer seine Pro- dukte weiterentwickeln will, muss das auch beim Per- sonal tun. Und wer Personal entwickeln will, muss wis- sen, wohin sich die Produkte entwickeln. So schafft man Zukunft. Ein anderes Feld ist angesichts der andauernden Corona-Krise aus dem Fokus geraten: die Klima-Krise. Unser Essay ab Seite 20 zeigt, wie wichtig es ist, jetzt die Weichen richtig zu stellen, wenn wir der Klima- Krise nicht nur mit Verboten und Einschränkungen und in der Folge mit Wohlstandsverlusten begegnen wollen. Der Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft hat kluge Vorschläge gemacht, wie Technologie dabei eine enorme Rolle spielen könnte. In Bayern ist man immer gut damit gefahren, nicht einfach nur mit dem Zeitgeist zu gehen, sondern ihn anzuführen! Mit besten Grüßen BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber
INHALT 6STIL 14 INTERVIEW 20 ESSAY Mehr Glanz bei Tisch Auch Mitarbeiter Verändern statt Gebrüder Reiner ist eine der Letzten weiterentwickeln verbieten von einst Hunderten Silbermanufak- BMW-Arbeitsdirektorin Ilka Neuartige Technologien turen in Deutschland. Ihre Produkte Horstmeier setzt auf Fortbildung. könnten beim Klimaschutz ein kommen gerade wieder in Mode. Sie fordert Flexibilität und ist über- Game-Changer werden. Vieles zeugt, dass Vielfalt den Konzern muss neu gedacht werden. voranbringt. Foto: Eugen_Zeissl - stock.adobe.com
INHALT STANDPUNKT11 EINE FRAGE NOCH ... 38 IMPRESSUM MACH(T)RAUM12 vbw Unternehmermagazin 02/2021 HERAUSGEBER vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. VR 15888 Amtsgericht München 24 28 Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt Max-Joseph-Str. 5, 80333 München Büro des Herausgebers: Andreas Ebersperger E-Mail: unternehmermagazin@vbw-bayern.de HERAUSGEBERBEIRAT Bertram Brossardt Holger Busch Anna Engel-Köhler BILDUNG BIOLOGIE Michael Forster Klaus Lindner Thomas Schmid Dr. Peter J. Thelen Online gut betreut Maden statt Soja Walter Vogg GESAMTKOORDINATION Dr. Peter J. Thelen Die Gesellschaft zur Förderung Die Schwarze Soldatenfliege Tel.: 089-551 78-333, sozialer Integration bietet könnte die Landwirtschaft E-Mail: peter.thelen@vbw-bayern.de CHEFREDAKTEUR Familien einen bunten Mix aus nachhaltiger machen. Ihre Alexander Kain (V.i.S.d.P.) digitalen und analogen Frei- Maden fressen fast jede Art von REDAKTION: Sandra Hatz AUTOREN: Alexander Kain, zeitangeboten. Kinder treffen Biomüll und werden so zu Sandra Hatz, Lisa Plank sich im Lockdown am Bild- hochwertigem Protein, das die GRAFIK: Johanna Geier, Silvia Niedermeier schirm. Firma FarmInsect bereits an KORRESPONDENTENBÜROS D – 10117 Berlin, Charlottenstraße 35/36, Nutztiere verfüttert. Dr. Peter J. Thelen B – 1000 Brüssel, Rue Marie de Bourgogne 58, Volker Pitts-Thurm USA – 10174 New York, The Chrysler Building, 405 Lexington Ave, 37th Fl., Christoph Kolle VERLAG vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Projektgesellschaft mbH HRB 106556 Amtsgericht München Geschäftsführer: Klaus Kornitzer KOOPERATIONSPARTNER · GESAMTABWICKLUNG · ANZEIGEN Reiner Fürst, PNP Sales GmbH Medienstraße 5, 94036 Passau Tel.: 0851-802-237, Fax: 0851-802-772 Anzeigentechnik E-Mail: josef.feucht@vgp.de TITELFOTO: Astrid Schmidhuber DRUCK PASSAVIA Druckservice GmbH & Co. KG Medienstraße 5b 94036 Passau Tel.: 0851-966 180-0 Das vbw Unternehmermagazin erscheint sechsmal im Jahr mit einer Auflage von 70.000 Exemplaren. ISSN 1866-4989 Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für die Zusendung unverlangter Manuskripte oder Bilder wird keine Gewähr übernommen. www.vbw-bayern.de
STIL Fotos: Bernhard Weizenegger So sehen die Besteckrohlinge aus, nachdem sie aus der Presse kommen. Dass hier eine Gabel entsteht, sieht man schon – trotzdem sind noch einige Arbeitsschritte nötig. 6
STIL HANDWERK Glänzende Aussichten Seit dem Jahr 1874 wird in der Silbermanufaktur Gebrüder Reiner Silberbesteck hergestellt. Das Unternehmen steht für Beständigkeit und Ästhetik. Es steht im Gegensatz zur Konsumlust unserer Zeit, ohne den Sinn für Luxus zu verlieren Früher gab es in Deutschland Hun- Firma Gebrüder Reiner entsteht. Aus dass das Gebäude immer wieder er- derte Silbermanufakturen, heute sind dem kleinen Handwerksbetrieb wur- weitert wurde“, erklärt Robert es nur noch vier. Eine davon ist die de über die Jahre ein Unternehmen Liebenberg, als er durch die Manu- Silbermanufaktur Gebrüder Reiner in mit über hundert Mitarbeitern. faktur geht. Jedes Mal, wenn er auf Krumbach. Hier entstehen seit 1874 Mittlerweile wird die Silbermanufak- seine Mitarbeiter trifft, grüßt er sie Silberwaren – in Handarbeit und mit tur Gebrüder Reiner in der fünften mit Namen. Fast alle Mitarbeiter sind viel Liebe. Generation geführt. Die Beständig- seit Jahrzehnten in der Silber Geleitet wird die Silbermanufaktur keit des Unternehmens zeigt sich manufaktur beschäftigt. Sie kennen von Dr. Rainer Liebenberg und sei- auch in den Räumlichkeiten der Ma- ihr Handwerk, jeder Handgriff sitzt. nem Sohn Robert Liebenberg. Seit nufaktur – hier scheint die Zeit still- Mit der Fortführung des Familien der Gründung des Unternehmens im zustehen. Die Manufaktur befindet unternehmens haben Dr. Rainer Jahr 1874 durch Josef Reiner ist es im sich in einem stattlichen Gebäude Liebenberg und sein Sohn Robert Familienbesitz. „Josef Reiner hat sein mitten im Ortskern von Krumbach. eine schwierige Aufgabe angenom- Handwerk in Augsburg gelernt, der An den Außenwänden rankt der men. Sie wollen das Silberhandwerk damaligen Silberhochburg“, erzählt Efeu, durch eine schwere Holztür zukunftsfähig machen. „Heute sind Robert Liebenberg. Nach seinen geht es in die Manufaktur. Enge Gän- nur noch kleine Unternehmen auf Lehr- und Wanderjahren eröffnete er ge und alte Holztreppen führen durch dem Markt. Das sind Manufakturen, die Bayerische Silberwarenfabrik in das Gebäude, die Innenwände wer- die auch besondere Wünsche erfül- Krumbach, 25 Jahre später steigen den immer wieder von großen Fens- len“, erklärt Robert Liebenberg. Die seine beiden Söhne Wilhelm und tern unterbrochen. „Hier sieht noch beiden Unternehmer erhalten Tradi- Josef jr. in das Unternehmen ein – die alles aus wie früher. Man kann sehen, tionen, setzen aber auch eigene Ak- 7
PORTRÄT zente. Dass das kein leichtes Unter- fangen ist, merkt man beim Gedanken an die eigene Besteck- Die Zinken der Gabel sind bereits aus- gestanzt, jetzt fehlt noch der Schliff: Der schublade. Dort, wo in bürgerlichen erste Schliff an einem speziellen Schleif- Haushalten früher noch echtes Silber gerät (oben und Mitte), der Feinschliff mit zu finden war, liegen heute Messer einem sich drehenden Filzrad und einem und Gabeln aus Edelstahl. „Junge Bimsstein (unten). Leute kennen Silberbesteck meistens nur noch von ihren Großeltern“, sagt Robert Liebenberg. Mit dem Vorur- teil, Silberbesteck sei umständlich zu reinigen, räumt er aber auf. Entgegen der Vorurteile sei das Besteck der Sil- bermanufaktur Gebrüder Reiner spülmaschinenfest. Das Credo der beiden Unternehmer: „Benutzen statt putzen.“ Denn wer das Besteck regel- mäßig benutzt, müsse es auch selte- ner polieren. Für frühere Generationen gab es gute Gründe, Wert auf echtes Silberbesteck zu legen. Edelstahl existierte noch nicht, die einzige Alternative zu Silber war Besteck aus Holz, Zinn und einfa- chem Blech. Hygienischer, langlebiger und ästhetischer ist das Besteck aus 8
STIL dem Edelmetall. Es glänzt, es kann fein verarbeitet und „Diese Fähigkeiten sind selten, das Gravieren und das Lö- graviert werden und es hat eine antibakterielle Wirkung. ten können heute nicht mehr viele. Dass wir das noch ma- Wer es sich leisten konnte, aß mit Silberbesteck – und Sil- chen, ist etwas Besonderes“, erklärt Dr. Rainer Liebenberg. berbesteck wurde zum Statussymbol. In der Silbermanufaktur in Krumbach werden jedoch Heute ist die Situation eine andere. In jedem Möbelhaus nicht nur neue Silberwaren hergestellt, sondern auch alte gibt es günstiges Besteck aus Edelstahl. Doch Silber ist be- aufbereitet. „Viele Familien haben Familiensilber: ein Be- sonders langlebig und es besticht durch seinen Glanz so- steckset, das von Generation zu Generation weitergegeben wie die Möglichkeit, es individuell zu bearbeiten. Die Pro- wird“, erklärt Robert Liebenberg. Vergilbtes oder beschä- dukte der Silbermanufaktur Gebrüder Reiner sind deshalb digtes Silberbesteck wird in der Silbermanufaktur aufbe- gefragt. „Unser Markt ist klein, doch er ist da“, sagt Robert Liebenberg. Sehr beliebt sind Tauf- und Geburtslöffel. Die Kunden schenken diese Löffel Neugeborenen oder Täuflingen, in DAS CREDO: BENUTZEN der Silbermanufaktur werden der Name des Kindes sowie STATT PUTZEN seine Geburtsdaten in präziser Handarbeit eingraviert. Und auch international hat Reiner einen Namen: Die Sil- bermanufaktur aus Krumbach stattete die Deutsche Bot- schaft in Washington mit Silberbesteck des Musters reitet – und glänzt danach wie am ersten Tag. „Wenn je- „Atelier“ aus – in alle Teile wurde der Bundesadler gra- mand einmal ein Besteckset bei uns kauft, wird er ein viert. Und auch wohlhabende Familien legen Wert auf Leben lang Freude daran haben. Und nach ihm noch viele hochwertiges Silber. „Adelshäuser gehören zu unseren weitere Generationen“, sagt er. Statt zu versuchen, ihre treuen Kunden, dort hat die Tischkultur noch mehr Tradi- Kunden jedes Jahr zu einem weiteren Kauf zu animieren, tion“, sagt Robert Liebenberg. Familienwappen gravieren setzen sie auf Langlebigkeit. „Das macht unser Geschäft die Spezialisten in der Werkstatt ein oder löten sie auf. natürlich schwierig. Aber wir stehen für Qualität, unsere Anzeige WIR FÖRDERN D A M IT B AY M IT TE LS TA N D ERNS S TA R K IDEE UND UMSETZUNG B LE IB T – A H E R A U S FO R D U C H IN ERNDEN Z E IT E N Bayerns Mittelstand ist stark in seiner Vielfalt. Als Förderbank für Bayern unterstützen wir Unternehmen darin, in innovative Technologien zu investieren und die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Informieren Sie sich über unseren Innovationskredit 4.0 und profitieren Sie von attraktiven Zinskonditionen mit Tilgungszuschuss. Gerne beraten wir Sie kostenfrei. Tel. 089 / 21 24 - 10 00, www.lfa.de Beratung. Finanzierung. Erfolg.
STIL Produkte sollen deshalb möglichst lange halten“, Tischkultur hatte damals einen ganz anderen sagt Robert Liebenberg. Wert als heute“, sagt Dr. Rainer Liebenberg. Die Langlebigkeit der Silberprodukte steht im Heute wird unterwegs oder abends im Restaurant Gegensatz zu ungezügelter Konsumlust – und gegessen. Welches Besteck man zu Hause hat, ist ECKDATEN entspricht damit auch dem aktuellen Zeitgeist, weniger wichtig. Das ändere sich im Moment aber ZUR SILBERMANU- der inzwischen wieder mehr vom Wunsch nach wieder – wegen der Pandemie. „Die Häuslichkeit FAKTUR Nachhaltigkeit und Beständigkeit geprägt ist. „Im wird wiederentdeckt“, stellt Robert Liebenberg STANDORT Krumbach letzten Jahr haben wir gemerkt, dass sich auch fest. „Die Leute sind wieder viel öfter daheim. GRÜNDUNG 1874 junge Menschen für Silberbesteck interessieren“, Deshalb wollen sie, dass dort alles schön ist.“ sagt Robert Liebenberg. Das liege zum einen am Doch die Pandemie hat auch negative Seiten, we- MITARBEITER 10 Wunsch vieler Menschen, nachhaltiger zu leben. gen der Geschäftsschließungen leidet auch die JÄHRLICHER UMSATZ Statt sich über die Jahre immer wieder Produkte Silbermanufaktur in Krumbach unter geringerem rund 500.000 Euro aus Edelstahl zu kaufen, investieren sie lieber ein Absatz. Doch die beiden Unternehmer haben PRODUKTE einziges Mal in gute Qualität. Das gleicht auch schnell auf die neue Situation reagiert. „Wir ha- 25 Besteckmuster in der den höheren Preis der Silberprodukte aus. ben aber mittlerweile einen Onlineshop. Dort aktuellen Kollektion Dass das Interesse an Silberbesteck in der Vergan- kann man die Produkte ganz einfach bestellen. genheit nachgelassen habe, liege an einem kultu- Und das Silberbesteck, das wir aufarbeiten sollen, rellen Wandel. „Früher haben sich die Frauen aus- kann man uns einfach zuschicken“, erklärt Robert schließlich um den Haushalt gekümmert. Die Liebenberg. Dr. Rainer Liebenberg (links) und sein Sohn Robert Liebenberg vor dem Herzstück der Silbermanufaktur: den Formen für die vielen verschiedenen Bestecke. In diese Formen werden Metallplatten eingespannt und gepresst, danach werden sie geschliffen und versilbert. 10
STANDPUNKT Standortfaktor Impfen Bayerns Gesundheitsminister KLAUS HOLETSCHEK wirbt für die Corona-Impfung – gerade auch in Bayerns Betrieben Beim Thema Impfen ist Tempo ent- Impfangebot optimal an die Arbeits ärzten nicht anders. In den kommen- scheidend, und wenn der Bund die umgebung der Mitarbeiter anpassen. den Monaten soll zunehmend mehr zugesicherten Impfstoffmengen lie- Und umgekehrt kennen die Mitarbei- Impfstoff nach Bayern kommen. Die fert, dann können wir bald noch mehr ter die Abläufe oft schon von der Weichen hierfür müssen schon jetzt Menschen ein Impfangebot machen. Grippeschutz-Impfung. Ich glaube, gestellt werden. Vom Großunterneh- Wir haben in Bayern zwei gute und auf dieses Vertrauensverhältnis, ge- men bis hin zu den kleinen Firmen, wichtige Säulen, auf denen die bayeri- nau wie es Haus- und Fachärzte zu die selbständige Betriebsärzte einset- sche Impfstrategie steht: die Impfzent- ihren Patienten haben, müssen wir zen: Für jede Situation brauchen wir ren mit ihren mobilen Impfteams und aufbauen. eine praktikable und durchdachte ab 1. April die niedergelassenen Haus- Ich bin überzeugt, dass wir hier ver- Lösung. Die vbw und viele Unter und Fachärzte. Aber wir planen vor- stärkt auf unbürokratischere Lösun- nehmen arbeiten bereits an der Orga- aus und wollen so bald wie möglich gen setzen müssen. Wir haben schon nisation und wir unterstützen die vbw die Betriebsärzte miteinbeziehen. Da- bei den Impfungen durch die nieder- bei der Erarbeitung von Konzepten. für setze ich mich auch bei Bundesge- gelassenen Ärzte darauf gedrungen, Ich bin sicher, dass wir so bald noch sundheitsminister Jens Spahn ein, die Dokumentation zu verschlanken, mehr Menschen in Bayern ein Impf denn der Bund muss die Rechts- und das machen wir bei den Betriebs angebot m achen können. grundlage dafür schaffen. Zusätzliche Impfungen durch Be triebsärzte sind insbesondere für die Industrie und die Logistikbranche, aber auch darüber hinaus sinnvoll und notwendig. Wir reden hier von 100.000 Menschen allein in den baye- rischen Großbetrieben, denen wir ein Impfangebot machen wollen. Wenn mehr Menschen geschützt sind, ist das auch ein gutes und wichtiges Sig- nal für die bayerische Wirtschaft. Mit den Betriebsärzten besteht eine gute Chance, die Impfungen in noch größerem Umfang zu den Menschen zu bringen. Mit der vbw und Groß- unternehmen stehe ich in engem Austausch, um Rechtsfragen, Logistik und Kosten einer möglichen Einbin- dung von Betriebsärzten in die Impf- kampagne zu klären. Dieser Aus- tausch stellt die Weichen für künftige mögliche Impfangebote in den Be- trieben. Denken wir an die Industrie: Hier sind die Arbeitsprozesse straff, Der Jurist Klaus Holetschek ist es braucht wirklich ein niedrig- seit 2013 Mitglied des Bayeri- schwelliges und mitarbeiterzentrier- schen Landtags und seit Januar tes Angebot. Da setzen wir natürlich 2021 Staatsminister für Gesund- Foto: Bayerisches Staatsministerium für auf die Betriebsärzte: Sie können ein heit und Pflege. Gesundheit und Pflege 11
Mach(t)Raum Fotos: Europäisches Patentamt António Campinos leitet seit 2018 das Europäische Patentamt, in dem etwa 7.000 Menschen beschäftigt sind. Der Portugiese hat eine Af- finität zur zeitgenössischen Zur Erinnerung: „Dies ist ein Malerei. Bilder der Maler Foto von mir mit der Besetzung Reichert und Mohr hängen in eines Films, der im Amt der seinem Büro. Europäischen Union für geisti- ges Eigentum spielt, wo ich als E xekutivdirektor tätig war, bevor ich zum EPA wechselte.“ 12
Information Anzeige Es ist eine der größten Behörden in Europa, aber nicht mit Sitz in für Sie in Bestform Brüssel, sondern in München. Für ANTÓNIO CAMPINOS, Präsident des EUROPÄISCHEN PATENTAMTS (EPA), ist Deutschland ein pro- duktiver Innovator. Für ihn zeichnet sich das Land durch eine sehr star- ke Tradition aus, sein geistiges Eigentum zu schützen; und es schreitet jetzt mit Gründlichkeit in den digitalen Technologien voran, die die glo- bale Wirtschaft transformieren. Dass das EPA seinen Sitz in München e www.vbw-bayern.d Schutzgebühr 6,– Euro hat, verdankt es zudem dem starken politischen Engagement Deutsch- lands für die Schaffung eines europäischen Patentsystems und seiner einzigartigen Expertise im Bereich Patente und Hightech. „Berücksich- tigt man die Anzahl der hier ansässigen patentbezogenen Institutionen, könnte man sagen, dass München heute eine Drehscheibe von Weltrang für geistiges Eigentum ist“, so Campinos. Darüber hinaus ist Deutsch- land eindeutig das europäische Kraftzentrum für Erfindungen: Auf die Bundesrepublik entfallen die meisten europäischen Patentanmeldungen nach den USA und Japan. Bayern sei das „Silicon Valley“ Europas, sowohl bei den Patentanmeldungen als auch bei den Schlüsseltechnolo- gien. Betrachte man Europa, so Campinos, liegt die Stärke im diversifi- zierten Technologieportfolio. Europäische Unternehmen sind traditio- nell stark in Bereichen wie Fahrzeuge, Energietechnologien oder Interview : Dr. Markus 020120 www.vbw-bayern.d e Schutzgebühr 6,– Euro Biowissenschaften. Und derzeit wird in schnell wachsende digitale Söder 1 Bereiche wie Künstliche Intelligenz investiert. Europa ist außerdem ein wichtiger Markt für globale Technologieunternehmen aus aller Welt. „Aber wir müssen unser Patentsystem verbessern und das Einheits patent einführen, das einen völlig barrierefreien Patentschutz innerhalb der EU bietet. Das wird dem europäischen Technologiemarkt einen Schub geben“, sagt Campinos. 020 1 Interview : Tanja Jursa 21 1 Das vbw Unternehmermagazin ist die Premium- Publikation für Menschen aus der bayerischen Wirtschaft und Politik. Das sind Unternehmer, Führungskräfte in den Betrieben, politische Mei- nungsbildner, Entscheider aus den Verbänden sowie Multiplikatoren gesellschaftlich relevanter Gruppen. Wir wollen Ihnen mit dem vbw Unternehmer- magazin alle zwei Monate nutzwertorientierte Inhalte geben, darunter Best-Practice-Beispiele aus bayerischen Unternehmen, Wirtschaftspolitik, Recht, Soziales, Forschung und Technik, Bildung und Lifestyle. Wenn Sie auch zu diesem Leserkreis gehören wollen, Campinos bleibt gerne in Be- bestellen Sie ein kostenloses Abonnement. Senden wegung. Bei seinem Fitness Sie uns einfach eine kurze E-Mail mit Ihren Adress- training genießt er eine der daten an unternehmermagazin@vbw-bayern.de besten Aussichten in München. Ihre personenbezogenen Daten werden ausschließlich für die Zusendung des vbw Unternehmermagazins verarbeitet. Informationen zum Datenschutz gem. Art. 13, 14 13 DS-GVO finden Sie unter www.vbw-bayern.de/01dsv
Fotos: Astrid Schmidhuber
INTERVIEW „Das Silicon Valley der Fahrzeugindustrie ist im Isar-Valley“ BMW-Personalvorständin ILKA HORSTMEIER spricht im Interview darüber, wie Corona, E-Mobilität und „New Work“ den bayerischen Autobauer verändern Gerade kommt es besonders hef- Wird sich das ändern? den Büros liegen, so verbinden wir tig – von der Corona-Pandemie Nein. Die Welt wird vernetzt bleiben. Brain- und Hardware in einzigartiger bis zu einer Vielzahl disruptiver Lieferketten lassen sich nicht nach Be- Weise. Denn Kreativprozesse finden Veränderungen im Mobilitätsbe- lieben umstellen. Unsere Lieferketten heute nicht mehr in Einzelbüros statt. reich. Muss man sich Sorgen ma- verzweigen sich vielfältig und global Und natürlich spielt mobiles Arbeiten chen um BMW? sind Zehntausende Lieferanten Dut- bei uns auch schon seit langer Zeit Absolut nicht! Die BMW Group sieht zender Ebenen darin eingebunden. eine große Rolle. Wir haben bereits auf eine 100-jährige Erfolgsgeschich- seit 2013 eine Mobilarbeits-Vereinba- te. Die Fähigkeit zur Veränderung ist Wie hat Corona die Arbeitswelt rung. Diese hat die bis dahin geltende eine ganz wichtige Eigenschaft von verändert? Vereinbarung zur Telearbeit von 1995 BMW – sie ist Teil unserer DNA. Um Bei der BMW Group haben wir abgelöst. Mobiles und vernetztes Ar- die Zukunft von BMW mache ich mir schon lange vor Corona begonnen, beiten in modernen Arbeitswelten deshalb überhaupt keine Sorgen. moderne Arbeitswelten zu entwi- hatten wir bei BMW also vor Corona ckeln. Nehmen Sie zum Beispiel un- schon. Eine Krise, aus der man nichts ser neues Projekthaus im Forschungs- lernt, ist eine verschenkte und Innovationszentrum (FIZ). Mit Und nach Corona bleiben bei Ih- Chance. Was lernen wir aus der der beeindruckenden Architektur ha- nen deshalb jetzt viele Mitarbei- Corona-Krise? ben wir Raum geschaffen für Inspira- ter weiterhin im Homeoffice? Corona hat uns gezeigt, wie extrem tion und Vernetzung unserer Mitar- Die Diskussion zur Anzahl von Tagen vernetzt die Welt tatsächlich ist. Im beiter und damit für unsere im Homeoffice ist mir viel zu eindi- Januar des vergangenen Jahres haben Innovationskraft. 5.000 Mitarbeite- mensional. Angesichts der Unter- viele hierzulande noch geglaubt, ein rinnen und Mitarbeiter arbeiten fach- schiedlichkeit der Aufgaben, die wir Ereignis wie der Corona-Ausbruch in bereichsübergreifend an den Zu- bei der BMW Group zu erledigen ha- China bleibe auf die dortige Region kunftsfragen, es gibt viel Raum für ben, kann es kein „One-Size-fits-all“, beschränkt. Doch dafür sind die Wa- Zusammenarbeit und ein breites keine Einheitsregel, die für alle passt, ren- und die Menschenströme heut- Spektrum an Services. Dazu kommt, geben. Zumal gerade die kreativen, zutage viel zu vernetzt. dass die Werkstätten gleich neben innovativen Prozesse, die wir brau- 15
INTERVIEW chen, um die Zukunft der BMW Jahre zurück. Das Hochhaus besteht Ist Corona ein Treiber für Ent- Group zu gestalten, nur hoch-kolla- überwiegend aus Großraumbüros wicklungen, die ohnehin gekom- borativ funktionieren und auch nur und war damals wegweisend für neue men wären? an einem Ort, an dem sich die Men- Formen der Zusammenarbeit. Wir Nun, zumindest was den Umgang mit schen treffen und vernetzen können. begeben uns jetzt in der Tat auf den modernen Kommunikationstechno- Die Diskussion um „New Work“, also Weg, die modernen Arbeitswelten logien angeht, haben wir das während die neue Arbeitswelt, lässt sich nicht hier einfließen zu lassen. Es wird in Corona gut geübt – und dabei ge- reduzieren auf die Frage, wie viele diesen neuen Arbeitswelten natürlich lernt, dass man nicht überall hinflie- Tage man künftig im Homeoffice ver- weiterhin Rückzugsmöglichkeiten für gen und sich physisch treffen muss. bringt. Da geht es um ein attraktives konzentrierte Einzelarbeiten geben. Gerade bei den internationalen The- Arbeitsumfeld, moderne Kommuni- Aber es wird auch ein hohes Maß an men ist das digitale Meeting wahn- kationsformen, neue Formen der sinnig effizient. Das wird ein wesent- Vernetzung, die Möglichkeiten der licher und integraler Bestandteil der Digitalisierung und natürlich Füh- neuen Arbeitswelt bleiben. Interes- rung. sant ist zudem eine andere Erfah- „Bei den internationa- rung: Nach dem Lockdown sind viele Wir sitzen hier in der BMW-Zen- len Themen ist das Mitarbeiter unglaublich gerne wieder trale, im berühmten Vierzylinder zurückgekommen in ihre Büros und in München am Petuelring. In digitale Meeting Abteilungen – weil es zu Hause nicht diesem Gebäude gibt es jede immer möglich war, adäquat zu ar- wahnsinnig effizient“ Menge Einzelbüros, die Corona beiten, weil die Arbeitskollegen einen bedingt im Moment vermutlich enorm wichtigen Sozialkontakt dar- nicht genutzt werden. Trotzdem stellen und schlicht weil es jeden Mit- funktioniert BMW. Bedeutet tag eine warme Mahlzeit gibt. „New Work“ also, dass es künf- Kollaborationsflächen geben, wo tig viel weniger Einzelbüros Menschen miteinander, vor Ort oder Wie werden wir wohl in fünf oder braucht – und stattdessen so et- digital, kreativ arbeiten. Und dazu zehn Jahren arbeiten? was wie unternehmensinterne braucht es auch Flächen, wo man Elektrifizierung, Digitalisierung, Konferenzzentren? geistig wieder auftanken kann – wie Nachhaltigkeit – all das sind Dinge, Das BMW-Hochhaus wird bald 50 etwa in einer guten, nachhaltigen Be- die gerade uns in der Mobilitätsin- Jahre alt, die letzte Sanierung liegt triebsgastronomie. dustrie besonders angehen. Sie be- 16
INTERVIEW stimmen den Transformationspro- Arbeitsplätze geschaffen, weil unsere Produktionsnetzwerk einbringt. Und zess. Wir müssen das, was passieren Mitarbeiter Lösungen entwickelt ha- da ist Dingolfing und damit der wird, rechtzeitig antizipieren – um zu ben, die unsere E-Antriebe von Wett- Standort Bayern mit der Elektromo- klären, was davon für uns, für unsere bewerbern unterscheiden. Daher bilität ganz weit vorne. Wenn ich mir Kunden und unsere Mitarbeiter werden in unserem Kompetenzzent- den neuen BMW iX ansehe, dann wichtig ist. Nur dann können wir un- rum für Elektromobilität im bayeri- sage ich Ihnen: Das Silicon Valley der sere Kompetenzen und Ressourcen schen Dingolfing mittelfristig bis zu Fahrzeugindustrie ist im Isar-Valley. intelligent einsetzen. Das ist das Herz 2.000 Mitarbeiter an E-Motoren, Bat- der Personalarbeit, vorauszuschauen, teriemodulen und Hochvoltspeichern Und wie bekommt man nun die welche Entwicklungen es da draußen arbeiten können. Menschen von heute in die Ar- gibt und frühzeitig und konsequent handeln. Diese Verantwortung hätte man früher wohl eher nicht bei einem „Im Personalwesen haben wir enormen Einfluss Personalvorstand gesehen. auf die Transformation unserer Industrie“ Im Personalwesen haben wir enor- men Einfluss auf die Transformation unserer Industrie. Wir haben den Anspruch, nicht mehr nur Business Partner sondern Business Developer Das Werk im niederbayerischen beitswelt von morgen? Das ist ja, zu sein. Dafür müssen wir auf Augen- Dingolfing war mal das größte um im Bild zu bleiben, wie beim höhe mitdiskutieren können – das BMW-Werk. Heute sind die Wer- Umstieg vom Verbrenner zum Business gut verstehen und vor allem ke in Spartanburg in den USA Elektromotor … die Fähigkeiten unserer Mitarbeiter und Shenyang in China größer. Bei der Elektromobilität haben wir kennen. Es geht darum, welche Ar- Vielleicht, wenn man Autos zählt. mit dem BMW i3 diese Reise sehr beitsplätze wir für die Zukunft schaf- Aber Größe macht sich für die BMW früh begonnen und werden bis zum fen – und das hängt natürlich mit den Group nicht mehr alleine an der Zahl Jahr 2023 ein Portfolio mit 25 elekt- Produkten der Zukunft ganz eng zu- der produzierten Fahrzeuge fest. Für risch angetriebenen Fahrzeugen ha- sammen. Wir haben bei der Elektro- die Zukunft geht es darum, welche ben. Auf diesem Weg gilt es die Mit- mobilität beispielsweise jede Menge Kompetenzen ein Werk in das globale arbeiter mitzunehmen. Und 17
INTERVIEW insbesondere die Qualifizierung un- Vor 40 Jahren gab es bei BMW die wir Unternehmen haben: uns serer Mitarbeiter voranzutreiben. Seit noch Dengler und Leute, die die nicht nur um die Weiterentwicklung 2009 haben wir mehr als 50.000 Mit- Ventile der Motoren eingestellt beim Produkt zu kümmern, sondern arbeiter im Bereich der Elektromobi- haben. Heute werden Kompo- auch bei unseren Mitarbeitern. lität geschult. Und in diesem Jahr nenten zusammengefügt. Aber werden wir beim Thema Qualifizie- wie sieht die Zukunft aus? Wie bekommen wir all das am rung nochmals richtig anschieben. Kommt dann der BMW aus dem Standort Deutschland hin – ver- Wir sind mitten in der größten Wei- 3-D-Drucker – und wo bleibt glichen mit anderen Standorten terbildungsoffensive, die wir je im dann der Mitarbeiter? in Europa, Asien oder Amerika? Unternehmen hatten: 75.000 Teilneh- Das Prinzip des Autos hat sich in den Die BMW Group agiert in der ganzen mer bei entsprechenden Seminaren letzten 100 Jahren gar nicht so sehr Welt. Wir bemühen uns, die unter- und Schulungen in 2021. Dabei geht verändert – eine Karosserie und vier schiedlichen Kompetenzen, Mentali- es natürlich um das Thema Elektro- Räder. Aber natürlich haben sich der täten und Denkweisen, die es in der mobilität, aber auch um Digitalisie- Antrieb, die Elektronik und die Kom- Welt gibt, zu nutzen. Der Anspruch rung und Data Analytics. ponenten verändert. Verändert hat ist, dass am Ende immer ein erstklas- siger BMW, MINI oder Rolls-Royce rauskommt – wie es unsere Kunden von uns erwarten. Unser Anspruch ist es, überall auf der Welt die gleiche Qualität abzuliefern. So haben wir „Wir sind mitten in der größten Weiterbildungs- das Erfolgsmodell der dualen Berufs- offensive, die wir je im Unternehmen hatten“ ausbildung über Deutschland hinaus bereits in acht weiteren Ländern an zwölf Standorten etabliert. In unse- rem weltweiten Ausbildungsnetzwerk schulen wir rund 4.500 junge Leute und sichern so weltweit top ausgebil- Was bedeutet all das für den sich auch, wer was in der Produktion dete Nachwuchskräfte für unser Pro- klassischen Industriearbeits- macht, was selbst produziert wird duktions- und Vertriebsnetzwerk. platz? oder von Lieferanten. Das wird auch Bei der BMW Group arbeiten welt- in Zukunft so sein. Eine Einheitska- Müssen wir uns um unseren weit 60.000 Mitarbeiter in der Pro- rosse aus dem Drucker, in die nur Standort sorgen? duktion. Die erfahren in der Tat ge- noch unterschiedliche Komponenten Ganz und gar nicht. Der Standort nauso eine Änderung durch die eingebaut werden, ist eine Vision, die Deutschland hat außerordentliche Digitalisierung wie die Mitarbeiter in noch weit weg ist. Aber klar ist: Jedes Fähigkeiten, was die Kompetenzen der Planung und Entwicklung und in Einzelteil wird sich weiter verändern. der Mitarbeiter angeht. Wenn wir es der Verwaltung. In erster Linie geht Und damit die Tätigkeiten, die bei schaffen, mit diesen Kompetenzen es bei Transformationen um unter- der Produktion eines Autos notwen- und der nötigen Veränderungsbereit- nehmerische Entscheidungen. Dabei dig sind. Umgekehrt profitieren wir schaft neue Produkte zu entwickeln, wird man nie alle Mitarbeitermei- von unserer jahrzehntelangen Erfah- und lernen, dabei auch die Fähigkei- nungen berücksichtigen können. rung, etwa, wie man eine Produktion ten anderer gezielt zu nutzen – etwa Aber wenn einmal eine Entscheidung hochfährt, wie man sie weiterentwi- bei der Digitalisierung – dann mache getroffen wurde, dann muss man sich ckelt und optimiert, wie man In- ich mir gar keine Sorgen. Allerdings um die Mitarbeiter kümmern – und standhaltung organisiert. Dieses un- müssen wir aufpassen, dass wir uns zwar um jeden einzelnen. Was nun abdingbare Wissen ist in den nicht weiter überfrachten mit unnöti- den Produktionsbereich angeht, bie- allermeisten Fällen auch auf neue ger Bürokratie. Wir müssen mehr tet Industrie 4.0 eine große Chance, Technologien übertragbar. Aber das Flexibilität in der Arbeitswelt zulas- um Komplexität zu managen, die muss organisiert werden. So, wie es sen. Etwa wenn es um die Regulie- Qualität voranzubringen und die eine technologische Transformation rung von Arbeitszeitmodellen geht – Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. in Form neuer Modelle und neuer wir können nicht auf der einen Seite Durch neue Technologien können Fähigkeiten der Autos gibt, so muss mehr Mobilarbeit fordern und zu- wir die Mitarbeiter in der Produktion es eine Transformation bei den Fä- gleich mehr Regularien zu deren Be- ergonomisch und bei repetitiven Tä- higkeiten der Mitarbeiter geben. Und antragung und Dokumentation tigkeiten entlasten. das ist ganz eindeutig eine Aufgabe, schaffen. Zudem müssen wir das Ar- 18
INTERVIEW beitszeitgesetz an die neuen flexiblen Was bedeutet das für BMW? in der Ausbildung bemühen wir uns Arbeitsformen anpassen. Wer im Wir sehen unsere Aufgabe darin indi- sehr intensiv um junge Frauen. Beim Homeoffice ein Meeting auf den viduelle Mobilität in ein neues Zeit Nachwuchs liegen wir zwischen 30 Abend verlegt, um sich in der Zwi- alter zu führen – sie nachhaltiger zu und 50 Prozent Anteil weiblicher Ta- schenzeit um die Kinder kümmern machen, vernetzter – und sicherer. lente – von der Ausbildung bis zu den zu können, der kann schwerlich die Wenn das keine sinnvolle Aufgabe für Masterprogrammen. Und wir werden elfstündige Pause einhalten, die das junge Menschen ist, dann weiß ich es Gesetz eigentlich vorsieht. Dies steht auch nicht. Und man kann bei BMW im krassen Gegensatz zu dem, was wirklich etwas tun und die Welt ver- heute in der Unternehmenspraxis ge- ändern: Eine junge Mitarbeiterin, die fordert wird: Die Beschäftigten selbst große Sympathie für Fridays for Fu- sind es, die sich mehr Freiräume ture hat, hat als Materialentwicklerin „Man kann bei BMW nicht nur wünschen, sondern diese eine neue Fußmatte aus 100 Prozent wirklich etwas tun und auch vermehrt einfordern. Und na- recyceltem und recycelbarem Materi- türlich müssen wir einen Blick auf die al entwickelt. Klingt erstmal nicht die Welt verändern“ Arbeitskosten haben – das Thema So- groß, aber diese Matte ist in die Serie zialversicherungsbeiträge müssen wir eingeflossen und wird über die Lauf- bei 40 Prozent stabilisieren, um nega- zeit in mehr als drei Millionen Fahr- tive Folgen für Wirtschaft und Be- zeugen verbaut. Das spart enorme schäftigte zu vermeiden. Mengen CO2 und Plastikmüll. nicht stehenbleiben. Ich bin zutiefst Das ist dann plötzlich sehr relevant. überzeugt, dass Vielfalt ein wirklich Welchen Blick haben Sie auf die Als Personalvorständin möchte ich es hohes Gut ist für ein Unternehmen: Generation Z? schaffen, dass Menschen, die etwas Männer, Frauen, Junge, Alte, Men- Mittlerweile arbeiten fünf Generati- bewegen wollen, zu uns kommen, um schen mit und ohne Behinderung, onen bei BMW. Wir setzen alle stär- hier den Unterschied zu machen. Nationalitäten, Kulturen, Erfahrun- kenorientiert ein: junge Menschen gen, sexuelle Orientierung und Iden- beispielsweise in Sachen Digitalisie- Zum Abschluss: Wie ausbaufähig tität – ich möchte das bei der BMW rung als Mentoren für die erfahrene- ist bei BMW die Frauenquote? Group weiterentwickeln und fördern. ren Kollegen. Das kann eine tolle Die BMW Group hat da einen enor- Vielfalt macht ein Unternehmen ge- Symbiose sein. Auf der einen Seite men Weg hinter sich. Wir haben die rade in herausfordernden Zeiten er- die „Digital Natives“, auf der anderen Anzahl von Frauen in Führungsposi- folgreich. Seite die Lebens- und Arbeitserfah- tionen in den letzten zehn Jahren ver- renen. Was auffällt: Den jungen doppelt. Und wenn ich heute in die Menschen ist zunehmend wichtig, Werke schaue, dann sehe ich da für etwas zu arbeiten, das ihnen Sinn junge Vorarbeiterinnen und gibt. junge Meisterinnen. Gerade ZUR PERSON Die studierte Diplomkauffrau Ilka Horstmeier ist seit 25 Jahren bei BMW. 2019 wurde sie als Arbeitsdirektorin in den Vorstand berufen, davor war sie unter anderem Leiterin der Produktion und Planung von Motoren und E-Antrieben und Leiterin des BMW-Werkes in Dingolfing. 19
XXX Suche nach dem Game-Changer Mit Verboten alleine lässt sich der Klimawandel kaum aufhalten – Nur durch neuartige Technologien lassen sich die Grundlagen des Wohlstandes und der soziale Frieden erhalten – Der Standort Bayern kann profitieren 20
XXX Ein Essay von Alexander Kain zügig die Rückkehr zum Pariser Kli- Zwar würde beispielsweise der gänzli- 4,8 Grad – um so viel könnte die maschutzabkommen eingeläutet hat, che Verzicht auf Mobilität zu einer Durchschnittstemperatur in Bayern hat nicht nur symbolische Bedeutung: nennenswerten Einsparung bei den bis zum Ende dieses Jahrhunderts Die USA waren 2019 nach China der fossilen Emissionen führen – derlei steigen, wenn keine Klimaschutz- zweitgrößte Emittent des klimaschäd- wäre aber ebenso lebensfremd wie es maßnahmen ergriffen würden. Diese lichen Treibhausgases Kohlendioxid – etwa der Verzicht aufs Heizen im Zahl verkündete Umweltminister 14,5 Prozent der insgesamt 34.169 Winter wäre. Ebenso ist es mit dem Thorsten Glauber jüngst anlässlich Millionen Tonnen gehen auf ihr Kon- Gebrauch technischer Geräte wie der Vorstellung des „Klimareports to. Der deutsche Beitrag zu den welt- Computer und Smartphone oder der Bayern 2021“. weiten Kohlendioxid-Emissionen Nutzung ganzer Technologien wie 4,8 Grad – das klingt nicht nach viel. liegt bei zwei Prozent, etwa ein Zehn- dem Internet: Sie verbrauchen enorm Ist es aber. Nur zum Vergleich: Von tel davon entfällt auf Bayern. viel Energie – sind aber aus dem all- 1951 bis 2019 stieg die Durchschnitts Derlei Zahlen zeigen zweierlei ganz täglichen Leben der Menschen nicht temperatur in Bayern um 1,9 Grad – deutlich. Erstens: Verhaltensänderun- mehr wegzudenken. Nicht alles, was mit schon jetzt feststellbaren fatalen gen und Einsparmaßnahmen reichen auf das Konto des Klimaschutzes ein- Folgen wie dem Verschwinden von nicht aus. Und zweitens: Klimaschutz zahlen würde, ist also mit den Be- Gletschern und dem Auftauen von ist eine globale Aufgabe – alleine dürfnissen der Menschen nach mo- Permafrostböden in den Alpen sowie können wir ihn selbst durch eine dernem Leben und Arbeiten und riesigen ausgetrockneten Waldflächen noch so vorbildliche Erfüllung der nach Fortschritt vereinbar. in Franken. Klimaziele nicht aufhalten. Klar ist: Die Lösung muss klüger sein. Der Kampf um das Klima ist, das zeigt Entscheidend ist zudem, das Errei- Den Verbrauch fossiler Energien zu sich immer deutlicher, die große Her- chen der Klimaziele so zu gestalten, vermindern und irgendwann sogar ausforderung für diese Generation. dass die Grundlagen des Wohlstandes ganz zu vermeiden, die Emission von Dass die USA unter der neuen Admi- und der soziale Frieden nachhaltig Kohlendioxid also gar nicht erst ent- nistration von Präsident Joe Biden gesichert bleiben. Denn eines ist klar: stehen zu lassen – das ist wichtig, 21
ESSAY richtig, notwendig. Aber es ist nur gehört dazu, ebenso neuartige und kunft sein. Aber würde in der heuti- der erste Schritt hin zu einer Lösung. immens verbesserte Energiespeicher, gen Zeit, in der noch viele Verbrenner Um es einmal anhand eines ganz ein- Künstliche Intelligenz, völlig neuarti- unterwegs sind, jeder Autofahrer vor fachen Beispiels zu sagen: Dem durch ge enorm wirksame Dämmstoffe, Antritt der Fahrt sein Ziel ins Naviga- Luftverschmutzung entstandenen so- schwimmende Windkraftanlagen – tionsgerät eingeben und dieses sich genannten „sauren Regen“, der in den und Technologien bis hin zur Kernfu- mit einem großen Server abstimmen, 1970er und 1980er Jahren in Deutsch- sion. Alleine: Über deren Potenziale wüsste der frühzeitig, wo demnächst land ganz erheblich zum Baum- und lässt sich heute nur spekulieren – mit Staus und Stillstand zu rechnen Waldsterben beigetragen hatte, wurde man nicht etwa dadurch Herr, dass man die Autos abgeschafft und die In- dustrie stillgelegt hätte. Sondern viel- VIELES MUSS VOR DEM HINTERGRUND DES mehr durch den klugen Einsatz von KLIMAWANDELS NEU GEDACHT WERDEN Technologie – von Filteranlagen über die Einführung von bleifreiem Benzin bis zum Autokatalysator. Das ist, gedanklich und nur im Klei- weshalb es klug ist, auf sie zu setzen, wäre. Entsprechend könnten Routen nen, die Blaupause für die anstehen- aber unklug, sich auf sie zu verlassen. verändert und Ampelschaltungen op- den Herausforderungen. Vieles aber muss vor dem Hinter- timiert werden – und damit die Ver- Wissenschaft und Forschung, Wirt- grund des Klimawandels schlicht neu bräuche. Wie lässt sich diesbezüglich schaft und Industrie sind also Teil der gedacht werden – ehe daraus Lösun- überhaupt urbane Logistik voranbrin- Lösung, wenn es darum geht, dem gen entstehen, die auch den Standort gen? Die Fragen, die die Gesellschaft Klimawandel möglichst ohne Einbu- stärken. sich dabei selbst stellen (und natürlich ßen der individuellen Lebensqualität Um beim Beispiel der Mobilität zu bald auch einmal beantworten) muss: zu begegnen. Diese Lösung liegt frei- bleiben, lässt sich leicht zeigen, welche Ist sie bereit, die Infrastruktur dafür lich noch nicht da wie ein ausgeroll- Potenziale in moderner Antriebstech- zu schaffen? Und wie will sie mit den ter Teppich, den man nur noch ent- nologie, zukunftsweisender Infra- (Navigations-)Daten umgehen? Selbst langschreiten müsste. struktur und Künstlicher Intelligenz derlei Herausforderungen gehören Natürlich gibt es das, was Experten stecken: Nicht nur, dass Fahrzeuge schließlich zum Kampf um das Klima. „Game-Changer-Technologien“ nen- zunehmend umweltbewusster und Überhaupt, so heißt es in einer Studie nen – Technologien, die zumindest klimafreundlicher produziert werden des Zukunftsrates der Bayerischen auf ihrem Feld einen ganz erhebli- und Antriebstechnologien wie Strom Wirtschaft, müsse man den Kampf chen Beitrag leisten könnten, um den und Wasserstoff klar in die Zukunft gegen den Klimawandel als Quer- Klima-Herausforderungen zu begeg- zeigen – schon die tägliche Fahrt schnittsaufgabe begreifen. Sie beginnt nen: Wasserstoff-Direktproduktion kann eine in eine bessere Klima-Zu- damit, mehr Wissen zu schaffen. Wie ist beispielsweise der CO2-Fußab- Wichtig ist eine fortschrittliche Infrastuktur für druck der Digitalisierung und der da- Foto: jesada - stock.adobe.com Erneuerbare Energien und intelligente Mobilität. zugehörigen Hardware? Wie könnte eine „Green IT“ funktionieren? Und wie eine „Green KI“, also „grüne Künstliche Intelligenz“? Ein weiteres Schlagwort, das es im Kampf um das Klima zunehmend mit Leben zu füllen gilt, ist „Sustainabili- ty by Design“. Wieder ein Beispiel aus der Mobilität: Wird ein Elektrofahr- zeug produziert wie im herkömmli- chen Fahrzeugbau? Oder mithilfe von grünem Strom, nachhaltigen und gut recycelbaren Materialien? Derlei zahlt am Ende in eine ehrliche Ökobilanz ein. Nur am Rande bemerkt: Der Standort Bayern ist hier schon her- vorragend dabei. 22
Anzeige ESSAY Kuratorium der Bayerischen Wirtschaft Foto: V i n h D. photography - stock.adobe.com Mit den Daten aus den Navigationsgeräten können Ampelanlagen und Routen optimiert werden, so dass der Verkehr ohne Stau fließt und so weniger Energie verbraucht wird. Ehrenmedaille für vorbildlichen Einsatz Andere Beispiele getraut man sich Wirtschaft und Wissenschaft gemein- kaum mehr zu nennen, weil man bis- sam an großen Herausforderungen weilen das Gefühl hat, es gehe nicht arbeiten“, heißt es in einem Papier des wirklich etwas voran – etwa beim Zukunftsrates. Bauen mit neuen Materialien, vor al- Im angelsächsischen Raum, insbeson- lem Holz. Zu hören ist viel Kritik am dere in den USA hat derlei Tradition Eigenheim, aber wenig davon, dass und zuletzt Beachtliches hervorge- der Holzbau in den Innen- und bracht: Schon lange gibt es die unter Großstädten erheblich vorangebracht Technik-Universitäten ausgetragenen würde. Erinnert sei dabei an das Zen- Roboter-Wettkämpfe – von Robo- trum für nachwachsende Rohstoffe in ter-Fußball bis Roboter-Boxen. Derlei Straubing – übrigens der Heimatort hat zweifellos – und zwar spielerisch von Joseph von Fraunhofer. und fantasiereich – die Robotertech- In der Industrie schaffen vernetzte nologie enorm nach vorne gebracht. Fabrikation und 3-D-Druck, nach- Mit dem Lunar X-Prize (GLXP) haltige Verpackung und Recycling waren bis 2018 insgesamt 40 Millio- völlig neue Möglichkeiten. Im Ener- gie-Bereich sind es Wasserstoff-Her- nen Dollar für eine neuerliche Lan- dung auf dem Mond ausgelobt worden Sagen Sie „Danke!“ stellung und Brennstoffzelle, syntheti- – was den privaten Raumfahrtbestre- sche Treibstoffe und intelligentere bungen unzweifelhaft einen enormen Stromnetze, organische Solarzellen Schub verpasst hat. Der Technolo- sowie Solar- und Geothermie. gie-Pionier Elon Musk wiederum, Mit der neuen Ehrenmedaille für vorbildlichen Kaum ein Bereich, in dem sich die selbst einer, der sich in der privaten Einsatz können Sie Arbeitnehmer*innen für he- Zukunft nicht neu denken ließe – Raumfahrt etabliert hat, hat schon rausragende Leistungen in besonders schwieri- und der zudem dem Standort Bayern mehrfach einen Hyperloop-Preis aus- gen Situationen wie z. B. der Corona-Pandemie hervorragende neue Möglichkeiten geschrieben – für den schnellsten ehren. Zeigen Sie Ihre Anerkennung und moti- eröffnet. Transport von Gütern und Menschen vieren Sie für die Zukunft. Die Medaille wird zu- sammen mit der Ehrennadel im Etui und mit Trotzdem raten Experten wie der Zu- in einer Vakuumröhre. Zum wieder- einer Urkunde geliefert. kunftsrat der Bayerischen Wirtschaft holten Mal übrigens haben Studenten zu mehr Mut – dem Mut zum Experi- der TU München hier abgeräumt. Zu- mentieren. Und dem Mut zum Wett- letzt hat Musk sogar ein Preisgeld von bewerb. Letzteres übrigens ziemlich 100 Millionen Dollar ausgelobt – für wörtlich: „In Bayern sollten regelmä- eine preiswerte Methode, um CO2 aus Einfach online bestellen ßige und öffentlichkeitswirksame der Luft zu entfernen und so den Kli- www.kuratorium-bayern.de Wettbewerbe stattfinden, in denen mawandel zu bekämpfen. oder per E-Mail an ehrung@kuratorium-bayern.de
BILDUNG GANZTAG@HOME Schulfreunde treffen geht auch online 24
BILDUNG Mit dem Angebot „ganztag@home“ der Gesellschaft zur Förderung beruf- licher und sozialer Integration können sich Kinder und Jugendliche an Offenen Ganztagsschulen virtuell mit Freunden zum Spielen verabreden. Foto: contrastwerkstatt - stock.adobe.com Unterricht zu Hause, ohne Klassenkamera- Auf zwei Stunden in der Woche freut sich der 13-jährige Maxim ganz be- den und ohne spielerischen Austausch: Die sonders: Dienstags und donnerstags Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen schaltet der Siebtklässler nachmittags den Computer an und trifft per Link vor allem auch Kinder und Jugendliche. Eine Freunde zum virtuellen Spielen: Lösung: das Format „ganztag@home“ der „ganztag@home“ heißt das Projekt, mit dem Maxim und andere Kinder Gesellschaft zur Förderung beruflicher und an der Offenen Ganztagsschule sozialer Integration (gfi) – ein Unternehmen (OGS) in Gersthofen bei Augsburg während der Pandemie besser über des Bildungswerks der Bayerischen Wirt- die Runden kommen. schaft (bbw). Das Online-Angebot bietet Neben der Familie ist dies gerade sei- ne einzige Möglichkeit zum Aus- Eltern Entlastung und Kindern soziale Kon- tausch mit Gleichaltrigen. Mutter takte Ludmilla Gertner freut es daher be- 25
BILDUNG Von Rätseln und sicheren Internetspielen über kreative Aufgaben und handwerkliche Bastel ideen bis hin zu sportlichen Aktivitäten: Bei ganztag@home ist für jeden Geschmack etwas dabei. Foto: Lakshmiprasad - stock.adobe.com sonders, dass ihr Sohn zweimal in der Mitarbeiter der gfi rund 22.000 Schü- Woche unbeschwert aus den sozialen lerinnen und Schüler in 420 Schulen. Tiefen des Lockdowns herauskommt. „Neben der Unterstützung der Eltern Vormittags sitzt Maxim zwar im On- wollten wir auch den Kindern und line-Unterricht vor dem Rechner. Jugendlichen einen Anreiz geben, Doch am Nachmittag fehlte oft eine sich am Nachmittag sinnvoll und mit sinnvolle Beschäftigung. Ob neue Spaß zu beschäftigen. Deswegen ha- Spiele, Basteleien oder einfach nur ben wir ganztag@home in Absprache Gespräche – sie hat den Eindruck, mit den Schulen und dem bayeri- dass der Austausch dem Sohn guttut. schen Kultusministerium konzipiert“, „Ich bin sehr zufrieden damit. Auch sagt Worbach. „Über 200 Schulen in wenn ich mir wünschen würde, dass Bayern nehmen das kostenlose Ange- dies öfter stattfindet“, sagt Ludmilla bot mittlerweile wahr – Tendenz stei- Gertner. gend“, erläutert Worbach. Bezahlt Hinter ganztag@home steht die Ge- wird das Projekt vom Freistaat Bay- sellschaft zur Förderung beruflicher ern und den Schulaufwandsträgern, und sozialer Integration (gfi). „Das die dafür bereits budgetierte Beträge Projekt war eher eine spontane Idee. für die Mittags- und Ganztagsbetreu- Wir haben uns gefragt: Wie können ung verwenden. wir weiterhin im Lockdown für die Von Anfang an mit dabei war auch Eltern da sein und ihnen helfen, Fa- bbw-Bereichsleiter Digitalisierung milie und Beruf zu vereinbaren“, be- Wilfried Berg. Er hat sowohl tech- richtet Uwe Worbach, Produktmana- nisch als auch konzeptionell bei der ger bei der gfi. Umsetzung unterstützt. Nur deshalb Eine Herausforderung: Normalerwei- konnte das Angebot so schnell an den se begleiten die Mitarbeiterinnen und Start gehen. Und das nicht zu früh: 26
BILDUNG Denn der Bedarf nach nachmittägli- und Jugendlichen nicht auf sich allei- in die Nachmittagsbetreuung. Nach cher Betreuung unter Aufsicht und ne gestellt. Unterstützung erhalten sie der ersten Corona-Welle haben die mit ansprechenden Formaten ist vor- bei Bedarf per Hotline: Die gfi-Be- Erzieherinnen und Erzieher brieflich handen. Kinder sind im Lockdown treuerinnen und Betreuer helfen tele- versucht, Kontakt zu halten. „Dann oft auf sich gestellt: In Deutschland fonisch bei Aufgaben, beantworten sind wir auf die Online-Betreuung arbeiten in knapp 3,2 Millionen Fa- Fragen. Oder sie hören einfach zu, über ganztag@home umgestiegen“, milien mit Kindern beide Elternteile. wenn Kinder laut Lesen üben oder erzählt Beier. In kurzer Zeit standen Hinzu kommt eine halbe Million sich abfragen lassen wollen. „Gerade die ersten Videos und Präsentationen Alleinerziehende – überwiegend in dieser außergewöhnlichen Zeit war mit spielerischen Angeboten sowie Frauen –, die erwerbstätig sind. uns wichtig, dass die gewohnten Be- Quiz-Formaten für die Kinder bereit. Mit täglichen Beschäftigungsideen, zugspersonen weiterhin zur Verfü- Sogar gemeinsam gekocht wurde in die anregen, aber nicht überfordern, gung stehen – wenn eben auch rein den Online-Stunden. bietet ganztag@home Abhilfe. Die virtuell“, erklärt Worbach. Mit dem Ende des ersten Lockdowns „Daily Challenges“ sind mit einfa- In Maxims Fall ist Agnes Beier aus wurden die Inhalte von ganztag@ chen Mitteln umsetzbar und ver- Gersthofen bei Augsburg diese Be- home auf der gfi-Webseite hinterlegt. schaffen ohne Hilfe der Eltern ein Er- zugsperson. Zusammen mit zwei an- So konnte das Projekt schnell wieder folgserlebnis. Entstanden ist ein Mix deren Mitarbeitern an der Augsbur- reaktiviert werden, als es im Dezem- aus digitalen und analogen Frei- ger Ganztagsschule sorgt sie für den ber 2020 zum zweiten Lockdown kam. zeitangeboten: von Rätseln und siche- nötigen Input am Bildschirm. Sozio- Wie dringend notwendig das ist, ren Internetspielen über kreative Auf- logie, Psychologie und Pädagogik hat merkt Agnes Beier gelegentlich am gaben und handwerkliche Bastelideen sie studiert und betreut Kinder an der Bildschirm: „Wir holen Kinder aus der bis hin zu sportlichen Aktivitäten. Gersthofener OGS seit 15 Jahren. Isolation, die keine andere Möglich- Auch beim Lernen sind die Kinder Normalerweise kommen 33 Kinder keit zu sozialem Austausch haben.“ Anzeige „Der Weg zum kompetenten Leser führt in Bayern primär über den gedruckten Text.“ (Prof. Dr. Michael Piazolo) Kernaussagen: Print ist weiterhin das bevorzugte Medium zum Lesen längerer Texte Print unterstützt im Gegensatz zum Digitalen das Leseverständnis sowie die Erinnerung an das Gelesene Für das Stärken kognitiver Leistungen wie Konzentration oder den Aufbau des Wortschatzes bleibt das Medium Print von unschätzbarem Wert „Flüchtiges Überfliegen“ ist bei gedruckten Texten im Gegensatz zu Online-Beiträgen eher eine Seltenheit (Quelle: https://www.vdmb.de/startseite-top-news/der-weg-zum-kompetenten-leser-fuehrt-in-bayern-primaer-ueber-den-gedruckten-text/ Mit der Produktion von jährlich über 3 Mio. Schulbüchern und Schulheften leistet PASSAVIA einen aktiven Beitrag zur Bildung!
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