Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...

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Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
DE

     A Journal on the City’s People, Places and Culture   ISSUE 2   2022   www.wien.info

     Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura,
         Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient,
      Farm to Table, All great things start in cities, Life, Vienna
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Visiting Mozart.

www.mozarthausvienna.at
Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
Issue 2            Inhalt

                5
     Editorial
                6
  Celebrate Life.
Experience Vienna.
                10
  Kunst & Kultur
               28
Architektur, Mode
    & Design
               52
    Stadtleben
               64
    Kulinarik
                74
    Stadtidyll
               88

       Insider
              INHALT            3
Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
Only in Vienna
THE BEST OF BRUEGEL

    www.khm.at
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All great things
                                       start in cities.
                                             Liebe Leser:innen,
                                             liebe Wien-Fans!
                                     Ja, Sie haben richtig gelesen: Alles Großartige
                                     entsteht in den Städten dieser Welt. So auch in Wien.
                                     Städte waren schon immer Testlabors und Experi-
                                     mentierfelder. Die Geistesgrößen von damals und
                                     heute zog und zieht es in Städte wie Wien, wo sie
                                     Neues ausprobieren und kreative Ideen umsetzen
                                     konnten. Denn hier pulsiert das Leben, hier treffen     Sie Reportagen über das Grätzel rund um den
                                     die unterschiedlichsten Geistes- und Lebenswel-         Brunnenmarkt und über den Alltag einer Tier-
                                     ten zusammen. In einer Stadt wie Wien kann sich         pflegerin im Zoo Schönbrunn.
                                     jede:r unabhängig von Nationalität, Geschlecht                  Selbstverständlich ist auch Nachhaltigkeit
                                     oder Alter frei entfalten. Und jede:r darf hier         in einer Metropole ein großes Thema: Wir zeigen,
                                     jede:n lieben. In einer modernen Metropole ist          wie moderne Stadt-Landwirtschaft in Wien zur
                                     das glücklicherweise möglich.                           besseren Lebensqualität beiträgt. Apropos Nachhal-
                                             Das gilt es, 2022 zu feiern. Auch wenn          tigkeit: In Einklang mit der DNA einer Destination
                                     klar ist: Die Krise ist noch nicht vorbei. Doch         stehend ist Städtetourismus eine der nachhaltigs-
                                     die Wissenschaft hat innerhalb kürzester Zeit Her-      ten Formen des Reisens – mit Kunst und Kultur als
                                     ausragendes geleistet und mit der Corona-Impfung        den wichtigsten Bestandteilen der Wiener DNA.
                                     und sicheren Testmöglichkeiten wesentliche Bei-         Passend dazu wird 2022 ein ganzer Reigen neuer
                                     träge zur Wiedererlangung der Reisefreiheit gelie-      Museen eröffnet. Auch diesen widmen wir uns in
                                     fert. Auch Wien hatte dabei seine Finger im Spiel,      der aktuellen Ausgabe.
                                     genauer gesagt, die Wiener Forscherin Manuela                   Unseren Cover-Star Adia kennen Sie sicher
                                     Födinger, die federführend an der Entwicklung           schon aus unserer YouTube-Serie VIENNA/NOW.
                                     der COVID-19-Gurgeltest-Methode beteiligt war.          Wir haben Adia Trischler einen Tag lang durch
                                     Wie gesagt: „All great things start in cities.“         Wien begleitet. Ihre ganz persönlichen Tipps
                                             Wir wollen gemeinsam mit Ihnen in die           finden Sie ab Seite 92.
                                     Zukunft blicken und wieder das Leben zelebrie-                  Und jetzt genießen Sie das brandneue
                                     ren. „Celebrate Life. Experience Vienna.“ ist unser     Vienna, Intl. und lassen Sie sich zu einer Reise nach
                                     Motto für 2022. Und genau diese Lebensfreude            Wien inspirieren. Wir erwarten Sie, um gemeinsam
                                     spiegelt sich auch in der zweiten Ausgabe unseres       mit Ihnen wieder das Leben zu feiern – ganz gemäß
                                     Magazins Vienna, Intl. wider, das Sie gerade in         unserem Motto „Celebrate Life. Experience Vienna.“
                                     Händen halten.
                                             Wir haben erneut einen Streifzug durch
                                     Wien gemacht, spannende Menschen getroffen und
                                     außergewöhnliche Einblicke gewagt. Wussten Sie
                                     zum Beispiel, dass Wien sich zu einem Hotspot für
                                     Künstler mit afrikanischen Wurzeln entwickelt?               Ihr
                                     Wir feiern den 100. Geburtstag des Modegenies              NORBERT KETTNER
Foto: © WienTourismus/Peter Rigaud

                                     Rudi Gernreich, der den weltberühmten Monokini                     Direktor des WienTourismus
                                     erfand. Die derzeit angesagteste Art Directrice und
                                     Designerin der Stadt, Laura Karsinski, gibt uns
                                     Einblicke in ihre Arbeit. Außerdem erwarten                                        PS: Bleiben Sie gesund!

                                                                                     EDITORIAL                                                    5
Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
Celebrate
Life.                                                                    (Text)
                                                                      Robert SEYDEL

Experience
Vienna.
Wien feiert 2022 sein großes Comeback: Die Metropole zeigt sich von ihrer besten
Seite und zelebriert wieder das Leben, die Kunst, den Genuss und natürlich das außer-
gewöhnliche Stadtleben in all seinen Facetten. Let’s celebrate the Arts, the City and the
Extraordinary.

                                                                     Celebrate
Wien ist in all seiner Pracht zurück. Die Stadt prä-
sentiert sich noch lebendiger, moderner und präch-

                                                                     the Arts
tiger als vor der Krise und wartet mit zahlreichen
(neuen) Gründen auf, das Leben hier wieder zele-
brieren zu können. Denn Wien hat kontinuierlich
an seiner Zukunft gearbeitet. Genauso wie man           Einer der Erfolgsfaktoren Wiens ist die hohe
das eben in einer Metropole macht. Hinter den im-       Lebensqualität. Die lockt Künstler:innen und Krea-
perialen Kulissen der Stadt wird stetig Neues ent-      tive an. Wiens florierende Kunst- und Kulturszene
wickelt. Seit Jahrhunderten schon prägen Kunst,         ist integraler Bestandteil der DNA dieser Stadt.
Kultur, Wissenschaft, Diversität, Austausch, Archi-     Drei Viertel der Wien-Gäste kommen wegen des
tektur und Genuss die Seele dieser Stadt. Wien hat      herausragenden Kunst- und Kulturangebots nach
schon vieles erlebt, aber eines noch nie: Stillstand.   Wien. Schon der österreichische Schriftsteller Karl
                                                                                                                Foto: © WienTourismus/Paul Bauer

Auch 2022 wird diese Stadt ständig in Bewegung          Kraus (1874-1936) stellte treffend fest: „Die Straßen
sein und ihren Besucher:innen und Bewohner:in-          Wiens sind mit Kultur gepflastert. Die Straßen
nen das Beste aus allen Welten bieten – allen voran     anderer Städte mit Asphalt.“ Und tatsächlich:
aus Kunst, Kultur, Stadtleben und Genuss.               Alleine zwischen Universität Wien und Karlsplatz –

6                                          Vienna, Intl. – Issue 2
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Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
Wien ist abwechslungsreich: Imperiale Kulisse
                                                         wechselt sich mit zeitgenössischer Architektur ab.
                                                         In der Innenstadt kommt man ohne Probleme zu
                                                         Fuß von A nach B. Öffentliche Räume sind längst
                                                         keine Parkplätze mehr, sondern Orte zum Wohl-
                                                         fühlen und Durchatmen. Schon jetzt besteht die
                                                         Hälfte der Stadt aus Grünraum und Gewässern,
                                                         knapp 1.000 Parks verschönern die Stadt. Diese
                                                         Stadt bietet die Erlebnisse einer sicheren Metro-
                                                         pole ohne die Stressfaktoren einer Metropole. Das
                                                         macht sie auch für Meetings so attraktiv: Mehr
                                                         als 200 beeindruckende Locations und Meeting-
                                                         Hotels, von historisch bis modern, bieten den per-
Foto: © WienTourismus/Paul Bauer
                                                         fekten Rahmen für Kongresse, Firmentagungen und
auf einer Fläche von nur knapp 1,2 km² – können          Incentives.
Wien-Gäste fast 30 Museen besuchen. Mehr                        Auch bei der Gestaltung neuer (smarter)
Kunst – von der Antike bis zur Gegenwart – auf           Stadtentwicklungsgebiete wird darauf geachtet,
so kleinem Raum geht nicht. Wien ist ein Kraft-
zentrum der Kunst. Das Wiener Kulturangebot
hätte locker in einer viermal so großen Stadt Platz.
        Und Wiens Kulturszene wächst kontinuier-
lich weiter: 2022 werden in Wien noch einige neue
Museen wie das Untere Belvedere oder die Heidi
Horten Collection (wieder) eröffnet (siehe dazu
Story auf Seite 24). Und Wien ist am besten Weg,
zu einem Hotspot für Künstler mit afrikanischen
Wurzeln zu werden, die sich an Gustav Klimt
und Egon Schiele orientieren (siehe dazu Story
auf Seite 14). Die kulturelle Vielfalt der Stadt macht
das hochwertige Angebot aus und ist gleichzeitig
Produkt und Ausdruck des kosmopolitischen, welt-
offenen Wiens, das sowohl den Wiener:innen als
auch den Besucher:innen zugutekommt.

                  Celebrate
                  the City
Offenheit und Austausch sind integraler Bestand-
teil dieser Stadt, Diversität kein Marketingschlag-
wort. So übernahm Wien österreichweit eine
Vorreiterrolle in der LGBT-Gleichstellung.
Darüber hinaus lassen sich 178 verschiedene Staats-
angehörigkeiten in Wien finden. Diese Gemenge-
lage unterschiedlichster Einflüsse kann man vor
allem in den vielen Grätzeln Wiens erleben (siehe
dazu Story auf Seite 56). Hier kann das Stadtleben
am besten zelebriert werden.
                                                         Foto: © WienTourismus/Christian Stemper

8                                           Vienna, Intl. – Issue 2
Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
nicht nur innovativen und nachhaltigen Wohn-
raum zu schaffen, sondern auch Forschungsstätten,
moderne Designer-Hotels mit nachhaltigen Kon-
zepten (wie zum Beispiel das Dormero Hoho, das
zu 75 Prozent aus Holz besteht), Co-Working-Spa-
ces, Grünraum und Kultur zu integrieren. Und bis
2040 will Wien klimaneutral sein.
       All diese Faktoren machen Wien auch zu
einer „Happy City“. Zu einer Stadt der kurzen
Wege, in der man sich sicher fühlen und Menschen
begegnen kann. In der man nur ein paar Meter zu-
rücklegen muss, um in die nächste Grünoase zu
gelangen. – Auch, wenn’s oft nicht so wirkt … wir
                                                           Foto: © WienTourismus/David Payr
Wiener:innen sind wirklich glücklich.
                                                           (siehe Story auf Seite 68). Nachhaltiger geht’s
                                                           kaum. Wussten Sie, dass Wien Gurkenhaupt-
                                                           stadt ist? – 62 Prozent der österreichischen
                                                           Gurken stammen aus Wien. Und Wien hat noch
                                                           einen großen Luxus: Hier braucht man nur die
                                                           Wasserleitung aufdrehen und hat frischstes, bes-
                                                           tes Trinkwasser, das direkt aus den Bergen kommt.
                                                           Das ist nicht selbstverständlich für eine Metropole,
                                                           darum werden wir weltweit beneidet.
                                                                   Aber Wien hat noch etwas Erstaunliches
                                                           vollbracht: Jahrhundertealtes Handwerk und
                                                           Design werden laufend neu interpretiert. Betriebe
                                                           aus der Kaiserzeit wie Augarten Porzellan sind
                                                           kontinuierlich mit der Zeit gegangen und ferti-
                                                           gen heute Stücke von höchster Qualität in mo-
                                                           dernem Design (siehe dazu Story auf Seite 46).
Foto: © WienTourismus/Christian Stemper
                                                           Junge Designer:innen wie Laura Karasinski

      Celebrate
                                                           (siehe dazu Story auf Seite 38) mischen die Wiener
                                                           Szene auf und werden auch gerne gebucht, um ganze

  the Extraordinary
                                                           Hotels wie die neue „Superbude“ im Wiener Prater
                                                           einzurichten.

                                                                    Let’s celebrate
Nicht zuletzt auch wegen des guten Essens und des
hervorragenden Weins: Es gibt in Europa keine
einzige Millionenstadt, nach der eine Küche – die
„Wiener Küche“ – benannt ist, keine, in der Wein           Sie sehen: Es gibt genug Gründe, 2022 in und mit
in diesen Mengen angebaut wird, keine, die mit             Wien zu feiern. Sie werden die Stadt nicht nur
der unvergleichlichen Kaffeehauskultur aufwarten           glücklicher verlassen. Die Eindrücke, die Sie in
kann. Und dank der Wiener Mehlspeisenvielfalt              dieser Metropole sammeln, werden Sie nach-
könnte man in fast jedem Café eine Tortenschlacht          haltig begeistern. Und Sie werden wiederkommen
veranstalten – Zuckerschock garantiert.                    müssen, denn auch künftig wird die Stadt nicht
       Was vielleicht überrascht: In Wien werden           stillstehen. Der Weg zur nachhaltigen Smart City
auch Lebensmittel produziert, die in der Wiener            ist eingeschlagen. Die Lebensqualität wird weiter
Gastronomie auf den Tisch kommen. Mit innova-              steigen. Das Wien der Zukunft ist längst Gegen-
tiven Konzepten und ohne lange Transportwege               wart. Und das ist Grund genug, 2022 zu feiern.

                                          CELEBRATE LIFE. EXPERIENCE VIENNA.                                 9
Celebrate, Experience, Boafo, Adia, Heidi, Monokini, Laura, Zurück in die Zukunft, Stanislaus, Bobo und Orient, Farm to Table, All great things ...
Celebrate:
                                        Kunst & Kultur
                                     Ist es afrikanische Kunst, die dudelt, oder sind es
                                      Wiener Saiten – und das in neuen Palästen der
                                                          Kunst?
                                                                      12
                                                  Zehn Fragen an Agnes Palmisano
                                             Die Wiener Dudlerin erzählt über die Lieder Wiens.

                                                                      14
                                                      Wiener Moderne Revisited
                                              Wie Kunst-Shootingstars mit afrikanischen Wurzeln
                                         die Kunstwelt aufmischen und von Wien aus die Welt erobern.

                                                                      20
                                                      Wiener Saiten für die Welt
                                            Handgefertigte Saiten für Streich- und Zupfinstrumente
                                         der Wiener Firma Thomastik-Infeld für die Musik-Superstars.

                                                                      24
                                                             In neuem Glanz
                                               In den kommenden Jahren werden viele Museen
                                         (wieder) eröffnet. Ein Blick auf die neuen Kunsttempel Wiens.

                                                                      26
                                                   Tischler-Twins im Konzerthaus
                                                Die beiden Wiener Originale Wolfgang Becker
                                                und Franz Risavy arbeiten hinter den Kulissen
Foto: © WienTourismus/Peter Rigaud

                                                         des Wiener Konzerthauses.

                                                                                                         11
Zehn Fragen an
  (Interview)
 Susanna BURGER

Agnes Palmisano                                                                           (Foto)
                                                                                        Paul BAUER

Dudeln – schon davon gehört? Sängerin Agnes
Palmisano beherrscht es. Im Interview bei ihr
zuhause – sie wohnt in einem Heurigen, wiene-
rischer geht es nicht – erzählt sie uns über die-                 Agnes Palmisano
                                                                  c/o Heuriger Hengl-Haselbrunner
se Art des Singens. Über das Wienerlied, über                     Iglaseegasse 10
Live-Auftritte, über die Wiener Seele und über                    1190 Wien
                                                                  www.agnes-palmisano.at
ihre Stadt – Wien.                                                www.hengl-haselbrunner.at

➀	Was ist der Wiener Dudler?                         Renaissancekomponisten John Dowland
   Eine Mischung aus Koloraturgesang und              auf Wienerisch.
   alpinem Jodler, mit ganz starkem emotio-
   nalen Ausdruck. Ich vergleiche es mit dem,     ➅	Wie klingt Wien für Sie?
   was Babys mit ihrer Stimme machen: quen-          Ein wenig fein und ein wenig derb – in der
   geln, freudvoll jauchzen, zufrieden vor sich      richtigen Mischung. Das direkte Neben-
   hin lallen.                                       einander von beidem macht Wien aus. – Eine
                                                     Mischung aus Sacher-Torte und Burenwurst.
➁	Ihr Tipp: Wo hört man Wiener Musik?
   Jeden Dienstag beim Heurigen Hengl-            ➆	Was zeichnet die Wiener:innen aus?
   Haselbrunner. (Lacht.) Zufällig da, wo ich        Der Hang zum Phlegmatischen, Gemütli-
   auch wohne. Wir versuchen, das lebendige          chen. Auch der Humor – mit der Fähigkeit,
   Musizieren aufrecht zu erhalten.                  über sich selbst lachen zu können. Über die
                                                     strahlende und die dunkle Seite.
➂	Wo treten Sie noch gerne auf?
   Überall! Am wohlsten fühle ich mich in         ➇	Wann sudern die Wiener:innen?
   kammermusikalischem Rahmen, wenn ich              Es hat mit Bequemlichkeit zu tun. Das biss-
   das Publikum spüre. Dann kreieren wir             chen Energie, sich über etwas aufzuregen,
   gemeinsam Energie.                                kratzt man zusammen. Mehr – zum Beispiel
                                                     etwas ändern – geht aber nicht.
➃	Wie wichtig ist der Live-Moment bei Auf-
   tritten?                                       ➈	Was gibt es nur in Wien?
   Künstler:innen transformieren die vorhande-       Den Wiener Dudler. Er ist immaterielles
   ne Energie. Alle Zuhörer:innen sind mitver-       Kulturerbe der UNESCO. Derzeit verknüpft
   antwortlich, ob der Abend „aufgeht“ – mit         man meinen Namen damit – das ist ok, und
   der Art, wie und ob sie die Musik zulassen.       ich mache es auch sehr gern.

➄	Dudeln ist für Sie sicher nicht alles …         	Wo finden Sie Wien am schönsten?
   Ich singe viel Wienerlied, am liebsten mit        Auf meiner Terrasse. Und auf der Donau-
   meinem Trio. Auch Liedprogramme mit               insel – mein Anker, seit ich hergezogen bin.
   dem Pianisten Paul Gulda. Oder Lieder des         Dort kann ich mich bewegen.

                                         KUNST & KULTUR                                             13
Die angesagteste Kunst am US-Markt ist tief in Wien ver-
                                                                                                             wurzelt. Der Shootingstar Amoako Boafo aus Ghana hat
                                                                                                             in Wien Malerei studiert und wurde massiv von Künstlern
                                                                                                             wie Egon Schiele beeinflusst. Nicht der einzige afrikanische
                                                                                                             Künstler, der sich in Wien vom radikalen Denken der
                                                                                                             Wiener Moderne inspirieren lässt. Mit Alexandre Diop
                                                                                                             wartet bereits der nächste Jungstar. Ihr gemeinsames Thema?
                                                                                                             Schwarze Identität und schwarzes Selbstbewusstsein.

                                                                                                Wiener Moderne
                                                                                                               REVISITED
                                                                                                               (Text)
                                                                                                           Johannes LUXNER

                                                                                           Die Kunst der Wiener Moderne ist so aktuell und
                                                                                           international wie nie zuvor. Das zeigt der aus
                                                                                           Ghana stammende Maler Amoako Boafo. Der
                                                                                           37-Jährige erobert den US-Kunstmarkt im Sturm.
                                                                                           Seine Werke hängen im New Yorker Guggenheim
                                                                                           Museum ebenso wie im Museum der bedeuten-
                                                                                           den US-Kunstsammler:innen Don und Mera
                                                                                           Rubell. Die Preise für seine expressiven Gemälde
Foto: Courtesy of the artist and Roberts Projects Los Angeles; photo by Robert Wedemeyer

                                                                                           sind 2020 durch die Decke gegangen. Ein Boafo
                                                                                           kostet mittlerweile bis zu einer Million Dollar.
                                                                                           Die internationale Kunstwelt ist begeistert. Was
                                                                                           Boafos Malerei so besonders macht? Im Mittel-
                                                                                           punkt seiner Werke stehen People of Colour. Er
                                                                                           porträtiert Menschen der Diaspora, spielt mit
                                                                                                                                                      Black-Lives-Matter trifft auf die Wiener Moderne:
                                                                                           deren Selbstwahrnehmung und deren Schönheit,                 „In Yellow with Malcolm“ von Amoako Boafo
                                                                                           um die Betrachter:innen zu einer Reflexion über           Foto: © Amoako Boafo, 2018. Courtesy of the artist and Roberts Projects
                                                                                                                                                                  Los Angeles; photo by Robert Wedemeyer
                                                                                           schwarze Subjektivität einzuladen. Boafo geht
                                                                                           es darum, die Vielschichtigkeit der porträtierten       Dokumentieren sowie das Feiern und Aufzeigen
                                                                                           Personen zu zeigen. Es ist Kunst, die auf intellektu-   neuer Wege, sich dem Schwarzsein zu nähern“,
                                                                                           eller Ebene die Anliegen der Black-Lives-Matter-        lässt der öffentlichkeitsscheue Künstler in einem
                                                                                           Bewegung perfekt widerspiegelt. „Die Haupt-             Pressestatement wissen. Begonnen hat die un-
                                                                                           idee meines Schaffens ist die Repräsentation, das       glaubliche Geschichte in Wien.

                                                                                                                                       KUNST & KULTUR                                                                          15
Wien inspiriert
Boafo kam 2014 nach Wien, um an
der Akademie der bildenden Künste
zu studieren. Eine Entscheidung mit
weitreichenden Folgen für den Sohn
eines Fischers und einer Köchin.
Denn in Wien lernte Boafo die Kunst
der Wiener Moderne, insbesondere
die radikalen Werke von Egon Schiele,
kennen. Schieles Einfluss auf Boafos
Werke ist selbst für Laien kaum zu
übersehen. Die figurative Malerei
des Ghanaers steht in Sachen Aus-
druckskraft der Kunst, die im Wien
um 1900 entstand, in nichts nach.
In beiden Fällen geht es darum, alte
Muster aufzubrechen und die Welt
neu zu denken. Damit hat Boafo
einen Nerv getroffen.

     Fulminanter Aufstieg
Der bekannte US-Maler Kehinde
Wiley, der Schöpfer des offiziellen
Porträts von Barack Obama, ent-                       Egon Schieles Einfluss auf die Kunst von Amoako Boafo
deckte Boafo auf Instagram und wurde zu                        ist nicht zu leugnen: „Reflection 1“
                                                        Foto: © Amoako Boafo, 2018. Courtesy of the artist and Roberts Projects
seinem ersten wichtigen Förderer. Auch der in-                       Los Angeles; photo by Robert Wedemeyer
ternational bestens vernetzte Wiener Künstler-
manager Amir Shariat beflügelte gemeinsam mit                         Fußball, Tanz, Kunst
der in Los Angeles ansässigen Galerie Roberts        Auch der erst 25-jährige Alexandre Diop ist drauf
Projects Boafos Karriere, indem er den Künst-        und dran, von Wien aus eine große Karriere zu
ler vor zwei Jahren an die wichtigen US-Kunst-       machen. Im Herbst 2021 war Diop auf der Art
sammler:innen Don und Mera Rubell vermittelte.       Basel vertreten. Die für ihren guten Riecher
Boafo war der erste Künstler, der im neuen           bekannten Rubells besitzen aufgrund der Ver-
Kunstmuseum der Rubells in Miami eine Artist         mittlung durch Amir Shariat bereits mehrere
Residency erhielt. Die Eigendynamik nahm             seiner Bilder, und die nächsten zwanzig Werke,
ihren Lauf. Mittlerweile tingelt Boafo zwischen      die Diop schaffen wird, sind bereits verkauft.
Wien, Los Angeles und der ghanaischen Haupt-         Es bahnt sich ein ähnlicher Hype wie um Boafo
stadt Accra hin und her und legt eine der un-        an. Beide Künstler werden von Robert Projects,
glaublichsten Kunstkarrieren der vergangenen         Los Angeles, vertreten. Doch vollkommen ab-
Jahre hin. In der Galerie Roberts Projects in Los    seits seiner Kunst hat es allein schon Diops Bio-
Angeles hat er im September 2021 seine zweite        grafie in sich: Eigentlich wollte der gebürtige
große Einzelausstellung eröffnet. Für das            Franzose mit senegalesischen Wurzeln Profifuß-
Modelabel Dior arbeitete Boafo an der Herren-        baller werden. Er kickte als Teenager im Nach-
modenkollektion 2021 mit. Das Spannende:             wuchskader von Paris Saint Germain. Daraus
Boafo ist kein Einzelfall, was Kunst mit             wurde nichts. Stattdessen ging er nach Berlin,
afrikanischem Hintergrund aus Wien betrifft,         wo er Tanz und Choreographie studierte. Doch
die maßgeblich von der Wiener Moderne be-            vor gut zwei Jahren zog es ihn nach Wien, um
einflusst ist.                                       an der Akademie bei Daniel Richter Malerei zu
                                                                                                                                  M

16                                      Vienna, Intl. – Issue 2
Vor wenigen Jahren noch kickte Alexandre Diop für Paris Saint Germain.
                                Doch es zog ihn nach Wien, um Malerei bei Daniel Richter zu studieren.
                                                           Foto: © WienTourismus/Paul Bauer

       belegen. „Wien ist die perfekte Stadt für mich.                      im dritten Bezirk. Ein Ort, an dem viele Fäden
       Hier kann ich konzentriert arbeiten. Wien ist                        zusammenlaufen: Im selben Gebäude hat Amoako
       unglaublich inspirierend“, erzählt Diop im Rah-                      Boafo ein Atelier. Die beiden sind befreundet.
       men eines Besuchs in seinem Hinterhof-Atelier                        Aber auch die österreichischen Künstler:innen
                                                                                         Martha Jungwirth und Erwin
                                                                                         Bohatsch haben hier ihre Studios.
                                                                                         Ein kreativer Hotspot von Welt-
                                                                                         rang, von dem selbst in Wien kaum
                                                                                         jemand weiß. Diop: „Hier fühle ich
                                                                                         mich am wohlsten. In Berlin wäre
                                                                                         es für mich unmöglich gewesen, an
                                                                                         ein solches Atelier ranzukommen.
                                                                                         Dass es immer mehr Künstler aus
                                                                                         aller Welt nach Wien zieht, ist kein
                                                                                         Wunder.“

                                                                                                   Klimts Bling-Bling
                                                                                              Auch Diop setzt sich in seiner
                                                                                              Kunst intensiv mit schwarzer
                                                                                              Identität und schwarzem Selbst-
                                                                                              bewusstsein auseinander. Doch
                                                                                              Diops Werk gibt sich ungleich
Materialien von Müll- und Schrottplätzen sind Diops bevorzugte Werkstoffe.
                        Foto: © WienTourismus/Paul Bauer

                                                             KUNST & KULTUR                                                17
düsterer und mysteriöser. Klimts Einfluss ist
nicht zu übersehen: „Schiele ist toll, Klimt finde
ich noch großartiger.“ Auch wenn die Heran-
gehensweise unterschiedlicher kaum sein könnte.
Diops Werke entstehen auf Holz, und er bevor-
zugt Materialien, die er auf Schrottplätzen und
Müllplätzen findet. Vor allem Metall hat es ihm
angetan. „Einer meiner Lieblingsorte ist ein
Schrottplatz in der Prager Straße. Die Gegen-
stände von dort sind für mich die wesentlich
effizienteren künstlerischen Mittel als Farbe.“
Der metallene Schimmer in seinem Werk ist als
Referenz an Klimts üppigen Einsatz von Gold zu
verstehen: „Klimts Bling-Bling fasziniert mich
deshalb, weil er damit etwas sehr Sakrales trans-
portiert. So ergibt Gold Sinn.“ Und Diops Kunst
besitzt sehr viel intellektuellen Tiefgang: „Zu
meinen größten Inspirationsquellen gehören
die Bücher des senegalesischen Historikers und
Hauptvertreters des Afrozentrismus Cheikh

                                                                   Auch so manches Klimt-Fundstück verarbeitet Diop
                                                                           in seinen collagenartigen Werken.
                                                                               Foto: © WienTourismus/Paul Bauer

                                                                Anta Diop, der ab den 1950ern gegen die Margi-
                                                                nalisierung Afrikas mit den Mitteln der Wissen-
                                                                schaft ankämpfte. Ihm ging es um ein gesteigertes
                                                                afrikanisches Selbstbewusstsein.“ Die beiden sind
                                                                weder verwandt noch verschwägert, aber Brüder
                                                                im Geiste. Und eigentlich unglaublich, dass der
                                                                Franzose erst seit gut drei Jahren in der bilden-
                                                                denden Kunst verhaftet ist. Seit wann sich der Ex-
                                                                Fußballer überhaupt als Künstler fühlt? Diop
     Expressiv wie die Wiener Moderne: Diops größter            grinst: „Immer schon. Denn auch Fußball ist Kunst.
         Einfluss ist das Werk von Gustav Klimt.
                Foto: © WienTourismus/Paul Bauer                Weil es in beiden Fällen darum geht mich auszu-
                                                                drücken. Beides hat etwas sehr Spielerisches.“

18                                                 Vienna, Intl. – Issue 2
Freigetränke mit der kostenlosen Strandbar Herrmann APP

                  www.strandbarherrmann.at                19
Einzigartige Klangerlebnisse werden durch Vision und Präzision
      erst möglich gemacht. Handgefertigte Saiten für Streich- und
  Zupfinstrumente aus dem Haus Thomastik-Infeld gehören längst zum
    guten Ton. Mit viel Mut zur Innovation und Leidenschaft für die
     Musik hat es das Wiener Familienunternehmen seit 1919 bis an
                        die Weltspitze geschafft.

            (Text)
         Maria SCHALLER

      WIENER Saiten
               für die Welt
Das Klang-Universum von Thomastik-Infeld be-                       Alle unter einem Dach
ginnt, wo man es nicht sofort vermuten würde,         Bei den handgefertigten Saiten von Thomastik-
hinter einer dunkelroten Tür in der eher unschein-    Infeld handelt es sich um hochmoderne High-Tech-
baren Diehlgasse 27. In den Werkstätten im fünf-      Produkte. Erkenntnisse aus Physik, Materialwis-
ten Bezirk werden jene Musiksaiten geplant und        senschaft, Korrosionskunde, Werkzeugtechnik und
gefertigt, die von Wien aus die ganze Welt erobern.   Präzisionsmaschinenbau werden vereint. Für die
Jährlich werden hier rund 4,2 Millionen Saiten        akribische Planung und präzise Umsetzung zeich-
unter Einsatz präzisester Technologien hergestellt.   nen 206 Mitarbeiter:innen verantwortlich, ihre
Jede einzelne wird per Hand kontrolliert, bevor       geschulten Hände und prüfenden Augen sind un-
sie die Diehlgasse verlässt. 97 Prozent von ihnen     verzichtbar. Die Einschulung neuer Kräfte nimmt
werden in 85 Länder exportiert. Über 400 offizi-      rund zwei Jahre in Anspruch. 78 Prozent der
elle Vertriebspartner:innen zählt man mittlerwei-     Angestellten sind übrigens weiblich. „Dieser Anteil
le weltweit. Das Sortiment mit seinen insgesamt       ist zufallsbedingt“, erzählt Zdenka Infeld, die den
22 Produktfamilien umfasst Saiten für klassische      Familienbetrieb seit 2009 leitet und die Beleg-
Streichinstrumente genauso wie jene für Gitar-        schaft an einem einzigen Standort vereinen kann:
ren und Weltmusikinstrumente. Worin aber liegt        „Für unseren Qualitätsanspruch ist es essenziell,
das Geheimnis in über einhundert erfolgreichen        dass unsere Techniker:innen, Entwickler:innen
Jahren?                                               und die Qualitätssicherung ihre Arbeitsplätze im
                                                                                                            Foto: © Nik Pichler

                                                      selben Haus haben.“

20                                       Vienna, Intl. – Issue 2
Der Erfolg von Thomastik-Infeld ist ein Zusammenspiel aus moderner Technologie und präziser Handarbeit.
      Die Mitarbeiter:innen sind echte Profis, nichts wird dem Zufall überlassen – wie hier bei der Produktion
                  von Cellosaiten. Zum Einsatz kommen stets die hochwertigsten Saitenmaterialien.
                                  Fotos: © H&H Business Fotografie (oben) | © Nik Pichler (unten)

22                                               Vienna, Intl. – Issue 2
Der Sitz des Unternehmens in Wien bringt un-          quasi zum guten Ton. Ein weiterer Meilenstein
schätzbare Vorteile mit sich. Weltweit weiß man       in der Firmengeschichte war die Etablierung von
um Wiens einzigartige Konzertsäle, in denen           „Stringtelligence®“ zum 100. Geburtstag 2019,
herausragende Musiker:innen auftreten. Aber aus       einer Wissensplattform, die Musiker:innen rund
Wien stammt oftmals eben auch das Material,           um den Globus umfangreiches Know-how auf
das die besten Klangerlebnisse erst ermög-            Knopfdruck liefert.
licht. „Der Standort Wien ist für uns als                     Enorm wichtig ist aber auch die intensive
Saitenschmiede außerordentlich bedeutsam.             Zusammenarbeit mit Solist:innen und Orches-
Der Weg von einer der berühmten Bühnen zu             tern vor Ort in Wien. Internationale Größen
uns in die Werkstatt ist ein kurzer“, erklärt         unterschiedlicher Genres werden regelmäßig ein-
Nina Haberlehner, Global Marketing & Creative         geladen, um ihren wertvollen Beitrag in der Pro-
Director bei Thomastik-Infeld.                        duktentwicklung und Qualitätssicherung zu leis-
                                                      ten. Das persönliche Feedback ist unbezahlbar,
             Die Erfolgsformel                        trotz des enormen technischen Know-hows kann
Dass sich das Unternehmen bis zum Weltmarkt-          kein Computer der Welt Klangqualität berech-
führer in der Herstellung von Violinsaiten entwi-     nen. Musiker:innen wie Ödön Rácz, Snow Owl,
ckeln konnte, ist zwei Wiener Visionären zu ver-      Aleksey Igudesman, Hilary Hahn, George Benson,
danken, die den Betrieb mit ihrem Innovationsgeist    Robert deMaine oder das Emerson Quartet geben
und ihrer Leidenschaft für Musik 1919 gründeten:      sich seit Jahren bei Thomastik-Infeld die Klinke
Franz Thomastik, Doktor der Philosophie und Gei-      in die Hand. Denn Klang ist in der Diehlgasse 27
genbauer, der das kreative Experimentieren mit        in Wien-Margareten eben allgegenwärtig.
den Saiten liebte. Und Otto Infeld, als Ingenieur
und Technik-Experte sein idealer Partner. Kreati-
vität und Mut, gepaart mit Präzision und Know-
how, sind seit Anfang an Grundpfeiler der Firmen-
philosophie. Und Teil des Erfolgsrezepts: Seit der
Firmengründung wurden 80 nationale und inter-
nationale Patente angemeldet – mehr als von jedem
anderen Saitenhersteller weltweit.
        Thomastik-Infeld trieb die Entwicklung
neuer hochwertiger Saiten über die Jahrzehnte
stets voran. Das Bestreben gipfelte 1970 in der
Herstellung der „Dominant“ – sie gilt bis heute als
meistgespielte und bekannteste Saite der Welt. Ihr
synthetisches Material weist viele Vorteile vergli-
chen mit den einst bevorzugten Naturdarmsaiten
auf, sie ist beständiger gegenüber externen Ein-
flüssen und hat eine längere Lebensdauer. Seit über   Foto: © Nik Pichler

50 Jahren wird diese Saite, die 2021 um die
„Dominant Pro“ erweitert wurde, rund um den
Erdball geschätzt.
                                                        THOMASTIK-INFELD GMBH
                                                        Diehlgasse 27
         Hinhören und verbessern                        1050 Wien
Egal ob im Wiener Musikverein, im Sydney
Opera House, im Central Park von New York               www.thomastik-infeld.com
                                                        www.stringtelligence.com
oder beim Heavy-Metal-Festival in Wacken –              www.dominantpro.com
Thomastik-Infeld ist längst auf den Bühnen und
Straßen der ganzen Welt vertreten. Instrumente          Email: marketing@thomastik-infeld.com
                                                        Telefon: +43 1 54 51 262
mit den Saiten aus Wien auszurüsten, gehört

                                           KUNST & KULTUR                                           23
In neuem Glanz
Vorfreude liegt in der Luft. Denn die Kulturmetropole Wien wird in den
 kommenden Monaten und Jahren um zusätzliche Highlights reicher –
 wenn diese außergewöhnlichen Museen in der Stadt (wieder) eröffnen.

                                              (Text)
                                          Maria SCHALLER

                                                                                                       Foto: © the next ENTERprise architects, Courtesy Heidi Horten Collection
Heidi Horten                                       Die ausgestellten Hochkaräter – unter anderem
                                                   von Gustav Klimt, Egon Schiele, Pablo Picasso,

Collection                                         Andy Warhol, Marc Chagall und Gerhard Richter –
                                                   verdienen natürlich eine außergewöhnliche Loca-
● 1., Hanuschgasse 3                               tion. Am Stöcklgebäude aus dem Jahr 1862, einem
→ www.hortencollection.com                         Innenstadt-Palais zwischen Wiener Staatsoper,
Dieser Neuzugang auf der Wiener Museen-Land-       Albertina und Burggarten gelegen, waren umfas-
karte wird zu Recht mit großer Spannung er-        sende Umbauarbeiten notwendig. Das Innere des
wartet. Im Herzen von Wien entsteht gerade ein     Gebäudes wurde komplett ausgehöhlt; die Fassade
völlig neues Museum, das mit der Heidi Horten      aufwendig saniert und begrünt. Drei Ebenen
Collection eine der hochkarätigsten Privatsamm-    bieten künftig 1.500 m2 Ausstellungsfläche. Auch
lungen Europas beheimaten wird. Kunstmäzenin       die zeitgenössische Kunst wird nicht zu kurz kom-
Heidi Goëss-Horten, eine von weltweit nur weni-    men. Das Warten hat voraussichtlich im Frühjahr
gen Museumsgründerinnen, trägt seit 30 Jahren      2022 ein Ende.
einen beeindruckenden Querschnitt der Kunst-
geschichte von der Klassischen Moderne bis zur
Gegenwart zusammen.

24                                    Vienna, Intl. – Issue 2
Unteres Belvedere                    Trierenberg zu einem Haus-                                           Margarete Schütte-
                          ● 3., Rennweg 6                      museum umgestaltet und der                                           Lihotzky-Zentrum
                          → www.belvedere.at                                                                                        ● 5., Franzensgasse 16/40
                                                               Öffentlichkeit dauerhaft zu-
                                                                                                                                    → www.schuette-lihotzky.at
                          Die einstige Sommerresidenz          gänglich gemacht. Derzeit wird
                          Prinz Eugens am Wiener Renn-         an einem Konzept mitsamt                                             Eine weitere Wiener Pionierin
                          weg, ein imposant-pompöser           Sanierung gefeilt und ein:e                                          wird museal geehrt: Architek-
                          Barock-Traum, öffnet nach einer      Betreiber:in gesucht, Anfang                                         tin Margarete Schütte-Lihotzky.
                          Generalüberholung Anfang 2022        2024 will man eröffnen.                                              Als Vorreiterin des sozialen
                          wieder ihre prachtvollen Tore.                                                                            Wohnbaus, Verfechterin der
                          Das Gebäude wurde an inter-                                                                               Frauen- und Friedensbewegung
                          nationale Museumsstandards           Hedy Lamarr Museum                                                   und Widerstandskämpferin ge-
                          angepasst. Die Sicherheits- und                                                                           gen den Nationalsozialismus ist
                          Klimatechnik wurden moder-                                                                                sie unvergessen. Auf die Erfin-
                          nisiert und die Barrierefrei-                                                                             dung der Einbauküche, bekannt
                          heit verbessert. Auch ein gast-                                                                           als Frankfurter Küche, wollte sie
                          ronomisches Angebot erwartet                                                                              nie reduziert werden. Ihre letzte

                                                                                              Foto: © MGM, Foto: László Willinger
                          die Besucher:innen. Wieder-                                                                               Wohnung in der Franzensgasse,
                          eröffnet wird Ende Jänner mit                                                                             die Schütte-Lihotzky drei Jahr-
                          einem echten Leckerbissen: Eine                                                                           zehnte lang bis zu ihrem Tod im
                          Sonderausstellung beleuchtet                                                                              Jahr 2000 bewohnte, wird sa-
                          Sigmund Freuds Einfluss auf                                                                               niert und rekonstruiert. Voraus-
                          Salvador Dalí.                                                                                            sichtlich mit März 2022 soll die
                                                                                                                                    unter Denkmalschutz stehende
                                                               Leben und Vermächtnis des                                            Wohnung für Besucher:innen
                          Villa Beer                           Hollywood-Stars aus Wien wer-                                        öffnen.
                          ● 13., Wenzgasse 12                  den künftig in einer permanen-
                          → www.villabeer.wien
                                                               ten Ausstellung gewürdigt. Der
                          Sie ist ein wahres Meisterwerk       amerikanische Freundeskreis                                          Wien Museum Karlsplatz
                          der Moderne, das Generatio-          des Jüdischen Museum Wien er-                                        ● 4., Karlsplatz 8
                                                                                                                                    → www.wienmuseumneu.at
                          nen von Bewohner:innen als           warb 2021 ihren Nachlass – Fotos,
                          Zuhause und einst sogar dem          Zeichnungen, Briefe, Dokumente                                       Es hat bereits einige Jahre auf
                          britischen Geheimdienst als Zen-     und Kleidungsstücke. Sohn                                            dem Buckel und wird nach einem
                          trale diente: Die in der Zwischen-   Anthony Loder übergab die                                            notwendig gewordenen Aus- und
                          kriegszeit von Josef Frank und       Objekte mit dem Wunsch, sie in                                       Umbau in völlig neuem Glanz
                          Oskar Wlach errichtete Villa         Lamarrs Heimatstadt zu zeigen.                                       erstrahlen: Das Wien Museum
                          Beer. Jetzt wird das vierstöckige    Hedy Lamarr, 1914 in Wien als                                        am Karlsplatz, das seit 1959 die
                          Architektur-Juwel in Hietzing        Hedwig Kiesler geboren, sorgte                                       Stadtgeschichte von der Jung-
                          unter dem neuen Besitzer Lothar      nach ihrer Emigration in die USA                                     steinzeit bis zur Gegenwart doku-
                                                                          als glamouröser Film-                                     mentiert. Die Arbeiten laufen
                                                                          star für Furore und                                       aktuell auf Hochtouren. Der
                                                                          ebnete fast nebenbei                                      moderne Museumsbau wird auf
                                                                          mit ihren Erfindun-                                       doppelt so viel Nutzungsfläche
                                                                          gen den Weg für die                                       wie bisher viel Platz für die er-
                                                                          moderne Telekommu-                                        weiterte Dauerausstellung, aber
                                                                          nikation. Die Stand-                                      auch für Veranstaltungen und
                                                                          ortsuche für das neue                                     Vermittlungsprogramme bie-
Foto: © Wolfgang Thaler

                                                                          Museum läuft.                                             ten. Freuen darf man sich auch
                                                                                                                                    auf eine riesige (frei zugängli-
                                                                                                                                    che) Terrasse mit Blick über den
                                                                                                                                    Karlsplatz. Geplante Wiederer-
                                                                                                                                    öffnung: Ende 2023.
                                                                      KUNST & KULTUR                                                                              25
(Text)           (Fotos)
                                               Susanna BURGER   Gregor HOFBAUER

 Tischler-Twins
		im Konzerthaus
   Wiener Originale: Das sind Menschen, die Wien zu Wien machen,
durch ihren Charakter, ihr Verhalten, ihren Way of Life. Gefunden haben
   wir zwei dieser Originale im Wiener Konzerthaus. Aber nicht auf,
     sondern hinter der Bühne: Wolfgang Becker und Franz Risavy,
                        die Tischler des Hauses.

26                          Vienna, Intl. – Issue 2
Die beiden Herren erzählen gerne                                          ergibt. – Für uns eine interessan-
und stolz von ihren Tätigkeiten                                           te Aufgabe. Wissen zur Statik ist
abseits des Rampenlichts. Mit                                             gefragt. Es liegen tausende Kilo
den üblichen Tischlerberufen hat                                          Eis darauf.“
das nicht viel zu tun. Wolfgang
Becker übt diesen Job schon                                                     Mäuschen spielen
30 Jahre aus, Franz Risavy                                               Die beiden schätzen ihr Arbeits-
über 20. Zu zweit bilden sie                                             umfeld: „Wir gehen nicht nur hier
die „Zwillinge vom Konzert-                                              ins Haus, damit die Zeit vergeht.
haus“: „Eine Türe kann man nicht                                         Sondern mit Herz. Dafür gibt
alleine aushängen. Die Bänke im                                          es unvergleichliche Momente,
Saal aufheben auch nicht.“                                               von denen andere nur träumen.
                                                                         Wenn wir von der Werkstatt
       450 Türen und                                                     heraufkommen und die Wiener
       tausende Sessel                                                   Symphoniker spielen live ... Man
Im Wiener Konzerthaus ist musi-                                          muss halt sehr leise sein. Zehn
kalische Vielfalt zuhause: Musik                                         Minuten Mäuschen spielen.
vom Mittelalter bis zur Gegen-          Zwei Tischler. Verantwortlich    Das hat sonst kaum jemand am
                                        für die 640 Räume des Wiener
wart, in mehreren prächtigen                    Konzerthauses.           Arbeitsplatz. In einer Tischlerei
Sälen mit 1A-Klang und architek-                                         sicher nicht, da läuft das Radio.
tonischem Erlebnis (Jugendstil!). Klar, dass hier Wir kontrollieren auch einmal im Jahr die Säle
immer wieder etwas kaputt geht. Das hat für unsere durch – die Sessel: auf Bewegung, Bruchstellen.
beiden Tischler Priorität eins: Ab sieben Uhr Früh Wenn die Orgel spielt, lassen unsere Tischlerkopf-
werden Fenster, Türen und Böden repariert. Bis hörer die Orgelklänge genau richtig gedämmt durch.
zu Probenbeginn oder Aufnahme, wenn es heißt: Das ist genial.“
nicht stören.                                                   Wolfgang Beckers Lieblingsplatz in Wien:
        Auch die Instandhaltung ist ein großes Schönbrunn, das ganze Areal mit Schloss, Park,
Thema. Das Wiener Konzerthaus verfügt über Tiergarten. Als Tipps nennt er weiter den Lainzer
640 Räume, und jährlich müssen 450 Türen feuer- Tiergarten und die Donauinsel – das grüne Wien.
polizeilich überprüft werden. Ein Fall für Becker Und das Wasser, das in Trinkqualität direkt
& Risavy. Genauso gehört die Bestuhlung gewartet aus der Leitung fließt. Franz Risavy fügt zu
und neu bespannt – in den historischen Sälen stehen den Wien-Highlights das Belvedere hinzu,
Sessel der Firma Thonet, noch von der Eröffnung denn „das Kulturelle kann
                                                                                      Wiener Konzerthaus
1913. Die sind nicht nur schön und praktisch, son- was“. So wie noch etwas Lothringerstraße 20
dern dienen auch der besonderen Raumakustik. Der Flüssiges: der Wiener 1030 Wien
Sessel macht den Ton.                                   Wein, speziell die Sorte +43 1 242 002
                                                                                      www.konzerthaus.at
                                                        Gemischter Satz.
                   Eisklavier
Leuchtende Augen bekommen Becker und Risavy,
wenn sie von ihren kreativen Projekten erzählen.
Getüftelt wird auch in der Freizeit, ein „geht nicht“
gibt’s nicht. Eine Lieblings-Story hat mit Wien
Modern, dem Festival zeitgenössischer Musik, zu
tun. Wolfgang Becker legt los mit seiner „spannen-
den G’schicht zum Eisklavier“:
        „Die Idee war: Zu Georg Nussbaumers
Installation Eine Winterreise ein Klavier auf die
Bühne stellen, mit Eis überhäufen, das Klavier spie-    Franz Risavy und Wolfgang Becker kümmern sich auch
len und hören, welche Töne das je nach Eis-Situation    um die historische Thonet-Bestuhlung aus 1913. Bei der
                                                               Eröffnung war damals der Kaiser dabei.

                                            KUNST & KULTUR                                                  27
Celebrate:
                                          Architektur, Mode
                                              & Design
                                           Mode heute und damals, nackte Tatsachen und
                                             schöne Dinge, umrahmt von der Mitte des
                                           20. Jahrhunderts und hörbar gemacht mit Stil.
                                                                              30
                                                            Zehn Fragen an Petar Petrov
                                                Der Modedesigner kleidet internationale Stars ein und glänzt
                                                     mit eleganter Ästhetik und spannenden Schnitten.

                                                                              32
                                                              Provokant und progressiv
                                          Eine Hommage an den österreichischen Mode-Revoluzzer Rudi Gernreich,
                                                  der im Exil mit seinem Monokini Geschichte schrieb.

                                                                              38
                                                                   Das schöne Ganze
                                           Laura Karasinski ist Art Direktrice, Designerin und kreative Gestalterin.
                                             Seit zehn Jahren verschönert sie Orte überall in Wien. Ein Porträt.

                                                                              42
                                                                Zurück in die Zukunft
                                               Zeitreise zur Mid-Century-Architektur der 1950er und 1960er,
                                                              die in Wien noch omnipräsent ist.
Foto: © WienTourismus/Christian Stemper

                                                                              46
                                                                  The Sound of Music
                                             Wien ist die Welthauptstadt der Musik. Auch bei Klang und Design
                                               von Soundgeräten spielt Wien international in der Oberliga.

                                                                                                                       29
Zehn Fragen an
                                                                                          (Interview)
                                                                                        Susanne KAPELLER

				Petar Petrov
        (Foto)
     Jork WEISMANN

Modedesigner Petar Petrov hat von Wien aus                            Petar Petrov
                                                                      petarpetrov.com
die Luxuskaufhäuser der Welt erobert. Stars wie
Kristen Stewart und Gwyneth Paltrow schätzen                          In Wien erhältlich bei:
                                                                      Park, Mondscheingasse 20,
die elegante Ästhetik und spannenden Schnitte                         1070 Wien & Amicis Women,
                                                                      Tuchlauben 11, 1010 Wien
seiner Designs. Der Modemacher mit ukrainisch-
bulgarischen Wurzeln setzt auf Understatement,                        International u. a. bei:
                                                                      Bergdorf Goodman,
bei sich und seinen Entwürfen.                                        Galeries Lafayette, Harrods

➀	Wie sind Sie zur Mode gekommen?                   ➅	Wer sind Ihre Stilikonen?
   Mode hat mich immer interessiert. Meine              Mich inspirieren Frauen mit Charakter,
   Mutter ist Schneiderin und sie hat mein              Frauen, die ihr Leben in vollen Zügen ge-
   Interesse an Mode geprägt.                           nießen. Sie müssen nicht berühmt sein, aber
                                                        sie sollen Geschmack und Stil haben. Viele
➁	Ihr ursprünglicher Berufswunsch?                     meiner Wiener Freundinnen sind interes-
   Ich wollte immer im Kreativbereich arbei-            sante, inspirierende Frauen, die uns immer
   ten. Ich muss ehrlicherweise sagen, ich hatte        zeigen, dass Mode etwas ist, worauf sie nicht
   keinen anderen Berufswunsch. Jedoch war              verzichten möchten, aber auch, dass es ande-
   Modedesigner zu werden auch kein konkre-             re Dinge im Leben gibt, die wichtig sind, um
   ter Plan, den ich verfolgt habe. Es hat sich so      glücklich zu sein.
   ergeben und ich bin froh, dass ich diesen
   Beruf ausüben kann.                               ➆	Welche Wiener Berühmtheit würden Sie
                                                        gerne einkleiden?
➂	Was inspiriert Sie in Wien für Ihre Arbeit?          Ich muss Sie enttäuschen, aber Berühmt-
   Wien ist schön und klassisch, hat aber auch          heiten interessieren mich nicht. Die span-
   eine versteckte wilde Seite. Es inspirieren          nendsten Damen kleiden wir bereits ein – sie
   mich die Menschen, aber auch indirekt mei-           stehen aber nicht gern in der Öffentlichkeit.
   ne Umgebung.
                                                     ➇	Ein persönlicher Geheimtipp in Wien?
➃	Tauchen in Ihren Entwürfen auch Wiener               Kommt darauf an, was einen interessiert.
   Elemente auf?                                        Wien ist voll mit Geheimtipps.
   Nicht bewusst. Es geht eher um ein Gefühl,
   eine Stimmung. Wien ist ein sehr entspann-        ➈	Wo können Sie in Wien am besten
   ter Platz, um zu leben und auch zu arbeiten.         entspannen?
   Meine Arbeit ist sehr emotional und reflek-          Gerne zuhause, aber auch bei Freunden
   tiert meine Umgebung und meinen Lifestyle.           
                                                      	Wonach schmeckt Wien für Sie?
➄	Wo ist Wien für Sie modern?                          Nach Apfelkuchen.
   Wien ist nicht modern, aber das ist das,
   was ich an Wien liebe.

                                 ARCHITEKTUR, MODE & DESIGN                                          31
(Text)
                               Karoline GASIENICA-BRYJAK

                           Das schöne
                                  Ganze

                           Ihr Stil: derzeit omnipräsent. Ihre Mission: Schönheit in unser Leben zu
                           bringen. Laura Karasinski ist Art Direktrice, Designerin und kreative
                           Gestalterin. Ihr Geschmack ist gefragter denn je. Seit zehn Jahren konzi-
                           piert sie gemeinsam mit ihrem Team von Atelier Karasinski Design-Ideen
                           und gestaltet Orte überall in Wien. Immer mit dem Blick aufs Schöne
                           und aufs Ganze – von der Türklinke bis zur Decke.
Foto: © Philipp Jelenska

                                                           ARCHITEKTUR,
                                                                  WIENERMODE
                                                                         MODE& DESIGN             39
Motto Wien
                                                 Foto: © Atelier Karasinski

  Mit Anfang 20 gründete sie ihr Design Atelier                 bei neuen Projekten wird die Historie drumherum
  Karasinski, damals noch in ihrer Wohnung im                   gründlich studiert. Das Restaurant Motto im 5. Be-
  8. Bezirk. Heute findet sich das Atelier mit pastell-         zirk war eines der ersten großen Interior-Projekte,
  rosa Küche, hellem gemeinschaftlichen Arbeits-                das von Karasinski 2015 betreut wurde. Neun
  raum und ockerbraunem Meeting-Zimmer zwei                     Monate an Vorarbeit flossen allein in die Recherche.
  Gassen weiter ebenfalls in einem Wiener Altbau.               Dabei kam heraus, dass das Lokal in den 40 Jahren
  Oft muss Laura Karasinski den 8. Bezirk nicht ver-            seines Bestehens bereits vier Mal umgestaltet
  lassen, hier ist ihre Arbeit, hier ist ihr Leben. In          wurde. Man suchte nach Bildern, Gästebüchern
  den letzten Jahren ist beides eng miteinander ver-            und sogar nach ehemaligen Mitarbeiter:innen, die
  schmolzen, erzählt die junge Künstlerin, während              mehr zum Motto von damals erzählen konnten.
  sie ihren koffeinfreien Kaffee mit Hafermilch trinkt.         Altes wurde neu interpretiert und floss in die
                             Viel Freizeit hat sie nicht.       Konzeption. In der Gegenwart finden sich dann
                             Ihr Einsatzgebiet ist so           Elemente aus der Vergangenheit wieder: Zum
                             facettenreich wie die              Beispiel verkleidete der auffällige grüne Samt
                             Farbpalette und Stilrich-          einst die Wände. Heute erstrahlen die Sitzbänke
                             tungen, mit denen sie              im gleichen Material und in gleicher Farbe.
                             arbeitet. Die 31-jährige                   Weitere Projekte wie der Adlerhof, eine
                             Wienerin mit polnischen            in Zusammenarbeit mit Gerd Zehetner vom
                             Wurzeln sagt überzeugt:            Architekturbüro Archiguards komplett umgestalte-
                             „Man kann alles gestal-            te Altwiener Gaststätte (siehe Seite 72-73), und zwei
                             ten“. Ihre Arbeit bestätigt        Beauty Concept Stores folgten: das Nagelstudio
                             das definitiv: Von Web-            Babetown mit integriertem Shop sowie das Fri-
                             sites über Logos bis hin           sör-Studio mit Kaffeehaus und Konditorei der Ge-
                             zum gesamten Erschei-              brüder Gepp. Die Liste ist weitaus länger – viel
                             nungsbild eines Unter-             Arbeit, die sich sehen lassen kann. Mit Wiederer-
                             nehmens, allem verleiht            kennungswert. Für Karasinski überraschend: „Viele
                             sie den gewissen Touch.            sagen, dass sie unseren Stil wiederkennen. Ich frage
                                     Dabei liebt sie es,        mich woran?“
                             sich mit Wien und seiner
 Arbeitsraum und Meeting-
zimmer im Atelier Karasinski Geschichte auseinander-                          Der Blick fürs Detail
      Foto: © The Daily Dose zusetzen, ganz besonders           Elegante Farben, große Muster, edle Stoffe und

  40                                           Vienna, Intl. – Issue 2
viel Vintage – damit arbeitet Ka-
rasinski besonders gern. Sie ver-
lässt sich dabei stets auf ihr Ge-
fühl, wie sie die Grundästhetik
eines Raums am besten betonen
kann. Eben wie früher ein biss-
chen, als man sich über die Ästhe-
tik von Alltagsgegenständen noch
mehr Gedanken machte. Nicht
verwunderlich, dass sie sich bei
ihrer Arbeit auf jahrhunderte-
altes Handwerk verlässt. „Am
liebsten arbeite ich mit Manufak-
turen zusammen. Das Handwerk
wurde über Generationen erlernt
                                                                   Hotel Karasinski
und perfektioniert. Qualität, die                                Fotos: © Atelier Karasinski
sich immer bewährt“, sagt sie und
zeigt ein kleines Scharnier, das von der Kunstspeng-     oder eigens konzipierten „Buden“ im neuen
lerei Kyral, deren Geschichte bis 1910 zurückreicht,     modernen Hotel Superbude im 2. Bezirk in der
extra für ein Projekt produziert wurde. Der Vinta-       Perspektivstraße 8. Dort ist auch das kleinste Hotel
ge-Look ist beabsichtigt und wird mittels Patina         von Wien untergebracht: Das Hotel Karasinski
erreicht. Perfekt durchdachte Details.                   ist tatsächlich ein Hotel im Hotel, groß genug für
        Die bewährten Qualitätsstandards machen          zwei. Es ist eine Suite mit Wiener Altbau-Charme,
diese Stadt seit jeher zu einem attraktiven Standort     die den Aufenthalt in der Stadt unvergesslich macht:
für Kunstschaffende und kreatives Arbeiten. „Das         eine freistehende Badewanne, stilvolle Vintage-Ein-
Wien um die vorvergangene Jahrhundertwende als           richtung, ein kuscheliges Bett und allerhand Über-
kreative Hochburg und Heimat von Alma Mahler,            raschungen. Monatlich wird es mit wechselnden
Gustav Klimt und Koloman Moser hätte ich zu ger-         Überraschungen wie Snacks, Büchern oder eigens
ne miterlebt. Obwohl man es als Frau sicher auch         zusammengestellten Playlists von Laura kuratiert.
damals nicht leicht hatte. Trotzdem blieb die Stadt      Auch Fahrräder werden bei Bedarf zur Verfügung
nicht stehen. Heute bin ich sehr froh, wie sich das      gestellt. Die Gäste im Hotel Karasinski sollen sich
Leben und Arbeiten hier entwickelt. Wien wird            so fühlen, als ob sie
                                                                                               ADRESSEN
lockerer. Und ist bereit für Veränderung. Nach           bei ihr zuhause wä-
etwas Überzeugungsarbeit entlocke ich bei neuen          ren. Vertraut eben. Atelier Karasinski
Projekten auch den skeptischsten Wiener:innen            Das, was auch Wien ● P iaristengasse 17
ein Ja“, erzählt sie. Als Frau musste sie sich oft be-   für sie bedeutet. Ge- → 1080         Wien
                                                                                        www.atelierkarasinski.com
weisen, doch sie hielt an ihren Ideen und Visionen       bucht wird entweder
fest – mit Erfolg. Ihre Kund:innen lieben ihre           über die Website des Motto Wien
Konzepte. Auffällig, ohne aufdringlich zu sein,          Ateliers oder direkt ●        S
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                                                                                              Wien
Karasinski schon in jungen Jahren. „Verschönern“         nächsten Projekt, was → www.babetown.at
ist damals wie heute ihre Leidenschaft. In der           es wird, ist allerdings
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                                                                                               ● Perspektivstraße 8
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                                                                                               → www.superbude.com
                                   ARCHITEKTUR, MODE & DESIGN
(Text)
                                                                                               Johannes LUXNER

                                                                                                   (Fotos)
                                                                                              Stephan DOLESCHAL

  Zurück in die ZUKUNFT
                           Wien ist überaus historisch, doch genauso eine Stadt,
Wiens Architektur hat      die den Zeitgeist reflektiert. Und zwar gestern wie
in allen Epochen der       heute. Das demonstriert eine Zeitreise im Zeichen
Baukunst Bemerkens-        der Mid-Century-Architektur der 1950er und 1960er,
wertes hervorgebracht.
In den Fokus ist in den
                           als die Stadt im Zeichen des großen Aufbruchs stand.
vergangenen Jahren die     Willkommen in der Zukunft von damals, in der es viel
Mid-Century-Architek-      zu erleben gibt.
tur des 20. Jahrhunderts
gerückt, die viel über die Stadt erzählt. Die 1950er   Im Rahmen eines Crowdsourcing-Projekts waren
und 1960er Jahre waren eine Ära des Neubeginns.        die Wiener:innen aufgerufen, architektonische
Auch in der Architektur kam eine vollkommen            Kostbarkeiten aus der Mid-Century-Ära
neue Formensprache ins Spiel, die mittlerweile         zu nennen. Über 600 Rückmeldungen gingen
nostalgische Gefühle auslöst. Die Wiener:innen         ein. Herausgekommen ist ein fantastisches Buch,
lieben die Bauwerke und Interieurs aus dieser Zeit.    das tief ins 20. Jahrhundert eintaucht und dazu ein-
Das zeigt ein neues Buch zum Thema, für das sich       lädt, die Stadt von einer bislang wenig beleuchteten
der Grafikdesigner Tom Koch und der Fotograf           Seite kennen zu lernen. Egal ob Kaffeehaus, Kino
Stephan Doleschal in der Zeit des ersten               und Kirche – oder Hochschaubahn, Eissalon und
Lockdowns auf Spurensuche begeben haben.               Gruft: Es warten besondere Orte mit toller Atmo-
„Mid-Century Vienna“ entstand aber auch unter          sphäre, die auch nach einem halben Jahrhundert
starker Einbindung der Wiener Bevölkerung.             nichts von ihrer Modernität verloren haben.

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Mid-Century
                                                                      mit Mehlspeise

          Kino wie damals
Die Kinoära der 1950er Jahre originalgetreu erleben?
Dann nichts wie ab ins Filmcasino, das eine Zeitkapsel
sondergleichen ist. Die Inneneinrichtung ist original-
getreu erhalten und stammt aus 1954. Ein Ort für wahre
Cineast:innen: Das Filmcasino ist ein Programm- und
Arthouse-Kino mit einem Schwerpunkt in Sachen              Das Café Prückel ist eine absolute Besonderheit unter den
europäischer Film. Doch genauso ist das Kino auch ein      berühmten Kaffeehäusern entlang der Wiener Ringstraße.
beliebter Ort für Dreharbeiten aller Art, was angesichts   Das Gebäude stammt zwar aus der Zeit der Wiener Jahr-
des fulminanten Designs kein Wunder ist.                   hundertwende um 1900, doch im Inneren regiert das
                                                           Design der 1950er. Ein innenarchitektonischer Traum,
● Filmcasino, Margaretenstraße 78, 1050 Wien               der maximale Leichtigkeit versprüht. Entworfen hat
                                                           den Kaffeehausklassiker der Wiener Architekt Oswald
                                                           Haerdtl, einer der bekanntesten und wichtigsten Gestalter
                                                           seiner Zeit.

                                                           ● Café Prückel, Stubenring 24, 1010 Wien

              Halle für alle                                    Nostalgische Nächte
Eines der wichtigsten Bauwerke der Mid-Century-Ära ist     Übernachten ganz im Stil der 1960er? Das ist im Apart-
die Wiener Stadthalle. Zwischen 1953 und 1958 errichtet,   ment Engel im wunderschönen Grinzing, inmitten der
handelt es sich um ein identitätsstiftendes Bauwerk, das   beliebtesten Heurigen-Gegend Wiens, möglich. Gestal-
fast alle Wiener:innen schon einmal besucht haben. Von     tet wurde die Wohnung von den Wiener Architekten Otto
Sport- bis Pop- und Rock-Events gibt es hier die volle     Niedermoser und Carl Auböck. Buchbar ist das einmalige
Unterhaltungspalette. Entworfen hat die Stadthalle der     Maisonette-Apartment unter
Wiener Architekt Roland Rainer, der einen zeitlosen        www.midcentury-vienna.com.
Klassiker schuf, der heute noch hochfunktional ist.
                                                           ● Apartment Engel, Straßergasse 8-12, 1190 Wien
● Stadthalle, Roland-Rainer-Platz 1, 1150 Wien

                                      ARCHITEKTUR, MODE & DESIGN                                                 43
Stilvoll bis
                                                                              ins Grab

  Grandioser Gastgarten
Außerordentlich prominent gelegen, nämlich direkt am
Heldenplatz bei der Hof burg, ist der Volksgarten Pavillon
einer der besten innerstädtischen Orte, um in der warmen     Die Kapuzinergruft ist die letzte Ruhestätte des Hauses
Jahreszeit besonders stilecht einzukehren. Der schicke       Habsburg-Lothringen. Seit dem 17. Jahrhundert wurden
Pavillon und der Gastgarten mit seinen markanten Tisch-      hier 12 Kaiser und 19 Kaiserinnen bestattet. Was viele
lämpchen sind ein Traum für 1950er-Aficionados.              nicht wissen: Die Kapuzinergruft wurde von 1960 bis
Es warten tolles Essen, feine Drinks und ein erlesenes       1962 erweitert. Die so genannte Neue Gruft ist daher in
DJ-Programm.                                                 waschechtes Mid-Century Design getaucht. Geplant hat
                                                             sie Karl Schwanzer. Die grobkörnigen Betonwände sind
● Volksgarten Pavillon, Heldenplatz, 1010 Wien               der Schichtung eines Grabes nachempfunden.

                                                             ● Kapuzinergruft, Neuer Markt, 1010 Wien
       Auf einen Espresso

                                                                    Berg- und Talfahrt
                                                             Auch im weltberühmten Wiener Wurstelprater hat das
Ein 1950er-Juwel inmitten des angesagten 7. Bezirks, das     Mid-Century-Design fantastische Spuren hinterlassen. Die
in den 2000ern wiederentdeckt und behutsam revitalisiert     von den Wiener:innen liebevoll Zwergerlbahn genannte
wurde: Willkommen im Espresso Burggasse, einer der be-       Panoramabahn zählt zu den letzten drei Bahnen ihrer Art
liebtesten Plätze für hippes urbanes Publikum. Ausgestat-    weltweit. Insbesondere die Fahrzeuge, mit denen es über
tet ist das Espresso mit dem legendären Stadthallenstuhl,    Berg und Tal geht, versprühen aufgrund ihrer angedeute-
den Roland Rainer für die Wiener Stadthalle entworfen        ten Stromlinienform einen ganz besonderen Charme.
hat, und ebenso eine Wiener 1950er-Ikone ist.
                                                             ● Zwergerlbahn, Wurstelprater, 1020 Wien
● Espresso Burggasse, Burggasse 57, 1070 Wien

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Katholisch?
            Psychedelisch!

Die außergewöhnliche Formensprache der 1950er hat
auch vor Sakralbauten nicht Halt gemacht. Das beste Bei-
spiel ist die Katholische Kirche Neuerdberg, die im Inne-
ren nahezu psychedelisch anmutet. Dafür verantwortlich
ist die besondere Konstruktion der bunt verglasten Fens-
ter, die sich der Wiener Bildhauer Erwin Hauer patentie-
ren ließ. Hauer emigrierte später in die USA, wo er viele
Kirchen mit derselben Konstruktion ausstattete.

● Katholische Kirche Neuerdberg,
  Hagenmüllergasse 33, 1030 Wien
                                                                     Wohnen à la
   Tiefgefrorenes Design                                          Wirtschaftswunder
                                                            Kein anderes Wiener Hotel repräsentiert die Wirtschafts-
                                                            wunderjahre besser als das Hotel Prinz Eugen. Die Fassade
                                                            des in unmittelbarer Nähe zum Wiener Hauptbahnhof
                                                            gelegenen Bauwerks ist aufgrund ihres schlichten Designs
                                                            von zeitloser Klassik. Tipp: Ein Besuch in der Hotelbar,
                                                            die sich seit den 1950ern nicht verändert hat und von
                                                            längst vergangenen Zeiten träumen lässt.

                                                            ● Hotel Prinz Eugen, Wiedner Gürtel 14, 1040 Wien

Auf ein Eis? Fans der guten Gestaltung tun dies im Eis-
salon Bortolotti im dritten Wiener Gemeindebezirk, wo
sich diese wunderbare Leuchtreklame erhalten hat. Ein
typisches Relikt der Mid-Century-Ära, als die Stadt an
allen Ecken und Enden bunt leuchtete. Da schmeckt das
Eis gleich doppelt so gut.                                    BUCHTIPP:
                                                              Tom Koch & Stephan Doleschal: Mid-Century
● Eissalon Bortolotti, Baumgasse 1, 1030 Wien                 Vienna, Falter Verlag, 240 Seiten, 29,90 Euro.
                                                              Texte auf Deutsch und Englisch.

                                      ARCHITEKTUR, MODE & DESIGN                                                 45
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