SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen

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SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
SPIELZEIT

        2018/2019
DIE
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Mitarbeiter*innen des Theater Oberhausen bei der Arbeit.
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Premieren                                          Hier kommt keiner durch!                   4+
                                                                                                                                  Gastspiele                          Bilder deiner großen Liebe                15+

                                                                              nach Isabel Minhós Martins                                                                       von Wolfgang Herrndorf
                                                                               Regie: Paulina Neukampf                                                                           Regie: Babett Grube
              Snap your life                        14+
                                                                            Premiere am 18.1.2019 im Saal 2                  You are a Weapon!
 Die stille Revolution der Digital Natives                                                                               Konzept und Regie: Frauen und Fiktion
            von Gesine Schmidt                                                                                                                                               Das dritte Leben
                                                                                      Salome                                                                                  des Fritz Giga
            Regie: Yves Hinrichs
Uraufführung am 7.9.2018 im Großen Haus                                            nach Oscar Wilde                             Chalk About           8+

                                                                                                                                 von performing:group                               Uraufführung
                                                                                  Regie: Stef Lernous
                                                                                                                                                                           Text und Regie: Christian Franke
                                                                         Premiere am 25.1.2019 im Großen Haus
                  Fit & Struppi
     Text und Regie: Nicola Bremer
                                                                                                                               FUX GEWINNT                                      Dein Name
                                                                                     Schaffen
                                                                                                                                                                                                     2+

Uraufführung am 14.9.2018 im zukünftigen                                                                               Konzept, Regie, Texte, Musik, Performance:
                                                                                                                      FUX (Stephan Dorn, Falk Rößler, Nele Stuhler)       Konzept und Regie: Ania Michaelis
         Fitnessclub The Mirai                                         Wer ohne Arbeit ist, werfe den ersten Stein
                                                                                  von Technocandy

              Die Leiden der                                                mit Golschan Ahmad Haschemi,                                                                           Die Tiefe
                                                                       Banafshe Hourmazdi und Frederik Müller
             Jungen (Werther)                                            Uraufführung am 8.2.2019 im Saal 2               Wiederaufnahmen                                       von Jòn Atli Jònasson
                                                                                                                                                                               Regie: Josef Zschornack
       nach Johann Wolfgang von Goethe                                                                                              im Großen Haus
              Regie: Leonie Böhm                                        Das Recht des Stärkeren                                                                                    Nachts       4+
     Premiere am 21.9.2018 im Großen Haus                                         von Dominik Busch                           Das siebte Kreuz                          Konzept und Regie: Franziska Henschel
                                                                                 Regie: Florian Fiedler                           von Anna Seghers
        Bernarda Albas Haus                                           Deutsche Erstaufführung am 7.3.2019 im Saal 2             Regie: Lars-Ole Walburg
                                                                                                                                                                           Nur die Harten
         von Federico García Lorca
             Regie: Jan Friedrich                                     Die Anmut der Vergeblichkeit                           Der futurologische                        (kommen in den Garten)
    Premiere am 5.10.2018 im Großen Haus                                                                                                                                    Uraufführung von Dirk Laucke
                                                                         Konzept und Regie: Franziska Henschel
                                                                          Uraufführung am 5.4.2019 im Saal 2
                                                                                                                                  Kongress                                      Regie: Florian Fiedler
                 Drei Farben                      2+                                                                              von Stanisław Lem
                                                                                                                                Regie: Tomas Schweigen
      von holtschulte / loos / schmitz / vogel                                 Tod eines                                                                                              Toxic
        Premiere am 7.10.2018 im Saal 2
                                                                           Handlungsreisenden                                   Ein Volksfeind                                    von Technocandy
                                                                                                                                                                           mit Golschan Ahmad Haschemi,
                                                                                   von Arthur Miller
                Der Sandmann                                                      Regie: Babett Grube
                                                                                                                                   von Henrik Ibsen
                                                                                                                                 Regie: Florian Fiedler
                                                                                                                                                                       Banafshe Hourmazdi und Frederik Müller

             von E.T.A. Hoffmann                                         Premiere am 12.4.2019 im Großen Haus
             Regie: Florian Fiedler                                                                                                                                             TRASHedy             10+

                                                                                                                              Pension Schöller
     Premiere am 3.11.2018 im Großen Haus
                                                                       FlediMan und die Jungs von                         nach Carl Laufs und Wilhelm Jacoby
                                                                                                                                                                                von performing:group

                         Heidi            6+                          der Zeche – eine Heldenrevue                              Regie: Martin Laberenz
                                                                         Text und Regie: Nora Abdel-Maksoud
              von Johanna Spyri
            Regie: Florian Fiedler
                                                                      Uraufführung am 24.5.2019 im Großen Haus                                                                  In Planung
    Premiere am 24.11.2018 im Großen Haus
                                                                                 Tigermilch          15+
                                                                                                                          Wiederaufnahmen                               Eine neue Silvestergala
                                                                                                                            im Saal 2 und an weiteren Orten
d.ramadan: ….....................…………                                           von Stefanie de Velasco                                                                        mit unserem Ensemble

        von .......................................................
                                                                                 Regie: Babett Grube
                                                                                                                                       Amok
    (Titel und Autor*in bitte selbst eintragen)
                                                                             Premiere am 5.6.2019 im Saal 2
                                                                                                                               nach Emmanuel Carrère                  Ein musikalisches Projekt
               Regie: Ulrike Günther                                                                                          Regie: Jan-Christoph Gockel                    von und mit Jürgen Sarkiss
      Uraufführung am 30.11.2018 im Saal 2                                         Der Verein
                                                                                 Hobby als Widerstand
                                                                          Konzept und Regie: Demian Wohler
                                                                                                                      Außerdem: Schlaflos, Theaterfest & Prozession, Einführungen,
4                                                                                                                                                                                                               5
                                                                         Uraufführung im Juni 2019 irgendwo in
                                                                                     Oberhausen                       Nach- und Expert*innengespräche, Späti und vieles mehr...
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Und was machen Sie tagsüber?

 Nachdem wir letztes Jahr in Oberhausen das          Um das denkbar und möglich zu machen, bedarf
 Palermo des Nordens entdeckt und Ihnen unser        es Austausch und Fantasie. Den Raum dafür
 Ensemble auf Fotos präsentiert haben, die Urlaub,   möchte Demian Wohler in „Der Verein – Hobby
 Wärme und Süden ausstrahlen, dabei aber alle-       als Widerstand“ zum Ende der Spielzeit anbieten,
 samt in Oberhausen fotografiert worden sind,        nachdem er sich zuvor ausgiebig auf die Suche
 haben wir uns diesmal auf die Suche nach Berufen    gemacht hat nach der schöpferischen und die Welt
 gemacht, die nachts oder frühmorgens ausgeübt       verändernden Kraft von VereinsARBEIT. Denn, so
 werden. Jedes Ensemblemitglied hat sich einen       sagt das Performance-Kollektiv Technocandy:
 Menschen gesucht, auf dessen Beruf es besonders „Wer keine Arbeit hat, werfe den ersten Stein“.
 neugierig war. So ist unsere Fotostrecke fast ein   In diesem leicht abgewandelten Bibelzitat steckt
 kleines Memory-Spiel geworden: Zu jedem Foto        neben dem Kampf, von dem wir oben schon
 eines Ensemblemitglieds gibt es ein weiteres, das sprachen, vor allem die Frage danach, ob es
 einen Menschen zeigt, der diesen Beruf tatsächlich Menschen ohne Arbeit überhaupt gibt. Hier
 ausübt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Finden schließt sich geradezu zwangsläufig die Frage
 der zusammen­gehörenden Pärchen!                    an, ob wir uns Sisyphos als einen glücklichen
                                                     Menschen vorstellen dürfen. Ihr geht Franziska
 Nicht nur, aber auch die Schließung der letzten     Henschel in „Die Anmut der Vergeblichkeit“ nach.
 Steinkohlezeche im Ruhrgebiet hat uns dazu          Gleich zwei Produktionen beschäftigen sich mit
 bewogen, in der kommenden Spielzeit nach der        der mühsamen Arbeit des Steinkohleabbaus: Die
 Zukunft der Arbeit zu fragen. Denn der Abschied     deutsche Erstaufführung von Dominik Buschs
 vom Steinkohlebergbau macht noch einmal            „Das Recht des Stärkeren“ kommt wie ein Krimi
 unmissverständlich deutlich, was überall zu         daher. Es geht um die Arbeitsbedingungen und
 beobachten ist: Arbeit verändert sich radikal.      Unterdrückungsmechanismen, denen Bergleute in
„Menschen ähneln eher ihrer Zeit als ihren Vätern“,  kolumbianischen Steinkohleminen ausgesetzt sind
 hat der französische Autor und Revolutionär Guy     und welche Rolle die westliche Welt dabei spielt.
 Debord mal gesagt. Heute verändert sich Arbeit      Nora Abdel-Maksoud hat sich einen Namen ge-
 vor allem durch die Digitalisierung so schnell      macht als Verfasserin von intelligenten, schnellen
 wie noch nie. Beschleunigt sich dadurch auch        Komödien. Für Oberhausen schreibt sie die
 die Entfremdung zwischen den Generationen?          Heldenrevue „FlediMan und die Jungs von der
 Gleich zwei Theaterstücke der nächsten Spielzeit Zeche“ und stellt die hiesigen Helden der Halden
 beschäftigen sich auf sehr unterschiedliche Weise   in den Mittelpunkt.
 mit diesen Fragen. Der „Tod eines Handlungs-
 reisenden“ erzählt von Willy Loman, der aus         Nach so viel Arbeit wird es dringend Zeit für
 marktwirtschaftlicher Sicht überflüssig wird        ein Festival: Nicht ohne Stolz verkünden wir,
 und sich zusehends von der ihn umgebenden           dass das Theater Oberhausen in dieser Spielzeit
 Welt entfremdet. Die gegenteilige Perspektive       WESTWIND ausrichten darf, das größte Festival
 nimmt Gesine Schmidt mit „Snap Your Life – die      für Kinder- und Jugendtheater in NRW! Freuen
 stille Revolution der Digital Natives“ ein: Junge   Sie sich auf die zehn bemerkenswertesten Insze­
 Oberhausener*innen beschäftigen sich lustvoll       nierungen aus NRW und fünf internationale
 und neugierig mit den Konsequenzen der digi-        Gastspiele!
 talen Massenkommunikation und damit auch
 mit deren Chancen für eine neue, ihre eigene        Und wo wir schon beim Feiern sind: Obwohl –
 Generation.                                         oder gerade weil – wir wissen, dass nicht nur
                                                     Theater machen, sondern auch Theater gucken
 Gleichzeitig werden wir uns daran gewöhnen          durchaus Arbeit sein kann, freuen wir uns, Sie so
 müssen, dass es insgesamt weniger Arbeit für        oft wie möglich im Theater Oberhausen be­grüßen
 alle gibt. Wir werden dafür kämpfen müssen,         zu dürfen und mit einem anschließenden, gemein-
 dass diese und ihr Ertrag gerecht verteilt werden. samen Feierabendgetränk mit Ihnen anzustoßen:
 Und wir werden den Begriff von Arbeit neu           An die Arbeit? Auf die Arbeit! Prost!
 definieren müssen, vielleicht durch ein bedin-
 gungsloses Grundeinkommen, vielleicht durch Ihr Theater Oberhausen
 die Anerkennung von z.B. Hausarbeit, Kinder-
 betreuung oder Pflege Angehöriger als Arbeit.                                                            Heinrich Beißwenger
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Sehr geehrtes Publikum!

                  Das Theater Oberhausen hat in der ersten           Darüber hinaus wird Intendant Florian Fiedler
                  Spielzeit der neuen Intendanz einen mutigen        den „Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann auf die
                  Spielplan vorgelegt. Mutig, weil man sich an       große Bühne bringen. Er wird diesen schillern-
                  viele neue Stoffe, neue Stücke und unbequeme       den Stoff der Romantik mit Musik, Schauspiel
                  Themen herangewagt hat. Dieser Mut ist dem         und Puppen so erzählen, dass der rätselhafte
                  Team geblieben, nur zeigt er sich in dieser        und manchmal geradezu gruselige Zauber der
                  Spielzeit von einer ganz anderen Seite: Jetzt      Geschichte auf der Bühne hautnah erlebbar wird.
                  ist es der Mut, sich großer Stoffe der Dramen-
                  und Weltliteratur anzunehmen.                      Ein weiterer großer Stoff, auf den wir uns freuen
                                                                     dürfen, ist Oscar Wildes „Salome“. Inszenieren
                   Gleich zu Beginn werden wir mit „Die Leiden       wird kein Geringerer als Stef Lernous, der 2016
                   der Jungen (Werther)“ einen der Klassiker der     mit seiner preisgekrönten Interpretation von
                   Weltliteratur nach Vorlage des legendären        „Lulu“ für Furore gesorgt hat. Wieder wird er
                   Briefromans erleben können. Und alles deutet      mit hervorragenden Musikern arbeiten, um die
                   auf einen sehr spielfreudigen Theaterabend        Geschichte um die unerbittliche Salome, die
                   hin, denn es geht um Leidenschaft, Dreiecks-      für einen Tanz den Kopf des Täufers Jochanaan
                   beziehung und (Selbst-)Liebeswahn. Die Werke fordert, auf der Bühne lebendig werden zu lassen.
                   der Regisseurin Leonie Böhm lassen erahnen,
                   dass es dabei nicht immer nur bitterernst und     Vor nicht einmal 70 Jahren geschrieben, aber
                   tieftraurig zugehen wird, sondern dass es         schon längst ein zeitlos aktueller Klassiker ist
                   durchaus auch einen humorvollen Blick auf die Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“,
                   überbordenden Leiden(-schaften) der jungen        den Babett Grube inszenieren wird. Wer die
                   Leute geben wird.                                 furiosen Schauspielerinnen in „Bilder deiner
                   Überhaupt ist bemerkenswert und erfreulich zu- großen Liebe“ gesehen hat, darf sich jetzt
                   gleich, dass erneut große Namen und deutschland schon auf ein Schauspielfeuerwerk freuen.
                   weit gefragte Talente nach Oberhausen kommen
                   werden, um hier ihrer Kreativität freien Lauf     Ich wünsche Ihnen, liebe Theaterfreundinnen
                   zu lassen. So ist besagte Leonie Böhm an den      und -freunde, eine aufregende und unterhalt­
                   Münchner Kammerspielen, dem Theater               same neue Spielzeit mit großen Stoffen, großen
                   Bremen und dem Schauspiel Zürich tätig.           Gefühlen, mit Musik, Humor und interessanten,
                   Ein regelrechter Senkrechtstarter der Regie ist   neuen Sichtweisen.
                   der junge Jan Friedrich. Er ist ein Multitalent,
                   der eigentlich an der Hochschule für Schau-       Glück auf!
                   spielkunst „Ernst Busch” zeitgenössisches
                   Puppenspiel studiert hat, aber auch Stücke
                   schreibt, die deutschlandweit gespielt werden.    Ihr
                   Gleich für seine erste große Regiearbeit, den
                  „Faust“ von Johann Wolfgang von Goethe am
                   Nationaltheater Mannheim, wurde er für den
                   wichtigsten deutschen Theaterpreis, der mit       Daniel Schranz
                  „Faust“ zufällig denselben Namen trägt wie         Oberbürgermeister
                   seine Arbeit, nominiert. Nach Oberhausen
                   bringt Jan Friedrich nun einen der bekanntesten
                   Klassiker der spanischen Dramenliteratur:
                   Federico García Lorcas „Bernarda Albas Haus“ –
                   eine düstere Geschichte über innerfamiliäre

                                                                                                                   9
                   Machtstrukturen, die hier in einem opulenten
Elisabeth Hoppe    Bühnenbild erzählt werden wird.
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Liebe Theaterfreund*innen,

 das Theater Oberhausen bietet immer wieder      „Snap Your Life“ etwas über die stille Revolution
 Erlebnisse der ganz besonderen Art: So war in    der Digital Natives – und ermöglichen so
 der letzten Spielzeit Anna Polkes großartiges    Einblicke in Lebenswelten und gesellschaft-
 Solo „Das dritte Leben des Fritz Giga“ in der    liche Veränderungen, die sich gerade jetzt in
 ehemaligen Rathauskantine zu erleben. Ein,       nie da gewesener Geschwindigkeit abspielen.
 wie ich finde, sehr berührender Theaterabend,    Die renommierte Autorin Gesine Schmidt
 der ein Stück Oberhausener Geschichte            hat monatelang recherchiert und unzählige
 lebendig werden lässt. Mit dem Mammutfilm-       Gespräche mit jungen Menschen aus dem
 theaterprojekt „Schuld und Sühne“, das in den    Ruhrgebiet geführt. Den daraus entwickelten
 riesigen Räumen des ehemaligen Kaufhofes         Theatertext werden 20 spielwütige Jugend-
 zwischen vier Leinwänden als Multimedia-­        liche in der Regie von Yves Hinrichs auf die
 theaterspektakel stattfand, und dem „d.ramadan“ Bühne bringen. Yves Hinrichs Theaterstücke
 hat das Theater bewusst andere Zielgruppen       sprühen nur so vor Lebensenergie und die
 angesprochen und dem Oberhausener Anspruch, regelmäßigen Einladungen zum Berliner
„Kultur für alle“ zu schaffen, in besonderer      Theatertreffen der Jugend lassen das soge-
 Weise entsprochen. Ich freue mich, dass das      nannte Profitheater ganz schön alt aussehen.
 Theater plant, dieses Festival zu wiederholen.
                                                  Es ist erfreulich zu sehen, wie das Angebot der
 Mit seinen Projekten hat sich das neue künst-    theater:faktorei, das sich an alle, nicht nur an
 lerische Leitungsteam bereits in seiner ersten   Jugendliche, richtet, angenommen wurde und
 Spielzeit bewusst dafür entschieden, aus dem     wird. Auch in dieser Spielzeit haben Sie wieder
 Theater herauszugehen, um sich der Stadt auch    die Möglichkeit, angeleitet von Ensemblemit-
 räumlich zu öffnen und neue Begegnungen zu       gliedern, Theater spielend zu erleben. Nur Mut!
 ermöglichen. So wird es auch in der kommen-
 den Saison weitergehen: Aufregend finde ich      Ganz zum Schluss möchte ich es mir nicht
 den Spielort für eine der ersten Premieren der   nehmen lassen, Ihnen noch einen sehr be-
 neuen Spielzeit, die den Namen „Fit & Struppi“   zaubernden Theaterabend ans Herz zu legen:
 trägt: Gespielt wird auf der Baustelle des       Im November wird im Theater Oberhausen
 größten Fitnesscenter der Welt, dem Mirai!       Johanna Spyris „Heidi“ Premiere haben. Eine
 In den riesigen Hallen, in denen bis vor kurzem  fantastische Inszenierung, die bildgewaltig
 noch Stahl verarbeitet wurde, werden die         die Geschichte um das kleine Mädchen in der
 Schauspieler*innen ab September die Grenzen      Fremde erzählt, die Kinder genauso wie Er-
 geistiger und körperlicher Fitness ausloten.     wachsene zu begeistern und zu rühren vermag.

Das Theater Oberhausen geht nicht nur raus        Wir sehen uns im Theater Oberhausen!
in die Stadt, es holt die Stadt auch auf die      Ich freue mich auf Sie, im Zuschauerraum –
Theaterbühne. Daher kann man auf die erste        und auf der Bühne!
Premiere im Großen Haus ganz besonders
gespannt sein: Während das Ensemble die
großen Klassiker probt, erzählen uns junge        Ihr
Menschen aus Oberhausen und Umgebung in

10
                                                  Apostolos Tsalatras
                                                  Erster Beigeordneter und Kulturdezernent           Jochen Bauer
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Späti
Der Donnerstag ist unser aller Lieblingstag in der Woche, denn Donnerstag ist Späti-Tag. Auch
in dieser Saison versammeln wir uns wieder regelmäßig im Pool, wenn es heißt: Let the Late-Night-
Show begin! Wir freuen uns auf unterschiedliche Akteur*innen aus dem Theater und aus der Stadt.
Eines sei schon verraten: Die schönsten und witzigsten Späti-Formate aus der ersten Spielzeit
werden wieder aufgegriffen, darunter: Kaltlesungen, Wunschkonzerte, Der Späti und das Internet,
Casino Banale, Disko 3000 und der Ausflugs-Späti. Kommt zusammen!
Immer donnerstags um 21 Uhr.

Expert*innengespräche
finden unmittelbar vor Vorstellungen statt und bieten thematische Überschneidungen. So disku­-
tierten wir in der letzten Spielzeit über den Umgang mit populistischer Stimmungsmache
(„Schimmelmanns. Verfall einer Gesellschaft“), informierten uns über pharmakologische
Experimente, die uns leistungsfähiger machen sollen („Der futurologische Kongress“) und ent-
wickelten die Vision einer gerechteren Bestattungspraxis („Antigone“). Die Gespräche sind intensiv:
Expert*innen geben Impulse, wir denken und diskutieren gemeinsam, tauschen uns aus und
schauen Theater. Im Anschluss an die Vorstellung gibt es ein Nachgespräch, in das sich neben
den Künstler*innen auch die Expert*innen einbringen.

8. März – Ein Minifestival
„Es hat nie einen Generalstreik gegeben“, argumentierte die marxistisch-feministische Theoretikerin
 Silvia Federici in den 1970er Jahren: „Wenn Männer davon sprechen, weisen wir darauf hin, dass
 Frauen immer weitergearbeitet haben. Denn die Arbeit der Reproduktion hat ihre eigene Logik:
 Es gibt Menschen, die von dir abhängig sind.“ Mit der zweiten Ausgabe unseres feministischen
 Minifestivals eruieren wir das Prinzip und das Potential von Streik: Welche Zusammenschlüsse,
 Versammlungen, Besetzungen, Energien kann er hervorbringen? Wie können sich Frauen*, in
 ihren sehr unterschiedlichen Lagen, an einem Streik beteiligen? Für was stehen wir ein? Und
 wie radikal kann Streik heute noch oder wieder sein, vor allem im Ruhrgebiet, einer Region mit
 Streik-Tradition? Das Minifestival probt den Streik mit künstlerischen Workshops, Performances
 und Party an verschiedenen Orten des Theaters!
 In Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Oberhausen und dem Blogger*innen-
 Kollektiv Feminismus im Pott.

Außerdem
freuen wir uns, Sie am 15. September zur großen Prozession durch Oberhausen zum Theaterfest
wiederzusehen und mit Ihnen zu feiern, uns mit Ihnen bei Einführungen und Nachgesprächen
auszutauschen, einen Mini-d.ramadan, Bratapfelweihnachten und Silvester mit Ihnen und
unserem Ensemble feiern zu dürfen!

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SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Martin Engelbach   Eileen Becks
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
Uraufführung 7.9.2018                                                                     von Gesine Schmidt                     mit Sowmeya Anandarajah, Merlin Dembowski, Luay
                                                                                    14+   Regie: Yves Hinrichs                   Eleiwy, Madeleine Flötgen, Marie Hagge, Emily Hellwich,
Großes Haus                                                                               Bühne: Indra Nauck
                                                                                          Musik: Undine Unger
                                                                                                                                 Paul Hellwich, Jil Justus, Kira Kaßen, Lea Martin, Mara
                                                                                                                                 Meyer, Lilit Mkrtchyan, Alan Mustafa, Osama Nirabe,
                                                                                          Dramaturgie: Meike Sasse               Stella Schaberg, Amelie Steinweiß, Hendrik Teßmann,
                                                                                                                                 Kim Thies, Rima Tigranyan, Lucy Verloef, Cosima Voigt

   Die stille Revolution der Digital Natives                                              Yves Hinrichs arbeitet bundesweit mit jungen
                                                                                          Darsteller*innen und ist dafür bekannt, aus
                                                                                                                                           Gesine Schmidt arbeitete nach dem Studium
                                                                                                                                           der Komparatistik und Theaterwissenschaften
             Ein doku-fiktionales Stück über den Zauber der digitalen Interaktion         einem bunt zusammen gewürfeltem Haufen           als Dramaturgin an verschiedenen Theatern,
                                                                                          junger Menschen ein bemerkenswert kraft­         u. a. am Berliner Ensemble, am Maxim Gorki
                                                                                          volles Team zu bilden, das mit Unmittelbarkeit, Theater und am Deutschen Theater Berlin.
                                                                                          Leidenschaft und Humor die Bühne erobert und 2005 verfasste sie zusammen mit Andres Veiel
                                                                                          dem man sich nicht so leicht entziehen kann.    „Der Kick“, eines der erfolgreichsten Dokustücke
                                                                                          Yves Hinrichs war nach seiner Ausbildung als     der letzten Jahre. Seit 2010 lebt sie als freie
                                                                                          Schauspieler an der Hochschule für Musik und Autorin in Berlin. Ihre Stücke und Hörspiele
                                                                                          Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig wurden mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt kamen
                                                                                          am Badischen Staatstheater in Karlsruhe, am     „Vermögend“ am Theater Regensburg, „Die
                                                                                          Neuen Theater Halle, den Städtischen Theatern    Nutznießer“ am Deutschen Theater Göttingen
                                                                                          Chemnitz und dem Schauspiel Leipzig engagiert. sowie „Begehren“ am Staatstheater Mainz
                                                                                          Seine Inszenierungen wurden mehrfach zum         zur Uraufführung. In ihren doku-fiktionalen
                                                                                          Theatertreffen der Jugend sowie dem Bundes-      Arbeiten geht es Gesine Schmidt stets um das
Ausgangspunkt für das Jugendtheaterprojekt, das die Spielzeit                             treffen Jugendclubs an Theatern eingeladen       Offenlegen gesellschaftlicher Prozesse, deren
2018/19 auf der Großen Bühne eröffnet, waren für die Autorin                              und erhielten zahlreiche Auszeichnungen, u.a.    Strukturen sonst im Geheimen bleiben.
Gesine Schmidt die in Oberhausen geführten Interviews mit                                 2013 den Brüder-Grimm-Preis des Landes
Jugendlichen – den wahren Expert*innen der digitalen Netzwerke.                           Berlin und 2014 den Thüringer Theaterpreis.
Instagram, Twitter, YouTube, Facebook, League of Legends oder
WhatsApp eröffnen den Usern eine Vielzahl an Interaktions-
und Partizipations­möglichkeiten. Was für ein Spiel mit Identitäten
ergibt sich für die, die in die sozialen Netzwerke hineingeboren
wurden und einen ganz selbstverständlichen Umgang mit digi-
talen Medien haben? Was erzählen Jugendliche dabei über sich,
ihr Leben, ihre Umgebung? Was ist dabei real und was nicht,
wo sind die Grenzlinien oder sind die Übergänge fließend?
Soziale Medien durchdringen unseren Alltag, sie verändern
Kulturtechniken und Lebensstile, althergebrachte Denk- und
Machtstrukturen wandeln sich: eine stille gesellschaftliche
Revolution. Den dahinter verborgenen Geschichten der digitalen
Generation ist das künstlerische Team um Regisseur Yves
Hinrichs gemeinsam mit den Jugendlichen, die auf der Bühne
stehen werden, auf der Spur.
SPIELZEIT - beim Theater Oberhausen
#nofilter #oberhausen                                                                                was machen Sie jetzt da?!‘ Und ich
                                                                                                     antworte: ,Ich höre gerade Beethovens
                                                                                                     fünfte Symphonie und lese meinen Lern­
                                                                                                                                          -
                                                                                                                                                        Auch in den kognitiv immer anspruchsvolleren
                                                                                                                                                        Computerspielen spielt die Kommunikation
                                                                                                                                                        unter den Playern eine große Rolle. Rund um

Ich kommuniziere, also bin ich!                                                                      zettel für meine Geschichtsklausur.‘
                                                                                                     Wenn ich rausgehe und ich muss noch
                                                                                                     drei Seiten von meinem Buch lesen,
                                                                                                                                                        die Uhr spielen bis zu einige hundert Spieler*-
                                                                                                                                                        innen zeitgleich mit ihren Avataren auf dem-
                                                                                                                                                        selben Server und damit in derselben Welt.
Gespräche mit der Generation Smartphone & Social Media aus Oberhausen über Digitales & Reales        dann fotografiere ich mir die auf                  Teamfähigkeit ist gefragt, denn die Bildung von
von Gesine Schmidt                                                                                   mein Handy und les mir die gerade                  Gruppen und die Kooperation zwischen den
                                                                                                     noch im Bus durch. Und das sieht                   Spieler*innen ist eine wichtige Grundlage für das
                                                                                                     keiner! Die haben keine Vorstellung                Lösen von Aufgaben und Erreichen der Spielziele.
    „Mein ganzes Leben befindet sich             Es ist jetzt auch nicht so, dass das                davon, was man da noch alles mit
    in meinem Handy. Egal, wo ich                alles Freunden sind, aber das sind                  machen kann. Es heißt immer wieder:                    „Ich würde auf jeden Fall sagen,
hingehe, es muss immer dabei sein.               auch keine Fremden. Und ganz wichtig               ,Ach, die ganze Zeit nur am Handy!‘“                    bevor ich damit angefangen habe,
Alles, was mir wichtig ist, Notizen,             ist Snapchat. Man verschickt Fotos,                 (Julia, 17)                                        war ich eine ziemlich schüchterne
Musik, Kontakte oder Accounts zum                kurze Videos und auch Texte und nach                                                                   Person. Und ebenda konnte man mit
Einloggen auf den Social Media                   spätestens 24 Stunden sind die weg.                Die Generationenkluft zwischen den digi­            neuen Leuten, ohne dass die einen
Plattformen sind da drin. Ohne mein              Deshalb schickt man viel mehr und                  talen Immigrant*innen und den digitalen             sahen, reden oder chatten. Meistens
Handy fühl ich mich einfach nicht so             ich bin auch viel offener auf Snap-                Ureinwohner*innen ist gewaltig. Heute ver­          auf Englisch. Das hat auf jeden Fall
wie ich. Es muss immer dabei sein.               chat. Man darf auch hässlich sein.                 fügen die Eltern und Lehrer*innen nicht mehr        viel unterstützt, was das Nach-außen-
Sobald mein Handy kein Netz hat, fühle           Wenn ich so ein Doppelkinn-Selfie                  über das Wissens­monopol, denn Medien liefern       Kehren der Persönlichkeit angeht.
ich mich von der Welt abgeschottet.              mache, dann verschicke ich das halt.               Weltwissen in unterschiedlicher und kaum            Oberhausen ist eher klein. Und diese
Ich kann es nicht beschreiben, ich               Einfach, weil es wieder verschwindet.“             mehr überschaubarer Weise und eröffnen den          Onlinekommunikation, die macht die
fühl mich nervös ohne mein Handy, weil           (Julia, 17)                                        Jugendlichen Einblicke in die verschiedensten       Welt ein bisschen zugänglicher.“
es könnte ja immer etwas passieren, wo                                                              Lebensbereiche und Kulturen. Die digitalen          (Jan, 17)
ich mich mitteilen muss.“ (Alina, 17)             Jugendliche veränderten sich auf eine Weise,      Medien sind für die junge im Unterschied zu
                                                  wie es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht vorge-    den älteren Generationen nicht nur ein Arbeits­-    1685 befürchtete der französische Forscher
Seit das Leben digital geworden ist, verläuft es  kommen sei, schreibt die Psychologin Jean         raum, sondern zugleich Lebenswelt, in der sie       Adrien Baillet, die von Tag zu Tag zunehmende
in einem anderen Takt. Mithilfe des Internets     Marie Twenge. Die Teenager denken nicht nur       lernen, spielen, kommunizieren und sich ein         Vielzahl der Bücher werde die kommenden
ist es innerhalb kürzester Zeit erstmalig         anders über sich und die Welt, sie haben auch     Netzwerk an Freund*innen aufbauen. Mit              Jahrhunderte in einen Zustand der Barbarei
g­elungen, die Linearität der Zeit zu überwinden. einen völlig anderen Bezug zu ihrer tagtäglich    Flucht aus der Realität hat das nur selten zu       zurückfallen lassen. 1821 wurde vor der Lese-
Permanent, 24 Stunden lang, verfügen wir über gelebten Zeit. Sie gehen heute viel seltener aus      tun. Und an allererster Stelle steht die Kommuni-   sucht gewarnt, bei der man „das Wahre und
Informationen und Kommunikationskanäle.           dem Haus und verbringen deutlich weniger          kation unter Freund*innen, die sich auch im         das Falsche prüfungslos durcheinander“ liest.
In jedem Moment laden Nutzer*innen mehr           Zeit mit ihren Freund*innen, sie haben weniger    analogen Leben kennen. Man bekommt den Ein-         Und 1979 war zu lesen, das Fernsehen mache
Informationen auf die Internet-Server, als        Dates und weniger Sex, schlafen schlechter,       druck, der Mitteilungsstrom ist unerschöpflich      die Zuschauer*innen immer unfähiger, das
bislang in der Menschheitsgeschichte publiziert   nehmen mehr Antidepressiva und begehen            und ein zuverlässiger Ort der Selbstwirksamkeit.    Wirkliche vom Nichtwirklichen, das Innen
wurden. Alles geht online und jeder wird zum      häufiger Selbstmord. Zugespitzt bringt die                                                            vom Außen zu unterscheiden.
Medium. Das Mobiltelefon als Multifunktions-      amerika­nische Psychologin das auf den Punkt,         „Also zum Beispiel am Wochenende:
gerät und als multimediale Kommunikations-        wovor mit apokalyptischem Unterton immer              Ich hatte schlechte Laune, meine                    „Das echte Leben ist viel höher.
plattform ist gerade bei Jugendlichen             wieder gewarnt wird: vor dem sozialen Nieder-     beste Freundin hatte schlechte Laune                    Ich finde, das Virtuelle, das
unverzichtbarer Bestandteil des Alltags           gang durch Smartphones und die Digita­lkultur –   und wir haben zwei Stunden durchge-                 nimmt man gar nicht richtig ernst.
geworden. Es ersetzt den Wecker, die Armband- vor allem bei Jugendlichen.                           schrieben.“ (Julia, 17)                             Auch die Freundschaften, die da
uhr, den Taschenrechner oder die Fotokamera,                                                                                                            gebildet werden.“ (Fatma, 17)
es wird zum Musikhören, Videosgucken, Lesen,           „Die meisten Erwachsenen kommen                  „Ich schreib richtig viel mit
Informieren und hauptsächlich zum Kommu-               immer gleich mit Cybermobbing                    Merle, aber in der Schule hatten                    „Die Internetfreunde sind halt
nizieren benutzt.                                 und so ernsten Themen, aber haben                 wir bis vor kurzem gar nichts mit­                      nur fürs Internet gedacht und
                                                 selber kaum eine Vorstellung davon,                einander zu tun. Man ist deutlich                   das war's dann auch.“ (Mehmet, 18)
    „Alle Unterhaltungen mit Freunden            wie das Ganze funktioniert. Und des-               offener. Man kann direkter kommuni-
    laufen über WhatsApp. Das ist                wegen finde ich es total schwer oder               zieren und auch durch die ganzen                        „Der Mensch selbst entscheidet,
einfach, praktisch und kostenlos.                auch teilweise irgendwie lächerlich,               Emojis wird das alles persönlicher.                     wie er das Internet nutzt. Jede
Wir haben auch eine WhatsApp-Abitu-              wenn Erwachsene ankommen und mir                   Man kann halt mehr Emotionen rüber-                 Person kann Zugriff auf alles haben.
rientengruppe, da sind 140 Leute aus             erklären, wie ich mit meinem Handy                 bringen als im direkten Gespräch                    Ist halt wirklich so. Es gibt keine
unserem Jahrgang drin. Facebook ist              umzugehen habe. Die versuchen uns                  häufig. Und dann kommt das so langsam,              Sache, die wirklich nur gut ist.
unpopulär geworden, weil unsere                  etwas beizubringen, wovon die selber               so stückweise, bis dann auch im                     Eine Pistole kann sehr gut sein, man
Eltern da sind und die ganzen Firmen.            keine Ahnung haben. Auch so im Bus                 wirklichen Leben Kontakt aufgebaut                  kann sie zum Beschützen benutzen,
Instagram ist das neue Facebook. Man             zum Beispiel, also ich sitze dann da               wird.“ (Tim, 17)                                    aber man kann damit auch die andere
hat ein Profil, lädt Fotos hoch, von             mit Kopfhörern und bin am Handy.                                                                       Person erschießen. Deshalb entscheidet
was auch immer man posten möchte.                Dann setzt sich eine ältere Dame                                                                       der Mensch allein, wie er es benutzen
Ich habe 140 Abonnenten und folge 148            neben mich und sagt: ,Und jetzt sind                                                                   wird.“ (Jannik, 17)
Leuten. Meine Abonnenten kenne ich alle.         Sie die ganze Zeit nur am Handy und
Uraufführung 14.9.2018                                               von Nicola Bremer
                                                                     Regie: Nicola Bremer
Fitnessclub The Mirai                                                Bühne: Marie Gimpel
                                                                     Kostüme: Jakob Ripp
                                                                     Dramaturgie: Lucie Ortmann

Fit und Struppi reisen in Oberhausens Reich         Nicola Bremer schreibt unglaublich witzige
der Neuen Mitte. Für die Weltreisenden aus          Theatertexte, in denen er brandaktuelle, gesell­
der Hauptstadt der Vereinigten Europäischen         schaftskritische und popkulturelle Aspekte
Staaten ist es ja nur ein Katzensprung, pardon,     aufgreift. Seine Stücke entwickeln sich mit und
natürlich Hundesprung und der gigantische           für seine jeweiligen Schauspieler*innen und
spirituelle Kurort zieht das berühmte               künstlerischen Teams. So etablierte er 2016 am
menschlich-tierische Paar magisch an. Auch          Staatsschauspiel Dresden als Autor und Regisseur
Millionen Menschen pilgern täglich dorthin.         die Theaterserie „Selfies einer Utopie“.
Die Neue Mitte bündelt Sportstätten, Theater,
Badehäuser, Shoppingcenter und Restaurants          „Fit & Struppi“ lädt die Zuschauer*innen zur
und ist ein Ort der Gleichberechtigung, der          gemeinsamen Ertüchtigung auf die Baustelle
Inspiration, der Kreativität und Motivation.         des neu entstehenden Fitnessclubs „The Mirai“
Hier befindet sich auf 50.000 m² der größte          ein. Sportliche Funktionskleidung erwünscht.
Fitnessclub der Welt. Er nennt sich „Die Zu-
kunft“ und realisiert eine Gesellschaftsutopie:     Nicola Bremer, geboren 1989, wuchs als Sohn
endlich freies Atmen, freies Leben für alle. Was,   einer Schweizerin und eines Deutschen in
wenn hier tatsächlich Menschen, Forschung,          Italien auf, wo er von 2010 bis 2012 als Schau-
Industrie und Wirtschaft auf neue, auf leben-       spieler am Staatsschauspiel Turin arbeitete. In
dige Weise zusammenkommen? Wie verändert            dieser Zeit begann er, eigene Theaterstücke zu
diese Zusammenkunft die Menschen? Werden            schreiben und zu inszenieren. 2013 arbeitete
genau hier die Menschen, die Körper der             er für René Pollesch und Romeo Castellucci,
Zukunft definiert?                                  bevor er 2014 nach Schweden zog und dort die
                                                    freie Theatergruppe „The Mainstream“ gründete.
                                                    Von 2016 bis 2018 war er Regieassistent am
                                                    Staatsschauspiel Dresden. Seine Stücke wurden
                                                    in über zehn Ländern an Theatern, als Open-

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                                                    Air Vorstellungen und in Flüchtlingslagern
                                                    gespielt (u.a. in Jordanien).                      Lise Wolle
iten. Ein Unbekannter hat mir ein Los geschenkt          nicht. Wer bin ich? Ich habe mich schon so tief      Oberhausen dieser Ort? Warum heißt es
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                                       und ich habe die Lotterie gewonnen. Neben           in diese Smartphone-Kopfhörer verwirrt, dass         eigentlich „Zuhören“? Zu-hören? Ich möchte

                 u s                  mir stand ein Arbeitsloser ohne Los. Er wird         mir nichts anderes übrig bleibt als zuzuhören.       nichts zumachen, ich möchte alles aufmachen,
                                      nicht in Oberhausen arbeiten. Was ist in Ober-       Was ist das für ein Lied, das aus diesen Kopf-       um besser zuhören zu können, aber wenn ich

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                                      hausen los? Der Arbeitslose neben mir wollte         hörern klingt? Endlich verstehe ich, was die         alles aufmache, heißt es nicht mehr zuhören,

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                                       sich von seinem Leben loskaufen, hatte aber         Wörter schon die ganze Zeit versuchen, mir zu        sondern aufhören und ich will nicht aufhören,
                                      kein Geld, weil er arbeitslos ist. Er saß da und     sagen: „Es war einmal ein Entdecker, der eine        ich will anfangen, Wörter einfangen! Was
             b                        kam von seinem Leben nicht mehr los. Und             Decke entdeckte und mit dieser Entdeckung            versuchen die Wörter mir gerade zu sagen?
                                      während er so da saß und ich anders da saß –         die Entdeckungen anderer Entdecker zudecken          Oder mir schräg zu sagen? Ich kann meinen
                                      im Zug Richtung Oberhausen – schaute ich aus         wollte. Also haben die anderen Entdecker den         eigenen Gedanken nicht mehr folgen, so vielen
         in O
                                      dem Fenster: Vertikale Strukturen und hori-          Entdecker der Decke zum Tischdecken einge-           Geschichten höre ich schon gleichzeitig zu.
                                      zontale Strukturen, die vorbeifahren. Welche         laden, sind dann in Deckung gegangen, bis der        Klar ist das anstrengend, aber ist ein Leben
                                      Form wird die Zukunft haben? Die Form, die           Entdecker der Decke, der mit seiner Entdeckung, ohne Zuhören nicht noch anstrengender? Ein
                                      entsteht, wenn wir alle unsere Gesichtspunkte        also mit der Decke, den Tisch zudecken wollte, Leben, in dem nichts verbunden ist, verblutet
                                      verbinden? Das frage ich mich, während ich           eine Bombe in einer Ecke entdeckte“. Ja, die         und dieser Schmerz muss doch viel anstren-
                                       in Oberhausen aus dem Zug steige. Ist es ein        Wörter versuchen mir zu sagen, dass alles            gender sein, als Wörter einzufangen. Jetzt habe
                                      Abstieg? Ein Aufstieg? Oder bloß ein Umstieg?        verbunden ist. Die Wörter verbinden alles. Sie       ich schon wieder welche eingefangen: „Ich
                                      Heute friere ich im leeren Bahnhof. Ich hoffe        verbinden Oberhausen mit Italien, Schweden,          habe ein Bein verloren, beide konnten nicht
                                      auf mehr Wärme, kremple mir die Ärmel runter         mit der ganzen Welt. Sie verbinden sie, damit        gewinnen!“. Aber warum sage ich „einfangen“?
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                                       und flüchte in die Buchhandlung. Klimaflücht-       kein Blut mehr rauskommt. Nur weil sich ein          Wörter sind frei und werden immer frei sein.
                                      ling. „Was McFit im Fitnesstempel The Mirai          Verband auf der Oberfläche befindet, heißt es        Wir haben die Möglichkeit, ihnen kurz zu-
                                       für Besucher plant“, lese ich in der WAZ. Was       noch lange nicht, dass ein Verband oberflächig zuhören und dann sind sie schon wieder weg
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                                      wird das für eine Arbeit für mich sein, hier in      ist. Ganz im Gegenteil. Ein Verband ist ständig      und neue fliegen vorbei: „Ich nehme ein Ei,
                                      Oberhausen? Je mehr ich darüber nachdenke,           im Austausch mit dem, was sich unter der Haut schau es an und frage: Was bist du? Weder
                                      desto mehr merke ich, dass es nicht mehr reicht,     befindet, mit dem Inhalt. Warum denke ich also, Fisch noch Fleisch!“. Jetzt wo ich angefangen
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                                      einfach nur einen Job auszuüben. Es reicht           dass Wörter einfach nur Wörter sind, die ich in habe zuzuhören, kann ich nicht mehr aufhören:
                                      nicht mehr, Autor zu sein. Es reicht aber auch       eine Reihenfolge stelle, um meine Geschichte        „Ich möchte dort hingehen, wo der Schnee fällt
                                      nicht, Arzt zu sein, Bitcoin-Investor oder Katzen-   zu erzählen? Warum höre ich den Wörtern nicht und wieder aufsteht!“. Also fange ich an, die
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                                      Videos-Zuschauer. Ich muss anfangen, alles           wirklich zu? Warum höre ich nicht all die an-        Wörter, die ich höre, aufzuschreiben, auch wenn
                                      zu sein. Mich in alle hineinzuversetzen. Weil        deren Geschichten, die die Wörter gleichzeitig       ich beim Schreiben viele Wörter verpasse, denn
                                      alle und alles zusammenhängt. Im Gasometer           zu meiner Geschichte erzählen? Warum höre            ich kann noch nicht so schnell schreiben, wie
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                                      erzählt mir die Erfinderin der Empathie,             ich nur, wie und warum ich nach Oberhausen           ich zuhöre. Ich hoffe, dass eines Tages ein Buch
                                      dass wir alle in der Welt herumlaufen, wie           komme, aber nicht was Oberhausen mir zu­             daraus wird. Ich werde es „Die konkrete Linke:
                                      die Besucher*innen von einem unendlichen             flüstert? Ich fühle mich müde, aber nicht            England und seine Straßenverkehrsordnung“
                                      Centro und jede*r von uns hat einen langen           todmüde, ich fühle mich lebendigmüde. Also           nennen. Es wird kein Buch sein, das man liest
                                       unsichtbaren Faden um die Waden gebunden            versuche ich, genauer hinzuhören und höre            und danach ist man derselbe Mensch wie vorher.
                                       und je mehr wir herumlaufen, desto mehr             folgende Wörter: „Ich bin nicht für die ästhetische Nein, es wird das Buch schlechthin sein. Es
                                      verstricken sich die Fäden und ähneln mehr           Chirurgie, ich bin für die ethische Chirurgie:       wird ein Buch zum Lesen und Weiterschreiben
                                       und mehr den Kopfhörern von ihrem Smart-            Ich möchte keine Brust-Vergrößerung, ich             sein. Wie alle anderen Bücher auch. Bücher
                                       phone. Das Leben drückt auf Play und wir            möchte eine Verstand-Vergrößerung!“. Wenn            haben nämlich auf jeder Seite diese textfreien
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                                       stolpern über diese Fäden und fallen hin und        jemand anderes jetzt gerade zugehört hätte,          Ränder, damit jeder von uns das Buch weiter-
                                       fragen uns verzweifelt „Warum?“. Weil wir die       hätte er natürlich andere Wörter gehört. Aber        schreiben kann. Unsere Lieblingslieder dürfen
                                      Zusammenhänge nicht sehen. Weil sie unsicht-         wenn die Wörter sich tatsächlich frei bewegen,       wir auch nicht einfach nur hören, wir müssen
                                       bar sind. In was für Fäden habe ich mich mit        dann tun es auch all die Geschichten, die mit        sie weiterkomponieren. Und die Reden, die
                                      meiner Reise nach Oberhausen verstrickt?             jedem einzelnen Wort verbunden sind. Und so          uns inspirieren, dürfen wir auch nicht einfach
                                      Wer zieht diese Fäden? Und wann genau soll           wird mir bewusst, dass ich keine Angst haben         nur hören, wir müssen sie weiterreden. Und
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                                      man die Fäden von einer Wunde ziehen? Ich            muss, dass mir keine neuen Geschichten ein-          die Bücher, die wir lieben, müssen wir weiter-
                                       stehe in der Neuen Mitte und denke über all         fallen. Geschichten können mir gar nicht ein-        schreiben. Und so weiter.
                                      die Geschichten nach, die gleichzeitig in der        fallen, niemandem fallen Geschichten ein, die        Ja, Zuhören und Weiterschreiben, das lerne
                                      Welt stattfinden. Wie viele Schichten gibt es in     Geschichten sind schon alle da, wir müssen sie ich hier in Oberhausen. Zuhören und Weiter-
                                      einer Geschichte? Ich möchte es herausfinden.        nur einfangen. Und wie macht man das? Einfach schreiben, das ist meine Arbeit hier in Ober-
 I

                                      Also schneide ich die Geschichte meines Lebens       nur den Wörtern zuhören? In einer Welt, die          hausen. Zuhören und Weiterschreiben …
                                      auf wie einen Baum, zähle aber nicht die Jahres-     sich immer schneller dreht, so schnell, dass
                                      ­ringe, sondern die Augenringe. Für welche           sogar die uralten Institutionen langsam wach-
                                      Hochzeit sind Augenringe gedacht? Ich kenne          gerüttelt werden, suche ich einen Ort, um zu
                                      die Antwort nicht und die Antwort kennt mich         lernen, wie man besser zuhört. Ist das Theater       von Nicola Bremer
Premiere 21.9.2018                                                                                    nach Johann Wolfgang von Goethe
                                                                                                      Regie: Leonie Böhm
Großes Haus                                                                                           Bühne: Zahava Rodrigo
                                                                                                      Kostüme: Magdalena Schön, Helen Stein
                                                                                                      Musik: Johannes Rieder
                                                                                                      Dramaturgie: Elena von Liebenstein

Es ist wie die Frage nach der Henne oder
dem Ei: Macht das Sprechen über meine
Gefühle und das Finden der richtigen Worte
die Gefühle intensiver? Oder sind es umge-
kehrt meine Gefühle, die mich zu genialen
Aussagen treiben?

Bei Werther, dem fiktiven Autor von Goethes          Kann Werther Lotte begegnen und können wir
Briefroman, beflügelt sich beides gegenseitig.       mit diesem Text jemandem wirklich begegnen?
Er ist verliebt, mit Haut und Haar und mit allen     Goethe beschreibt darin kein Einzelschicksal,
Höhen und Tiefen. Und zwar in Lotte, der er          denn Werther ist ein Zustand. Einer, der es
zwar durchaus nahekommt, die aber schon fest         groß will und der sich den Raum dafür nimmt,
mit Albert verbunden ist: ein unerreich­bares       ’cause it’s a bitter sweet symphony.
Objekt. Diese Tatsache schmälert Werthers
Rausch nicht. Im Gegenteil: Er steigert sich        Werther gilt als der erste Popstar des Kultur-    Leonie Böhm sucht in ihren Stücken nach radikalen Spielsituationen und intensiven
hinein in Lust und Schmerz und seine totale         betriebs. Sein Kleidungsstil, blauer Frack und    menschlichen Begegnungen. Mit Vorliebe greift sie zu klassischen Stoffen, um deren
Entäußerung hat die gleiche emotions­steigernde     gelbe Weste, war stilprägend und bis heute hält   Kernkonflikte zu fokussieren. Trotz extremer Verdichtung entsteht bei diesem Zugriff
Wirkung wie ein sehr guter Popsong.                 sich der Mythos, dass sein Vorbild kurz nach      nicht selten der Effekt, das Stück endlich einmal zu verstehen. Emotionen, Humor
                                                    Erscheinen des Romans 1774 eine handfeste         und die Spieler*innen auf der Bühne spielen in Leonie Böhms Theaterabenden die
„Ich kehre in mich selbst zurück, und finde eine    Suizidwelle unter liebeskranken Jugendlichen      wichtigsten Rollen. Sie wurde 1982 in Stuttgart geboren und studierte Bildende Kunst
 Welt!“, schreibt Werther. Denn die eigentliche     ausgelöst haben soll.                             an der Kunsthochschule Kassel sowie Schauspielregie an der Theater­akademie in
 Entdeckung dieses emotionalen Showdowns                                                              Hamburg. Ihre im Rahmen des Studiums entstandenen Regiearbeiten wurden zu

                                                                                                                                                                                             25
 ist für ihn sein Gefühl: Dieses wird schließlich                                                     zahlreichen Gastspielen eingeladen. Sie inszeniert u.a. am Thalia Theater Hamburg,
 zur existentiellen Erfahrung.                                                                        an den Münchner Kammerspielen und zuletzt am Theater Bremen.
Daniel Rothaug   Julia Sotschinski
ALBAS
                                                    Premiere 5.10.2018                                      von Federico García Lorca
                                                                                                            Deutsch von Hans Magnus Enzensberger
                                                    Großes Haus                                             Regie: Jan Friedrich
                                                                                                            Bühne: Robert Kraatz
                                                                                                            Kostüm: Jan Friedrich
                                                                                                            Musik: Felix Rösch
                                                                                                            Dramaturgie: Patricia Nickel-Dönicke

     Acht Jahre Trauer – dazu verdonnert
     Bernarda ihre vier Töchter, nachdem der
     Vater verstorben ist. Sie sind im besten,
     heiratsfähigen Alter, doch „wo die Trauer
     währt, wird nicht einmal der Wind von der
     Straße dieses Haus betreten. Wir wollen
     uns vorstellen, wir hätten Türen und
     Fenster mit Ziegelsteinen zugemauert.“
     Die Gesellschaft, das Außen, darf in diese
     klaustrophobische Gemeinschaft, be-
     herrscht durch Bernardas Tyrannei, nicht
     eindringen – und tut es doch – in Form
     von Pepe el Romano, dem Sinnbild für
     ersehnte Freiheit und unbezwingbare
     Triebe. Doch anstatt gemeinsam gegen
     erstarrte Konventionen und pervertierte
     Sitten anzukämpfen, zerfleischen sich
     die Schwestern in einem unerbittlichen
     Psycho­thriller gegenseitig. Die Katastrophe
     ist unausweichlich.

     Federico García Lorca gilt als einer der
     letzten großen Tragödiendichter Europas,
     dessen Stücke durch ihre sinnliche Sprache
     und düstere, archaische Atmosphäre
     bestechen. Er selbst war ein Gegner der
     sozialen Rückständigkeit Spaniens und
     wurde kurz nach Beginn des Spanischen
     Bürgerkrieges ermordet. Seine Leiche
     wurde nie gefunden.

                                                    Jan Friedrich (*1992 in Lutherstadt Eisleben) studierte zeitgenössische Puppenspiel-
                   „… um mir den Schweiß            kunst an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Er arbeitet als
                                                    Autor, Dramaturg, Schauspieler, Kameramann und Regisseur. In seiner Klarheit und
                   ihrer Röcke und das Gift         Schärfe entwickelt er Abende aus perfidem Spiel, Masken und Verfremdungen, die in
                                                    ihrer Abgründigkeit intensive Stoffe dramatisch zuspitzen. Dem hohen Ton von Lorcas
                   ihrer Zungen zu bringen.“
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                                                    Sprache verleiht er damit die nötige Dringlichkeit. Für seine Inszenierung des „Faust“
                   (Bernarda)                       in Mannheim wurde er für den wichtigsten Theaterpreis „Der Faust“ nominiert.
Christian Bayer   Nicole Gilliam
Premiere Oberhausen                                                                    Gastspiel von holtschulte / loos / schmitz / vogel
                                                                                  2+   Idee und Konzept: Christiane Holtschulte
7.10.2018                                                                              Musik: Manuel Loos
                                                                                       Dramaturgie: Carolin Vogel
Saal 2                                                                                 mit Christiane Holtschulte (Projektionen), Manuel
                                                                                       Loos (Musik) und Jasper Schmitz (Performance)

                                      Drei Farben                                      Eine experimentell-mediale Performance

Eine weiße Wand. Davor ein junger Mann. Neben ihm sitzt jemand, ein Musik-
instrument in der Hand. Eine Frau steht vor einem Glas. Beleuchtet. Behutsam
gibt sie blaue Wassertropfen in das Gefäß. Da erscheinen auf der weißen Wand
große, blaue Tropfen, die erst zaghaft, dann immer genüsslicher ihre Bahnen
ziehen. Der Musiker beginnt, seinem Instrument Klänge zu entlocken. Der Raum
verändert sich. Der junge Mann beginnt zu entdecken, begibt sich auf eine Reise
durch Erfindungen, Phantasien, lässt sich treiben und überraschen von den
ungeahnten Möglichkeiten dieser Welt. Was erfinden die drei? Wohin reisen
wir mit ihnen?

„Drei Farben“ ist ein künstlerisches Ereignis, das mit der Wahrnehmung spielt.
 Der Performer bewegt sich in der Projektion der abstrakten, fließenden Muster
 auf der Wand und bespielt die Formen und Farben gemeinsam mit dem Publikum.
 Der Musiker begleitet auf analogen, selbstgebauten Schlaginstrumenten. Die
 jungen Zuschauer*innen können selbst aktiv werden und das Material erkunden.

                                                                                       „Drei Farben“ wurde von holtschulte / loos / schmitz / vogel in Koproduktion mit
                                                                                        dem Schauspiel Essen in der theaterpädagogischen Reihe „Das versteckte Zimmer“
                                                                                        entwickelt und ist nun auch am Theater Oberhausen zu sehen.

                                                                                       Christiane Holtschulte, Manuel Loos, Jasper Schmitz und Carolin Vogel verbindet
                                                                                       die Lust an der Improvisation, am Experiment und die Freude an der Theaterarbeit
                                                                                       für sehr junges Publikum. Die jungen Zuschauer*innen sind gleichberechtigte

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                                                                                       Spielpartner*innen und eine große Inspiration für das Theaterkollektiv, das anti-
                                                                                       hierarchische Arbeitsformen auf der Bühne erprobt.
(...) Mit den Kindern ins Theater gehen, ist wie mit ihnen ins
                                                   Restaurant gehen: Wir entscheiden uns für ein Restaurant.
                                                   Wir reservieren einen Tisch. Wir ziehen uns um. Wir sind
                                                   rechtzeitig da. Und vor allem, wir sind hungrig. Wer nicht
                                                   hungrig ist, stochert lustlos im besten Essen herum, wackelt
                                                   unruhig auf seinem Stuhl hin und her und ärgert sich darüber,
                                                   dass nicht aufgestanden wird, bis alle aufgegessen haben.
                                                   Wir sind hungrig, wir wählen ein Gericht aus und sind neu-
                                                   gierig auf einen neuen Geschmack. Vorsicht! In manchen
                                                   Restaurants gibt es die Seite mit Kindergerichten. Meistens
                                                   steht da: Nudeln mit roter Sauce, Fritten mit Ketchup oder
                                                   Mayonnaise, Fischstäbchen mit Püree, Knackwürstchen mit
                                                   Kartoffelsalat, dazu oft eine Cola oder süße Limonade gratis.
                                                   Vorsicht! Wer ins Restaurant geht, um dort zu essen, was er
                                                   immer isst, soll sich den Weg sparen. Wer ins Theater geht in
                                                   der Hoffnung, Altvertrautes, Bekanntes, Abgelutschtes oder
Ich stehe an der Frittenbude.                      Wiedergekäutes anzutreffen, dem fehlt die wichtigste Vor-
Ich sehne mich nicht nach einem Restaurant.        aussetzung; Hunger auf Neues, Unbekanntes, Fremdes. Um
Ich war noch nie im Restaurant.                    diesem Konflikt zu entgehen, verkaufen manche Theaterleute
Wie könnte ich mich also danach sehnen.            den Kindern und Jugendlichen lieber Fischstäbchen. Ich ver-
Ich gehe auch nicht hin. Ausgeschlossen.           trete die Auffassung, ihnen Fisch anzubieten und ihnen zu
Man erzählt, da sitzt man.                         erklären, wie man die Gräten vom Fleisch trennt. Frischer
Man sitzt an Tischen.                              Fisch ist viel gesünder als Fischstäbchen. Er enthält viele
Man isst mit Messer und Gabel.                     lebensnotwendige Stoffe, weil in ihm das Lebewesen sichtbar
Es soll sogar ein Restaurant in der Stadt          ist, und deshalb erzählt er uns auch mehr über das Leben im
geben, da isst man mit Stäbchen.                   Gegensatz zum Fischstäbchen, dessen Herkunft und Identität
Unvorstellbar. Unmöglich.                          bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt sind. Die Voraussetzung
Ich esse mit den Händen.                           ist aber immer Hunger, Hunger auf Neues (...).
Ein Bekannter hat mir erzählt, kaum saß er am
Tisch, kam noch jemand, den er nicht kannte,
fragte, ob er sich hinzusetzen dürfe, mein
Bekannter schaute zu den anderen Tischen
hinüber, die sind alle besetzt, was blieb ihm da
übrig, als „Ja“ zu sagen.
Ein Wildfremder. Am selben Tisch.
Ich stehe lieber.
Warum auch lange sitzen. Geht schneller so.
Im Stehen kann man keine Fritten mit Messer
und Gabel essen.
Da müsste man ja drei Hände haben.
Mit Stäbchen ist es ganz unmöglich.
Fritten mit Stäbchen essen.
Das fehlt gerade noch.
Ich gehe nicht ins Restaurant
Auch nicht, wenn's regnet.
Auch nicht im Winter.                                                     „Das Sehen lernen“ Referat von Regisseur und Autor Marcel Cremer,
Nie.                                                                      im Rahmen des Schultheaterfestivals „Spring auf!“, Luxemburg 2004
Premiere 3.11.2018                                                                                  von E.T.A. Hoffmann
                                                                                                    Bühnenfassung und Regie: Florian Fiedler
Großes Haus                                                                                         Bühne: Jens Burde
                                                                                                    Kostüm: Daniel Kroh
                                                                                                    Puppen: Dorothee Metz und Vanessa Valk
                                                                                                    Musik: Martin Engelbach
                                                                                                    Dramaturgie: Hannah Saar

Der Student Nathanael vermag das Trauma           Der erwachsene Nathanael kauft Coppola nun
seiner Kindheit nicht zu überwinden: Er meint     ein kleines Fernrohr ab, durch das ihm Olympia,
entsetzt, in dem Händler Coppola, der ihm         die Tochter des Professors Spalanzani, als un-
Baro­meter und Brillen verkaufen will, den        glaublich schön und tiefsinnig erscheint. Seine
Mann wiederzuerkennen, der die Schreckens-        Verlobte Clara gerät darüber in Vergessenheit.
gestalt seiner frühen Jahre und für den Tod       Als er erkennen muss, dass Olympia ein Automat
seines Vaters verantwortlich war: den Advokaten   ist, verfällt er dem Wahnsinn. Clara pflegt ihn
Coppelius. Geheime Experimente führten            und sein Wahnsinn scheint überwunden, bis er
dieser und Nathanels Vater bei ihnen zu Hause     mit ihr einen Turm besteigt und erneut durch
durch. Es hieß, die dröhnenden Schritte, mit      sein Fernrohr schaut ...
denen sich sein Kommen ankündigte, stammen
vom Sandmann, von dem die Mutter und die          Ausdruck von E.T.A. Hoffmanns Bedeutung
Kinder­frau oft furchteinflößend erzählten.       für die Entdeckung des Unbewussten ist ein
Eines Abends versteckte sich Nathanael in         Aufsatz von Sigmund Freud, des Begründers
dem Zimmer, in dem die unheimlichen Expe­         der Psychoanalyse, über „Das Unheimliche“, in
rimente durchgeführt wurden: Er wurde             dem Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“
entdeckt, Coppelius drohte, ihm glühende          (1816) das wichtigste Beispiel darstellt.
Kohlenstücke in die Augen zu streuen.

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Torsten Bauer   Andreas Weber
Premiere 24.11.2018                                     Überarbeitete Wiederaufnahme
                                              6+        der Inszenierung am Staats-
Großes Haus                                             schaupiel Hannover von 2016
                                                        von Johanna Spyri
                                                        Regie: Florian Fiedler
 Ja, Heidis Welt sind die Berge. Denn dort oben ist     Bühne: Maria-Alice Bahra
 sie zu Haus. Ihr Freund, der Geißenpeter, passt        Kostüm: Selina Peyer
 auf die Ziegen auf und ihr schlecht­gelaunter Groß­    Musik: Martin Engelbach,
 vater, der kauzige Almöhi, muffelt den ganzen Tag      Thomas Zander
 in seinen grauen, zotteligen Bart. Das ist das, was    Video: Bert Zander
 den meisten von uns zu Heidi einfällt. Aber warum      Dramaturgie: Sarah Lorenz,
 bewegt die Geschichte vom Waisenmädchen Heidi          Romi Domkowsky
 immer noch so viele Menschen auf der ganzen Welt?
„Heidi“ erzählt eine zeitlose Geschichte über Zu-
 gehörigkeit und Fremdheit, über Einsamkeit und
 Fremdbestimmung. Aber „Heidi“ handelt auch von
 Freundschaft und Loyalität zwischen Menschen
 unterschiedlicher Herkunft. Vor allem aber erzählt
„Heidi“ von einer unbedingten Liebe und Aufrichtig-
 keit, die mit allem Respekt Regeln zu sprengen weiß.
 Heidi ist eine Anarchistin der Liebe.

Ab November erwartet Sie Florian Fiedlers „Heidi“,
die in dem beeindruckenden und verzaubernden
Bühnenbild schon in Hannover viele Erwachsene
und Kinder berührt und amüsiert hat, im Theater
Oberhausen.

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Katharina Schnaubelt   Markus Althans
Premiere 30.11.2018                                            Regie: Ulrike Günther
                                                                                Ausstattung: Andreas A. Strasser
                 Saal 2                                                         Dramaturgie: Patricia Nickel-Dönicke

                                                                               Uraufführung des Gewinnerstücks
                                                                               des d.ramadan 2018

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                                          Da Autor*in und Titel erst nach Redaktionsschluss bekannt
                                            gegeben wurden, tragen Sie diese bitte hier selbst ein:

                  Während des d.ramadan 2018 haben wir an            „FORUM Text“ ist Teil des DRAMA FORUM, das
                  23 Abenden unterschiedliche Veranstaltungen 2002 gegründet wurde, und ist einer der beiden
                  erlebt. Sechs Autor*innen des „FORUM Text“ Arbeitsschwerpunkte von „uniT – Verein für
                  waren in dieser Zeit zu Gast in Oberhausen.         Kultur“ an der Karl-Franzens-Universität Graz.
                  Gemeinsam haben wir mit ihnen an noch               Das DRAMA FORUM unterstützt Autor*innen
                  unfertigen Stücken gearbeitet, sie während          mit einem zweijährigen künstlerischen Begleit-
                  des d.ramadan präsentiert und zur Diskussion        programm.
                  freigegeben.
                                                                      Das Gewinnerstück wird von Ulrike Günther
                  Bei Anna Morawetz konnte eine „Ballonfahrt“         inszeniert. Geboren 1989 in Greifswald, studierte
                  (AT) nicht zurückgegeben werden. Patrick            sie Regie am Institut Supérieur des Arts de
                  Rothkegel murmelte im Halbdunkel: „welcome to Spectacle (INSAS) in Brüssel, wo sie 2012
                  hell“ und „Arbeitstitel“. Laut Miroslava Svolikova ihren Abschluss machte. Sie arbeitete als Regie­-
                  waren „der sprecher und die souffleuse“ aber        assistentin am Nationaltheater Mannheim
                  schon anwesend und versuchten mit Maxi Zahn und am Schauspiel Hannover und besuchte
                 „auf schmalen Pfaden“ über die Bühne zu finden. die Masterclasses von Oliver Frjilic und Milo
                 „/sk m/“ schimpfte Claudia Tondl und meinte          Rau. Seit 2016 ist sie freischaffend u.a. für das
                  damit die Scheinwerfer, nicht den Scheinwerfer- Schauspiel Hannover, das Theater Aachen und
                  Bedienungsmenschen. Daraufhin sagte Luise           die Schauburg München tätig und arbeitet
                  Franz: „Pollesch wäre das nicht passiert“.          ebenfalls in Brüssel. Ihre Stücke sind meist
                                                                      Rechercheprojekte, basierend auf dokumenta-
                  Eines der sechs Stücke kommt nun zu seiner          rischen Materialien, die sich durch eine klare
                  Uraufführung. Das Publikum hat mitentschieden. Erzählweise auszeichnen.

                 Schauen Sie nach, wie die Wahl ausfiel:

                                                                                                                 45
                 www.theater-oberhausen.de
Gioele Licitra
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