Damit die "Spanische Grippe" nicht zurückkehrt
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Gesundheit Vogelgrippe Damit die «Spanische Grippe» nicht zurückkehrt Im Gegensatz zur Grippewelle von 1918 verfügt die Schweiz Grippe-Pandemie in den Jahren 1918/ 1919, der so genannten «Spanischen Grip- heute über einen Influenzapandemieplan. Obwohl das Risiko der pe». Weltweit wurden 20 bis 50 Millionen, Übertragung des Vogelgrippe-Virus von Mensch zu Mensch ge- in der Schweiz über 24 000 Tote gezählt, zumeist junge Personen [2]. Zu Beginn der ring ist, haben die Spitäler Notfallszenarien entwickelt und sich Epidemie wusste man wenig von den mit Schutzmaterial ausgerüstet. Übertragungswegen und der Ansteckungs- gefahr. Noch am 4. Juli 1918 stand in den CARLO COLOMBO den Todesanzeigen, «...letzte Nacht als Op- «Glarner Nachrichten» wie in anderen fer ihres Berufes eingeschlafen», wie zum Schweizer Blättern: «Die Krankheit hat ei- « A N D E R E Industrielle hingegen stifte- Beispiel in jener von Gemeindeschwester nen sehr gutartigen Charakter, sodass jede ten Geld zur Anstellung neuer Kranken- Anna Peter aus Ennenda. [1] Beunruhigung der Bevölkerung zwecklos schwestern, die die Seuche aber mitunter Nur wenige Personen erinnern sich ist. Die spanische Krankheit verläuft nach gleich selber traf, ebenso wie Sanitäter heute noch oder sind Zeitzeugen aus der den sorgfältigen Feststellungen des eidg. oder Ärzte im Dienst. So stand jeweils in uns bekanntesten und tragisch verlaufenen Gesundheitsamtes in etwa vier Tagen, sie Damit sie bei Verdachtsfällen von Vogelgrippe-Erkrankungen vorbereitet sind, haben sich viele Spitäler mit Schutzmaterial aus- gerüstet und Notfallszenarien entwickelt. Foto: Siliva Märki, USZ 10 K r a n k e n p f l e g e 6/2006 Soins infirmiers
Gesellschaft Pandemien – Schreckensszeniarien zwischen Angst und Faszination beginnt mit Kopfweh und relativ hohem «Die Pest hatte alles und alle ver- Prävention immer auch die Funktion Fieber, die langsam wieder abflauen» [1]. schlungen. Es gab keine individuel- der Beruhigung zukommt, weil sie Auch wurden exponierte Personen wie len Schicksale mehr, nur noch ein die Gewissheit vermitteln, dass aktiv betreuende Familienmitglieder oder Pfle- kollektives Schicksal, geschaffen etwas zum Schutz von den drohen- ge- und Arztpersonen kaum wirksam ge- durch die Pest und die Gefühle, die den Gefahren unternommen wird schützt. durch alle geteilt wurden.» – Albert (Hafen 2005). Camus’ Beschreibung des Ausbruchs Natürlich profitieren nicht nur die Grippen gibt es seit jeher einer Pestepidemie geht unter die Massenmedien und die Prävention Haut. Das Buch vermittelt einen Ein- von der Angst, aber auch der Faszi- Die erste Erwähnung einer Grippe druck davon, was die Menschen zur nation, welche drohende Epidemien stammt von Hippokrates, etwa um 412 v. Zeit der Pestepidemien im ausgehen- oder andere Schreckenszenarien Chr. Die erste wissenschaftliche Beschrei- den Mittelalter und während der (z. B. Terroranschläge) ausüben. So- bung einer Grippepandemie in Mitteleuro- Typhus- und Cholera-Epidemien im bald eine persönliche Betroffenheit pa stammt aus dem Jahr 1580. Weitere 19. Jahrhundert durchmachten. nicht mehr kategorisch auszusch- Grippepandemien im 20. Jahrhundert, mit Der Erfolg von Camus’ Buch ist ein liessen ist, steigt die Alarmbereit- weitaus weniger Toten als 1918, fanden in Indiz dafür, dass die grossen Seu- schaft weiter Teile der Bevölkerung. den Jahren 1957 und 1968 statt. chen im öffentlichen Bewusstsein Das erhöht nicht nur nur die Emp- Eine Pandemie ist die weltweite Aus- immer noch präsent sind. Natürlich fänglichkeit für präventive Botschaf- breitung einer Krankheit, die die gesamte sind es nicht nur literarische oder fil- ten wie in den ersten Jahren der Bevölkerung betrifft. Eine Pandemie kann mische Aufarbeitungen von Seuchen Aids-Epidemie, sondern vergrössert entstehen, wenn ein dem menschlichen (wie im Film «Outbreak» von Wolf- auch die Bereitschaft, für den eigenen Immunsystem unbekanntes, neuartiges gang Petersen), welche die Angst vor Schutz Geld auszugeben – ausver- Virus auftritt, dass von Mensch zu Mensch neuen Epidemien oder gar lokal kaufte Atemschutzmasken oder leere übertragbar ist. Ob uns eine weitere Pan- nicht begrenzbaren Pandemien Tamiflu-Regale sind da nur zwei Bei- demie, die zweite des 21. Jahrhunderts, schüren. Die Älteren unter uns ha- spiele. bevorsteht, weiss niemand mit Sicherheit ben die «Spanische Grippe» noch Schliesslich wäre eine These des (Sars im Jahre 2003 kann als die erste selbst erlebt und viele haben durch britischen Soziologen Anthony Giddens bezeichnet werden, vgl. Zweittext S. 14). Angehörige Geschichten über dieses (1990) zu prüfen. Er geht davon aus, Experten der Weltgesundheitsorganisation Virus gehört (vgl. Haupttext). Ist es dass die apokalyptischen Visionen (WHO) und anderer Organisationen rech- diese kollektive Erinnerung alleine, neuer Epidemien ein Ausdruck der nen damit. Sars hat uns vor drei Jahren welche die immense Besorgnis her- Orientierungslosigkeit der modernen eine neue Bedrohung gebracht. Sars hat vorruft, die in den letzten Monaten Gesellschaft sind, die durch den uns gelehrt, Wege und Mittel zu finden, uns durch die Vogelgrippe und vor weni- Zerfall traditioneller Sicherheiten wie und andere Personen vor Ansteckung zu gen Jahren durch Sars oder BSE aus- familiärer Werte zu erklären sei. schützen. Eine Ausbreitung konnte dank gelöst wurde? – Es ist zu vermuten, Wenn der eigene Körper zum letzten zum Teil drastischen Schutzmassnahmen dass die Angst erzeugenden Mecha- Ort wird, über den das Individuum in eingedämmt werden. nismen weit komplexer sind. Eine einer globalisierten Welt Kontrolle entscheidende Rolle spielen sicher ausüben kann, dann steigt die Bedeu- Krankheitsausbreitung die Massenmedien. Sie sorgen in im- tung der Gefährdung dieses Körpers – mer kürzer werdenden Abständen und damit die Angst und die Faszina- Nachstehend soll nun die Frage aufge- dafür, dass wir über jeden berich- tion vor Schreckensszenarien wie griffen werden, welche Möglichkeiten Pfle- tenswerten Vorfall auf diesem Plane- Pandemien. gefachpersonen in den Spitälern in der ten innert kürzester Zeit informiert Martin Hafen Betreuung von an aviärer Influenza er- werden (Luhmann 1996), und sie krankten Patienten haben und welche bewirken mit ihrer Präferenz für Hilfsmittel hierbei zur Verfügung stehen. negative Meldungen eine öffentliche Martin Hafen, Soziologe Dr. phil., arbeitet als Dozent und Projektleiter in der HSA Luzern und als Im Jahr 1997 wurde das H5N1-Virus Risiko-Sensibilisierung, die oft in Lehrbeauftragter an der Universität Luzern. Er ist (vgl. Kasten S. 13) erstmals bei einem keinem Verhältnis zu der wirklichen Co-Leiter des MAS-Programm Prävention & Ge- Menschen isoliert. Bei diesem Ausbruch in Gefährdung steht (Singer/Endreny sundheitsförderung an der HSA Luzern (nähere Informationen unter www.hsa.fhz.ch/masp). Das Hongkong (China) erkrankten insgesamt 1987). Vor diesem Hintergrund lässt Verzeichnis der verwendeten Literatur ist beim 18 Erwachsene und Kinder. In sechs Fällen sich die These formulieren, dass der Autor erhältlich. Kontakt: mhafen@hsa.fhz.ch. verlief die Infektion tödlich. Im Februar K r a n k e n p f l e g e 6/2006 Soins infirmiers 11
Gesundheit schürzen, Handschuhe, Bril- len usw.) gekauft, welches bei Bedarf an die Mitarbei- tenden der einzelnen Institu- tionen abgegeben wird. Strategie der Spitäler Viele Spitäler verfügen über Notfallszenarien bei Verdachtsfällen, das heisst bei Abklärung von Einzelfäl- len, wie auch über Pläne im Pandemiefall. Das Prozedere stützt sich auf die Empfeh- lungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Das Vor- An der «Spanischen Grippe» Erkrankte in Biel: Der Pandemie von 1918/19 fielen auffallend viele jün- gehen bei Verdacht auf eine gere Menschen zum Opfer. Foto: Archiv für Zeitgeschichte, ETH Zürich mögliche Erkrankung an aviärer Influenza tritt in 2003 wurde in der südchinesischen Pro- ten Mensch-zu-Mensch-Übertragungen Kraft, wenn folgende Symptome vorliegen: vinz Guangdong bei einem Knaben und als möglich [3–5]. In keinem dieser Fälle a) Personen mit Fieber (über 38° C), inklusive dessen Vater das Virus Influenza A (H5N1) kam es in der Folge zu Übertragungen auf mindestens einem der folgenden Krank- isoliert. Der Vater verstarb an den Folgen weitere Personen. heitszeichen: Husten, Atembeschwerden, einer Lungenentzündung. Seit dem Aus- Halsschmerzen, Durchfall und b) Perso- bruch der Vogelgrippe in Ostasien ist bei Ansteckungsrisiken nen, welche innerhalb der letzten sieben insgesamt 194 Personen in Kambodscha, Tage direkten Kontakt mit erkrankten Indonesien, Thailand, Vietnam, China, Eine potentielle Gefahr liegt darin, dass Wildvögeln oder deren Ausscheidungen Türkei, Irak, Aserbaidschan und in Ägyp- sich das Virus im Verlaufe der Zeit verän- hatten (bei Tieren mit Laborbestätigung ten eine Infektion mit Influenza A H5N1 dert, an den Menschen adaptiert und somit auf H5 oder mit hohem Verdacht auf aviäre beim Menschen nachgewiesen worden. leicht durch Tröpfchen von Mensch zu Influenza A H5N1). Davon sind 109 (56,1%) Personen gestor- Mensch übertragen wird. Molekularbiolo- Die betroffene Person wird in einem Ein- ben. Das Vogelgrippevirus hat sich nicht gische Untersuchungen haben gezeigt, zelzimmer isoliert. Dort werden zur labor- nur in Asien weiter verbreitet, sondern ist dass sich das Virus im Verlauf der letzten diagnostischen Abklärung auf H5N1 unter mittlerweile auch in Europa und Afrika Monate genetisch verändert hat. Zurzeit Anwendung des Personalschutzes zwei angekommen (in 48 Ländern), so dass von bestehen aber keine eindeutigen Anhalts- Nasen- und Rachenabstriche abgenom- einer H5N1-Influenza-Pandemie beim Ge- punkte, dass das Vogelgrippevirus in Rich- men. Die Ergebnisse sollten innerhalb 24 flügel ausgegangen werden muss. Am 26. tung einer leichteren Übertragbarkeit vom bis maximal 72 Stunden vorliegen. Sollte Februar 2006 wurde das Virus erstmals in Geflügel auf den Menschen und von Person sich der Verdacht nicht bestätigen, kann einem verendeten Gänsesäger (Wasservo- zu Person mutiert hätte. Dieses Risiko wird der Patient aus der Isolation entlassen gel) in Genf nachgewiesen. heute als äusserst gering eingeschätzt. werden. Erkrankte Einzelpersonen oder Personen in Abklärung dürfen nicht zu- Übertragungswege Strategie in der Schweiz sammengelegt werden; erst im Fall einer Pandemie kommt das in Frage. Eine Un- Eine Ansteckung erfolgt in der Regel Im Gegensatz zur Grippewelle von 1918, terbringung in Zimmer mit Unterdruck, durch direkten Kontakt mit erkranktem wo keine vergleichbare gesamtschweizeri- wie dies bei Sars angezeigt war, ist bei der Geflügel und deren respiratorischen Se- sche Strategie zur Verfügung stand, verfügt aviären Influenza nicht notwendig, weil kreten und Exkrementen, zum Beispiel die Schweiz heute über einen nationalen die primäre Übertragungsart der Influenza beim Schlachten. Die Übertragung von Influenzapandemieplan. Dieser richtet eine Tröpfchenübertragung ist. Ein Einer- Mensch zu Mensch ist vorerst unwahr- sich in erster Linie an Personen, die im Ge- zimmer mit Schleuse oder ein reguläres scheinlich. Einige mögliche isolierte Fälle sundheitswesen tätig sind [2]. Die daran Einzelzimmer, das mit einer Nasszelle aus- bei engem Kontakt wurden beobachtet. Im partizipierenden Kantone erstellen zusätz- gestattet ist, ist jedoch aus organisatori- Jahr 1997 kam es in Hongkong zu einer lich für ihr Hoheitsgebiet entsprechende schen Gründen vorteilhaft. bestätigten Übertragung zwischen einer operationelle Pläne, für deren Umsetzung erkrankten Person und dem behandeln- die kantonalen Gesundheitsbehörden ver- Medikamentöse Behandlung den Arzt. Bei Erkrankungen innerhalb antwortlich sind. Zudem haben die Kanto- zweier Familien in Thailand (September ne, aber auch einzelne Spitäler, Schutz- Die Schweiz verfügt über eine Reserve 2004) und in Vietnam (Februar 2004) gel- material für Mitarbeitende (Masken, Über- des antiviralen Medikaments Tamiflu für 12 K r a n k e n p f l e g e 6/2006 Soins infirmiers
25 Prozent der Bevölkerung. Dies sollte Verdachtsfall von H5N1 publiziert [6]. Dar- genügen, um alle erkrankten Personen zu in sind die Kriterien für einen Verdachts- Verschiedene Typen behandeln und um die Prophylaxe bei me- fall, sowie die Massnahmen zur Prävention dizinischen Mitarbeitenden sicherzustel- und Infektionskontrolle bei der ambulan- Grippe-Viren und len, falls das Virus beim Menschen auftre- ten Erstbetreuung, wie auch bei der sta- aviäre Influenza ten würde. Diese Reserve entspricht den tionären Betreuung skizziert. Angesichts Empfehlungen der Weltgesundheitsorga- der Schwere der respiratorischen Be- Die Influenza, im Volksmund Grip- nisation, die auf dem Verlauf früherer Pan- schwerden, der sehr hohen Sterblichkeits- pe genannt, ist eine seit Jahrhunder- demien beruhen. rate und des Risikos, dass das Virus zu ten beim Menschen bekannte Infek- einem potentiellen Pandemiestamm mu- tionskrankheit, welche hauptsäch- Impfungen tiert, sind die generellen Vorsichtsmass- lich in den Wintermonaten auftritt. nahmen durch zusätzliche Schutz- und Es gibt verschiedene Typen von In- Im August 2005 wurde eine Ausschrei- Isolationsmassnahmen ergänzt worden. Die fluenzaviren: Influenza A, B und C, bung für den Kauf von 100 000 Dosen anzuwendenden Isolationsmassnahmen ent- wobei die Influenza A- und B-Viren Impfstoff gegen das Influenza-A-Virus sprechen somit einer Kontakt-, Tröpfchen- beim Menschen die wichtigste Rolle (H5N1) lanciert. Mit diesem Impfstoff, der und einer aerogenen Isolation. spielen. Das primäre Reservoir aller zurzeit entwickelt wird, können diejenigen Alle Mitarbeitende, die an der Betreuung Influenza A-Viren liegt im Wasserge- Personen geschützt werden, die dem des Patienten beteiligt sind, müssen fol- flügel. Das Influenza A-Virus ist der H5N1-Virus ausgesetzt sind, wie medizini- gende Schutzbekleidung vor Betreten des häufigste Erreger von Epidemien sche Mitarbeitende und Personen, die Kon- Raumes tragen: Schutzbrille, Schutzmaske und Pandemien. Im Allgemeinen takt mit infiziertem Geflügel haben. (FFP2), nichtsterile Einweghandschuhe, werden die Influenza-A-Viren nach Ein Impfstoff, der im Fall einer Pande- nichtsterile Einwegschürze. Bei Interven- bestimmten Oberflächeneigenschaf- mie (mit verändertem Virus) eingesetzt tionen, bei denen Aerosole entstehen kön- ten in Subtypen eingeteilt. Die wich- werden kann und der an die gesamte Be- nen, wie zum Beispiel beim Absaugen, bei tigsten Oberflächenantigene beim völkerung abgegeben wird, ist noch nicht der Intubation usw. kann auch eine FFP3- Influenza-A-Virus sind die Hämag- verfügbar. Mit der Produktion eines sol- Maske getragen werden. Bei Bartträgern glutinine (H1, H2, H3, H5 seltener chen Impfstoffes kann erst beim ersten ist darauf hinzuweisen, dass das Anpassen H7 und H9) und die Neuraminidase Auftreten des (mutierten) Pandemievirus und somit die Dichtigkeit von FFP-Masken (N1, N2, seltener N7). Während der angefangen werden. Der Herstellungspro- nicht vollständig gewährleistet ist. Grund- «Spanischen Grippe» zirkulierte bei- zess wird mehrere Monate in Anspruch sätzlich kann der Ablauf einer Isolation spielsweise das H1N1, während der nehmen. eines Patienten mit (Verdacht) auf eine asiatischen Grippe 1957 das H2N2- Ein Hinweis zur saisonalen Grippe: aviäre Influenza mit der Isolation eines Pa- und während der Hongkong-Grippe sämtliche Personen, die in einer medizini- tienten mit einem multirestistenten Keim 1968 das H3N2-Virus. schen Einrichtung arbeiten, wo Patienten verglichen werden, was das Ein- und Aus- Das heute zirkulierende Vogel- betreut werden, sollten jedes Jahr mit der schleuseprozedere, sowie die Ver- und Ent- grippevirus mit dem Subtyp H5N1, Impfung gegen die saisonale Grippe immu- sorgung von Wäsche und Abfällen betrifft. verantwortlich für die aviäre Influ- nisiert werden. Ziel ist die Verringerung Sofern die empfohlenen Schutzmassnah- enza, wird vor allem bei Wasser- der Gefahr, dass sich eine Person gleich- men von den Betrieben und den darin vögeln und Hühnern gefunden. zeitig mit dem menschlichen Influenza- tätigen Personen korrekt umgesetzt sind, Veterinärmedizinisch wird dafür virus und mit dem Vogelgrippevirus infi- besteht ein guter Infektionsschutz. Somit der Begriff Geflügelpest verwendet. ziert. Eine solche Konstellation könnte zur muss sich niemand fürchten, sich einer Die Vogelgrippe kann beim Geflügel Folge haben, dass ein potentieller Pande- realen Infektionsgefahr ausgesetzt zu ha- zwei Erkrankungsformen auslösen. miestamm entsteht. Im Weiteren vermin- ben. Die zurzeit zirkulierenden Virus- dert die Impfung die Wahrscheinlichkeit stämme des Subtypes H5N1 gelten einer saisonalen Grippe und somit eines Postexpositionsprophylaxe als hochpathogene Form. Übertra- falschen Verdachtes auf H5N1. gungen sind in Einzelfällen auch auf Alle Personen, die möglicherweise ge- Zootiere (Tiger, Leoparden), Schwei- Patienten- genüber dem Influenzavirus A (H5N1) ne, Hauskatzen und Menschen vor- exponiert worden sind, müssen ihren Ge- gekommen. Die Geflügelpest wurde und Personalschutz sundheitszustand während sieben Tagen erstmals 1878 in Italien beobachtet In der momentanen Situation, in der das nach der Exposition aufmerksam verfolgen [1]. In der Schweiz ist seit 1930 Influenza-Virus H5N1 eine Erkrankung und dabei die Körpertemperatur ein Mal kein Ausbruch dieser meldepflich- von Vögeln verursacht, ist das Risiko einer pro Tag messen. Sämtliche Personen, die tigen Tierseuche festgestellt wor- Übertragung von Mensch zu Mensch äus- ohne Schutzmassnahmen mit einem be- den. serst gering. Bis anhin sind keine Übertra- stätigten Fall von aviärer Influenza A gungen von Wildvögeln auf den Menschen (H5N1) mit weniger als einem Meter Dis- [1] Perroncito C. E.: [it. Typhoid epizootic in gallinaceous birds.] Epizoozia tifoide nei belegt. Trotzdem hat das BAG am 14. März tanz in Kontakt gekommen sind, sind pro- gallinacei. Torino: Annali Accademia 2006 eine weitere Version der provisori- phylaktisch mit Oseltamivir (Tamiflu) zu Agricoltura 1878; 1:87–126. schen Empfehlungen zum Vorgehen bei behandeln, eine Kapsel pro Tag über zehn K r a n k e n p f l e g e 6/2006 Soins infirmiers 13
Gesundheit Tage. Eine Prophylaxe vor einer Expo- sition, das heisst zum Beispiel vor Arbeitsantritt auf einer designierten Station, ist im gegenwärtigen Kontext nicht angezeigt. ■ Carlo Colombo, RN, MPH, ist Präventions- berater und Hygienefachberater am Univer- sitätsspital Zürich, in der Klinik für Infek- tionskrankheiten & Spitalhygiene. Der Autor hat diesen Beitrag im Rahmen seiner Arbeit (Präsident) im SBK-Observato- rium Infektionskrankheiten verfasst. Kontakt: carlo.colombo@usz.ch Für detaillierte Informationen zur Lage in der Schweiz, inklusive der Hotline des BAG, des veterinär-medizinischen Dienstes sowie bezüglich der internationalen Lage: Bundesamt für Gesundheit: http://www.bag.admin.ch/d/, http://www.bag.admin.ch/infekt/vogelgrippe/ d/index.htm, Tel.-Hotline 031 322 21 00. Bundesamt für Veterinärwesen: http://www.bvet.admin.ch/ World Health Organization (WHO): http:// www.who.int/csr/disease/avian_influenza/en/ Europäische Union (EU): http://europa.eu.int/comm/health/ph_threats/ com/Influenza/influenza_en.htm Literatur [1] Aus der Glarner Chronik 1918 zur Spani- schen Grippe, auch «die Spanierin» ge- nannt: Beglinger M. Die tödliche Spanierin. Tages Anzeiger Magazin 2006; 13:18–26. [2] Bundesamt für Gesundheit: Abteilung Epi- demiologie und Infektionskrankheiten. In- fluenzapandemie: Analyse und Empfeh- lungen für die Schweiz – Ein Bericht der Arbeitsgruppe Influenza (Pandemieplan). März 2005. [3] Buxton Bridges C., Katz J. M., Seto W. H., Chan P. K., Tsang D. et al.: Risk of influenza A (H5N1) infection among health care wor- kers exposed to patients with influenza A (H5N1), Hong Kong J Infect Dis. 2000; 181:344–8. [4] Tran T. H., Nguyen T. L., Nguyen T. D., Luong T. S., Pham P. M. et al.: WHO International Avian Influenza Investigative Team. Avian influenza A (H5N1) in 10 patients in Viet- nam. N Engl J Med. 2004; 350:1171–2. [5] Ungchusak K., Auewarakul P., Dowell S. F., Kitphati R., Auwanit W. et al.: Probable person-to-person transmission of avian in- fluenza A (H5N1). N Engl J Med. 2005; 352:333–40. [6] Bundesamt für Gesundheit: Provisorische Empfehlungen zum Vorgehen bei einem Verdachtsfall von aviärer Influenza A H5N1. Stand am 14. März. 2205. Bulletin BAG 2006; 12:205–210. www.sbk-asi.ch ❯ Vogelgrippe ❯ Pandemie ❯ Prävention 14 K r a n k e n p f l e g e 6/2006 Soins infirmiers
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