Das Arbeitszeugnis -Die häufigsten Fragen- 1. Was ist ein "einfaches" Arbeitszeugnis?

Die Seite wird erstellt Santiago Bühler
 
WEITER LESEN
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-

                    1. Was ist ein "einfaches" Arbeitszeugnis?
                       Das einfache Zeugnis enthält keine Angaben über Führung und
Karsten Hartdegen

                       Leistung. Aufgeführt werden die Personalien und die Dauer der
                       Beschäftigung. Die übertragenen Arbeiten müssen exakt aufgegliedert
                       werden. Zu beachten ist, dass sie wertfrei sind.
                       Ein zukünftiger Arbeitgeber muss sich ein genaues Bild über die
                       Beschäftigung anhand dieser Auflistung machen können.

                    2. Was ist ein "qualifiziertes" Arbeitszeugnis?
                        Neben Personalien und Dauer der Beschäftigung muss das qualifizierte
                        Zeugnis (im Gegensatz zum einfachen Zeugnis) eine Beurteilung der
                        Führung und Leistung enthalten.
                        Selbst wenn der Arbeitnehmer sich für ein einfaches Zeugnis
                        entscheidet, hat er weiterhin Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis.

                                                                                                 1
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-

                    3. Woran erkenne ich die Note meines Zeugnisses?
                    Was nur wenige wissen:
                    Ein Zeugnis vergibt bis zu 13 Einzelnoten.
Karsten Hartdegen

                    Zur Wertung stehen zunächst
                    (1) die Motivation bzw. Arbeitsbereitschaft,
                    (2) die Fähigkeiten,
                    (3) die Kenntnisse,
                    (4) die Arbeitsweise,
                    (5) der allgemeinen Erfolg sowie
                    (6) der besondere Erfolg, also Erfolgsbeispiele.

                                                                       2
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-
                    Bei Führungskräften kommt noch
                    • (7) die Führungsleistung hinzu, das ist insbesondere die Motivierung
                        der unterstellten Mitarbeiter.
Karsten Hartdegen

                    Diese sieben einzelnen Leistungsaspekte werden in der so genannten
                    "Leistungszusammenfassung" mit dem Grad der Zufriedenheit zu einer
                    Gesamtnote zusammen gefasst (8).

                    Anschließend wird das Verhalten bewertet, und zwar unterteilt nach
                    (9) dem Verhalten zu Internen (Vorgesetzte, Kollegen) und
                    (10) zu Externen (Kunden, Geschäftspartner).
                    Weiterhin kann (11) das "sonstige Verhalten" erwähnt werden, das sind
                    spezielle Aspekte wie die Loyalität, die Verhandlungsstärke, die Ehrlichkeit
                    bei Kassieren, usw.
                    Abschließend folgt der Beendigungsgrund (ohne Wertung) mit (12) einer
                    Dankes- und Bedauernsformel sowie als letzter Aspekt (13) die Zukunfts-
                    und Erfolgswünsche.

                                                                                                   3
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-

                    Die Gesamtnote lässt sich nun am Einfachsten bestimmen:

                    • "Er/Sie erledigte alle Aufgaben zu unserer Zufriedenheit" (Gesamtnote
Karsten Hartdegen

                      4);
                    • "Er/Sie erledigte alle Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit"
                      (Gesamtnote 3);
                    • "Er/Sie erledigte alle Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit"
                      (Gesamtnote 2);
                    • "Er/Sie erledigte alle Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit"
                      (Gesamtnote 1).

                                                                                                 4
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-

                    Hier zeigt sich schon das Grundprinzip der Notenvergabe:
                    • Für eine gute Leistung müssen die Aussagen durch Adverbien (stets,
                       jederzeit, immer, sehr) und Adjektive (hoch, voll, groß,
Karsten Hartdegen

                       überdurchschnittlich) aufgewertet werden.
                    • Für eine schlechte Leistung haben die Adverbien und Adjektive
                       hingegen eine abwertende Funktion, z.B.:
                       "Er/Sie erledigte alle Aufgaben in der Regel zu unserer Zufriedenheit"
                       (Gesamtnote 5).

                    Ähnlich werden auch die oben genannten Einzelnoten vergeben, z.B.
                    • "Er/Sie war immer äußerst engagiert" (Arbeitsbereitschaft Note 1);
                    • "Er/Sie war immer engagiert" (Arbeitsbereitschaft Note 2);
                    • "Er/Sie war engagiert" (Arbeitsbereitschaft Note 3);
                    • "Er/Sie war durchaus engagiert" (Arbeitsbereitschaft Note 4);
                    • "Er/Sie war im Allgemeinen engagiert" (Arbeitsbereitschaft Note 5).

                                                                                                5
Das Arbeitszeugnis
                    -Die häufigsten Fragen-

                    Soweit zum Grundprinzip der Notenvergabe, das hier natürlich vereinfacht
                    dargestellt ist.
Karsten Hartdegen

                    Denn schon aus stilistischen Gründen kann nicht jeder einzelne Begriff
                    massiv aufgewertet sein.

                    Es zählt letztlich der Gesamteindruck!

                    Für eine Zeugnisanalyse oder die Erstellung eines Zeugnisses sind daher vor
                    allem eine weit reichende Erfahrung im Umgang mit Zeugnissen und ein
                    überdurchschnittliches Sprachgefühl erforderlich.

                                                                                                  6
4. Gibt es wirklich eine Zeugnis-Geheimsprache bzw. einen
                    "Geheimcode"?
                    Oft hört man, dass jeder Arbeitnehmer ein "Recht auf ein gutes Zeugnis"
                    hätte, wenn er ein Unternehmen verlässt.
                    Und aus Ärger über diese "Schönfärberei" habe sich vor vielen Jahren eine
                    "Geheimsprache" entwickelt, mit der Arbeitgeber sich in Zeugnissen
Karsten Hartdegen

                    "zwischen den Zeilen" über die wahre Leistung eines Zeugnisempfängers
                    informieren. Exkurs → Geheimcodes – Gibt es sie doch noch?

                    Beides ist falsch.

                    Denn die vielfach in Gewerkschaftszeitungen kursierenden "Geheimcodes"
                    sind verboten.
                    Und jeder Arbeitnehmer hat nur ein Recht auf ein ebenso wahres wie
                    wohlwollendes Arbeitszeugnis.

                    "Wohlwollend" heißt lediglich, dass der Arbeitgeber sich bei der
                    Zeugnisschreibung auf die Stärken eines Arbeitnehmers konzentrieren soll,
                    nicht auf die Schwächen.

                                                                                                7
5. Wie ist ein qualifiziertes Zeugnis aufgebaut?

                    Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis besteht in der Regel aus sechs Abschnitten:
                    a) Die Einführung:
                    "Frau/Herr Mustermann trat am (...) in unser Unternehmen ein."
Karsten Hartdegen

                    b) Die berufliche Entwicklung im Unternehmen:
                    "Frau/Herr Mustermann wurde im Laufe ihrer/seiner beruflichen
                    Entwicklung als (...) und (...) eingesetzt.„

                    c) Die Stellenbeschreibung der zuletzt ausgeführten Tätigkeit.

                    d) Die Leistungsbeurteilung mit Angaben zu Arbeitsbereitschaft,
                    Arbeitsbefähigung, Wissen und Weiterbildung, Arbeitsweise,
                    Arbeitserfolgen sowie der für die Note entscheidenden
                    Leistungszusammenfassung:
                    "Frau/Herr Mustermann führte die ihr/ihm übertragenen Aufgaben
                    jederzeit zu unserer vollen Zufriedenheit aus."

                                                                                                    8
5. Wie ist ein qualifiziertes Zeugnis aufgebaut?

                    e) Das persönliche (soziale) Verhalten:
                    "Ihr/Sein Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war
                    jederzeit vorbildlich. Als Mitarbeiter/in können wir sie/ihn sehr
                    empfehlen.„
Karsten Hartdegen

                    f) Die Schlussformulierung mit der Angabe von Gründen für die Beendigung
                    des Arbeitsverhältnisses, sowie eventuell mit einer Dankens- oder
                    Bedauernsformel und Zukunftswünschen.

                                                                                               9
6. Wer muss das Zeugnis unterschreiben?

                    • Arbeitszeugnisse müssen nicht vom Chef persönlich unterzeichnet
                      werden.
                    • Es genüge die Unterschrift eines Vertreters des Arbeitgebers, der dem
                      Unternehmen angehört, urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
Karsten Hartdegen

                    • Allerdings müsse im Zeugnis deutlich werden, dass dieser Vertreter dem
                      Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt war (Az.: 9 AZR 392/00).

                    Ist ein Arbeitnehmer direkt der Geschäftsleitung unterstellt gewesen,
                    müsse ein Mitglied der Geschäftsleitung das Zeugnis ausstellen, so die
                    Richter am höchsten deutschen Arbeitsgericht.

                    In dem Zeugnis muss der Unterzeichnende außerdem auf seine Position als
                    Mitglied der Geschäftsleitung hinweisen.

                                                                                               10
7. Wie lange nach Erhalt des Zeugnisses kann ich den Arbeitgeber zur
                    Korrektur auffordern?

                    • Wer binnen eines Jahres nach Erhalt eines Arbeitszeugnisses zwar
                      Kontakt zum Arbeitgeber hat, diesen aber nicht zur Zeugniskorrektur
                      auffordert, kann in der Regel später keine Berichtigung mehr fordern.
                      Quelle: Landesarbeitsgericht Köln, Az. 13 Sa 1050/99
Karsten Hartdegen

                    8. Besteht bei nachweislich guter Leistung ein Anspruch auf die
                    Formulierung "Wir bedauern das Ausscheiden"?

                    • Schlussformeln werden in Zeugnissen zwar vielfach verwendet. Ein
                      Anspruch hierauf besteht aber nicht.
                    • Nach § 630 BGB (ebenso nach § 73 HGB und § 113 GewO) hat der
                      Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
                      ein Zeugnis über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über
                      Führung und Leistung zu erteilen.
                    • Das Zeugnis ist so zu formulieren, dass es aus sich heraus verständlich
                      ist.
                    • Es darf deshalb keine "Geheimzeichen" enthalten, aus denen sich eine
                      Distanzierung des Arbeitgebers vom Zeugnistext ergibt.
                                                                                                11
9. Was ist zu tun, wenn der Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Zeugnisses
                    nicht einverstanden ist ?

                    Sie haben Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, in dem Ihre
                    Tätigkeiten (bis auf Unwesentlichkeiten abgesehen) umfassend
                    widergegeben und Ihre Leistung und Führung gerecht beurteilt wird.
Karsten Hartdegen

                    Erfüllt das Arbeitszeugnis Ihrer Ansicht nach diese Anforderungen nicht und
                    scheitern auch Versuche der gütlichen Einigung mit dem Arbeitgeber, so
                    können Sie Ihren Anspruch auf Berichtigung gerichtlich durchsetzen.

                    Dabei ist es bei einem unterdurchschnittlichen Arbeitszeugnis so, dass Ihr
                    Arbeitgeber beweisen muss, dass die Beurteilung zutreffend ist.

                    Verlangen Sie hingegen eine überdurchschnittliche Beurteilung (gut oder
                    sehr gut), dann müssen Sie darlegen und beweisen, dass Ihre tatsächlichen
                    Leistungen diese Beurteilung rechtfertigen.

                                                                                                  12
10. Welches Format muss das Zeugnis haben?

                    • Da das Zeugnis dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dienen
                      soll, muss das äußere Format entsprechend sein.
                    • Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm das Zeugnis auf sauberem
                      Papier erstellt wird - regelmäßig im Format DIN A 4, es sei denn in der
                      jeweiligen Branche ist ein anderes Format üblich.
                    • Technisch einwandfrei hergestellte Kopien sind aber zulässig, wenn sie
Karsten Hartdegen

                      original unterschrieben sind. Quelle: LAG Bremen, NZA 1989, 848.

                    11. Schadet ein gefaltetes Zeugnis den Gesamteindruck?

                    • Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht ist es
                      zulässig, das Zeugnis zum Zwecke der Verwendung zu falten. BAG-Urteil
                      vom 21. September 1999 - 9 AZR 893/98 - Vorinstanz: Hessisches LAG,
                      Urteil vom 24. September 1998 - 5/3 Sa 547/98, anders noch LAG
                      Hamburg, NZA 1994, 890

                                                                                                13
12. Darf es auffällige Zeichen im Zeugnis geben (z.B. Gänsefüßchen,
                    Kursivschrift etc.)?

                    • Das Zeugnis darf keine Streichungen, Ausbesserungen, Flecken,
                      Geheimzeichen oder ähnliche Merkmale haben.
                    • Es darf nichts unterstrichen , kursiv gesetzt oder in "Gänsefüßchen"
                      gesetzt werden, es sei denn, diese Gestaltungsmerkmale haben nichts
                      mit der Aussage des Zeugnisses zu tun.
Karsten Hartdegen

                    • Die Überschrift "Zeugnis" darf also sehr wohl fett geschrieben sein.
                    • Hervorhebungen durch Ausrufezeichen (!) oder Fragezeichen(?),
                      insbesondere solche in Klammern, wie hier demonstriert, sind verboten.

                    13. Habe ich jederzeit Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

                    • Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer gemäß
                      § 109 der Gewerbeordnung Anspruch auf Erstellung eines Zeugnisses.
                    • Vor dem Zeitpunkt der Beendigung steht dem Arbeitnehmer lediglich in
                      Ausnahmefällen die Erstellung eines sogenannten Zwischenzeugnisses
                      zu.
                    • Hier sind bezüglich der Form und des Inhalts dieselben Grundsätze wie
                      für das Zeugnis zu beachten.
                                                                                               14
14. Verweist eine sehr knappe Aufgabenbeschreibung auf eine geringe
                    Leistung?

                    • Hat ein Arbeitnehmer in einer seiner Aufgaben nicht viel geleistet, so ist
                      dies keine Frage der Tätigkeitsbeschreibung, sondern der
                      Leistungsbeurteilung.
                    • Der Arbeitgeber kann in diesem Fall nicht eine noch im Zwischenzeugnis
Karsten Hartdegen

                      bescheinigte Ausübung dieser Tätigkeit im Endzeugnis streichen,
                      sondern er muss die Leistungsbewertung gegenüber dem
                      Zwischenzeugnis ändern. Quelle: LAG Hamm, 1.12.1994, LAGE § 630
                      BGB Nr. 25, Punkt 4

                    15. Wie umfangreich darf/muss eine Aufgabenbeschreibung sein?

                    • Aufzunehmen sind alle tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben, die im
                      Rahmen der weiteren beruflichen Entwicklung des Arbeitnehmers
                      Bedeutung erlangen könnten.
                    • Dazu gehören auch permanente Stellvertreterfunktionen. Nur für eine
                      Bewertung Unwesentliches darf ausgelassen werden. Quelle: BAG,
                      12.8.1976, EzA §630 BGB, Nr. 7
                                                                                                   15
16. Habe ich auch bei kurzer Anstellung Anspruch auf ein komplettes
                    Zeugnis?

                    • Arbeitnehmer haben selbst bei nur kurzfristiger Tätigkeit Anspruch auf
                      ein Arbeitszeugnis, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Der
                      Arbeitgeber kann auch bei kurzer Beschäftigungsdauer kein
                      qualifiziertes Zeugnis verweigern (Urteil des LAG Köln vom 30.03.2001,
Karsten Hartdegen

                      Az: 4 Sa 1485/00).
                    • Ein solches Zeugnis müsse Leistung und Führung des Arbeitnehmers
                      beurteilen.
                    • Nur weil ein Arbeitnehmer lediglich wenige Wochen gearbeitet habe,
                      sei eine Zeugniserteilung für den Arbeitgeber nicht unmöglich gewesen.

                    17. Wie lange muss ich auf das Zeugnis warten?

                    • Eine Regelfrist gibt es nicht. In Normalfällen sollten zwei Wochen
                      ausreichend sein.
                    • Eine längere Erstellzeit wird man dem Arbeitgeber zubilligen müssen,
                      wenn sich das Zeugnisaufkommen aufgrund von Massenentlassungen
                      bzw. Rationalisierungen erhöht.
                                                                                               16
20. Kann der Arbeitgeber meinen Zeugniswunsch ablehnen?

                    • Ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nur unter gewissen
                      Voraussetzungen, z.B. bei einem Vorgesetzenwechsel oder einer
                      abzusehenden Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.
                    • Ein Anspruch auf ein qualifiziertes (Abschluss-)Zeugnis besteht
                      uneingeschränkt.
Karsten Hartdegen

                                                                                        17
Sie können auch lesen