Das Blut Digitales Lehrmittel - das-blut.ch Website

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Das Blut
Digitales Lehrmittel
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Impressum
Herausgeberin:            Blutspende SRK Schweiz AG, Bern
Pädagogische Bearbeitung: kiknet.ch / kik AG, 5430 Wettingen
Gestaltung / Grafik:      kikcom AG, 5430 Wettingen

Bildnachweis:              GlaxoSmithKline, fotolia.de, Fotosearch, Michael Stahl, pixabay

Copyright 2020             Blutspende SRK Schweiz

Für weiterführende Informationen zum Thema «Blut» und «Blutstammzellen»: www.blutspende.ch, www.das-blut.ch
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Inhaltsverzeichnis
DER MYTHOS BLUT

DAS BLUT – DIGITALES LEHRMITTEL

BLUTIGES WISSEN – WAS WEISST DU?

1. DIE ZUSAMMENSETZUNG                              3. DIE BLUTGRUPPEN
    DES BLUTES                                       3.1 Das AB0-System                           19
     Blutzellen                                7         Merkmale der Blutgruppen                 19
     Blutplasma                                7         Wer passt zu wem?                        20
1.1 Rote Blutkörperchen                        8         Vererblichkeit                           21
     Aussehen und Eigenschaften der                  3.2 Der Rhesusfaktor                         22
     Erythrozyten                              8
                                                         Schwangerschaft                          22
     Hämoglobin                                8
1.2 Weisse Blutkörperchen                      9
                                                     4. DIE BLUTSPENDE
1.3 Blutplättchen                              10
                                                          Warum Blut spenden?                     23
     Thrombose                                 10
                                                          Ablauf der Blutspende                   23
     Arteriosklerose                           10
                                                        Die Blutkonservierung und -untersuchung   25
1.4 Blutplasma                                 11
                                                        Spendearten                               25
     Albumin, Immunglobuline,
                                                        Das Komponentensystem                     26
     Komplementsystem und Lipoproteine         11
                                                        Die wichtigsten Komponenten               26
     Verbrennungen                             11
                                                        Die Fraktionierung des Plasmas            26

2. DIE AUFGABEN DES BLUTES
2.1 Der Stofftransport                         12    5. BLUTSPENDE SRK SCHWEIZ                   27
    Die Zellatmung                             13
    Chemische Reaktion der Zellatmung          13    MEHR INFORMATIONEN
2.2 Unser Abwehrsystem                         14    ZUM THEMA BLUT                               28
    Impfungen                                  16
2.3 Der Wundverschluss                         17
    Krustenbildung                             17
    Gerinnungskaskade und Bluterkrankheit      18

Weiterführende Materialien
Ergänzend zum Lernheft bestehen weitere Unterrichtsmaterialien und Unterrichtshilfen.
Diese können kostenlos von der Plattform www.das-blut.ch heruntergeladen werden.
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    Der Mythos Blut
    Das Blut hat den Menschen seit Jahrtausenden          Erst verschiedene Erkenntnisse, wie die Entde-
    fasziniert. Schon der vorgeschichtliche Mensch        ckung des Blutkreislaufes 1628, ebneten schritt-
    wusste, dass ein Tier bald sterben würde, wenn        weise den Weg zu erfolgreichen Blutübertragun-
    es eine bestimmte Menge Blut verloren hatte.          gen. Richard Lower wagte in England, nach einem
    Blut bedeutete also Leben. In manchen Kulturen        Test zwischen Hunden, tierisches Blut auf den
    trank man beispielsweise Tierblut in der Hoffnung,    Menschen zu übertragen. Meist misslangen solche
    dadurch die Kraft und den Mut eines Löwen zu          Transfusionen, da Krankheiten auftraten, vor allem
    erhalten. Ja, es wurden sogar Menschen getötet,       aber, weil man das System der verschiedenen
    um mit solchen «Blutopfern» die Götter günstig zu     Blutgruppenmerkmale noch nicht kannte. Diese
    stimmen.                                              Entdeckung gelang erst 1901 dem Österreicher
                                                          Karl Landsteiner, wofür er 1930 den Nobelpreis
    Der Versuch, einem Menschen das Blut eines            für Medizin erhielt. In Gedenken an ihn riefen 2004
    anderen zu übertragen, wurde bereits im Altertum      vier internationale Organisationen den Weltblut-
    unternommen. Blut diente damals vor allem als         spendetag ins Leben. Seither machen jeweils am
    Heil- und Verjüngungsmittel. Reiche Römer tranken     14. Juni, dem Geburtstag von Karl Landsteiner,
    das Blut getöteter Gladiatoren, dem sterbenden        verschiedene Organisationen wie auch Blutspende
    Papst lnnozenz III (13. Jh.) gab der Arzt das Blut    SRK Schweiz auf die Bedeutung der Blutspende
    von drei jungen Knaben zu trinken. Jedoch ohne        und das Engagement von Blutspenderinnen und
    Erfolg, alle vier starben.                            Blutspendern aufmerksam.

                                                          Heute sind die Erkenntnisse rund um das Blut
                                                          natürlich viel weiter fortgeschritten und machen
                                                          es möglich, dass man Menschen heilen kann.
                                                          Der «Lebenssaft» ist somit für die Medizin sehr
                                                          wichtig, vor allem auch deshalb, weil Blut bis
                                                          heute nicht künstlich hergestellt werden kann.
                                                          Umso wichtiger ist es, dass Blut zur Verfügung
                                                          steht, wenn man es dringend benötigt. Dies ist die
                                                          Hauptaufgabe von Blutspende SRK Schweiz. Diese
                                                          Organisation setzt sich dafür ein, dass die Bevölke-
                                                          rung erkennt, dass eine Blutspende Leben retten
                                                          kann.

                                                                                               Rund 1250 Blut-
                                                                                               spenden braucht
                                                                                               es täglich

           Das vorliegende Lehrmittel hilft dir, mehr über das Thema Blut zu erfahren:
           •   Du beschreibst die verschiedenen Aufgaben des Blutes und erkennst, dass das Blut
               für viele Abläufe in deinem Körper verantwortlich ist.
           •   Du erklärst die Zusammensetzung des Blutes. Du unterscheidest die verschiedenen
               Teile im Blut nach deren Aufgabe.
           •   Du bist in der Lage, das System der Blutgruppen zu erklären.
           •   Du stellst eine Blutspende korrekt dar..
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Lehrmittel «Das Blut» | Angaben zur Verwendung                                                           5

       Das Blut – Digitales Lehrmittel
        Du hast ein Lehrmittel in den Händen, das dir hilft, deinen Lebens-
        saft – dein Blut – besser kennen zu lernen. Das Lehrmittel ist so auf-
        gebaut, dass du je nach Schulstufe mehr oder weniger Informationen
        erarbeiten kannst. Es sind drei verschiedene Stufen vorhanden:

        Stufe «weiss»: Diese Informationen sind für alle Schülerinnen und
        Schüler wichtig und geben dir die nötigen Basisinformationen.

        Stufe «hellgrau»: Diese Hinweise ermöglichen dir einen tieferen
        Einblick in das Thema. Bist du mit den «weissen» Texten schnell
        durch, so kannst du hier weitere spannende Facts erarbeiten.

        Stufe «dunkelgrau»: Jetzt wird’s knifflig! Diese Texte gehen schon
        ziemlich weit und zeigen dir ganz spezielle Eigenheiten des Blutes
        auf. Toll, wenn du dich mit diesen Inhalten auseinandersetzen kannst!

                                                         Wie viele Prozente des
        Bist du nicht ganz sicher, ob du alles korrekt   Körpergewichtes macht
        verstanden hast?                                 das Blut aus?
        Die Sprechblasen (rot / grau) beinhalten         a) 12%
        Fragen oder Hinweise, die sich auf den           b) 5%           Wie viele Erythrozyten
        jeweiligen Textblock beziehen. Diese kön-        c) 8%           kannst du auf einer Länge
        nen als Einzel-, Gruppen- oder Hausarbeit                        von 1 Meter aneinander
        eingesetzt werden.                                               reihen?

Information
Stufe 1 «weiss»

                                                                                                 Fragekästchen

Information
Stufe 2 «hellgrau»

                                                                                              Information
                                                                                              Stufe 3 «dunkelgrau»

        Möchtest du weitere Informationen zum Thema Blut? Auf unserer Website
        www.das-blut.ch findest du neben verschiedenen Arbeitsblättern auch Filme
        und Bilder sowie viele weitere Hinweise. Viel Spass beim Durchsehen!
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               Blutiges Wissen – was weisst du?
                Eindrücklich: In unserem Körper fliessen 70 bis        Versuche die folgenden Fragen zu beantworten.
                80 ml Blut pro Kilogramm Körpergewicht, und            Wenn du gewisse Fragen nicht schlüssig beant-
                wir wissen eigentlich gar nicht so viel über den       worten kannst, so schau nach der Lektüre des
                lebenswichtigen Saft in unseren Adern. Mit Hilfe       Lehrmittels nochmals nach – jetzt sollten die Fra-
                dieses Lehrmittels erhältst du viele Informationen.    gen kein Problem mehr darstellen!
                Vielleicht weisst du bereits einiges?

                                                        Wie viele Prozente des
                                                        Körpergewichtes macht                  Mit welchen Buchstaben und
   Wo werden die Blutzellen gebildet?                   das Blut aus?                          Zahlen werden die Blutgruppen
   a) Im Blut selber                                    a) 12%                                 bezeichnet?
   b) Im Hirn                                           b) 5%                                  a) AB0
   c) Im Knochenmark                                    c) 8%                                  b) A12
                                                                                               c) EKG10

       Damit man Blut spenden kann, muss man mindestens …                   Welche der folgenden Begriffe
       a) … 20 Jahre alt sein und mind. 60 kg wiegen                        bezeichnet einen Blutbestandteil?
       b) … 18 Jahre alt sein und mind. 50 kg wiegen                        a) Lymphozyten
       c) … 16 Jahre alt sein und max. 110 kg wiegen                        b) Xenoythen
                                                                            c) Pharmozyten

  Wie nennt man den roten                                                            Wie viele Milliliter Blut werden
  Farbstoff des Blutes?                                                              bei einer Blutspende dem Spen-
  a) Hämoglobin                                                                      der abgenommen?
  b) Rossobilon                                                                      a) 120 ml
  c) RL-Faktor (Red Liquid)                                                          b) 650 ml
                                         Wenn sich bei einer Wunde eine              c) 450 ml
                                         Kruste bildet, so nennt man dies
                                         auch:
                                         a) das Blut «agglutiniert»
                                         b) das Blut «gerinnt»
                                         c) das Blut «fibriert»
          Welche Blutkörperchen                                                     Das Blut ist ein «Transport-Organ»! Welches
          sind vor allem für die                                                    ist das wohl wichtigste Element, das durch
          Abwehrreaktion des                                                        das Blut transportiert wird?
          Körpers verantwortlich?                                                   a) Sauerstoff
          a) Weisse Blutkörperchen                                                  b) Vitamine
          b) Blutplättchen                                                          c) Abfallstoffe
          c) Rote Blutkörperchen

                                            Welches ist der Hauptbe-
                                            standteil des Blutes?
                                            a) Wasser
Bist du nicht sicher, ob du alle                                                             Wie viele rote Blutkörperchen
                                            b) Roter Farbstoff
Fragen korrekt beantwortet hast?                                                             werden pro Minute
                                            c) Urin
Überprüfe deine Antworten, nach-                                                             im Körper hergestellt?
dem du das Lehrmittel durchgear-                                                             a) Ca. 180 000
beitet hast!                                                                                 b) Ca. 1.8 Mio.
                                                                                             c) Ca. 180 Mio.
Lehrmittel «Das Blut» | Zusammensetzung des Blutes                                                   7

1. Die Zusammensetzung
    des Blutes
  Lernziele
  • Du zählst die verschiedenen Blutbestandteile korrekt auf und
     kannst erklären, welche Funktionen diese Bestandteile im
     Körper übernehmen.
  • Du erklärst den Grund für zwei Krankheiten, die direkt mit
     dem Blut oder den Blutgefässen zu tun haben.

Das Blut ist nicht einfach eine Flüssigkeit, sondern     Die Blutzellen bilden sich nicht im Blut, sondern
setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen.          im Knochenmark: bei Erwachsenen in den platten
Lässt man eine kleine Menge Blut über längere            Knochen (Brustbein und Beckenrand), bei Kindern
Zeit ruhig in einem Reagenzglas bei niedriger            auch in den Langknochen (z.B.: Unterschenkel).
Temperatur stehen, so beginnen sich die einzelnen        Pro Minute werden ca. 180 Millionen rote Blut-
Bestandteile voneinander zu trennen:                     körperchen produziert. Sobald sie ausgereift sind,
                                                         gelangen die Zellen ins Blut, um dort ihre Aufga-
Blutzellen                                               ben zu erfüllen.
• Rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
• Weisse Blutkörperchen (Leukozyten)                                                Wodurch wird das Blut
• Blutplättchen (Thrombozyten)                                                      durch unseren Körper
                                                                                    bewegt?
Blutplasma
Am Gefässboden sammelt sich eine rote, undurch-
sichtige Masse aus Blutzellen. Darüber bleibt eine
leicht getrübte, gelbliche Flüssigkeit stehen, hierbei
handelt es sich um das Blutplasma. Dazwischen
liegt die dünne Schicht aus den weissen Blutkör-
perchen und Blutplättchen.                                     Berechne, wie viele rote
                                                               Blutkörperchen pro Tag
Das menschliche Blut setzt sich folgendermassen                produziert werden.
zusammen:

                                      0.07 % Weisse
                     1.09 % Fett,     Blutkörperchen
                     Zucker, Kochsalz
          2.14 % Blutplättchen

       4.4 % Eiweisse
       (Proteine)                                                49,5 % Wasser

         42,8 % Rote
         Blutkörperchen
8                                                           Lehrmittel «Das Blut» | Zusammensetzung des Blutes

    1.1 Rote Blutkörperchen
    Rote Blutkörperchen werden Erythrozyten
    genannt. Dieser Fachbegriff stammt aus dem
    Griechischen und wird gebildet aus den Wortteilen
    «erythros» (rot) und «zytos» (Zelle).

    In 1 mm3 Blut sind etwa 5 Millionen Erythrozyten
    enthalten. Die Erythrozyten stehen dem Organis-
    mus etwa 100 bis 120 Tage zum Sauerstofftrans-
    port zur Verfügung. Anschliessend werden die
    alten Erythrozyten in der Milz aus dem Blutstrom
    ausgesondert, abgebaut und die Bausteine zum
    grossen Teil wiederverwendet.

                                                        Weisst du, wo sich
                                                        die Milz befindet?

     Aussehen und Eigenschaften der Erythrozyten                  Hämoglobin
     Erythrozyten sind scheibenförmige Gebilde                    Der Farbstoff Hämoglobin bildet den Hauptin-
     (ihre Form ähnelt einer oben und unten ein-                  haltsstoff der Erythrozyten. Das Hämoglobin
     gedrückten Scheibe) mit einem Durchmesser                    besitzt vier Häm-Moleküle, von denen jedes ein
     von 7,5 µm* und einer Dicke von 2 µm, die                    Sauerstoffmolekül binden kann. Das Hämo-
     sich stark verformen können, wenn sie sich                   globin hat dadurch die Fähigkeit, in der Lunge
     durch die engsten Blutgefässe, die Kapillaren,               Sauerstoff aufzunehmen, diesen an die Zellen
     zwängen müssen (diese haben teilweise nur                    abzugeben und anschliessend Kohlenstoffdioxid
     einen Durchmesser von 1 µm). Die ausgewach-                  aus den Zellen in die Lungen zurückzutranspor-
     senen Erythrozyten besitzen keinen Zellkern.                 tieren, wo dieses mit der Luft wieder ausgeat-
     Um Sauerstoff aufnehmen zu können, sind die                  met wird.
     Erythrozyten mit einer konzentrierten Hämoglo-               Kohlenstoffmonoxid (CO), welches zum Bei-
     binlösung gefüllt, die den Erythrozyten die rote             spiel bei unvollständiger Verbrennung entsteht
     Farbe gibt. Bei bestimmten Belastungen und                   und unter anderem im Zigarettenrauch einge-
     Krankheiten (starkes Rauchen, Zuckerkrankheit)               atmet wird, bindet sich auch an die Häm-Mole-
     verlieren die Kapillaren teilweise ihre Elastizität:         küle. Kohlenstoffmonoxid verdrängt dabei den
     Die notwendige Durchblutung ist nicht mehr                   Sauerstoff sogar von seinem Platz. Dadurch
     gewährleistet, da selbst die verformbaren                    nimmt es den lebenswichtigen Sauerstoffmo-
     Erythrozyten durch die Kapillaren nun nicht                  lekülen den Transport-Platz weg und die Zellen
     mehr hindurchpassen. Als Folge verstopfen                    werden unzureichend ver-
     die blutführenden Gefässe, und Gewebe kann                   sorgt. In schweren Fällen       Weshalb sollten
     absterben.                                                   kann dies zum «inneren»         schwangere Frauen
                                                                  Erstickungstod führen.          nicht rauchen?
     *1 Mikrometer = 0.001 mm

                 Wie viele Erythrozyten
                 kannst du auf einer Länge
                 von 1 Meter aneinander-
                 reihen?
Lehrmittel «Das Blut» | Zusammensetzung des Blutes                                                9

1.2 Weisse Blutkörperchen
Auch hier hat der Name seinen Ursprung im Grie-
chischen, «leukos» bedeutet weiss. «Weiss» nennt
man diese an sich farblosen Blutzellen deshalb,
weil sie, abgetrennt von den übrigen Blutzellen,
eine weisse Paste ergeben. Leukozyten sind
etwa doppelt so gross wie die Erythrozyten und
besitzen einen Zellkern und kein Hämoglobin.
Pro mm3 Blut hat es zwischen 4000 und 10 000
Leukozyten, ihre Grösse beträgt 7–20 µm, je nach
Art, denn genau genommen handelt es sich bei
den Leukozyten um einen Sammelbegriff. Es sind
drei Hauptgruppen mit verschiedenen Aufgaben zu
unterscheiden:
• Granulozyten
• Monozyten (Makrophagen)                                                         Stell dir einen Würfel
• Lymphozyten                                                                     mit den Kantenlängen
                                                                                  1 mm vor. Das stellt das
                                                                                  Volumen von 1 mm 3 dar.

GRANULOZYTEN
Die Granulozyten enthalten charakteristische Zell-
kern-Körnchen, daher der Name Granulozyten, der
vom Lateinischen «granula» (Körnchen) abgeleitet
wird. Sie machen 65 % der Leukozyten aus. Aktiv
werden Granulozyten, wenn Erreger in unseren
Körper eindringen, das heisst, wenn eine Infektion
                                                       1. D
                                                           er Monozyt bewegt sich
auftritt oder sich eine Stelle entzündet. Sie werden      auf den Eindringling zu.
im Knochenmark gebildet und leben einige Stun-
den bis wenige Tage.

MONOZYTEN
Die Monozyten sind die grössten Leukozyten.
3–8 % der Leukozyten sind Monozyten. Sie wer-
den im Knochenmark gebildet und haben als zirku-
lierende Zellen eine Lebensdauer von 1–3 Tagen,
                                                       2. Der Monozyt beginnt den
bevor sie ausreifen und in die Gewebe einwan-              Eindringling zu umfassen.
dern. Dort leben sie als Makrophagen für weitere
Wochen bis Monate. Monozyten heissen sie, weil
ihr Zellkern aus einem einzigen Kernteil besteht.
Sie sind «Riesenfresszellen», die herumliegende
Krankheitserreger und tote Zellen auffressen und
diese in ihrem Innern verdauen. Daneben haben
sie die wichtige Funktion, die Helferzellen über das   3. D
                                                           ie Enden des Monozyten
                                                          vereinigen sich, und der Ein-
Aussehen der Oberflächenmerkmale des Eindring-            dringling ist im Monozyten
lings zu informieren.                                     aufgenommen.

Granulozyten und Monozyten / Makrophagen neh-
men Krankheitserreger in sich auf und verdauen
sie. Diesen Vorgang nennt man Phagozytose.

                                                       4. Der Eindringling wird vom
                                                           Monozyten zersetzt und
                                                           verdaut.
10                                                           Lehrmittel «Das Blut» | Zusammensetzung des Blutes

                LYMPHOZYTEN
                Die Lymphozyten machen einen Viertel der Leu-         Thrombose
                kozyten aus und sind im Blut nur auf der Durchrei-    Bei einer Thrombose verstopft ein Thrombus das
                se. Sie werden zusätzlich zum Knochenmark auch        Blutgefäss. Die Ursachen für die Entstehung
                in den Lymphknoten und der Milz gebildet. Sie         eines Thrombus sind eine Verlangsamung des
                zirkulieren ebenfalls ständig im Körper, sei es,      Blutstromes, eine Schädigung der Gefässwand
                dass sie wie die anderen Leukozyten an einen          und eine Veränderung der Zusammensetzung
                Entzündungsort gelangen, sei es, dass sie in ihr      des Blutes, die eine verstärkte Blutgerinnung zur
                Depot wandern, das heisst in die überall im Körper    Folge hat. An der Schädigung der Gefässwand,
                verteilten Lymphknoten. Von diesen Lymphkno-          zum Beispiel durch Ablagerung, bleiben die
                ten aus sind die Lymphozyten für die spezifische      Blutplättchen hängen, verkleben und bilden einen
                Abwehr tätig. Sie sind das Zentrum des Immun-         Thrombus.
                systems, indem sie drei wesentliche Aufgaben
                erfüllen: Als Killerzellen vernichten sie Wirtszel-   Wird der Thrombus vom Blutstrom abgerissen
                len, als Plasmazellen bilden sie Antikörper gegen     und mitgeschwemmt, so kann er in der Lun-
                Antigene (eine Plasmazelle kann in einer Stunde       ge eine Embolie, im Herz einen Infarkt und im
                bis zu 2000 Antikörper produzieren), und sie bilden   Gehirn einen Hirnschlag auslösen, weil er die
                Gedächtniszellen aus, die jahrzehntelang überle-      Kapillaren verstopft. Durch den Verschluss der
                ben können.                                           Blutgefässe werden die Körperzellen nicht mehr
                                                                      mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und
                  Während die Erythrozyten passiv im Blut mitge-      können ihrer Funktion nicht nachgehen.
                          schwemmt werden, können sich die
Recherchier im Internet,
                          Leukozyten selbstständig wie Amöben
wie sich eine Amöbe
                          fortbewegen. Dadurch können sie auch
bewegt, und erstelle ein
                          gegen den Blutstrom schwimmen, die          Arteriosklerose
kleines Daumenkino!
                          Gefässwände passieren und so an alle        Unter Arteriosklerose versteht man die krankhaf-
                          Stellen im Körper gelangen, wenn sie        te Veränderung der Blutgefässwand durch Abla-
                          gebraucht werden.                           gerung und Verkalkung. Durch Rauchen, Stress,
                                                                      Übergewicht, hohen Blutdruck, Cholesterin,
                                                                      Zuckerkrankheit, Alter und Bewegungsmangel
                1.3 Blutplättchen                                     wird die Ausbildung der Arteriosklerose begüns-
                Ähnlich den Erythrozyten sind Thrombozyten            tigt. Verschiedene Stoffe lagern sich über Jahre
                kernlose, scheibenförmige Gebilde, die aus Kno-       an der Gefässwand ab und verstopfen das Blut-
                chenmarksriesenzellen entstehen. Sie sind mit         gefäss immer stärker. Erst im fortgeschrittenen
                1–3 µm die kleinsten Blutzellen, pro mm3 Blut         Stadium machen sich Durchblutungsstörungen
                hat es 150 000–400 000 Thrombozyten, die              bemerkbar. Die Nachfolgekrankheiten, wie unter
                8–10 Tage überleben.                                  anderem Herzinfarkt und Schlaganfall, zählen zu
                Blutplättchen sorgen dafür, dass das Blut innerhalb   den häufigsten Todesursachen.
                der Blutgefässe bleibt. Kleinste Verletzungen der
                Gefässe, sogar Risse in der Gefässwand, werden
                sofort mit Thrombozyten verklebt. Bei diesem Vor-
                gang der Blutstillung verlieren die Thrombozyten
                ihre Scheibenform: Sie werden kugelig und bekom-
                men eine stachelige Oberfläche. Eine Anhäufung
                von Thrombozyten (mit Beimischung von Gerin-
                nungseiweissen) nennt man Thrombus.

                               Welches sind die Symptome
                               eines Herzinfarktes und
                               eines Schlaganfalls? Weisst
                               du, wie man reagiert?
Lehrmittel «Das Blut» | Zusammensetzung des Blutes                                      11

                 1.4 Blutplasma
                 Ohne Blutplasma könnten die festen Blutzellen
                 nicht durch den Körper transportiert werden. Das
                 Plasma bildet den flüssigen Teil des Blutes. Neben
                 Wasser (90 %) und Salzen enthält das durch-
                             sichtige, gelbliche Blutplasma Fette,
Du hast sicher schon         Hormone und Eiweissstoffe. Wird der
dein eigenes Blutserum       Eiweissstoff Fibrinogen bei der Gerin-
gesehen. Wann kommt          nung verbraucht, so bleibt das Serum
es zum Vorschein?            zurück.

                  Albumin, Immunglobuline, Komplementsystem und Lipoproteine
                  ALBUMIN
                  Das mengenmässig wichtigste Plasmaprotein ist das Albumin. Sein Anteil an den
                  Eiweissen beträgt 60 %. Albumin hat neben dem Transport von Nährstoffen die
                  Aufgabe eines «Wasserträgers». Es verhindert, dass das Blut während der Zir-
                  kulation durch die engen, an sich wasserdurchlässigen Gefässe zu viel Wasser
                  verliert und dickflüssig wird. Fehlt Albumin aufgrund ungenügender Ernährung, so
                  entweicht Wasser aus dem Blut, und es bilden sich Wasseransammlungen in den
                  Geweben, sogenannte Hungerödeme.

                  IMMUNGLOBULINE UND KOMPLEMENTSYSTEM
                  Immunglobuline werden von den Lymphozyten gebildet und sind die Antikör-
                  per, die gemeinsam mit den Leukozyten eine wichtige Rolle bei der spezifischen
                  Abwehr spielen. Diese spezifische Abwehr durch Antikörper wird auf der Seite
                  der Blutflüssigkeit (Plasma) durch das Komplementsystem verstärkt. Ähnlich wie
                  bei der Blutgerinnung handelt es sich um eine Kettenreaktion, die unspezifische
                  Eindringlinge attackiert und zerstört.

                  LIPOPROTEINE
                  Lipoproteine sind Fetteiweisse und transportieren die aus der Nahrung aufgenom-
                  menen Fette und Cholesterin. Störungen im Haushalt der Lipoproteine können zu
                  Arteriosklerose, Herzinfarkt oder Hirnschlag führen.

                   Verbrennungen
                   Bei Verbrennungen tritt Plasma aus. Es sammelt sich unter der Haut, und es bilden
                   sich Blasen, oder es rinnt aus, wenn die Haut platzt.
                                     Grossflächige Verbrennungen führen zu einem schnellen und
                                     starken Plasmaverlust, was unter anderem zur Folge hat, dass
           Es gibt verschiedene      ein Plasmaprotein-Mangel entsteht. Durch die Verminderung des
           Verbrennungsgrade –       Albuminspiegels wird das Wasser nicht mehr im Blut gebunden,
           kennst du sie?            tritt aus und verdunstet. Der Flüssigkeitsverlust muss sofort
                                     ausgeglichen werden. Dies geschieht durch Wasserzuführen und
                                     durch die Übertragung einer Albuminlösung, die aus dem Plasma
                                     von Spenderblut gewonnen wird.
12                                                                        Lehrmittel «Das Blut» | Aufgabe des Blutes

              2. Die Aufgaben des Blutes
                 Lernziele
                 • Du erklärst die drei wichtigsten Aufgaben des Blutes korrekt.
                 • Du bist in der Lage aufzuzeigen, wie sich unser Körper
                    gegen Krankheitserreger wehrt.
                 • Du beschreibst den Vorgang des Wundverschlusses ein-
                    wandfrei.

Wie viele Liter Blut besitzt   Das Blut gilt als «flüssiges Organ»   2.1 Der Stofftransport
du ungefähr? Berechne dein     und ist damit eines der wichtigsten   Um leben zu können, benötigt jede Zelle unseres
Blutvolumen anhand des         und grössten Organe in unserem        Körpers Energie. Diese gewinnt sie z. B. durch
Körpergewichtes!               Körper. Ein erwachsener Mensch        Verbrennung von Traubenzucker mit Sauerstoff zu
                               besitzt rund 5–6 Liter Blut – was     Kohlendioxid und Wasser. Den Transport dieser
                               etwa 8 Prozent des Körpergewich-      Stoffe übernimmt
                               tes entspricht.                       das Blut.               Vitamine sind Schutzstoffe.
                                                                                             Welche Vitamine kennst
               Das Blut fliesst in unseren Blutgefässen – das        Die Nährstoffe sowie    du und welche Funktionen
               grösste und weitläufigste Transportsystem unse-       Mineralsalze und        haben sie?
               res Körpers: Ungefähr 96 000 km lang ist dieses       Vitamine, die über
               Leitungssystem, das alle Zellen des Körpers           die Darmwand in
               verbindet und dadurch den nötigen Stoffaustausch      unseren Blutkreis-
               ermöglicht. Das Blut ist immer in Bewegung und        lauf gelangen, werden vom Blut in alle Körperteile
               versorgt jede Zelle mit Energie und wichtigen Stof-   transportiert und stehen den Zellen als Energieträ-
               fen. Einzig die Hornhaut der Augen, die Haare, der    ger, Baustoffe oder Schutzstoffe zur Verfügung.
               Zahnschmelz, die Zehen- und die Fingernägel sind
               nicht durchblutet.                                    Das Blut transportiert     Welche Giftstoffe kennst
               Das Blut erfüllt wesentliche Aufgaben in unserem      nicht nur brauchbare       du und wie gelangen sie
               Körper:                                               Stoffe in die Zellen,      in deinen Körper?
                                                                     sondern bringt auch
               • Stofftransport                                      Abfallstoffe in die
               • Abwehr von Krankheitserregern                       Ausscheidungsorgane,
               • Wundverschluss                                      vor allem in die Nieren. Giftstoffe, die von aussen
                                                                                in den Körper gelangen oder im Körper
               Zudem ist es für die Wärmever-                                   entstehen, werden vom Blut zu den Ent-
                                                   Wann spricht man von
               teilung im menschlichen Körper                                   giftungsorganen wie Leber und Nieren
                                                   Unterkühlung, erhöhter
               verantwortlich. Sowohl bei kaltem                                geführt und dort verarbeitet.
                                                   Temperatur und Fieber?
               Winterwetter wie im heissen
                                                   Welche Fiebertemperatur
               Sommer soll das Innere des
                                                   ist lebensgefährlich und
               menschlichen Körpers eine Tem-
                                                   warum?
               peratur von ca. 37 °C aufweisen.
               Die Körperwärme entsteht vor
               allem in den arbeitenden Zellen.
               Das Blut transportiert diese Wär-
               me durch den Körper zu allen Organen. Überschüs-
               sige Wärme wird über die Haut abgestrahlt. Wenn
               nötig wird die Wärmeabgabe durch Schwitzen
               (Verdunstung von Wasser) verstärkt.
Lehrmittel «Das Blut» | Aufgabe des Blutes                                                                                   13
                                                                                    O2
                                                            Lungenbläschen
                                                                             CO 2

                                                                                      Hauptbronchien

                                                                                               Lungenflügel

                                                                                                              Mit jedem Atemzug gelangt
   Die Zellatmung                                                                                             Luft in die Lunge, die
   Die Energiegewinnung in der Zelle durch das                                                                aus zwei Lungenflügeln
   Verbrennen von Traubenzucker nennt man                                                                     besteht. Die Wege, die in
   Zellatmung.                                                                                                die Lunge führen, heissen
                                                                                                              Bronchien. Die Bronchien
   Das Blut transportiert die Stoffe für die Zellat-                                                          verzweigen sich in den
   mung zu den Zellen und die Reaktionsprodukte                                                               Lungenflügeln zu immer
   aus den Zellen zu den Ausscheidungsorganen.                                                                feineren Ästchen und enden
   Das zur Verbrennung erforderliche Gas Sauer-                                                               mit den Lungenbläschen,
   stoff gelangt durch Einatmen von Luft in unsere                                                            den sogenannten Alveolen.
   Lungen. In den Lungen wird der Sauerstoff ans
   Blut übergeben. Die roten Blutkörperchen
   laden die Sauerstoffteilchen auf und bringen
   sie zu den Zellen in Geweben und Muskeln. In
   den Zellen trifft der Sauerstoff auf Traubenzu-
   cker, der im Blut gelöst vorkommt und aus dem
                                                                                         Sauerstoffmolekül
   Darm oder anderen Speicherorganen in die
   Zelle transportiert wurde.
   Die bei der Verbrennungsreaktion in der Zelle
   entstehenden Abfallprodukte Kohlendioxid und                                                               Durch die sehr dünnen
   Wasser werden vom Blut aufgenommen und                                                                     Wände der Lungenbläschen
                                                           Lungenbläschen
   zu den Ausscheidungsorganen geführt. Das                                                                   dringt ein Teil der Luft,
   Kohlendioxid wird durch die Lunge ausgeatmet                                                               die Sauerstoffmoleküle,
   und das Wasser entweder durch die Niere als                                       rotes                    ins Blut. Im Blut werden
                                                                                     Blutkörperchen           die Sauerstoffmoleküle an
                                Urin oder durch die                                                           die roten Blutkörperchen
Warum isst man kurz vor oder    Schweissdrüsen                                                                gebunden.
während einer körperlichen      als Schweiss aus-
Leistung einen Traubenzucker, geschieden.                                           Kohlendioxidmolekül
wenn man sich müde fühlt?

                                                                                         Körperzellen

           Menschen und Tiere veratmen
           Sauerstoff zu Kohlendioxid, weil sie                                                               Die roten Blutkörperchen
                                                                                                              versorgen alle Zellen des
           konstant Sauerstoff für die Zell-                                                                  ganzen Körpers mit Sauer-
           atmung brauchen. Also muss immer                                                                   stoff. Aus den Zellen nimmt
           wieder neuer Sauerstoff produziert                                                                 das Blut das Kohlendioxid
           werden. Wer ist dafür zuständig                                                                    auf und trägt es zurück zu
           und wie geschieht dies?                                                                            den Lungenbläschen. Das
                                                                                                              Kohlendioxid verlässt an-
                                                                                                              schliessend beim Ausatmen
                                                                                                              den Körper.

                                                                                             Blutgefäss

   Chemische Reaktion der Zellatmung
   Die Zellatmung ist eine chemische Reaktion und lässt sich durch eine Reaktionsgleichung beschreiben:

   Traubenzucker + Sauerstoff        -----> Kohlendioxid + Wasser
   1 C6H120 6    + 6 02              -----> 6 CO2 + 6 H2O

   Links sind die Stoffe aufgeführt, die vom Blut zur Zelle gelangen, rechts diejenigen Stoffe, die von der Zelle wegtranspor-
   tiert werden. Bei der Zellatmung entsteht Energie in Form von ATP, das ist ein Molekül, das im Körper gespeichert wird.
14                                                           Lehrmittel «Das Blut» | Aufgabe des Blutes

     2.2 Unser Abwehrsystem
     In der Umwelt leben zahlreiche Krankheitserre-
     ger wie Viren, Bakterien, pflanzliche (Pilze) und
     tierische Parasiten (z. B. Malariaerreger). Unser
     Organismus braucht ein Abwehrsystem, um sich
     gegen diese bedrohlichen Eindringlinge zur Wehr
     zu setzen. Dringen Krankheitserreger in unseren
     Körper ein und werden sie nicht erfolgreich abge-
     wehrt, so kommt es zu einer Infektion.

     An diesem Abwehrsystem sind Blutzellen, und
     zwar die weissen Blutkörperchen, beteiligt. Sie
     stellen die Polizei unseres Körpers dar. Sobald sie
     einen Eindringling entdecken, schlagen sie Alarm
     und lösen eine Verteidigungsreaktion im Körper
     aus.

     Die erste Abwehrlinie des Organismus sind die
     zahlreichen Granulozyten, eine Untergruppe der
     weissen Blutkörperchen. Diese Zellen bleiben
     einige Stunden im Blutkreislauf, bevor sie durch
     die Blutgefässwände in das Gewebe eindringen.
     Bei einer Infektion vermehren sie sich schnell und
     bekämpfen die Verletzung an Ort und Stelle, indem
     sie Krankheitserreger zerstören. Sie haben phago-
     zytische Eigenschaften (Aufnahme und Zerstö-
     rung einverleibter lebender Partikel). Ferner setzen
     sie Proteine frei, die Fieber erzeugen, und Enzyme,
     die bei Blutgefäss- und Gewebsverletzungen wich-
     tig sind. Ist die Infektion bedeutend, werden die
     Granulozyten selbst geschädigt, sterben ab und
     bilden Eiter.

     Eine weitere Unterart der weissen Blutkörperchen,
     die Makrophagen, stammen von den Monozyten
     ab und sind ebenfalls phagozytisch wirksam. Sie
     bilden gemeinsam mit den Granulozyten die Basis
     der zellulären allgemeinen Abwehrreaktion.

     Eine andere Art von weissen Blutkörperchen, die
     Lymphozyten (wie z. B. Plasmazellen, Helfer-
     zellen und Killerzellen), wehren auf eine ganz
     spezielle Weise Fremdlinge ab. Diese Reaktion
     wird spezifische Abwehrreaktion genannt. Die           Was ist die Funktion
     Lymphozyten erkennen die Eindringlinge an der          der Antikörper?
     Struktur der Oberfläche und beginnen, gezielte
     Waffen dagegen zu produzieren. Diese sogenann-
     ten Antikörper passen wie Schloss und Schlüssel
     auf die Oberflächenstruktur der Eindringlinge, ver-
     binden sich mit ihnen und führen sie den Riesen-
     fresszellen zu, welche sie vernichten.
     Die Antikörper sind die wesentlichen Pfeiler der
     Immunität gegen Krankheiten.
Lehrmittel «Das Blut» | Aufgabe des Blutes                                     15

                  Krankheits-
                                                                  Die spezifische Abwehr-
                  erreger                                         reaktion – am Beispiel einer
                                             Makrophagen
                                                                  Grippeinfektion
                                                                  Ein Krankheitserreger dringt
                                                                  in den Körper ein. Sofort sind
                                                                  Riesenfresszellen, auch
                                                                  Makrophagen genannt, zur
                                                                  Stelle und fressen so viele
                                                                  Eindringlinge, wie sie können.
                                                                  Dieser Vorgang wird auch
                                                                  Phagozytose genannt.
                                                                  Diejenigen Krankheitserreger,
                                                                  die überlebt haben, schlüpfen
                                                    Wirtszellen   in Körperzellen und vermehren
                                                                  sich darin. Die befallenen
                                                                  Körperzellen nennt man Wirts-
                                                                  zellen.

                                             Helferzelle
                                                                  Die Riesenfresszellen senden
                                                                  nach dem Kontakt mit den
                                                                  Erregern eine Botschaft an die
                                                                  Helferzellen. Sie teilen ihnen
                                                                  mit, wie die Oberfläche des
                                                                  Eindringlings aussieht. Daran
                                                                  erkennen die Helferzellen, um
                                                                  welchen Eindringling es sich
                                                                  handelt.
                                                                  Die Helferzellen aktivieren
                                     Killerzelle                  einerseits Killerzellen, die die
                                                                  Wirtszellen direkt attackieren
                                                                  und vernichten.
                                                                  Andererseits aktivieren die
                                                                  Helferzellen Plasmazellen,
                                                                  die Abwehrstoffe produzieren.
                                                                  Diese Abwehrstoffe nennt man
                                                                  Antikörper. Sie passen wie
                                                                  Schloss und Schlüssel auf spe-
                                                                  zifische Oberflächenmerkmale
                                Antikörper
                                                                  der Erreger. Diese Merkmale
                                                                  nennt man Antigene.
                                                                  Die Antikörper verbinden sich
                                                                  mit den Antigenen. Diese Ver-
                                                   Plasmazelle
                                                                  bindung ist der erste Schritt zur
                                                                  Zerstörung der Erreger.
                                                                  Makrophagen fressen sowohl
                                                                  die abgetöteten Wirtszellen wie
                                                                  auch die mit Antikörpern be-
Erkennst du anhand der                                            setzten Eindringlinge. So wer-
Illustrationen, welche                                            den alle im Körper befindlichen
Blutzellen wo im Einsatz                                          Erreger – ob frei im Blut oder
sind? Verfasse eine                                               in einer Wirtszelle versteckt –
stimmige Legende!                                                 erkannt, markiert und zerstört.
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                   Um bei einem nächsten Angriff der gleichen Er-        Körper wieder an, können dank diesem immunolo-
                   reger frühzeitig die richtigen Antikörper produzie-   gischen Gedächtnis entsprechende Antikörper
                   ren zu können, bilden Lymphozyten sogenannte          sehr rasch hergestellt werden und die Eindringlinge
                   Gedächtniszellen.                                     zerstören, bevor sie sich stark vermehrt haben.
                   Diese Zellen behalten das Rezept für die Bildung      Der Körper ist gegen diese Krankheit immun
                   der spezifischen Antikörper in ihrer Erinnerung.      geworden, der Betroffene erkrankt deshalb nicht
                   Greifen gleiche Erreger auch Jahre später den         mehr oder nur noch leicht.

                   Impfungen
                   Die körpereigene Abwehrreaktion muss in
                   einigen Fällen künstlich unterstützt werden,
                   um mit starken Eindringlingen fertig zu werden.
                   Es werden zwei Arten von Impfungen ange-
                   wendet.

                   AKTIVE IMMUNISIERUNG
                   Die aktive Immunisierung verläuft gleich wie
                   die spezifische Abwehrreaktion, ausser dass
                   bewusst kleine Mengen von abgeschwächten
                   oder abgetöteten Krankheitserregern in den
                   Körper gespritzt werden. Auch gentechnisch
                   lassen sich Impfstoffe gewinnen. Z.B. kann
                   man das Gen des Oberflächenproteins des He-
                   patitis-B-Virus in Hefezellen einbringen, sodass
                   sich nur das Hüllprotein des Virus bildet. Dieses
                   wird dann als Impfstoff eingesetzt. Diese
                   lösen die Kettenreaktion der Immunisierung
                   aus, ohne dass die Krankheit ausbricht. Da der
                   Körper zur Bildung von Antikörpern gezwungen
                   wird, spricht man von aktiver Immunisierung.
                   Diese Impfung nennt man auch Schutzimp-
                   fung, da sie dem Körper durch die gebildeten
                   Gedächtniszellen langfristigen Schutz gegen
                   einen bestimmten Krankheitserreger bietet.
                   Nach einer Schutzimpfung, zum Beispiel gegen
                   Starrkrampf, kann man sich müde fühlen, denn
                   der Körper kämpft gegen den gespritzten Ein-
                              dringling.

Forsche im Internet nach      PASSIVE IMMUNISIERUNG
Krankheiten, die mit einer    Die passive Immunisierung wird
passiven Immunisierung        angewendet, wenn der Körper be-
bekämpft werden. Suche        reits erkrankt ist oder wenn unmittel-
zwei Beispiele.               bar eine Infektion mit einer schweren
                              Krankheit droht. Bei dieser Impfungs-
                              art wird ein Serum mit Antikörpern          Die Antikörper werden durch eine aktive
                              gespritzt. Die Antikörper verbinden         Immunisierung von Tier- und Menschenblut
                              sich mit den Krankheitserregern und         gewonnen. Eine passive Immunisierung wird
                   führen sie den Riesenfresszellen zur                   Heilimpfung genannt und bietet keinen dauer-
                    Vernichtung zu.                                       haften Schutz.
Lehrmittel «Das Blut» | Aufgabe des Blutes                                                         17

2.3 Der Wundverschluss
Bei einer Verletzung bildet sich schnell eine Kruste, welche die
Blutung stoppt und die Wunde vor dem Eindringen von Schmutz-
partikeln und Krankheitserregern schützt. Unter dieser Kruste wird
die neue Haut gebildet. Erst wenn der Aufbau der neuen Haut
abgeschlossen ist, wird die Kruste abgestossen. Die Kruste besteht
aus geronnenem Blut. Für die Gerinnung sind die Blutplättchen
und verschiedene Eiweissstoffe (Gerinnungsfaktoren) aus der
Blutflüssigkeit, dem Blutplasma, verantwortlich. Bei Menschen, die
z.B. an der Bluterkrankheit leiden, fehlen wichtige Elemente dieser
                                                                             Erkläre den Druckverband
Gerinnungsfaktoren. Bei ihnen kann bereits die kleinste Verletzung
                                                                             und lege einen solchen
lebensgefährlich sein, da die Wunde nicht zu bluten aufhört.
                                                                             deinem Kollegen, deiner
                                                                             Kollegin an.
Ein akuter Blutverlust von mehr als zwei Litern kann tödlich sein.
Bei grösseren Verletzungen mit hohem Blutverlust muss die Wunde
deshalb verbunden werden, in schweren Fällen mit einem Druckver-
band. Oft sind anschliessend Bluttransfusionen nötig, um den Verlust
zu ersetzen.

  Krustenbildung
  Bei einer Verletzung ziehen sich die beschä-       Gerinnungssystem aktivieren.
  digten Blutgefässe zusammen und verringern         Dies ist der Beginn einer komplexen Kettenre-
  somit den Blutverlust. Gleichzeitig bleiben die    aktion, bei der ein unlösliches, fadenförmiges
  Blutplättchen am Rand der Verletzung haf-          Protein – das sogenannte Fibrin – gebildet wird.
  ten. Sie ändern ihre Form und verfestigen sich     Seine Fäden bilden ein Netz, welches das
  zu einem ersten, anfänglich noch recht unsta-      Blutgerinnsel festigt. Die Wunde, die sich in
  bilen Blutpfropfen. In den verletzten Zellen       wenigen Minuten geschlossen hat, ist nun ge-
  entstehen unterdessen Proteinfaktoren, die das     schützt, und der Heilungsprozess kann beginnen.

                         verletzte
                         Gefässzellen
                                                                              Blutplättchen

                          Wunde

                                                                              Botenstoffe

Die verletzten Gefässe ziehen sich                   Blutplättchen lagern sich an die verletz-
zusammen; dadurch tritt weniger Blut                 ten Gefässzellen und geben gleichzeitig
aus der Wunde.                                       Gerinnungsfaktoren ab. Diese treten in
                                                     Wechselwirkung mit anderen aktivierten
                                                     Proteinen, die von den Gefässzellen
                                                     abgegeben werden.
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                            Fibrinfasern
                                                                                           Kruste

     Die Gerinnungsfaktoren und Botenstoffe                  Die Öffnung wird innert kurzer Zeit
     setzen die Gerinnungsreaktion in Gang.                  durch die Blutplättchen und Fibrinfasern
     In mehreren Schritten werden Fibrin-                    verschlossen; eine Kruste bildet sich.
     fasern gebildet, welche die Kruste aus
     Blutplättchen verstärken.

                                                                                             Skizziert oder erklärt
                                                                                             euch gegenseitig die
                                                                                             Gerinnungskaskade.
       Gerinnungskaskade und Bluterkrankheit                 der dieser Mangel
       Der Vorgang des Wundverschlusses ist sehr             ist. Die Betroffenen
       komplex. Daran beteiligt sind die Gefässwand          laufen bei Verlet-
       oder darunterliegendes Gewebe, die Blutplätt-         zungen Gefahr zu
       chen und die Gerinnungsfaktoren im Blutplasma.        verbluten. Bei schweren Formen kommt es be-
       Alle arbeiten Hand in Hand und verzahnt mitein-       reits bei minimalen Verletzungen zu unstillbaren
       ander.                                                Blutungen nach aussen, ins Gewebe oder in die
                                                             Gelenke. Eine dieser Erbkrankheiten wird Bluter-
       Jede Aktivierung eines Gerinnungsfaktors löst         krankheit oder Hämophilie genannt. Betroffen
       den nächsten Schritt aus, deshalb nennt man           sind vor allem Männer, was durch die Kombinati-
       den Vorgang «Gerinnungskaskade». Sobald               on ihrer Geschlechtschromosomen bedingt ist.
       die Gerinnungsstoffe aus den Thrombozyten             Männer besitzen ein X- und ein Y-Chromosom,
       und den verletzten Zellen freigesetzt worden          Frauen zwei X-Chromosomen. Das Gen, das
       sind, entsteht über mehrere Zwischenstufen            bei einem Defekt die Hämophilie auslöst, ist auf
       das Enzym Thrombin. Dieses Thrombin startet           dem X-Chromosom lokalisiert.
       die Umwandlung des Fibrinogen, welches im             Besitzt eine Frau ein defektes Gen, so wird die
       Blutplasma gelöst ist, in das nicht wasserlösliche    Auswirkung durch das zweite, gesunde Gen
       Fibrin. Es bilden sich lange Fibrinfasern, die sich   aufgehoben. Da Männer kein zweites X-Chromo-
       miteinander zu einem engen Netz verknüpfen.           som besitzen, löst bereits ein defektes Gen die
       Die roten Blutkörperchen verfangen sich beim          Bluterkrankheit aus.
       Austreten aus der Wunde in diesem Netz und
       verstopfen sie damit zusätzlich. Bei manchen          Behandelt werden Bluter, indem ihnen intravenös
       Menschen funktioniert die Gerinnungskaskade           der fehlende Gerinnungsfaktor verabreicht wird.
       nicht optimal. Sie haben erblich bedingt einen        Gerinnungsfaktoren werden aus Spenderblut
       Mangel an wichtigen Gerinnungsfaktoren. Die           gewonnen oder künstlich hergestellt.
       Symptome sind umso dramatischer, je gravieren-
Lehrmittel «Das Blut» | Blutgruppen                                                                   19

3. Die Blutgruppen
    Lernziele
    • Du erklärst das Blutgruppen-System des menschlichen Kör-
       pers korrekt.
    • Du bist in der Lage zu beschreiben, aus welchem Grund die
       Blutgruppen beim Blutspenden eine wichtige Rolle spielen.

Wichtig bei der Übertragung von Blut ist, dass die      3.1 Das AB0-System
Blutgruppen der Spender auf diejenigen der Emp-         Jeder Mensch gehört einer der Blutgruppen A,
fänger abgestimmt sind.                                 B, AB oder 0 (Null) an. In der Schweiz kommt die
                                                        Blutgruppe A am häufigsten vor. Nicht überall auf
Folgende Hauptmerkmale der roten Blutkörper-            der Welt sind die Blutgruppen gleich verteilt wie in
chen bestimmen die Blutgruppe:                          der Schweiz. So findet man bei den indigenen Völ-
                                                        kern Nord- und Südamerikas fast ausschliesslich
•     AB0-System (gesprochen A-B-Null-System)           die Blutgruppe 0, bei den Bewohnern Zentralasiens
•     Rhesus-Faktor                                     und Nordindiens sowie der umliegenden Länder
                                                        vorwiegend die Blutgruppe B.
Lange gelang die Übertragung aus mangelhaften                                                   Kennst du deine
hygienischen Vorkehrungen und vor allem infolge                                                 Blutgruppe?
Unkenntnis der Blutgruppenmerkmale nicht. Blut
ist nämlich nicht gleich Blut; was der eine verträgt,                       9%
kann für den anderen schädlich sein.                                                 5%
                                                                            B AB
                                                                              AB
                                                                                     4%
Der Wiener Arzt Karl Landsteiner führte im Jahr
1901 das entscheidende Experiment durch und
wurde dadurch zum Entdecker der Blutgruppen.
Er entnahm seinen Mitarbeitern und sich selbst
Blutproben und trennte sie in Serum und Blutzel-
len. Er vermischte jeweils das Serum einer Person
mit den Blutzellen einer anderen Person und be-                                              41 %
                                                                  45 %
obachtete dabei, dass das Serum einer Person die
Erythrozyten gewisser anderer Personen immer                       A                          0
verklumpen lässt.

                                                                         Blutgruppen-Verteilung in der Schweiz.

    Merkmale der Blutgruppen                            ti-A bei Menschen mit der Blutgruppe B, Anti-B
    Die Antigene A und B, die auf der Oberfläche        bei jenen der Blutgruppe A, Anti-A und Anti-B
    der Erythrozyten vorhanden sind, werden             bei Personen der Blutgruppe 0.
    vererbt und bestimmen die Blutgruppe(n) (A, B,      Kommen Antikörper mit inkompatiblen Erythro-
    AB und 0).                                          zyten in Kontakt (z. B. bei einer Transfusion von
    Das Abwehrsystem des Organismus erkennt             Blut der Blutgruppe B auf eine Person der Blut-
    seine eigenen, «natürlichen» Antigene und be-       gruppe A), verbinden sie sich mit der Oberfläche
    kämpft sie nicht; es kann also zwischen «selbst»    der körperfremden roten Blutkörperchen, der
    und «fremd» unterscheiden.                          sogenannten Membran, und zerstören im Körper
    Während der ersten sechs Lebensmonate bilden        die Blutzellen (Hämolyse).
    sich im Blutserum zusätzliche Antikörper: An-
20                                                                           Lehrmittel «Das Blut» | Blutgruppen

      Blutgruppe A                    Blutgruppe B               Blutgruppe AB              Blutgruppe 0

      Antigene   Antikörper              Antigene   Antikörper   Antigene    Keine          Keine      Antikörper
      A          Anti-B                  B          Anti-A       A&B         Antikörper     Antigene   Anti-A & Anti-B

                                                                            Der Begriff «Antigene» wird nicht nur
                                                                            für die Merkmale der Blutgruppen
                                                                            benützt. Wo kommt der Begriff sonst
                                                                            noch vor, und was bedeutet er?

      Wer passt zu wem?
      Kommen bei einer Transfusion unverträgliche Antigene und Antikörper zusammen, wird
      der Empfänger geschädigt. Bei der Bluttransfusion müssen also unbedingt die Blut-
      gruppen von Spender und Empfänger beachtet werden. Wer wem Blut spenden kann,
      zeigt die folgende Auflistung:

                                                SPENDER

                                                0           AB              B               A

                                     A

                                     B

                                     AB
                         EMPFÄNGER

                                     0

     Menschen mit der Blutgruppe AB können ihr Blut also nur Empfängern mit derselben
     Blutgruppe spenden. Auf der anderen Seite können Menschen mit der Blutgruppe Null
     ihr Blut jedem anderen Menschen spenden. Aus diesem Grund sind letztere in gewis-
     sem Sinn besonders geeignete Spender.
Lehrmittel «Das Blut» | Blutgruppen                                                                21

  Vererblichkeit
  Die Blutgruppen werden von den Eltern an die          Das Blutgruppen-Gen für das AB0-System ist
  Nachkommen vererbt. Im Zellkern jeder mensch-         auf dem Chromosom Nr. 9 lokalisiert. Es existie-
  lichen Körperzelle befindet sich ein doppelter        ren die Allele A, B und 0. A und B sind stärker
  Chromosomensatz. Ein Chromosomensatz setzt            als das Allel 0; man sagt, A und B sind gegen-
  sich aus 23 Chromosomen zusammen. Einen               über 0 dominant. A und B sind gleich stark. Die
  Chromosomensatz bekommt das Kind vom Va-              verschiedenen Stärken sind dafür verantwortlich,
  ter, den anderen von der Mutter.                      welche Blutgruppe im Phänotyp gezeigt wird.

  Die Erbfaktoren, die sogenannten Gene,                Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Ein Kind
  liegen auf den Chromosomen und bestimmen              erhält vom Vater das Allel A, von der Mutter das
  alle Merkmale eines Individuums, so auch die          Allel 0. Die Gen-Kombinationen A0 führt dazu,
  Blutgruppe. Die Gene bilden den Genotyp, die          dass das Kind die Blutgruppe A ausbildet, weil
  durch sie ausgebildeten Merkmale werden Phä-          das Allel A über das
  notyp genannt.                                        Allel 0 dominiert, es       Vererbt werden viele
                                                        sozusagen überdeckt.        Merkmale. Was hast du
  Ein Gen kann in verschiedenen Formen vor-                                         von deinem Vater, was
  kommen; diese Formen nennt man Allele. Das                                        von deiner Mutter geerbt?
  bedeutet also, dass ein Individuum von jedem
  Elternteil jeweils ein Allel erbt und somit von
  jedem Gen 2 Allele besitzt.

     Blutgruppe (Phänotyp)            Möglicher Genotyp (Gen-Kombination)
                      A                             AA oder A0
                      B                             BB oder B0
                      AB                               AB
                      0                                00

Die Vererbungseigenschaften der Blutgruppen können bei der Abklärung von
Vaterschaftsfragen eingesetzt werden.

                                        Vater                                      Mutter
                                    Blutgruppe A                                Blutgruppe A

Erbfaktoren-Kom-
bination der Eltern                  A       0                                  A         0

Mögliche Erbfak-
toren-Kombination
des Kindes
                           A       A          0        A            A         0             0         0
                           Blutgruppe A      Blutgruppe A           Blutgruppe A           Blutgruppe 0
22                                                                               Lehrmittel «Das Blut» | Blutgruppen

3.2 Der Rhesusfaktor                                  ten transfundiert, der dieses Antigen nicht besitzt
Bei Bluttransfusionen genügt es nicht, die Blut-      (= Rhesusfaktor «negativ»), so produziert dessen
gruppe des AB0-Systems zu kennen, sondern es          Körper Antikörper gegen den Rhesusfaktor. Diese
muss auch noch auf andere Merkmale geachtet           Antikörper greifen die Erythrozyten an und vernich-
werden. Ein solcher Faktor ist der Rhesusfaktor.      ten sie.
Mit dem Begriff Rhesusfaktor bezeichnet man           Ist das Antigen auf den Erythrozyten
ein erbliches Blutgruppenmerkmal, das von Karl        vorhanden, so sagt man, die Person          Kennst du deinen
Landsteiner und Alexander Wiener im Jahre 1940        sei rhesus-positiv, andernfalls rhe-        Rhesusfaktor?
am Rhesusaffen entdeckt wurde. Dieses Merkmal         sus-negativ. Der Rhesusfaktor wird an
ist ein weiteres wichtiges Antigen der Oberfläche     die Blutgruppe angefügt, zum Beispiel:
                     von Erythrozyten. Werden         Herr Müller hat die Blutgruppe «A positiv». Das
Nenne vier Organe,
                     Erythrozyten mit positivem       bedeutet, er hat die Blutgruppe A, und der Rhesus-
die transplantiert
                     Rhesusfaktor an einen Patien-    faktor ist vorhanden.
werden können.

                                                                                                   Was muss man bei einer
                                                                                                   rhesus-negativen Frau
                                                                                                   in der Schwangerschaft
                                                                                                   beachten?

                     Der Rhesusfaktor                                   Blut spät, sodass die
                     Als Rhesusfaktor wird das Rhesus-Antigen D         Gefahr für das Kind
                     bezeichnet. Rund 85 % der Europäerinnen und        gering ist. Bei einer er-
                     europäer sind rhesus-positiv (Rh+), die übri-      neuten inkompatiblen Schwangerschaft (Mutter
                     gen 15 % sind rhesus-negativ (Rh–). Bei einer      rhesus-negativ, Fötus rhesus-positiv) erfolgt die
                                 Blutübertragung muss darauf geach-     Reaktion sehr viel schneller, da der Organismus
 Was würde geschehen, wenn       tet werden, dass einem rhesus-ne-      der Mutter die Reaktionen der ersten Schwan-
 einem rhesus-positiven Emp-     gativen Empfänger kein rhesus-po-      gerschaft nicht vergessen hat (Gedächtniszellen).
 fänger rhesus-negatives Blut    sitives Blut transfundiert wird. Der   Die Antikörperkonzentration nimmt rasch zu. Die
 gegeben würde?                  Empfänger, der das Antigen D nicht     Antikörper gelangen über das Nabelschnurblut
                                 hat, würde Antikörper ausbilden, was   in grosser Zahl zum Embryo und attackieren
                                 bei einer weiteren rhesus-positiven    dessen Erythrozyten. Für das Kind besteht eine
                                 Transfusion zu einer gefährlichen      akute, anämiebedingte Lebensgefahr (Zerstö-
                     Reaktion führen kann. Rhesusfaktor von Spender     rung der Erythrozyten).
                     und Empfänger müssen also wie die Blutgruppe
                     aufeinander abgestimmt sein.                       Seit 2005 gibt es in der Schweiz eine klare Re-
                                                                        gelung, um dieser Gefahr vorzubeugen: Schwan-
                    Schwangerschaft                                     gere Frauen, die rhesus-negativ sind, erhalten
                    Der Rhesusfaktor muss auch während einer            in der Regel zwischen der 28. und 30. Schwan-
                    Schwangerschaft bestimmt werden. Ist ein            gerschaftswoche ein Anti D-Immunglobulin
                    Fötus rhesus-positiv, die Mutter aber rhe-          gespritzt, auch «Anti-D-Prophylaxe» genannt.
                    sus-negativ, kann dies zu Komplikationen            Nach der Geburt eines rhesus-positiven Kindes
                    führen.                                             erhält die Mutter erneut eine Dosis Anti-D-Im-
                    Gegen Ende der Schwangerschaft und bei der          munglobulin. Anti-D-Immunglobuline veranlas-
                    Geburt kommt es häufig dazu, dass über die          sen die Entfernung von kindlichen roten Blutkör-
                    Plazenta kleinste Mengen Blut des Föten in den      perchen mit dem Merkmal D, bevor die Zellen
                    mütterlichen Blutkreislauf gelangen. Bei der        das Immunsystem der Mutter aktivieren können,
                    ersten Schwangerschaft erfolgt die Abwehrre-        falls sie während der Geburt in den Kreislauf der
                    aktion des mütterlichen gegen das embryonale        Mutter gelangen.
Lehrmittel «Das Blut» | Blutspende                                                               23

           4. D
               ie Blutspende
             Lernziele                                                                   Finde den Spende-Check
             • Du beschreibst den Ablauf einer Blutspende korrekt.                       auf der Website und er-
             • Du erklärst die unterschiedlichen Spendearten und das Kom-                fahre mehr über weitere
                ponentensystem in eigenen Worten.                                        Spendenkriterien!

           Warum Blut spenden?                                    18 Jahren, die über 50 kg wiegen. Es gibt aber
           Bis heute ist es nicht gelungen, künstliches Blut      noch weitere Spendekriterien.
           herzustellen. Bei Unfällen, zur Behandlung von         www.blutspende.ch/de/spenderinfos/spende-check
           Krebspatienten oder auch bei Herzkrankheiten
           braucht es Blut. Ohne Blutspenderinnen und             Ablauf der Blutspende
           Blutspender kommt auch die beste medizinische          Der erste Schritt im Blutspendezentrum führt zum
           Versorgung nicht aus.                                  Empfang. Nach der Anmeldung und Regis-
           Jeden Tag braucht es in der Schweiz rund 700           trierung wird als Erstes ein Fragebogen aus-
           Blutspenden, damit der Bedarf der Spitäler abge-       gefüllt. Durch gewissenhafte Antworten helfen
           deckt werden kann. Zahlreiche Menschen können          die Spenderinnen und Spender, eine maximale
           nur dank Blutpräparaten leben.                         Sicherheit der Blutprodukte zu gewährleisten.
                                                                  Anschliessend wird der Fragebogen mit einer
            Der richtige Zeitpunkt                                medizinischen Fachperson besprochen. Danach
            Viele Blutprodukte sind nur kurze Zeit haltbar,       werden Blutdruck und Puls gemessen sowie der
            Blutplättchen beispielsweise nur gerade sieben        Blutfarbstoffgehalt (Hämoglobin) bestimmt. Ist
            Tage. Bei einer Bluttransfusion ist es zudem          der Hämoglobinwert zu tief, ist eine Blutspende
                    zwingend, dass Blutgruppe und Rhesus-         nicht möglich. Ist alles in Ordnung, kommt es zur
Wo kann man         faktor zwischen Spender und Empfänger         Blutspende. Diese dauert
in deiner Nähe      übereinstimmen.    Bei heiklen Operationen    nur etwa 10 Minuten und Kennst du Personen, die
Blut spenden?       kann  es vorkommen,    dass plötzlich 100     wird auf einem Liege-         Blut spenden? Sprich
                    Blutkonserven oder mehr benötigt werden.      bett durchgeführt. Nach       mit ihnen über ihre
                    Deshalb ist es wichtig, dass sich möglichst   einem Einstich, den man       Erfahrungen.
                    viele Menschen dafür entscheiden, frei-       kaum spürt, werden ca.
                    willige Blut zu spenden. Es braucht eine      450 ml Blut abgenom-
            sorgfältige Planung, damit die richtigen Blutgrup-    men. Diese Menge kann der Körper problemlos
            pen genau dann zur Verfügung stehen, wenn sie         innert kurzer Zeit wieder ausgleichen.
            gebraucht werden. Manchmal werden Spenderin-
            nen und Spender zur Blutspende eingeladen, weil       Nach der Spende sollte man sich etwas ausruhen.
            gerade ihre Blutgruppe knapp ist. Blut spenden        Zur Stärkung gibt es einen Imbiss. Für die erste
            können grundsätzlich alle gesunden Menschen ab        Blutspende benötigt man etwa eine Stunde.

                                              Fragen über
                                              Fragen – nichts                                        Stimmt der
                                              wird dem Zufall                                        Blutdruck? Ist
                                              überlassen.                                            der Puls normal?

                                              Drücken ist
                                              angesagt – das
                                              Kneten des Pump-
                                              balls fördert den                                      Entspannen und
                                              Blutfluss.                                             zurücklehnen!
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                      «Dank Blutspenden kann ich ein normales Leben führen.»

                      Viele Blutspenderinnen und Blutspender fragen sich, was mit ihrem
                      gespendeten Blut geschieht. Neben Unfällen und Krebstherapien
                      gibt es weitere Einsatzgebiete. Zum Beispiel muss A.H. aufgrund
700 Blutspenden
                      einer Erbkrankheit jeden Monat im Spital Blut «tanken».
braucht es pro Tag.
                      «Vor 23 Jahren wurde ich in Indien mit der erblichen Blutkrankheit ‹Thalas-
                      semia Major› geboren, und da ich in den ersten Lebensjahren nicht richtig
                      behandelt wurde, hatte ich anfangs eine Lebenserwartung von nur fünf
                      Jahren.
                      Mit drei Jahren wurde ich zu meinem grossen Glück von liebevollen         Die eigentliche Blutspende
                      Menschen aus der Schweiz adoptiert. Hier konnte ich dank der fort-        dauert nur 10 Minuten.
                      schrittlichen Medizin von einer sehr guten Therapie profitieren.

                        Eine komplexe Krankheit
                        ‹Thalassemia Major› ist eine komplexe Erbkrankheit, die auch ich selber nicht
                        bis ins Detail verstehe. Durch einen Gendefekt werden in meinem Körper
                        zu wenig funktionstüchtige rote Blutkörperchen, sogenannte Erythrozyten,
                               produziert, was zu einer schweren Blutarmut führt. Die einzige mögli-
                               che Therapie besteht für mich in regelmässigen Bluttransfusionen. Dies
 Blut kann nicht künstlich     führt jedoch dazu, dass ich viel zu viel Eisen im Körper habe. Über-
 hergestellt werden.           schüssiges Eisen lagert sich auf den Organen ab und kann langfristig zu
                               Komplikationen führen. Deshalb benötige ich täglich Medikamente, um
                               das überschüssige Eisen wieder aus dem Körper zu bringen. Ohne
                        diese Behandlung würde es zu schweren Schädigungen vor allem des
                        Herzens und der Leber kommen.                                                Wer braucht sonst
                                                                                                     noch Blut?
                        Einmal pro Monat ins Spital
                        Für meine Behandlung muss ich jeden Monat ins Spital. Dort erhalte ich
                        Bluttransfusionen und ein zusätzliches Medikament. Meistens brauche ich
                        zwei Blutbeutel von meiner Blutgruppe. Die Transfusion dauert ungefähr vier
                        Stunden. In dieser Zeit schlafe ich ein bisschen, lese ein Buch oder schaue ei-
                        nen Film. Mittlerweile habe ich mich an dieses Ritual gewöhnt, und dies wird
                        mein Leben lang so bleiben. Als Kind und in der Pubertät hatte ich manchmal
                        Mühe mit meiner Erkrankung und den vielen Spitalaufenthalten. Doch in
                        Indien haben viele Betroffene diese medizinischen Möglichkeiten nicht       Ohne Blutspende
                        – meine Eltern haben mir durch die Adoption wahrhaftig das Leben            kommt auch die beste
                        gerettet! Zudem wurde mir bewusst, dass das Blut, das ich erhalte, von medizinische Versor-
                        Menschen freiwillig gespendet wird. Dank ihnen kann ich ein normales        gung nicht aus.
                        Leben führen. Dafür bin ich extrem dankbar!
                        Im Alltag muss ich mich fast bis gar nicht einschränken. Ich könnte
                        mit einer leichten Blutarmut wohl nicht Spitzensportlerin werden, aber
                        damit kann ich sehr gut leben ;-).
                        Auf jeden Fall möchte ich allen Blutspenderinnen und Blutspendern danke
                        sagen. Ohne sie könnte ich nicht weiterleben.»
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