Das evolutionäre Design menschlicher Sexualität - 30 Jahre Evolutionspsychologie der Sexualität
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Ökologische Selektion Selektion durch ökologische Bedingungen, Nahrungsangebot, Räuber, Parasiten... (auch: Natürliche Selektion, viability selection) Sexuelle Selektion Selektion durch Paarungserfolg: • Konkurrenz unter Männchen, • Wahl durch Weibchen 3 Evolution • Manche Phänotypen haben mehr Nachkommen als andere. • Daraus folgt: Bestimmte Allele werden häufiger im Genpool - auf Kosten anderer. • Das heißt: Erfolgreiche Adaptationen verursachen ihre eigene Verbreitung 4 2
Evolutionspsychologie It takes (...) a mind debauched by learning to carry the process of making the natural seem strange so far as to ask for the why of any instinctive human act. debauched: zügellos,verführt. William James 5 Gefühle basieren auf evolvierten Adaptationen. Gefühle veranlassen uns dazu, die Dinge zu tun, die für den Reproduktionserfolg unserer Vorfahren vorteilhaft waren. • Süße, fettige Speisen essen • sich vor verdorbenem Fleisch ekeln • Bei Dunkelheit vorsichtig sein • Sich verlieben • Eifersüchtig sein • Für Kinder sorgen • sexuell begehren 6 3
Wir führen evolutionär entstandene Programme aus - auch wenn die reproduktive Fitness dadurch geringer wird. Adaptation executioners not fitness maximizers Warum essen Menschen mehr süße und fette Speisen, als ihnen gut tut? 7 Die Frage Wie wird unser sexuelles Begehren situtationsspezifisch gesteuert? Annahme: Die Steuerung sollte auf einem evolvierten Programm basieren, das durch den differentiellen Reproduktionserfolg unserer Vorfahren geformt worden ist. 8 4
Unsere nächsten Verwandten Schimpansen und Bonobos Gruppe mit vielen Weibchen und vielen Männchen. Promisk in drei Formen: 1. ohne offenen männlichen Wettbewerb, 2. besitzergreifend, 3. Paarweise (consorting) Gorillas Stabile Harem-Gruppe mit einem oder mehreren Männchen, polygyn Orang Utans Lockerer Verband verstreut lebender Weibchen, halb solitär, überlappende Reviere mit Männchen 9 Das sexuelle System der Vögel • Gemeinsame elterliche Fürsorge • kompliziert durch Seitensprünge • Minimalinvestition bei Männchen geringer als bei Weibchen • Mutterschaft sicher – Vaterschaft unsicher 10 5
Das weibliche Problem Wie bekomme ich männliche Ressourcen und gute Gene? Das männliche Problem Wie kann ich sichern, dass die Nachkommen, in die ich investiere, auch meine Gene tragen? 11 Was sind gute Gene? genetische Interaktionen individuell Inzuchtvermeidung kompatibel Imprinting Immunsystem universell gut gutes Design geringe Mutationsbelastung 12 6
Weibliche Wahl nach guten Genen Genetische Qualität Signale weibliche Wahl Indirekte Selektion für weibliche Wahl nach Fitness der Fitness-Signalen Nachkommen 13 Signale der Fitness Maynard Smith, J. (1956). Fertility, mating behaviour and sexual selection in Drosophila subobscura. Journal of Genetics, 53, 295-314. Petrie, M. (1994). Improved growth and survival of offspring of peacocks with more elaborate tails. Nature, 371, 598-599. Byers, J. A., & Waits, L. (2006). Good genes sexual selection in nature. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS), 103(44), 16343-16345. 14 7
Das Lek-Paradox Lek: Versammlungsort, an dem Männchen ihre Qualitäten zeigen. Lek Paradox: Weibliche Wahl sollte die genetische Varianz von Fitnessmerkmalen fortlaufend reduzieren - die genetische Varianz bleibt jedoch erhalten. Wodurch? Genetic Caption 15 Warum kopulieren Weibchen? Warum sollten Weibchen überhaupt mehr als 1-2 mal kopulieren? • Sichere Befruchtung ist biologisch leicht möglich. • Weibchen sind meist leicht in der Lage unwillkommene Männchen zu entmutigen. • Jede Kopulation erzeugt Kosten • zumindest Opportunitätskosten, oft auch das Risiko einem Räuber zum Opfer zu fallen oder den Zorn eines Artgenossen auf sich zu ziehen. Sexuell übertragbare Krankheiten bedrohen die Fertilität von Weibchen stärker als die von Männchen. Die Untersuchungen Batemans (1948) an Drosophila. Vertikal: Reproduktionserfolg, Horizontal: Zahl der Kopulationspartner 16 8
1. Warum kopulieren Weibchen? ...mit verschiedenen Männchen • Um Gene hoher Quaität mit ihrem eigenen Genom zu verbinden • Um die genetische Variation ihrer Nachkommen zu erhöhen • Als Absicherung gegen Inzestdepression • Um ein neuartiges Immunsystem zu schaffen • Für Materielle Ressourcen, Absicherung der Fürsorge für die Nachkommen • Schutz vor Infantizid • Um postkopulatorische (kryptische) weibliche Wahl zu treffen 17 2. Warum kopulieren Weibchen? ... mit dem gleichen Männchen • Um die Chance einer Befruchtung zu erhöhen • Bei monogamen Arten: Signal an das Männchen: Vaterschaft ist (relativ) sicher. • Kopulation löst Steuermechanismen aus: • Festigung der Paarbindung • Erhöhung der Fruchtbarkeit • Konditionierung des Immunsystems Die Elster: 100% treu Jennions, M. D., & Petrie, M. (2000). Why do females mate multiply? A review of the genetic benefits. Biological Reviews of the Cambridge Philosophical Society, 75, 21-64. 18 9
Das menschliche Sexuelle System • Gemeinsame elterliche Fürsorge kompliziert durch Seitensprünge • Minimalinvestition bei Männchen geringer als bei Weibchen, Mutterschaft sicher und Vaterschaft unsicher • erweiterte Sexualität • verborgene Ovulation • Paarbindung • gegenseitige Wahl • Spermienkonkurrenz 19 Erweiterte Sexualität und verdeckte Ovulation Ein Rezept zur Sicherung männlicher Kooperation: 1. Die verlängerte Zeit, in der der Fruchtbarkeit signalisiert wird (auch wenn es nicht stimmt) entkoppelt Kopulation und Fertilisierung. 2. Männchen, die längere Zeit werben und behüten vergrößern ihre Chance, Vater zu werden. 3. Sie verlieren Zeit und müssten für weitere Werbung wieder von vorn anfangen. 4. Männliche elterliche Fürsorge entsteht und wird zum evolutionären Erfolgsmodell. 5. Signale für die Ovulation verschwinden schließlich. 6. Signale der Fruchtbarkeit werden permanent 20 10
Ovulationszyklkus 21 Veränderungen von Motiven und Präferenzen im Ovulationszyklus geben Einblick in das Design menschlicher sexueller Motivation In Ovulationsphase... • mehr Haut gezeigt in Disco • attraktiver gekleidet • häufiger gelächelt • Haut attraktiver • Geruch anziehender für Männer • Belohnungssystem leichter aktivierbar • mehr in einer Stimmung für einen Flirt 22 11
Partnerwahl und Ovulationszyklus In Ovulationsphase • ausgeprägt männliche Gesichtsform bevorzugt • tiefe Stimme bevorzugt • dominantes Verhalten als attraktiv empfunden • sexuelle Wünsche richten sich vermehrt auf fremde Partner • der feste Partner steigert sein Behütungsverhalten 23 Maskulin/ Feminin 24 12
Dominanzverhalten 25 Messung von Körpersymmetrie 26 13
Fluktuierende Asymmetrie und Entwicklungsstabilität Symmetrie korreliert positiv mit • Fitnessindikatoren • weiblicher Wahl Anders Pape Mœller • Abwesenheit von Inzestdepression • Abwesenheit von Hybridisierungsdepression • Abwesenheit von Stress durch Umweltnoxen Ist Symmetrie ein Indikator für genetische Qualität? Wie vererbbar ist Symmetrie? Moller, A. P., & Swaddle, J. P. (1997). Asymmetry, developmental, stability, and evolution. Oxford: Oxford University Press 27 Körpersymmetrie korreliert beim Menschen mit • Gesundheit • Attraktivität • Dominanz im Sozialleben • Intelligenz • und anderen Fitnessmerkmalen Symmetrische Männer • haben mehr Sexualpartnerinnen, • sind weniger an Langzeitbeziehungen interessiert, • ihre Partnerinnen berichten mehr Orgasmen • und zeigen weniger Neigung zum Fremdgehen 28 14
Tanz und Körpersymmetrie Brown, W. M., Cronk, L., & Grochow, K. e. a. (2005). Dance reveals symmetry especially in young men. Nature, 438, 1148-1150. 29 Tänzer A Tänzer B 30 15
Ergebnisse 31 The Scent of Symmetry 32 16
Warum kopulieren Männchen? 1. Mit unterschiedlichen Weibchen • weil ihre Reproduktionsschancen sich vermehren 2. Mit dem gleichen Weibchen • Um Befruchtung zu garantieren • Als Absicherung gegen Spermienkonkurrenz • Häufigkeit und Dauer • Chemische Kriegführung • Um einen Mechanismus zur Paarbindung in Gang zu setzen (bei monogamen Arten)2. 33 Mittlere Kopulationshäufigkeit pro Fertilisierung Feuerameise 1 Lerche 2 Falke 500 Orang Utan 5 Gorilla 25 Mensch (Alter 20) 60 Schimpanse 130-1500 Birkhead, T. (2000), Fruth, B. (2006) Mensch Alter Mittelwert 20-29 176 30-39 290 40-49 1434 (Siegler, 1944, zitiert in Alexander and Noonan, 1997) 34 17
Spermienkonkurrenz Die menschliche Hodengröße liegt zwischen der von Schimpansen (starke Spermienkonkurrenz) und Gorillas (schwache Spermienkonkurrenz). (Harvey, P. H., and A. H. Harcourt., 1984) 35 Hat Spermienkonkurrenz das Design der männlichen Sexualität geform? • Gesteigertes männliches sexuelles Interesse und besonders heftige Kopulation nach vorübergehender Trennung. • Der menschliche Penis kann (theoretisch) die Funktion einer Saugpumpe zur Verdrängung fremden Ejakulats erfüllen. • Routine-Sex als Minimalvorbeugung gegen Spermienkonkurrenz - ohne viel Leidenschaft, initiert durch den Mann (der Woche zwier). (Shackelford, T. K. et al., 2002; Gallup, G. G. et al., 2003; Pound, N. 2002; Baker, R. R. , and M A. Bellis.,1995) 36 18
Warum so viele Kopulationen pro Schwangerschaft? • Fertilität: nur 30% der Eizellen, die Spermien ausgesetzt waren, überleben bis zur Geburt. • 15% werden nicht befruchtet, • 10-15% werden nicht implantiert, • 30-35% werden spontan abgetrieben. • Verdeckte Ovulation: Fertile Phasen sind kurz und werden nicht angezeigt. • Männliche Partnerbewachung (mate guarding): Regelmäßige Kopulation ist eine gute Vorbeugung gegen Spermienkonkurrenz • Festigung der Bindung: das beim Koitus ausgeschüttete Oytocin und Vasopressin löst bei monogamen Präriewühlmäusen bindungsfördernde Hirnprozesse aus - beim Menschen vermutlich ähnlich. • Der richtige Zeitpunkt: Signale für die konstante Anwesenheit eines Mannes führen zu erhöhter Fertilität. 37 Menschliche Spermienkonkurrenz? 38 19
Menschliches Sexuelles System • Überwiegen Monogamie in einem sozialen Verband. • Die Phase kindlicher Abhängigkeit dauert sehr lange • Die typische Investition in die Nachkommenschaft ist bei beiden Geschlechtern ungefähr gleich. • Die minimale Investition in die Nachkommenschaft ist bei Männern geringer als bei Frauen • Gegenseitige Partnerwahl nach genetischer Qualität, Fertilität, Ressourcen • Eisprung wird nicht signalisiert • Permanente sexuelle Ornamente • Spermienkonkurrenz 39 Regelmäßiger Koitus fördert die Fruchtbarkeit • Bei Frauen, die regelmäßig Sex haben, werden mehr fertile Zyklen beobachtet, als bei zölibatär lebenden Frauen. • Ausgelöst durch männlich Pheromone, Oxytocin? • Adaptation an die kontinuierliche Gegenwart eines potentiellen Fürsorgepartners? (Miller, E. M., 1998) • Wiederholter Koitus mit dem gleichen Partners reduziert das Risiko für Präeklampsie. • Induktion mütterlicher Immuntoleranz? (Robillard et al., 1994) 40 20
Signale der Fitness 41 21
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