Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
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Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht – Wesentlicher Inhalt und vorläufige Analyse – Nachdem die Ministerialbeamten über das Wochenende Moratorium für vertragliche Verpf lichtungen von Ver- vom 20. bis 22. März 2020 rund um die Uhr an einer als brauchern und Kleinstunternehmen in Bezug auf be- Formulierungshilfe der Bundesregierung ausgestalteten stimmte Dauerschuldverhältnisse zur Sicherung der Vorlage gearbeitet hatten, hat der Deutsche Bundestag am Grundversorgung bzw. der wirtschaftlichen Grundlagen 25. März 2020 ein Gesetz zur Abmilderung der Folgen der des Erwerbsbetriebs, Stundung des Schuldendienstes COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafver- unter Verbraucherdarlehensverträgen sowie ein Kündi- fahrensrecht beschlossen. Das Gesetz hat am 27. März gungsverbot für Miet- und Pachtverträge zur Vermei- 2020 den Bundesrat passiert, wurde noch am selben Tag im dung außergewöhnlicher Belastungen; und Bundesgesetzblatt verkündet und konnte somit bereits am 28. März 2020 in Kraft treten. Flexibilität bei der Aussetzung von Gerichtsverfahren in den strafrechtlichen Verfahrensvorschriften Das neue Gesetz wurde zusammen mit weiteren Regie- rungsmaßnahmen, vor allem Nothilfepaketen für Unter- nehmen, wie z. B. direkte Finanzhilfen, staatlich subven- 1. Insolvenzrecht tionierte Kredite, Steuererleichterungen und Eigenkapital- Die Gesetzesänderungen zielen darauf ab, Unternehmen, maßnahmen erarbeitet, wie sie etwa in das am selben Tag die infolge der COVID-19-Pandemie zahlungsunfähig verkündete Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz (WStFG) geworden sind oder sich in finanziellen Schwierigkeiten Eingang gefunden haben. Es ist damit zu rechnen, dass die befinden, die Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit zu Regierung auch in den nächsten Tagen und Wochen wei- ermöglichen. Dies soll durch eine umfassende Aussetzung tere Gesetzesvorhaben f lexibel einbringen wird, um den der Insolvenzantragspf licht bis zum 30. September 2020 Bedürfnissen der Bürger und der Wirtschaft während der und durch eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen erreicht durch die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19- werden, die (i) sicherstellen, dass die Geschäftsführung den Pandemie) ausgelösten Ausnahmesituation gerecht zu Geschäftsbetrieb im ordentlichen Geschäftsgang weiter- werden. führen kann, (ii) rechtliche Risiken im Zusammenhang mit der Bereitstellung neuer Finanzierungen in einer Krise ausschließen und (iii) die Insolvenzanfechtungsrisiken für I. Überblick Vertragspartner im Allgemeinen reduzieren sollen. Das Gesetz umfasst vier Bereiche: Aussetzung der Insolvenzantragspf licht, entsprechende 2. Gesellschaftsrecht Beschränkung der Haftung der Geschäftsleitung im Die COVID-19-Pandemie hat zu weitreichenden Einschrän- Rahmen der Betriebsfortführung und Beseitigung von kungen der öffentlichen und privaten Versammlungs- Rechtsrisiken bei der Kreditvergabe und der Fortfüh- freiheit von Menschen geführt, was auch die Möglichkeiten rung der Geschäfte mit den betroffenen Unternehmen; von Unternehmen, (Haupt-)Versammlungen abzuhalten und Beschlüsse zu fassen, eingeschränkt hat. Da die Maßnahmen zur Vereinfachung von Entscheidungen im rechtssichere Fassung von Gesellschafter- bzw. Haupt- Gesellschaftsrecht (vor allem bei Hauptversammlungen), versammlungsbeschlüssen für die Gesellschafter (z.B. in im Vereins- und Genossenschaftsrecht sowie im Bezug auf Dividendenausschüttungen) und – vor allem Wohnungseigentumsrecht; angesichts der aktuellen Situation – für das Unternehmen Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 1
selbst (z.B. in Bezug auf Kapitalmaßnahmen oder Um- II. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes strukturierungen) essentiell ist, besteht das Hauptziel des Gesetzes betreffend das Gesellschaftsrecht darin, den Das Gesetz enthält sechs Artikel mit punktuellen Unternehmen die effiziente Einberufung von Versamm- Änderungen und Ergänzungen der betreffenden Gesetze. lungen und die Beschlussfassung ohne physische Anwesen- heit zu ermöglichen. 1. Insolvenzrecht: Vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht 3. Zivilrecht Die in dem sog. COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz Die vorgeschlagenen Ergänzungen des Einführungsgesetzes (COVInsAG) zusammengefassten insolvenzrechtlichen zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) zielen darauf ab, Änderungen umfassen (i) eine Änderung der strengen Einkommensverluste und ihre negativen Konsequenzen bei Haftungsregelung für die Unternehmensleitung in Bezug Verbrauchern und Kleinstunternehmen abzumildern. So auf Zahlungen, die nach dem Eintritt der Zahlungsun- soll durch die Einführung eines bis zum 30. Juni 2020 be- fähigkeit oder der insolvenzrechtlichen Überschuldung fristeten Leistungsverweigerungsrechts die Deckung des geleistet werden, (ii) Haftungs-, Insolvenzanfechtungs- und angemessenen Lebensunterhalts bei Verbrauchern bzw. die andere Ausnahmen in Bezug auf neue Darlehen und Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbs- Sicherheiten, einschließlich einer Ausnahme von dem betriebs bei Kleinstunternehmen durch ein gezieltes Mora- allgemeinen Prinzip, dass Gesellschafterdarlehen bei einer torium gesichert werden. Die Regierung befürchtet offen- späteren Insolvenz der Tochtergesellschaft nachrangig bar ferner, dass Mieter nicht in der Lage sein werden, ihre sind, und (iii) Ausnahmen von den Insolvenzanfechtungs- Mietschulden rechtzeitig zu begleichen. Ebenso wird an- tatbeständen, um zu verhindern, dass Vertragsparteien den genommen, dass Verbraucher Schwierigkeiten bei der Handel einstellen oder Vertragsbeziehungen beenden. Die rechtzeitigen Rückzahlung von Darlehen und der recht- Bestimmungen gelten rückwirkend ab dem 1. März 2020. zeitigen Zahlung von Darlehensraten und Zinsen haben werden. Während die Erleichterungen bei langfristigen § 1 Aussetzung der Insolvenzantragspflicht Verträgen der Deckung des Grundbedarfs bzw. der wirt- § 1 COVInsAG setzt die Pf licht zur Stellung eines Insolvenz- schaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs nur Verbrau- antrags gemäß § 15a InsO und § 42 Abs. 2 BGB bis zum chern und Kleinstunternehmen zugutekommen und die 30. September 2020 aus. Die Aussetzung gilt nicht, wenn Erleichterungen bei Darlehensverträgen ausschließlich für die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19- Verbraucher gelten sollen, ist beabsichtigt, dass von den Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten darauf Erleichterungen bei Miet- und Pachtverträgen alle Mieter bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu besei- und Pächter von Grundstücken und Räumen profitieren tigen. Wenn der Schuldner zum 31. Dezember 2019 nicht sollen. zahlungsunfähig war, wird gesetzlich vermutet, dass die Insolvenz auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und dass Aussichten auf die Behebung einer be- stehenden Zahlungsunfähigkeit bestehen. Ist der Schuldner 4. Strafverfahrensrecht eine natürliche Person, so kann eine Versagung der Rest- Das Gesetz sieht eine Änderung des Strafverfahrensrechts schuldbefreiung nicht auf die Verzögerung der Eröffnung dahingehend vor, dass durch die COVID-19-Pandemie unter- des Insolvenzverfahrens zwischen dem 1. März 2020 und brochene Strafverfahren nicht neu verhandelt werden dem 30. September 2020 gestützt werden, es sei denn, dass müssen. die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung der COVID-19-Pandenmie beruht, für diesen Zusammenhang spricht jedoch auch in diesem Fall eine gesetzliche Vermutung. § 2 Folgen der Aussetzung (1) Soweit nach § 1 die Pf licht zur Stellung eines Insolvenz- antrags ausgesetzt ist, 1. gelten Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungs- konzepts dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters im Sinne des § 64 Satz 2 GmbHG, des § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG, des § 130a Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 2
Abs. 1 Satz 2, auch in Verbindung mit § 177a Satz 1 HGB § 4 Verordnungsermächtigung und des § 99 Satz 2 GenG vereinbar; Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher- 2. gilt die bis zum 30. September 2023 erfolgende Rück- schutz wird ermächtigt, die Aussetzung der Insolvenzan- gewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen tragspf licht nach § 1 und die Regelung zum Eröffnungs- Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Be- grund bei Gläubigerinsolvenzanträgen nach § 3 jeweils stellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats als nicht gläubigerbenachteiligend; dies gilt auch für die bis höchstens zum 31. März 2021 zu verlängern, wenn dies Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen aufgrund fortbestehender Nachfrage nach verfügbaren auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen öffentlichen Hilfen, andauernder Finanzierungsschwie- Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht aber deren rigkeiten oder sonstiger Umstände geboten erscheint. Besicherung; § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 44a InsO finden inso- weit in Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuld- ners, die bis zum 30. September 2023 beantragt wurden, 2. Gesellschaftsrecht: Maßnahmen zur Verein- keine Anwendung; fachung von Entscheidungen im Gesellschafts- 3. sind Kreditgewährungen und Besicherungen während recht, Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Genossen- des Aussetzungszeitraums nicht als sittenwidriger Beitrag schaftsrecht und Wohnungseigentumsrecht zur Insolvenzverschleppung anzusehen; § 1 Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften 4. sind Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Siche- auf Aktien, Europäische Aktiengesellschaften (SE); rung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in Das Gesetz sieht vor, dass der Vorstand auch ohne entspre- einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; dies chende Satzungsermächtigung (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 2 gilt nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die AktG) entscheiden kann, dass die (ordentliche oder außer- Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuld- ordentliche) Hauptversammlung im Wege elektronischer ners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungs- Bild- und Tonübertragung abgehalten wird, die Teilnahme unfähigkeit geeignet waren. Entsprechendes gilt für: und Stimmabgabe der Aktionäre auf elektronischem Wege erfolgen kann und Aufsichtsratsmitglieder per Audio- oder Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber; Videokonferenz teilnehmen können. Darüber hinaus wird Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des der Vorstand ermächtigt festzulegen, dass die Hauptver- Schuldners; sammlung komplett virtuell (d.h. ohne jegliche physische die Bestellung einer anderen als der ursprünglich ver- Präsenz von Aktionären) durchgeführt wird, sofern die einbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist; folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen. Es erfolgt eine Bild- und Tonübertragung der gesamten Hauptversammlung via Internet; (2) Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 gilt auch für Unternehmen, die die Stimmrechtsausübung der Aktionäre und keiner Insolvenzantragspf licht unterliegen, sowie für Vollmachtserteilung sind auf elektronischem Wege Schuldner, die weder zahlungsunfähig noch überschuldet möglich; sind. den Aktionären wird eine Fragemöglichkeit im Wege der elektronischen Kommunikation eingeräumt; (3) Abs. 1 Nr. 2 und 3 gilt im Fall von Krediten, die von der den Aktionären, welche ihr Stimmrecht ausgeübt Kreditanstalt für Wiederaufbau und ihren Finanzierungs- haben, wird die Möglichkeit gegeben, (abweichend von partnern oder von anderen Institutionen im Rahmen § 245 Nr. 1 AktG) auch ohne persönliches Erscheinen staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19- einem Beschluss der Hauptversammlung zu Pandemie gewährt werden, auch dann, wenn der Kredit widersprechen. nach dem Ende des Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert wird, und unbefristet für deren Rückgewähr. Im Hinblick auf Fragen der Aktionäre zu Tagesordnungs- punkten der Hauptversammlung kann der Vorstand nach § 3 Verfahrenseröffnung auf Gläubigerantrag pf lichtgemäßem, freiem Ermessen entscheiden, ob und in Bei Gläubigerinsolvenzanträgen, die zwischen dem welcher Form derartige Fragen zugelassen und beantwortet 28. März und dem 28. Juni 2020 gestellt werden, setzt die werden. Er kann außerdem festlegen, dass Fragen bis Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Grund spätestens zwei Tage vor dem Tag der Hauptversammlung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits am elektronisch übermittelt werden müssen. Zudem müssen 1. März 2020 vorlag. nicht alle Fragen beantwortet werden, sondern der Vor- stand darf eine Auswahl in pf lichtgemäßem Ermessen treffen. Dies führt im Ergebnis zu erheblichen Erleichte- Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 3
rungen im Vergleich zu den Bestimmungen des allgemei- Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, nen Fragerechts aus § 131 AktG. Darüber hinaus kann auch Europäische Aktiengesellschaften (SE) und Versicherungs- das Recht der Aktionäre eingeschränkt werden, während vereine auf Gegenseitigkeit getroffenen Regelungen – einer virtuellen Hauptversammlung Anträge zu stellen. insbesondere vor, dass Mitglieder von Genossenschaften ihre Beschlüsse schriftlich oder elektronisch fassen Die Einberufungsfrist für Hauptversammlungen wird auf können, unabhängig davon, ob die Satzung dies zulässt. 21 Tage reduziert und andere, damit zusammenhängende Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass Jahresabschlüsse Zeiträume werden ebenfalls entsprechend verkürzt. Das durch den Aufsichtsrat anstelle der Generalversammlung bisherige Erfordernis, wonach die Hauptversammlung festgestellt werden können. Vorstands- und Aufsichtsrats- innerhalb der ersten acht Monate des Geschäftsjahres mitglieder können auch über ihre ursprüngliche Amtszeit stattzufinden hatte (§ 175 Abs. 1 Satz 2 AktG) – für die hinaus bis zu ihrer Abberufung oder Wahl eines Nach- meisten Unternehmen endet dieser Zeitraum am folgers im Amt bleiben; das Gesetz erlaubt außerdem eine 31. August 2020 – wird auf zwölf Monate (d.h. bis zum Unterschreitung der vorgeschriebenen Mindestzahl an 31. Dezember 2020) verlängert. Letzteres gilt jedoch nicht Mitgliedern des Vorstands bzw. Aufsichtsrats. Eine Anfech- für Europäische Aktiengesellschaften (SE). tung von Beschlüssen der Generalversammlung kann – Fälle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit seitens der Der Vorstand kann zudem entscheiden, eine Abschlags- Genossenschaft ausgenommen – nicht auf Verletzungen zahlung auf die Dividende (§ 59 AktG) für das vergangene des Gesetzes oder der Mitgliederrechte gestützt werden, die Geschäftsjahr auszuschütten, selbst wenn dies in der Sat- auf technische Störungen im Zusammenhang mit schrift- zung nicht vorgesehen ist. Entsprechendes gilt für eine lichen oder elektronisch durchgeführten Beschluss- Abschlagszahlung auf die Ausgleichszahlung (§ 304 AktG) fassungen zurückzuführen sind. an außenstehende Aktionäre im Rahmen eines Unter- nehmensvertrags. § 4 Umwandlungsrecht Alle vorgenannten Entscheidungen erfordern die Zustim- Für Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz sieht das mung des Aufsichtsrats, wobei der jeweilige Beschluss auch Gesetz vor, dass Umwandlungen basierend auf einer Bilanz schriftlich, telefonisch oder auf vergleichbaren Kommuni- erfolgen können, deren Stichtag bis zu zwölf Monate (statt kationswegen erfolgen kann. bislang acht Monate) zurückliegt. Das Recht der Aktionäre, Hauptversammlungsbeschlüsse § 5 Vereine und Stiftungen aufgrund bestimmter Formalien – einschließlich in der In Bezug auf Vereine und Stiftungen sieht das Gesetz vor, (oben genannten) elektronischen/virtuellen Form einzu- dass Vorstandsmitglieder auch über das Ende ihrer berufen –anzufechten, wird eingeschränkt. Eine Anfech- ursprünglichen Amtszeit hinaus bis zu ihrer Abberufung tung kann insoweit nur auf vorsätzlich begangene Verstöße oder der Bestellung eines Nachfolgers im Amt bleiben gestützt werden. können. Außerdem kann es der Vorstand den Mitgliedern auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung § 1 des Gesetzes gilt auch für Kommanditgesellschaften auf ermöglichen, ohne physische Präsenz an einer Mitglieder- Aktien (KGaA) und – mit Ausnahme der Verlängerung der versammlung teilzunehmen und ihre Mitgliederrechte Einberufungsfrist auf zwölf Monate – für Europäische auszuüben sowie ihre Stimmen vor der Durchführung der Aktiengesellschaften (SE). Hauptversammlungen Europä- Versammlung schriftlich abzugeben. Schließlich werden ischer Aktiengesellschaften müssen aufgrund vorrangiger die Anforderungen für Beschlüsse außerhalb einer Mit- Vorschriften des europäischen Rechts (Art. 54 Abs. 1 SE-VO) gliederversammlung gelockert. Sofern alle Mitglieder weiterhin innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäfts- beteiligt werden, ist ein Beschluss ohne Versammlung der jahres abgehalten werden. Schließlich gelten die meisten Mitglieder gültig, wenn mindestens die Hälfte der Mit- der vorgenannten Bestimmungen auch entsprechend für glieder ihre Stimmen abgegeben haben und die jeweils Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. erforderliche Mehrheit erreicht wurde. § 2 Gesellschaften mit beschränkter Haftung § 6 Wohnungseigentümergemeinschaften Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung sieht das Für Wohnungseigentümergemeinschaften sieht das Gesetz Gesetz vor, dass Gesellschafterbeschlüsse auch dann außer- vor, dass der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Ab- halb einer physischen Versammlung in Textform oder berufung oder Bestellung eines neuen Verwalters im Amt durch schriftliche Stimmabgabe gefasst werden können, bleiben kann. Auch gilt der zuletzt beschlossene Wirt- wenn nicht alle Gesellschafter mit einem solchen Ver- schaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschafts- fahren einverstanden sind. plans fort. § 3 Genossenschaften Des Weiteren umfasst das Gesetz verschiedene Erleich- terungen für Genossenschaften. Es sieht – ähnlich den für Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 4
§ 7 Übergangsregelungen / Dauer des Moratoriums wird die Leistung nicht fällig, so § 8 Verordnungsermächtigung dass für den Zeitraum, in dem die Voraussetzungen für ein Moratorium vorliegen, auch keine Verzugszinsen auf- Die §§ 1 bis 6 gelten nur für Maßnahmen und Ereignisse laufen. (d.h. Hauptversammlungen oder andere Versammlungen, gezahlte Vorabdividenden, Handelsregisteranmeldungen), Der Schuldner trägt die Beweislast für das Vorliegen sämt- die im Jahr 2020 stattfinden. Das Bundesministerium der licher Voraussetzungen des Moratoriums in seiner Person Justiz und für Verbraucherschutz kann diesen Zeitraum bzw. seinem Erwerbsbetrieb. jeweils durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats bis zum 31. Dezember 2021 verlängern, wenn Eine Ausnahme von diesen Leistungsverweigerungsrechten dies angesichts der COVID-19-Pandemie geboten erscheint. gilt in dem Fall, dass die Erfüllungsverweigerung des Schuldners für den Gläubiger unzumutbar wäre, wobei hier im Wesentlichen dieselben Maßstäbe gelten, wie bei der Beurteilung des Rechts des Schuldners, die Erfüllung zu 3. Zivilrecht: Moratorium und Erleichterungen verweigern. Ist das Leistungsverweigerungsrecht des für bestimmte Vertragspflichten Schuldners ausgeschlossen, weil dies zu einer unzumut- Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch baren Belastung des Gläubigers führen würde, kann der werden in einem neuen Art. 240 folgende Bestimmungen Schuldner zur Vermeidung seiner Leistungspf licht den hinzugefügt, die zum 1. April 2020 in Kraft treten. Vertrag kündigen. Die Kündigung soll für den Schuldner offenbar möglich sein, ohne dass er dadurch Ausgleichsver- § 1 Moratorium pf lichtungen oder Ersatzansprüchen aus Anlass der Verbraucher, die eine Verpf lichtung im Zusammenhang Kündigung ausgesetzt wird. mit einem „wesentlichen“ Dauerschuldverhältnis auf der Die Bestimmung zum Moratorium findet keine Anwen- Grundlage eines vor dem 8. März 2020 geschlossenen dung auf Ansprüche im Zusammenhang mit Miet-, Pacht- Verbrauchervertrags haben, können die Erfüllung der und Darlehensverträgen (für die ein spezielles Schutzpro- Verpf lichtung bis zum 30. Juni 2020 verweigern, wenn sie gramm gilt, siehe §§ 2 und 3 der vorgeschlagenen Bestim- aufgrund von auf die COVID-19-Pandemie zurückzufüh- mungen) sowie mit arbeitsrechtlichen Ansprüchen. renden Umständen die Erfüllung der Verpf lichtung nicht ohne Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des § 2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Schuldners oder seiner unterhaltsberechtigten Angehö- Pachtverträgen rigen erbringen können; Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission können die Vermieter von Grundstücken sowie privat oder geschäftlich Erfüllung einer Verpf lichtung aus wesentlichen Dauer- genutzten Räumen sind nicht berechtigt, solche Mietver- schuldverhältnissen, die bis zum 8. März 2020 abgeschlos- träge zu kündigen, wenn der Mieter die Miete während des sen wurden verweigern, wenn sie infolge von Um-ständen, Zeitraums vom 1. April bis einschließlich 30. Juni 2020 die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, nicht zahlt, sofern die Nichtzahlung durch die Auswir- entweder die Verpf lichtung nicht erfüllen können oder die kungen der COVID-19-Pandemie verursacht wurde. Der Erfüllung der Verpf lichtung die wirtschaftlichen Grund- Mieter hat den ursächlichen Zusammenhang zwischen der lagen des Erwerbsbetriebs des Schuldners gefährden COVID-19-Pandemie und der Nichtzahlung der Miete glaub- würde. Die ausgesetzten Verpf lichtungen sind dann jedoch haft zu machen. Die nicht gezahlte Miete ist bis zum nach dem 30. Juni 2020 zu erfüllen; sie entfallen nicht 30. Juni 2022 nachzuentrichten. Für Pachtverträge gelten (Moratorium). In beiden Fällen gilt das Moratorium nur für die vorstehenden Regelungen entsprechend. „wesentliche“ Dauerschuldverhält-nisse, d.h. solche die – im Falle von Verbrauchern – zur Eindeckung mit Leistun- § 3 Stundung der Rückzahlung von gen der angemessenen Daseinsvorsorge, bzw. – bei Kleinst- Verbraucherdarlehen unternehmen – zur Eindeckung mit Leistungen zur ange- Für vor dem 15. März 2020 geschlossene Verbraucher- messenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebs erforderlich darlehensverträge werden Ansprüche auf Rückzahlung, sind. Tilgung und Zinsen, die zwischen dem 1. April und 30. Juni 2020 fällig werden, für die Dauer von drei Monaten ab dem Das Moratorium gilt unabhängig davon, ob die Verpf lich- jeweiligen Fälligkeitstermin gestundet, wenn der Verbrau- tung des Schuldners in der Zahlung einer vertraglichen cher aufgrund der durch die COVID-19-Pandemie hervor- Vergütung (d.h. Geld) oder in der Erbringung einer sons- gerufenen außergewöhnlichen Umstände Einnahme- tigen vertraglichen Leistung (z. B. Lieferung von Waren ausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erfüllung der oder Erbringung von Dienstleistungen) besteht. Es erstreckt jeweiligen Verpf lichtung nicht zumutbar ist, insbesondere sich nicht nur auf die vertraglichen Primäransprüche in Fällen, in denen der angemessene Lebensunterhalt des gegen den Schuldner, sondern auch auf vertragliche oder Darlehensnehmers oder seiner Unterhaltsberechtigten gesetzliche Sekundäransprüche, wie Rückgewähr-, Scha- gefährdet ist. Das Kündigungsrecht des Darlehensgebers densersatz- und Aufwendungsersatzansprüche. Für die Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 5
wegen Zahlungsverzugs und wegen wesentlicher Ver- und zehn Tage vor. Die Regelung soll nach einem Jahr auf- schlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners gehoben werden. oder der Werthaltigkeit der für das Darlehen gewährten Sicherheiten wird bis zum Ablauf der Stundung ausgesetzt. Nach dem Gesetz ist Voraussetzung für die Verlängerung, Der Darlehensgeber soll dem Verbraucher ein Gespräch dass der nächste Hauptverhandlungstermin aufgrund der über die Möglichkeit einer einvernehmlichen Regelung COVID-19-Pandemie nicht früher stattfinden kann. Dies sowie über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. soll beispielsweise dann der Fall sein, wenn an dem Prozess Können sich Darlehensgeber und Darlehensnehmer nicht Personen mit einem erhöhten Risiko (ältere Menschen, auf eine Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni Menschen mit Vorerkrankungen) beteiligt sind oder wenn 2020 einigen, verlängert sich die Laufzeit des Vertrags um der normale Geschäftsbetrieb des Gerichts aufgrund der drei Monate. Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie eingeschränkt ist. Letzteres dürfte schon heute auf prak- Die Entlastung des Darlehensnehmers gilt nicht, wenn die tisch jedes deutsche Strafgericht zutreffen – und daher Stundung oder der Ausschluss des Kündigungsrechts für ermöglichen, jede derzeit in Deutschland laufende straf- den Darlehensgeber unter Berücksichtigung aller Um- rechtliche Hauptverhandlung für drei Monate und zehn stände des Einzelfalls nicht zumutbar ist. Tage zu unterbrechen (sofern der Beschleunigungsgrund- satz, insbesondere bei Haftsachen, das zulässt). §3 Abs. 8 / § 4 Verlängerungsmöglichkeit Die Bundesregierung kann die Maßnahmen in Bezug auf Darlehensverträge (§ 3) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages auch auf andere Personen III. Vorläufige Analyse ausweiten (insbesondere auf Kleinstunternehmen). Außer- dem kann die Bundesregierung das Moratorium bis zum 1. Insolvenzrecht 30. September 2020, das Verbot der Kündigung von Mietverträgen wegen nicht geleisteter Mietzahlungen für Die Änderungen zielen darauf ab, Unternehmen, die infol- den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2020 sowie die ge der COVID-19-Pandemie insolvent geworden oder in Verlängerung der dreimonatigen Stundung für Zins und finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, die Möglichkeit Tilgung unter Verbraucherdarlehensverträgen auf Ansprü- zu geben, ihre Geschäftstätigkeit fortzusetzen und Zugang che, die bis zum 30. September 2020 fällig werden, sowie zu Finanzmitteln zu erhalten. die Darlehenslaufzeit auf bis zu zwölf Monate jeweils durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats Aussetzung der Insolvenzantragspflicht verlängern, wenn zu erwarten ist, dass das soziale Leben, Durch die umfassende Aussetzung der gesetzlichen die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unterneh- Antragspf licht nach Eintritt von Überschuldung und men oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Men- Zahlungsunfähigkeit wird den Unternehmen eine Atem- schen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheb- pause verschafft, damit sie auf die staatlich gestützten lichem Maße beeinträchtigt bleibt. Darüber hinaus wird die Förderprogramme zugreifen oder eine Insolvenz auf andere Bundesregierung ermächtigt, die o. g. Fristen durch Rechts- Weise abwenden können. Die damit verbundenen Nachteile verordnung mit Zustimmung des Bundestages und ohne für die Gläubigergesamtheit in einer möglichen Folge- Zustimmung des Bundesrates über den 30. September 2020 insolvenz sind nach Aussage des Gesetzgebers hinzuneh- hinaus zu verlängern, wenn die Beeinträchtigungen men, „um einen Zusammenbruch ganzer Wirtschafts- fortbestehen. zweige zu vermeiden, der aufgrund des andernfalls feh- lenden Zugangs zu neuen notwendigen Krediten oder der Erschwerung der Fortführung der Geschäfte drohen würde“. Die Aussetzung gilt nicht, wenn die Insolvenz 4. Strafverfahren: Fristverlängerung zwischen nicht durch die COVID-19-Pandemie verursacht wurde oder zwei Verhandlungsterminen keine Aussichten bestehen, dass die Zahlungsunfähigkeit Bislang schrieb das deutsche Strafprozessrecht vor, dass behoben werden kann. Die weitgehende gesetzliche Ver- eine einmal begonnene Hauptverhandlung nicht für län- mutung, wonach die Insolvenz durch die Auswirkungen gere Zeit (maximal zwischen drei Wochen und einem der COVID-19-Pandemie verursacht wurde und es Aus- Monat mit gewissen Verlängerungen in besonderen Fällen) sichten auf Beseitigung einer bestehenden Zahlungsun- unterbrochen werden darf. Wurde die Frist nicht eingehal- fähigkeit gibt, wenn der Schuldner zum 31. Dezember 2019 ten, musste die Hauptverhandlung ausgesetzt und von nicht zahlungsunfähig war, soll die offensichtlichen Un- neuem begonnen werden. Die Beweisaufnahme musste sicherheiten ausgleichen und nimmt bei der Beurteilung, wiederholt werden. ob die Anmeldepf licht ausgesetzt ist oder nicht, eine erhebliche Last von der Geschäftsleitung. Das neue Gesetz sieht eine Verlängerung des maximalen Zeitraums zwischen aufeinander folgenden Hauptverhand- lungsterminen in Strafsachen auf insgesamt drei Monate Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 6
Folgen der Aussetzung staatlicher Hilfsprogramme anlässlich der COVID-19-Pan- demie gewährten Kredite unterliegen demselben Schutz, § 2 Nr. 1 COVInsAG soll die Geschäftsleitung in die Lage und das neue Gesetz weitet diesen Schutz sogar auf ent- versetzen, das Unternehmen im ordentlichen Geschäfts- sprechend geförderte Darlehen aus, die nach Ablauf des gang fortzuführen. Nach deutschem Recht ist die Ge- Aussetzungszeitraums gewährt oder besichert werden, um schäftsleitung nach dem Eintritt von Überschuldung und so sämtliche staatlichen Finanzierungen zu erfassen, die Zahlungsunfähigkeit zu einer sogenannten Notfall- zur Abwendung der durch die COVID-19-Pandemie geschäftsführung verpf lichtet, wonach sie nur solche ausgelösten finanziellen Schwierigkeiten gewährt wurden. Zahlungen vornehmen darf, die unbedingt erforderlich sind, um den unmittelbaren Zusammenbruch des Ge- Zusätzlich zum Schutz für Darlehen und Sicherheiten nach schäfts zu vermeiden. Das neue Gesetz erlaubt es der § 2 Nr. 2 bietet schließlich § 2 Nr. 4 COVInsAG auch an- Geschäftsleitung, weiterhin alle Zahlungen im gewöhn- deren Vertragspartnern, wie z. B. Lieferanten, Kunden und lichen Geschäftsgang zu leisten. Dazu gehören nicht nur Vermietern, Schutz vor Insolvenzanfechtung. Ohne einen Zahlungen zur Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme solchen Schutz würden die Vertragspartner auf der Grund- des Geschäftsbetriebs, sondern auch Zahlungen, die bspw. lage der derzeit geltenden Bestimmungen erhebliche für die Umsetzung einer Restrukturierung erforderlich Gefahr laufen, dass Zahlungen, Lieferungen usw. in einer sind. § 2 Nr. 2 und 3 COVInsAG zielen darauf ab, die Bereit- späteren Insolvenz zurückgefordert werden, und sie stellung von Finanzierungen für Unternehmen, die von der würden daher höchstwahrscheinlich den Handel mit dem COVID-19-Pandemie betroffen sind, zu fördern und zu betroffenen Unternehmen einstellen oder das Vertrags- erleichtern. verhältnis beenden. Der erste Satz von Nr. 4 enthält ein Privileg für Fälle kongruenter Deckung, d.h., wenn der Gemäß § 2 Nr. 2 COVInsAG können bis zum 30. September Vertragspartner Anspruch auf Leistung oder Sicherheit in 2023 erfolgende Rückzahlungen von neuen Krediten (ein- dieser Art und zu dieser Zeit hatte. Satz 2 enthält ein Privi- schließlich Lieferantenkrediten), die während der Aus- leg für Fälle der inkongruenten Deckung, d.h., wenn die setzungsfrist gewährt wurden und die Gewährung von Leistung oder die Gewährung von Sicherheiten von dem Sicherheiten für diese neuen Kredite in einem späteren vertraglich oder anderweitig Geschuldeten abweicht. Die Insolvenzverfahren nicht angefochten werden. Das Gesetz Rückforderungsbefreiungen gelten nicht, wenn dem An- sieht auch Anreize für Gesellschafter vor, angeschlagenen fechtungsgegner bekannt war, dass die Sanierungs- oder Tochtergesellschaften Finanzmittel zur Verfügung zu Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht geeignet stellen. Entgegen dem bislang geltenden deutschen Insol- waren, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beheben, venzrecht sind neue Gesellschafterdarlehen, die innerhalb was je nach den Umständen zu einer gewissen Unsicherheit der Aussetzungsfrist gewährt werden, in späteren Insol- führen kann. venzverfahren der Tochtergesellschaft, das bis zum 30. September 2023 beantragt wird, nicht nachrangig, und Rückzahlungen auf solche Gesellschafterdarlehen sind von der Anfechtbarkeit befreit. Anders als bei durch Dritte 2. Maßnahmen zur Vereinfachung von gewährten Darlehen sind jedoch Sicherheiten, die zuguns- Entscheidungen im Gesellschaftsrecht ten von Gesellschafterdarlehen gewährt werden, nicht privilegiert, so dass sie weiterhin mit einer Frist von zehn Das neue Gesetz bietet Unternehmen einen effektiven Weg, Jahren ab dem Tag der Insolvenzantragstellung angefoch- ihre jeweiligen Versammlungen einzuberufen und die rele- ten werden können. vanten Beschlüsse angesichts auch in Zeiten von Ausgangs- sperren und Versammlungsverboten zu fassen. § 2 Nr. 3 COVInsAG erhöht die Rechtssicherheit für Kre- dite, die in einer finanziellen Schief lage an ein Unterneh- Zwar erlaubten bereits die bislang geltenden Bestimmun- men vergeben werden, erheblich. Nach bisherigem deut- gen des Aktiengesetzes die Übertragung von Hauptver- schem Recht wäre ein Kreditgeber, der ein Darlehen oder sammlungen und die elektronische Beteiligung der eine andere Form von Kredit an ein Unternehmen in der Aktionäre (sofern dies in der Satzung vorgesehen ist), Krise vergibt, Haftungsrisiken ausgesetzt, wenn ein solches Unternehmen haben aber von dieser Möglichkeit aufgrund Darlehen oder ein solcher Kredit nicht ausreicht, um eine technischer Schwierigkeiten und damit verbundener Sanierung zu erreichen, eine unvermeidliche Insolvenz Unsicherheiten bislang kaum Gebrauch gemacht – insbe- somit nur hinauszögert und somit andere Gläubiger schä- sondere im Hinblick auf potentielle Anfechtungsklagen digt. Sicherheiten, die für ein solches Darlehen oder einen seitens der Aktionäre. Der teilweise Ausschluss von An- solchen Kredit gewährt werden, können als sittenwidrig fechtungsklagen wird in dieser Hinsicht mit hoher Wahr- und daher nichtig angesehen werden. Die Bestimmung scheinlichkeit zu Verbesserungen und gesteigerter bietet Sicherheit für alle neuen Darlehen oder Kredite, die Rechtssicherheit führen. während der Aussetzungsfrist gewährt werden. Die Einführung einer rein virtuellen Hauptversammlung Alle durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, ihre Finan- ist ein Novum, das bereits in den vergangenen Jahren dis- zierungspartner oder andere Institutionen im Rahmen kutiert, vom Gesetzgeber aber letztlich abgelehnt worden Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 7
war, da das Recht der Aktionäre, zur physischen Teilnahme von Mietern (ob Verbraucher oder nicht), von Verbrauchern an der Hauptversammlung als zu wichtig erschien, um und Kleinstunternehmen hinsichtlich bestimmter Dauer- abgeschafft zu werden. Angesichts der gegenwärtigen schuldverhältnisse und von Darlehensnehmern unter Umstände ist diese Abschaffung vernünftig. Allerdings Verbraucherkreditverträgen. Während der Aufschub von waren die Abstimmungsrichtlinien einiger Stimmrechts- Zahlungsverpf lichtungen den Schuldnern sofortige Erleich- berater in der Vergangenheit gegenüber vollständig vir- terungen bringen wird, hat er gleichzeitig unmittelbare tuellen Hauptversammlungen sehr skeptisch – vor dem Auswirkungen auf die Gläubiger, insbesondere Banken, Hintergrund der aktuellen Situation ist jedoch davon aus- sowie auf private und gewerbliche Vermieter. zugehen, dass auch diese Richtlinien in den kommenden Wochen an die neue Situation angepasst werden dürften. Anwendungsbereich Das Moratorium hinsichtlich „wesentlicher Dauerschuld- Was das Recht der Aktionäre betrifft, Fragen zu den Gegen- verhältnisse“ gilt nur für Verbraucher und Kleinstunter- ständen einer Hauptversammlung zu stellen, deuten die nehmen als Schuldner und beschränkt das Recht zur Erfahrungen mit digitalen Medien darauf hin, dass sowohl Erfüllungsverweigerung ausdrücklich auf Leistungsver- die absolute Anzahl der Fragen als auch die Anzahl unzu- pf lichtungen unter Dauerschuldverhältnissen, die der lässiger Fragen aus der „sicheren Entfernung“ zunehmen angemessenen Daseinsvorsorge von Verbrauchern bzw. der könnten. In dieser Hinsicht verdient die klare Aussage des angemessenen Fortführung des Erwerbsbetriebs von Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung, wonach der Kleinstunternehmen u. a. mit Pf lichtversicherungen, Vorstand nicht sämtliche Fragen beantworten muss, son- Strom, Gas, Telekommunikationsleistungen und – soweit dern mehrere Antworten zusammenfassen und sinnvolle zivilrechtlich geregelt – Wasserversorgung und -entsor- Fragen im Interesse aller Aktionäre auswählen kann, Un- gung dienen. Gerade im Hinblick auf die Fortführung des terstützung. Auch das Recht des Vorstands, für die Einrei- Erwerbsbetriebs ist vorstellbar, dass weitere als diese in der chung von Fragen einen Stichtag zwei Tage vor der Haupt- Gesetzesbegründung beispielhaft genannten Bereiche unter versammlung zu setzen, kann in nicht unerheblichem die als wesentlich anzusehenden Dauerschuldverhältnisse Maße dazu beitragen, die zu erwartende Menge an Fragen fallen. Miet-, Darlehens- und Arbeitsverträge sind hiervon angemessen zu kanalisieren und strukturieren. ausdrücklich ausgenommen. Leider gilt die Möglichkeit, die Hauptversammlung bis zum Mit Blick auf die Erleichterungen bei Darlehensverträgen 31. Dezember 2020 abzuhalten, nicht für Gesellschaften in dürfte der Zahlungsaufschub nur in dem Umfang gewährt der Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft. Die werden, in welchem dem Schuldner die nötigen Mittel für SE-Verordnung schreibt insoweit zwingend vor, dass die den Schuldendienst fehlen, dies gilt seinem Wortlaut nach Hauptversammlung binnen sechs Monaten nach Abschluss auch für das Moratorium. In beiden Fällen sind die Ver- des Geschäftsjahres abzuhalten ist. bindlichkeiten aber nur befristet gestundet. Wenn ein Zu beachten ist, dass die Möglichkeit, Vorabdividenden Schuldner die in der Krise erlittenen Einkommensverluste auszuschütten, auf die Zahlung von 50 Prozent des Jahres- also nicht wieder aufholen kann, wird er bei Auslaufen der überschusses des Unternehmens beschränkt ist und Erleichterungen von den aufgelaufenen Verbindlichkeiten 50 Prozent des Bilanzgewinns des vorangegangenen Ge- (im Falle nicht gezahlter Miete und Pacht zuzüglich Ver- schäftsjahres 2018 nicht übersteigen darf. zugszinsen) eingeholt werden. Vor der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs hatte auch Der erste Formulierungsvorschlag der Bundesregierung für das Deutsche Aktieninstitut (DAI) eine Reihe von Empfeh- das Moratorium hatte den Kreis der geschützten Schuldner lungen abgegeben, die seitens des deutschen Gesetzgebers nicht auf Verbraucher und Kleinstunternehmen be- nicht alle übernommen wurden (z. B. weiterreichende schränkt, und bezog alle Vertragsverhältnisse ohne Ausnahmen für die Haftung der Gesellschaftsorgane und Qualifikation ein, solange nur die Leistung aufgrund der die Anfechtbarkeit/Nichtigkeit von Hauptversammlungs- COVID-19-Pandemie beeinträchtigt würde. Außerdem hätte beschlüssen; Möglichkeit, (volle) Dividenden auf der Grund- die Regelung bis zum 30. September 2020 gelten sollen. Der lage von Vorstands-/Aufsichtsratsbeschlüssen zu zahlen; Gesetzentwurf wurde in der Diskussion deutlich einge- Möglichkeit, den Wirtschaftsprüfer allein auf der Grund- schränkt, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass grö- lage eines Aufsichtsratsbeschlusses zu bestellen usw.). ßeren Unternehmen andere Unterstützungsleistungen wie erleichterte KfW-Kredite und andere Maßnahmen nach dem Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz zur Verfügung stehen, ohne dass in bestehende Vertragsbeziehungen 3. Moratorium und vorübergehende Erleich- eingegriffen werden muss. Diese Fokussierung auf be- terungen bei vertraglichen Verpflichtungen und stimmte besonders schutzwürdige Schuldner und Vertrags- bei Miet- und Pachtverhältnissen verhältnisse ist zu begrüßen, da das Vertrauen in einen ausgewogenen, rechtssicheren individuellen Wirtschafts- Das Gesetz greift in ungewohnt starker Weise in bestehen- verkehr in Deutschland auch in der Krise bewahrt werden de vertragliche Beziehungen ein. Es zielt ab auf den Schutz sollte. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 8
Die neue Regelung ist in das Einführungsgesetz zum dazu, Kündigungen und damit verbundene negative Bürgerlichen Gesetzbuch eingebettet und bildet daher Konsequenzen für den Mieter zu vermeiden. Die Ungleich- einen Teil des deutschen materiellen Zivilrechts – für behandlung gegenüber Dauerschuldverhältnissen zur vertragliche Beziehungen, die ausländischem Recht unter- Grundversorgung bzw. Erhaltung der wirtschaftlichen liegen, gilt er nicht. Grundlagen des Erwerbsbetriebs wird bislang, soweit er- sichtlich, nicht näher erläutert. Geltendmachung und Folgen Zu der Möglichkeit der Verlängerung der Laufzeit von Der Schuldner muss das Leistungsverweigerungsrecht aus Verbraucherdarlehensverträgen in Ermangelung einer Artikel 240 § 1 Abs. 1 oder 2 EGBGB einredeweise geltend einvernehmlichen individuellen anderen Lösung heißt es in machen und trägt die Beweislast für das Vorliegen sämt- der Gesetzesbegründung, dass das ursprüngliche Vertrags- licher Voraussetzungen des Moratoriums in seiner Person gefüge erhalten bleiben und nur zeitlich verschoben bzw. in seinem Erwerbsbetrieb. Während hinsichtlich der werden soll. Die sich insoweit im Einzelfall stellenden Frage, ob ein Kleinstunternehmen tatsächlich zur Zahlung Fragen z.B. im Zusammenhang mit Bankgebühren, in der Lage ist oder nicht, Klarheit herrschen dürfte variablen Zinssätzen, Aus-wirkungen auf verbundene (objektive Prüfung), ist unklar, wann von einer Gefährdung Verträge konnte der Gesetz-geber in der Kürze der Zeit der wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs aus- nachvollziehbarerweise nicht abschließend adressieren. zugehen ist. Ähnlich unklar dürfte der Begriff des ange- messenen Lebensunterhalts des Schuldners sowie der ange- Ausblick messenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebs sein. Das Gesetz befasst sich notwendigerweise kurz und recht Im Rahmen eines vom Schuldner geltend gemachten allgemein mit dem Schuldner-Gläubiger-Verhältnis. Moratoriums könnte die Stundung der Verpf lichtung des Zweifelsfragen aus der Berufung auf die gesetzlichen Schuldners gleichzeitig das Recht des Gläubigers zur Erleichterungen im Rahmen der Krise werden im Nach- Aufrechnung gegen eigene Verpf lichtungen blockieren. hinein und rückblickend geklärt werden müssen. Dies Dasselbe gilt wohl für das allgemeine Zurückbehaltungs- kann in vielen Situationen zu Zweifelsfällen führen, z.B. recht (§§ 273, 320 Abs. 1 BGB), das es dem Gläubiger darüber, ob der Gläubiger vernünftigerweise geltend grundsätzlich erlaubt würde, seine eigene (Gegen-)Leistung machen konnte, dass die Zahlungsverzögerung für ihn zurückzuhalten, bis der Vertragspartner ebenfalls geleistet untragbar war und dass die Zahlung rechtzeitig hätte hat. Unklar ist, ob dies auch für das besondere Zurückbe- erfolgen müssen, oder dass eine Kündigung zu einem haltungsrecht des Gläubigers (gem. § 321 Abs. 1 BGB) gilt. bestimmten Zeitpunkt rechtmäßig und wirksam erfolgt ist. Insoweit könnte man argumentieren, dass dieses nicht Darüber hinaus wird die Grundrechtskonformität der beeinträchtigt sein sollte, da es gilt, wenn die Erfüllung der gesetzlichen Erleichterungen im Einzelnen diskutiert Leistungspf licht des Schuldners durch seine mangelnde werden. Insoweit ist jedoch allgemein anerkannt, dass das Leistungsfähigkeit gefährdet ist. Hiergegen spricht aber Grundgesetz innerhalb bestimmter Grenzen Eingriffe in möglicherweise der Sinn und Zweck des neuen Gesetzes. das Eigentum und die wirtschaftlichen Interessen des Einzelnen zulässt. Diese und andere Fragen werden erst Da die jeweiligen Verpf lichtungen des Schuldners nicht zur geklärt werden können, wenn die akuten Herausforde- Zahlung fällig werden, ist der Schuldner, der von dem rungen der COVID-19-Pandemie hoffentlich bewältigt sind. Moratorium oder der Stundung bei Verbraucherdarlehens- verträgen profitiert, nicht zur Zahlung von Verzugszinsen Die finale Fassung des Gesetzes schränkt die umfangrei- verpf lichtet. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung auch chen Rechte der zuständigen Ministerien und der Bundes- für Leistungen, die bei Eintritt der Voraussetzungen des regierung, den persönlichen und zeitlichen Anwendungs- Moratoriums bereits fällig waren – auch diese leben dann bereich der vorgesehenen Erleichterungen zu verlängern, mit Wegfall der Voraussetzungen des Moratoriums wieder gegenüber dem Ausgangsentwurf ein. Dies ist vermutlich auf. Ob eine derart weitgehende Auslegung der Regelung, den während des Gesetzgebungsprozesses geäußerten die den bereits vor Eintritt der COVID-19-Krise säumigen Bedenken wegen der verfassungsrechtlichen Beschrän- Schuldner schützt, sinnvoll ist, ist zu hinterfragen, denn kungen der Möglichkeit zur Verlagerung von Gesetzge- hinsichtlich des Rückstands mit solchen Leistungen müs- bungskompetenzen auf die Exekutive geschuldet. Das sen jedenfalls bis zum Beginn der COVID-19-Pandemie Gesetz gibt der Bundesregierung allerdings nach wie vor andere Gründe ursächlich gewesen sein. eine weitgehende Befugnis, die Dauer der beschriebenen Hilfsmaßnahmen ohne Zustimmung der Legislative zu Der Ausschluss des Verzugs ist bei Nichtzahlung von Miete verlängern. oder Pacht nicht vorgesehen, da insoweit kein Moratorium vorgesehen ist, sondern ein Zahlungsverzug, der wegen der besonderen Umstände lediglich kein Kündigungsrecht des Vermieters auslöst. Anders als bei einem Moratorium sind die Erleichterungen bei Mietverträgen offenbar nicht dazu gedacht, Liquiditätsengpässe zu überbrücken, sondern Freshfields Bruckhaus Deringer LLP Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht 28. März 2020 9
4. Strafverfahren Lange Zeiträume zwischen den Gerichtsterminen sind in der Regel für angeklagte Individualpersonen und betrof- fene Unternehmen belastend. Andererseits wurden in den vergangenen Tagen mehrere große Wirtschaftsstrafverfah- ren, die noch für mehrere Wochen fortdauern sollten, massiv beschleunigt und Urteile wurden, teilweise nach bis spät in den Abend dauernden Sitzungsterminen, zügig verkündet, um weitere Verhandlungen in oft überfüllten Gerichtssälen zu vermeiden. Gegenüber dieser Vorgehensweise scheint die neue Rege- lung, die lange Unterbrechungen vorsieht, das kleinere Übel zu sein. Es wäre jedoch vorzuziehen, die neue Regel nur auf Ver- fahren anzuwenden, die unbedingt fortgesetzt werden müssen (z. B. in Haftsachen), und alle anderen Prozesse auszusetzen und nach dem Ende bzw. einer Eindämmung der Pandemie neu aufzunehmen. IV. Fazit Das Gesetz wurde innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums von einer Woche – und damit ähnlich der schnellen Reaktion während der Finanzkrise – auf den Weg gebracht und verabschiedet und hat damit einen wirksamen vor- läufigen zivil- und insolvenzrechtlichen Schutzrahmen für Verbraucher und Unternehmen geschaffen. Die Geschwin- digkeit, mit der das Gesetz – neben den zahlreichen weiteren Gesetzesinitiativen zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie – konzipiert wurde und das Gesetzgebungsverfahren unter erschwerten Bedingungen durchlaufen hat, ist beeindruckend. Unklarheiten des Gesetzes wird die Praxis aufnehmen – und es bleibt zu hoffen, dass die Dauer dieser unweigerlich zu einseitigen wirtschaftlichen Belastungen führenden Eingriffe in das Schuldrecht beschränkt bleibt. freshfields.com This material is provided by the international law firm Freshfields Bruckhaus Deringer LLP (a limited liability partnership organised under the law of England and Wales) (the UK LLP) and the offices and associated entities of the UK LLP practising under the Freshfields Bruckhaus Deringer name in a number of jurisdictions, and Freshfields Bruckhaus Deringer US LLP, together referred to in the material as 'Freshfields'. For regulatory information please refer to www.freshfields.com/en-gb/footer/legal-notice/. The UK LLP has offices or associated entities in Austria, Bahrain, Belgium, China, England, France, Germany, Hong Kong, Italy, Japan, the Netherlands, Russia, Singapore, Spain, the United Arab Emirates and Vietnam. Freshfields Bruckhaus Deringer US LLP has offices in New York City and Washington DC. This material is for general information only and is not intended to provide legal advice. © Freshfields Bruckhaus Deringer LLP 2020
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