Das Verteilnetz - Rückgrat für die Energiewende - Simon Köppl und Thomas Estermann 02.02.2021 Energie Web-Seminar
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Das Verteilnetz – Rückgrat für die Energiewende Simon Köppl und Thomas Estermann 02.02.2021 Energie Web-Seminar 2020
Agenda 1 Geschichte und Struktur des Verteilnetzes 2 Was passiert gerade in den bayerischen Verteilnetzen? 3 Ein intelligentes Verteilnetz ist das Rückgrat der Energiewende 3 Wofür brauchen wir Smart Meter? 4 Wie sieht das Verteilnetz der Zukunft aus? – Ein Beispiel aus Altdorf 2
Die FfE auf einen Blick Leitbild • Zukunftsfähiges Energiesystem in Deutschland, Europa und der Welt • Chancen durch notwendige Transformation für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft aufzeigen • Unabhängige, wissenschaftliche Analysen als Basis für fundierte Entscheidungen • Talente junger Wissenschaftler*innen fördern Zahlen Themenfelder Kompetenzen • Gründung 1949 als gemeinnütziger Verein, • Energiesystem • Datenanalyse & -management seit 2001 Tochter: FfE GmbH • Energiemärkte • Modellierung & Simulation • Mehr als 100 Mitglieder, > 50 korporativ • Energieeffizienz • Projektkoordination & IT • 80 Mitarbeitende • Ressourcen und Klimaschutz • Industrielles Energiemanagement • 3 Dissertationen, 30 Abschlussarbeiten pro Jahr • Digitalisierung • Feldtests & Transfer in die Praxis 3
„ Geschichte der Stromversorgung Spurensuche in der Im Oktober 1882 wurde hier Landeshauptstadt anlässlich der internationalen Elektrizitätsausstellung von Miesbach nach München erstmals • Weltweit erste Gleichstromübertragung in der Welt eine Kraftübertragung über 57km Telegraphenleitung mit Hochgespannten Strömen • In Miesbach: Dampfmaschine von 1,5 PS + durchgeführt. Die Schöpfer des Dynamo Werkes Oscar von Miller und • Spannung wurde mit 2 kV übertragen Marcel Deprez bahnten damit den • Im Münchner Glaspalast: künstlicher Weg zur Ausnutzung entlegener Wasserfall wird durch Pumpe angetrieben Energiequellen.“ • Wirkungsgrad: 22% Verband Deutscher Elektrotechniker, 1952 5
So wurde es mal geplant: Vom (Groß-)Kraftwerk zum (Kleinst-)Verbraucher Erzeuger Verbraucher Höchstspannung 220 – 380 kV Übertragungsnetz Hochspannung 60 - 100 kV Mittelspannung 6 – 50 kV Verteilnetz Niederspannung 230 / 400 V 6
Stromkreislängen in Bayern nach Spannungsebenen 8× Höchstspannung ~5.600 km Die Gesamtlänge der bayerischen Stromnetze beträgt ca. 325.500 km, dies entspricht mehr als acht Hochspannung ~13.300 km Erdumrundungen. Mittelspannung ~87.700 km Niederspannung ~218.900 km FFE-37 13 7
Trends im Stromnetz Ausstieg aus Zubau erneuerbarer Zunehmende Viele neue Akteure auf Neue Lastprofile in den Kohleverstromung Erzeugungsanlagen Umkehrung der dem Strommarkt unteren und Kernenergie Versorgungsrichtung Spannungsebenen Die Belastung (und auch die Komplexität) im Verteilnetz nimmt zu 9 Photos by Johannes Plenio, American Public Power Association, Jim Wilson Vivint Solar, Ernest Ojeh on Unsplash
Der Erzeugungsschwerpunkt ändert sich fundamental! Bis 2025: Grafenrheinfel Bruttostromerzeugung: d Steigerung der EE auf über 70 % der Bruttostrom- erzeugung Isar Grundremmin gen Zolling München- Nord Wind PV Wegfall von Einspeiseleistung, Systemdienstleistungen & rotierender Masse! 10
Umkehrung der Versorgungsrichtung Erzeuger Verbraucher Höchstspannung 220 – 380 kV Einspeiseleistung sinkt • Atommoratorium Hochspannung • Kohleausstieg 60 - 100 kV Mittelspannung 6 – 50 kV Einspeiseleistung steigt • EEG • KWK-Förderung Niederspannung • Photovoltaikpflicht 230 / 400 V • … Stromerzeugung verlagert sich zunehmend ins Verteilnetz 11
Ein paar Zahlen zur Energiewende im Verteilnetz Der größte VNB Bayernwerk rechnet für das Jahr 2030 in Bayern mit folgenden Zahlen (https://www.bayernwerk.de/flowerpower) • 20 GW PV + 4 GW Wind • 2 Mio. Elektrofahrzeuge • 660.000 Wärmepumpe • 380.000 Hausspeichersysteme Über 1. 200 Gemeinde bzw. 49 Landkreise positiver Energiebilanz Spannende Zeiten für Netzbetreiber! 12
Energiewende in Markt Altdorf – Entwicklung und Ausblick 12 Kummulierte EE-Leistung in MW 10 Biomasse 8 Wasserkraft Photovoltaik 6 4 2 ©FfE BMWi-39-1 Csells-Basisdaten_eV_00003 0 Jahr Photovoltaik: 10,1 MW Wasserkraft: 0,01 MW Biomasse: 0,04 MW Gesamt (2016): 10,1 MW PV-Potenzial: ~ 30 MW Auswirkung auf die Netzbelastung in Altdorf 13
Mit Prosumern drängen neue Akteure auf den Strommarkt 6 5 Elektrofahrzeug 4 4.600 kWh Wärmepumpe 3 Leistung in kW 2 Haushalt 1 0 Photovoltaik -1 -2 HA-Last 2.600 kWh 4.500 kWh 27.000 km -3 ©FfE BMWi-39-3 Csells-Flex-Potenzial_eV_00026 00:00 03:00 06:00 09:00 12:00 15:00 18:00 21:00 00:00 ~ 5.400 kWh Typtag Typischer (Jahr) (Jahr) Werktag Durch Photovoltaik und neue elektrische Verbraucher wird das Lastprofil signifikant verändert. 14
Aktuelle Trends verschärfen die Belastung im Verteilnetz Heute Zukunft 200 200 150 Elektrofahrzeug 150 100 Nachtspeicherheizung 100 Leistung in kW Leistung in kW 50 50 Wärmepumpe 0 0 00:00 03:00 06:00 09:00 12:00 15:00 18:00 21:00 Haushalt 00:00 03:00 06:00 09:00 12:00 15:00 18:00 21:00 -50 -50 -100 Photovoltaik -100 -150 -150 Last am Trafo ©FfE BMWi-39-3 Csells-Flex-Potenzial_eV_00021 ©FfE BMWi-39-3 Csells-Flex-Potenzial_eV_00022 -200 -200 Typtag (Jahr) Typtag (Jahr) Notwendigkeit zur Nutzung von Flexibilitäten 15
Mehr als einfach nur „Mehr Kupfer“ So schultert das Verteilnetz die Energiewende 16
Was tun bei zu hoher Netzbelastung? Kritische Netzbelastungen • Transformatorüberlastung • Leitungsüberlastung • Spannungsbandprobleme Ausbau Versorgungssicherheit • Abweichung der Netzfrequenz Verstärkung Akzeptanz Wirtschaftlichkeit Umweltverträglichkeit Optimierung 17
Viele Alternativen zum „klassischen Netzausbau“ Flexibilisierung der Erzeugung Topologische Schalthandlungen Regelbare Ortsnetztransformatoren Quartierspeicher Demand Response (Industrie) Hausspeichersysteme Netz- optimierung Hybridisierung Strom, Wärme, Gas Freileitungsmonitoring Blindleistungsmanagement Elektrofahrzeuge Längsregler Demand Side Management in Haushalten Mehr Infos www.ffe.de/mona 18
Nicht alle Fahrweisen von (funktionalen) Speichern helfen dem Netz… Speicherung Netzeinspeisung Abregelung Leistung Uhrzeit Optimierung des Netzentlastend/ Netzsstabilisierend Eigenverbrauchs (EV) „netzorientiert“ Speicher passt sich den Speicher wird immer dann Speicher wird gezielt Anforderungen des geladen, wenn die PV- Netzes an zu Mittagszeit geladen, Erzeugung größer als der EV ist um Einspeisespitze zu reduzieren 19
Was lernt man aus Forschungsprojekten über den Stand im Verteilnetz? • Nicht nur eine Floskel! Energiewende findet im Verteilnetz statt: neue Belastung + neue Komplexität • Lastverhalten im Verteilnetz verändert sich: Letztverbraucher Consumer Prosumer Flexumer • Abregelung von EE heute kein süddeutsches Problem! Grund ist meist Nord-Süd Engpass in der Übertragungsnetzebene, Abregelung in den nördlichen und östlichen Verteilnetzen in Deutschland • Jedes Verteilnetz ist anders keine allgemeine gültigen Aussagen möglich, aber Handlungsrahmen abschätzbar • Lösungsoptionen neben klassischen Netzausbau geeignet – praktischer Betrieb teilweise gehemmt (CAPEX/OPEX) • Netzausbau häufig alternativlos… ! ? ? § „…“ 20
Der Weg zum Smart Grid: Intelligentes Zusammenspiel aus verschiedensten Komponenten Erneuerbare Flexible Smart rONT Längsregler Speicher Erzeuger Verbraucher Meter kWh 21
Smart Grid und Smart Meter Digitalisierung für ein intelligentes Verteilnetz 22
Chancen der Digitalisierung für den Verteilnetzbetreiber Erzeuger Verbraucher Verteilnetzbetreiber Neue Herausforderungen Chancen der Digitalisierung • Ausgleich von Angebot und Nachfrage Steigerung der Prognosegüte • Netzbetrieb Neue Datenpunkte im Stromnetz • Spannungshaltung intelligente Betriebsmittel • Engpassmanagement Bidirektionale Infrastruktur auch zu kl. Anlagen ABER: Nutzen muss den Aufwand (Ressourcen, Komplexität etc.) rechtfertigen 23
Was passiert beim Smart Meter-Rollout: Vom Ferrariszähler zum iMSys Ferrariszähler Intelligentes Messsystem (iMSys) Moderne Messeinrichtung Smart Meter (mMe) Gateway (SMGW) [Photo: media1.faz.net] • Induktionsprinzip • Erfassung der • Digitale Messeinrichtung Wirkenergie • Bestimmung von Schein- und Blindleistung • Manuelle Ablesung • Erfassung der tatsächlichen Nutzungszeit im 15-Min-Takt • Kommunikationseinheit SMGW zur Übermittlung, Speicherung und Plausibilisierung der Daten • … 24
Wer kommt wann ein iMSys und welche Kosten treten auf? • Unterscheidung zwischen Pflicht und Optional • Pflicht bei VERPFLICHTEND • Erzeuger ab 7 kW • Verbraucher ab 6.000 kWh/a • Teilnahme am Flexibilitäts- Mechanismus • Jährliche Kosten für Endnutzer ab 100 € • 95 % Umrüstung bis 2032 OPTIONAL • Pflichtrollout bei ~5 Mio. Verbrauchern und ~1,3 Mio. Erzeugern © hw.design, München Rollout im Jahr 2020 gestartet (bei Messstellen ohne Schaltanforderung) 25
Chancen und Mehrwert von intelligenten Messsystemen Messen mit iMSys – Eine Auswahl Steuern über iMSys- Hier sind die Randbedingungen noch nicht klar Energieberater Messstellenbetreiber Externer Marktteilnehmer • Lastganganalyse • Ablesen der Zählerstände • Erweitertes Anlagen-Contracting • Lokales • Verbrauchervisualisierung • Engpassmanagement Energiemanagement • Plausibilisierung • Wirtschaftliche • Mehrspartenmessung Bewertung • … • … Verteilnetzbetreiber Flexumer Flexumer • Netzzustandsdaten • Mieterstrommodelle • Direktvermarktung Sonstiges 6,9% • Atypisches • Echtzeit-Monitoring des • Virtuelles Kraftwerk Verbrauchsverhalten Energiebezugs • Flexibilitäts- Wärmepumpen § 14A 20,3% • … • Preisvariable Tarifmodelle Vermarktung EnWG Wallboxen • … Nachtspeicherheizungen 0,1% 72,7% 26
Das Verteilnetz der Zukunft Praxisbeispiel: Altdorf aus dem Projekt C/sells 27
C/sells – Demonstrationsprojekte im digitalen Energiesystem Weitere Infos unter www.ffe.de/csells & www.csells.net • Größtes SINTEG-Schaufenster • Demonstrationsfläche in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen • 34 technische Demonstratoren • 9 Partizipationszellen • Verbundprojekt mit 56 Partnern aus gesamter energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette • Reichweite in Öffentlichkeit: • Bürger • Politik • Wissenschaft C/sells konzipiert und erprobt diverse Lösungskonzepte für die EE-Integration 28
Netzengpass – Koordination – Realbetrieb – Schaufenster 29
Altdorfer Flexmarkt: Erschließung & Koordination von netzdienlicher Flexibilität EE-induzierte Engpässe zunehmendes EinsMan Marktbezogene Maßnahme zur Standardisierte Behebung von Erschließung Netzengpässen dezentraler Assets aus allen Sektoren über iMsys Elektrifizierung von Wärme & Mobilität Koordination des Flex-Abrufes Visualisierung ? ? von Flex-Angebot und Flex-Bedarf 30
Erkenntnisse aus dem Realbetrieb heute wenig Engpässe, Probleme Technik vs. Motivation erst bei hohen Durchdringungen Probanden: „Forerunner“ Verteilnetz: Gatekeeper für Markt Flex-Produkte Probanden Stromnetz Partizipation Flex-Plattform Infrastruktur Plattform: viele Akteure, Proof-of-Concept erfolgt transparent, Koordination Performance passt zu Use Case Netzbetreiber, marktbezogen ABER: iMSys-Architektur sperrig Heute ungenutzte Flex-Optionen über Aggregation + €-Pauschale Flexmärkte: wichtiger Baustein für eines effizienten Netzengpassmanagement 31
Stromnetze: Rückgrat einer gelungenen Energiewende (BMWi) Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die zunehmende Elektrifizierung erfordert eine Umstrukturierung des Stromnetzes auf allen Ebenen. Intelligente Regelungen oder der Einsatz von „netzoptimierenden Maßnahmen“ sind wichtige Baustein – ohne Netzausbau (auch HGÜ) geht es aber nicht. Durch die Energiewende und die Digitalisierung werden auch kleinteilige und dezentrale Anlagen immer wichtiger für eine sichere Energieversorgung. Umsetzungsprojekte wie SINTEG demonstrieren schon heute die Technik und die Prozesse von morgen und geben Zuversicht für die Energiewende 32
Jetzt freuen wir uns auf die Diskussion… ! ? ? § „…“ 33
Simon Köppl Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. Tel.: +49(0)89 15 81 21– 78 Email: skoeppl@ffe.de Thomas Estermann Wissenschaftlicher Mitarbeiter Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. Tel.: +49(0)89 15 81 21– 33 Am Blütenanger 71 – 80995 München Email: testermann@ffe.de Tel.: +49(0)89 15 81 21 – 0 Email: info@ffe.de Internet: www.ffe.de Twitter: @FfE_Muenchen Fotos: ©Enno Kapitza
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