DasWetterimVisier Instrumente und Messnetze der Meteorologie
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Und nun – das Wetter Welcher Aufwand hinter dem täglichen Wetterbericht steckt, können wir Zu- schauer, Hörer, Internetsurfer oder Zeitungsleser kaum erahnen. Dabei zählt das weltumspannende Beobach- tungsnetz der Weltorganisation für Meteorologie WMO mit ihren rund 180 Mitgliedsstaaten zu den größten und erfolgreichsten technischen Projekten der Menschheit. Der Deutsche Wetter- dienst leistet als nationaler Wetter- dienst der Bundesrepublik Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu, denn er verfügt über eines der dichtesten Be- obachtungsnetze weltweit. Zu seinen gesetzlich geregelten Aufgaben gehört es, das Wetter rund um die Uhr zu be- obachten und vorherzusagen. Regionale Wetterberatung in der Münchener Niederlassung des Deutschen Wetterdienstes. Das globale meteorologische Netz um- dere meteorologische Organisationen Wetterdienste Prognosen berechnen. fasst eine Vielzahl von Messinstrumen- betreuen. Sie prüfen die Messdaten, Eine sechstägige Wettervorhersage ist ten und Sensoren zur Überwachung der bereiten sie auf und verteilen sie dann heute immerhin so zuverlässig wie eine Wetterküche vor Ort und aus der Ferne. international über das globale meteo- 24-stündige Vorhersage vor vierzig Jah- Sie messen den Zustand der Erdatmos- rologische Telekommunikationsnetz ren. Mit dem heutigen Beobachtungs- phäre zu Lande, zu Wasser, in der Luft GTS. netz können die Meteorologen auch viel und vom Weltraum aus. Diese komplexe schneller erkennen, ob sich irgendwo Technik funktioniert dank vieler Men- Alle Wetterdaten fließen zudem in die ein gefährliches Unwetter zusammen- schen, die sie rund um den Globus für globalen und lokalen Wettermodelle braut, und so fast immer rechtzeitig die nationalen Wetterdienste und an- ein, mit denen die Supercomputer der warnen. n Das weltweite meteorologische Beobachtungssystem zu Wasser, zu Land, in der Luft und im Weltraum. Die Satelliten dienen nicht nur der Wetterbeobachtung, sondern übermitteln auch Daten von vielen Stationen am Boden und anderen Messstellen. Diese Informationen laufen am Arbeitsplatz der Meteorologen vom Dienst zusammen. (Grafik: Y. Reiter, DWD) 2
Am Arbeitsplatz der Wetterfrösche Wer verstehen will, wie dieses Be- obachtungsnetz funktioniert, schaut am besten einer Meteorologin oder einem Meteorologen „vom Dienst“ über die Schultern. Auf ihren Arbeitsplätzen lau- fen alle Daten aus dem GTS-Netz und den Wettervorhersagemodellen der Supercomputer zusammen. Sie inter- pretieren die Modellvorhersagen und erstellen aktuelle Warnungen, zum Bei- spiel vor Hagel, Sturm oder Glatteis. Hinzu kommen speziell zugeschnittene Prognosen für professionelle Nutzer wie etwa Piloten, Stromversorger oder Land- wirte. Seit Anfang 2007 verfügen die Meteoro- logen des Deutschen Wetterdienstes über einen neuen Arbeitsplatz namens „NinJo“. Dieses System hat der Deutsche Wetterdienst federführend zusammen mit der Bundeswehr entwickelt. Inzwi- schen haben sich auch andere nationale Benutzeroberfläche des neuen meteorologischen Arbeitsplatzes NinJo. Das große Haupt- Wetterdienste daran beteiligt. NinJo fenster zeigt gerade ein Satellitenbild von West- und Mitteleuropa, tiefe Wolken erscheinen kann alle relevanten Wetterdaten in in einem dunklen Gelb, hohe Wolken in Weiß. Im oberen Nebenfenster sind die Daten des einer Zusammenschau darstellen. Er- Wetterradars für Deutschland zu sehen, in den Nebenfenstern darunter die Modellvorher- fahrene Meteorologen können damit sagen des DWD-Supercomputers für Mitteleuropa sowie Deutschland und Umgebung (ganz unten). das Wettergeschehen auf einen Blick erfassen. Bei Bedarf können sie detail- lierte Informationen von den verschie- Wolken in Weiß. Über dem Nordatlantik densten Sensoren im weltweiten Netz ist es noch dunkel, weil dort die Sonne aufrufen. noch nicht aufgegangen ist. Die unteren beiden Nebenfenster zeigen die Modell- Der Bildschirm von NinJo ist in ein vorhersagen für Mitteleuropa und Deut- Hauptfenster und mehrere Nebenfenster schland. Im oberen Nebenfenster ist die unterteilt. Das Hauptfenster zeigt gerade Karte des Wetterradars zu sehen – aber das Satellitenbild von Mitteleuropa mit stopp! Schauen wir uns der Reihe nach starker Bewölkung. Tiefe Wolken er- an, woher die Wetterdaten kommen. scheinen in einem dunklen Gelb, hohe n Das Netz der Bodenstationen Eine im Wortsinn fundamentale Daten- setzen Wetterwarten plus 76 vollauto- arbeiten als automatische Online-Sta- quelle ist das Bodenmessnetz. Der matischen Wetterstationen bestand. tionen. Diese senden rund um die Uhr Deutsche Wetterdienst betreibt ein Hinzu kommt ein dichtes Netz von rund ihre Messungen über Datenleitungen hauptamtliches Netz, das Anfang 2007 2 000 nebenamtlichen Stationen, betreut direkt an die Zentrale des Deutschen aus 68 ganztägig und 31 tagsüber be- von ehrenamtlichen Helfern. 700 davon Wetterdienstes in Offenbach. ‹ 3
Messfeld der hauptamtlichen automati- schen Wetterstation des DWD im Wetter- park Offenbach. Hier erfasst der DWD: Lufttemperatur in 2 Meter Höhe (1), Luft- temperatur in 5 Zentimeter Höhe sowie Erdbodentemperatur (2), Luftfeuchte in 2 Meter Höhe (3), Niederschlagsdauer (6), Niederschlagsmenge (7), Wolkenunter- grenze (8), Sichtweite (9), Schneehöhe (11), zusätzlich einige lufthygienische Mess- geräte (12). Fünf Quadratmeter Boden sind sogar gänzlich ohne Bewuchs, dort stecken Sonden mit elektrischen Thermometern. Sie messen die Lufttemperatur fünf Zentimeter über dem Boden, dazu die Temperatur im Erdboden in fünf Stufen bis hinunter zu einem Meter Tiefe. Der Boden spielt eine wichtige Rolle im Wet- tergeschehen. Im Sommer kann er wie Die Karte zeigt das hauptamtliche Wetterstationsnetz und die Niederlassungen des eine aufgeheizte Herdplatte lokale Ge- DWD. Hinzu kommen rund 2 000 nebenamtliche Stationen in ganz Deutschland. Damit witterzellen entstehen lassen, im Winter verfügt der DWD über eines der größten und dichtesten Messnetze weltweit. geht es zum Beispiel um Glatteiswar- nungen. NinJo kann auf einer Deutschlandkarte Eine hauptamtliche Wetterwarte oder alle Daten der hauptamtlichen Warten eine Wetterstation muss in ihrer Lage und Auf dem Messfeld steht auf einem und Stationen sowie der Online-Statio- ihrer Ausstattung sehr genauen, inter- mannshohen Ständer ein rundes, wei- nen als Symbole darstellen. Bodensta- national vereinbarten Vorschriften ge- ßes Gefäß. Es ist etwa so groß wie ein tionen melden zum Beispiel Tempera- nügen. Nur so liefert sie standardisierte Kochtopf, hat eine Lamellenwand und turen auf Zehntel Grad Celsius genau Messwerte, die weltweit vergleichbar unten elektrische Anschlüsse. Das ist und sind damit viel präziser als die sind. Sie darf zum Beispiel nicht neben die moderne Nachfolgerin der berühm- Fernmessungen der Wettersatelliten. steilen Berghängen stehen, weil diese ten Englischen Hütte: LAM 630 schützt Die Meteorologen benutzen die Boden- die Windverhältnisse oder Temperatur- zwei elektrische Thermometer und zwei messungen als lokale Referenzpunkte, messungen verfälschen könnten. Auch elektrische Feuchtefühler vor direkter um damit die flächendeckenden Satelli- das etwa 600 Quadratmeter große Mess- Sonneneinstrahlung. Diese Instrumente tendaten auf höhere Genauigkeit zu feld muss sauber gepflegt sein, denn dienen der genauen Messung der Luft- „eichen“. Auch deshalb sind Wetterwar- der Pflanzenbewuchs beeinflusst das temperatur und der relativen Luftfeuchte ten und Wetterstationen unverzichtbar. Mikroklima am Messort. in zwei Metern Höhe. 4
Pyranometer CM11 zur Messung der Sonnenscheindauer und der LAM 630 zur Messung der Lufttempe- Globalstrahlung. ratur und –feuchte in 2 Meter Höhe, im Hintergrund das Erdbodenmessfeld. Der Ceilometer LD40 misst die Höhe der Wolkenuntergrenze durch eine Abstands- Der Luftdruck ist einer der wichtigsten messung per Laser. Er kann bis zu drei meteorologischen Messwerte. Das Wolkenschichten in Höhen zwischen 5 dafür zuständige Instrument versteckt Meter und 13 Kilometer unterscheiden. Moderner Ultraschall-Anemometer zur sich allerdings im Häuschen der Steuer- Messung von Windrichtung und -ge- ungsanlage. Es ist eine Druckdose mit schwindigkeit in drei Ebenen. einer Membrane, die der Änderung des eine Photozelle, aus deren elektrischem Luftdrucks folgt. Ein Sensor verwandelt Signal die Anlage die Sonnenschein- ihren Ausschlag in ein elektrisches dauer berechnet. Inzwischen wird zu- Signal. nehmend ein größerer „Bruder“ des Soni eingesetzt. Das Pyranometer kann Eine andere luftige Messgröße ist der zusätzlich die Globalstrahlung, also die Wind. Auf einem zehn Meter hohen Mast Intensität der Sonnenstrahlung messen, registriert eine Windfahne seine Rich- was beispielsweise für die Planung von tung. Daneben sitzt ein kleines Windrad, Solaranlagen wichtig ist. das Schalenstern-Anemometer, das die Windgeschwindigkeit misst. Bei einigen Zum Standard-Instrumentarium einer Ombrometer zur Stationen ersetzt schon ein moderneres Messung der hauptamtlichen Wetterwarte oder Wet- Ultraschall-Anemometer diese beiden Niederschlags- terstation gehören noch der Schnee- Instrumente. Es verfolgt, wie sich der menge mittels höhenmesser, der Sichtweitenmesser von ihm gesendete Ultraschall in der elektronischer und der Ceilograph. Letzterer misst die Präzisionswaage. Luft ausbreitet. Aus seinen Messdaten Höhe der Wolkenuntergrenze per Infra- Im Winter ist das kann der Rechner der Steuerungsanlage Gerät beheizt. rot-Laserstrahl. Gerade bei der Beobach- die Richtung und die Geschwindigkeit tung solcher Wetterelemente sind Men- des Winds bestimmen. seinem aufgefächerten Laserstrahl und schen den automatischen Sensoren einem Lichtsensor kann er sogar ge- noch überlegen. Die Art der Wolken zum Zu den auffallenden Instrumenten ge- frierenden Regen von Sprühregen unter- Beispiel kann bislang kein Automat be- hört das Ombrometer, das wie eine zu scheiden. Er „erkennt“ also die Art des stimmen. groß geratene Thermoskanne aussieht. Niederschlags. Das ist vor allem in auto- Es registriert die Niederschlagsmenge matischen Stationen wichtig, weil dort Alle Daten laufen im zentralen Rechner in einem Becher, der den Regen, Schnee, kein Mensch mehr beobachten kann, des Messfelds zusammen. Hauptamt- Graupel oder Hagel auffängt. Eine elek- ob es gerade regnet oder hagelt. liche Stationen und nebenamtliche On- tronische Waage misst das Gewicht des line-Stationen schicken sie sofort an die eingesammelten Wassers, und der Die Dauer der Sonneneinstrahlung re- Zentrale des Deutschen Wetterdienstes Rechner ermittelt daraus die Nieder- gistriert das „Soni“, ein eher unschein- in Offenbach. Dort prüfen Computer die schlagshöhe. Die Art und die Intensität bares Gerät mit einer Glaskuppel. Unter Daten auf Fehler und reichern sie mit des Niederschlags, also wie viel in einer ihr rotiert ein haubenförmiger Schirm weiteren Wetterdaten aus dem Welt- festgelegten Zeitspanne fällt, ermittelt mit Schlitzblende, der in sechs Sekunden netz an. Danach gehen sie zum Beispiel der Laser-Niederschlagsmonitor. Er den kompletten Himmel abtastet. Durch als Startwerte in die Wettermodelle sieht wie eine große Kamera aus. Mit den Schlitz fällt das Sonnenlicht auf zur Vorhersage ein. n 5
Flugwetterwarten – ganz auf Nummer sicher Ein Sonderfall sind die Flugwetterwarten muss der Flugbetrieb aus Sicherheits- sehr wichtig, denn Böen oder starker auf den 17 großen Verkehrsflughäfen gründen eingeschränkt werden. Das Seitenwind können den Flugzeugen Deutschlands. Ihre aktuellen Beobach- ist teuer, und schon deshalb tragen gefährlich werden. Deshalb stehen an tungen verteilt ein System an die die Flugmeteorologen des Deutschen Start- und Landebahnen mehrere Masten Deutsche Flugsicherung und andere Wetterdiensts eine hohe Verantwortung. mit Windmessanlagen. Genauso wichtig Flughafennutzer. Es heißt ASDUV, Auto- Entsprechend zuverlässig müssen ihre ist die Sicht. Am Anfang, in der Mitte matisches System zur Datenerfassung Beobachtungen sein. Alle Messinstru- und am Ende jeder Start- und Lande- und -Verbreitung. mente und die Computer sind doppelt bahn stehen Sichtmessgeräte. Jedes vorhanden, damit ihr Ausfall nicht den Gerät besteht aus einem Sender mit Heute sind die meisten Verkehrsflug- Flugbetrieb unterbricht. einer starken Xenon-Blitzlampe und zeuge so ausgerüstet, dass sie bei re- einem Empfänger. Registriert der Em- lativ ungünstigem Wetter starten und Flugwetterwarten weisen viele Beson- pfänger wegen Nebels nur noch schwa- landen können. Bei sehr schlechtem derheiten auf. Zum Beispiel ist die Wind- che Blitze, dann schlägt er Alarm. Wetter jedoch, etwa dichtem Nebel, messung auf dem gesamten Flugfeld n Die Flugwetterwarte des DWD auf dem Gelände des Frankfurter Flughafens. 6
Wetterradar: den Hagel im Visier Wettersatelliten zeigen zwar Wolkenfel- radar die Art des Niederschlags erfas- siert das Feuerwehr-Wetter-Informa- der, aber keinen Niederschlag. Für die- sen. Es liefert sogar eine Information tionssystem FeWIS. Daran sind die sen brauchen die Meteorologen andere über den Wind. Dazu nutzt es den Berufsfeuerwehren, der Katastrophen- Sensoren: Der Deutsche Wetterdienst „Doppler-Effekt“, dessen akustische schutz, die Polizei und viele Hilfsorga- besitzt 16 Wetterradar-Stationen, die Version wir aus dem Alltag kennen: Rast nisationen angeschlossen. RADOLAN Deutschland flächendeckend erfassen. ein Krankenwagen auf uns zu, dann (RADar-OnLine-Aneichung) meldet den Das Radar liefert eine genaue Information klingt sein Martinshorn höher, als wenn Hochwasserzentralen der Länder stünd- darüber, wo es gerade regnet, hagelt er von uns weg fährt. Das passiert auch lich die aktuellen Niederschläge in ganz oder schneit – und wie stark. Deshalb mit Radarwellen, wenn der Wind die Deutschland. Dieses System nutzt die ist es vor allem für die Kürzestfrist-Wetter- Niederschlagsteilchen auf die Station vorhersage unverzichtbar. Anhand der zu oder von ihr weg treibt. Aus der Än- Radardaten und der Modellvorhersagen derung der Radarfrequenz kann der können die Meteorologen auch sofort Computer die Windgeschwindigkeit re- Turm mit Wetter- erkennen, für welche Landkreise sie lativ zur Station errechnen. Die speziel- radar des Mete- orologischen Unwetterwarnungen herausgeben müs- len Doppler-Radaranlagen des Deut- Observatoriums sen. Besonders im Sommer können in- schen Wetterdiensts haben jeweils eine Hohenpeißenberg nerhalb von Minuten kleinräumige Ge- Reichweite von 120 Kilometern. des DWD in witterzellen mit starkem Niederschlag Bayern. entstehen. Weil Radardaten vor allem für die Wetter- überwachung so wichtig sind, entwi- präzisen, aber nur punktuellen Nieder- NinJo zeigt deshalb praktisch immer Ra- ckelte der Deutsche Wetterdienst das schlagsmessungen der Bodenstationen. darbilder von Deutschland an. Es kann speziell auf die Bedürfnisse von Feuer- Damit veredelt es die flächendeckenden auch die Bewegung und Veränderung wehr und anderen Hilfskräften zuge- Radarsignale in genaue Angaben über des Niederschlags als Radarfilm vor- schnittene Online-Warnsystem KONRAD örtliche Niederschlagsmengen. So kön- führen. Erfahrene Meteorologen können (KONvektionsentwicklung in RADarpro- nen die Warnzentralen früh erkennen, so abschätzen, wo Niederschläge kurz- dukten). Es zeigt in einfachen und ver- wo Hochwassergefahr droht. fristig fallen werden. Mit wenigen Maus- ständlichen Symbolen an, wo zum Bei- klicks können sie sich auch den genauen spiel gefährlich große Hagelkörner vertikalen Aufbau einer Gewitterzelle niedergehen könnten. Auf KONRAD ba- n ansehen. Radarfilme stellt der Deutsche Wetterdienst in vereinfachter Form auch für Fernsehwetterberichte oder Internetanbieter zur Verfügung. Das alles funktioniert, weil Regentropfen und Hagelkörner Radarstrahlen gut re- flektieren. Dazu muss die Wellenlänge des Radars im Bereich von einigen Zen- timetern liegen, also ungefähr so groß sein wie die Niederschlagsteilchen. Be- sonders kritisch sind Hagelkörner in der Größe von Taubeneiern. Diese erfasst das Wetterradar des Deutschen Wetter- diensts besonders gut, weil seine Wellen- länge zwischen fünf und sechs Zenti- metern liegt. Bei einem solch starken Radarsignal schlägt NinJo automatisch Alarm. Regentropfen, Hagelkörner oder Schnee- flocken produzieren unterschiedliche Hier zeigt das Hauptfenster von NinJo die Daten des Wetterradars in der Radarechos. Deshalb kann das Wetter- Darstellungsweise von KONRAD. 7
Donnerwetter, es blitzt! Vor allem im Sommer zeigt das Radar- bild in NinJo immer wieder kleine Ge- biete mit Starkniederschlag. Sind Ge- witter dabei? Die Radardaten verraten das nicht, aber es gibt einen sicheren Beweis: Blitze. Um sie zu erfassen, über- zieht ein Netz von 30 Blitzsensoren ganz Deutschland. Betreiber ist die Firma NowCast mobile in Landsberg-Ammer- see im Auftrag des Deutschen Wetter- dienstes. Blitze senden typische, starke Funksig- nale aus. Diese können die Sensoren mit ihren Antennenringen noch in bis zu 1 500 Kilometern Entfernung emp- fangen. Das Signal eines Blitzes breitet sich kreisförmig um seinen Entstehungs- ort herum aus und rast über das Blitz- ortungsnetz hinweg. Aus den unter- schiedlichen Zeitpunkten, zu denen die Sensoren es registrieren, können die Computer des Netzes sofort berechnen, an welchem Ort es geblitzt hat. NinJo zeigt das Ergebnis fast ohne Verzöge- rung als Symbol an. Die Technik der Blitzortung ist an- spruchsvoll, denn das Blitzsignal breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Das sind immerhin rund 300 000 Kilometer pro Sekunde. Entsprechend gering sind die Zeitunterschiede, zu denen die ver- schiedenen Sensoren es empfangen. Nur wenn sie den Empfangszeitpunkt hoch präzise registrieren, ergeben ihre Daten den genauen Ort des Blitzes. Dazu benutzen die Sensoren das von Atom- uhren erzeugte Zeitsignal des Satelliten- navigationssystems GPS. Mit diesem System können die Meteoro- logen des Deutschen Wetterdienstes auf etwa hundert Meter genau feststel- len, wo es geblitzt hat. Es unterscheidet auch Wolkenblitze von den gefährliche- ren Erdblitzen, die den Boden erreichen. Das geschieht oft, immerhin blitzt es in Deutschland etwa zwei Millionen Mal pro Jahr. Das NinJo-Hauptfenster zeigt, wo es während des Orkans Kyrill am 18. Januar 2007, zwischen 17.30 und 18.00 Uhr über Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt geblitzt hat. Die ältesten Blitzereignisse sind grün gefärbt, die jüngsten rot. Die Zahlen zeigen n die beobachteten Windspitzen in km/h, die gefiederten Pfeile die Windrichtung. 8
Neue Abhörmethoden für das Wetter Zu den besonders viel versprechenden Der Deutsche Wetterdienst betreibt drei verfolgen. Dabei erfasst es neben dem Neuentwicklungen für das Bodenmess- solcher Anlagen in Ziegendorf, Nordholz Wind auch die Turbulenzen in der Luft. netz zählen die Windprofiler-Radarsyste- und Bayreuth. Sie sind in ein europäi- me. Sie können die Geschwindigkeit und sches Netzwerk von Windprofiler-An- Mit Schall können die RASS-Anlagen Richtung des Windes bis in 16 Kilometern lagen eingebunden. Im Gegensatz zum das Temperaturprofil der Atmosphäre Höhe über ihrem Standort messen. In Wetterradar hat eine solche Windpro- abtasten, weil die Schallgeschwindig- Kombination mit einem Radio-Akusti- filer/RASS-Anlage eine waagerecht keit mit der Temperatur der Luft wächst. schen Sondierungs-System (RASS), das ausgerichtete Sender- und Empfänger- Dazu schickt die Anlage Schallwellen zusätzlich zu den Radarwellen des fläche aus gekreuzten Antennenstäben, in die Höhe und verfolgt ihren Weg per Windprofilers noch Schallwellen aus- die entfernt an ein großes Trampolin Radar. Allerdings dämpft die Luft Schall sendet, können sie auch ein Höhen- erinnert. Sie schickt in fünf Strahlen stärker als Radarstrahlen. Deshalb er- profil der Lufttemperatur bestimmen. kurze Radarpulse nach oben. Einer weist fassen die Windprofiler/RASS-Anlagen Damit liefern die Windprofiler/RASS- genau senkrecht hoch, die anderen die Temperatur nur bis in etwa vier Anlagen kontinuierlich wertvolle Daten sind leicht geneigt. Durch diese räum- Kilometer Höhe. Dafür messen sie über den Zustand der gesamten Tropos- liche Aufspreizung kann das Radar über jedoch kontinuierlich und sehr genau. phäre, also der eigentlichen Wetter- den Doppler-Effekt die Bewegung der küche. Luft in allen drei Raumdimensionen n Das Windprofiler-Radarsystem des DWD in Bayreuth ermöglicht rund um die Uhr die Messung des Windes in verschiedenen Höhen der Troposphäre. 9
Wetterballone – Fahrstuhl durch die Wolken Gewitter bilden sich mit Vorliebe dort, Die unbemannten Wetterballone sind wo die Luftschichtung in der Atmosphä- dagegen auch abseits der Flugstraßen re labil ist. Mit NinJo können Meteoro- im Einsatz, und sie steigen vom Boden logen erkennen, wo das passiert. Das bis in 35 Kilometer Höhe auf. Für ihre zeigen die Ergebnisse von Wetter- Starts sind aerologische Stationen zu- ballon-Aufstiegen. Diese Aufstiege lie- ständig. Mit neun solcher Stationen fern Schnittbilder der Atmosphäre in deckt der Deutsche Wetterdienst der dritten Dimension. Deshalb sind Deutschland gut ab. Drei von ihnen sie für die Meteorologen sehr wichtig. funktionieren vollautomatisch. Hinzu kommen vier Stationen auf Handelsschif- Inzwischen können auch Wettersatelli- fen, die über alle Weltmeere fahren. ten vom All aus die verschiedenen Stock- Insgesamt startet der Deutsche Wetter- werke der Atmosphäre erschließen. dienst 7 700 Ballone pro Jahr. An ihnen Ihre Fernmessungen sind jedoch längst hängen Radiosonden mit Messinstrumen- nicht so genau wie die Messungen der ten. Sie funken beim Aufstieg kontinu- Wetterballone direkt in der umgebenden ierlich die Werte von Druck, Temperatur Luft. Eine Alternative bieten die Sensoren und Feuchte der Luft zum Boden. Die Drift von Verkehrsflugzeugen. Doch deren des Ballons liefert Informationen über Messungen beschränken sich auf die die Richtung und Geschwindigkeit des weltweiten Luftstraßen. Zudem bewe- Windes in der jeweiligen Höhe. Einer von jährlich rund 7 700 Ballonauf- stiegen mit Radiosonden des DWD. gen sich die Maschinen überwiegend nur in der Reiseflughöhe zwischen zehn Eine aerologische Station startet min- und zwölf Kilometern Höhe. destens zweimal am Tag einen Wetter- ballon. Der Wetterbeobachter befüllt den Ballon mit Gas, prüft die Radiosonde, stellt sie richtig ein und hängt sie an den Ballon. Das kleine, zehn Zentimeter lange und 230 Gramm leichte Kästchen ent- hält die meteorologischen Instrumente. Hinzu kommen Antenne, Sender und ein GPS-Empfänger für die Satellitennavi- gation. Seine Positionsdaten zeichnen die Drift des Ballons beim Aufstieg nach. Der 600 Gramm leichte Ballon hat an- fangs am Boden einen Durchmesser von etwa 1,5 Metern. Wenn er nach rund zwei Stunden die maximale Höhe erreicht, hat er sich im sinkenden Luft- druck auf über zehn Meter Durchmesser aufgebläht. Er platzt, und ein Fallschirm lässt die Radiosonde sanft zu Boden segeln. So kann sie niemanden verletzen. Eine Aufschrift teilt Findern mit, wie sie die Sonde fachgerecht entsorgen können. Die Daten der Radiosonden haben Re- ferenzqualität. Die Meteorologen passen an sie die flächendeckenden, aber un- Diagramm eines Wetterballon-Aufstiegs in NinJo. Das Hauptfenster zeichnet die wichtig- genaueren Messungen der Wettersatell- sten Wetterdaten des Aufstiegs als Kurve über einer Temperatur-Achse nach. Links ist der iten an. Deshalb bilden die Wetterbal- Luftdruck angezeichnet. Er sinkt mit der Höhe rapide, die rechts im Bild etwas versteckt lone ein wichtiges Rückgrad im welt- unter den Wind-Symbolen in Kilometern angezeigt ist (rechts oben 15 km). Ganz rechts listet eine Tabelle wichtige Parameter der „Temp-Meldungen“ auf, wie die zu Boden ge- weiten meteorologischen Messnetz. funkten Informationen der Radiosonden heißen. n 10
AMDAR – der Wetterfrosch fliegt mit Wer mit der Lufthansa fliegt, hat den schwindigkeiten oder Vereisung. Nur Dieses System für Flugzeuge heißt Deutschen Wetterdienst mit an Bord. die Luftfeuchte entzog sich lange den Aircraft Meteorological Data Relay, kurz Allerdings bleiben die Meteorologen Meteorologen, denn diese kann nur ein AMDAR. Die flugzeugmeteorologischen unsichtbar, denn sie nutzen aus der spezieller Feuchtesensor außen am Flug- Datenberichte sind ein wichtiger Teil im Ferne die Flugsensoren des Flugzeugs zeug messen. Der Deutsche Wetterdienst globalen Datenpuzzle der Meteorologen. mit. Diese liefern den Wetterfröschen rüstet seit Ende 2006 Lufthansa-Maschi- Weltweit sind insgesamt rund 3 000 Ver- den Umgebungsdruck, Temperatur und nen damit aus. kehrsflugzeuge eingebunden. 260 sind die Fluggeschwindigkeit gegenüber der Maschinen der Lufthansa, deren Aus- Umgebungsluft. Das Flugzeugnaviga- Eine Software fasst die meteorologisch rüstung der Deutsche Wetterdienst tionssystem addiert zu diesen Wetter- relevanten Daten der Flugzeugsensoren betreut. AMDAR bietet den Meteorolo- daten die genaue Position und exakte zu Meldungen zusammen und funkt sie gen neben den Radiosonden eine zweite Geschwindigkeit über Grund. automatisch an den nächsten Kommuni- Möglichkeit, den Zustand der Atmos- kationssatelliten. Dieser leitet sie an das phäre in der dritten Dimension in prä- Aus diesen Daten errechnet der Bord- Bodenzentrum des Flugzeugbetreibers zisen Höhenprofilen zu messen. Konse- computer, wie schnell der Wind am je- weiter. Von dort gehen sie durch die quenterweise stellt NinJo die AMDAR- weiligen Ort des Flugzeuges ist und in Qualitätskontrolle des zuständigen Wet- Daten wie Radiosondendaten dar. welche Richtung er weht. Manche Flug- terdienstes und dann ins weltweite zeuge liefern auch Informationen über Kommunikationsnetz der Meteoro- Turbulenzen, Extremwerte der Windge- logen. n Inmitten der Wetterküche auf See Ein paar Mausklicks, und auf dem Bild- obachten. Etwa vierzig Prozent sind im- schwersten Stürmen nicht aus und schirm von NinJo erscheint ein Aus- mer auf See. Hinzu kommen 750 auto- funken besonders wertvolle Informa- schnitt des Atlantiks. Auf dem virtuellen matische Driftbojen, von denen der tionen. Etwa zwei Jahre lang driften Meer „schwimmen“ Symbole, die gerade Deutsche Wetterdienst zwei finanziert. sie mit den Meeresströmungen, bevor den dort herrschenden Bodenluftdruck sie stranden. Danach werden sie auf- anzeigen. Diese lokalen Wetterdaten Einige deutsche Schiffe haben vollau- gesammelt, instand gesetzt und erneut stammen von Schiffen oder von auto- tomatische Wetterstationen an Bord. auf die Reise geschickt. matischen Wetterbojen, die über die Sie melden jede Stunde die Wasser- Ozeane driften. Sie sind viel genauer temperatur und die Lufttemperatur, den Auf den meisten Schiffen machen ge- als die flächendeckenden Fernmes- Druck und die Feuchte. Dazu kommt schulte Offiziere neben den Wetter- sungen der Wettersatelliten. die Richtung und Geschwindigkeit des messungen zusätzlich noch bis zu vier Windes an der Position des Schiffes. Wetterbeobachtungen am Tag. Dabei Rund 800 Handelsschiffe deutscher Diese Daten funken sie zum nächsten schätzen sie auch den Seegang ab. Ihre Reedereien machen im Auftrag des Meteosat-Wettersatelliten. Er leitet sie Beobachtungen melden sie per Sate- Deutschen Wetterdienstes Wetterbe- über Zwischenstationen bis zur Zentrale llitenfunk den Meteorologen und tragen obachtungen. Dabei funken sie jedes des Deutschen Wetterdiensts in Offen- sie in ein Notebook oder ein meteoro- Jahr rund 280 000 Wettermeldungen von bach weiter. logisches Tagebuch ein. Für die gesam- allen Seewegen weltweit. Der Deutsche te Ausrüstung sorgt das Seewetteramt Wetterdienst liefert damit den zweit- Ganz ähnlich wie die vollautomatischen in Hamburg, eine Niederlassung des größten Beitrag an Schiffsmeldungen Stationen auf Handelsschiffen sind die Deutschen Wetterdiensts. Dazu gehören zum globalen meteorologischen Be- Driftbojen ausgestattet. Ihre Aufgabe ist ein Barometer zum Ablesen des Luft- obachtungsnetz. Insgesamt zählt die vor allem das Sammeln von Wetterdaten drucks und ein Barograph, der die Ver- Weltorganisation für Meteorologie WMO abseits der üblichen Handelsrouten. änderung des Luftdrucks auf Papierrol- rund 7 000 Schiffe, die das Wetter be- Anders als Schiffe weichen sie auch len aufzeichnet. Zur Messung der ‹ 11
Wassertemperatur dient zum Beispiel die „Pütz“, ein Schöpfeimer mit inte- griertem Thermometer. Ein zunächst seltsam anmutendes Instrument ist die Psychrometerschleu- der. Sie besteht aus einem Griff und zwei Thermometern in einer Metall- schiene, die sich in schneller Drehung herumschleudern lässt. Vor dieser Gymnastik zieht der Offizier einem der beiden Thermometer einen nassen „Strumpf“ über die Spitze. Die Thermo- meterspitzen zeigen beim Schleudern nach außen, und im kräftigen Luftstrom verdunstet Wasser aus dem nassen Strumpf. Wie viel, das hängt von der Feuchte und der Temperatur der Luft ab. Die Verdunstungskälte lässt die Anzeige des Feuchte-Thermometers sinken. Der Offizier liest am Schluss beide Thermo- meter ab und ermittelt aus der Tempe- raturdifferenz die Luftfeuchte. Vier Schiffe starten Wetterballone zwei- Ein Seemann eines Handelschiffs nutzt die Psychrometerschleuder zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit. mal am Tag. Ihre aerologischen Bordsta- tionen sind der Beitrag des Deutschen Wetterdiensts zum internationalen Auto- matischen Schiffsaerologischen Pro- gramm ASAP. Jede Station steckt in einem Container, der auf Deck montiert ist. Er ist mit einem Vorrat an Ballonen, Radiosonden und Gasflaschen beladen und besitzt eine automatische Startan- lage. Der Ballonstart von Bord erfordert eine besondere Technik. Für die Füllung ist nicht brennbares Helium vorgeschrieben. Weil unter den Windverhältnissen auf Schiffen rein automatische Starts oft schief gehen würden, startet der Nautik- offizier den Ballon bei passendem Wind per Knopfdruck. Den Rest erledigt die Anlage automatisch. Ein Rechner im Container verarbeitet die Funkdaten der Radiosonde zu Wettermeldungen und schickt diese via Satellit zum nächsten Wetterdienst. Kurz darauf kann NinJo die aktuellen Werte frisch von der See anzeigen. Parallel fließen sie in die Wettervorhersagemodelle der Super- computer ein. Der DWD hat vier Handelsschiffe mit Containern ausgestattet, die über automatische Startanlagen für Wetterballone verfügen. Auf ihren weltweiten Reisen startet jedes Schiff täglich zwei Wetterballone mit Radiosonden. n 12
Start des polarumlaufenden Wettersatelliten Metop von Eumetsat im Oktober 2006 in Baikonur in Kasachstan (Foto: Eumetsat). Wettersatelliten – Logenplatz im All Auf NinJos Bildschirm beeindrucken be- Schiffe. Deshalb liefern Satelliten für riesigen Wettersysteme ist. Dazu „par- sonders die grandiosen Bilder aus der diese Gebiete die Eingangsdaten für ken“ sie in knapp 35 800 Kilometern Satellitenperspektive. NinJo kann sogar die globalen Wettervorhersagemodelle. Höhe über der Erdoberfläche. Auf ihrer höhere und tiefere Wolkenschichten in Wettersatelliten, wie die europäischen geostationären Bahn bewegen sie sich unterschiedlichen Farben darstellen, was Meteosat-Satelliten, nehmen die Erde im gerade so schnell, wie die Erde sich für Meteorologen eine wichtige Infor- sichtbaren und im infraroten Spektral- dreht. So haben sie immer den gleichen mation ist. Das funktioniert, weil die bereich ins Visier. Das sichtbare Licht Ausschnitt im Blick, der pro Satellit ein Instrumente moderner Wettersatelliten liefert detaillierte Informationen über Drittel der Erdoberfläche umfasst. die von der Erde empfangene Strahlung Wolken und Wetterfronten. Aus ihrer sehr genau analysieren. Bewegung können Computer die groß- Meteosat-8 ist zum Beispiel über dem Golf räumige Verteilung von Windgeschwin- von Guinea an den Himmel geheftet. So Wettersatelliten bieten viele Vorteile. Sie digkeiten berechnen. Die Infrarotstrah- überblickt er Europa, Afrika und den Ost- erfassen das Wetter global und damit lung zeigt die Temperaturen und die Ver- atlantik. Diese Wetterküche braut unser auch großräumige Wettersysteme. Ihre teilung des Wasserdampfs in der Atmos- mitteleuropäisches Wetter zusammen. Sensoraugen sind inzwischen so scharf, phäre. So erhalten die Meteorologen Zusammen mit Meteosat-9 gehört er zur dass ihnen auch kleinräumige Unwetter ein dreidimensionales Bild der globalen zweiten Meteosat-Generation, die kurz nicht mehr entgehen, was wichtig für Wetterküche inklusive Temperatur, MSG (Meteosat Second Generation) heißt. Unwetterwarnungen ist. Zudem über- Feuchte, Niederschlag, Windgeschwin- MSG-Satelliten schicken alle 15 Minuten blicken sie die riesigen meteorologi- digkeit und Windrichtung. ein sehr detailliertes Bild unseres Plane- schen Datenwüsten der Erde. In Afrika ten zur Erde. Die noch aktiven Satelliten zum Beispiel oder auf weiten Gebieten Die Meteosat-Reihe gehört zu den geo- der ersten Generation, Meteosat-5 bis -7, der Ozeane gibt es weder Bodenmess- stationären Wettersatelliten, deren Auf- schaffen das nur alle 30 Minuten – und netze noch Wetterballone, Bojen oder gabe die großräumige Beobachtung der mit geringerem Deteilreichtum. ‹ 13
Metop-A, dem noch zwei Schwester- satelliten folgen werden, hat eine Flug- höhe von nur 820 Kilometern. Für einen kompletten Umlauf um die Erde braucht er 101 Minuten. Dabei beobachtet er einen bis zu etwa dreitausend Kilometer breiten Streifen. Weil die Erde sich unter seiner Bahn weg dreht wie ein Globus in seiner Halterung, erfasst der Satellit nach und nach die komplette Erdoberfläche. Zweimal am Tag über- fliegt er dieselbe Region. Metop-A ist so groß wie ein Lastwagen und vollgestopft mit Instrumenten, die eine Flut von Informationen liefern. Aus seinem niedrigen Orbit kann der Satellit noch Strukturen von einem Quadrat- kilometer ausmachen. Dank seiner Nähe zur Troposphäre kann er diese viel detaillierter in ihre einzelnen Stock- werke auflösen als ein geostationärer Satellit. Seine Instrumente sind nicht Mitteleuropa im Visier des amerikanischen polarumlaufenden Satelliten NOAA-17, auf- allein für sichtbare und infrarote Strah- genommen am 8. Februar 2005. Er beobachtet die Erde im sichtbaren Bereich mit dem lung empfindlich. Sie senden und emp- gleichen Instrument wie Metop-A. Die Wolkenspirale zeigt ein kleines Tiefdruckgebiet über fangen auch Mikrowellen und können der Mitte von Deutschland. Oben über der Nordsee sind dünne, hohe Cirrus-Eiswolken in Blautönen dargestellt. so – anders als Meteosat – selbst durch dickste Wolken die Erdoberfläche be- Das „Auge“ der MSG heißt SEVIRI. Das sie zwar nur einen relativ schmalen At- obachten. steht für Spinning Enhanced Visible and mosphärenstreifen unter sich im Visier, Infra-Red Imager – also ungefähr „rotie- diesen aber umso schärfer. Für den technischen Betrieb der euro- render verbesserter Bildgeber im Sicht- päischen Wettersatelliten ist die pan- baren und Infraroten“. Die trommelför- Die Europäer haben seit dem 19. Oktober europäische Organisation Eumetsat in migen MSG-Satelliten drehen sich wie 2006 mit Metop-A einen ersten eigenen Darmstadt zuständig. Der Deutsche Kreisel, um ihre Position zu stabilisieren. polarumlaufenden Satelliten im All. Wetterdienst ist größter Beitragszahler Bei jeder Umdrehung scannt SEVIRI Darüber hinaus nutzen sie auch die und regelt für die Bundesrepublik einen neuen Streifen der Erde. Nach Daten amerikanischer Polarsatelliten. Deutschland die technische Zusammen- 14 Minuten hat MSG so den Planeten komplett erfasst, und der Satellit funkt das fertige Bild zur Erde. Genau genom- men sind es immer zwölf Bilder aus zwölf Frequenzkanälen vom Sichtbaren bis ins Infrarote, in die SEVIRI die von der Erde eintreffende Strahlung zerlegt. In einem Kanal für sichtbares Licht kann das Instrument sogar Wolkenstrukturen bis hinunter zu einem Quadratkilometer Fläche auflösen. So erfasst es auch kleine Gewitterzellen. Geostationäre Satelliten sind enorm wichtig, haben jedoch zwei große blinde Flecke. Ihnen entgehen die beiden Polarregionen, weil ihre Position über der Äquatorebene fixiert ist. Diese Be- obachtungslücke füllen andere Satelli- ten, deren Bahnen über die Pole hinweg führen. Die polarumlaufenden Satelliten Die Grafik zeigt den ersten europäischen polarumlaufenden Satelliten Metop-A fliegen zudem sehr niedrig. Damit haben (Grafik: Eumetsat). 14
Das Hauptfenster von NinJo zeigt die Vorhersage der Wettermodelle des Deutschen Wetterdiensts für den Zeitpunkt 18. Januar 2007, 18 Uhr. Sie erfassten die Entwicklung des Orkans Kyrill genau. Die schwarzen Linien (Isobaren) zeigen den Luftdruck auf Meeres- höhe an. Die farbigen Felder geben die vorausberechneten Spitzenböen in zehn Metern über Grund an, in Metern pro Sekunde (m/s): Mehr als 17 m/s (gelb-orange) entspricht Sturmböen ab Windstärke 8, mehr als 33 m/s Orkanböen mit Windstärke 12 (dunkelrot). arbeit. Eumetsat verarbeitet die Satelli- in Beiträge für die internationalen mete- tenbilder und reichert sie mit weiteren orologischen Organisationen, die das meteorologischen Daten an, die von den globale System der Wetterbeobach- Bodenstationen, Wetterballonen, Mel- tung und -überwachung betreiben und dungen von Schiffen und automatischen koordinieren. Driftbojen stammen. Das fertige Produkt senden die Darmstädter dann via Satellit Diese Steuergelder sind gut angelegt: an alle Nutzer weltweit. Rechtzeitige Unwetterwarnungen helfen unsere Gesellschaft vor tragischen Un- Hinter jedem einzelnen Symbol, hinter fällen zu bewahren und Schäden zu jeder Grafik und jedem Bild, das NinJo mit minimieren. Angesichts der steigenden wenigen Mausklicks auf den Schirm Wahrscheinlichkeit für extreme Wetter- zaubert, verbirgt sich also das riesige lagen, die der Klimawandel mit sich Impressum Redaktion: globale Netzwerk der Meteorologie. bringt, wird die Bedeutung einer mög- Uwe Kirsche, Auch die Satellitenbilder aus dem All lichst genauen Wetterbeobachtung und Pressestelle des DWD, haben eine weite Reise und eine auf- -überwachung in Zukunft noch wachsen. Telefon: 0 69 / 80 62 45 01, wendige Computerverarbeitung hinter Auch für die Planung von Wirtschafts- E-Mail: pressestelle@dwd.de sich. Ein Temperaturwert auf dem Atlan- unternehmungen sind präzise Wetter- tik kommt von einem Schiffsoffizier, der und Klimadaten wichtig, zum Beispiel Text: Roland Wengenmayr seine Wettermeldung vielleicht erst vor für die Wahl des richtigen Standorts (www.roland-wengenmayr.de) wenigen Minuten abschickte. Oder die für Windenergie- und Photovoltaikan- Messung stammt von einer driftenden lagen. Fotos und Abbildungen: DWD Boje, die ihre Wetterdaten gerade mit- ten aus einem Sturm funkt. Nicht zuletzt ist das weltweite Netz der Umsetzung: Gubrinski Kommunikation GmbH, Meteorologen eine der großen Kultur- Frankfurt am Main Der Deutsche Wetterdienst investiert leistungen der Menschheit, für die rund jährlich rund 145 Millionen Euro in die 180 Staaten friedlich zusammenarbeiten. Eine Ergänzung zu dieser Publikation ist die 2005 Menschen, die für ihn das Wetter be- Wir alle profitieren von diesen Leistung- vom DWD herausgegebene Broschüre „Die Wetter- obachten, in sein dichtes Messnetz zu en, wenn es wieder heißt: vorhersage“. Sie kann kostenlos beim DWD be- Lande, zu Wasser und in der Luft sowie „Und nun – das Wetter.“ n zogen werden. 15
Deutscher Wetterdienst Zentrale Frankfurter Straße 135, 63067 Offenbach E-Mail: info@dwd.de, Internet: www.dwd.de
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