DEN KLIMAWANDEL STOPPEN - POSITIONSPAPIER EU-EMISSIONSHANDELSSYSTEM - WWF Deutschland

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DEN KLIMAWANDEL STOPPEN - POSITIONSPAPIER EU-EMISSIONSHANDELSSYSTEM - WWF Deutschland
DEN KLIMAWANDEL STOPPEN

                                                     POSITIONSPAPIER EU-EMISSIONSHANDELSSYSTEM
                                                                                                                                       April 2008

                                  ÜBERBLICK ÜBER DAS KLIMA-                                globaler Ebene ergibt sich keine
                                    UND ENERGIEPAKET DER                                   Nettoreduzierung     der     Emissionen.
                                  EUROPÄISCHEN KOMMISSION                                  Schließlich untergräbt das 20-Prozent-
                                                                                           Ziel die von der EU beanspruchte
                              Um die schlimmsten Folgen des                                Führungsrolle im Vorfeld der internationa-
                              Klimawandels aufzuhalten, muss die                           len Verhandlungen zum Klimaschutz. Die
                              durchschnittliche globale Erwärmung                          Verantwortung der EU hierfür ergibt sich
                              unter 2 Grad Celsius bleiben. Um dies zu                     vor allem aus ihrer Historie: Die europä-
                              erreichen, empfiehlt der neueste Sach-                       ischen Staaten haben in der Vergang-
                              standsbericht des IPCC (Weltklimarat der                     enheit zum Großteil des unkontrollierten
                              Vereinten Nationen), dass die Industrie-                     Anstiegs der CO2-Emissionen beigetra-
                              länder ihre Treibhausgase bis 2020 um                        gen. Deshalb sind sie nun zuerst in der
                              25 bis 40 Prozent gegenüber 19901 sen-                       Pflicht, ihre Emissionen deutlich zu
                              ken. Ende 2007 haben alle EU-Mitglieds-                      beschränken.
                              staaten diese Reduktionsziele auf der
                              internationalen Klimakonferenz in Bali                       Ein weiteres Ziel muss die Unterstützung
                              bestätigt. Um den „Unter-2°C“-Wert lang-                     der Entwicklungsländer auf ihrem Weg zu
                              fristig zu halten, so der IPCC-Bericht wei-                  einer kohlenstoffarmen Wirtschaft sowie
                              ter, müssen die weltweiten Emissionen                        bei der Anpassung an die Auswirkungen
                              vor dem Ende des Jahrhunderts auf Null                       des Klimawandels sein. Eine solide inter-
                              abgesenkt werden. Das bedeutet jedoch,                       nationale Vereinbarung in Kopenhagen
                              dass die Industrieländer dieses Ziel                         2009 verlangt deshalb von den
                              bereits bis zum Jahr 2050 erreicht haben                     Industrienationen einschließlich der EU,
                              müssen.                                                      dass sie Entwicklungsländern finanzielle
                                                                                           und technische Unterstützung leisten, um
                              Ein 20-prozentiges Reduktionsziel für                        dem Klimawandel zu begegnen.
                              Treibhausgasemissionen ist zu nied-
                              rig.                                                                   Der WWF fordert deshalb:
                              Der Vorschlag der Europäischen                               • Die Emissionen innerhalb der Gren-
                              Kommission, den Emissionsausstoß                               zen der Europäischen Union bis
                              innerhalb der EU um nur 20 Prozent bis                         2020 um 30 Prozent gegenüber 1990
                              2020 zu reduzieren, entspricht weder den                       zu reduzieren und
                              Erkenntnissen der Wissenschaft noch den
                              internationalen Vereinbarungen der EU.                       • eine Investitionsverpflichtung von
                              Zudem erlaubt der derzeitige Vorschlag,                        zusätzlich 15 Prozent des finanziel-
                              dieses Ziel durch den Erwerb von                               len Äquivalents der Emissions-
                              Reduktionsgutschriften von außerhalb der                       reduktion in Klimaschutz- und An-
                              EU (CDM/JI-Zertifikate) zu erreichen.                          passungsmaßnahmen an den Klima-
                              Dies schwächt das ohnehin wenig ambi-                          wandel in Entwicklungsländern.
                              tionierte Ziel zusätzlich. Denn durch diese                    Dies entspricht einem Betrag von
        WWF Deutschland
                              Gutschriften wird der Anstieg der EU-                          rund 51 Milliarden Euro pro Jahr bis
    WWF Vertretung Berlin
         Hackescher Markt     Emissionen bestenfalls verschoben; auf                         20202.
Große Präsidentenstraße 10
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                                Vollständiger Bericht der Arbeitsgemeinschaft III, Kapitel 13, Seite 776, http://www.ipcc.ch/pdf/assessment-
               10178 Berlin
                              report/ar4/wg3/ar4-wg3-chapter13.pdf
       Tel: 0 30/30 87 42-0   2
                                Mit einem Richtpreis für Kohle von bis zu 60 Euro / Tonne CO2, entspräche der finanzielle Gegenwert von 15 Prozent
     Fax: 0 30/30 87 42 50    rund 51 Milliarden pro Jahr bis zum Jahr 2020 – auf Grundlage von Treibhausgasemissionen der EU27, die im Basisjahr
                              bei ca. 5.621 Milliarden Tonnen CO2-eq lagen.
     E-mail: berlin@wwf.de
               www.wwf.de
                                                                                                                                                     1
DAS EU-EMISSIONSHANDELSSYSTEM (EU ETS)                                          • Zertifikate aus innereuropäischen Kompensations-
                                                                                        projekten (Zukauf von Verschmutzungsgutschrif-
    Die robuste Gestaltung des EU-Emissionshandels-                                     ten aus Nicht-ETS-Branchen) müssen vom EU ETS
    systems nach 2012 ist ein entscheidender Faktor für die                             ausgeschlossen bleiben.
    Erreichung des Reduktionsziels für (innereuropäische)                           •   Sektoren wie z. B. Transport und Bodennutzungs-
    Emissionen von 30 Prozent. Der WWF empfiehlt folgen-                                aktivitäten müssen auch künftig vom EU ETS aus-
    de Änderungen am Vorschlag der Kommission, um                                       geschlossen bleiben, das separate Maßnahmen für
    sicherzustellen, dass das ETS sein Potential als fairer                             sie besser geeignet sind.
    und kostengünstiger Emissionsreduzierungsmechanis-
    mus voll ausschöpft. Vorrangiges Ziel des EU ETS ist es,
    die Investitionen in eine kohlenstoffarme Infrastruktur                               DIE VORSCHLÄGE DES WWF IM DETAIL
    innerhalb der EU voranzutreiben und darüber hinaus
    einen Beitrag für eine finanzielle Unterstützung der                            1. Deckelung der Emissionen mit jährlichen
    Entwicklungsländer zu leisten.                                                  Reduzierungen

    Vorschläge des WWF, um den EU-Emissionshandel                                   Der WWF unterstützt die Kommission bei ihrem
    zu stärken:                                                                     Vorhaben, das Emissionshandelssystem transparenter
                                                                                    zu gestalten und noch effektiver auf die Klimaschutzziele
    • Deckelung der Emissionen der im EU ETS ver-                                   auszurichten. Insbesondere der Vorschlag, die Gesamt-
      pflichteten Sektoren auf 36 Prozent ab 2013 und                               emissionen ab dem Beginn der dritten Handelsperiode
      eine entsprechende lineare jährliche Absenkung                                (2013) auf EU-Ebene zu deckeln, bedeutet einen ent-
      dieses Reduktionssatzes. Dies entspricht der                                  scheidenden Schritt nach vorn. Damit werden die
      Gesamtreduktion von 30 Prozent innerhalb der EU.                              Verzerrungen durch verschiedene nationale Zuteilungs-
      Überprüfung der jährlichen Reduktionen alle 5                                 pläne der Mitgliedsstaaten beseitigt.
       Jahre.
    • Verpflichtung der Sektoren des EU ETS, ihren                                  Damit das EU ETS seinen Beitrag zum Klimaschutzziel
      Anteil am finanziellen Äquivalent einer zusätzli-                             der EU, nämlich die gesamten EU-Emissionen um 30
      chen 15-prozentigen Emissionsreduzierung als                                  Prozent zu reduzieren, leisten kann, muss die
      Investition in Maßnahmen zur Anpassung und                                    Begrenzung des Emissionsausstoßes und die jährlich
      Vermeidung von Emissionen in Entwicklungsländ-                                (steigenden) Reduzierungen ab 2013 verschärft werden.
      ern zu leisten.                                                               Der WWF stimmt dem aktuellen Vorschlag zu, dass die
    • Es muss sichergestellt werden, dass nur externe                               Sektoren, die im EU ETS verpflichtet sind, auch weiter-
      Gutschriften aus CDM-Projekten am EU ETS teil-                                hin zwei Drittel des Anteils der Emissionsminderungen
                                      3
      nehmen, die dem Gold Standard und/oder einem                                  der Wirtschaft leisten sollen.
      vergleichbaren Qualitätsstandard entsprechen.
    • Ab 2013 müssen alle Emissionsrechte für alle                                                      Der WWF fordert deshalb:
      Sektoren des EU ETS vollständig versteigert wer-
      den. Dies entspricht dem „Polluters pay“-Prinzip:
                                                                                     • Die Emissionen im EU ETS ab 2013 auf ein 36-pro-
      alle CO2-Emittenten müssen Zertifikate kaufen, um
                                                                                        zentiges EU-Reduktionsziel zu deckeln und die-
      Emissionen verursachen zu dürfen.
                                                                                        sen Prozentsatz jährlich entsprechend anzupas-
    • Es muss sichergestellt werden, dass alle Einnah-                                  sen.
      men aus den Versteigerungen zweckgebunden für
      Aktivitäten zur Anpassung an die Auswirkungen
                                                                                     • Die jährlichen Reduktionsanpassungen alle 5
      des Klimawandels sowie zur künftigen Vermeidung
                                                                                        Jahre zu überprüfen, um sicherzustellen, dass
      von Klimagasen verwendet werden. Mindestens 50
                                                                                        das Programm seine Ziele erfüllt und zudem stets
      Prozent dieser Einnahmen müssen in Projekte in
                                                                                        dem neuesten Stand der Wissenschaft entspricht.
      Entwicklungsländern investiert werden.

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     http://www.cdmgoldstandard.org. Der Gold Standard ist ein unabhängiger, transparenter und international anerkannter Bezugswert für “hochwertige“ Carbon-
    Offset-Projekte (Kompensation für Kohlenstoffemissionen). Dieser Standard ist beschränkt auf erneuerbare Energien- und Energieeffizienzprojekte und verlangt,
    dass Projekte dem UNFCCC-Anspruch an Zusätzlichkeit folgen und tatsächlich einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung erbringen. Dieser Nachweis muss
    durch ein Gutachten unabhängiger, von der UNFCCC anerkannter, Dritter erbracht werden.

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2. Nutzung von Emissionsgutschriften aus Projekten                                B. Zu viele “Zertifikate” verzögern Investitionen in
außerhalb der EU                                                                  eine kohlenstoffarme Wirtschaft in Europa
                                                                                  Ein zu starker Zugang zu CDM-Zertifikaten im EU-
A. Qualität sichern – Missbrauch vermeiden                                        Emissionshandel verzögert notwendige Maßnahmen zur
Der Clean Development Mechanism (CDM) wurde von                                   CO2-Minderung innerhalb Europas. Außerdem macht
der UNFCCC (Klimarahmenkonvention der Vereinten                                   eine hohe Anzahl externer Gutschriften Investitionen in
Nationen) geschaffen, um es Ländern und Unternehmen                               eine hoch-kohlenstoffhaltige Infrastruktur – wie z. B. in
innerhalb der EU zu ermöglichen, Teile ihrer Reduktions-                          neue, konventionelle Kohlekraftwerke – finanziell attrak-
ziele kostengünstig über Investitionen in Emissions-                              tiv. Dies könnte in den kommenden Jahren zu weiterhin
reduzierungsprojekte in Entwicklungsländern zu erfüllen.                          rapide steigende CO2-Emissionen innerhalb der EU füh-
Darüber hinaus sollen CDM-Projekte einen Beitrag zur                              ren. Auf diese Weise geraten die CO2-Reduktionsziele
nachhaltigen Entwicklung der Gastgeberländer leisten,                             der EU für 2020 und darüber hinaus außer Reichweite5,
z. B. durch Investitionen in erneuerbare Energien oder                            bzw. verteuern sich zukünftige Maßnahmen zur
Energieeffizienz. Dennoch: Im günstigsten Fall ist CDM                            Reduktionen von Treibhausgasen für Steuerzahler und
ein Nullsummenspiel für das Klima, denn es lässt den                              Unternehmen. Hingegen könnten klare finanzielle
Anstieg von Emissionen in dem Land zu, in dem die                                 Anreize für Investitionen in kohlenstoffarme Technik
Gutschriften aus dem Projekt verwendet werden.                                    innerhalb der EU, Innovationen und Arbeitsplätze in
                                                                                  Europa heute und in Zukunft fördern.
Gegenwärtig wächst die Besorgnis, dass das System
missbraucht wird. So werden bspw. viele Projekte reali-                           Gleichzeitig ist es entscheidend, dass die EU einen
siert, die das „Zusätzlichkeitskriterium“ nicht erfüllen.                         wesentlichen Beitrag leistet, die Entwicklungsländer auf
Das bedeutet, dass viele dieser Projekte auch ohne die                            ihrem Weg in eine kohlenstoffarme Zukunft unterstützen.
Finanzierung über CDM zustande gekommen wären.                                    Deshalb muss ihnen die EU Hilfestellungen bei der
Wenn das Prinzip der „Zusätzlichkeit“ nicht gewährleistet                         Reduzierung ihrer Emissionen durch den Abholzungs-
ist, führt dies global betrachtet zu einem Anstieg der                            stopp ihrer Wälder6 sowie bei der Anpassung an den
weltweiten Emissionen. Ein kürzlich veröffentlichter                              Klimawandel zu leisten. Der WWF glaubt, dass zwischen
Bericht des Öko-Instituts kommt zum Schluss, dass                                 diesen beiden Zielen ein Gleichgewicht bestehen muss
ungefähr 20 Prozent der durch CDM-Projekte erzielten                              und votiert deshalb für die Reduzierung von Emissionen
Emissionsreduzierungen wahrscheinlich auch ohne die                               innerhalb der EU und für die gleichzeitige Unterstützung
CDM-Einnahmen durchgeführt worden wären4. Dies ent-                               für die Entwicklungsländer.
spricht rund 34 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr oder den
jährlichen Emissionen von sieben Kohlekraftwerken. Die                                                Der WWF fordert deshalb:
Untersuchung zeigte weiterhin, dass das nachhaltige
Entwicklungsziel des CDM oft übersehen wird.                                       • Dass sich Europa verpflichtet, 15 Prozent des
                                                                                     finanziellen Äquivalents der Emissionen in Klima-
                                                                                     schutzprojekte und Anpassungsmaßnahmen an
                    Der WWF fordert deshalb:                                         den Klimawandel in Entwicklungsländern zu inve-
                                                                                     stieren (zusätzlich zum EU-weiten Reduktionsziel
    • Sicherzustellen, dass künftig alle externen                                    von 30 Prozent) – wobei die Sektoren des EU ETS
     Zertifikate strenge Umwelt-,                       Sozial-        und           einen angemessenen Anteil an diesem Ziel über-
     Zusätzlichkeitskriterien erfüllen.                                              nehmen sollen.

    • Nur Zertifikate zuzulassen, die den strengen                                 • Neue und bestehende Marktmechanismen und
     Kriterien des Gold Standards oder eines ver-                                    finanzielle Instrumente einzusetzen, um diese
     gleichbaren Qualitätsstandards entsprechen.                                     zusätzlichen 15 Prozent zu erreichen, einschließ-
                                                                                     lich eines verbesserten CDM-Mechanismus. Das
                                                                                     bedeutet, dass der bisher reine Kompensations-
                                                                                     ansatz des CDM durch ein Reduzierungssystem
                                                                                     in Entwicklungsländern ersetzt wird.

4
  “Is the CDM fulfilling its environmental objectives? An evaluation of the CDM and options for improvement” ein Bericht des Öko-Institut für den WWF, November
2007.
5
  Es gibt z. B. derzeit Pläne, in den nächsten fünf Jahren 40 neue große Kohlekraftwerke in der EU zu bauen.
6
  Emissionen aus Abholzung und Abbau (von Wäldern) sind verantwortlich für ca. 18 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen.

                                                                                                                                                                  3
3. Auktionierung – ein fairer und kosteneffektiver                               Daten zu ermitteln. Bis dahin fordert der WWF eine 100-
    Weg Verschmutzungsrechte zu verteilen                                            prozentige Auktionierung für alle Sektoren ab 20139. Der
                                                                                     WWF fordert weiterhin, dass insbesondere der
    Versteigerung ist das wirksamste, transparenteste und                            Raffinerie- und Flugverkehrssektor ab dem Start der drit-
    gerechteste Mittel, um Emissionszertifikate zuzuteilen.                          ten Phase für alle Emissionszertifikate zahlen muss.
    Die EU-Kommission hat deshalb vorgeschlagen, dass                                Aktuelle Studien, die im Auftrag der britischen Regierung
    ab 2013 der Stromsektor für alle Verschmutzungsrechte                            durchgeführt wurden, zeigen, dass ein hohes Maß an
    zahlen muss. Der WWF begrüßt den Vorschlag und                                   freier Zuteilung sehr wahrscheinlich hohe Mitnahme-
    drängt darauf, dass das Europäische Parlament und der                            effekte für Fluggesellschaften bringen würde. Nur ein
    Europarat diesen nicht abschwächen.                                              hoher Grad an Auktionierung kann dies verhindern10.

    Die Versteigerung von Emissionsrechten weist folgende                                                Der WWF fordert deshalb:
    Vorteile auf:
    • Sie stellt sicher, dass CO2 einen Preis erhält und                             • Die 100-prozentige Auktionierung für alle EU ETS
      bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt                                    Sektoren ab 2013.
      werden muss.
    • Sie belohnt die leistungsfähigste kohlenstoffarme                              4. Zweckbindung aller Einnahmen aus                                     der
      Produktion.                                                                    Auktionierung für Klimaschutzmaßnahmen
    • Sie fördert das Prinzip „Der Verschmutzer zahlt für
      die Verschmutzung“.                                                           Neuere Studien11 zeigen, dass der von Menschen verur-
    • Sie verhindert Mitnahmeeffekte (engl.: windfall pro-                          sachte Klimawandel bereits heute zu beträchtlichen
      fits) in Milliardenhöhe. Viele Unternehmen insbe-                             Kosten führt. Dies gilt insbesondere für die Entwick-
      sondere im Stromsektor haben in den vergangenen                               lungsländer. Diese Kosten für die Umwelt, Wirtschaft
      Jahren die Kosten für die Verschmutzungszerti-                                sowie die menschliche Gesundheit resultieren haupt-
      fikate an ihre Kunden weitergereicht, obwohl sie                              sächlich aus derzeitigen und früheren Emissionen der
      den Großteil der Emissionsrechte bislang kosten-                              Industrieländer, wie der EU-Mitgliedsstaaten. Die EU ist
      los erhalten haben. Allein in Deutschland haben die                           deshalb mitverantwortlich, die Entwicklungsländer bei
      Stromversorger in der ersten Handelsperiode des                               der Behebung aktueller und künftiger Schäden zu unter-
      Emissionshandels (2005-2007) zwischen 11 und 24                               stützen12. In ihrem aktuellen Vorschlag schätzt die
      Milliarden Euro Profit gemacht7. In der zweiten                               Kommission, dass sich die Einnahmen aus den
      Phase des EU-Emissionshandels (2008-2012) wer-                                Versteigerungen bis 2020 auf 50 Milliarden Euro pro
      den das zusätzliche Gewinne in Höhe von 14 bis 34                             Jahr belaufen könnten. Wenn die europaweite
      Milliarden      Euro  sein8.    Eine   vollständige                           Emissionsdeckelung auf ein 30 Prozent-Ziel angepasst
      Versteigerung der Rechte wird deshalb nicht zu                                würde, könnten diese Einnahmen noch weitaus höher
      einer Erhöhung der Strompreise führen, da die                                 ausfallen.
      Zertifikatkosten schon heute eingepreist sind.                                Die EU muss den Entwicklungsländern beträchtliche
                                                                                    Finanzhilfen anbieten, damit diese:
    Der WWF erkennt an, dass ohne ein internationales                               • eine größtmögliche Anpassung an die
    Klimaschutzabkommen einige, insbesondere energiein-                               Auswirkungen des Klimawandels leisten können;
    tensive, Industrien von Wettbewerbsnachteilen betroffen                           zukünftigen Klimawandel vermeiden – etwa durch
    sein könnten. Das mögliche Problem des so genannten                               die Entwicklung und den Transfer sauberer
    „Carbon leakage“ (Verlagerung der Industriestandorte                              Technologie, Kapazitätsausbau, Emissionsvermei-
    außerhalb Europas aufgrund hoher CO2-Preise) muss                                 dung die aus Entwaldung und Waldabbau resultie-
    deshalb auf EU-Ebene gelöst werden. Der WWF unter-                                ren;
    stützt den Vorschlag der Kommission, bis 2011 mögliche                          • einen nachhaltigen Entwicklungsweg einschlagen,
    Belastungen der betroffenen Sektoren umfassend, fak-                              der den Ärmsten der Welt ein sichereres, gesünde-
    tenbasiert, transparent und auf Grundlage unabhängiger                            res und besseres Leben ermöglicht.

    7
      Analyse des WWF (02/2006): Gewinne aus der Einpreisung der CO2-Kosten im Verhältnis zu den angekündigten Investitionen von RWE, E.ON, Vattenfall
    Europe, EnBW und STEAG.
    8
       Studie Point Carbon (03/2008): EU ETS Phase II – The potential and scale of windfall profits in the power sector. A report for WWF.
    9
       Die Folgenabschätzung der Europäischen Kommission für das EU ETS ergab, dass die “kostenfreie Zuteilung von Rechten kein leistungsfähiges oder gar effekti-
    ves Instrument zu sein scheint, um Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit zu beseitigen“. Dennoch schlägt sie derzeit vor, dass energieintensive Sektoren
    sowie der Flugverkehr ab 2013 80 Prozent ihrer Zertifikate kostenlos erhalten.
    10
       Studie zur Abschätzung von Ticketpreisänderungen für den Flugverkehr im EU ETS: Ein Bericht für Defra und DfT’, November 2007.
    http://www.defra.gov.uk/environment/climatechange/trading/eu/future/pdf/ticketprices-report.pdf
4
Der aktuelle Vorschlag, nur 20 Prozent der                     Zertifikate auf den Markt bringen, die dann
Einnahmen aus den Versteigerungen für                          von den im ETS regulierten Sektoren
Klimaschutzmaßnahmen bereitzustellen,                          zugekauft werden könnten. Damit könnten
ist politisch nicht tragbar. Wenn die EU-                      letztere ihre Emissionen erhöhen, was
Mitgliedsstaaten tatsächlich Vorreiter für                     den Deckel der erlaubten Emissionen
den globalen Klimaschutz sein wollen,                          innerhalb Europas ansteigen ließe. Ein
müssen ALLE Einnahmen für Aktivitäten                          solches Vorgehen führt damit NICHT zur
zur Vermeidung und Anpassung an den                            Einsparung von Emissionen, sondern
Klimawandel verwendet werden.                                  untergräbt vielmehr die Wirksamkeit der
                                                               Klima- und Energiepolitik der Europä-
          Der WWF fordert deshalb:                             ischen Union. Einige der vielen Probleme,
                                                               die mit innereuropäischen Kompensati-
• Alle Versteigerungseinnahmen für                             onsprojekten einhergehen sind:
  Klimaschutz- und Anpassungsmaß-
  nahmen zu verwenden, um mög-                                • Sie reduzieren den Anreiz für umfas-
  lichst schnell den Wandel hin zu                                sende und zielgerichtete Maßnahmen
  einer globalen kohlenstoffarmen                                 zur Reduzierung von Emissionen in
  Wirtschaft zu vollziehen.                                       Branchen, die nicht im EU ETS gere-
                                                                  gelt sind.
• Mit mindestens 50 Prozent der                               •   Sie können zu Doppelzählungen füh-
  Einnahmen aus der Auktionierung                                 ren: Denn Reduktionen der Nicht-
  die Entwicklungsländer zu unterstüt-                            ETS-Sektoren könnten ETS-Sektoren
  zen und                                                         gutgeschrieben werden, d. h. es gibt
                                                                  insgesamt keine Reduzierung der
• Die restlichen 50 Prozent der                                   Treibhausemissionen.
  Einnahmen für Klimaschutzaktivi-                            •   Sollte eine Branche dafür geeignet
  täten innerhalb der EU einzusetzen.                             sein, in das EU ETS aufgenommen zu
                                                                  werden, sollte sie komplett und nicht
                                                                  teilweise einbezogen werden.
5. Innereuropäische Kompensations-
projekte nicht in den EU-Emissions-
handel einbeziehen

Der Vorschlag der Kommission, innereu-
ropäische Kompensationsprojekte ins EU
ETS einzubeziehen, bedeutet einen
                                                                  Für Rückfragen oder zusätzliche
erheblichen Rückschlag für CO2-Reduk-
                                                                  Informationen wenden Sie sich
tionsziele innerhalb Europas sowie die
                                                                  gerne an:
Funktionalität des EU-Emissionshandels.
Innereuropäische Kompensationsprojekte
                                                                  Juliette de Grandpré
sind Projekte zur Reduzierung von
                                                                  Energie und Kohlenstoffmärkte
Emissionen von Branchen, die nicht durch
                                                                  Tel.: +49-30-308742-24
das EU ETS geregelt werden. Ihr
                                                                  E-Mail: degrandpre@wwf.de
Emissionsausstoß soll durch eine separa-
te Gesetzgebung geregelt werden und
                                                                  Mandy Schoßig
betrifft unter anderem den Gebäudesektor,
                                                                  Kommunikation EU-Emissionshandel
den Straßenverkehr oder die Landwirt-
                                                                  Tel.: +49-30-308742-16
schaft. Ließe die Kommission solche
                                                                  E-Mail: schossig@wwf.de
Projekte im EU ETS zu, würden sie                                                                                                    WWF Deutschland
                                                                                                                                 WWF Vertretung Berlin
                                                                                                                                      Hackescher Markt
                                                                                                                             Große Präsidentenstraße 10
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   The Economics of Climate Change – The Stern Review. Cambridge (2006) und IPCC Climate Change 2007 – Impacts,
                                                                                                                                            10178 Berlin
Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Fourth Assessment Report of the IPCC. (2007).
12
   OXFAM hat geschätzt, dass ca. 50 Milliarden US-Dollar nötig sind, damit sich die Entwicklungsländer auf die Aus-wirkun-          Tel: 0 30/30 87 42-0
gen des Klimawandels einstellen können.                                                                                           Fax: 0 30/30 87 42 50
                                                                                                                                  E-mail: berlin@wwf.de
                                                                                                                                            www.wwf.de
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