Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L - DI Heinz Wipf Zürich

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Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L - DI Heinz Wipf Zürich
Gutachten zur Flugverkehrsprognose
           des Flughafens Wien LOWW
              im Zusammenhang mit
         dem Bau der Parallelpiste 11R/29L

                         DI Heinz Wipf

                            Zürich

Zürich, den 01.03.2016                   H. Wipf
Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L - DI Heinz Wipf Zürich
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

1.     EINLEITUNG ....................................................................................................... 2

1.1.     Situation – Verfahrensablauf - Fragestellung .................................................... 2

1.2.     Aufgabenstellung und Entscheidungsvorbereitung ........................................... 2

1.3.     Betrachtungsgegenstand .................................................................................. 4

1.4.     Problemanalyse ................................................................................................ 4

1.5.     Theorie und Empirie ......................................................................................... 5

1.6.     Vorgehen - Wahl der Mittel ............................................................................... 6

2. DATENLAGE ....................................................................................................... 6

3.     DATENAUSWERTUNG DER VORLIEGENDEN ZEITREIHEN ........................... 7

3.1.     Gesamtverkehrsentwicklung der jüngsten Vergangenheit ................................ 7

3.2.      Trendanalyse der Gesamtverkehrsentwicklung ................................................ 8

3.3.      Box-Jenkins .................................................................................................... 10

3.4.      Interpretation................................................................................................... 11

3.5.     Historisches Verkehrsaufkommen im Tagesablauf auf Stundenbasis ............ 12

4.     BEFUND ............................................................................................................ 16

4.1.      Trendtest der Verkehrsentwicklung ................................................................ 16

4.2.     Ländervergleich der Flughafenverkehrszahlen ............................................... 16

4.3.      Regionales Umfeld - Verfügbare Langzeitprognosen mit Bezug zu Europa ... 18

5. KONKLUSION ................................................................................................... 20

6. LITERATURNACHWEIS .................................................................................... 22

Anmerkung: Ein auszugsweises Zitieren ist mit dem Verfasser abzustimmen.

DI Heinz Wipf                                               - 1/22 -                                          01.03 2016
Gutachten zur Flugverkehrsprognose des Flughafens Wien LOWW im Zusammenhang mit dem Bau der Parallelpiste 11R/29L - DI Heinz Wipf Zürich
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

      1. Einleitung

Verkehrsprognosen sind mit verschiedenen Unwägbarkeiten konfrontiert. So ist Verkehr nur
eine mittelbare Konsequenz anderer, vor allem wirtschaftlicher, aber auch politischer Ent-
wicklungen. Externalitäten wie Fluglärm oder gasförmige Ausstöße als Folge des Luftver-
kehrsaufkommens an Flughäfen sollten deshalb nach dem Festlegen angemessener Grenz-
werte mit einem entsprechenden Monitoring an das Management des Infrastrukturbetreibers
übergeben werden. Ein solches Vorgehen entschärft die zentrale Wichtigkeit der Verkehrs-
prognose und erlaubt ein angemessenes Reagieren des Betreibers auf Entwicklungen, die
im Widerspruch zur Prognose stehen.
Ein Flughafen mit Hub-Funktion ist ingenieurstechnisch als dynamisches System mit ver-
schiedenen positiven und negativen Rückkopplungen1 zu verstehen. Als Beispiel gilt die Ab-
hängigkeiten von Angebot und Nachfrage im Verkehrsaufkommen. Eine formale Beschrei-
bung ist deshalb höchst anspruchsvoll und bedingt Informationen, die lediglich dem Betreiber
zugänglich sind. Die bestehende Prognose [1] wird deshalb aus neutraler Außensicht begut-
achtet. Diese Abklärungen sollen mithelfen, sich der Frage des öffentlichen Interesses der
Parallelpiste 11R/29L, kurz 3. Piste, zu nähern.

       1.1. Situation – Verfahrensablauf - Fragestellung

Am 01.03.2007 beantragte die Flughafen Wien AG die Bewilligung für die 3. Piste. Dazu wur-
den von der Antragstellerin im Laufe des UVP-Verfahrens verschiedene Dokumente zur vo-
raussichtlichen Entwicklung der Flugbewegungen vorgelegt [1]. Mit Bescheid der Niederös-
terreichischen Landesregierung vom 10.07.2012 wurde die Errichtung und der Betrieb der 3.
Piste unter Vorschreibung von Auflagen bewilligt. Dagegen wurden Beschwerden beim Bun-
desverwaltungsgericht eingebracht und der Bedarf der 3. Piste in Zweifel gestellt. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Jänner 2015 wurden die
Flugbewegungen diskutiert.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.05.2015 wurde Herr DI Heinz WIPF
zum nichtamtlichen Sachverständigen für luftfahrttechnische Fragen bestellt. Er wurde um die
Beantwortung folgender Fragen ersucht:

       a) Wie hat sich die Flugverkehrsnachfrage von der Antragstellung im März 2007 bis heute
          im 2-Pistensystem entwickelt?
       b) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 2-Pistensystem bis 2020 und bis 2025
          entwickeln?
       c) Wann ist die Kapazitätsgrenze im 2-Pistensystem erreicht?
       d) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 3-Pistensystem bis 2020 und bis 2025
          voraussichtlich entwickeln?
       e) Wird sich durch die Errichtung der 3. Piste insgesamt die Sicherheit der Luftfahrt um
          den Flughafen Wien erhöhen.

       1.2. Aufgabenstellung und Entscheidungsvorbereitung

Die Prognose des Luftverkehrs mit und ohne die geplante 3. Piste aus dem Jahre 2009/2010
(inkl. Nachreichungen) kann mit den zwischenzeitlich vorliegenden effektiven Verkehrszah-
len des Flughafens Wien LOWW2 verglichen werden. Mit Hilfe der neuen Datenlage soll aber
auch die Zuverlässigkeit der vorliegenden Prognose geprüft werden.
Der Prognosehorizont hat sich im Verlauf des Projekts von 2020 nach 2025 verschoben. Je
nach vorhandener Tiefe der historischen Daten ist es jedoch wenig sinnvoll, mit den zur Ver-
fügung stehenden alternativen Methoden zu große Prognosezeiträume ins Auge zu fassen.

1
    meist nichtlineare
2
    Die ICAO-Kennzeichnung des Flughafens erlaubt eine eindeutige Benennung – International Civil Aviation Organization

DI Heinz Wipf                                                - 2/22 -                                         01.03 2016
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Die Begründung liegt im zunehmenden Auseinanderklaffen der Prognoseintervalle. Größere
Prognosezeiträume3 müssten sowieso zwingend auf einen Flughafenmasterplan abstellen.
Dieser ist aber nicht Gegenstand der vorliegenden Prüfung. Somit geht es in diesem Gutach-
ten um die Plausibilisierung der vom Projektwerber vorgelegten Prognose bis zum Jahr
2025.
Im An- und Abflugkonzept des Projektwerbers ist zur Fluglärmminderung betroffener Gebiete
zusätzlich ein Flugverfahren mit einer Kurve im Endanflug vorgesehen.4 Damit die vorgese-
hene Lärmminderung eintritt, muss gefragt werden, wie viele der anfliegenden Luftfahrzeuge
in Zukunft solch fortschrittliche5 Verfahren abfliegen können. Hier gilt es festzuhalten, dass
sowohl die Luftfahrzeuge als auch die Cockpit-Besatzung in der Lage sein müssen, solche
Verfahren zu fliegen. Trotz dem Erfüllen dieser Bedingungen liegt es aber immer in der Ent-
scheidungskompetenz des Flugzeugführers, bei der Flugsicherung ein anderes Anflugver-
fahren zu verlangen. Es ist aber erlaubt, mit entsprechenden Anreizsystemen seitens des
Flughafens hier steuernd einzugreifen.6
Vorangegangene Studien7 haben gezeigt, dass mit einem Zeitraum von 10 - 12 Jahren ge-
rechnet werden muss, bis eine technologische Neuerung in der navigatorischen Ausrüstung
von Linienmaschinen einen Anteil von 90% erreicht haben (Abb. 1). Als Beispiel eines sol-
chen technologischen Diffusionsprozesses sei hier die europäische Einführung von PRNAV
und deren Durchdringung über die Jahre im schweizerischen Luftraum aufgezeigt.
    100%

    90%

    80%

    70%

    60%

    50%

    40%

                                                                                                                                                                     empirisch
    30%
                                                                                                                                                                     predict Probit

    20%                                                                                                                                                              low80%

                                                                                                                                                                     up80%
    10%

     0%
           Dez.1999

                      Dez.2000

                                 Dez.2001

                                            Dez.2002

                                                       Dez.2003

                                                                             Dez.2005

                                                                                        Dez.2006

                                                                                                   Dez.2007

                                                                                                              Dez.2008

                                                                                                                         Dez.2009

                                                                                                                                    Dez.2010

                                                                                                                                               Dez.2011

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                                                                                                                                                                                      Dez.2014

  Abbildung 1 - Die zeitliche Entwicklung der Durchdringung von Luftfahrzeugen mit PRNAV8-Ausrüs-
 tungen und entsprechend geschulter Besatzung im Zürcher Luftraum als Beispiel. Der Jan. 2008 auf
  der horizontalen Zeitachse markiert den Beginn der Beobachtungen. Die vertikale Achse zeigt den
  Durchdringungsgrad zwischen 0% (kein Luftfahrzeug verfügt über die beschriebene Fähigkeit) und
100% (alle Luftfahrzeuge verfügen über die beschriebene Fähigkeit). Die Punkte markieren das ange-
 näherte Modell Probit und die Kreise zeigen die tatsächliche Entwicklung. Die feinen Punkte begren-
                                    zen das 80%-Vertrauensintervall.

3
  20 - 50 Jahre
4
  Curved Approach
5
  Advanced Required Navigation Performance capable aircraft; Authorisation Required Approaches (RNP AR APCH)
6
  Durch das zwingend vorgeschriebene Befliegen lärmmindernder Verfahren, z.B. am Flughafen Amsterdam oder bei der Slot-
vergabe des Flughafens. Als Slot wird ein Zeitfenster bezeichnet, das einer Fluggesellschaft zum Starten oder Landen an einem
Flughafen zugewiesen wird.
7
  „A Growth Model for the Adoption of Advanced Aircraft Avionics“ Jul. 2014 Publikation in Vorbereitung – dazu auch der Beitrag
am ENRI Workshop Nov. 2015 in Tokyo [7]
8
  Precision Area Navigation

DI Heinz Wipf                                                                                      - 3/22 -                                                                                01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

Europäisch wurden die Entwicklungen für solche fortschrittlichen Anflugverfahren, wie am
Wiener-Flughafen geplant, 2012 – 2013 angestoßen. Somit kann in den Jahren 2022 – 2025
mit einer fast vollständigen Durchdringung entsprechend befähigter Luftfahrzeuge gerechnet
werden. Selbstverständlich wird sich zwischenzeitlich das Verhältnis befähigter zu nicht-be-
fähigter Luftfahrzeuge laufend vergrößern. Ab welchem Prozentsatz befähigter Luftfahrzeuge
das geplante Anflugregime für die Flugsicherung auch in der Spitzenstunde tragbar9 ist,
muss eine Sicherheitsabklärung im Rahmen des Ausführungsprojekts aufzeigen. Der trag-
bare Mischverkehr befähigter versus nicht-befähigter Luftfahrzeugen in der Anflugsequenz
der Spitzenstunde unterliegt nämlich der Beurteilung der zuständigen Flugsicherungsinstanz.

       1.3. Betrachtungsgegenstand

Der betrachtete Gegenstand ist die Luftverkehrsprognose von Herrn Schubert Intraplan
GmbH München. [1] Diese wurde bereits im Rahmen der UVP des Landes Niederösterreich
von Prof. Dr. Reichmuth DLR detailliert methodisch begutachtet.[2]
              1 000 Flugbewegungen
     450
                        (bisherige Entwicklung)                                        (Prognose)                   415
     400
                                                                                                     371            369

     350                                                                                             329
                                                                                      323
                                                              293                     286
     300
                                                              259
     250
                                     207
     200                             183
                                                                       insgesamt
     150      138                                                      davon Passagierverkehr

              105                                                      davon sonst.
     100

                                                                                                      42             46
      50       33                                              34                      37
                                     24

        0
            1992    1995             2000           2005      2008 2010               2015           2020            2025
Abbildung 1a - Entwicklung und Vorhersage ab dem Jahr 2009 mit den Flugbewegungen/Jahr von Int-
 raplan München - "Zeitreihe Flugbewegungen Vergangenheit und Prognose (ungehemmte Entwick-
                         lung) nach Passagierflügen und sonstigen Flügen"
                                      aus [1. S. 61, Abb. 5-9]

       1.4. Problemanalyse

Bei der vorliegenden Prognose Intraplan wurden weder Prognose- noch Vertrauensintervalle
angegeben10. Diese Angaben hätten den Vergleich mit der Realität und der gutachterlichen
alternativen Methode vereinfacht. Das Vorhandensein von Prognoseintervallen würde zumin-
dest das Überprüfen der Zuverlässigkeit nachvollziehbar machen. Intraplan hat aber Sensiti-
vitätsrechnungen11 zur Variabilität ihrer Prognose für das Jahr 2025 geliefert (s. Abb. 3 - Sen-
sit Intraplan). Bei Prognoseintervallen hat, je nach ausgewiesenem Niveau (z.B. 95%), ein
entsprechender Anteil zwischenzeitlicher realer Verkehrswerte vom Erstellungsdatum bis

9
    abhängig von den lokalen betrieblichen Verhältnissen
10
     allerdings wurde von Intraplan eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt
11
     [1] “Parallelpiste 11R/29L Verkehrsprognose Flughafen Wien – Schwechat“ S. 2, 97 – 99; zur geschätzten Bandbreite. S.101

DI Heinz Wipf                                                 - 4/22 -                                         01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

heute innerhalb dieses Intervalls zu liegen. Allerdings sind Prognose und auch Vertrauensin-
tervalle bei ökonometrischen Modellen selten zu finden.12 Somit ist ein alternatives Verfahren
gefragt, welches Prognose- oder zumindest Vertrauensintervalle liefert. Liegen nämlich die
Vorhersagen von Intraplan innerhalb dieser alternativ berechneten Intervalle, sind beide
Prognosen miteinander vereinbar. Das Kriterium für den Entscheid, ob ein belastbares öf-
fentliches Interesse für die 3. Piste vorliegt ist der Nachweise einer zunehmenden Nach-
frage von Flugbewegungen in den periodisch wiederkehrenden Verkehrsspitzen, was dazu
führt, dass künftig die Kapazität des bestehenden Pistensystems überschritten wird.
Was die volkswirtschaftliche Bedeutung von Grossflughäfen und speziell die ökonomischen
Effekte der 3. Piste in Wien angeht sei auf [9] verwiesen.

     1.5. Theorie und Empirie

Ein Flughafen ist ein Knotenpunkt im Verkehrsnetz. Netzknoten sind immer im Hinblick auf
die Hauptverkehrsstunde auszulegen.[3] Übersteigt nämlich der dem Netzknoten angebo-
tene Verkehr dessen verfügbare Kapazität, kommt es zu Verspätungen, zum Abweisen des
Verkehrs oder zum Unterschreiten der Mindestabstände von Luftfahrzeugen untereinander.
Alle drei Effekte stehen im Widerspruch zu den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrt, an
welche sich die betroffenen Instanzen (hier der Flughafen und die Flugsicherung) im Rah-
men internationaler Übereinkommen zu halten haben. Diese verlangen nach einer sicheren,
geordneten und raschen Flugverkehrsabwicklung13. Das heißt in der Konsequenz, dass auf
der Ebene der Flugverkehrsführung zuerst die prompte, der geordneten und diese der siche-
ren Verkehrsabwicklung untergeordnet werden sollte. In der Praxis sind diese drei Vorgaben
Teil des Air Traffic Managements (ATM)14 und liegen zu einem nicht geringen Teil im takti-
schen Ermessensraum des Kontrollpersonals, welches direkt den Luftverkehr anweist.
Strategische Entscheide zur Flughafeninfrastruktur, wie eine optimal geplante, zusätzliche
Piste, schaffen somit günstige Voraussetzungen, um taktische Kompromisse des Kontroll-
personals während der Spitzenstunde in Grenzen zu halten.

12
   Dazu auch [5] Seite 479 ff. und unter Punkt 4. „Theoretical prediction intervals are difficult or impossible to calculate for many
econometric models, ...“
13
   [8] Seite vii und § 3.7.1.2 „the safe, orderly and expeditious flow of air traffic;“
14
   oder spezifischer: Air Traffic Control (ATC)

DI Heinz Wipf                                                   - 5/22 -                                             01.03 2016
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     1.6. Vorgehen - Wahl der Mittel

Aus all den möglichen Prognoseverfahren hat der Projektwerber ein ökonometrisches Modell
in Kombination mit räumlichen Einfluss- und Ausgleichtendenzen gewählt (Abb. 2 - blau).
Weil das Verfahren bereits methodisch begutachtet worden ist, wählt diese Begutachtung
bewusst ein alternatives Vorgehen, bei dem anderen Methoden zur Anwendung kommen
(Abb. 2 - rot).

        Abbildung 2 - Klassifikation möglicher Prognosemethoden gemäß „Manual on Air Traffic
                                       Forecasting“ von ICAO [3]

Die Wahl fiel dabei auf Zeitreihen-Modelle (Time-Series Analysis). Unter Zeitreihen versteht
man eine nach ihrem historischen Auftreten geordnete Abfolge von Datenwerten15. Dies er-
möglicht durch die geringere Komplexität ein besseres Nachverfolgen der Ergebnisse, da
man es im Vergleich mit ökonometrischen Modellen und deren korreliert erklärenden Variab-
len16 lediglich mit einer einzigen zu tun hat.
Von den möglichen Zeitreihenverfahren fällt die Wahl auf eine simple Trendanalyse und eine
anspruchsvollere, nämlich die Methode von Box-Jenkins. Beide Verfahren erlauben im Un-
terschied zur Mehrzahl ökonometrischer Modelle ein Abschätzen von Prognose- und Ver-
trauensintervall.

     2. Datenlage

Die Rohdaten werden ebenfalls bewusst nicht vom Projektwerber übernommen. Sie stam-
men vielmehr aus verschiedenen verbindlichen Quellen nationaler, supranationaler und inter-
nationaler Organisationen. Durch die verschiedene Quellenlage sind allerdings Differenzen
unvermeidbar, weil die Art des Verkehrszählens über Institutionen hinweg kaum einheitlich
zu regeln ist. Zusätzlich ist auch der Zeitraum des Erfassens unterschiedlich. Diese Tatsache
erlaubt aber gerade auch den Blick auf die Unschärfe beim Erfassen des Verkehrsaufkom-
mens. Eigentlich sollte aus diesem Grund immer mit Aussageintervallen und nicht nur mit so-
genannten Punktschätzungen gearbeitet werden.
Die verfügbaren Datenreihen bilden entweder diskrete Luftverkehrsereignisse in Funktion der
Zeit ab oder aber die Anzahl17 dieser Vorkommnisse pro Zeiteinheit, und dies ebenfalls in
Funktion der Zeit. Als eine Bewegung18 gilt ein An- oder Abflug.

15
   „A time series is a sequence of observations taken sequentially in time.“ [4 Seite 1]
16
   oft auch mit Interaktionen untereinander
17
   Am Rande sei vermerkt, dass es sich bei diesem Summieren der Ereignisse bereits um eine Art der statistischen Glättung
handelt. Dieser Effekt ist umso ausgeprägter je länger der Zeitschritt dauert.
18
   auch ein Movement genannt

DI Heinz Wipf                                               - 6/22 -                                         01.03 2016
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Folgende Zeitreihen finden in diesem Gutachten Verwendung:

              Art                 ID        Umfang  Intervall           Quelle                                 Referenz
     An-u. Abflüge                M1      1998 2014   n.a.    Eurocontrol Statfor                             STA-497
     Anzahl An-u. Abflüge         M2      2000 2014   Jahr    Statistik Austria ÖSTAT                         Web-Page
     Anzahl Abflüge               M3      1970 2014   Jahr    Weltbank
     Anzahl An-u. Abflüge         M4      1992 2025   Jahr    Intraplan München                               Schwaibold
                              Tabelle 1 - Verwendete Datensätze zum Luftverkehr

                      Art               ID   Umfang  Intervall Quelle Referenz
       Bevölkerung                      V1 1960 2013   Jahr    OECD
       Bruttosozialprodukt in US $/Jahr V2 1970 2014   Jahr    OECD
       Durchschnittseinkommen in US $ V3 1990 2014     Jahr    OECD
                                    Tabelle 2 - Datensätze zur Volkswirtschaft

Die Datensätze mit den einzelnen Flügen von und nach Wien wurden freundlicherweise von
der Eurocontrol STATFOR19 in Brüssel speziell für dieses Gutachten, zusammengestellt und
umfassen mehrere Millionen Einzelereignisse. Die restlichen Datensätze stammen von den
aufgeführten Institutionen und ihren Internetseiten20. Die Datensätze M1 und M2 garantieren
offiziell eine einheitliche Erfassung und stellen in diesem Gutachten die primären Quellen
dar.

     3. Datenauswertung der vorliegenden Zeitreihen

Es stellt sich nun die Aufgabe, mit Hilfe der vorliegenden Zeitreihen aus der Vergangenheit,
mittels Extrapolation die Zukunft vorauszusagen. Dazu werden die zwei oben genannten
Zeitreihenanalysemethoden zur Anwendung gebracht. Die Ergebnisse sind anschließend un-
tereinander und mit der Prognose des Projektwerbers zu vergleichen. Zuerst aber ein Blick
auf die jüngste Verkehrsentwicklung und der Vergleich mit der Prognose Intraplan aus dem
Jahre 2009/2010.

      3.1. Gesamtverkehrsentwicklung der jüngsten Vergangenheit

Die Zeitreihe des Luftverkehrsaufkommens bis zum Zeitpunkt der Projekteinreichung zeigte
über Jahre ein stetiges Wachstum, die im Jahre 200821 ihr Maximum erreichte. Danach redu-
zierte sich der Luftverkehr schrittweise bis ins Jahr 2014.

19
   Eurocontrol (EuC) European Organisation for the Safety of Air Navigation – STATFOR Statistics and Forecast Service
20
   Stand 2015
21
   Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz

DI Heinz Wipf                                              - 7/22 -                                          01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

 Abbildung 3 - Gesamtverkehrsentwicklung (Bewegungen) pro Jahr am Flughafen Wien und die revi-
 dierte Prognose von Intraplan [1] mit den geschätzten Kapazitätsgrenzen des bestehenden 2-Pisten-
  sytems (maxLit) und die beiden Eckwerte für das 3-Pistensystem für den abhängigen22 (depRechn-
 MaxKap 3RWY) und den unabhängigen23 Betriebsmodus der beiden Parallelpisten (indepRechnMax-
 Kap 3RWY). Der gelbe Balken im Jahre 2025 zeigt das Resultat der Sensitivitätsrechnung von Intra-
                                    plan - Quellen: M1, M2 und M4

     3.2. Trendanalyse der Gesamtverkehrsentwicklung

Generell ist die Trendanalyse [4 S. 97] oder nach ICAO die Trend Projektion ein erster
Schritt, das Luftverkehrsaufkommen in der Zukunft abzuschätzen. Dazu kann eine Regres-
sion genutzt werden. Zur Erklärungen des Verkehrsaufkommens24 pro Zeiteinheit25 wird le-
diglich eine univariate Variable, nämlich die Zeit verwendet. [3, S. 1-3]
Als Modelle stehen verschiedene mathematisch beschreibbare Kurven zur Verfügung. [3, 1-
4]. Der vorliegende Prozess, den es zu identifizieren gilt, weist positives oder negatives
Wachstum aus. Somit kommen lineare, vorzugsweise aber exponentielle26, Funktionen in
Frage. Die Kurven werden i.d.R. mit einem Minimum der Fehlerquadrate an die vorliegenden
Daten angepasst. Die bei Wachstumsprozessen üblichen Sättigungseffekte werden aber mit
diesen beiden Kurvenarten nicht berücksichtigt. Diese sind jedoch nur bei ausgesprochen
langfristigen Vorhersagen zu beachten. Die Trendanalyse wird vorteilhafterweise bei Luftver-
kehrszählungen, die pro Jahr vorliegen, angewendet.
Die jüngste Erweiterung der Zeitreihe bis 2014 führt, im Vergleich zur statistischen Tiefe der
Daten, die dem Projektwerber 2009/2010 zur Verfügung standen, zu einem Abflachen des
Wachstumstrends.

22
   Das Belegen der 3. Piste ist beeinflusst durch den Verkehr der beiden bestehenden.
23
   Das Belegen der 3. Piste ist unbeeinflusst durch den Verkehr der beiden bestehenden.
24
   die abhängige Variable
25
   typischerweise das Jahr
26
   In Abb. 5 ist ab dem Jahr 2008 eine zunehmende Variabilität der saisonalen Schwankungen feststellbar. Dies wird als Indiz
für einen zugrundeliegenden exponentiellen Wachstumsprozess gewertet.

DI Heinz Wipf                                               - 8/22 -                                           01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

                                                                    Flugbewegungen LOWW
            600'000
                          ÖSTAT
                          StatforEuC
                          maxLit
            550'000       dep_RechnMaxKap 3RWY
                          indep_RechnMaxKap 3RWY
                          IntraplanRev
            500'000       StatforfitExp
                          StatforfitExp+
                          StatforfitExp-

            450'000       Sensit Intraplan
                          Exponentiell (StatforEuC)
                          Linear (StatforEuC)
 mvmnts/a

            400'000

                                                                                                                         R² = 0.65
            350'000
                                                                                                                             R² = 0.63

            300'000

            250'000

            200'000

            150'000
                   1998   2000             2002       2004   2006   2008   2010   2012    2014   2016   2018   2020   2022         2024
  Abbildung 4 - Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien und die Prognose mit Hilfe der
   linearen und exponentiellen Trendanalyse StatforEuC (grüne Linie gestrichelt resp. ausgezogen).
                 Sichtbar ist oben und unten das 95%-Vorhersageintervall (PI) für den
 exponentiellen Trend (StatforfitExp±). Der gelbe Balken im Jahre 2025 zeigt das Resultat der Sensiti-
                        vitätsrechnung von Intraplan - Quellen: M1, M2 und M4

Der Prädiktor Zeit ist, wie erwartet bei beiden Kurven (linear und exponentiell) statistisch
hochsignifikant.27 Basierend auf den Werten der Vergangenheit sollten die zukünftigen Ver-
kehrswerte zu 95% innerhalb des Vorhersageintervalls liegen.

27
       P - Wert = 0.000148 für das lineare Modell resp. 0.000088 für das exponentielle.

DI Heinz Wipf                                                               - 9/22 -                                    01.03 2016
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               3.3. Box-Jenkins

Ein weiterer Ansatz der Analyse von Zeitreihen ist von Box-Jenkins. Das Verfahren ist in der
Statistik auch unter dem Namen ARIMA28 bekannt. Es ist geeignet, komplexe Zeitreihen, bei
denen verschiedene Mustern vorliegen, aufzulösen. Beispiele sind das Erkennen eines
Trends oder saisonaler Faktoren und zyklischen Verhaltens [dazu detailliert 4 S. 333 ff]. Ef-
fekte, die bei Luftverkehrszählungen über mehrere Jahre hinweg allesamt zu beobachten
sind. Abb. 5 zeigt darüber hinaus auch auf, wie die Variabilität zwischen den Monaten im
Jahreszyklus angestiegen ist.
           28'000
           27'000
           26'000
           25'000
           24'000
           23'000
           22'000
           21'000
           20'000
           19'000
           18'000
           17'000
           16'000
 Movements/M

           15'000
           14'000
           13'000
           12'000
           11'000
           10'000
            9'000
            8'000
            7'000
            6'000
            5'000
            4'000
            3'000
            2'000
            1'000                                                                                                   Monate
                0
                    Jan 1998

                               Jan 1999

                                          Jan 2000

                                                     Jan 2001

                                                                Jan 2002

                                                                           Jan 2003

                                                                                                 Jan 2005

                                                                                                               Jan 2006

                                                                                                                          Jan 2007

                                                                                                                                     Jan 2008

                                                                                                                                                Jan 2009

                                                                                                                                                           Jan 2010

                                                                                                                                                                      Jan 2011

                                                                                                                                                                                 Jan 2012

                                                                                                                                                                                            Jan 2013
                                                                                      Jan 2004

                                                                                                                                                                                                       Jan 2014
     Abbildung 5 - Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien pro Monat - Die vertikale Achse
            zeigt die Bewegungen jedes Monats für den Zeitabschnitt 1998 - 2014. - Quelle: M1

ARIMA Modelle werden mehrheitlich bei Luftverkehrszählungen pro Monat angewendet. Die
Methode erlaubt einiges an Flexibilität, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Für die Identi-
fikation des geeigneten Modells ist deshalb ein gewisser Aufwand unabdingbar. Für detail-
lierte Anleitungen zur Nutzung der Methode existiert eine umfassende Literatur.29 ARIMA
Modelle helfen der Luftfahrt bei Kurz- und Mittelfristprognosen. [3 1-6]. Die in Abb. 2 mar-
kierte Spektralanalyse ist Teil dieser Prognosemethode. [4 S. 86]

28
      Auto Regressive Integrated Moving Average
29
      dazu Box-Jenkins in [4]

DI Heinz Wipf                                                                                               - 10/22 -                                                                       01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

                                                                    Flugbewegungen LOWW
            600'000
                          ÖSTAT

                          StatforEuC

                          maxLit
            550'000
                          dep_RechnMaxKap 3RWY

                          indep_RechnMaxKap 3RWY

            500'000       IntraplanRev

                          StatforfitExp

                          StatforfitExp+

            450'000       StatforfitExp-

                          Sensit Intraplan

                          StatforARIMA
 mvmnts/a

            400'000
                          StatforARIMA+

                          StatforARIMA-
                                                                                                                         R² = 0.65
                          Exponentiell (StatforEuC)
            350'000
                          Linear (StatforEuC)                                                                                R² = 0.63

            300'000

            250'000

            200'000

            150'000
                   1998   2000             2002       2004   2006   2008   2010   2012    2014   2016   2018   2020   2022         2024
Abbildung 6 Gesamtverkehrsentwicklung auf dem Flughafen Wien und die Prognose ab 2014 mit der
 Box-Jenkins oder ARIMA Methode und der Prognose mit dem oberen und unteren 95% Intervall. Im
  Vergleich dazu die Trendanalysen mit den 95%-Vorhersageintervallen - Quellen: M1, M2 und M4

              3.4. Interpretation

Die Resultate der beiden Zeitreihenanalysemethoden (Abb. 4 und Abb. 6) zeigen divergie-
rende Ergebnisse. Es gilt nun, die Vereinbarkeit aller drei Prognosen untereinander zu prü-
fen. Unter der Vereinbarkeit verschiedener Prognosen versteht man entweder das Überlap-
pen der Prognoseintervalle auf einem gegebenen Niveau oder eine genügende Korrelation
der verschiedenen Zeitreihen.
Im Falle der beiden Trendanalysen ist dem Ansatz der exponentiellen Kurve der Vorzug zu
geben, weil diese im Vergleich mit der linearen ein größere R2 anzeigt und somit mehr vom
Trend durch die Zeit erklärt. Ein exponentielles30 Wachstum ist für Netzwerkindustrien, wie
die Zivilluftfahrt eine ist, typisch. Der Trend, basierend auf den bisherigen Verkehrszahlen
des Flughafens Wien, zeigt trotz des negativen Wachstums der letzten paar Jahre ein weiter-
hin ansteigendes Verkehrsaufkommen. Die Erklärung liegt in der gleich starken Gewichtung
aller vergangenen Werte.
Die Box-Jenkins Methode dagegen gewichtet die jüngere Vergangenheit stärker als die
Werte, die weiter in der Vergangenheit liegen. Somit indiziert die Vorhersage eine weitere
Abnahme des Verkehrsaufkommens. Allerdings zeigt der zeitliche Verlauf des oberen Ver-
trauensintervalls auf dem 95% Niveau eine steigende Tendenz. Dieser Verlauf ist zudem mit
dem unteren 95%-Prognoseintervall der Trendanalyse vereinbar. Die gleiche Aussage gilt
auch für das untere Ende der Sensitivitätsrechnung von Intraplan. Der gedehnte Progno-
sehorizont 2025 im Vergleich zur beschränkten Tiefe der offiziell verfügbaren historischen
Verkehrswerte M1 und M2 muss allerdings bei beiden Verfahren zur Vorsicht31 mahnen.

30
       Die Erklärung liegt in der Anzahl der möglichen Kombinationen von Netzknoten.
31
       In Ergänzung dazu die Datenreihen der Weltbank M3 und deren Darstellungen im Kap. 4.2 Abb. 9.

DI Heinz Wipf                                                               - 11/22 -                                   01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

        3.5. Historisches Verkehrsaufkommen im Tagesablauf auf Stundenbasis

Die detaillierte Auswertung der Einzelflüge in M1 erlaubt ein Aufzeigen der stündlichen Be-
lastung des bestehenden Flughafensystems. Abb. 7a zeigt das historische Verkehrsaufkom-
men pro Stunde im Tagesablauf über den Zeitabschnitt von 2003 – 2014. Die mehr als
100'000 Datenpunkte zeigen umfassend das Flugverkehrsgeschehen auf dem Wiener Flug-
hafen der letzten Jahre. Gut sichtbar ist der Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit. Die
Spitzen in der Nacht, zum Ende der Betriebszeit,32 deuten auf einen Verkehrsnachfrageüber-
hang hin den es jeweils noch abzubauen gilt.
             2003          2004          2005          2006          2007          2008           2009          2010          2011          2012          2013          2014

  Abbildung 7a - Historisches Verkehrsaufkommen pro Stunde Flughafen Wien im Tagesablauf von
 00:00 - 24:00 (vertikale Achse 0-24) für die Jahre 2003 - 201433 (horizontale Achse in Stunden). Die
 stündlichen Verkehrszahlen der ankommenden und abfliegenden Luftfahrzeuge pro Stunde entspre-
                           chen der Skala am rechten Bildrand. - Quelle: M1

      2002          2003          2004          2005          2006          2007           2008          2009          2010          2011          2012          2013          2014

32
     International publiziert ist ein 24-Stundenbetrieb des Flughafens, somit gibt es theoretisch keine Betriebszeiten - AIP Austria
33
     25.01.2003 - 31.12.2014

DI Heinz Wipf                                                                             - 12/22 -                                                               01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

Abbildung 7b - Historisches Verkehrsaufkommen der ankommenden und abfliegenden Luftfahrzeuge
pro Stunde (vertikale Achse) Flughafen Wien in der Stundenabfolge (horizontale Achse) für die Jahre
2002 - 201434. Gestrichelt die Kapazitätsgrenzen des 2-Pistensystems.35 Die Stunden ohne Verkehr36
      sind ausgenommen, weil sie keine Rückschlüsse auf die Kapazität erlauben - Quelle: M1
                               10000
                               8000
                               6000
                               4000
                               2000
                               0

                                       0     20    40         60     80

Abbildung 7c - Histogramm des historischen Verkehrsaufkommens der ankommenden und abfliegen-
 den Luftfahrzeuge pro Stunde Flughafen Wien. Die vertikale Achse zeigt die Anzahl Betriebsstunden
in denen ein entsprechendes Verkehrsaufkommen herrschte. Die horizontale Achse zeigt Klassen à 5
   Bewegungen/h für die Jahre 2002 – 2014 (wie oben). Die zwei Zustände leichter (0 - 5 Bewegun-
      gen/h) und normaler Verkehr (40 Bewegungen/h) sind hier deutlich zu sehen - Quelle: M1

34
   01.08.2002 – 31.12.2014
35
   dazu detailliert im Abschnitt unten
36
   Nachtstunden, durchschnittlich 3.7h/Tag

DI Heinz Wipf                                     - 13/22 -                            01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

Das Histogramm erlaubt das konkrete Zählen der Vorkommnisse aus Abb. 7b (vertikale
Achse) innerhalb der definierten Klassenbreite von 5 Bewegungen/h. Als Beispiel lässt sich
nun die Frage beantworten, während wie vieler Stunden in den letzten 12 Jahren die Kapazi-
tätsgrenzen des bestehenden 2-Pistensystems im betrachteten Zeitabschnitt erreicht und
überschritten wurde.
Beim Betrachten des Graphen sind neben den Spitzenbelastungen, der Hauptverkehrs-
stunde, aber auch Betriebsstunden mit wenig Verkehr auszumachen. Der Feststellung, dass
der Flughafen deswegen seine maximale Auslastung noch nicht erreicht hat und noch genü-
gend Reserven vorhanden seien, ist aber aus folgenden Gründen mit Vorsicht zu begegnen:

     1. Flugverkehrsinfrastrukturen sind auf die Spitzenstunde auszulegen. [3 S. II-4 §16]

     2. Zumindest im Jahre 2008, aber auch in den Folgejahren ist die theoretische Kapazi-
        tätsgrenzen (s. unten des bestehenden 2-Pistensystems erreicht oder überschritten
        worden (Abb. 7b). Abb. 7c erlaubt das Abschätzen der Anzahl Betriebsstunden in de-
        nen ein Überschreiten stattgefunden hat.

     3. Das Steuern des Hub-Verkehrs liegt nicht allein beim Flughafen. Vielmehr ist die At-
        traktivität eines Hubs dadurch gegeben, dass man mit kurzen Umsteigezeiten mög-
        lichst alle gewünschten Destinationen erreicht. Somit werden alle Fluggesellschaften
        besorgt sein, ihre Ankunfts- und Abflugzeiten entsprechend auszurichten. D.h. eine
        gleichmäßige Auslastung eines Flughafens mit Hub-Funktion ist Wunschdenken. Viel-
        mehr ist zu gewissen Stunden immer ein Anschwellen des Verkehrs zu beobachten.

Vor allem im Sommer der letzten Jahre scheinen sich die Stellen mit weniger Verkehr aufge-
löst zu haben. Dies weist auf ein Bestreben des Flughafens und der Flugsicherung hin, den
anfallenden Verkehr optimal zu bewältigen. Im ersten Drittel des Graphen ist überdies ein
leichtes, aber stetiges Ausweiten der Randbetriebszeit zu erkennen. Dieses Ausweiten kann
ebenfalls als Anzeichen für eine nachfragebedingte Erhöhung der Kapazität gedeutet wer-
den.
Wie sollen nun die Kapazitätsreserven des bestehenden Flughafensystems gedeutet wer-
den? Eine Möglichkeit bietet die sogenannte Kapazitätskurve37. Bei dieser Darstellung wer-
den die Anzahl Abflüge der Anzahl Ankünfte38 in einem Streudiagramm gegenübergestellt
Abb. 8a. Diese Diagramme basieren auf der Überlegung, dass solange nur Anflüge zu be-
wältigen sind, die theoretische Pistenkapazität restlos ausgeschöpft werden kann. Analoges
gilt für Abflüge. Sobald aber ein gemischtes Regime mit An- und Abflügen besteht, reduziert
sich, begründet durch Abhängigkeiten, die Kapazität des Flughafensystems. Für das beste-
hende Pistensystem39 liegt die theoretischen Spitzenkapazität unter Instrumentenflugbedin-
gungen um die 60 Bewegungen/h. [10 S. 207 - Configuration F - IFR40] Die praktische Spit-
zenkapazität liegt gemäss Abb. 8b bei ca. 7041 Bewegungen/h. Der Projektwerber nennt eine
Kapazität von derzeit 70 Bewegungen/h. [1 S. 43]

37
   MITRE Corporation und FAA
38
   pro festgelegter Stunde im Tagesablauf
39
   Seite 206 Tab 7.1 Konfiguration F
40
   Verkehr unter Instrument Flight Rules - IFR
41
   Ca. 53 Abflügen/h und 20 Anflügen/h oder 20 Abflügen/h und 50 Anflügen/h

DI Heinz Wipf                                             - 14/22 -               01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

                            Anzahl Abflüge/h

                                               Anzahl Anflüge/h     nach MITRE Corp FAA

 Abbildung 8a - Kapazitätskurve - Rot die Pareto-Grenze als Kapazitätsmaximum eines gegeben Pis-
                                            tensystems.

 Abbildung 8b - Stundenkapazität über den gesamten Beobachtungszeitraum 2002 – 2014. Die Stun-
 den ohne Verkehr42 sind ausgenommen, weil sie keine Rückschlüsse auf die Kapazität erlauben. Die
                         Achsen sind gemäss Abb. 8a definiert - Quelle: M1

42
     Nachtstunden, durchschnittlich 3.7h/Tag

DI Heinz Wipf                                          - 15/22 -                          01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

     4. Befund

Der Vergleich der beiden Alternativmethoden Trendanalyse und Box-Jenkins führt zu wider-
sprüchlichen Ergebnissen. Somit muss entschieden werden, welcher Vergleichsmethode der
Vorzug zu geben ist. Deshalb wird zuerst geprüft, ob die verfügbare Datenreihe der jährli-
chen Verkehrszahlen M1 und M2 einen statistisch relevanten Trend aufweist.

     4.1. Trendtest der Verkehrsentwicklung

Mit dem Vorzeichentrendtest nach Cox-Stuart [6 S. 365] kann eine Zeitreihe (hier M1) auf
Trendänderungen hin untersucht werden. Das Ergebnis des angewandten Tests zeigt, dass
mit einer Wahrscheinlichkeit43 von 95% ein positiver Trend vorliegt.
Die Box-Jenkins Methode weist hingegen einen schwachen Abwärtstrend aus. (Abb. 6) Zu-
sammen mit der starken Streuung der möglichen zukünftigen Verkehrswerte ist die Methode,
wie bereits oben44 ausgeführt, für das Prüfen der vorliegenden Jahresverkehrsvor-hersagen
des Projektwerbers wenig hilfreich.
Hingegen stützt der angewandte Trendtest die Wahl der Trendanalyse mit ihrem positiven
Verlauf als das plausiblere der beiden Modelle, um die Langzeitvorhersagen zu bewerten.
Weil beide Zeitreihen M1 und M2 stark korrelieren, gilt das Ergebnis der vorliegenden
Trendanalyse auch für die Verkehrszahlen M2 von Statistik Austria.

     4.2. Ländervergleich der Flughafenverkehrszahlen

Die verfügbaren offiziellen Zeitreihen haben nur eine begrenzte historische Tiefe. Es lohnt
sich deshalb, die Luftverkehrsentwicklung über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Es ist
zudem interessant, die Entwicklung des österreichischen Luftverkehrs mit derjenigen ande-
rer, aber vergleichbarer45, Länder zu kontrastieren. Die Vergleichbarkeit gründet dabei auf
einem ähnlichen Verlauf des Wachstums der Bevölkerung, des Bruttosozialprodukts und des
durchschnittlichen Einkommens.

43
   Die Nullhypothese kein oder ein negativer Trend der Verkehrsentwicklung (H0) kann für M1 bei einem P-Wert von 1.3% auf
dem 5% Niveau verworfen werden. Es gilt somit die Alternativhypothese (HA), dass ein positiver Trend d.h. eine Verkehrszu-
nahme vorliegt. Die Wahrscheinlichkeit eine falsche Entscheidung zu treffen, beträgt 5%.
44
   dazu auch Kapitel 3.3
45
   Belgien, Portugal und die Schweiz

DI Heinz Wipf                                              - 16/22 -                                         01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

 350000

 300000

 250000

 200000

 150000

 100000

                                                                                                        AUT
                                                                                                        CHE
     50000
                                                                                                        BEL
                                                                                                        PRT

         0
          1965     1970      1975      1980      1985      1990       1995      2000      2005   2010         2015

 Abbildung 9 – Anzahl Abflüge pro Jahr verschiedener europäischer Länder im Vergleich Österreich,
                             Schweiz, Belgien, Portugal. – Quelle: M3

Der Verlauf der verschiedenen Graphen zeigt, dass kurzzeitig auch grössere Abweichungen
vom langfristigen Trend auftreten können. Es ist auch erkennbar, dass diese kurzfristigen
Phänomene selten länger als ein paar Jahre anhalten und den langfristigen Trend damit we-
nig beeinflussen. Die Gefahr, bei der Analyse einem dieser kurzfristigen Phänomene irrtüm-
lich aufzusitzen ist zwar gegeben, wird aber durch die zeitliche Länge der hier verwendeten
Zeitreihen von 17 Jahren deutlich gemindert.
Die österreichische Gesamtzahl der Abflüge in Abb. 9 ist für den Flughafen Wien insofern re-
präsentativ, als dort im Quervergleich zu den übrigen österreichischen Flughäfen konsistent
über die Jahre der Hauptanteil46 der Abflüge47 generiert wird wie Abb. 10 zeigt.

46
     Dies gilt auch für die anderen ausgewählten Ländern mit lediglich einem Hub-Flughafen.
47
     zwischen 70 – 80%

DI Heinz Wipf                                                - 17/22 -                                         01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

 1.00

 0.90

 0.80

 0.70

 0.60

 0.50

 0.40

 0.30

 0.20

 0.10

 0.00
          2000   2001   2002       2003   2004   2005       2006     2007       2008   2009   2010   2011   2012      2013   2014

Abbildung 10 – Anteil der Anzahl Abflüge Wien LOWW im Quervergleich österreichischer Flughäfen -
                                            Quelle: M2

        4.3. Regionales Umfeld - Verfügbare Langzeitprognosen mit Bezug zu Europa

Tab. 4 erlaubt den Vergleich mit Intraplans Prognose und dem prognostizierten prozentualen
positiven Wachstum in Abb. 9. Ein detaillierter statistischer Vergleich ist kaum möglich, da
die Angaben der einzelnen Publikationen in Tab. 4 von unterschiedlicher Grösse (Einheiten)
sind und ungleiche Zeiträume umfassen. Herauszuheben ist jedoch der Umstand des lang-
fristig positiven Wachstums bei den angeführten Organisationen.

      Quelle            Prognose          Wachstum/a              Einheiten               Jahr       Region        Bemerkungen
 Boeing                   2033                 3.90%             Traffic RPK              2015       Europe
 Airbus                   2030                 4.20%                 PAX                  2011       Europe
 IATA                       -                       -               PAX                     -           -          Forecast 5/20 J.
 ICAO                     2030                 4.40%                PAX                   2013       Europe
 World Bank                 -                       -                  -                    -           -          keine Prognosen
 OECD                       -                       -                  -                    -           -
 Eurocontrol              2017                 2.30%          IFR Bewegungen            Feb.2011     Austria
 Eurocontrol              2025                 2.50%          IFR Bewegungen            Jun.2013     Europe
 Eurocontrol              2021                 1.80%             IFR Flights              2015       Europe
 EU Commission                 -                        -                   -               -        Europe        s. Eurocontrol

Tabelle 4 - Institutionen mit ihren positiven Wachstumsprognosen des europäischen Luftver-
                                              kehrs

DI Heinz Wipf                                                      - 18/22 -                                           01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

180'000

160'000

140'000

120'000                                                                                                     y = 0.0347x - 39409
                                                                                                                R² = 0.96308

100'000

 80'000

 60'000

 40'000

 20'000

      0
    1'500'000   2'000'000    2'500'000      3'000'000   3'500'000   4'000'000    4'500'000      5'000'000    5'500'000    6'000'000   6'500'000
Abbildung 11 – Korrelation der Anzahl Abflüge in Wien LOWW pro Jahr (vertikale Achse) im Vergleich
          mit allen europäischen (horizontale Achse) zwischen 1970 – 2014. - Quelle: M3

Der gesamte Verkehr auf den europäischen Flughäfen erklärt denjenigen in Wien zu 96%.
Die Verkehrsprognosen aus Tab. 4 dürfen wegen dieser starken Korrelation durchaus als
Richtgrössen für Wien herangezogen werden. Abb. 12 erlaubt den Vergleich zu den Wachs-
tumsprognosen des Projektwerbers (Angaben in grün).
          1 000 Flugbewegungen
  450
                        (bisherige Entwicklung)                                                      (Prognose)                         415
  400
                                                                                                                         371

  350
                                                                                                   323
                            1992 - 2008 +   4,8% p.a.
                                                                      293
  300

                                                                                          2008 - 2025 +     2,1% p.a.
  250
                                      207                                       2008 - 2020 +   2,0% p.a.
  200

  150     138

  100

   50

    0
        1992     1995                2000                 2005        2008      2010               2015                  2020             2025
 Abbildung 12 – Entwicklung und Vorhersage ab dem Jahr 2009 mit den prozentualen Wachstumsra-
ten pro Jahr von Intraplan München - "Zeitreihe Flugbewegungen Vergangenheit und Prognose (unge-
                            hemmte Entwicklung)" aus [1 S. 52, Abb. 5-3]

DI Heinz Wipf                                                       - 19/22 -                                                     01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

      5. Konklusion

     a) Wie hat sich die Flugverkehrsnachfrage von der Antragstellung im März 2007 bis heute
     im 2-Pistensystem entwickelt?

     Zum Zeitpunkt der Projekteinreichung zeigten die verfügbaren offiziellen historischen Zeit-
     reihen des Luftverkehrsaufkommens über Jahre ein stetiges Wachstum, das im Jahre
     2008 ein Maximum erreichte. Danach reduzierte sich das Verkehrsaufkommen schritt-
     weise bis ins Jahr 2014.48 Trotz der Abnahme des Verkehrs in den letzten Jahren weisen
     die Zeitreihen der Verkehrszahlen von 1998 bis ins Jahr 2014 statistisch aber insgesamt
     einen positiven Trend aus.49
     Weiter konnte in den letzten Jahren eine erhöhte saisonale Schwankung der monatlichen
     Flugbewegungen beobachtet werden.50

     b) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 2-Pistensystem bis 2020 und bis 2025 ent-
     wickeln?
     c) Wann ist die Kapazitätsgrenze im 2-Pistensystem voraussichtlich erreicht?

     Allgemein gilt: Flugverkehrsinfrastrukturen sind auf die Spitzenstunde auszulegen.51
     Die theoretische Spitzenbelastung im Stundenregime des bestehenden Pistensystems
     wurde im betrachteten Zeitabschnitt von 1998 - 2014 verschiedentlich erreicht oder gar
     überschritten.52
     Erkennbare Spitzen in der Nacht, zum Ende der Betriebszeit, deuten auf einen Verkehrs-
     nachfrageüberhang hin, den es noch abzubauen gilt.53 Zumindest 2008 wurde auch ein-
     mal die theoretische Jahreskapazität des 2-Pistensystems erreicht.54
     Das bestehende 2-Pistensystem wird deshalb die prognostizierte längerfristige Flugver-
     kehrsnachfrage55 nicht aufnehmen können.56 Mögliche Anpassungen in technischer und
     betrieblicher Hinsicht lassen wohl auch in Zukunft eine gewisse Optimierung zu. Es gibt
     aber Indizien dafür, dass naheliegende Verbesserungen57 in den letzten Jahren bereits
     getätigt wurden. Zudem besteht die Gefahr, mit weiterreichenden Ansätzen einer immer
     grösser werdenden Komplexität der Flugverkehrsführung am Boden und in der Luft Vor-
     schub zu leisten.

 d) Wie wird sich die Flugverkehrsnachfrage im 3-Pistensystem bis 2020 und bis 2025 vo-
raussichtlich entwickeln?

     Die plausiblere der beiden betrachteten Zeitreihenmethoden, die gewählte exponentielle
     Trendanalyse58, ergibt eine voraussichtliche Verkehrsnachfrage für das Jahr 2020 von
     325'016 Bewegungen, wobei sich der Verkehrswert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95%
     zwischen den Werten 258’464 und 408’703 bewegen wird. Für das Jahr 2025 werden die
     erwarteten Werte bei 364’172 Bewegungen, respektive zwischen 281’509 und 471’109
     liegen.
     Allgemein zeigen längerfristige Luftverkehrsentwicklungen aber immer wieder auch kurz-
     fristige Abweichungen vom generellen Trend.59

48
   Kap. 3.1.: Abb. 3
49
   Kap. 4.1
50
   Kap. 3.3.: Abb. 5
51
   Kap. 3.5 Ziff. 2.
52
   Kap. 3.5: Abb. 7a, b, c
53
   Kap. 3.5.: Abb. 7a
54
   Kap. 3.1: Abb.3
55
   Basierend auf der exponentiellen Trendkurve des geglätteten Luftverkehrs pro Jahr Kap. 3.2 Abb. 4 mit den sich daraus erge-
benden Bewegungen in der Spitzenstunde
56
   Kap. 3.2.: Abb. 5
57
   Kap. 3.5: Abb. 7a
58
   Kap. 3.2 Abb. 6
59
   Kap. 4.2 Abb. 9

DI Heinz Wipf                                              - 20/22 -                                           01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

     Dennoch weisen Langfristprognosen verschiedenster Institutionen60 einen wohl abge-
     schwächten aber nach wie vor positiven Wachstumstrend in der europäischen Luftfahrt
     aus. Dabei gilt es auch festzuhalten, dass der Anstieg der Passagierzahlen regional (EU),
     wie auch am Flughafen Wien ungebrochen ist.

     e) Wird sich durch die Errichtung der 3. Piste insgesamt die Sicherheit der Luftfahrt um
     den Flughafen Wien erhöhen?

     Der Flughafen als Knotenpunkt in einem Verkehrsnetz muss auch in der Hauptverkehrs-
     stunde über genügend Kapazitätsreserven verfügen.
     Übersteigt nämlich der dem Netzknoten angebotene Verkehr dessen verfügbare Kapazi-
     tät, kommt es generell zu Verspätungen, zum Abweisen des Verkehrs oder zum Unter-
     schreiten der Mindestabstände von Luftfahrzeugen untereinander.
     Alle drei Effekte stehen im Widerspruch zu den Vorgaben der internationalen Zivilluftfahrt,
     an welche sich die betroffenen Instanzen61 zu halten haben. Die Vorgaben verlangen
     nämlich eine sichere, geordnete und rasche Flugverkehrsabwicklung. Das heißt aber in
     der Konsequenz, dass auf der Ebene der Flugverkehrsführung zuerst die prompte, der ge-
     ordneten und diese der sicheren Verkehrsabwicklung untergeordnet werden sollte. In der
     Praxis liegen diese drei Vorgaben zu einem nicht geringen Teil im taktischen Ermessens-
     raum des Kontrollpersonals, welches direkt den Luftverkehr anweist.
     Strategische Entscheide zur Flughafeninfrastruktur, wie eine optimal geplante zusätzliche
     Piste, schaffen deshalb mit ihrer zusätzlichen Kapazität günstige Voraussetzungen, um
     taktische Kompromisse des Kontrollpersonals während der Spitzenstunde in Grenzen zu
     halten.62

60
   Kap. 4.3 Tab. 4 - Dazu auch die hohe Korrelation 0.98 des Luftverkehrs am Flughafen Wien im Vergleich mit dem gesamteu-
ropäischen in Abb. 11.
61
   Flughafen und die Flugsicherung
62
   Kap. 1.5

DI Heinz Wipf                                             - 21/22 -                                         01.03 2016
BVwG der Republik Österreich - W 109 2000179-1/189Z

      6. Literaturnachweis

[1]      Intraplan Consult GmbH “Parallelpiste 11R/29L Verkehrsprognose Flughafen Wien –
         Schwechat“ UVP - Einreichprojekt 30.35 vom Okt. 2009;
         “Luftverkehrsprognose Flughafen Wien - Konkretisierung des Informationsbedarfs im
         Rahmen der Begutachtung der Luftverkehrsprognose - Antworten zur Fragenliste“
         München 2010;
         Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung Wien 2015 - Anhang 17 Intra-
         plan Consult GmbH: “Parallelpiste 11R/29L, UVP - Einreichprojekt -
         Studie ‚Verkehrsentwicklung Flughafen Wien‘ von 2009 - Bewertung der Prognose aus
         Sicht Herbst 2014“

[2]      Reichmuth J. “Umweltverträglichkeitsprüfung Parallelpiste 11 R/29L; Flughafen Wien
         AG und Land Niederösterreich Teilgutachten Flugverkehrsprognose“
         NÖ Landesregierung, UVP-Behörde, RU4-U-302, St. Pölten 2010

[3]      ICAO Doc 8994 Manual on Air Traffic Forecasting Third Edition – 2006

[4]      Box, G. E. P, Jenkins G. M., Reinsel G. C. “Time series analysis: forecasting and
         control“ NJ 1994

[5]      Armstrong J. S. ed. “Principles of forecasting: a handbook for researchers and practi
         tioners“ Boston 2001

[6]      Sachs L.,Hedderich J. “Angewandte Statistik: Methodensammlung mit R“ Springer
         2006

[7]      Wipf H., Scaramuzza M. “A growth model for the adoption of advanced aircraft avion-
         ics“ ENRI Workshop on ATM, Tokyo 2015

[8]      ICAO Annex 11 Air Traffic Services 2001

[9]      Sellner R., Nagl Ph. “Air accessibility and growth - The economic effects of a capacity
         expansion at Vienna International Airport“ Journal of Air Transport Management 16.6
         2010 S. 325-329.

[10]     Ashford, N., Mumayiz J. S. Wright P. H. “Airport engineering“ NY 1992

DI Heinz Wipf                                 - 22/22 -                              01.03 2016
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