Der Franken unter der Chart-Lupe - NTG24
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Der Franken unter der Chart-Lupe Der Schweizer Franken: knochenhart trotz tiefer Negativzinsen Die Chartanalyse ist eine von mehreren Wegen, die Art eines Ereignisses und seine Eintrittswahrscheinlichkeit mithilfe der Analyse von Kursmustern und der sie bildenden Dynamiken abzuschätzen. Je nachdem, wie sehr man sich auf eine Methode fixiert, fällt die Rechnung aus, wenn man sich geirrt hat. Deshalb ist eine Kombination von verschiedenen Mitteln der Finanzanalyse sinnvoll. Da man aber bei Währungen keinen zugrunde liegenden freien Cashflow und keine Dividendenrendite ermitteln kann, sind volkswirtschaftliche Daten, die die Änderungsrichtung und das Ausmaß einer Kapitalbewegung plausibel machen, ein guter Ersatz. Denn am Ende des Tages bestimmt das Attraktivitätsgefälle von Währungen die Flussrichtung zwischen ihnen. Dies muss nicht allein der Zinsunterschied oder die Kaufkraftparität sein. Denn die Bereitschaft, in einer bestimmten Währung sein Vermögen zu halten, richtet sich seit der Einführung der ,,Fiatwährungen‘‘ vor allem nach dem generalisierten Vertrauen, das man der Währungen und seinen ,,Agenten‘‘ entgegenbringt. Zentraler Agent einer Währung sind die nationale Notenbank und die Regierung, die sie entmachten kann. Deshalb ist die zentrale Frage der Währung am Ende auch eine Frage, wie unabhängig eine Notenbank von der Regierung ist und wie stabil das Institutionengefüge des Landes ist. Zu den weltweit an einer Hand abzuzählenden Ländern, die in dieser Beziehung einen hohen Vertrauenskontostand haben, gehört seit Jahrzehnten die Schweiz und ihre Währung, der Schweizer Franken. Dass die Schweiz ein hohes Maß an direkter Demokratie in ihren Institutionen sichert, ist dabei kein Zufall. Denn wie Karl Popper einst betonte, geht es für die Qualität eines Regierungssystems vor allem darum, wie man eine (schlechte) Regierung am unblutigsten wieder loswird. Was hat das nun mit Charttechnik zu tun? Die Charttechnik ist ein Spiegel der vermiedenen Fehlentscheidung. Getreu nach dem Motto: Vermiedene Verluste sind die schönsten Gewinne. Denn man kann kognitive Dissonanzen, Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit von (Geld)-Politik nicht mit Gier nach Rendite auflösen. Und da Kapital ein ,,scheues Reh‘‘ ist, ist diese Dimension von Politik und das aus ihr stammende generalisierte Vertrauen in (Geld)-Politik auch kursrelevant. 22.08.2020 05:59:34 - © EMH News AG - https://www.ntg24.de/Schweizer-Franken-im-Fokus-03032020
Theoretisch kommt hinzu, dass die Charttechnik wie auch die Fundamentalanalyse im Widerspruch zur Markteffizienz-Hypothese steht. Nach dieser ist es weder mit der Chartanalyse noch mit der Fundamentalanalyse möglich, systematisch besser abzuschneiden als der jeweilige Markt. Nun kann sich jeder selber fragen, für wie richtig er diese Aussage hält. Schreibt er den eben nicht rationalen Finanzmarktakteuren aber ein nicht vollkommen effizientes Verhalten zu, und kombiniert er das zudem mit den gut beschriebenen Aggregationsparadoxa von Wahlentscheidungen (Condorcet-Paradox etc.), dann braucht man schon einige Fantasie, sich effiziente Märkte vorzustellen. Die Schweizer Notenbank kann die Aufwertung des Franken nur kurzfristig bremsen Der Schweizer Franken und sein ,,Agent‘‘, die Schweizerische Nationalbank‘‘, haben in ihre Jahrzehnte andauernden Aufwertungsphase gegen so ziemlich alle Währungen dieser Welt primär das Problem gehabt, dass der harte Schweizer Franken die Erlöse und Gewinne aus der internationalen Arbeitsteilung und schweizerischen Investments im Ausland verringert. Die Interventionen der letzten Jahre sprechen dabei Bände, allen voran die letztlich wie immer gescheiterte Mindestkurs-Politik zum Euro, die einen Wechselkurs von mindestens 1,20 Franken je Euro mit der Interventionsmacht der SNB sicherstellen wollte. Aber es kam wie es immer kam. Die Notenbank verlor, am 15.01.2015 waren die Märkte wieder einmal stärker. Daraus hat die SNB zuletzt gelernt. Sie hat in der vergangenen Woche für rund 3,5 Mrd. CHF am Devisenmarkt interveniert, denn die Daten zur Veränderung der Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der SNB zeigen nur einen Anstieg von 592,2 CHF auf 595,7 Mrd. CHF. In der Woche der Beendigung des Mindestkurses zum Euro im Jahr 2015 hatte die SNB mit 20 Mrd. CHF interventiert. Und von Januar 2016 und Mitte 2017 stiegen die Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der SNB um 120 Mrd. CHF! 22.08.2020 05:59:34 - © EMH News AG - https://www.ntg24.de/Schweizer-Franken-im-Fokus-03032020
Auf Chart 1 ist der geldpolitisch durchaus erinnerungswürdige 15.01.2015 gut zu erkennen, ebenso die Phase der massiven SNB-Interventionen danach. Das linke gelbe Rechteck vom Juni 2016 zeigt dabei das Zwischentief der Gegenbewegung nach der Abwertung bis zum Ende der massiven Intervention Mitte 2017. Dieser Tiefpunkt lag bei 1,06216 Franken je Euro im Juni 2016, das zweite Tief vom Februar 2017 bei 1,06249 CHF. Das rechte gelbe Rechteck zeigt nun aber die letzten Monate, bei denen das absolute Tief bislang im Verlauf des Februar 2020 bei 1,05849 und damit intra- monthly unter der Unterstützung vom Juni 2016! Der Euro hatte somit nicht genug Kraft, ein Unterschreiten dieser bedeutenden Unterstützung zu verhindern. Wir hatten dazu bereits unter dem Motto ,,Ist er (der Franken) zu stark, bist Du (Euro) zu schwach‘‘ berichtet. Allerdings sind für die Interpretation des Candlestick auf die Schlusskurse relevant. Der niedrigste Wert der Kerze (Schluss- oder Eröffnungskurs) wurde dabei mit 1,06388 im Februar und März 2017 erreicht. Im Februar 2020 hievte sich der Euro mit Mühe auf Schlusskursbasis mit 1,06408 Franken noch knapp darüber. Festzuhalten bleibt damit, dass der Euro seine wichtige Unterstützung vom Juni 2016 bereits unterschritten und damit ein neues Verkaufssignal für den Euro gegen den Franken gegeben hat. Dieses Signal ist auf Monatsbasis (noch) nicht bestätigt. Aber wie Popper oft betonte: Die Zukunft ist offen! In diesem Fall eben auch nach unten. 22.08.2020 05:59:34 - © EMH News AG - https://www.ntg24.de/Schweizer-Franken-im-Fokus-03032020
Ein Blick auf den langfristigen Verlauf des Eurokurses gegen den Schweizer Franken zeigt zudem, dass der Franken bereits mit seiner scharfen Aufwertung bis zur Einführung des Mindestkurses von 1,20 Franken je Euro im September 2011. Die SNB machte damals klar: ,,Die gegenwärtig massive Überbewertung des Schweizer Frankens stellt eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar und birgt das Risiko einer deflationären Entwicklung. Die Schweizerische Nationalbank strebt daher eine deutliche und dauerhafte Abschwächung des Frankens an. Sie toleriert am Devisenmarkt ab sofort keinen Euro-Franken-Kurs unter dem Mindestkurs von 1.20. Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen. Der Franken ist auch bei 1.20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen. Falls die Wirtschaftsaussichten und die deflationären Risiken es erfordern, wird die Nationalbank weitere Massnahmen ergreifen.’’ (Schweizerische Nationalbank, 06.09.2011) Fazit Aus dieser Perspektive wird klar, dass es sich aktuell erneut um ein Rückzugsgefecht der SNB handelt. Der Abwertungstrend des Euro gegen den Franken wird auch von Gegenbewegungen begleitet sein. Aber am institutionellen Qualitätsvorteil der Schweiz gegenüber einer Europäischen Union in der ,,institutionellen Verflechtungsfalle‘‘ wird sich einstweilen wenig ändern. Und an den Zweifeln, dass der Euro eben ganz offensichtlich kein ,,optimaler Währungsraum‘‘ ist, wird auch die gebetsmühlenartige Wiederholung der Mantra, er sein ein ,,Friedensprojekt‘‘, nichts ändern. Sollte die 22.08.2020 05:59:34 - © EMH News AG - https://www.ntg24.de/Schweizer-Franken-im-Fokus-03032020
Friedens-Performance des Euro allerdings schwächer werden, dürften der Schweizerischen Nationalbank noch einige heiße Nachtsitzungen bevorstehen. 03.03.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de 22.08.2020 05:59:34 - © EMH News AG - https://www.ntg24.de/Schweizer-Franken-im-Fokus-03032020
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