DER KARFREITAG - EIN FEIERTAG FÜR ALLE? - JKU ePUB

Die Seite wird erstellt Sven-Aarge Böttcher
 
WEITER LESEN
Eingereicht von
                                        Philipp Liesinger

                                        Angefertigt am
                                        Institut für Europarecht

                                        Beurteiler / Beurteilerin
                                        Univ.-Prof. Dr. Franz
                                        Leidenmühler

                                        Juni 2021

DER KARFREITAG –
EIN FEIERTAG FÜR
ALLE?

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Magister der Rechtswissenschaften
im Diplomstudium
Rechtswissenschaften

                                        JOHANNES KEPLER
                                        UNIVERSITÄT LINZ
                                        Altenberger Straße 69
                                        4040 Linz, Österreich
                                        jku.at
Eidesstattliche Erklärung:
Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt
bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht
habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument
identisch.

Roßleithen, 07.06.2021

Philipp Liesinger

                                                                                          2
Genderhinweis:
Um eine bessere und verständlichere Lesbarkeit der folgenden Diplomarbeit zu
gewährleisten, wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher
Sprachformen verzichtet – sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für
beiderlei Geschlecht.

                                                                                 3
Abkürzungsverzeichnis:
ABGB         Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

ABl          Amtsblatt der Europäischen Union

Abs          Absatz

AEUV         Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

ARD          Aktuelles Recht zum Dienstverhältnis

ARG          Arbeitsruhegesetz

Art          Artikel

ASG          Arbeits- und Sozialgericht

BGBl         Bundesgesetzblatt

BIP          Bruttoinlandsprodukt

DRdA-infas   Aktuelle Informationen aus dem Arbeitsrecht und Sozialrecht

ECLI         European Case Law Identifier

ecolex       Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht

EG           Europäische Gemeinschaft

EGMR         Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EMRK         Europäische Menschenrechtskonvention

EU           Europäische Union

EuG          Europäisches Gericht

EuGH         Europäischer Gerichtshof

EUV          Vertrag über die Europäische Union

f            die folgende

ff           die folgenden

FPÖ          Freiheitliche Partei Österreichs

GA           Generalanwalt

                                                                           4
GlBG    Gleichbehandlungsgesetz

GmbH    Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GOG     Gerichtsorganisationsgesetz

GRC     Charta der Grundrechte der Europäischen Union

Hrsg    Herausgeber

idF     in der Fassung

JAS     Journal für Arbeitsrecht und Sozialrecht

lit     litera

MSchG   Mutterschutzgesetz

öarr    Österreichisches Archiv für Recht & Religion

ÖGB     Österreichischer Gewerkschaftsbund

OGH     Oberster Gerichtshof

OLG     Oberlandesgericht

o.V.    ohne Verfasser

ÖVP     Österreichische Volkspartei

rdb     Rechtsdatenbank

RdW     Österreichisches Recht der Wirtschaft

RGBl    Reichsgesetzblatt

RL      Richtlinie der EU

Rs      Rechtssache

Rz      Randzahl

SPÖ     Sozialdemokratische Partei Österreichs

UrlG    Urlaubsgesetz

Vgl     vergleiche

WKÖ     Wirtschaftskammer Österreich

                                                        5
Z       Ziffer

ZAS     Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht

ZPO     Zivilprozessordnung

ZVers   Zeitschrift für Versicherungsrecht

                                                       6
Inhaltsverzeichnis:
Eidesstattliche Erklärung: ................................................................................................. 2
Genderhinweis: ................................................................................................................ 3
Abkürzungsverzeichnis: ................................................................................................... 4
Inhaltsverzeichnis: ............................................................................................................ 7
1.) Einleitung: ................................................................................................................. 10
2.) Unionsrechtliche Grundlagen: ................................................................................... 11
   a) Rechtsakte der Europäischen Union:...................................................................... 11
      aa) Verordnung: ....................................................................................................... 11
      bb) Richtlinie: ........................................................................................................... 12
         aaa) Allgemeines zur Richtlinie: ........................................................................... 12
         bbb) Richtlinienkonforme Interpretation: ............................................................... 13
         ccc) Staatshaftung: ............................................................................................... 14
   b) Diskriminierungsverbote: ........................................................................................ 15
      aa) Allgemeines Diskriminierungsverbot: ................................................................. 15
      bb) Besondere Diskriminierungsverbote: ................................................................. 15
         aaa) Genereller Überblick: .................................................................................... 15
         bbb) RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000: ................................................ 16
   c) Gerichtsbarkeit der Europäischen Union: ................................................................ 17
      aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union: ......................................................... 17
      bb) Das Vorabentscheidungsverfahren:................................................................... 19
3.) Feiertage in Österreich: ............................................................................................. 21
   a) Überblick: ................................................................................................................ 21
   b) Konkordat zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl: ....................................... 22
4.) Die Rechtslage zum Karfreitag in Österreich bis zum 21.03.2019: ........................... 23
5.) Die Rechtslage zum Karfreitag in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union:
....................................................................................................................................... 25
6.) Ausgangsfall in Österreich: ....................................................................................... 26
   a) Sachverhalt – Überblick: ......................................................................................... 26
   b) Wesentliche Rechtsgrundlagen: ............................................................................. 27
   c) 1.Instanz – Arbeits- und Sozialgericht Wien: ........................................................... 28
   d) 2.Instanz – Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht: .................................... 28
   e) 3.Instanz – Oberster Gerichtshof als Revisionsgericht: .......................................... 29
   f) Die vier Vorlagefragen: ............................................................................................ 30

                                                                                                                                        7
7.) Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – Rechtssache C-
193/17: ........................................................................................................................... 31
   a) Zur Zuständigkeit des EuGH: .................................................................................. 31
   b) Vorlagefrage 1: ....................................................................................................... 32
      aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 32
      bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 34
      cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 38
   c) Vorlagefrage 2:........................................................................................................ 40
      aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 40
      bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 41
      cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 42
   d) Vorlagefrage 3: ....................................................................................................... 43
      aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 43
      bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 44
      cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 45
   e) Vorlagefrage 4: ....................................................................................................... 46
      aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 46
      bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 47
      cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 52
   f) Ergebnis des EuGH – Konsequenzen für Österreich: .............................................. 54
8.) Fortsetzung des ausgesetzten nationalen Verfahrens auf Basis des Urteils des EuGH
– Rechtssache C-193/17: ............................................................................................... 56
   a) Beschluss des OGH vom 27.02.2019: .................................................................... 56
   b) Ende des Rechtsstreits zwischen Markus Achatzi und der Cresco Investigation
   GmbH:......................................................................................................................... 58
9.) Die österreichische Lösung – der Weg zum „Persönlichen Feiertag“: ....................... 58
   a) Reaktionen zum Urteil des EuGH – Forderungen und Lösungsvorschläge an die
   österreichische Bundesregierung: ............................................................................... 58
   b) Erste Regierungsvorlage – „halber“ Karfreitag: ....................................................... 61
      aa) Geplante Regelung: ........................................................................................... 61
      bb) Reaktionen auf diese Regierungsvorlage und mögliche Probleme: .................. 62
10.) Der „Persönliche Feiertag“ – Rechtslage zum Karfreitag in Österreich seit dem
22.03.2019: .................................................................................................................... 64
   a) Der neue § 7a Arbeitsruhegesetz – Einseitiger Urlaubsantritt – „Persönlicher
   Feiertag“:..................................................................................................................... 64
                                                                                                                                    8
b) Eingriffe in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung: ............................................ 71
11.) Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung zu anderen konfessionellen
Feiertagen: ..................................................................................................................... 73
   a) Religionsgemeinschaften in Österreich: .................................................................. 73
   b) Jom Kippur: ............................................................................................................. 73
   c) Reformationstag: ..................................................................................................... 75
   d) Religionsgemeinschaften deren wichtige Festtage weder im Gesetz noch in
   Kollektivverträgen als Feiertage verankert sind: ......................................................... 75
12.) Schlussbemerkungen – Fazit: ................................................................................. 76
Literaturverzeichnis: ....................................................................................................... 78
Judikatur: ........................................................................................................................ 79
Normen:.......................................................................................................................... 79

                                                                                                                                    9
1.) Einleitung:
Der Karfreitag ist alljährlich der Freitag vor dem Ostersonntag. Die Christen gedenken
an diesem Tag dem Leiden und dem Tod von Jesus Christus am Kreuz.1 Gemäß dem
Matthäusevangelium, Kapitel 27 Vers 31b ff der Bibel, starb Jesus Christus zur neunten
Stunde auf der Schädelhöhe namens Golgota am Kreuz.2 Für die katholische Kirche ist
der Karfreitag in der Liturgie nur eine Leerstelle, wohingegen er bei den Protestanten
sowohl der höchste kirchliche Feiertag, als auch für ihre grundlegende Identität
maßgeblich ist. Demzufolge war der Karfreitag in Österreich für lange Zeit nur für
Mitglieder der Altkatholischen Kirche, der Evangelisch-Methodistischen Kirche, der
Evangelischen Kirche des Augsburger Bekenntnisses und der Evangelischen Kirche des
Helvetischen Bekenntnisses ein gesetzlicher Feiertag, mit den dazugehörigen
Begünstigungen für Arbeitnehmer an diesem Tag.3 Der EuGH stellte am 22.01.2019 in
seinem Urteil Rs C-193/17 fest, dass diese Rechtslage eine unmittelbare
Diskriminierung aufgrund der Religion darstellt, da nur die Angehörigen von bestimmten
Religionsgemeinschaften Anspruch auf einen Feiertag am Karfreitag innehaben.4
Aufgrund dieses Urteils entbrannte in Österreich der größte Streit bezüglich eines
Feiertages seit dem Jahr 1984, als der damalige Landeshauptmann von Salzburg,
Wilfried Haslauer senior, die Öffnung des Handels am 8. Dezember (Maria Empfängnis)
erlaubte.5 In der folgenden Diplomarbeit soll daher im Detail auf die Auswirkungen des
EuGH Urteils Rs C-193/17 für Österreich eingegangen werden. Ausgehend vom
Anlassfall in Österreich soll insbesondere auf die, vom EuGH festgestellte,
diskriminierende Rechtslage in Österreich und die Feststellungen des EuGH
eingegangen werden. Folgend soll veranschaulicht werden, welche Konsequenzen der
österreichische Gesetzgeber gezogen, beziehungsweise welche Lösungen er gefunden
hat, um eine möglichst diskriminierungsfreie Rechtslage zu schaffen. Bevor aber
genauer darauf eingegangen wird, werden in dieser Diplomarbeit zunächst die
unionsrechtlichen Grundlagen, auf welchen dieses Urteil des EuGH beruht, erläutert,

1  Vgl o.V., Kleines (Corona-)Oster-ABC Was feiern Christen am Karfreitag?, Kleines (Corona-)Oster-ABC:
Was feiern Christen am Karfreitag? (katholisch.at) (abgefragt am 29.04.2021).
2 Vgl Katholische Bibelanstalt Stuttgart, Die Bibel – Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift 4 (2003), 1113

f.
3 Vgl Hummer, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die Österreichische Rechtsordnung,

Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die österreichische Rechtsordnung – EU-
Infothek.com (abgefragt am 28.04.2021).
4 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
5 Vgl Zaunbauer, Feiertage - seit jeher ein Politikum, https://kurier.at/politik/inland/feiertage-seit-jeher-ein-

politikum/400387040 (abgefragt am 27.04.2021).
                                                                                                              10
und wird weiters ein kurzer genereller Überblick über die gesetzlichen Feiertage in
Österreich gegeben.

2.) Unionsrechtliche Grundlagen:
a) Rechtsakte der Europäischen Union:
Innerhalb der EU existiert eine Rechtsordnung, die von einem einander unter- und
übergeordneten Normen hierarchisch gegliederten System geprägt ist. Hierbei ist das
völkervertragsrechtliche Primärrecht, der höchsten Schicht der Rechtsordnung der EU,
welches aus den Gründungsverträgen, den Änderungsverträgen und den
Beitrittsverträgen besteht, vom Sekundärrecht, welches auf der Grundlage des
Primärrechts von den Organen der EU geschaffen wird, auseinanderzuhalten. Die
Organe haben hierbei kein Formerfindungsrecht, sondern sind hierbei an den
geschlossenen Rechtssatzformenkatalog des Art 288 AEUV der Unionsrechtsordnung
gebunden. Gemäß dem Art 288 AEUV sind die Verordnung, die Richtlinie, der
Beschluss, die Empfehlung und die Stellungnahme die möglichen Formen des
Sekundärrechts, derer sich die Unionsorgane bedienen können.6

Im Folgenden werden hier aber nur die Verordnung und die Richtlinie etwas genauer
erläutert.

aa) Verordnung:
Die Verordnung ist eine Rechtssatzform von genereller-abstrakter Natur, und kann
sowohl an die Mitgliedstaaten als auch an natürliche und juristische Personen gerichtet
sein.7 Eine Verordnung ist aufgrund ihres Charakters unmittelbar in den
Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten anwendbar, und genießt gegenüber
entgegenstehenden nationalen Normen der Mitgliedstaaten Anwendungsvorrang,
wodurch die nationalen Normen in diesen Fällen nicht zur Anwendung kommen.8 Für
ihre Geltung in der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung bedarf es nicht nur keiner
Umsetzung, sondern eine solche Umsetzung ist, wenn nicht ausdrücklich eine
mitgliedstaatliche Umsetzung verlangt wird, explizit verboten, was in der Rechtssache
Variola vom EuGH deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Die Verordnung dient daher

6 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 48 ff.
7 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 49 f.
8 Vgl Hauer, Staats- und Verwaltungshandeln5 (2017), 74 ff.

                                                                                        11
dem Zweck der vollständigen Vereinheitlichung des Rechts in gewissen Bereichen
innerhalb der Mitgliedstaaten der EU.9

bb) Richtlinie:
aaa) Allgemeines zur Richtlinie:
Ebenso wie die Verordnung ist auch die Richtlinie eine Rechtssatzform mit generell
abstraktem Charakter. Ein wesentlicher Unterschied zur Verordnung liegt bei der
Richtlinie darin, dass ihre Adressaten die Gesetzgebungsorgane der Mitgliedstaaten
sind, sie also grundsätzlich nicht unmittelbar in den Rechtsordnungen der
Mitgliedstaaten gilt, sondern es der nationalen Umsetzung bedarf. Sie enthält also die
Order an die Rechtsetzungsorgane, binnen einer festgelegten Frist, die Vorgaben der
Richtlinie ins innerstaatliche Recht umzusetzen. Daher schafft also im Normalfall nicht
die Richtlinie unmittelbare Rechte oder Pflichten für die Rechtsunterworfenen, sondern
erst die mitgliedstaatliche Umsetzung.10 Gemäß Art 288 Abs 3 AEUV sind die
Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Umsetzung nur an das in der Richtlinie vorgegebene
zu erreichende Ziel gebunden. Welcher Mittel sich die Mitgliedstaaten zur Erreichung
dieses Ziels bedienen, steht ihnen jedoch frei.11 Voraussetzung für die Rechtsakte der
Umsetzung ist jedoch, dass es sich um eine Norm mit zwingendem Charakter handeln
muss, welche ausreichende Publizität erlangt, und auf welche sich die
Rechtsunterworfenen vor den Gerichten berufen können. Weiters wird den
Mitgliedstaaten im Regelfall auferlegt, die Kommission über die nationalen Vorschriften
der Umsetzung zu unterrichten.12

Ausnahmsweise wird aber auch einer Richtlinie die direkte Wirkung zugesprochen,
wodurch sich dann auch alle Rechtsunterworfenen unmittelbar auf die Richtlinie berufen
können. Diese direkte Wirkung ist aber nicht im Primärrecht der EU zu finden, sondern
wurde vom EuGH im Rahmen seiner Rechtsfortbildung erarbeitet.13 Eine unmittelbare
Wirkung kommt laut dem EuGH einer Richtlinie dann zu, wenn der Mitgliedstaat bei der
Umsetzung säumig ist, also keine ordnungsgemäße fristgerechte Umsetzung erfolgt ist,
die Bestimmung der Richtlinie selbst „self-executing“ ist, also inhaltlich hinreichend
konkret und unbedingt ist, und für den Einzelnen eine Begünstigung mit sich bringt.14

9 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 49 f.
10 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 52 ff.
11 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 34 f (Stand 01.11.2017, rdb.at).
12 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 53.
13 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 54 f.
14 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 34 (Stand 01.11.2017, rdb.at).

                                                                                                     12
Bezüglich dieser Begünstigung ist noch näher darauf einzugehen, zu Lasten von wem
diese Begünstigung erfolgen darf. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung Kolpinghuis
Nijmegen ausdrücklich dargelegt, dass einer Richtlinienbestimmung immer nur dann die
direkte Wirkung zugesprochen werden darf, wenn sie zum Vorteil des
Rechtsunterworfenen und zum Nachteil des säumigen Mitgliedstaates dient, also im
vertikalen Verhältnis. Der säumige Mitgliedstaat, und eben nicht der einzelne
Rechtsunterworfene, soll mittels der direkten Wirkung belangt werden.15 Der säumige
Mitgliedstaat darf nicht dadurch einen Vorteil erzielen, dass aufgrund seines unredlichen
Verhaltens die vorgegebenen Ziele der Richtlinie nicht erreicht worden sind.16 Im
horizontalen Verhältnis zwischen Privaten kommt hingegen nach der Ansicht des EuGH,
unter anderem in der Rechtsprechung Faccini Dori, die direkte Wirkung einer Richtlinie
nicht zur Anwendung, da es an der erforderlichen Unredlichkeit der
Rechtsunterworfenen fehlt.17 Aufgrund einer Direktwirkung im vertikalen Verhältnis, kann
es aber zu nachteiligen Folgen von Einzelnen im Verhältnis zwischen Privaten kommen,
wenn es aufgrund sogenannter Reflex- oder Nebenwirkungen, bloß zu einer mittelbaren
Benachteiligung von Privaten kommt.18 Da es aber nicht bei allen
Richtlinienbestimmungen zu einer direkten Wirkung kommt, hat der EuGH zwei weitere
Möglichkeiten entwickelt, mittels derer die Rechtsunterworfenen zu den in der Richtlinie
garantierten Rechten kommen können. Diese beiden sind die richtlinienkonforme
Interpretation sowie die Staatshaftung, welche in den folgenden beiden Unterkapiteln
genauer erläutert werden.19

bbb) Richtlinienkonforme Interpretation:
Die richtlinienkonforme Interpretation besagt, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten eine
nationale Bestimmung gemäß dem Ziel und dem Wortlaut einer Richtlinie auszulegen
haben.20 Die rechtliche Grundlage hierfür liegt im Art 4 Abs 3 EUV und Art 4 Abs 2 EUV,
denen das Loyalitätsgebot der Mitgliedstaaten innewohnt. Es muss aber hier klar
festgehalten werden, dass dies nur möglich ist, wenn die nationale Bestimmung einer
Rechtsordnung eines Mitgliedstaates einen Spielraum bei der Auslegung offenlässt.
Wenn der Wortlaut einer nationalen Norm aber keiner Interpretation zugänglich ist,
beziehungsweise dieser einer Richtlinienbestimmung eindeutig entgegensteht, ist die

15 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 56.
16 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 69 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
17 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 72 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
18 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 57.
19 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 58.
20 Vgl OGH 7Ob241/18v ZVers 2019, 218.

                                                                                                   13
richtlinienkonforme Interpretation nicht anzuwenden.21 Ein wesentlicher Unterschied zur
Direktwirkung der Richtlinie ist, dass es bei der richtlinienkonformen Interpretation auch
zu einer „quasi“ horizontalen Wirkung der nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinie
zwischen Privaten kommen kann. Das ist deshalb möglich, da die Rechte und Pflichten
der einzelnen Privaten nicht unmittelbar durch das Unionsrecht begründet werden,
sondern durch die Auslegung einer Bestimmung der nationalen Rechtsordnung eines
Mitgliedstaates.22
Wichtig ist aber schlussendlich festzuhalten, dass die nationale Umsetzung einer
Richtlinie, niemals durch eine richtlinienkonforme Interpretation ersetzt werden kann.23

ccc) Staatshaftung:
Nun kann es sein, dass eine Richtlinie nicht fristgerecht ordnungsgemäß von einem
Mitgliedstaat umgesetzt wurde, diese darüber hinaus beispielsweise nicht hinreichend
konkret ist, und dadurch die direkte Wirkung einer Richtlinie nicht zur Anwendung
gelangt, und weiters die mitgliedstaatlichen nationalen Bestimmungen keinen
Auslegungsspielraum für eine richtlinienkonforme Interpretation offenlassen, dass sich
der Rechtsunterworfene nicht auf die für ihn günstigeren Bestimmungen der Richtlinie
berufen könnte, und der säumige Mitgliedstaat sanktionslos davonkommen würde.24 Für
diese Fälle entwickelte der EuGH, zum ersten Mal in der Rechtssache Francovich, die
sogenannte Staatshaftung, nach welcher die säumigen Mitgliedstaaten für Schäden der
Rechtsunterworfenen, welche diese aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung der
Richtlinie erhalten haben, zu haften haben. Für diesen Staatshaftungsanspruch sind drei
Voraussetzungen erforderlich. Zunächst muss ein Recht des Einzelnen aus einer
Richtlinie verletzt worden sein, wodurch zweitens ein Schaden beim Einzelnen
eingetreten sein muss. Schlussendlich muss drittens, zwischen dem Unterlassen
beziehungsweise auch dem Handeln des Mitgliedstaates und dem eingetretenen
Schaden des Einzelnen ein Kausalzusammenhang bestehen.25 Eine Haftung eines
Mitgliedstaates kann aber nur dann geltend gemacht werden, wenn er bei Durchführung
seiner Kompetenzen, die jeweils gesetzten Grenzen signifikant und offensichtlich
überschritten hat, also das Vergehen des Mitgliedstaates als hinreichend qualifiziert
anzusehen ist. Die nicht fristgerechte Umsetzung ist somit jedenfalls als hinreichend

21 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 58 f.
22 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 79 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
23 Vgl OGH 7Ob241/18v ZVers 2019, 218.
24 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 80 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
25 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 60 f.

                                                                                                   14
qualifiziert zu werten.26 In weiterer Folge erweiterte der EuGH in seiner Judikatur die
Haftung der Mitgliedstaaten dahingehend, dass sie nun für alle hinreichend qualifizierten
Verletzungen des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten herangezogen werden kann.27
Der EuGH begründet diesen Schadenersatzanspruch mit der Effektivität des
Unionsrechts, welche gewahrt bleiben soll, aber durch eine unsanktionierte Verletzung
der Richtlinienumsetzung gefährdet wäre.28
Durchzusetzen ist der Schadenersatzanspruch den der Einzelne gegenüber dem
Mitgliedstaat geltend machen möchte aber nicht vor dem EuGH, sondern im nationalen
Rechtsweg.29

b) Diskriminierungsverbote:
aa) Allgemeines Diskriminierungsverbot:
Gemäß Art 18 Abs 1 AEUV ist jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im
Rahmen des Anwendungsbereiches der Verträge verboten. Vom Verbot erfasst sind
nicht nur unmittelbare, sondern es inkludiert auch mittelbare Diskriminierungen aufgrund
der Staatsangehörigkeit.30 Bei der unmittelbaren wird explizit auf das Attribut der
Staatsangehörigkeit angeknüpft, wohingegen bei der mittelbaren jene Bestimmungen
eine Diskriminierung darstellen, die zwar nicht ausdrücklich auf die Staatsangehörigkeit
abstellen, aber im Ergebnis dennoch zu einer Benachteiligung von Personen mit
bestimmter Staatsangehörigkeit führen. Es kommt bei der mittelbaren Diskriminierung
also nicht auf den Wortlaut der Norm, sondern auf die Wirkung beziehungsweise die
Intention der Norm an.31 Eingriffe der Mitgliedstaaten sind laut der Rechtsprechung des
EuGH in besonderen Fällen möglich, wenn es sachliche Gründe hierfür gibt, die im
Sinne des Allgemeininteresses notwendig sind, obwohl es im Art 18 AEUV keine
Hinweise auf bestimmte Rechtfertigungsgründe gibt.32

bb) Besondere Diskriminierungsverbote:
aaa) Genereller Überblick:
Das Unionsrecht beinhaltet aber nicht nur das allgemeine Diskriminierungsverbot,
sondern darüber hinaus auch noch eine Vielzahl von anderen Diskriminierungsverboten,

26 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 82 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
27 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 61.
28 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 83 (Stand 01.11.2017, rdb.at).
29 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 60.
30 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 137 f.
31 Vgl Kucsko-Stadlmayer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 18 AEUV Rz 38 ff (Stand 01.03.2013,

rdb.at).
32 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 138.

                                                                                                15
die Diskriminierungen aufgrund verschiedenster Merkmale verbieten. Diese sind zum
Teil direkt im Primärrecht verankert. Das Primärrecht enthält aber zum Teil auch
Bestimmungen, auf deren Grundlage Diskriminierungsverbote im Rahmen des
Sekundärrechts geschaffen werden können.33 Die für diese Diplomarbeit mit Sicherheit
wichtigste Grundlage ist der Art 19 AEUV. Sein Ziel ist es, Diskriminierungen aufgrund
der Religion, der Weltanschauung, der Rasse, des Geschlechts, der ethnischen
Herkunft, des Alters, der Behinderung, und der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.34
Gemäß Art 19 Abs 1 AEUV wird der Rat ermächtigt, einstimmig, mit der notwendigen
Zustimmung des Parlaments, in jenen Bereichen für welche der EU von den
Mitgliedstaaten die Zuständigkeit eingeräumt wurde, jene Maßnahmen zu treffen, die
Diskriminierungen aufgrund der im vorigen Satz genannten Merkmale verhindern.35 Auf
der Grundlage des Art 19 AEUV wurden bisher bereits einige
Antidiskriminierungsrichtlinien erlassen. Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit
wichtigste ist die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, welche die
Gleichbehandlung in Beruf und Beschäftigung als Ziel hat36, und insbesondere die
Diskriminierung in der Berufswelt aufgrund der Religion verbietet.37

bbb) RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000:
Das Hauptziel dieser Antidiskriminierungsrichtlinie, welche im Jahr 2000 erlassen wurde,
ist wie bereits erwähnt die Umsetzung der Gleichbehandlung in Beruf und
Beschäftigung. Gemäß Art 1 der Richtlinie 2000/78/EG bekämpft sie unter anderem die
Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung und der Religion.38 In Österreich erfolgte
die Umsetzung dieser Richtlinie im Jahr 200439 insbesondere durch das im Rang eines
einfachen Gesetzes erlassene Gleichbehandlungsgesetz40, welches am 01.07.2004
durch das BGBl I 2004/66 in Kraft getreten ist.41 Verboten sind gemäß Art 2 Abs 1 der
RL 2000/78/EG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen wegen der in
Art 1 der RL 2000/78/EG aufgezählten Merkmale.42 Unter gewissen Voraussetzungen

33 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 139.
34 Vgl Sporrer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 AEUV Rz 4 (Stand 01.03.2013, rdb.at).
35 Vgl Sporrer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 AEUV Rz 9 ff (Stand 01.03.2013, rdb.at).
36 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 140.
37 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
38 Vgl RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die

Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl L 2000/303, 16.
39 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
40 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.
41 Vgl Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) BGBl I 2004/66.
42 Vgl RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die

Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl L 2000/303, 16.
                                                                                                  16
darf aber in das Diskriminierungsverbot eingegriffen werden. Gemäß Art 2 Abs 5 der RL
2000/78/EG dürfen nationale Maßnahmen gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen,
wenn diese zur Verwirklichung von bestimmten in einer demokratischen Gesellschaft
notwendigen Bedingungen, die im Art 2 Abs 5 der RL 2000/78/EG aufgezählt sind,
erforderlich sind. Dieser Eingriffsvorbehalt ist in Anlehnung an den Eingriffsvorbehalt des
Art 9 Abs 2 der EMRK (Religionsfreiheit) erlassen worden. Eine weitere Ausnahme des
Diskriminierungsverbotes sind die sogenannten positiven Maßnahmen des Art 7 Abs 1
der RL 2000/78/EG. Diese sind zulässig, wenn sie zur Herstellung der absoluten
Gleichberechtigung in der Arbeitswelt notwendig sind. Ein Beispiel in der Berufswelt
wären hierfür die Geschlechterquoten, die unter bestimmten Voraussetzungen
angewendet werden dürfen.43
Wie bereits erwähnt binden die Richtlinien der EU grundsätzlich nur die Mitgliedstaaten.
Damit sich auch einzelne Rechtsunterworfene, in unserem Fall der einzelne
Arbeitnehmer, auf sie berufen kann, ist es laut dem EuGH notwendig, dass ein
allgemeiner Rechtsgrundsatz vorliegt. Der EuGH stellt beim Vorliegen eines
Rechtsgrundsatzes häufig darauf ab, ob ein solches Grundrecht in der
Grundrechtecharta der EU enthalten ist. Das ist in unserem Fall mit dem
Diskriminierungsverbot des Art 21 der GRC gegeben.44

c) Gerichtsbarkeit der Europäischen Union:
aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union:
Das im Art 13 Abs 1 EUV aufgezählte Organ „Gerichtshof der Europäischen Union“ mit
Sitz in Luxemburg besteht aus dem Gerichtshof im engeren Sinn, dem Gericht, sowie
den Fachgerichten. Zusammen sind sie namentlich die Unionsgerichte.45 Seine
Hauptaufgabe ist es bei der Anwendung und Auslegung der Verträge die Wahrung des
Rechts sicherzustellen (Art 19 Abs 1 Satz 2 EUV). Der EuGH (Gerichtshof) setzt sich
aus einem Richter pro Mitgliedstaat zusammen46, und besteht daher derzeit aus 27
Richtern. Diese werden im gegenseitigen Einverständnis von den Regierungen der
Mitgliedstaaten47 für eine sechs Jahre andauernde Amtsperiode gewählt. Nach Ablauf
einer Amtsperiode ist eine Wiederwahl gestattet. Österreichischer Vertreter am EuGH ist
seit 2019 Andreas Kumin. Unterstützt werden die Richter des EuGH seit 07.10.2015 von

43 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
44 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
45 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 1 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
46 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 111.
47 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 47 (Stand 01.03.2020, rdb.at).

                                                                                             17
elf Generalanwälten, die vor jeder Entscheidung des Gerichtshofes, also noch bevor die
Richter zur Entscheidungsfindung zusammenkommen, Schlussanträge an den EuGH zu
übermitteln haben. Diese Generalanwälte werden ebenso von den Regierungen der
Mitgliedstaaten ernannt. Diese Schlussanträge enthalten einen Entscheidungsvorschlag
für die jeweilige Rechtssache, an den die Richter des EuGH aber nicht gebunden sind.
In den meisten Fällen folgt der EuGH aber den Schlussanträgen des Generalanwalts
beziehungsweise der Generalanwälte.48 Man könnte daher sagen, dass diese einem
Rechtsgutachten sehr ähnlich sind. Zu erwähnen ist auch noch, dass die
Generalanwälte nicht an den Sitzungen über die Beschlussfassung des EuGH
teilnehmen.49
Das Europäische Gericht muss aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaates
bestehen, wobei es seit 01.09.2019 aus zwei Richtern pro Mitgliedstaat besteht.50
Weiters bestünde gemäß Art 257 Abs 1 AEUV die Möglichkeit, im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren mittels Verordnung Fachgerichte für bestimmte Fachgebiete
einzurichten, die erstinstanzliche Entscheidungen in diesen speziellen Sachgebieten zu
fällen hätten.51 Zur Zeit ist kein Fachgericht in der EU eingerichtet. Das Gericht für den
öffentlichen Dienst war das bisher einzige in der EU etablierte Fachgericht. Dieses
wurde aber im Rahmen der Verdoppelung der Anzahl an Richtern am EuG am
01.09.2016 wieder aufgelöst. Seine Zuständigkeit in erster Instanz wurde daraufhin
wieder an das durch die Verdoppelung an Richtern an Stärkung gewonnene EuG
übertragen.52

Bezüglich der Aufgabenverteilung zwischen EuGH und EuG wird dem EuGH die
Zuständigkeit für das Vertragsverletzungsverfahren sowie das
Vorabentscheidungsverfahren durch das Primärrecht zugesprochen. Es gäbe gemäß Art
256 Abs 3 AEUV auch die Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit für
Vorabentscheidungen im Bereich bestimmter Themenbereiche an das EuG. Von den
hierfür notwendigen Regelungen hat man in der Satzung aber keinen Gebrauch
gemacht. Weiters ist der EuGH gemäß Art 256 Abs 1 in Verbindung mit dem Art 51 der
Satzung des Gerichtshofs für jene Direktklagen zuständig, die von den Mitgliedstaaten
oder den Organen der EU aufgrund von Handlungen des Parlaments oder des Rates

48 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 111 f.
49 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 52 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
50 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112.
51 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112.
52 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 3 (Stand 01.03.2020, rdb.at).

                                                                                             18
eingebracht werden. Dazu zählen die Schadenersatzklage des Art 268 AEUV, die
Untätigkeitsklage des Art 265 AEUV, und die Nichtigkeitsklage des Art 263 AEUV. Der
Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofs enthält zwar hierfür ein paar Ausnahmen, auf
die aber hier nicht genauer eingegangen wird.53
Der Zuständigkeitsbereich des EuG liegt hauptsächlich bei jenen Direktklagen, die von
juristischen oder natürlichen Personen erhoben werden54, also im Bereich des
Individualrechtsschutzes zugunsten dieser Personen.55

Bezüglich des Instanzenzuges lässt sich daher feststellen, dass gemäß den Verträgen
sogar ein Instanzenzug in drei Instanzen möglich wäre, wenn Fachgerichte eingerichtet
werden würden. Gemäß Art 256 Abs 2 AEUV ist das EuG das Rechtsmittelgericht für
fachgerichtliche Entscheidungen.56 Die vom EuG gefällten Entscheidungen sind
hingegen gemäß Art 256 Abs 1 in Verbindung mit Art 256 Abs 2 AEUV mit einem
Rechtsmittel beim EuGH zu bekämpfen, welches aber auf Rechtsfragen beschränkt
ist.57

bb) Das Vorabentscheidungsverfahren:
Da für diese Diplomarbeit im Detail nur der Verfahrenstyp des
Vorabentscheidungsverfahren von Bedeutung ist, wird in diesem Unterkapitel nur auf
dieses Verfahren genauer eingegangen.

Durch das im Art 267 AEUV geregelte Vorabentscheidungsverfahren wird es nationalen
Gerichten ermöglicht, Fragen an den EuGH, in Bezug auf die Auslegung des
Primärrechts, sowie die Auslegung und Gültigkeit des Sekundärrechts, zu stellen. Bei
den möglichen Fragestellungen sind die Gerichte aber ausschließlich an diese
Möglichkeiten, die gerade genannt wurden, beschränkt. Es besteht keine Berechtigung
des EuGH zur Entscheidung über die Auslegung von Bestimmungen der nationalen
Normen der Mitgliedstaaten, oder der Beurteilung darüber, ob Bestimmungen der
Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Eine weitere
Voraussetzung ist die sogenannte Entscheidungserheblichkeit der Antwort auf die
jeweilige Vorlagefrage. Fragestellungen die rein hypothetischer Natur sind lehnt der

53 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112.
54 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 113.
55 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 6 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
56 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 113.
57 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 6 (Stand 01.03.2020, rdb.at).

                                                                                            19
EuGH demzufolge ab. Ob die erforderliche Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
vorliegt, entscheidet aber das vorlegende nationale Gericht.58

Grundsätzlich sind alle nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß Art 267 Abs 2
AEUV bei offenen Fragen zur Vorlage an den EuGH berechtigt.59 Gerichte der letzten
Instanz sind bei offenen Fragen im Verfahren sogar zur Vorlage an den EuGH
verpflichtet.60 Eine Ausnahme von der Vorlagepflicht liegt nach der „Acte clair-Doktrin“
dann vor, wenn die korrekte Anwendung von Normen des Unionsrechts offensichtlich
ist, oder es zur konkreten Vorlagefrage vom EuGH eine gesicherte Rechtsprechung
gibt.61 Ob auch unterinstanzliche Gerichte an den EuGH vorlegen, liegt grundsätzlich in
deren Ermessen.62 Bei Bedenken über die Gültigkeit von Sekundärrechtsakten sind aber
ausnahmsweise auch die unterinstanzlichen Gerichte zur Vorlage verpflichtet.63 Das
lässt sich mit dem Verwerfungsmonopol des EuGH begründen, welches es nur dem
EuGH gestattet, Sekundärrechtsakte auf seine Gültigkeit zu überprüfen.64 Eine
Verletzung der Vorlagepflicht hat nach der Rechtsprechung des EuGH eine Verletzung
des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, und nach dem EGMR
eine Verletzung des Art 6 EMRK, Recht auf ein faires Verfahren, zur Folge.65

Das Vorabentscheidungsverfahren ist ein Zwischenverfahren. Das nationale Verfahren
wird bis zur Entscheidung des EuGH unterbrochen, und danach wieder fortgesetzt. Der
EuGH entscheidet in seiner Entscheidung aber nicht den Fall selbst, sondern erläutert
dem vorlegenden Gericht die korrekte Auslegung des Unionsrechts. Den Fall selbst,
entscheidet dann das vorlegende Gericht im fortgesetzten nationalen Verfahren. 66 Das
Urteil des EuGH hat für die nationalen Gerichte eine absolut bindende Wirkung. Sie
müssen entsprechend dem Urteil des EuGH entscheiden. Es ist aber nicht nur das
vorlegende Gericht daran gebunden, sondern auch allfällige Rechtsmittelgerichte oder
unterinstanzliche Gerichte bei Zurückverweisungen.67 Man spricht hier von einer „inter-
partes“ Bindungswirkung.68 Grundsätzlich, mit ein paar Ausnahmen, gelten diese

58 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff.
59 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119.
60 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 83 ff (Stand 01.03.2020, rdb.at).
61 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119.
62 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 84 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
63 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119.
64 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 92 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
65 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119.
66 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff.
67 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 197 f (Stand 01.03.2020, rdb.at).
68 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 120.

                                                                                                    20
Entscheidungen über die Auslegung dahingehend, dass der EuGH klarstellt, wie das
Unionsrecht seit dem Tag ihres Inkrafttretens korrekt auszulegen gewesen wäre.69

Innerhalb des Unionsrechts ist das Vorabentscheidungsverfahren das bedeutendste
Rechtsschutzverfahren.70 Das sieht man auch an den Zahlen. Im Zeitraum von 1952 bis
2019 wurden von den mitgliedstaatlichen Gerichten mehr als 11300, 629 allein im Jahr
2019, Vorabentscheidungsersuchen eingebracht, wohingegen im selben Zeitraum nur
zirka 4000 Vertragsverletzungsverfahren behandelt wurden. Zwei Drittel aller Fälle vor
dem EuGH waren im Jahr 2019 Vorabentscheidungsersuchen. Die österreichischen
Gerichte sind bekannt dafür, dass sie sehr häufig Vorabentscheidungsersuchen an den
EuGH richten. Mit 57 Vorlagen war Österreich innerhalb der EU im Jahr 2001 sogar
alleiniger Spitzenreiter.71 Diese enorme Bedeutung lässt sich durch jenes Grundprinzip
der Unionsrechtsordnung herleiten, dass ihre Normen durch die Behörden der
Mitgliedstaaten zu vollziehen sind, was natürlich die Gefahr von uneinheitlicher
Anwendung und Auslegung mit sich bringt. Ziel eines jeden
Vorabentscheidungsverfahrens ist eine in jedem einzelnen Mitgliedstaat
übereinstimmende Anwendung und Auslegung des Unionsrechts. Weiters dient es dem
EuGH als wichtiges Instrument für seine wichtige Arbeit im Bereich der
Rechtsfortbildung.72

3.) Feiertage in Österreich:
a) Überblick:
In Österreich gibt es im Moment 13 gesetzliche Feiertage73, welche alle sowohl im § 1
des Feiertagsruhegesetzes 195774, als auch, seit 198475, im § 7 Abs 2 ARG aufgezählt
sind. Somit haben sämtliche Arbeitnehmer in Österreich Anspruch auf die
Begünstigungen an diesen Feiertagen.76 Diese 13 Feiertage sind Neujahr (1. Jänner),
Heiligen Drei Könige (6. Jänner), der Ostermontag, der Staatsfeiertag (1. Mai), Christi
Himmelfahrt, der Pfingstmontag, Fronleichnam, Maria Himmelfahrt (15. August), der
Nationalfeiertag (26. Oktober), Allerheiligen (1. November), Maria Empfängnis (8.

69 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 205 f (Stand 01.03.2020, rdb.at).
70 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118.
71 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 9 (Stand 01.03.2020, rdb.at).
72 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff.
73 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
74 Vgl Feiertagsruhegesetz 1957 BGBl 1957/153 idF BGBl I 2019/22.
75 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.
76 Vgl Haider, Karfreitag - Die Saga vom "halben" Feiertag und sich daraus ergebende Fragestellungen,

ARD 2019/6638/4.
                                                                                                        21
Dezember), der Christtag (25. Dezember), und der Stephanstag (26. Dezember).77 Mit
diesen liegt Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im Mittelfeld.78
Beispielsweise hatte Belgien im Jahr 2019 20 gesetzliche Feiertage, und zum Beispiel
Deutschland nur 9 bundesweite Feiertage, wobei im Fall von Deutschland es noch
zusätzliche in den jeweiligen Bundesländern gibt, was auch auf den protestantischen
Norden und den katholischen Süden zurückzuführen ist.79 Von den 13 Feiertagen in
Österreich haben nur zwei, nämlich der Staatsfeiertag und der Nationalfeiertag, keinen
religiösen Bezug. Die restlichen elf haben ihre Wurzel im Christentum, wie etwa Ostern
und Weihnachten, wobei beispielsweise Maria Himmelfahrt und Maria Empfängnis allein
auf den katholischen Glauben zurückzuführen sind.80

Weiters gibt es aber auch in Kollektivverträgen oft Regelungen über Feiertage, wodurch
es in manchen Branchen auch noch zusätzliche Feiertage gibt, wie etwa oft der 24. und
der 31. Dezember, die aber nicht als gesetzliche Feiertage zu qualifizieren sind.81

In den Bundesländern gibt es noch zusätzliche Landesfeiertage, wie etwa in Kärnten
den Volksabstimmungsgedenktag am 10. Oktober und den Josefitag am 19. März.82
Diese Feiertage gelten aber nicht als gesetzliche Feiertage, weshalb diese Tage auch
nicht generell als arbeitsfrei gelten, sondern nur die Schulen und teilweise die Behörden
und Ämter geschlossen haben.83

b) Konkordat zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl:
Am 5. Juni 1933 schloss die Republik Österreich ein Konkordat samt Zusatzprotokoll mit
dem Heiligen Stuhl ab, in dem sich Österreich verpflichtet, die im Art IX des Konkordats
taxativ von der Kirche aufgezählten Feiertage anzuerkennen.84 Diese sind der
Neujahrstag (1. Jänner), Epiphanie (6. Jänner), Himmelfahrtstag (Christi Himmelfahrt),
Fronleichnam, Fest der heiligen Apostel Paul und Peter (29. Juni), Mariä Himmelfahrt

77 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex
2004, 428.
78 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
79 Vgl o.V., In 13 EU-Staaten ist am Karfreitag Feiertag, In 13 EU-Staaten ist am Karfreitag Feiertag |

DiePresse.com (abgefragt am 28.04.2021).
80 Vgl Haider, Karfreitag - Die Saga vom "halben" Feiertag und sich daraus ergebende Fragestellungen,

ARD 2019/6638/4.
81 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex

2004, 428.
82 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex

2004, 428.
83 Vgl o.V., Österreich verstößt gegen EU-Recht, Karfreitag: Österreich verstößt gegen EU-Recht •

NEWS.AT (abgefragt am 28.04.2021).
84 Vgl Zellenberg, Effektiver Sonntagsschutz oder Staatszielbestimmungen mit Placebowirkung? öarr

2002, 260.
                                                                                                       22
(15. August), Allerheiligen (1. November), der Tag der unbefleckten Empfängnis (Maria
Empfängnis), der Weihnachtstag (25. Dezember), sowie alle Sonntage. In Kraft getreten
ist es schließlich am 1. Mai 1934.85 Dieses Konkordat hat aber keine unmittelbare
Geltung in der österreichischen Rechtsordnung, sondern bedarf der Umsetzung mittels
Gesetzes, wie es unter anderem durch das ARG und das Feiertagsruhegesetz
erfolgte.86 Wie man sieht, enthält dieses Konkordat neun kirchliche Feiertage, von denen
aber nur acht in der österreichischen Rechtsordnung als gesetzliche Feiertage
anerkannt werden. Es besteht hier also ein sogenannter „päpstlicher Dispens“, da der
Festtag des Heiligen Peter und Paul am 29. Juni bis heute nicht als gesetzlicher
Feiertag verankert wurde.87

4.) Die Rechtslage zum Karfreitag in Österreich bis zum
21.03.2019:
§ 7 Abs 3 ARG in der alten Fassung, welche bis zum 21.03.2019 in Geltung stand,
statuierte, dass der Karfreitag nur für alle Angehörigen der Altkatholischen Kirche, der
Evangelisch-methodistischen Kirche, und der Evangelischen Kirche, sowohl des
Augsburger als auch des Helvetischen Bekenntnisses, ein Feiertag ist. 88 Das ist jene
Bestimmung, welche Hauptgegenstand der Karfreitagsdiskussion in Österreich, und der
damit verbundenen Behandlung des EuGH, war. Bevor im Detail die Wirkungen dieser
Regelung analysiert werden, soll nun ein Überblick über die Geschichte des Karfreitags
in der österreichischen Rechtsordnung gegeben werden.

Bereits am 03.04.195289 schloss der Österreichische Gewerkschaftsbund mit der
Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft einen Generalkollektivvertrag zum
Karfreitag ab. Dieser galt ab diesem Zeitpunkt zunächst nur für die Mitglieder der
Evangelischen Kirche des Augsburger und des Helvetischen Bekenntnisses. Ab 1954
wurde seine Geltung auch auf die Methodisten- und die Altkatholische Kirche erweitert.90
Dieser räumt den Angehörigen dieser vier Religionsgemeinschaften das Recht ein am
Karfreitag von der Arbeit fernzubleiben, wenn sie es beim Arbeitgeber spätestens eine
Woche im Vorhinein beantragen. Wenn sie trotz dieser Ankündigung am Karfreitag ihre

85 Vgl Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich samt Zusatzprotokoll BGBl II
1934/2 idF BGBl 1960/195.
86 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
87 Vgl Zaunbauer, Feiertage - seit jeher ein Politikum, https://kurier.at/politik/inland/feiertage-seit-jeher-ein-

politikum/400387040 (abgefragt am 27.04.2021).
88 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249.
89 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249.
90 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.

                                                                                                               23
Arbeitsleistung erbringen, gebührt ihnen für diese zusätzlich das Feiertagsentgelt.91 Die
Religionsausübung für die Angehörigen dieser vier Religionsgemeinschaften am
Karfreitag, der für diese von höchster Bedeutung ist, war der Hauptzweck dieser
Bestimmung.92 Dieser Generalkollektivvertrag vom 03.04.1952 wird seit dem
Generalkollektivvertrag vom 18.02.1953 bis heute sinngemäß auf die Angehörigen der
israelitischen Kultusgemeinschaft angewendet, welche die besagten Rechte am
Versöhnungstag ausüben können.93 Gesetzlich verankert wurde diese Regelung zum
Karfreitag im Jahr 1957 mit dem Feiertagsruhegesetz 1957.94 In seinem § 1 Abs 2
enthält das Feiertagsruhegesetz 1957 die inhaltlich idente Bestimmung, wonach für die
Mitglieder dieser vier Religionsgemeinschaften der Karfreitag ein Feiertag ist.95 Die
nächste gesetzliche Verankerung dieser Rechte erfolgte mit dem Arbeitsruhegesetz96,
welches gemäß § 33 Abs 1 ARG am 01.07.1984 in Kraft getreten ist. Für all jene
Arbeitnehmer die in den Anwendungsbereich des ARG fallen, tritt gemäß § 31 Abs 2 Z 1
ARG mit dem Inkrafttreten des ARG das Feiertagsruhegesetz 1957 außer Kraft.97

Gemäß § 7 Abs 3 ARG galt der Karfreitag wie bereits anfangs erwähnt für die bereits
genannten Angehörigen der vier Religionsgemeinschaften als Feiertag.98 Gemäß § 7
Abs 1 ARG haben an Feiertagen die Arbeitnehmer das Recht auf eine Ruhezeit von
ununterbrochenen 24 Stunden, welche zwischen 0 Uhr und 6 Uhr des Feiertages zu
beginnen hat.99 Alle Arbeitnehmer die an einem Feiertag nicht arbeiten, behalten gemäß
§ 9 Abs 1 ARG ihren Entgeltanspruch für diesen Tag.100 Arbeitet hingegen ein
Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe, so gebührt ihm gemäß § 9 Abs 5 ARG neben
diesem Anspruch des Abs 1, auch noch das Entgelt für die tatsächlich geleistete
Arbeit101, was in der Praxis bedeutet, dass er für seine an diesem Tag geleistete Arbeit

91 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235.
92 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.
93 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249.
94 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.
95 Vgl Feiertagsruhegesetz 1957 BGBl 1957/153.
96 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v.
97 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an

Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144.
98 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249.
99 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an

Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144 idF BGBl I 2019/22.
100 Vgl Hummer, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die Österreichische Rechtsordnung,

Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die österreichische Rechtsordnung – EU-
Infothek.com (abgefragt am 28.04.2021).
101 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an

Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144 idF BGBl I 2019/22.
                                                                                                  24
Sie können auch lesen