DER KARFREITAG - EIN FEIERTAG FÜR ALLE? - JKU ePUB
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Eingereicht von Philipp Liesinger Angefertigt am Institut für Europarecht Beurteiler / Beurteilerin Univ.-Prof. Dr. Franz Leidenmühler Juni 2021 DER KARFREITAG – EIN FEIERTAG FÜR ALLE? Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at
Eidesstattliche Erklärung: Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Roßleithen, 07.06.2021 Philipp Liesinger 2
Genderhinweis: Um eine bessere und verständlichere Lesbarkeit der folgenden Diplomarbeit zu gewährleisten, wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet – sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht. 3
Abkürzungsverzeichnis: ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch ABl Amtsblatt der Europäischen Union Abs Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ARD Aktuelles Recht zum Dienstverhältnis ARG Arbeitsruhegesetz Art Artikel ASG Arbeits- und Sozialgericht BGBl Bundesgesetzblatt BIP Bruttoinlandsprodukt DRdA-infas Aktuelle Informationen aus dem Arbeitsrecht und Sozialrecht ECLI European Case Law Identifier ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht EG Europäische Gemeinschaft EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EU Europäische Union EuG Europäisches Gericht EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union f die folgende ff die folgenden FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs GA Generalanwalt 4
GlBG Gleichbehandlungsgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GOG Gerichtsorganisationsgesetz GRC Charta der Grundrechte der Europäischen Union Hrsg Herausgeber idF in der Fassung JAS Journal für Arbeitsrecht und Sozialrecht lit litera MSchG Mutterschutzgesetz öarr Österreichisches Archiv für Recht & Religion ÖGB Österreichischer Gewerkschaftsbund OGH Oberster Gerichtshof OLG Oberlandesgericht o.V. ohne Verfasser ÖVP Österreichische Volkspartei rdb Rechtsdatenbank RdW Österreichisches Recht der Wirtschaft RGBl Reichsgesetzblatt RL Richtlinie der EU Rs Rechtssache Rz Randzahl SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs UrlG Urlaubsgesetz Vgl vergleiche WKÖ Wirtschaftskammer Österreich 5
Z Ziffer ZAS Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht ZPO Zivilprozessordnung ZVers Zeitschrift für Versicherungsrecht 6
Inhaltsverzeichnis: Eidesstattliche Erklärung: ................................................................................................. 2 Genderhinweis: ................................................................................................................ 3 Abkürzungsverzeichnis: ................................................................................................... 4 Inhaltsverzeichnis: ............................................................................................................ 7 1.) Einleitung: ................................................................................................................. 10 2.) Unionsrechtliche Grundlagen: ................................................................................... 11 a) Rechtsakte der Europäischen Union:...................................................................... 11 aa) Verordnung: ....................................................................................................... 11 bb) Richtlinie: ........................................................................................................... 12 aaa) Allgemeines zur Richtlinie: ........................................................................... 12 bbb) Richtlinienkonforme Interpretation: ............................................................... 13 ccc) Staatshaftung: ............................................................................................... 14 b) Diskriminierungsverbote: ........................................................................................ 15 aa) Allgemeines Diskriminierungsverbot: ................................................................. 15 bb) Besondere Diskriminierungsverbote: ................................................................. 15 aaa) Genereller Überblick: .................................................................................... 15 bbb) RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000: ................................................ 16 c) Gerichtsbarkeit der Europäischen Union: ................................................................ 17 aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union: ......................................................... 17 bb) Das Vorabentscheidungsverfahren:................................................................... 19 3.) Feiertage in Österreich: ............................................................................................. 21 a) Überblick: ................................................................................................................ 21 b) Konkordat zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl: ....................................... 22 4.) Die Rechtslage zum Karfreitag in Österreich bis zum 21.03.2019: ........................... 23 5.) Die Rechtslage zum Karfreitag in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union: ....................................................................................................................................... 25 6.) Ausgangsfall in Österreich: ....................................................................................... 26 a) Sachverhalt – Überblick: ......................................................................................... 26 b) Wesentliche Rechtsgrundlagen: ............................................................................. 27 c) 1.Instanz – Arbeits- und Sozialgericht Wien: ........................................................... 28 d) 2.Instanz – Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht: .................................... 28 e) 3.Instanz – Oberster Gerichtshof als Revisionsgericht: .......................................... 29 f) Die vier Vorlagefragen: ............................................................................................ 30 7
7.) Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – Rechtssache C- 193/17: ........................................................................................................................... 31 a) Zur Zuständigkeit des EuGH: .................................................................................. 31 b) Vorlagefrage 1: ....................................................................................................... 32 aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 32 bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 34 cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 38 c) Vorlagefrage 2:........................................................................................................ 40 aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 40 bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 41 cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 42 d) Vorlagefrage 3: ....................................................................................................... 43 aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 43 bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 44 cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 45 e) Vorlagefrage 4: ....................................................................................................... 46 aa) Überblick und Erläuterungen des OGH: ............................................................ 46 bb) Schlussanträge des Generalanwalts Michal Bobek: .......................................... 47 cc) Urteil des EuGH: ................................................................................................ 52 f) Ergebnis des EuGH – Konsequenzen für Österreich: .............................................. 54 8.) Fortsetzung des ausgesetzten nationalen Verfahrens auf Basis des Urteils des EuGH – Rechtssache C-193/17: ............................................................................................... 56 a) Beschluss des OGH vom 27.02.2019: .................................................................... 56 b) Ende des Rechtsstreits zwischen Markus Achatzi und der Cresco Investigation GmbH:......................................................................................................................... 58 9.) Die österreichische Lösung – der Weg zum „Persönlichen Feiertag“: ....................... 58 a) Reaktionen zum Urteil des EuGH – Forderungen und Lösungsvorschläge an die österreichische Bundesregierung: ............................................................................... 58 b) Erste Regierungsvorlage – „halber“ Karfreitag: ....................................................... 61 aa) Geplante Regelung: ........................................................................................... 61 bb) Reaktionen auf diese Regierungsvorlage und mögliche Probleme: .................. 62 10.) Der „Persönliche Feiertag“ – Rechtslage zum Karfreitag in Österreich seit dem 22.03.2019: .................................................................................................................... 64 a) Der neue § 7a Arbeitsruhegesetz – Einseitiger Urlaubsantritt – „Persönlicher Feiertag“:..................................................................................................................... 64 8
b) Eingriffe in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung: ............................................ 71 11.) Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung zu anderen konfessionellen Feiertagen: ..................................................................................................................... 73 a) Religionsgemeinschaften in Österreich: .................................................................. 73 b) Jom Kippur: ............................................................................................................. 73 c) Reformationstag: ..................................................................................................... 75 d) Religionsgemeinschaften deren wichtige Festtage weder im Gesetz noch in Kollektivverträgen als Feiertage verankert sind: ......................................................... 75 12.) Schlussbemerkungen – Fazit: ................................................................................. 76 Literaturverzeichnis: ....................................................................................................... 78 Judikatur: ........................................................................................................................ 79 Normen:.......................................................................................................................... 79 9
1.) Einleitung: Der Karfreitag ist alljährlich der Freitag vor dem Ostersonntag. Die Christen gedenken an diesem Tag dem Leiden und dem Tod von Jesus Christus am Kreuz.1 Gemäß dem Matthäusevangelium, Kapitel 27 Vers 31b ff der Bibel, starb Jesus Christus zur neunten Stunde auf der Schädelhöhe namens Golgota am Kreuz.2 Für die katholische Kirche ist der Karfreitag in der Liturgie nur eine Leerstelle, wohingegen er bei den Protestanten sowohl der höchste kirchliche Feiertag, als auch für ihre grundlegende Identität maßgeblich ist. Demzufolge war der Karfreitag in Österreich für lange Zeit nur für Mitglieder der Altkatholischen Kirche, der Evangelisch-Methodistischen Kirche, der Evangelischen Kirche des Augsburger Bekenntnisses und der Evangelischen Kirche des Helvetischen Bekenntnisses ein gesetzlicher Feiertag, mit den dazugehörigen Begünstigungen für Arbeitnehmer an diesem Tag.3 Der EuGH stellte am 22.01.2019 in seinem Urteil Rs C-193/17 fest, dass diese Rechtslage eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Religion darstellt, da nur die Angehörigen von bestimmten Religionsgemeinschaften Anspruch auf einen Feiertag am Karfreitag innehaben.4 Aufgrund dieses Urteils entbrannte in Österreich der größte Streit bezüglich eines Feiertages seit dem Jahr 1984, als der damalige Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer senior, die Öffnung des Handels am 8. Dezember (Maria Empfängnis) erlaubte.5 In der folgenden Diplomarbeit soll daher im Detail auf die Auswirkungen des EuGH Urteils Rs C-193/17 für Österreich eingegangen werden. Ausgehend vom Anlassfall in Österreich soll insbesondere auf die, vom EuGH festgestellte, diskriminierende Rechtslage in Österreich und die Feststellungen des EuGH eingegangen werden. Folgend soll veranschaulicht werden, welche Konsequenzen der österreichische Gesetzgeber gezogen, beziehungsweise welche Lösungen er gefunden hat, um eine möglichst diskriminierungsfreie Rechtslage zu schaffen. Bevor aber genauer darauf eingegangen wird, werden in dieser Diplomarbeit zunächst die unionsrechtlichen Grundlagen, auf welchen dieses Urteil des EuGH beruht, erläutert, 1 Vgl o.V., Kleines (Corona-)Oster-ABC Was feiern Christen am Karfreitag?, Kleines (Corona-)Oster-ABC: Was feiern Christen am Karfreitag? (katholisch.at) (abgefragt am 29.04.2021). 2 Vgl Katholische Bibelanstalt Stuttgart, Die Bibel – Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift 4 (2003), 1113 f. 3 Vgl Hummer, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die Österreichische Rechtsordnung, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die österreichische Rechtsordnung – EU- Infothek.com (abgefragt am 28.04.2021). 4 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 5 Vgl Zaunbauer, Feiertage - seit jeher ein Politikum, https://kurier.at/politik/inland/feiertage-seit-jeher-ein- politikum/400387040 (abgefragt am 27.04.2021). 10
und wird weiters ein kurzer genereller Überblick über die gesetzlichen Feiertage in Österreich gegeben. 2.) Unionsrechtliche Grundlagen: a) Rechtsakte der Europäischen Union: Innerhalb der EU existiert eine Rechtsordnung, die von einem einander unter- und übergeordneten Normen hierarchisch gegliederten System geprägt ist. Hierbei ist das völkervertragsrechtliche Primärrecht, der höchsten Schicht der Rechtsordnung der EU, welches aus den Gründungsverträgen, den Änderungsverträgen und den Beitrittsverträgen besteht, vom Sekundärrecht, welches auf der Grundlage des Primärrechts von den Organen der EU geschaffen wird, auseinanderzuhalten. Die Organe haben hierbei kein Formerfindungsrecht, sondern sind hierbei an den geschlossenen Rechtssatzformenkatalog des Art 288 AEUV der Unionsrechtsordnung gebunden. Gemäß dem Art 288 AEUV sind die Verordnung, die Richtlinie, der Beschluss, die Empfehlung und die Stellungnahme die möglichen Formen des Sekundärrechts, derer sich die Unionsorgane bedienen können.6 Im Folgenden werden hier aber nur die Verordnung und die Richtlinie etwas genauer erläutert. aa) Verordnung: Die Verordnung ist eine Rechtssatzform von genereller-abstrakter Natur, und kann sowohl an die Mitgliedstaaten als auch an natürliche und juristische Personen gerichtet sein.7 Eine Verordnung ist aufgrund ihres Charakters unmittelbar in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten anwendbar, und genießt gegenüber entgegenstehenden nationalen Normen der Mitgliedstaaten Anwendungsvorrang, wodurch die nationalen Normen in diesen Fällen nicht zur Anwendung kommen.8 Für ihre Geltung in der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung bedarf es nicht nur keiner Umsetzung, sondern eine solche Umsetzung ist, wenn nicht ausdrücklich eine mitgliedstaatliche Umsetzung verlangt wird, explizit verboten, was in der Rechtssache Variola vom EuGH deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Die Verordnung dient daher 6 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 48 ff. 7 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 49 f. 8 Vgl Hauer, Staats- und Verwaltungshandeln5 (2017), 74 ff. 11
dem Zweck der vollständigen Vereinheitlichung des Rechts in gewissen Bereichen innerhalb der Mitgliedstaaten der EU.9 bb) Richtlinie: aaa) Allgemeines zur Richtlinie: Ebenso wie die Verordnung ist auch die Richtlinie eine Rechtssatzform mit generell abstraktem Charakter. Ein wesentlicher Unterschied zur Verordnung liegt bei der Richtlinie darin, dass ihre Adressaten die Gesetzgebungsorgane der Mitgliedstaaten sind, sie also grundsätzlich nicht unmittelbar in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gilt, sondern es der nationalen Umsetzung bedarf. Sie enthält also die Order an die Rechtsetzungsorgane, binnen einer festgelegten Frist, die Vorgaben der Richtlinie ins innerstaatliche Recht umzusetzen. Daher schafft also im Normalfall nicht die Richtlinie unmittelbare Rechte oder Pflichten für die Rechtsunterworfenen, sondern erst die mitgliedstaatliche Umsetzung.10 Gemäß Art 288 Abs 3 AEUV sind die Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Umsetzung nur an das in der Richtlinie vorgegebene zu erreichende Ziel gebunden. Welcher Mittel sich die Mitgliedstaaten zur Erreichung dieses Ziels bedienen, steht ihnen jedoch frei.11 Voraussetzung für die Rechtsakte der Umsetzung ist jedoch, dass es sich um eine Norm mit zwingendem Charakter handeln muss, welche ausreichende Publizität erlangt, und auf welche sich die Rechtsunterworfenen vor den Gerichten berufen können. Weiters wird den Mitgliedstaaten im Regelfall auferlegt, die Kommission über die nationalen Vorschriften der Umsetzung zu unterrichten.12 Ausnahmsweise wird aber auch einer Richtlinie die direkte Wirkung zugesprochen, wodurch sich dann auch alle Rechtsunterworfenen unmittelbar auf die Richtlinie berufen können. Diese direkte Wirkung ist aber nicht im Primärrecht der EU zu finden, sondern wurde vom EuGH im Rahmen seiner Rechtsfortbildung erarbeitet.13 Eine unmittelbare Wirkung kommt laut dem EuGH einer Richtlinie dann zu, wenn der Mitgliedstaat bei der Umsetzung säumig ist, also keine ordnungsgemäße fristgerechte Umsetzung erfolgt ist, die Bestimmung der Richtlinie selbst „self-executing“ ist, also inhaltlich hinreichend konkret und unbedingt ist, und für den Einzelnen eine Begünstigung mit sich bringt.14 9 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 49 f. 10 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 52 ff. 11 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 34 f (Stand 01.11.2017, rdb.at). 12 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 53. 13 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 54 f. 14 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 34 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 12
Bezüglich dieser Begünstigung ist noch näher darauf einzugehen, zu Lasten von wem diese Begünstigung erfolgen darf. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung Kolpinghuis Nijmegen ausdrücklich dargelegt, dass einer Richtlinienbestimmung immer nur dann die direkte Wirkung zugesprochen werden darf, wenn sie zum Vorteil des Rechtsunterworfenen und zum Nachteil des säumigen Mitgliedstaates dient, also im vertikalen Verhältnis. Der säumige Mitgliedstaat, und eben nicht der einzelne Rechtsunterworfene, soll mittels der direkten Wirkung belangt werden.15 Der säumige Mitgliedstaat darf nicht dadurch einen Vorteil erzielen, dass aufgrund seines unredlichen Verhaltens die vorgegebenen Ziele der Richtlinie nicht erreicht worden sind.16 Im horizontalen Verhältnis zwischen Privaten kommt hingegen nach der Ansicht des EuGH, unter anderem in der Rechtsprechung Faccini Dori, die direkte Wirkung einer Richtlinie nicht zur Anwendung, da es an der erforderlichen Unredlichkeit der Rechtsunterworfenen fehlt.17 Aufgrund einer Direktwirkung im vertikalen Verhältnis, kann es aber zu nachteiligen Folgen von Einzelnen im Verhältnis zwischen Privaten kommen, wenn es aufgrund sogenannter Reflex- oder Nebenwirkungen, bloß zu einer mittelbaren Benachteiligung von Privaten kommt.18 Da es aber nicht bei allen Richtlinienbestimmungen zu einer direkten Wirkung kommt, hat der EuGH zwei weitere Möglichkeiten entwickelt, mittels derer die Rechtsunterworfenen zu den in der Richtlinie garantierten Rechten kommen können. Diese beiden sind die richtlinienkonforme Interpretation sowie die Staatshaftung, welche in den folgenden beiden Unterkapiteln genauer erläutert werden.19 bbb) Richtlinienkonforme Interpretation: Die richtlinienkonforme Interpretation besagt, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten eine nationale Bestimmung gemäß dem Ziel und dem Wortlaut einer Richtlinie auszulegen haben.20 Die rechtliche Grundlage hierfür liegt im Art 4 Abs 3 EUV und Art 4 Abs 2 EUV, denen das Loyalitätsgebot der Mitgliedstaaten innewohnt. Es muss aber hier klar festgehalten werden, dass dies nur möglich ist, wenn die nationale Bestimmung einer Rechtsordnung eines Mitgliedstaates einen Spielraum bei der Auslegung offenlässt. Wenn der Wortlaut einer nationalen Norm aber keiner Interpretation zugänglich ist, beziehungsweise dieser einer Richtlinienbestimmung eindeutig entgegensteht, ist die 15 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 56. 16 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 69 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 17 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 72 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 18 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 57. 19 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 58. 20 Vgl OGH 7Ob241/18v ZVers 2019, 218. 13
richtlinienkonforme Interpretation nicht anzuwenden.21 Ein wesentlicher Unterschied zur Direktwirkung der Richtlinie ist, dass es bei der richtlinienkonformen Interpretation auch zu einer „quasi“ horizontalen Wirkung der nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinie zwischen Privaten kommen kann. Das ist deshalb möglich, da die Rechte und Pflichten der einzelnen Privaten nicht unmittelbar durch das Unionsrecht begründet werden, sondern durch die Auslegung einer Bestimmung der nationalen Rechtsordnung eines Mitgliedstaates.22 Wichtig ist aber schlussendlich festzuhalten, dass die nationale Umsetzung einer Richtlinie, niemals durch eine richtlinienkonforme Interpretation ersetzt werden kann.23 ccc) Staatshaftung: Nun kann es sein, dass eine Richtlinie nicht fristgerecht ordnungsgemäß von einem Mitgliedstaat umgesetzt wurde, diese darüber hinaus beispielsweise nicht hinreichend konkret ist, und dadurch die direkte Wirkung einer Richtlinie nicht zur Anwendung gelangt, und weiters die mitgliedstaatlichen nationalen Bestimmungen keinen Auslegungsspielraum für eine richtlinienkonforme Interpretation offenlassen, dass sich der Rechtsunterworfene nicht auf die für ihn günstigeren Bestimmungen der Richtlinie berufen könnte, und der säumige Mitgliedstaat sanktionslos davonkommen würde.24 Für diese Fälle entwickelte der EuGH, zum ersten Mal in der Rechtssache Francovich, die sogenannte Staatshaftung, nach welcher die säumigen Mitgliedstaaten für Schäden der Rechtsunterworfenen, welche diese aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung der Richtlinie erhalten haben, zu haften haben. Für diesen Staatshaftungsanspruch sind drei Voraussetzungen erforderlich. Zunächst muss ein Recht des Einzelnen aus einer Richtlinie verletzt worden sein, wodurch zweitens ein Schaden beim Einzelnen eingetreten sein muss. Schlussendlich muss drittens, zwischen dem Unterlassen beziehungsweise auch dem Handeln des Mitgliedstaates und dem eingetretenen Schaden des Einzelnen ein Kausalzusammenhang bestehen.25 Eine Haftung eines Mitgliedstaates kann aber nur dann geltend gemacht werden, wenn er bei Durchführung seiner Kompetenzen, die jeweils gesetzten Grenzen signifikant und offensichtlich überschritten hat, also das Vergehen des Mitgliedstaates als hinreichend qualifiziert anzusehen ist. Die nicht fristgerechte Umsetzung ist somit jedenfalls als hinreichend 21 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 58 f. 22 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 79 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 23 Vgl OGH 7Ob241/18v ZVers 2019, 218. 24 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 80 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 25 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 60 f. 14
qualifiziert zu werten.26 In weiterer Folge erweiterte der EuGH in seiner Judikatur die Haftung der Mitgliedstaaten dahingehend, dass sie nun für alle hinreichend qualifizierten Verletzungen des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten herangezogen werden kann.27 Der EuGH begründet diesen Schadenersatzanspruch mit der Effektivität des Unionsrechts, welche gewahrt bleiben soll, aber durch eine unsanktionierte Verletzung der Richtlinienumsetzung gefährdet wäre.28 Durchzusetzen ist der Schadenersatzanspruch den der Einzelne gegenüber dem Mitgliedstaat geltend machen möchte aber nicht vor dem EuGH, sondern im nationalen Rechtsweg.29 b) Diskriminierungsverbote: aa) Allgemeines Diskriminierungsverbot: Gemäß Art 18 Abs 1 AEUV ist jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im Rahmen des Anwendungsbereiches der Verträge verboten. Vom Verbot erfasst sind nicht nur unmittelbare, sondern es inkludiert auch mittelbare Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit.30 Bei der unmittelbaren wird explizit auf das Attribut der Staatsangehörigkeit angeknüpft, wohingegen bei der mittelbaren jene Bestimmungen eine Diskriminierung darstellen, die zwar nicht ausdrücklich auf die Staatsangehörigkeit abstellen, aber im Ergebnis dennoch zu einer Benachteiligung von Personen mit bestimmter Staatsangehörigkeit führen. Es kommt bei der mittelbaren Diskriminierung also nicht auf den Wortlaut der Norm, sondern auf die Wirkung beziehungsweise die Intention der Norm an.31 Eingriffe der Mitgliedstaaten sind laut der Rechtsprechung des EuGH in besonderen Fällen möglich, wenn es sachliche Gründe hierfür gibt, die im Sinne des Allgemeininteresses notwendig sind, obwohl es im Art 18 AEUV keine Hinweise auf bestimmte Rechtfertigungsgründe gibt.32 bb) Besondere Diskriminierungsverbote: aaa) Genereller Überblick: Das Unionsrecht beinhaltet aber nicht nur das allgemeine Diskriminierungsverbot, sondern darüber hinaus auch noch eine Vielzahl von anderen Diskriminierungsverboten, 26 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 82 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 27 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 61. 28 Vgl Vcelouch in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 288 AEUV Rz 83 (Stand 01.11.2017, rdb.at). 29 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 60. 30 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 137 f. 31 Vgl Kucsko-Stadlmayer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 18 AEUV Rz 38 ff (Stand 01.03.2013, rdb.at). 32 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 138. 15
die Diskriminierungen aufgrund verschiedenster Merkmale verbieten. Diese sind zum Teil direkt im Primärrecht verankert. Das Primärrecht enthält aber zum Teil auch Bestimmungen, auf deren Grundlage Diskriminierungsverbote im Rahmen des Sekundärrechts geschaffen werden können.33 Die für diese Diplomarbeit mit Sicherheit wichtigste Grundlage ist der Art 19 AEUV. Sein Ziel ist es, Diskriminierungen aufgrund der Religion, der Weltanschauung, der Rasse, des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, des Alters, der Behinderung, und der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.34 Gemäß Art 19 Abs 1 AEUV wird der Rat ermächtigt, einstimmig, mit der notwendigen Zustimmung des Parlaments, in jenen Bereichen für welche der EU von den Mitgliedstaaten die Zuständigkeit eingeräumt wurde, jene Maßnahmen zu treffen, die Diskriminierungen aufgrund der im vorigen Satz genannten Merkmale verhindern.35 Auf der Grundlage des Art 19 AEUV wurden bisher bereits einige Antidiskriminierungsrichtlinien erlassen. Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit wichtigste ist die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000, welche die Gleichbehandlung in Beruf und Beschäftigung als Ziel hat36, und insbesondere die Diskriminierung in der Berufswelt aufgrund der Religion verbietet.37 bbb) RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000: Das Hauptziel dieser Antidiskriminierungsrichtlinie, welche im Jahr 2000 erlassen wurde, ist wie bereits erwähnt die Umsetzung der Gleichbehandlung in Beruf und Beschäftigung. Gemäß Art 1 der Richtlinie 2000/78/EG bekämpft sie unter anderem die Diskriminierung aufgrund der Weltanschauung und der Religion.38 In Österreich erfolgte die Umsetzung dieser Richtlinie im Jahr 200439 insbesondere durch das im Rang eines einfachen Gesetzes erlassene Gleichbehandlungsgesetz40, welches am 01.07.2004 durch das BGBl I 2004/66 in Kraft getreten ist.41 Verboten sind gemäß Art 2 Abs 1 der RL 2000/78/EG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierungen wegen der in Art 1 der RL 2000/78/EG aufgezählten Merkmale.42 Unter gewissen Voraussetzungen 33 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 139. 34 Vgl Sporrer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 AEUV Rz 4 (Stand 01.03.2013, rdb.at). 35 Vgl Sporrer in Mayer/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 AEUV Rz 9 ff (Stand 01.03.2013, rdb.at). 36 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 140. 37 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 38 Vgl RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl L 2000/303, 16. 39 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 40 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 41 Vgl Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) BGBl I 2004/66. 42 Vgl RL 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl L 2000/303, 16. 16
darf aber in das Diskriminierungsverbot eingegriffen werden. Gemäß Art 2 Abs 5 der RL 2000/78/EG dürfen nationale Maßnahmen gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, wenn diese zur Verwirklichung von bestimmten in einer demokratischen Gesellschaft notwendigen Bedingungen, die im Art 2 Abs 5 der RL 2000/78/EG aufgezählt sind, erforderlich sind. Dieser Eingriffsvorbehalt ist in Anlehnung an den Eingriffsvorbehalt des Art 9 Abs 2 der EMRK (Religionsfreiheit) erlassen worden. Eine weitere Ausnahme des Diskriminierungsverbotes sind die sogenannten positiven Maßnahmen des Art 7 Abs 1 der RL 2000/78/EG. Diese sind zulässig, wenn sie zur Herstellung der absoluten Gleichberechtigung in der Arbeitswelt notwendig sind. Ein Beispiel in der Berufswelt wären hierfür die Geschlechterquoten, die unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden dürfen.43 Wie bereits erwähnt binden die Richtlinien der EU grundsätzlich nur die Mitgliedstaaten. Damit sich auch einzelne Rechtsunterworfene, in unserem Fall der einzelne Arbeitnehmer, auf sie berufen kann, ist es laut dem EuGH notwendig, dass ein allgemeiner Rechtsgrundsatz vorliegt. Der EuGH stellt beim Vorliegen eines Rechtsgrundsatzes häufig darauf ab, ob ein solches Grundrecht in der Grundrechtecharta der EU enthalten ist. Das ist in unserem Fall mit dem Diskriminierungsverbot des Art 21 der GRC gegeben.44 c) Gerichtsbarkeit der Europäischen Union: aa) Der Gerichtshof der Europäischen Union: Das im Art 13 Abs 1 EUV aufgezählte Organ „Gerichtshof der Europäischen Union“ mit Sitz in Luxemburg besteht aus dem Gerichtshof im engeren Sinn, dem Gericht, sowie den Fachgerichten. Zusammen sind sie namentlich die Unionsgerichte.45 Seine Hauptaufgabe ist es bei der Anwendung und Auslegung der Verträge die Wahrung des Rechts sicherzustellen (Art 19 Abs 1 Satz 2 EUV). Der EuGH (Gerichtshof) setzt sich aus einem Richter pro Mitgliedstaat zusammen46, und besteht daher derzeit aus 27 Richtern. Diese werden im gegenseitigen Einverständnis von den Regierungen der Mitgliedstaaten47 für eine sechs Jahre andauernde Amtsperiode gewählt. Nach Ablauf einer Amtsperiode ist eine Wiederwahl gestattet. Österreichischer Vertreter am EuGH ist seit 2019 Andreas Kumin. Unterstützt werden die Richter des EuGH seit 07.10.2015 von 43 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 44 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 45 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 1 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 46 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 111. 47 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 47 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 17
elf Generalanwälten, die vor jeder Entscheidung des Gerichtshofes, also noch bevor die Richter zur Entscheidungsfindung zusammenkommen, Schlussanträge an den EuGH zu übermitteln haben. Diese Generalanwälte werden ebenso von den Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt. Diese Schlussanträge enthalten einen Entscheidungsvorschlag für die jeweilige Rechtssache, an den die Richter des EuGH aber nicht gebunden sind. In den meisten Fällen folgt der EuGH aber den Schlussanträgen des Generalanwalts beziehungsweise der Generalanwälte.48 Man könnte daher sagen, dass diese einem Rechtsgutachten sehr ähnlich sind. Zu erwähnen ist auch noch, dass die Generalanwälte nicht an den Sitzungen über die Beschlussfassung des EuGH teilnehmen.49 Das Europäische Gericht muss aus mindestens einem Richter je Mitgliedstaates bestehen, wobei es seit 01.09.2019 aus zwei Richtern pro Mitgliedstaat besteht.50 Weiters bestünde gemäß Art 257 Abs 1 AEUV die Möglichkeit, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren mittels Verordnung Fachgerichte für bestimmte Fachgebiete einzurichten, die erstinstanzliche Entscheidungen in diesen speziellen Sachgebieten zu fällen hätten.51 Zur Zeit ist kein Fachgericht in der EU eingerichtet. Das Gericht für den öffentlichen Dienst war das bisher einzige in der EU etablierte Fachgericht. Dieses wurde aber im Rahmen der Verdoppelung der Anzahl an Richtern am EuG am 01.09.2016 wieder aufgelöst. Seine Zuständigkeit in erster Instanz wurde daraufhin wieder an das durch die Verdoppelung an Richtern an Stärkung gewonnene EuG übertragen.52 Bezüglich der Aufgabenverteilung zwischen EuGH und EuG wird dem EuGH die Zuständigkeit für das Vertragsverletzungsverfahren sowie das Vorabentscheidungsverfahren durch das Primärrecht zugesprochen. Es gäbe gemäß Art 256 Abs 3 AEUV auch die Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit für Vorabentscheidungen im Bereich bestimmter Themenbereiche an das EuG. Von den hierfür notwendigen Regelungen hat man in der Satzung aber keinen Gebrauch gemacht. Weiters ist der EuGH gemäß Art 256 Abs 1 in Verbindung mit dem Art 51 der Satzung des Gerichtshofs für jene Direktklagen zuständig, die von den Mitgliedstaaten oder den Organen der EU aufgrund von Handlungen des Parlaments oder des Rates 48 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 111 f. 49 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 52 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 50 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112. 51 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112. 52 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 3 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 18
eingebracht werden. Dazu zählen die Schadenersatzklage des Art 268 AEUV, die Untätigkeitsklage des Art 265 AEUV, und die Nichtigkeitsklage des Art 263 AEUV. Der Artikel 51 der Satzung des Gerichtshofs enthält zwar hierfür ein paar Ausnahmen, auf die aber hier nicht genauer eingegangen wird.53 Der Zuständigkeitsbereich des EuG liegt hauptsächlich bei jenen Direktklagen, die von juristischen oder natürlichen Personen erhoben werden54, also im Bereich des Individualrechtsschutzes zugunsten dieser Personen.55 Bezüglich des Instanzenzuges lässt sich daher feststellen, dass gemäß den Verträgen sogar ein Instanzenzug in drei Instanzen möglich wäre, wenn Fachgerichte eingerichtet werden würden. Gemäß Art 256 Abs 2 AEUV ist das EuG das Rechtsmittelgericht für fachgerichtliche Entscheidungen.56 Die vom EuG gefällten Entscheidungen sind hingegen gemäß Art 256 Abs 1 in Verbindung mit Art 256 Abs 2 AEUV mit einem Rechtsmittel beim EuGH zu bekämpfen, welches aber auf Rechtsfragen beschränkt ist.57 bb) Das Vorabentscheidungsverfahren: Da für diese Diplomarbeit im Detail nur der Verfahrenstyp des Vorabentscheidungsverfahren von Bedeutung ist, wird in diesem Unterkapitel nur auf dieses Verfahren genauer eingegangen. Durch das im Art 267 AEUV geregelte Vorabentscheidungsverfahren wird es nationalen Gerichten ermöglicht, Fragen an den EuGH, in Bezug auf die Auslegung des Primärrechts, sowie die Auslegung und Gültigkeit des Sekundärrechts, zu stellen. Bei den möglichen Fragestellungen sind die Gerichte aber ausschließlich an diese Möglichkeiten, die gerade genannt wurden, beschränkt. Es besteht keine Berechtigung des EuGH zur Entscheidung über die Auslegung von Bestimmungen der nationalen Normen der Mitgliedstaaten, oder der Beurteilung darüber, ob Bestimmungen der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Eine weitere Voraussetzung ist die sogenannte Entscheidungserheblichkeit der Antwort auf die jeweilige Vorlagefrage. Fragestellungen die rein hypothetischer Natur sind lehnt der 53 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 112. 54 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 113. 55 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 6 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 56 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 113. 57 Vgl Nehl in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 19 EUV Rz 6 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 19
EuGH demzufolge ab. Ob die erforderliche Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage vorliegt, entscheidet aber das vorlegende nationale Gericht.58 Grundsätzlich sind alle nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten gemäß Art 267 Abs 2 AEUV bei offenen Fragen zur Vorlage an den EuGH berechtigt.59 Gerichte der letzten Instanz sind bei offenen Fragen im Verfahren sogar zur Vorlage an den EuGH verpflichtet.60 Eine Ausnahme von der Vorlagepflicht liegt nach der „Acte clair-Doktrin“ dann vor, wenn die korrekte Anwendung von Normen des Unionsrechts offensichtlich ist, oder es zur konkreten Vorlagefrage vom EuGH eine gesicherte Rechtsprechung gibt.61 Ob auch unterinstanzliche Gerichte an den EuGH vorlegen, liegt grundsätzlich in deren Ermessen.62 Bei Bedenken über die Gültigkeit von Sekundärrechtsakten sind aber ausnahmsweise auch die unterinstanzlichen Gerichte zur Vorlage verpflichtet.63 Das lässt sich mit dem Verwerfungsmonopol des EuGH begründen, welches es nur dem EuGH gestattet, Sekundärrechtsakte auf seine Gültigkeit zu überprüfen.64 Eine Verletzung der Vorlagepflicht hat nach der Rechtsprechung des EuGH eine Verletzung des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, und nach dem EGMR eine Verletzung des Art 6 EMRK, Recht auf ein faires Verfahren, zur Folge.65 Das Vorabentscheidungsverfahren ist ein Zwischenverfahren. Das nationale Verfahren wird bis zur Entscheidung des EuGH unterbrochen, und danach wieder fortgesetzt. Der EuGH entscheidet in seiner Entscheidung aber nicht den Fall selbst, sondern erläutert dem vorlegenden Gericht die korrekte Auslegung des Unionsrechts. Den Fall selbst, entscheidet dann das vorlegende Gericht im fortgesetzten nationalen Verfahren. 66 Das Urteil des EuGH hat für die nationalen Gerichte eine absolut bindende Wirkung. Sie müssen entsprechend dem Urteil des EuGH entscheiden. Es ist aber nicht nur das vorlegende Gericht daran gebunden, sondern auch allfällige Rechtsmittelgerichte oder unterinstanzliche Gerichte bei Zurückverweisungen.67 Man spricht hier von einer „inter- partes“ Bindungswirkung.68 Grundsätzlich, mit ein paar Ausnahmen, gelten diese 58 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff. 59 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119. 60 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 83 ff (Stand 01.03.2020, rdb.at). 61 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119. 62 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 84 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 63 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119. 64 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 92 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 65 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 119. 66 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff. 67 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 197 f (Stand 01.03.2020, rdb.at). 68 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 120. 20
Entscheidungen über die Auslegung dahingehend, dass der EuGH klarstellt, wie das Unionsrecht seit dem Tag ihres Inkrafttretens korrekt auszulegen gewesen wäre.69 Innerhalb des Unionsrechts ist das Vorabentscheidungsverfahren das bedeutendste Rechtsschutzverfahren.70 Das sieht man auch an den Zahlen. Im Zeitraum von 1952 bis 2019 wurden von den mitgliedstaatlichen Gerichten mehr als 11300, 629 allein im Jahr 2019, Vorabentscheidungsersuchen eingebracht, wohingegen im selben Zeitraum nur zirka 4000 Vertragsverletzungsverfahren behandelt wurden. Zwei Drittel aller Fälle vor dem EuGH waren im Jahr 2019 Vorabentscheidungsersuchen. Die österreichischen Gerichte sind bekannt dafür, dass sie sehr häufig Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richten. Mit 57 Vorlagen war Österreich innerhalb der EU im Jahr 2001 sogar alleiniger Spitzenreiter.71 Diese enorme Bedeutung lässt sich durch jenes Grundprinzip der Unionsrechtsordnung herleiten, dass ihre Normen durch die Behörden der Mitgliedstaaten zu vollziehen sind, was natürlich die Gefahr von uneinheitlicher Anwendung und Auslegung mit sich bringt. Ziel eines jeden Vorabentscheidungsverfahrens ist eine in jedem einzelnen Mitgliedstaat übereinstimmende Anwendung und Auslegung des Unionsrechts. Weiters dient es dem EuGH als wichtiges Instrument für seine wichtige Arbeit im Bereich der Rechtsfortbildung.72 3.) Feiertage in Österreich: a) Überblick: In Österreich gibt es im Moment 13 gesetzliche Feiertage73, welche alle sowohl im § 1 des Feiertagsruhegesetzes 195774, als auch, seit 198475, im § 7 Abs 2 ARG aufgezählt sind. Somit haben sämtliche Arbeitnehmer in Österreich Anspruch auf die Begünstigungen an diesen Feiertagen.76 Diese 13 Feiertage sind Neujahr (1. Jänner), Heiligen Drei Könige (6. Jänner), der Ostermontag, der Staatsfeiertag (1. Mai), Christi Himmelfahrt, der Pfingstmontag, Fronleichnam, Maria Himmelfahrt (15. August), der Nationalfeiertag (26. Oktober), Allerheiligen (1. November), Maria Empfängnis (8. 69 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 205 f (Stand 01.03.2020, rdb.at). 70 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118. 71 Vgl Schima in Jaeger/Stöger (Hrsg), EUV/AEUV Art 267 AEUV Rz 9 (Stand 01.03.2020, rdb.at). 72 Vgl Leidenmühler, Europarecht4 (2020), 118 ff. 73 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 74 Vgl Feiertagsruhegesetz 1957 BGBl 1957/153 idF BGBl I 2019/22. 75 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 76 Vgl Haider, Karfreitag - Die Saga vom "halben" Feiertag und sich daraus ergebende Fragestellungen, ARD 2019/6638/4. 21
Dezember), der Christtag (25. Dezember), und der Stephanstag (26. Dezember).77 Mit diesen liegt Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern im Mittelfeld.78 Beispielsweise hatte Belgien im Jahr 2019 20 gesetzliche Feiertage, und zum Beispiel Deutschland nur 9 bundesweite Feiertage, wobei im Fall von Deutschland es noch zusätzliche in den jeweiligen Bundesländern gibt, was auch auf den protestantischen Norden und den katholischen Süden zurückzuführen ist.79 Von den 13 Feiertagen in Österreich haben nur zwei, nämlich der Staatsfeiertag und der Nationalfeiertag, keinen religiösen Bezug. Die restlichen elf haben ihre Wurzel im Christentum, wie etwa Ostern und Weihnachten, wobei beispielsweise Maria Himmelfahrt und Maria Empfängnis allein auf den katholischen Glauben zurückzuführen sind.80 Weiters gibt es aber auch in Kollektivverträgen oft Regelungen über Feiertage, wodurch es in manchen Branchen auch noch zusätzliche Feiertage gibt, wie etwa oft der 24. und der 31. Dezember, die aber nicht als gesetzliche Feiertage zu qualifizieren sind.81 In den Bundesländern gibt es noch zusätzliche Landesfeiertage, wie etwa in Kärnten den Volksabstimmungsgedenktag am 10. Oktober und den Josefitag am 19. März.82 Diese Feiertage gelten aber nicht als gesetzliche Feiertage, weshalb diese Tage auch nicht generell als arbeitsfrei gelten, sondern nur die Schulen und teilweise die Behörden und Ämter geschlossen haben.83 b) Konkordat zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl: Am 5. Juni 1933 schloss die Republik Österreich ein Konkordat samt Zusatzprotokoll mit dem Heiligen Stuhl ab, in dem sich Österreich verpflichtet, die im Art IX des Konkordats taxativ von der Kirche aufgezählten Feiertage anzuerkennen.84 Diese sind der Neujahrstag (1. Jänner), Epiphanie (6. Jänner), Himmelfahrtstag (Christi Himmelfahrt), Fronleichnam, Fest der heiligen Apostel Paul und Peter (29. Juni), Mariä Himmelfahrt 77 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex 2004, 428. 78 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 79 Vgl o.V., In 13 EU-Staaten ist am Karfreitag Feiertag, In 13 EU-Staaten ist am Karfreitag Feiertag | DiePresse.com (abgefragt am 28.04.2021). 80 Vgl Haider, Karfreitag - Die Saga vom "halben" Feiertag und sich daraus ergebende Fragestellungen, ARD 2019/6638/4. 81 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex 2004, 428. 82 Vgl Mayr, Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex 2004, 428. 83 Vgl o.V., Österreich verstößt gegen EU-Recht, Karfreitag: Österreich verstößt gegen EU-Recht • NEWS.AT (abgefragt am 28.04.2021). 84 Vgl Zellenberg, Effektiver Sonntagsschutz oder Staatszielbestimmungen mit Placebowirkung? öarr 2002, 260. 22
(15. August), Allerheiligen (1. November), der Tag der unbefleckten Empfängnis (Maria Empfängnis), der Weihnachtstag (25. Dezember), sowie alle Sonntage. In Kraft getreten ist es schließlich am 1. Mai 1934.85 Dieses Konkordat hat aber keine unmittelbare Geltung in der österreichischen Rechtsordnung, sondern bedarf der Umsetzung mittels Gesetzes, wie es unter anderem durch das ARG und das Feiertagsruhegesetz erfolgte.86 Wie man sieht, enthält dieses Konkordat neun kirchliche Feiertage, von denen aber nur acht in der österreichischen Rechtsordnung als gesetzliche Feiertage anerkannt werden. Es besteht hier also ein sogenannter „päpstlicher Dispens“, da der Festtag des Heiligen Peter und Paul am 29. Juni bis heute nicht als gesetzlicher Feiertag verankert wurde.87 4.) Die Rechtslage zum Karfreitag in Österreich bis zum 21.03.2019: § 7 Abs 3 ARG in der alten Fassung, welche bis zum 21.03.2019 in Geltung stand, statuierte, dass der Karfreitag nur für alle Angehörigen der Altkatholischen Kirche, der Evangelisch-methodistischen Kirche, und der Evangelischen Kirche, sowohl des Augsburger als auch des Helvetischen Bekenntnisses, ein Feiertag ist. 88 Das ist jene Bestimmung, welche Hauptgegenstand der Karfreitagsdiskussion in Österreich, und der damit verbundenen Behandlung des EuGH, war. Bevor im Detail die Wirkungen dieser Regelung analysiert werden, soll nun ein Überblick über die Geschichte des Karfreitags in der österreichischen Rechtsordnung gegeben werden. Bereits am 03.04.195289 schloss der Österreichische Gewerkschaftsbund mit der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft einen Generalkollektivvertrag zum Karfreitag ab. Dieser galt ab diesem Zeitpunkt zunächst nur für die Mitglieder der Evangelischen Kirche des Augsburger und des Helvetischen Bekenntnisses. Ab 1954 wurde seine Geltung auch auf die Methodisten- und die Altkatholische Kirche erweitert.90 Dieser räumt den Angehörigen dieser vier Religionsgemeinschaften das Recht ein am Karfreitag von der Arbeit fernzubleiben, wenn sie es beim Arbeitgeber spätestens eine Woche im Vorhinein beantragen. Wenn sie trotz dieser Ankündigung am Karfreitag ihre 85 Vgl Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhle und der Republik Österreich samt Zusatzprotokoll BGBl II 1934/2 idF BGBl 1960/195. 86 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 87 Vgl Zaunbauer, Feiertage - seit jeher ein Politikum, https://kurier.at/politik/inland/feiertage-seit-jeher-ein- politikum/400387040 (abgefragt am 27.04.2021). 88 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249. 89 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249. 90 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 23
Arbeitsleistung erbringen, gebührt ihnen für diese zusätzlich das Feiertagsentgelt.91 Die Religionsausübung für die Angehörigen dieser vier Religionsgemeinschaften am Karfreitag, der für diese von höchster Bedeutung ist, war der Hauptzweck dieser Bestimmung.92 Dieser Generalkollektivvertrag vom 03.04.1952 wird seit dem Generalkollektivvertrag vom 18.02.1953 bis heute sinngemäß auf die Angehörigen der israelitischen Kultusgemeinschaft angewendet, welche die besagten Rechte am Versöhnungstag ausüben können.93 Gesetzlich verankert wurde diese Regelung zum Karfreitag im Jahr 1957 mit dem Feiertagsruhegesetz 1957.94 In seinem § 1 Abs 2 enthält das Feiertagsruhegesetz 1957 die inhaltlich idente Bestimmung, wonach für die Mitglieder dieser vier Religionsgemeinschaften der Karfreitag ein Feiertag ist.95 Die nächste gesetzliche Verankerung dieser Rechte erfolgte mit dem Arbeitsruhegesetz96, welches gemäß § 33 Abs 1 ARG am 01.07.1984 in Kraft getreten ist. Für all jene Arbeitnehmer die in den Anwendungsbereich des ARG fallen, tritt gemäß § 31 Abs 2 Z 1 ARG mit dem Inkrafttreten des ARG das Feiertagsruhegesetz 1957 außer Kraft.97 Gemäß § 7 Abs 3 ARG galt der Karfreitag wie bereits anfangs erwähnt für die bereits genannten Angehörigen der vier Religionsgemeinschaften als Feiertag.98 Gemäß § 7 Abs 1 ARG haben an Feiertagen die Arbeitnehmer das Recht auf eine Ruhezeit von ununterbrochenen 24 Stunden, welche zwischen 0 Uhr und 6 Uhr des Feiertages zu beginnen hat.99 Alle Arbeitnehmer die an einem Feiertag nicht arbeiten, behalten gemäß § 9 Abs 1 ARG ihren Entgeltanspruch für diesen Tag.100 Arbeitet hingegen ein Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe, so gebührt ihm gemäß § 9 Abs 5 ARG neben diesem Anspruch des Abs 1, auch noch das Entgelt für die tatsächlich geleistete Arbeit101, was in der Praxis bedeutet, dass er für seine an diesem Tag geleistete Arbeit 91 Vgl Ettl, Karfreitag - Feiertag für niemanden, DRdA-infas 2019, 235. 92 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 93 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249. 94 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 95 Vgl Feiertagsruhegesetz 1957 BGBl 1957/153. 96 Vgl OGH 24.03.2017, 9ObA75/16v. 97 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144. 98 Vgl Firneis/Unterrieder, Vom Karfreitag zum "persönlichen Feiertag", RdW 2019, 249. 99 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144 idF BGBl I 2019/22. 100 Vgl Hummer, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die Österreichische Rechtsordnung, Konsequenzen des „Karfreitag-Urteils“ des EuGH für die österreichische Rechtsordnung – EU- Infothek.com (abgefragt am 28.04.2021). 101 Vgl Bundesgesetz vom 3. Feber 1983 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG) BGBl 1983/144 idF BGBl I 2019/22. 24
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