DER LHC - DER BESCHLEUNIGER UND DIE VIER GROßEN DETEKTOREN - VON MARITA OLIV SEMINAR SCHLÜSSELEXPERIMENTE DER KERN- UND TEILCHENPHYSIK WISE 19/20 ...
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Der LHC - Der Beschleuniger und die vier großen Detektoren Von Marita Oliv Seminar Schlüsselexperimente der Kern- und Teilchenphysik WiSe 19/20
1 Beschleuniger 1.1 Grundbegriffe Luminosität Die Luminosität ist ein Maß für die Stärke der Streuung bei Teilchenkollisionen: Ṅ = L⋅σ mit Ṅ : Anzahl der gestreuten Teilchen pro Zeit, σ: Wirkungsquerschnitt. Für den Spezialfall des Colliders mit kreisförmiger Geometrie, in dem bewegte Teilchen in Paketen (auch Bunches genannt) aufeinander treffen, ist die Luminosität N 1 N2 geben durch: L = f⋅B mit den Strahlquerschnitten in x- und y-Richtung 4 π σxσ y σ x ,σ y , der Anzahl der Teilchen pro Paket Ni, i є {1,2} , der Umlauffrequenz f im Beschleuniger und der Anzahl der Pakete B. Die Luminosität ist also allein durch Parameter des Beschleunigers gegeben. Für erfolgreiche Experimente möchte man eine hohe Anzahl an gestreuten Teilchen untersuchen. Die Luminosität sollte also möglichst hoch sein. Schwerpunktsenergie Die Schwerpunktsenergie ist die Energie, die bei inelastischen Teilchenstößen maximal umgesetzt werden kann, also für die Bildung neuer Teilchen zur Verfügung steht. Für den relativistischen Fall gilt: ESP = (P 1+ P 2) mit den Viererimpulsen 2 2 Pi ,i∈ {1,2} . In Experimenten, für die Beschleuniger eingesetzt werden, sollen in der Regel Teilchen mit vergleichsweise hoher Ruhemasse erzeugt werden. Daher soll die Schwerpunktsenergie in den meisten Fällen möglichst groß sein. 1.2 Collider vs. Fixed Target Die Schwerpunktsenergie ist bei gleicher Teilchenenergie E bei Collidern höher als bei Fixed Target Kollisionen (Collider: ESP ∝ E , Fixed Target: ESP ∝ √ E ). Allerdings ist es schwieriger ausreichende Luminositäten im Collider zu erreichen, da die Teilchendichte, die für die Luminosität maßgeblich ist, bei einem Teilchenstrahl wesentlich geringer ist, als bei einer Flüssigkeit oder einem Festkörpers, die als Target bei Fixed-Target-Beschleunigern verwendet werden können. Bei Collidern sind außerdem die Teilchen meist wesentlich längere Zeit im Beschleuniger als im Fixed Target Beschleunigern. Daher muss das Vakuum im Strahlrohr von Collidern deutlich besser sein, um Streuungen mit Restgas zu verringern. Außerdem werden bei
Collidern höhere Anforderungen an die Strahlführung und Fokussierung gestellt, da damit einerseits der Teilchenverlust beim langen Beschleunigen minimieren werden muss, andererseits die Luminosität erhöht, indem der Strahlquerschnitt verringert wird. 1.3 Möglichkeiten der Beschleunigung Elektrostatische Beschleunigung Bei der elektrostatischen Beschleunigung werden geladenen Teilchen beschleunigt, indem sie eine näherungsweise zeitlich konstante Spannung durchlaufen. Um diese Spannung zu erzeugen, kann beispielsweise ein Van-der-Graaff-Generator oder ein Cockroft-Walton-Beschleuniger, der aus einer Kaskade von Gleichrichtern besteht, eingesetzt werden. Bei der Wahl der Spannungserzeugung muss zwischen der Konstanz der Spannung und der möglichen Stromstärke des beschleunigten Strahls abgewogen werden. Beschleunigung mittels Hochfrequenzspannung Zur Beschleunigung mit Hochfrequenz können stehende Wellen, wie beim Driftröhrenbeschleuniger, oder laufende Wellen, wie bei Wanderwellenbeschleuniger, eingesetzt werden.1 Bei letzterem muss die Phasengeschwindigkeit im Leiter an die Teilchengeschwindigkeit angepasst werden. Bei HF-Beschleunigung müssen Teilchen immer in Paketen beschleunigt werden, da zwischen den beschleunigenden Bereichen die elektromagnetische Kraft entgegengesetzt der Flugrichtung wirkt. Beschleunigung mittels Lasern Der Vorteil von Lasern besteht darin, dass - gerade mit gepulsten Lasern und weil die Fokussierung relativ einfach ist - sehr hohe Feldstärken erreicht werden können. Damit wäre eine Beschleunigung auf deutlich kürzeren Strecken möglich, wodurch die Kosten für Beschleuniger gesenkt werden könnten. Es gibt verschiedene Ansätze zur Umsetzung, jedoch sind diese noch nicht ausgereift. 1.4 Linear- und Kreisbeschleuniger Linearbeschleuniger benötigen viele Beschleunigungselemente, da jedes von einem Teilchen nur einmal passiert wird. In einem Kreisbeschleuniger können sie mehrmals durchlaufen werden. Allerdings wird durch die gekrümmte Bahn bei Kreisbeschleunigern Synchrotronstrahlung emittiert. Für die Strahlungsleistung P gilt: 1 Veranschaulichung siehe Wikipedia: Linearbeschleuniger, Kapitel 2.1
γ4 1 P ∝ 2 ∝ 4 2 . Um den Energieverlust durch Synchrotronstrahlung zu R m R minimieren, eignen sich daher Teilchen mit hoher Ruhemasse m in einem Beschleuniger mit möglichst großem Radius R. Kreisbeschleuniger sind auch als Speicherringe nutzbar. 1.5 Speicherringe In Speicherringen wird die Energie der Teilchen nicht weiter erhöht. Jedoch muss der Verlust durch Synchrotronstrahlung ausgeglichen werden. Speicherringe dienen dazu die Experimentierzeiten und Stromdichten, und damit die Luminosität, zu erhöhen. 1.6 Strahlführung & Fokussierung Zum Ablenken der Teilchen in Synchrotronen auf annähernde Kreisbahnen werden Dipolmagnete verwendet. Die logitudinale Fokussierung, also das Bündeln in Strahlrichtung zu Paketen, geschieht über Phasenfokussierung. Die Spannung ist so gewählt, dass die Teilchen den Beschleunigungsbereich während ansteigender Spannung durchqueren. So erfährt das schnellere Teilchen, das den Bereich zuerst erreicht, eine geringere Beschleunigung als ein langsameres Teilchen, das den Bereich passiert, wenn die Beschleunigungsspannung schon höher ist. [vgl. Abb. 1] Für die Fokussierung transversal zum Strahl wird Starke Fokussierung 2 mittels Quadrupolmagneten eingesetzt. Ein Quadrupolmagnet wirkt in eine Richtung fokussierend, in die andere defokussierend. Werden diese um 90° gedreht in einem bestimmten Abstand hintereinander angeordnet, ist die Wirkung insgesamt fokussierend. 1.7 Der LHC Beschleuniger Der LHC Beschleuniger wurde für die Suche nach dem Higgsboson, Supersymmetry, neuen Formen der Materie, sowie der Untersuchung von schweren Quarks gebaut. Für die dafür benötigten Schwerpunktsenergien eignen sich Hadronen Collider. Wie in den Kapiteln davor beschrieben, ermöglichen Collider höheren Schwerpunktsenergie und mit Hadronen können die Verluste durch Synchrotronstrahlung möglichst klein gehalten werden. Zu Beginn der Planungszeit des LHC gab jedoch erst einen Hadronen Collider weltweit, weshalb die Entwicklung des Large Hadron Colliders zu vielen technischen Neuerungen und Rekorden führte und es von den Anfängen der 2 Konzept, bei dem abwechselnd fokussiernde und defokussierende Elemente zur Fokussierung angeordnet werden
Planung in den 70ern, über den offiziellen Beginn des Projekts 1984 bis zur endgültigen Inbetriebnahme 2009 über 30 Jahre dauerte. Der Beschleuniger wurde im Tunnel des Vorgängerexperimentes LEP gebaut und beschleunigt Protonen und schwere Ionen, die vorher mehrere Vorbeschleuniger durchlaufen. Bis 2026 ist ein Update geplant. Der High Lumonisity LHC soll die vierfache Luminosität erreichen. Der LHC in Zahlen: • Umfang: 26,6km • Ultrahochvakuum: Druck im • Tunneldurchmesser: 4m Strahlrohr: 10-13 mbar • Designparameter: • 392 Quadrupolmagnete + 1232 ◦ Schwerpunktsenergie:14TeV für Dipolmagnete (B=8,3T; I=11,85kA; Protonen T=1,9K) ◦ Luminosität: 1034 cm-2s-1 • Bunches: • Vorbeschleuniger: ◦ Durchmesser ◦ Linac 2: 50 MeV für Protonen durchschnittlich:16 μm bzw. Linac 3: 4,2MeV für ◦ Länge:8cm schwere Ionen ◦ Proton Synchrotron Booster ◦ 1011 Protonen pro Paket (PSB): 1,4 GeV bzw. LEIR: 72MeV ◦ Umlaufzeit: 90μs ◦ Proton Synchrotron (PS): 25 GeV ◦ 2808 Bunches pro Strahl bzw. 5,9GeV ◦ Abstand bei Experiment:25ns- ◦ Super Proton Synchrotron (SPS): 50ns 450 GeV bzw. 117GeV 2 Die vier großen Experimente am LHC Ein Detektor besteht meist aus einem Tracking System zur Teilchenbahnrekonstruktion und Impulsbestimmung, Kalorimetern zur Energiebestimmung, dem Myonensystem, Bereiche zur gezielten Teilchenidentifikation und einem Triggersystem, mit dem über mehrere Stufen eine Vorauswahl getroffen wird, welche Ereignisse gespeichert werden. Ein System setzt sich meist aus mehreren Subdetektoren zusammen und ein Subdetektor erfüllt oft mehrere Aufgaben. Welche Techniken für welche Subdetektoren verwendet werden, ist eine Abschätzung zwischen der benötigten Messgenauigkeit, Anpassungen an die Strahlungsbelastung und Ereignisraten und den Kosten.
2.1 Wichtige Detektorarten Halbleiterdetektoren Halbleiterdetektoren sind mit Sperrspannung betriebene Halbleiterdioden, in denen geladene Teilchen zur Ionisierung und Stromfluss führen. Sie werden wegen ihrer hohen Genauigkeit oft nahe am Vertex, dem Kollisionspunkt, eingesetzt. Dabei bildet die innerste Schicht meist ein Pixeldetektor. Die äußerenSchichten bestehen häufig aus Streifendetektoren, die eine geringere Auflösung haben, dafür aber kosten- und datengünstiger sind. Gasdetektoren Bei Gasdetektoren ionisieren geladene Teilchen Gas zwischen einer Anode und Kathode. Je nach Stärke der angelegten Spannung gibt es einen unterschiedlichen Zusammenhang zwischen der Anzahl an durchquerenden Teilchen und der Signalspannung. Gasdetektoren werden häufig für Subdetektoren, die weiter außen liegen, verwendet, da sie bei großen Flächen kostensparend sind. Cherenkov-Detektoren Fliegt ein geladenes Teilchen durch ein polarisierbares Material erzeugt es Dipole, die elektromagnetische Wellen emittieren. Im Normalfall interferieren diese miteinander destruktiv. Ist die Geschwindigkeit des Teilchens höher als die Lichtgeschwindigkeit im Medium, ist die gegenseitige Auslöschung nicht mehr vollständig und Licht wird 1 abgestrahlt unter dem Cherenkovwinkel θ für den gilt: cos θ ∝ mit der β Geschwindigkeit des Teilchens in Einheiten der Lichtgeschwindigkeit β. Zusammen mit dem Impuls kann aus β die Masse des Teilchens bestimmt werden. Übergangsstrahlendetektoren Ein weitere Gegebenheit, bei der sich die Wellen der durch ein geladenes Teilchen erzeugten Dipole nicht annihilieren, ist an der Grenze zwischen Materialien mit unterschiedlicher Permittivität. Die Strahlungsintensität der Übergangsstrahlung ist proportional zum Lorentzfaktor. Daher kann dieser Mechanismus auch zur Teilchenidentifikation verwendet werden. Szintillationsdetektoren In einem Szintillator werden Atome oder Moleküle durch Stöße von geladenen Teilchen oder Photonen mit der Elektronenhülle angeregt. Beim Übergang zurück in den Grundzustand, wird Licht emittiert, das in eine elektrisches Signal umgewandelt werden kann.
2.2 Die vier Detektoren ATLAS – A Torodial LHC ApparatuS ATLAS ist ein Vielzweckdetektor, der z.B. der Suche nach Higgsboson, Supersymmetrie und Substrukturen von Quarks und Leptonen dient. Er ist zylinderförmig mit zwei Endkappen aufgebaut, um einen möglichst großen Winkel abzudecken. Der Detektor ist von innen nach außen aufgebaut aus dem Inneren Tracking System (ITS), dem elektromagnetischen (ECAL) und dem hadronischen (HCAL) Kalorimeter und der Myonenkammer. Sowohl das ITS als auch die Myonenkammer sind zur Impulsvermessung mit Magneten umgeben, die ein Magnetfeld von bis zu 8 Tesla erzeugen. [vgl. Abb. 2] CMS – Compact Muon Solenoid CMS ist ebenfalls ein Vielzweckdetektor mit ähnlichen Aufgaben wie ATLAS. Auch der Aufbau ist analog zu ATLAS, wobei es Unterschiede in dem Design der einzelnen Subdetektoren gibt. So ist zum Beispiel das ECAL bei CMS ein kontinuierlicher PbWO4- Kristall-Szintillator-Detektor, während in ATLAS Samplingdetektoren verbaut sind, das heißt das Material, in dem die Teilchen ihre Energie abgeben, ist nicht das gleiche mit dem detektiert wird. [vgl. Abb. 3] LHCb – Large Hadron Collider beauty Mit dem LHCb werden B-Quarks auf Asymmetrien zwischen Materie und Antimaterie untersucht. Da b b -Paare hauptsächlich unter einem flachen Winkel in die gleiche Richtung ausgestrahlt werden, ist das Experiment als ein Arm entlang der Strahlrichtung aufgebaut. Es besteht aus dem Vertex locator (VELO),der beweglich ist und so besonders nahe an den Primärvertex gebracht werden kann, dem Trigger Tracker (TT) und den Spurkammern (T1,T2&T3) zur Spurrekonstruktion und Impulsbestimmung, den Ring Imaging Cherenkov-Detectoren (RICH 1 & 2) zur gezielten Unterscheidung zwischen verschiedenen Hadronen, den Kalorimetern (ECAL & HCAL) und dem Myonenspektrometer. [vgl. Abb. 4] ALICE – A Large Ion Collider Experiment ALICE dient dem Nachweis und der Untersuchung von Quark-Gluonen-Plasma. Dafür werden hauptsächlich Kollisionen von Bleiionen verwendet. Der Detektor besteht aus einem Zentralteil und einem Myonenarm. ALICE hat keine Kalorimeter. Zur Energiebestimmung im Vertex werden Photonen verwendet (Photonen Spectrometer). Außerdem hat der Detektor vier Einheiten zur gezielten Teilchenidentifikation. [vgl. Abb. 5]
3 Anhang 2 Abb. 1: Phasenfokussierung Das schnellere Teilchen (1) erreicht 1 den Beschleunigungsbereich früher als das langsamere Teilchen (2) und erfährt auf Grund der niedrigeren anliegenden Spannung eine geringere Beschleunigung. Abb. 2: Zylinderförmiger Aufbau von ATLAS (Quelle: https:// www. lhc- closer.es/taking_a_closer_look_at_lhc/0.atlas; 08.01.2020)
Abb. 3: Aufbau von CMS (Quelle:http:// www. phys.ufl.edu/hee/cms/; 08.01.2020) Abb. 4: Aufbau von LHCb als Ein-Arm-Detektor (Quelle: https:// link.springer.com/article/10.1140/epjc/s10052-013-2431-9; 08.01.2020)
Abb. 5: Zylinderförmiger Aufbau von ALICE mit Ein-Arm- Myonenspektrometer (Quelle: http:// aliceinfo.cern.ch/Public/en/Chapter2/Chap2InsideAlice-en.html; 08.01.2020)
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