Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...

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Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
Medien

         Der Mehrheit eine Stimme geben
             Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte
                  und emotionsgetriebene neue Medienmarke –
          Schwerpunkt Mittelstand – Bereits 293.000 YouTube-Abonnenten

 8                                                           Mittelstand Digital 04-2023
Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
J
    ulian Reichelt ist ein Vollblut-Journalist. Der heu-              Im Oktober 2021 beendete die Axel Springer SE die
    te 42-jährige gebürtige Hamburger absolvierte in               Zusammenarbeit mit Julian Reichelt. Er habe das Priva-
    den Jahren 2002 bis 2003 sein Volontariat bei Bild             te und Berufliche nicht klar getrennt und dem Vorstand
und durchlief die Journalistenausbildung der Axel-                 darüber die Unwahrheit gesagt, lautete die Begründung.
Springer-Akademie. Als Kriegsreporter berichtete er                Insider der Szene gehen aber davon aus, dass Julian Rei-
unter anderem aus den Konfliktregionen Afghanis-                   chelts politische Positionen für die Entlassung als Bild-
tan, Georgien, Irak und Libanon. Im Februar des                    Chefredakteur mit ausschlaggebend waren.
Jahres 2014 übernahm Reichelt den Vorsitz der                         Inzwischen betreibt Julian Reichelt (seit Juli 2022)
Chefredaktion von Bild und damit die redaktionelle                 den YouTube-Kanal „Achtung, Reichelt!“, der im Janu-
Gesamtverantwortung für die Marke. Unter seiner                    ar 2023 bereits 264 000 Abonnenten verzeichnen
Ägide steigerte Bild die Gesamtauflage der Print -                 konnte. Aufgerufen werden manche Beiträge von
ausgabe auf rund 1,8 Millionen Exemplare. Zudem                    mehr als 1,4 Millionen Usern. Dass ein derartiger
installierte Reichelt mit Bild -TV einen eigenen Fern-             Erfolg auch Widerstand hervorruft und Gegenwind
sehkanal. Als Chefredakteur der Bild positionierte                 erzeugt, verwundert nicht. So unterstellt der Politik-
sich Reichelt zu politischen Themen vielfach außer-                wissenschaftler Markus Linden Julian Reichelt, einen
gewöhnlich streitlustig. So kritisierte er unter ande-             „rechtspopulistischen Kanal mit stark libertärem Ein-
rem die zu große Milde der deutschen Justiz bei                    schlag“ zu betreiben, der im Spektrum von Tichys Ein-
Sexualdelikten, stellte während der Covid-19-Pande-                blick oder Achse des Guten einzuordnen sei. Reichelt
mie die Ansichten des Virologen Christian Drosten                  polemisiere „gegen die angeblich herrschende Klas-
infrage und attackierte in diesem Zusammenhang                     se“ und übe „vor allem radikale Kritik an den Grünen
sowohl den damaligen Gesundheitsminister Jens                      und der Identitätspolitik“, wie er es schon bei Bild
Spahn als auch den SPD-Politiker Karl Lauterbach. Im               gemacht habe, so Lindens Einschätzung.
Gegensatz zu der Berichterstattung der Mainstream-                    Über den Vorwurf seiner Kritiker, Grünen-Bashing
Medien anlässlich der Flüchtlingskrise im Jahr 2015                und einen rechtspopulistischen Videokanal zu betrei-
nahm Julian Reichelt eine eindeutige Haltung zu die-               ben, über seine journalistischen Schwerpunkte, seine
ser Thematik ein, die wiederum Kritiker des Bild-                  Geschäftsphilosophie sowie über geplante Koopera-
Chefredakteurs als „eine von Wut schnaubende                       tionen und Medien-Formate sprach Julian Reichelt mit
Verabschiedungskultur“ bezeichneten.                               Anita und Joachim Schäfer.

  Ihr Beitrag „Grüne Nichtskönner – die faulsten      Göring-Eckardt, Studienabbrecher sind. Wenn die
? Deutschen regieren das Land der Fleißigen“
konnte sensationelle 1,4 Mio. Aufrufe verzeich-
                                                      Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagt, die Leute
                                                      könnten froh sein, dass jetzt einmal Politiker im
nen. Warum sind die Spitzenpolitiker der Grünen       Parlament sitzen, die noch wissen, wie man einen
nach Ihrer Ansicht „Nichtskönner“?                    Bafög-Antrag ausfüllt, spricht das für sich. Ricar-
                                                      da Lang kennt die Arbeitswelt nur aus der Sicht ih-
                                                      rer Mutter, wie sie selbst einmal verlautbarte. Will
                                                      sagen: Würden sich die Diäten der Bundestagsab-
                                                                                                             „Würden sich die
                                                      geordneten am durchschnittlichen Arbeitsver-
                                                                                                             Diäten der Bundes-
                                                      dienst der letzten drei Jahre orientieren, läge die
                                                      Höhe der Diäten bei Ricarda Lang auf Sozialhilfe-      tagsabgeordneten
                                                      niveau. Viele Politiker der Grünen-Partei haben        am durchschnitt-
                                                      ähnliche Biografien. Das führt zu einer Entfrem-       lichen Arbeitsver-
                                                      dung und Entkoppelung zwischen den politischen         dienst der letzten
                                                      Eliten der Grünen und der Mehrheit der Bürger,         drei Jahre orientie-
                                                      weil wir es hier mit einer Generation zu tun haben,    ren, läge die Höhe
Julian Reichelt: Die Spitzenpolitiker der Grünen      in deren Milieu Fantasiewissenschaften und Fan-        der Diäten bei
sind objektiv betrachtet in dem Sinne „Nichtskön-     tasieideologien als Qualifikation gelten. Zum Bei-     Ricarda Lang auf
ner“, weil sie in der Mehrheit weder etwas gelernt    spiel das korrekte Beherrschen der Genderspra-         Sozialhilfeniveau.“
noch gearbeitet haben. Das geflügelte Wort: „Vom      che, das perfekte Aufsagen aller Farbeinheiten in
Kreissaal über den Hörsaal in den Plenarsaal“         der Regenbogenflagge und die perfekte achtsame
                                                                                                                                    Medien

bekommt bei den Spitzenpolitikern der Grünen ei-      und politisch korrekte Sprache. Kurzum: Die Grü-
ne realistische Bedeutung, wobei der Hörsaal mit      nen flüchten sich in Dinge, die nichts mit Qualifi-
einem Fragezeichen versehen werden muss, weil         kation und Wertschöpfung, sondern nur etwas mit
viele der Grünen-Politiker, wie zum Beispiel Katrin   Narzissmus zu tun haben.

Mittelstand Digital 04-2023                                                                                                           9
Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
Medien

                                   Ihre Kritiker bezeichnen den Beitrag, also die
                                ?  Schilderung von unbequemen aber belegba-
                                ren Fakten, als „Grünen- Bashing“.

                                Julian Reichelt: Kritik an der Partei der Grünen an
                                sich ist überhaupt nichts ehrenrühriges. Franz-
                                Josef Strauß hat in den letzten Jahren seiner
                                politischen Karriere massiv die Grünen atta-
                                ckiert. Er hat in den 80er Jahren den Kulturkampf
                                und die Identitätspolitik der Grünen voraus-
                                gesagt und alles, was er prognostiziert hat, ist      Julian Reichelt: Das Wort von der Mao-Diktatur
                                genauso eingetreten. Dieser Tradition von Franz-      stammt nicht von mir, ich habe an der Stelle
                                Josef Strauß sehe ich mich verpflichtet. Inzwi-       zitiert. Gleichwohl sehe ich Parallelen zwischen
                                schen scheint Kritik an der Partei der Grünen         den Akteuren der „Letzten Generation“ und der
                                aber obszön zu sein. Dennoch versuche ich, ihre       chinesischen Kulturrevolution. Das, was Mao auf
                                Sprache und ihren oft ideologisch geprägten           brillante Weise geschaffen hat, war, mit sehr
                                Wahnsinn anhand der Realitäten zu messen und          wenigen Befehlen viel zu erreichen, weil die Men-
         „Franz-Josef Strauß    zu entzaubern. Ich halte es für wichtig, Menschen     schen irgendwann wussten, was sie zu tun und
         hat in den letzten     zu widersprechen, die Unsinn reden und die zum        zu lassen hatten und sich somit dem Zeitgeist
         Jahren seiner          Beispiel behaupten, man könne Stahlwerke mit          unterwarfen. Das ist etwas, was die radikalen
         politischen Karriere   Windmühlen betreiben.                                 Bewegungen von „Fridays for Future“ und der
         massiv die Grünen                                                            „Letzten Generation“ auch geschafft haben. Sie
         attackiert. Er hat        Unter der Überschrift „Öko-Raffkes“ werfen         haben einen Geist geschaffen, dem die Men-
         in den 80er Jahren
         den Kulturkampf
                                ?  Sie den Bündnisgrünen vor, sich an unserem
                                Land zu bereichern. Auf welche Erkenntnisse
                                                                                      schen sich von vornherein untertänigst unter-
                                                                                      werfen, was einem Kulturkampf gleichkommt.
         und die Identitäts-    stützen Sie diesen massiven Vorwurf?                  Dies sind für mich eindeutig verfassungsfeind-
         politik der Grünen                                                           liche Bestrebungen.
         vorausgesagt und
         alles, was er                                                                   Das sieht der Präsident des Bundesamtes für
         prognostiziert hat,
         ist genauso
                                                                                      ?  Verfassungsschutz wohl anders als Sie, der
                                                                                      bei der „Letzten Generation“ keine verfassungs-
         eingetreten.“                                                                feindlichen Bestrebungen erkennen kann. Ihre
                                                                                      Bewertung ist eine völlig andere, als die von BfV-
                                                                                      Präsident Thomas Haldenwang. Dessen Vorgän-
                                                                                      ger im Amt, Dr. Hans-Georg Maaßen, beurteilt die
                                                                                      Situation genau wie Sie. Wird somit der amtie-
                                                                                      rende Verfassungsschutzpräsident selbst ein Fall
                                Julian Reichelt: Die Grünen-Partei betreibt seit      für den Verfassungsschutz?
                                20 Jahren sehr erfolgreich eine Klientelpolitik,
                                von der sich die FDP sehr viel abschauen könn-
                                te. Diese Klientelpolitik orientiert sich nicht an
                                den Bedürfnissen des Durchschnittsbürgers
                                oder an armen Menschen, sondern an den
                                Bedürfnissen der gutsituierten Leute im Lande.
                                Die Grünen waren und sind die ultimative Wohl-
                                standspartei. Ein Beispiel: Für die angeblich
         „Dieser Tradition      billige und für den Endverbraucher günstige
         von Franz-Josef        erneuerbare Energie müssen Preise gezahlt
         Strauß sehe ich        werden, die sich am Gaspreis orientieren. Das
         mich verpflichtet. “   überfordert finanziell die Mehrheit der Bürger        Julian Reichelt: Thomas Haldenwang ist auf jeden
                                und ist das Gegenteil von dem, was uns vorge-         Fall ein Fall für den Augenarzt, weil er all das, was
                                gaukelt wurde. Wahlanalysen zeigen, dass die          vor unseren Augen passiert, offenbar nicht er-
                                Grünen besonders bei den Menschen erfolg-             kennt. Im Idealfall sind es nur seine Augen, im
                                reich sind, die sich die Eskapaden der Grünen         schlechteren Fall aber der Ungeist, der auch ihn
                                finanziell leisten können.                            erfasst hat. Er macht, was eine herrschende Par-
                                                                                      tei erwartet und er sagt nicht, was alle sehen,
                                   Auch die Akteure der „Letzten Generation“          dass diese Leute offensichtlich radikale Rechts-
                                ?  finden Ihre Kritik. Sie werfen den Klima-
                                Klebern vor, Methoden der Mao-Diktatur zu
                                                                                      brecher sind. Die Leute, die Haldenwang für un-
                                                                                      gefährlich und nicht als extremistisch bezeich-
                                nutzen. An welche Methoden denken Sie genau?          net, haben wenige Wochen später in Lützerath

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Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
Molotowcocktails auf Polizisten geworfen. Das
wäre nach Maßstäben der alten Bundesregierung
ein Rücktrittsgrund gewesen. Und leider müssen
wir feststellen, dass eine Behörde, die vor politi-
schem Extremismus warnen soll, sich der Ideo-
logie einer sympathisierenden Partei unterwirft.
Das öffnet dem Machtmissbrauch Tür und Tor,
weil die Aktivitäten dieser Kriminellen nahezu
verniedlicht werden.

  In einem weiteren Beitrag äußern Sie die            Julian Reichelt: Natürlich ist Angela Merkel für die
? Befürchtung, dass derjenige, der Politiker „in-
kompetent“ nennt, ein Fall für den Verfassungs-
                                                      Corona-Politik in ihrer Schärfe maßgeblich ver-
                                                      antwortlich. Befeuert wurde die unsägliche
schutz wird. Ist das Satire oder ein ernst ge-        Corona-Politik allerdings von Karl Lauterbach.
meinter Beitrag?                                      Lauterbach hat so viel gelogen und so viel unsin-
                                                      niges Zeug geredet in der Merkel-Regierung und
                                                      später als Gesundheitsminister, dass sich die
                                                      Balken bogen. Der Mann ist ein Hochstapler –           „Thomas
                                                      allerdings ein sehr erfolgreicher Hochstapler. Ich     Haldenwang ist
                                                      habe es stets als Sündenfall empfunden und dies        auf jeden Fall
                                                      auch kommentiert, dass versucht wurde, eine            ein Fall für den
                                                      moralische Impfpflicht durch Schikane und Gän-         Augenarzt, weil
                                                      gelung sowie durch breite Verächtlichmachung           er all das, was
                                                      den Ausschluss aus der Gesellschaft herbeizu-          vor unseren Augen
                                                      führen. Corona war ein Abschalten des mensch-          passiert, offenbar
                                                      lichen Umgangs mit Risiken, politisch befeuert         nicht erkennt.“
                                                      durch Propaganda und Angstpolitik.

Faeser: Wer Politiker „inkompetent“ nennt,               Auch die Gewalt von Islamisten wird von Ihnen
wird Fall für den Verfassungsschutz!!                 ?  thematisiert. Sie werfen Innenministerin Fae-
                                                      ser Komplizenschaft mit dem Islamismus vor.
Julian Reichelt: Das ist keine Satire, sondern        Auch diesen Vorwurf sollten Sie begründen.
das, was im Verfassungsschutzbericht als legi-
times Überwachungsziel formuliert wird. Es
geht um die sogenannte verfassungsschutzre-
levante Delegitimierung des Staates. Besser
hätten das auch DDR-Technokraten der Stasi
nicht formulieren können. Hier geht es meiner
Meinung nach um die Kriminalisierung opposi-
tioneller Positionen. Begründet wird das mit der
Verächtlichmachung von Amtsträgern – was
man auch immer unter diesem weichen Begriff
verstehen mag. Wenn ich also Herrn Habeck als
inkompetent bezeichne, ist das beileibe nicht         Julian Reichelt: Für mich besteht die Komplizen-
verfassungsfeindlich, kann aber nach den Maß-         schaft, ein sicherlich überspitztes Wort, aus dem
stäben von Nancy Faeser bereits verfassungs-          ideologisch begründeten Wegsehen von Frau Fae-
schutzrelevant sein und auch mich betreffen.          ser, die die massiv wachsenden islamistischen          „Karl Lauterbach
Diejenigen, die von verfassungsschutzrelevan-         Einflüsse in diesem Land ignoriert. Es geht doch       ist ein Hochstapler
ter Delegitimierung reden, wollen nicht die           nicht um den Islam an sich, der mit den Gastar-        – allerdings ein
demokratische Auseinandersetzung, sie wollen          beitern, zum Beispiel aus der Türkei, zu uns ge-       sehr erfolgreicher
mundtot machen und ihrer linken Ideologie eine        kommen ist, sondern es geht um die Zuwanderung         Hochstapler.“
Gasse schlagen.                                       aus islamistischen gesellschaftlichen Strukturen,
                                                      nahezu ausschließlich von jungen Männern, die is-
   Eine Abrechnung von Ihnen mit Karl Lauter-         lamistisch sozialisiert sind. Damit schaffen wir in
?  bach erfolgt unter der Überschrift „Deutsch-
lands mächtigster Corona-Quacksalber“. Die
                                                      Deutschland islamistische Milieus, wie in Berlin-
                                                      Neukölln, die keine staatliche Institution und
                                                                                                                                   Medien

Corona-Politik wurde in ihrer Schärfe doch durch      Autorität anerkennen, sondern nur eine Autorität
die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel            – und das ist Allah. Und dass diese Milieus unse-
eingestielt. Hat Lauterbach hier nicht nur ein        ren staatlichen Institutionen, Sicherheitskräften,
schwieriges Erbe übernommen?                          Helfern und Gesetzen mit Verachtung begegnen,

Mittelstand Digital 04-2023                                                                                                         11
Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
Medien

                                haben wir in der Silvesternacht wieder einmal         noch weiter nach links rückt. Eine Änderung kann
                                erlebt. Ich halte das politisch gewollte Wegsehen     nur herbeigeführt werden, wenn man versucht,
                                nicht nur für fatal, sondern für eine Form von Kom-   die Medienlandschaft zu verändern. Man muss
                                plizenschaft mit dem Islamismus in Deutschland.       versuchen, als „Stimme der Mehrheit“ der Mehr-
                                Besonders erschreckend ist, dass jeder, der die       heit dieses Landes wieder eine Stimme zu geben
                                islamistische Gewalt thematisiert, als Ausländer-     und die gelebte Realität von Menschen in diesem
                                feind und Rechtsradikaler stigmatisiert und dis-      Land aufzeigen. Das versuche ich mit meinem
                                kriminiert wird.                                      YouTube-Kanal, um in der Medienlandschaft dazu
                                                                                      beizutragen, dass die Menschen wieder Mut
                                   Was ist der Grund, dass CDU/CSU, FDP und           fassen, ihre Ansichten laut zu artikulieren. Es
                                ?  AfD von Ihnen kaum kritisch beleuchtet wer-
                                den? Lediglich Ihr Beitrag „Grün. Grüner. Union.
                                                                                      muss wieder möglich sein, den Einfluss der Men-
                                                                                      schen auf den Klimawandel zu hinterfragen. Es
                                Warum die CDU wieder rechts werden muss“ hat          muss möglich sein, die Migrationspolitik zu kriti-
                                sich mit den Christdemokraten beschäftigt.            sieren, ohne in die rechtsradikale Ecke gescho-
                                Warum muss die Union wieder „rechts“ werden?          ben zu werden. Es muss möglich sein, die sofor-
                                                                                      tige Abschiebung illegal eingereister Islamisten zu
                                                                                      fordern. Und es muss möglich sein, für Atomkraft
         „Angela Merkel                                                               und Fracking zu sein, weil nicht einzusehen ist,
         hat im Konrad-                                                               dass amerikanisches Fracking-Gas über den
         Adenauer-Haus                                                                Ozean für teures Geld nach Deutschland geliefert
         einen Machtapparat                                                           wird. Aber auch die CDU muss den Mut finden
         geschaffen, der                                                              und deutlich machen, was die Mehrheit der Men-
         als eiserne Faust                                                            schen im Land empfindet. Die Partei muss aus der
         in der Geschichte                                                            Defensive kommen sowie laut und deutlich
         der Bundesrepublik                                                           sagen, dass der Terror auf unseren Straßen das
         seinesgleichen                                                               Ergebnis einer total gescheiterten Migrationspo-
         sucht.“                Julian Reichelt: Es ist offensichtlich, dass in der   litik ist. Die CDU muss sich von der Merkel-Zeit
                                CDU spätestens seit 2015, also seit der Flücht-       lösen und ihre Koordinaten wieder nach rechts,
                                lingskrise, ein brutaler Richtungsstreit tobt.        also wieder in die politische Mitte verschieben.
                                Dieser Richtungsstreit wird ausgetragen zwi-
                                schen einer Parteielite, die immer noch von An-          Sie haben sich auch mit mittelstandspolitischen
                                gela Merkels Gefolgsleuten dominiert ist, und der
                                bürgerlichen Mehrheit der Partei, die eigentlich
                                                                                      ?  Themen auseinandergesetzt. So haben Sie zum
                                                                                      Beispiel die Lage des Bäckereihandwerks mit Blick
                                mit der Ära Merkel abgeschlossen hat. Diese bür-      auf die Energiekrise sehr treffend beleuchtet. Wird
                                gerliche Mehrheit schaut mit Entsetzen auf die        der selbstständige Mittelstand künftig in Ihren
                                immer dramatisch schlechter werdenden Wahl-           Beiträgen eine stärkere Rolle einnehmen?
                                ergebnisse, kann sich aber gegen Merkels Partei-
                                elite nicht durchsetzen. Angela Merkel hat im
                                Konrad-Adenauer-Haus einen Machtapparat ge-
                                schaffen, der als eiserne Faust in der Geschichte
                                der Bundesrepublik seinesgleichen sucht. Ange-
                                la Merkel hat mit ähnlicher Brutalität wie die Grü-
                                nen ihre Interessen in der Partei von oben nach
                                unten durchgesetzt und die Partei, aber auch das
                                Land, geprägt und verändert. Verändert dahinge-
                                hend, dass Merkel die Partei immer weiter nach
         „Die CDU muss sich     links gerückt hat, was wahrscheinlich auch mit ih-
         von der Merkel-Zeit    rer Sozialisierung in der DDR zusammenhängt.          Julian Reichelt: Wenn wir von der „Stimme der
         lösen und ihre Koor-   Friedrich Merz, als neuer Parteivorsitzender und      Mehrheit“ sprechen, dann rede ich von der „Stim-
         dinaten wieder nach    Oppositionsführer, muss gegen diesen Merkel-          me des Mittelstandes“. Dieser Mittelstand war
         rechts, also wieder    Machtapparat kämpfen. Ein weiteres Problem für        der Garant für das Wirtschaftswunder nach dem
         in die politische      Friedrich Merz ist, dass die Mehrheit der Medien,     Zweiten Weltkrieg. Es sind die Familienunterneh-
         Mitte verschieben.“    inklusive der einst bürgerlichen FAZ, so drama-       men, die für Tradition und Sekundärtugenden in
                                tisch nach links gekippt ist, dass sie den „Merke-    diesem Land stehen. Mittelstandspolitik ist
                                lismus“ als einzig wahre Lehre ins bürgerliche La-    zugleich Gesellschaftspolitik, weil der Mittel-
                                ger hineinvermitteln. Die mediale Wahrnehmung         stand einen Schutzmechanismus vor abstrusen
                                sieht so aus: Wenn die CDU die Wahl verliert, weil    Ideen bietet. Auch die DAX-Konzerne wären oh-
                                sie als zu links wahrgenommen wird, sagen die         ne den deutschen Mittelstand keine Weltmarkt-
                                Medien, die CDU hat die Wahl verloren, weil sie       führer. Dies deutlich zu machen, habe ich mir mit
                                viel zu rechts ist, mit dem Ergebnis, dass die CDU    meinem YouTube-Kanal zum Ziel gesetzt.

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Der Mehrheit eine Stimme geben - Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt plant ambitionierte und emotionsgetriebene neue Medienmarke - Schwerpunkt ...
Sie gehören mit „Achtung, Reichelt!“ zu den
?  am stärksten wachsenden Medienformaten im
Land. Ihr neuester Clou: Ralf Schuler, früherer
Leiter des Parlamentsbüros der Bild, arbeitet
inzwischen für Sie. Lässt das den Schluss zu, dass
Sie weitere Formate und Plattformen planen?
Denken Sie gegebenenfalls auch an Kooperatio-
nen mit Formaten wie Klaus Kelles TheGermanZ,
Tichys Einblick oder der Achse des Guten?                                     wenn geistige Nähe vorhanden ist. Lassen Sie
                                                                              mich unser Ziel wie folgt formulieren: In Deutsch-
                                                                              land gibt es eine einzige emotionale und emo-                                    „Wir möchten
                                                                              tionsgetriebene Medienmarke – nämlich Bild. Wir                                  den Menschen das
                                                                              glauben, dass genug Platz vorhanden ist, für eine                                Gefühl geben, dass
                                                                              zweite nationale emotionale Medienmarke. Und                                     sie gehört werden,
                                                                              wir glauben nicht, dass es große Überschneidun-                                  dass sie verstanden
                                                                              gen mit der Bild geben wird. Wir möchten den
                                                                                                                                                               werden, dass
                                                                              Menschen das Gefühl geben, dass sie gehört
                                                                                                                                                               jemand in ihrem
                                                                              werden, dass sie verstanden werden, dass
                                                                                                                                                               Namen spricht und
                                                                              jemand in ihrem Namen spricht und der mit ihren
                                                                                                                                                               der mit ihren Augen
                                                                              Augen auf die Welt blickt. Wir planen zudem
                                                                                                                                                               auf die Welt blickt.“
Julian Reichelt: Kooperationen stehen noch nicht                              weitere Formate auf einer eigenen Plattform. Wir
im Vordergrund bei unseren strategischen Über-                                werden Werbung schalten, weil wir auf mittel-
legungen. Natürlich werden wir uns austauschen,                               ständische Inserenten Wert legen.               n

                                                                            Mit Julian Reichelt sprachen Anita und Joachim Schäfer

                                                                                       IMPRESSUM
DER SELBSTÄNDIGE/MITTELSTAND DIGITAL              Fotos: Laurence Chaperon, Janina Schäfer,        Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte,       Briefe und Manuskripte an:
ISSN 0946-3224                                    BDS Archiv                                       Vorlagen und Zeichnungen übernehmen wir           BDS/BVMU e. V.
Offizielles Organ des Bundes der Selbständigen,   Layout: Joachim Schäfer/K6 Medien                keine Gewähr.                                     Ferdinand-Porsche-Str. 1, 59439 Holzwickede
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Mittelstand Digital 04-2023                                                                                                                                                                            13
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