Der Schweizer Arbeitsmarkt seit 1920: Langfristige Tendenzen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Monatsthema Der Schweizer Arbeitsmarkt seit 1920: Langfristige Tendenzen Die Entwicklung des Schweizer Arbeitsmarktes seit 1920 kann in Bezug auf die Arbeitslosigkeit in drei Phasen unterteilt werden: Die Jahre 1920–1945 sind geprägt durch zwei grosse Wirtschafts krisen, welche jeweils die Arbeits losigkeit in die Höhe schnellen liessen. In den Boom-Jahren 1946–1973 verschwand die Arbeitslosigkeit in der Schweiz praktisch vollständig; die herr schende Knappheit an Arbeits kräften wurde im Ausland kom pensiert. Die Jahre 1974–2010 sind gekennzeichnet durch einen strukturellen Umbruch und einen tendenziellen Anstieg der Sockel arbeitslosigkeit. Der folgende Im Jahr 1997 kletterte die Arbeitslosigkeit auf 4,7% und damit auf ein höheres Niveau als während der grossen Depression. Die Phase von 1974 bis heute ist von strukturellem Wandel und wiederholten Beschäftigungseinbrüchen Beitrag zeichnet diese Entwick gekennzeichnet. Im Bild: Schuhproduktion bei der Firma Bally im Jahr 1997. Bild: Keystone lungen nach und beleuchtet die Hintergründe. lisierung der Schweiz erfolgte. Nach Aus Die Krisenjahre 1920–1945 bruch des Ersten Weltkriegs fand die Periode Die Periode 1920–1945 ist durch zwei der wachsenden Prosperität ein abruptes grosse Krisen gekennzeichnet, die zu starken Ende. Durch die Aufgabe des Goldstandards Anstiegen der Arbeitslosenquote führten zur «Finanzierung» der kriegsbedingten (vgl. Grafik 1).1 Die erste Krise begann mit Knappheit und die damit verbundene starke dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914. Ausweitung der Geldmenge stieg der Konsu Zu diesem Zeitpunkt blickte die Schweiz auf mentenpreisindex von 100 im Jahre 1914 auf rund 70 Jahre fast ununterbrochenen Wirt 229 im Jahre 1918. Im Gegenzug fielen die schaftswachstums zurück, in denen ein Reallöhne um 25% bis 30%. Hinzu kam die Eisenbahnnetz entstand und die Industria mehr schlecht als recht administrierte Kriegswirtschaft, im Rahmen derer Grund nahrungsmittel rationiert wurden. Die wachsende Unzufriedenheit der Bevölke rung gipfelte im November 1918 in einem landesweiten Generalstreik. In diesen Zeiten des Aufruhrs entschied die Schweizerische Nationalbank (SNB) der Prof. Dr. George Sheldon steigenden Inflation endlich die Spitze zu Extraordinarius für brechen und beschloss folglich, das Preisni Nationalökonomie, Leiter der Forschungsstelle für veau radikal zu senken und zum alten Gold Arbeitsmarkt- und Indus- standard zurückzukehren. In der Folge sank trieökonomik (FAI) am die Jahresinflationsrate von rund +25% im Wirtschaftswissenschaft- Jahre 1918 auf das heute kaum vorstellbare lichen Zentrum (WWZ) der Universität Basel Niveau von –20% im Jahre 1922. Als Folge 1 Dieser Abschnitt stützt sich auf ESO (2009). brach die Wirtschaft zusammen, und die 15 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2010
Monatsthema Grafik 1 Arbeitslosenquote schnellte bis 1922 auf Arbeitslosenquote der Schweiz, 1914–2009 3,4% hoch. Danach folgten Jahre der relativen Pros 5% Grosse Depression Immobilienkrise perität, bevor die Schweiz 1931 von der zwei 4.5% ten grossen Krise dieser Epoche erfasst wur de: der weltweiten Depression. Sie liess 1936 4% Starke die durchschnittliche Arbeitslosenquote auf Deflation 4,5% ansteigen. Vor allem die Frankenabwer 3.5% tung durch die SNB und die militärische 3% Aufrüstung, welche die Wehranleihe 1936 er 2.5% möglichte, brachte die Arbeitslosenquote je doch rasch wieder zum Sinken. 2% Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg wa 1.5% Erdölpreis-Schocks ren auch von einem sektoralen Wandel in der Platzen der Wirtschaft gekennzeichnet. Die Heimarbeit, Dotcom-Blase 1% die in der Weberei Ende des 19. Jahrhunderts noch ein beträchtliches Ausmass gehabt hat 0.5% te, verschwand vollständig. Zudem verlagerte 0% sich die Beschäftigung zunehmend von der 1914 1920 1925 1930 1935 1940 1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Textilindustrie zum Maschinenbau. Wäh Anmerkung: Die Arbeitslosenquote misst den Anteil der Erwerbs- Quellen: Historische Statistik der Schweiz (1996), rend um 1910 noch über 56% aller industri personen, die zu einem gegebenen Zeitpunkt arbeitslos sind: Degen (2009), BFS, Sheldon / Die Volkswirtschaft Arbeitslose/(Arbeitslose + Erwerbstätige). Im Unterschied zur ell-gewerblichen Arbeitskräfte in der Textil amtlichen Arbeitslosenstatistik, welche den Nenner der Arbeits- industrie tätig waren, sank dieser Anteil bis losenquote lediglich am Anfang jedes Jahrzehnts aktualisiert, bezieht sich die Arbeitslosenquote in der Grafik auf die jeweils 1950 auf knapp 30%. Im Gegenzug wuchs aktuelle Erwerbspersonenzahl. Da die Beschäftigung in der die relative Zahl der Beschäftigten in der Ma Schweiz im betrachteten Zeitraum trendmässig zunahm, liegen die Arbeitslosenquoten in den Grafiken meistens unter den schinen- und Metallindustrie bis 1950 auf zeitgleichen amtlichen Quoten, die das Ausmass der Arbeitslosig- 40%. Auch der Bankensektor gewann an keit aus dem gleichen Grund zu überzeichnen neigen. Bedeutung, stieg doch dort die Zahl der Be schäftigten von 1910 bis 1930 um 125%. Grafik 2 Die Boomjahre 1946–1973 Erwerbstätige und Arbeitslose in der Schweiz, 1915–2009 Nach dem Zweiten Weltkrieg folgten Jahre des starken Breitenwachstums, in denen die Erwerbstätige Arbeitslose Arbeitslosigkeit fast verschwand. Die beste hende allgemeine Arbeitskräfteknappheit Personen in Mio. war nur durch den Zuzug ausländischer Ar 5.0 beitskräfte zu überwinden. So stieg der Aus 4.5 länderanteil, der in der Zwischenkriegszeit 4.0 von 15,4% (1914) auf 5,2% (1941) stark ge sunken war, bis 1970 wieder auf 17,2% an. 3.5 Interessanterweise war damit lediglich der 3.0 Stand vor dem Ersten Weltkrieg leicht über schritten. Allerdings dauerte es zuvor fast 2.5 65 Jahre (1850-1914), den Ausländeranteil 2.0 von 4,6% auf 15,4% zu verdreifachen. Nach dem Zweiten Weltkrieg geschah dies inner 1.5 halb von nur 20 Jahren, was die damals auf 1.0 kommenden Überfremdungsängste verständ lich macht. 0.5 Auch die Zahl der Erwerbstätigen nahm während der Boomjahre rapide zu (vgl. Gra- 0.0 fik 2). Wuchs die Zahl der Beschäftigten in 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 00 05 der Zwischenkriegszeit lediglich um 0,4% 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 19 20 20 Quellen: Historische Statistik der Schweiz (1996), pro Jahr, stieg sie zwischen 1946 und 1973 Degen (2009), BFS, Sheldon / Die Volkswirtschaft mit einer Jahresrate von 1,7%, d.h. mit der vierfachen Geschwindigkeit. Die Jahre des Umbruchs 1974–2010 Im Zeitraum nach den Boomjahren kam es zu wiederholten Beschäftigungseinbrü 16 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2010
Monatsthema Grafik 3 der Schweizer Arbeitsmarkt seit Anfang der Taggeldbezugsfrist und Arbeitslose in der Schweiz, 1970–2010 1970er-Jahre wesentlich geschlossener ge worden ist. Mitte der 1970er-Jahre war die Arbeitslose (linke Skala) Taggeldmaximum (rechte Skala) Arbeitslosenversicherung (ALV) hierzulande noch nicht obligatorisch. Lediglich ein Fünf in 1000 in Wochen 250 tel der Erwerbsbevölkerung war gegen Ar 104 100 beitslosigkeit versichert. Zudem war ein Januar 1997 225 Grossteil der ausländischen Arbeitskräfte in der Schweiz nicht sesshaft und besass keinen 200 34-50-80 Anspruch auf Niederlassung. Ohne einen April 1993 80 Anspruch auf Versicherungsleistungen bzw. 175 ohne das Recht, auch stellenlos in der Schweiz Juli 2003 (80–104) zu verweilen, meldete sich die Mehrzahl der 150 34-50-60 60 Erwerbspersonen beim Verlust ihres Arbeits Januar 1984 Januar 1993 platzes nicht beim Arbeitsamt. Somit wurden 125 17-34-50 die Betroffenen von der Arbeitsmarktstatistik nicht erfasst. März 1992 100 40 Inzwischen ist der Anteil der sesshaften August 1983 35 Ausländer jedoch gestiegen, und die Zahl der 75 November 1975 Stellenlosen, die einen Anspruch auf Tag 25 AVIG: 1.84 geldzahlungen geltend machen können, hat 50 Juni 1975 20 20 zugenommen. Ein gegebener Stellenabbau 15 Obligatorium: 4.77 schlägt sich heute wesentlich stärker in der 25 Arbeitslosenstatistik nieder als früher. 0 0 Ansteigende Sockelarbeitslosigkeit 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Seit 1973 ist ferner zu erkennen, dass die Quellen: Sheldon / Die Volkswirtschaft Arbeitslosigkeit – im Unterschied zu den früheren Epochen – trendmässig zunimmt. Am Ende jeder konjunkturellen Erholung chen, welche die Arbeitslosigkeit fünfmal kommt die Arbeitslosigkeit auf einem hö deutlich ansteigen liessen. Der erste Einbruch heren Niveau zum Stehen als vor dem vorhe ereignet sich im Anschluss an die erste Erdöl rigen Beschäftigungseinbruch. Dies ist am preiskrise 1973/74 und der zweite im Gefolge Anstieg der Tiefswerte – der sogenannten des zweiten Erdölpreisschocks 1982. Der Sockelarbeitslosigkeit – zu erkennen. dritte war gewissermassen selbst induziert, Ein Grund für den trendmässigen Anstieg da er aus der restriktiven Geldmengenpolitik der Sockelarbeitslosigkeit liegt am kontinu der Nationalbank Anfang der 1990er-Jahre ierlichen Ausbau der ALV. Wie Grafik 3 zeigt, resultierte. Die letzten zwei Einbrüche rüh ist die maximale Frist für den Bezug von Ar ren von Entwicklungen auf den Finanzmärk beitslosenentschädigung oder Taggeld bei ten her: dem Platzen der Dotcom-Blase An jedem erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit fang der 2000er-Jahre und der Bankenkrise, verlängert worden. Dass der Versicherungs die 2007 einsetzte. schutz bei wachsender Arbeitslosigkeit aus gedehnt wird, ist im Grundsatz zu begrüs Zunehmende Geschlossenheit sen. Auf diese Weise bleibt die Kaufkraft der des Schweizer Arbeitsmarktes Stellenlosen länger erhalten, was die Kon Merkwürdigerweise stieg die Arbeitslosig junktur stärkt und allen letztendlich zugute keit in den Krisenjahren im umgekehrten kommt. Verhältnis zur Stärke der Beschäftigungs Problematisch wird eine solche Erweite einbrüche. So nahm die Beschäftigung zwi rung jedoch dann, wenn sie – wie in der schen 1973 und 1978 um knapp 8% ab; das Schweiz – auch dann bestehend bleibt, wenn ist der grösste Beschäftigungsrückgang, den die schlechte Konjunkturlage, die zu ihr ein OECD-Land im Gefolge der ersten Öl führte, nicht mehr vorherrscht. Empirische preiskrise zu verzeichnen hatte. Dennoch Untersuchungen zeigen auch für die Schweiz, überschritt die Arbeitslosenquote nicht ein dass eine Verlängerung der Taggeldbezugs mal die 1%-Marke. Dagegen fiel die Beschäf frist von einem gegebenen Umfang die Dauer tigung zwischen 1991 und 1997 «lediglich» der Stellensuche – unabhängig von der Kon um 3%; trotzdem stieg die Arbeitslosenquote junkturlage – um rund 20% dieses Betrags auf 4,7% an – und damit auf ein höheres erhöht.2 Übertragen auf die Schweiz heisst Niveau als während der grossen Depression. das, dass die Erhöhung der Bezugsfrist von Wie ist diese überraschende Entwicklung 50 Wochen 1984 auf 104 Wochen 1997 eine 2 Vgl. die Übersicht in Sheldon (1997). zu erklären? Ein Hauptgrund liegt darin, dass versicherungsinduzierte Verlängerung der 17 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2010
Monatsthema Grafik 4 Arbeitssuche um fast 11 Wochen zur Folge Bildungsstand der in den jeweils vorausgegangenen fünf Jahren zugewanderten ausländischen hatte. Ein solcher Effekt resultiert daraus, Vollzeiterwerbstätigen über 29 Jahre, 1970–2000 dass Stellenlose am Anfang ihrer Arbeits losigkeit in der Regel weniger intensiv nach 1970 1980 1990 2000 Arbeit suchen, wenn sie notfalls auf lang fristige Bezugsmöglichkeiten zurückgreifen 70% können. Das war mit ein Grund für die Ver kürzung der Regelbezugsfrist im Juli 2003 60% auf 80 Wochen. Wandel der Arbeitskräftenachfrage 50% Eine weitere Eigenart der jüngsten Arbeits marktepoche besteht darin, dass die Beschäf 40% tigung mit einer Rate von mehr als 1,3% pro Jahr – d.h. fast so schnell wie während der 30% Boomjahre 1946–1973 – zunahm, während die Sockelarbeitslosigkeit kontinuierlich an 20% stieg. Dies deutet auf eine wachsende Dis krepanz zwischen den nachgefragten und 10% angebotenen Qualifikationsprofilen der Stel lensuchenden hin. Verantwortlich dafür sind 0% drei Trendentwicklungen, die gegenwärtig Keine Betriebliche Schulische Universität, die Arbeitsmärkte sämtlicher moderner In Berufsausbildung Berufsausbildung Berufsausbildung Hochschule dustriestaaten tangieren: Anmerkung: Keine Berufsausbildung bedeutet höchstens einen Quellen: Sheldon / Die Volkswirtschaft Abschluss des Schulobligatoriums. Betriebliche Berufsausbildung – die wachsende Internationalisierung der heisst einen Lehrabschluss. Schulische Berufsausbildung Arbeitsteilung, die dafür sorgt, dass im beinhaltet eine Matura oder den Abschluss eines Lehrerseminars, einer höheren Berufsausbildung oder einer höheren Fachschule. mer mehr einfache, repetitive Tätigkeiten Universität bzw. Hochschule meint einen Fachhochschulabschluss ins Ausland abwandern und einen wach oder höher. senden Anteil an anspruchsvolleren Be schäftigungen zurücklassen, die höhere Grafik 5 Qualifikationen erfordern; – der bildungsintensive («skill-biased») Verhältnis der Löhne und Arbeitslosenquoten (ALQ) nach Bildungsstand, 1991–2007 technische Fortschritt, der eine steigende Nachfrage nach Höherqualifizierten zu Lohn HQ:NQ Lohn MQ:NQ Lohn HQ:MQ Lasten von Un- und Angelernten auslöst; ALQ NQ:HQ ALQ NQ:MQ ALQ MQ:NQ – die Tertiarisierung der Berufswelt, d.h. eine kontinuierliche Verlagerung der 4 Beschäftigung von den gewerblich-indus triellen Tätigkeiten hin zu den Dienstleis tungsberufen, die verstärkt von qualifi zierten Arbeitskräften ausgeübt werden. 3 Die Folgen dieser Veränderungen lassen sich besonders deutlich am Wandel des Qualifikationsmix der im Ausland rekru 2 tierten Arbeitskräfte ablesen (vgl. Grafik 4). Waren über Jahrzehnte mehr als 50% der neu einwandernden ausländischen Vollzeit 1 erwerbstätigen ohne Berufsausbildung und hatten weniger als 20% einen Hochschulab schluss, hat sich dieses Verhältnis seit Mitte der 1990er-Jahre diametral gekehrt: 50% 0 weisen seitdem einen Hochschulabschluss 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 auf und nur noch rund 20% sind ungelernt. HQ: Hochqualifizierte bzw. Akademiker Quellen: Wyss (2008), Sheldon / Die Volkswirtschaft Der gegenwärtige Anteil an Akademikern MQ: Mittelqualifizierte bzw. Lehrabsolventen NQ: Niedrigqualifizierte bzw. Ungelernte unter den neu einreisenden ausländischen Arbeitskräften übertrifft den entspre chenden Anteil in der heimischen Erwerbs bevölkerung um das Zweifache. Ein Fehlbe darf an Lehrabsolventen hingegen zeichnet sich in dieser Hinsicht derzeit nicht ab, was auch an ihrer wachsenden Arbeitslosigkeit 18 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2010
Monatsthema Grafik 6 dafür ist allerdings nicht – wie manche ver Anteil der Ausländer an der Erwerbsbevölkerung und dem Arbeitslosenbestand, 1975–2008 muten – die Personenfreizügigkeit, sondern die verfehlte Ausländerpolitik der Vergan An Erwerbsbevölkerung An Arbeitslosenzahl genheit. Ausländeranteil in % 50 Ausblick Vom erhöhten Bildungsstand der auslän 40 dischen Wohnbevölkerung dürfte die Schweiz in Zukunft stark profitieren. Auf der Basis ausländischer Untersuchungen ist unter an 30 derem zu erwarten, dass der verbesserte Qua lifikationsstand zu weniger Arbeitslosigkeit, mehr Wirtschaftswachstum und einer ver 20 besserten Fiskalbilanz der Migration führt. Demnach steht der Schweiz eine neue Ära wachsender Prosperität bevor. 10 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Anmerkung: Die Arbeitslosenstatistik unterscheidet erst Quellen: BFS, Sheldon / Die Volkswirtschaft seit 1975 nach der Nationalität der Betroffenen. gegenüber Akademikern zu sehen ist (vgl. Grafik 5). Steigende Arbeitslosigkeit niedrig qualifizierter Arbeitskräfte Die abnehmende Nachfrage der Firmen nach niedrig qualifizierten Arbeitskräften hat auch Folgen für die bereits in der Schweiz befindlichen Arbeitnehmenden. Grundsätz lich ist zu erwarten, dass eine nachlassende Nachfrage nach Ungelernten deren Löhne gegenüber anderen Arbeitskräften senkt und/oder deren Arbeitslosigkeit erhöht. In angelsächsischen Ländern trifft vor allem Ersteres zu, während im Kontinentaleuropa eher Letzteres gilt – so auch in der Schweiz. Das Verhältnis der Arbeitslosenquote von Niedrigqualifizierten zu jener von Hochqua lifizierten ist seit 1991 von knapp unter 2 auf Kasten 1 über 3 angestiegen, während sich das ent sprechende Lohnverhältnis überhaupt nicht Literatur bewegt hat. – Degen, B. (2009): Arbeitslosigkeit, Historisches Da aufgrund der langjährigen Rekrutie Lexikon der Schweiz, www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/ rung ungelernter Arbeitskräfte die Mehrheit D13924.php, 26. November. der ausländischen Arbeitskräfte hierzulande – ESO (2009): Entwicklung der Schweiz 1850–2000, niedrig qualifiziert sind, sind Ausländer von Economic and Social History Online, www.eso.uzh.ch, Themen. der abnehmenden Nachfrage nach Niedrig – Sheldon, G. (1997): Unemployment and Unemploy- qualifizierten besonders stark betroffen (vgl. ment Insurance in Switzerland, in: P. Bacchetta, Grafik 6). Wie zu erkennen ist, nimmt der W. Wasserfallen (Hrsg.): Economic Policy in Switzer- land, London: Macmillan, S. 62–92. Anteil der Ausländer im Arbeitslosenbestand – Wyss, S. (2008): Ist die relative Schlechterstellung wesentlich stärker zu als deren Anteil an der niedrig qualifizierter Arbeitskräfte Mythos oder Erwerbsbevölkerung. Die Ausländer sind al Realität? Eine Analyse der Schweizer Disparität von so im Arbeitslosenbestand zunehmend über Lohn und Arbeitslosenquote nach Qualifikation, WWZ-Studie, Universität Basel, August. vertreten, derzeit um das Zweifache. Ursache 19 Die Volkswirtschaft Das Magazin für Wirtschaftspolitik 1/2-2010
Sie können auch lesen