DER WEG ZUM TRAUMJOB WISSENSCHAFT - DUZ SPECIAL

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DER WEG ZUM TRAUMJOB WISSENSCHAFT - DUZ SPECIAL
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        10 J ahr

DUZ SPECIAL

               DER WEG ZUM
     TRAUMJOB WISSENSCHAFT
                                 ZEHN JAHRE TEMPLINER MANIFEST

DUZ SPECIAL BEILAGE ZUR DUZ // MAGAZIN FÜR WISSENSCHAFT UND GESELLSCHAFT
DER WEG ZUM TRAUMJOB WISSENSCHAFT - DUZ SPECIAL
2 I DUZ SPECIAL

IMPRESSUM
BEILAGE ZUR DUZ // MAGAZIN FÜR WISSENSCHAFT &
­GESELLSCHAFT, 16. OKTOBER 2020
DAS DUZ SPECIAL ERSCHEINT IN DER DUZ
VERLAGS- UND MEDIENHAUS GMBH.

HERAUSGEBER DIESER AUSGABE:
GEWERKSCHAFT ERZIEHUNG UND WISSENSCHAFT (GEW)
REIFENBERGER STR. 21 // 60489 FRANKFURT AM MAIN       INHALT

                                                       3
INFO@GEW.DE // WWW.GEW.DE
                                                               EDITORIAL //
VERANTWORTLICHE DUZ SPECIAL-REDAKTION:                         TRAUMJOB WISSENSCHAFT
DUZ VERLAGS- UND MEDIENHAUS GMBH, BERLIN                       VON MARLIS TEPE UND ANDREAS KELLER

KOORDINATION UND MARKETING:

                                                       4
STEFANIE KOLLENBERG, S.KOLLENBERG@DUZ-MEDIENHAUS.DE            EINFÜHRUNG //
                                                               DEN TRAUMJOB WISSENSCHAFT
REDAKTION:                                                     KRISENFEST MACHEN
VERONIKA RENKES, V.RENKES@DUZ-MEDIENHAUS.DE                    VON ANDREAS KELLER

GESTALTUNG UND SATZ:

                                                       7
AXEPTDESIGN, BERLIN, WWW.AXEPTDESIGN.DE                        WISSZEITVG-EVALUATION //
                                                               NUR GERINGE POSITIVE EFFEKTE
LAYOUTKONZEPTION: IRIS BECKER, BERLIN                          VON FREYA GASSMANN

FOTOS (TITEL UND CHRONIK): KAY HERSCHELMANN

                                                      10
                                                               CHRONIK //
KORREKTORAT: BENITA VON BEHR, BERLIN
                                                               ZEHN JAHRE TEMPLINER MANIFEST
                                                               MIT TESTIMONIALS VON MULTIPLIKATORINNEN
DRUCK: SDL DIGITALER BUCHDRUCK, BERLIN                         UND MULTIPLIKATOREN AUS WISSENSCHAFT
                                                               UND POLITIK
VERLAG:
DUZ VERLAGS- UND MEDIENHAUS GMBH

                                                      23
KAISER-FRIEDRICH-STRASSE 90 // 10585 BERLIN                    JUBILÄUMSKONFERENZ //
TEL.: 030 2129 87-0                                            DER KAMPF GEHT WEITER …
INFO@DUZ-MEDIENHAUS.DE // WWW.DUZ-MEDIENHAUS.DE                EINLADUNG

DR. WOLFGANG HEUSER (GESCHÄFTSFÜHRER):
W.HEUSER@DUZ-MEDIENHAUS.DE

REDAKTIONSSCHLUSS:
SEPTEMBER 2020 //
© DUZ VERLAGS- UND MEDIENHAUS GMBH

ISBN: 978-3-96037-337-7
EDITORIAL I 3

                                                             Foto: GEW
                                        MARLIS TEPE

                                                                                                       Foto: GEW
                                                                         DR. ANDREAS KELLER

LIEBE LESERINNEN UND LESER!

 2010 startete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft               Dekade entwickelt? Wir werden uns aktuellen Herausforderun-
(GEW) ihre Kampagne für den „Traumjob Wissenschaft“.                     gen stellen und die Weichen für den „Traumjob Wissenschaft“
 Nach zehn Jahren können wir selbstbewusst sagen: Das                    in den 20er-Jahren des 21. Jahrhunderts stellen.
­Templiner Manifest war ein Weckruf für die bundesdeutsche
 Wissenschaftspolitik.                                                   Das vorliegende DUZ Special bildet dafür den Auftakt. Wir
                                                                         freuen uns sehr, Sie auch zu unserer Jubiläumskonferenz am
Denn die prekäre Lage von Wissenschaftlerinnen und Wis-                  25. November 2020 in Berlin begrüßen zu dürfen, die wir als
senschaftlern an Hochschulen und Forschungseinrichtungen                 Präsenzveranstaltung mit einem Livestream anbieten. Vor
mit ihren kurzfristigen Zeitverträgen, langen und steinigen              allem aber wünschen wir uns, dass Sie das Jubiläum „Zehn
Karrierewegen, der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und               Jahre Templiner Manifest“ zum Anlass nehmen, uns bei der
wissenschaftlicher Qualifizierung steht heute ganz oben auf
                                                                         Fortsetzung des Kampfs für faire Beschäftigungsbedingungen
der politischen Agenda.
                                                                         und verlässliche Karrierewege zu unterstützen. Denn gute
                                                                         Arbeitsbedingungen und gute Lehre und Forschung sind zwei
Die GEW ist die Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerk-
                                                                         Seiten einer Medaille.
schaftsbund. Wir organisieren über 280 000 Mitglieder in allen
Bildungsbereichen – in den Kitas, in allgemeinbildenden und
                                                                         Wir sehen gespannt intensiver Zusammenarbeit und regem
beruflichen Schulen, in Hochschulen, in der Forschung und
in Weiterbildungsinstitutionen. Mit Fug und Recht, aber auch             Dialog mit Bund und Ländern, Hochschulen und Forschungs­
mit Stolz tragen wir das große W für Wissenschaft in unserem             einrichtungen entgegen und unterstützen das große En-
Namen. Mit der Kampagne für den „Traumjob Wissenschaft“                  gagement von Beschäftigten, Studierenden und anderen
zeigt die GEW, dass sie als Stimme der Wissenschaftlerinnen              Hochschulangehörigen in und mit der GEW.
und Wissenschaftler das Engagement für sie als ureigenste
Aufgabe versteht.

Das Jubiläum „Zehn Jahre Templiner Manifest“ ist für uns                 Marlis Tepe				                                      Dr. Andreas Keller
Anlass, Bilanz zu ziehen: Was haben wir erreicht, was ha-                ist Vorsitzende der GEW 		                ist stellvertretender Vorsitzender
ben wir noch vor uns? Wie haben sich die Arbeits- und                                                                     und Vorstandsmitglied für
Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft in der letzten                                                 Hochschule und Forschung der GEW
4 I DUZ SPECIAL

DEN TRAUMJOB                                               Vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern er-
                                                           scheint ihr Beruf eher als Jobtrauma denn als Traumjob.
                                                           Ihre Arbeit in Lehre und Forschung erledigen die meis-

WISSENSCHAFT
                                                           ten voller Zuversicht und Motivation. Ernüchterung und
                                                           Unmut erzeugen aber seit Jahren die unfairen struktu-
                                                           rellen Rahmenbedingungen, insbesondere die zeitlich
                                                           eng befristeten Arbeitsverträge. Frist führt zu Frust.

KRISENFEST                                                 Fast 90 Prozent der wissenschaftlichen Angestellten
                                                           an Universitäten sind befristet beschäftigt – häufig

MACHEN                                                     mit Kurzzeitverträgen von nicht einmal einem Jahr.
                                                           Anders als die Hochschulsysteme Großbritanniens,
                                                           Frankreichs, der Vereinigten Staaten und vieler ande-
                                                           rer Länder bietet das deutsche System kaum Perspek-
                                                           tiven, neben der Professur dauerhaft Wissenschaft als
                                                           Beruf zu betreiben. Wer eine akademische Laufbahn
                                                           in Deutschland einschlägt, muss alles auf eine Karte
HOCHSCHULE UND FORSCHUNG MÜSSEN                            setzen. Das bedeutet nicht nur für viele hopp oder top,
                                                           W3 oder Hartz IV, sondern ist auch eine Ursache dafür,
KRISENFEST WERDEN – DIE VISION                             dass noch mehr Wissenschaftlerinnen als Wissen-
                                                           schaftler auf der Karriereleiter aus- statt aufsteigen.

VOM „TRAUMJOB WISSENSCHAFT“ IST                            Das ist nicht nur ungerecht gegenüber den hoch qua-
                                                           lifizierten und motivierten Wissenschaftlerinnen und
AKTUELLER DENN JE                                          Wissenschaftlern, sondern bedroht auch die Konti-
                                                           nuität und Qualität von Forschung und Lehre. Das ist
                                                           auch zum Nachteil vieler Wissenschaftseinrichtungen,
                                                           die zunehmend den Wettbewerb mit anderen Arbeit-
VON ANDREAS KELLER
                                                           gebern um qualifizierte Fachkräfte verlieren, weil
                                                           Zeitverträge und unsichere Karrierewege die Attrak-
                                                           tivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung
                                                           untergraben.

                                                           Gute Arbeit in Lehre, Forschung und Wissenschafts-
                                                           management sowie gute Beschäftigungsbedingungen
                                                           und berufliche Perspektiven müssen daher zwei Seiten
                                                           einer Medaille werden – das ist die zentrale Botschaft
                                                           der Kampagne für den „Traumjob Wissenschaft“. Die-
                                                           se hat die GEW 2010 mit den zehn Eckpunkten des
                                                           Templiner Manifests für eine Reform von Berufswegen
                                                           und Personalstruktur in Hochschule und Forschung
                                                           angestoßen.

                                                           Herzstück der Reformvorschläge der GEW ist die
                                                           Forderung nach verlässlichen Perspektiven für pro-
                                                           movierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
                                  Foto: Kay Herschelmann

                                                           ler – unabhängig davon, ob eine Berufung auf eine
                                                           Professur erfolgt oder nicht. Voraussetzung dafür ist
                                                           eine vorausschauende Personalplanung, mit der auch
                                                           der Anteil unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse
                                                           deutlich erhöht wird. „Dauerstellen für Daueraufgaben“
                                                           lautet hier das Motto der GEW-Kampagne.
EINFÜHRUNG I 5

Bei der Promotionsförderung müssen tarifvertraglich gere-
gelte und sozialversicherungspflichtige Stellen den Vorrang
vor Stipendien haben, heißt es im Templiner Manifest. Dabei

                                                               Foto: Kay Herschelmann
muss der überwiegende Anteil der Arbeitszeit für die eigen-
ständige Qualifizierung der Doktorandinnen und Doktoran-
den zur Verfügung stehen.

Zudem tritt die Bildungsgewerkschaft GEW für eine famili-
engerechte Hochschule ein. Frauen wie Männer – mit Kin-
dern und ohne Kinder – müssen die Möglichkeit haben, im
Gleichgewicht zu forschen, zu lehren und zu leben. Weitere
wichtige Forderungen des Manifests sind: Chancengleichheit                              Das zeigt auch die Evaluation der WissZeitVG-Novelle durch
für Frauen und Männer, reguläre statt prekäre Beschäftigung                             Dr. Freya Gassmann vom März 2020 (siehe auch Beitrag ab
für Lehrbeauftragte, gleichberechtigte Mitbestimmung auf                                Seite 7).
Augenhöhe, ein bedarfsgerechter Ausbau der Hochschulen,
Tarifverträge für alle und Anerkennung von Mobilitätszeiten.                            Darum lautet die Devise: nicht nachgeben, sondern nachle-
                                                                                        gen. Wir treten dafür ein, dass der Bundesgesetzgeber noch
Mit viel Ausdauer ist es der GEW gelungen, Bund und Länder,                             vor der Bundestagswahl die Mängel im WissZeitVG mit einer
Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Zugzwang                                     weiteren Novelle behebt. Darin sollte der Qualifizierungsbe-
zu bringen. Auch die betroffenen Wissenschaftlerinnen und                               griff rechtssicher definiert werden. Denn Arbeitsverträge
Wissenschaftler selbst realisierten, wie wichtig es ist, für                            dürfen nicht weiter willkürlich befristet werden, sondern
die eigenen Interessen einzutreten und mit anderen dafür                                sollten eine Promotion, Habilitation oder andere Form der
gemeinsam zu kämpfen – wie das andere Berufsgruppen                                     Befähigung für den Hochschullehrerberuf fördern. Die ge-
im öffentlichen Dienst seit Langem selbstverständlich und                               setzlichen Vorgaben für „angemessene“ Laufzeiten von
erfolgreich tun. Dazu gehört auch, sich gewerkschaftlich zu                             Zeitverträgen müssen so formuliert werden, dass damit die
organisieren und zu engagieren.                                                         Qualifizierungsziele auch tatsächlich erreicht werden kön-
                                                                                        nen – und zwar bevor der Vertrag ausläuft.
Erste Erfolge des Templiner Manifests
                                                                                        Beim Tenure-Track-Programm müssen Bund und Länder si-
 Mit der 2016 in Kraft getretenen Novelle des Wissenschafts­                            cherstellen, dass das Programm über die geförderten 1 000
 zeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) sollen unsachgemäße                                  Professuren hinaus eine strukturelle Wirkung erzeugt und
 Befristungen und Vertragslaufzeiten verhindert werden.                                 alle Beschäftigten an einer nachhaltigen Personalentwick-
 Der neue „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“                                   lung teilhaben. Bei der Umsetzung des Zukunftsvertrags
 verpflichtet die Landesregierungen, den Ausbau von                                     müssen Länder und Hochschulen darauf achten, Geist und
 Dauerstellen zu unterstützen. Mit dem Tenure-Track-                                    Buchstaben des Vertrags zu erfüllen und mit der Finanzie-
 Programm von Bund und Ländern sollen berechen-                                         rung von zusätzlichen Studienplätzen auch die Beschäftigung
 bare Karrierewege zwischen Promotion und Profes-                                       zu stabilisieren. Denn davon profitiert letztendlich die Quali-
 sur gefördert werden. Weit über 100 Hochschulen und                                    tät von Lehre und Studium.
 Forschungseinrichtungen haben Kodizes, Richtlinien und
 Vereinbarungen nach dem Vorbild des Herrschinger Kodex                                 Brennglas Corona-Krise
„Gute Arbeit in der Wissenschaft“ der GEW ausgearbeitet.
 In so manchem Landeshochschulgesetz wurden die Wei-                                    Wie ein Brennglas hat die Corona-Krise die Defizite von
 chen gestellt für eine Reform der Personalstruktur und                                 Personalstruktur und Beschäftigungsbedingungen in der
 für eine bessere Absicherung von Lehrbeauftragten und                                  Wissenschaft noch deutlicher sichtbar gemacht. Die Folgen
 Promovierenden.                                                                        haben Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft, wenn
                                                                                        Forschungsprojekten und wissenschaftlichen Qualifizie-
Es gibt noch viel zu tun                                                                rungen der Abbruch droht. Bund und Länder, Hochschulen
                                                                                        und Forschungseinrichtungen müssen daher wirksame
Doch das größte Stück des Wegs zum „Traumjob Wissen-                                    Maßnahmen zum Schutz von Wissenschaftlerinnen und
schaft“ liegt noch vor uns. Die bisher ergriffenen Maßnah-                              Wissenschaftlern, Studierenden und Beschäftigten in der
men, die unfaire Befristungen verhindern und verlässliche                               Covid-19-Pandemie ergreifen. Die Corona-Krise darf nicht zur
Karrierewege schaffen sollen, haben nur begrenzte Wirkung.                              Bildungs- und Forschungskrise werden.
6 I DUZ SPECIAL

                                                                 Die GEW tritt daher im Sinne eines kollektiven Nachteils-
                                                                 ausgleichs für eine Verlängerung befristeter Arbeitsverträ-
                                                                 ge, Stipendien und Ausbildungsförderung um die Zeit der
                                                                 pandemiebedingten Beeinträchtigungen ein. Schon jetzt
                                                                 zeigt sich, dass diese mindestens ein Jahr bestehen wer-
                                                                 den. Die mit der Corona-Novelle des WissZeitVG vom Mai
                                                                 2020 geschaffene Option, Zeitverträge pandemiebedingt zu
                                                                 verlängern, muss für alle angewandt und auf zwölf Monate
                                                                 ausgeweitet werden.

                                                                 Die Corona-Krise hat auch offengelegt, dass die Hochschulen
                                                                 keineswegs fit sind fürs digitale Zeitalter. Es bedarf moderner
                                                                 Hardware in den Rechenzentren und an den Arbeitsplätzen
                                                                 mit adäquater Software und Lernplattformen. Auch bei Da-
                                                                 tensicherheit und Datenschutz darf es keine letztendlich
                                                                 gefährlichen Kompromisse geben. Wir brauchen einen Hoch-
                                                                 schul-Digitalpakt, den auch die Wissenschaftsministerinnen
                                                                 und -minister der Länder fordern.

                                                                 Gute Online-Lehre und Forschung brauchen eine leistungs-
                                                                 fähige digitale Infrastruktur und eine aktive Unterstützung
                                                                 der Nutzerinnen und Nutzer. Dafür dringend notwendig sind
                                                                 ein ausreichender technischer Support, eine qualifizierte
                                                                 Fort- und Weiterbildung, eine angemessene Anrechnung
                                                                 der Online-Lehre auf die Lehrverpflichtung, Rücksichtnah-
                                                                 me auf besondere Lebensumstände und die Einhaltung aller
                                                                 arbeits- und gesundheitsschutzrechtlichen Standards auch
                                                                 im Homeoffice.

                                                                 Auch der Ausbau und die Sanierung der Hochschulbauten
                                                                 dürfen nicht vernachlässigt werden. Diese werden nicht nur
Wir müssen alles tun, damit Forschung, Lehre und Studium         den modernen Anforderungen zur Vermeidung von Schad-
auch unter Pandemiebedingungen möglich und erfolgreich           stoffbelastung, der Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit häufig
sein können. Zu Beginn des Sommersemesters 2020 haben            nicht gerecht, auch die hygienischen Standards sind nicht
die Hochschulen – Studierende, Lehrende, aber auch die Kol-      zeitgemäß. Schon vor der Corona-Krise lag laut Kultusminis-
leginnen und Kollegen in Technik, Verwaltung und Manage-         terkonferenz der Sanierungsstau im Hochschulbau bei rund
ment – Großes geleistet, um Studium und Lehre quasi über         50 Milliarden Euro. Die Streichung der Gemeinschaftsaufgabe
Nacht vom weitgehend analogen Präsenzbetrieb ins digitale        Hochschulbau aus dem Grundgesetz, die die Länder mit nicht
Fernstudium zu transformieren.                                   zu bewältigenden Kosten alleinlässt, sollte daher rückgängig
                                                                 gemacht werden.
Angesichts dieses großartigen Einsatzes muss es selbstver-
ständlich sein, dass niemand einen Nachteil davon hat, wenn      „Traumjob Wissenschaft“ – die Vision des Templiner Mani-
in Folge der Corona-Krise nicht alles reibungslos verläuft und    fests und die Forderungen der GEW sind aktueller denn je.
Leistungen nicht erbracht werden können. Nach wie vor fal-        Beschäftigungsbedingungen stabilisieren, Karrierewege
len Forschungsreisen und Fachtagungen aus und ist die Nut-        verlässlich ausgestalten, Chancengleichheit und Familien-
zung vieler Bibliotheken, Archive und Labore eingeschränkt.       freundlichkeiten durchsetzen, Grundfinanzierung verbes-
Die Bedingungen im Homeoffice erschweren die wissen-              sern, digitale Infrastruktur ausbauen, Hochschulbauten
schaftliche Arbeit, die Umstellung auf Online-Lehre und           sanieren – all das heißt auch, Hochschule und Forschung
Fernstudium führen zu beträchtlicher Mehrarbeit. Wissen-          zukunftsfähig und krisenfest zu machen.
schaftlerinnen und Wissenschaftler, die Kinder betreuen oder
Angehörige pflegen, sind durch eingeschränkte Bildungs-,         Dr. Andreas Keller ist stellvertretender Vorsitzender und
Betreuungs- und Pflegeangebote zusätzlich benachteiligt.         Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der GEW.
WISSZEITVG-EVALUATION I 7

NUR GERINGE
POSITIVE EFFEKTE
BEFRISTETE BESCHÄFTIGUNG AN HOCHSCHULEN IN
DEUTSCHLAND – EINE EVALUATION DER NOVELLE
DES WISSENSCHAFTSZEITVERTRAGSGESETZES

VON FREYA GASSMANN

Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen           vergleichbaren Hochschulen im Jahr                              Mitarbeiter an Universitäten errech-
und Mitarbeiter stellen die größte Grup-     2000 circa 75 Prozent betrug und ab                             nete das Konsortium Bundesbericht
pe des wissenschaftlichen Personals an       2005 stetig anstieg. Von 2010 bis 2018                          Wissenschaftlicher Nachwuchs für das
Hochschulen dar und werden mehrheit-         lag dieser Anteil bereits bei 82 bis 84                         Jahr 2010 sogar einen Befristungsanteil
lich über das Wissenschaftszeitvertrags-     Prozent. Für die angestellten wissen-                           von 90 Prozent. Auch für diese Gruppe
gesetz (WissZeitVG) befristet beschäftigt.   schaftlichen Mitarbeiterinnen und                               zeigte sich eine ähnliche Entwicklung.
Bereits 2011 wurde das Ausmaß der
Befristung als problematisch bewertet
und heftig kritisiert. Anlass waren die      Tabelle 1: Befristungsanteile an Hochschulen
Ergebnisse der ersten Evaluation des                                          Anteil                            Anteil                             Anteil
Gesetzes durch Dr. Georg Jongmanns                                hauptberuflich wissenschaft­       angestellter wissenschaft­           hauptberuflich wissen­
vom damaligen Institut für Hochschul-                           liches Personal ohne Professor/​     licher Mitarbeiter/innen an        schaftliches Personal ohne
                                                                    innen an Universitäten und   ­Universitäten ohne vergleichbare     Professor/innen an Fach- und
entwicklung (HIS). Daraufhin wurde 2016           Jahre            vergleichbaren Hochschulen               Hochschulen                  Verwaltungshochschulen
das Gesetz novelliert und festgelegt, dass
die Befristungsdauer „so zu bemessen               2000                       75%                                79%                                30%
ist, dass sie der angestrebten Qualifi-            2001                       75%                                79%                                32%
zierung angemessen ist“ (§ 2 Absatz 1)             2002                       75%                                80%                                37%
und für Drittmittelbefristungen, dass
                                                   2003                       76%                                80%                                38%
die Vertragsdauer dem Projektzeitraum
                                                   2004                       75%                                79%                                39%
entsprechen „soll“ (§ 2 Absatz 2).
                                                   2005                       75%                                80%                                42%
Inwieweit diese Novellierung auch                  2006                       77%                                83%                                43%
zu tatsächlichen Änderungen führte,                2007                       78%                                84%                                46%
untersuchte die von der Max-Traeger-
                                                   2008                       81%                                88%                                52%
Stiftung geförderte Studie „Das Wissen-
schaftszeitvertragsgesetz. Eine erste              2009                       82%                                88%                                58%
Evaluation der Novellierung von 2016“              2010                       83%                                90%                                64%
von Freya Gassmann, Jascha Groß und                2011                       83%                                90%                                64%
Cathrin Benkel.
                                                   2012                       83%                                90%                                66%
                                                   2013                       84%                                90%                                66%
Ohne Wirkung auf die Befristung von
Arbeitsverträgen                                   2014                       84%                                90%                                65%
                                                   2015                       83%                                90%                                64%
Eine Sonderauswertung des Statisti-                2016                       83%                                90%                                64%
schen Bundesamtes zeigte (vgl. Ta-
                                                   2017                       83%                                89%                                63%
belle 1), dass der Anteil des gesamten
nicht professoralen wissenschaftli-                2018                       82%                                89%                                64%
chen Personals an Universitäten und          Quelle: Gassmann (2020); Daten: Statistisches Bundesamt, Sonderauswertungen aus den Hochschulpersonalstatistiken
8 I DUZ SPECIAL

Abbildung 1: Wissenschaftliches Personal ohne Professur an Universitäten und ­vergleichbaren Hochschulen
nach Befristung und Promotionen pro Jahr

180 000

160 000                                        auf Zeit

140 000                                        auf Dauer

                                               Promotionen
120 000

100 000

 80 000

 60 000

 40 000

 20 000

        0
             2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018

Quelle: Gassmann (2020); Daten: Statistisches Bundesamt (Prüfungen an Hochschulen 2000–2018) und Statistisches Bundesamt, Sonderauswertungen aus den Hochschulpersonalstatistiken

An den Fach- und Verwaltungshoch-                              Vergleicht man die Anzahl der wissen­                          wurden Stellenausschreibungen he-
schulen stieg das Befristungsniveau                            schaftlichen Mitarbeiterinnen und                              rangezogen. Diese Analyse ist mit
sogar noch stärker an. Dieses lag dort                         Mit­arbeiter mit der Anzahl der Promo-                         methodischen Einschränkungen ver-
im Jahr 2000 noch bei 30 Prozent und                           tionen, stellt man fest, dass die Zahl                         bunden, da Anzeigen lediglich eine
wuchs zwischen 2010 und 2018 auf 64                            der Promotionen trotz einer Verdop-                            Stichprobe aller geschlossenen Ver-
Prozent an (vgl. Tabelle 1). Nach der                          pelung des wissenschaftlichen Per-                             träge zeigen. Insgesamt stellten acht
Gesetzesnovelle von 2016 ist kein Rück-                        sonals nur unwesentlich anstieg (vgl.                          Universitäten und drei Fachhochschu-
gang der Befristung erkennbar. Das                             Abbildung 1). Berücksichtigt man die                           len ihre Stellenanzeigen (insgesamt
heißt, die Gesetzesnovelle entfaltete                          Altersstruktur, ergibt sich zudem, dass                        rund 18 000 Ausschreibungen) zur
keine positive Wirkung.                                        das wissenschaftliche Personal mehr-                           Verfügung. Bei der Auswertung zeigte
                                                               heitlich noch nicht promoviert ist.                            sich für fünf von elf der Hochschulen
Kaum Anstieg der Promotionen                                   Daraus lässt sich schlussfolgern, dass                         ein signifikanter positiver Effekt des
                                                               eine Vielzahl der Beschäftigten trotz                          WissZeitVG auf die Vertragslaufzeiten.
Das WissZeitVG ist ein Sonderarbeits­                          befristeter Beschäftigungsverhältnisse                         An fünf weiteren kam es zu keinem
gesetz für das ­w issenschaftliche                             offensichtlich keine formale Qualifizie-                       Effekt und an einer Hochschule ergab
Personal an Hochschulen und                                    rung erwirbt. Inwieweit das WissZeitVG                         sich ein signifikanter Rückgang. Im
Forschungs­e inrichtungen. Die Son-                            seinem Zweck, wissenschaftliche Qua-                           Durchschnitt betrug die Vertragslauf-
derregelungen werden mit der Mög-                              lifizierung zu fördern, gerecht wird,                          zeit vor der Gesetzesnovelle noch 24
lichkeit zur Qualifizierung begründet.                         muss damit hinterfragt werden.                                 Monate, danach stieg sie auf 27 und
Das Gesetz greift auch, wenn es sich                                                                                          in den nachfolgenden Jahren auf 28
nicht um eine formale Qualifizierung                           Begrenzte Wirkung                                              beziehungsweise 29 Monate an. Die
wie die Promotion handelt. Jedoch                              auf ­Befristungsdauer                                          statistische Überprüfung ergab, dass
kommt der Promotion im Arbeitsrecht                                                                                           das WissZeitVG zwar Einfluss auf die
und in der politischen Diskussion eine                         Um die Dauer von Beschäftigungen                               Vertragsdauer hatte, die Effektgröße
bedeutsame Rolle zu.                                           analysieren zu können (vgl. Tabelle 2),                        jedoch als klein zu bewerten ist.
WISSZEITVG-EVALUATION I 9

                                                      DR. FREYA GASSMANN
                                                      DIE SOZIOLOGIN IST AKADEMISCHE
                                                      RÄTIN AUF ZEIT AN DER FAKULTÄT FÜR
                                Foto: Patrick Hartz

                                                      EMPIRISCHE HUMANWISSENSCHAFTEN
                                                      UND ­WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT DER
                                                      UNIVERSITÄT DES SAARLANDES.

Tabelle 2: Vertragsdauer in Monaten an allen Hochschulen

                           Mittelwert                       Standardabweichung    Median

  2013                        23,6                                 12,6             24

  2014                        23,7                                 12,3             24

  2015                        24,9                                 12,5             24               FAZIT
  2016, vor der Novelle       24,7                                 12,2             24
                                                                                                     Die 2020 veröffentlichte Evaluation
  2016, nach der Novelle      27,3                                 11,9             32               zeigt: Die Novelle des WissZeitVG entfal-
                                                                                                     tet keine Wirkung auf den Befristungs-
  2017                        28,3                                 11,8             36
                                                                                                     anteil, jedoch sind längere Vertragslauf-
  2018                        28,7                                 11,8             36               zeiten zu beobachten. In Hinblick auf
                                                                                                     die geringe Promotionsrate stellt sich
  2019                        29,3                                 11,6             36               die Frage, inwieweit das WissZeitVG als
                                                                                                     Sonderbefristungsgesetz seinen Zweck
  Gesamt                      26,3                                 12,3             25
                                                                                                     erfüllt.
Quelle: Gassmann (2020)

                                                               DIE STUDIE:
                                                               F. Gassmann unter Mitwirkung von J. Groß und C. Benkel (2020).
                                                               Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Eine erste Evaluation der
                                                               Novellierung von 2016. Max-Traeger-Stiftung, GEW, verfügbar unter:
                                                               www.gew.de/evaluationwisszeitvg
10 I DUZ SPECIAL

ZEHN JAHRE
TEMPLINER
MANIFEST
EINE CHRONIK

                                                                            2010
DIE ZEHN FORDERUNGEN
DES TEMPLINER MANIFESTS
                                            01.-04.09.2010 TEMPLIN                         02.12.2010 BERLIN
 1. Promotionsphase besser               4. GEW-WISSENSCHAFTS­KONFERENZ:            WISSENSCHAFTLICHER NACHWUCHS IST
    absichern und strukturieren       „TRAUMJOB ­WISSENSCHAFT? KARRIEREWEGE          THEMA ­EINER AKTUELLEN STUNDE IM
                                           IN HOCHSCHULE UND FORSCHUNG“                         ­BUNDESTAG
 2. Postdocs verlässliche
    Perspektiven geben                 In Templin in der Uckermark diskutie-      Die Bundestagsdebatte über „Fehlende
                                       ren rund 150 Wissenschaftler*innen,        Aktivitäten der Bundesregierung hin-
 3. Daueraufgaben mit                  Bundestagsabgeordnete und Wissen­          sichtlich der Zukunftsängste des wissen-
    Dauerstellen erfüllen              schafts­politiker*innen die prekären       schaftlichen Nachwuchses“ ist eine erste
                                       Beschäftigungsbedingungen in Hoch-         Reaktion auf das Templiner Manifest.
 4. Prekäre durch reguläre
                                       schule und Forschung. Unter dem Motto
    Beschäftigung ersetzen
                                      „Traumjob Wissenschaft“ entsteht das
 5. Im Gleichgewicht lehren,          „Templiner Manifest“ mit zehn Forderun-
    forschen und leben                 gen für eine „Reform von Personalstruk-
                                       tur und Berufswegen in Hochschule und
 6. Ausgeglichenes                     Forschung“. Der Slogan „Dauerstellen für
    Geschlechterverhältnis             Daueraufgaben“ wird schon bald zum ge-
    durchsetzen                        flügelten Wort und Markenzeichen der
                                       GEW-Kampagne.
 7. Gleichberechtigt
    mitbestimmen

 8. Mobilität fördern,
    nicht bestrafen

 9. Hochschule und Forschung
    bedarfs- und nachfragegerecht
    ausbauen

10. Alle Beschäftigungsverhältnisse
    tarifvertraglich aushandeln
CHRONIK I 11

         21.01.2011 BERLIN
1. FOLLOW-UP-KONGRESS ZUM TEMPLINER
    MANIFEST: „GUTE FORSCHUNG UND
LEHRE – GUTE ARBEIT: ZWEI SEITEN EINER
               MEDAILLE“

Mit regelmäßigen Follow-up-Kongres-
sen bringt die GEW neue Impulse in
die wissenschaftspolitischen Debatten
und sorgt dafür, dass die reformbe-
dürftigen Karriere­wege und schlechten
Beschäftigungsbedingungen im öffent-
lichen Gedächtnis verankert bleiben. Mit
der Studie „Dynamik oder Stillstand?
Personalbedarf an deutschen Hochschu-
len bis 2020“ von Dr. Silke Gülker weist
die GEW nach, dass Hochschulen nach-
haltigen Bedarf an zusätzlichem wissen-
schaftlichem Personal haben – und damit
enormen Spielraum für Strukturrefor-
men und Entfristungen.

                                                         2011

                                                    09.03.2011 BERLIN                           01.06.2011 ERFURT
                                               BUNDESMINISTERIUM FÜR BILDUNG            BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) URTEILT
                                              UND FORSCHUNG (BMBF) VERÖFFENT­                    ZUM WISSZEITVG
                                            LICHT ERGEBNISSE DER EVALUATION DES
                                            WISSENSCHAFTS­ZEITVERTRAGSGESETZES         Das BAG gibt einer Lehrkraft für besonde-
                                                       (WISSZEITVG)                    re Aufgaben recht, die mit Unterstützung
                                                                                       der GEW geklagt hat. Arbeitsverträge
                                           Die vom BMBF in Auftrag gegebene Eva-       dürfen nur befristet werden, wenn Be-
                                           luation des WissZeitVG durch die HIS        schäftigte überwiegend wissenschaftlich
                                           GmbH zeigt: Über die Hälfte der befriste-   arbeiten. Dem Befristungsmissbrauch
                                           ten Arbeitsverträge mit wissenschaftli-     werden dadurch enge Grenzen gesetzt,
                                           chen Mitarbeiter*innen an Hochschulen       hebt die GEW in einer Pressemitteilung
                                           hat eine Laufzeit von unter einem Jahr,     hervor.
                                           an Forschungseinrichtungen sind es ge-
                                           nau 50 Prozent.                             30.11.2011 UND 28.03.2012 BERLIN
                                                                                          BUNDESTAG MACHT ANHÖRUNGEN ­ZU
                                                    26.05.2011 BERLIN                   WISSZEITVG UND WISSENSCHAFTLICHEM
                                            2. FOLLOW-UP-KONGRESS: „LIZENZ ZUM                      NACHWUCHS
                                             BEFRISTEN – DAS WISSENSCHAFTSZEIT-
                                            VERTRAGSGESETZ NACH DER EVALUATION“        Dr. Andreas Keller wird als Sachver-
                                                                                       ständiger im Ausschuss für Bildung,
                                           GEW-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Kel-      Forschung und Technikfolgenab-
                                           ler fordert eine Überprüfung des Wiss-      schätzung angehört und fordert das
                                           ZeitVG und als Sofortmaßnahme eine          Parlament auf, Hochschulen und
                                           Aufhebung der Tarifsperre, die Gewerk-      Forschungseinrichtungen gesetzlich zu
                                           schaften und Arbeitgebern verbietet,        verpflichten, „die Befristung von Arbeits-
                                           selbst sachgerechte Befristungsregeln       verhältnissen verantwortungsbewusst
                                           auszuhandeln.                               zu handhaben“ – durch Verankerung
                                                                                       von Mindeststandards für Zeitverträge
                                                                                       im WissZeitVG.
12 I DUZ SPECIAL

                                                                                             18.04.2013 BERLIN
                                                                                    4. FOLLOW-UP-KONGRESS: „GEHE Z ­ URÜCK
                                                                                       AUF LOS ... ZUR VEREINBARKEIT VON
                                                                                       ­FAMILIE UND WISSENSCHAFTLICHER
                                                                                                ­QUALIFIZIERUNG“

       24.04.2012 HAMBURG                                                           Die GEW zeigt die Schwächen der so-
  HOCHSCHULREKTORENKONFERENZ (HRK)                                                  genannten familienpolitischen Kom-
 VERABSCHIEDET BEFRISTUNGSLEITLINIEN                    15.11.2012 BERLIN
                                                                                    ponente des WissZeitVG auf. Die Kom-
                                          3. FOLLOW-UP-KONGRESS: „GUTE ARBEIT       ponente sieht vor, dass Zeitverträge
Die HRK verabschiedet „Leitlinien für     IN DER WISSENSCHAFT – VOM TEMPLINER       mit Wissenschaftler*innen, die Kinder
die Ausgestaltung befristeter Beschäf-     MANIFEST ZUM HERRSCHINGER KODEX“         betreuen, verlängert werden können
tigungsverhältnisse mit wissenschaft-                                               – auch über die zulässige Befristungs-
lichem und künstlerischem Perso-         Personalvertretungen und Hochschul-        dauer hinaus. Einen Anspruch darauf
nal“. Die Hochschulen sollen planbare    leitungen, Frauen- und Gleichstellungs-    haben die Beschäftigten aber nicht. In
Karrierewege schaffen, Dauerstellen-     beauftragte beraten mit der GEW, wie der   einem Positionspapier fordert die GEW
konzepte vorlegen und eine familien-     Herrschinger Kodex an Hochschulen und      eine verbindliche Ausgestaltung der
freundliche Verlängerung von Zeitver-    Forschungseinrichtungen in die Praxis      Regelung und eine Einbeziehung der
trägen ermöglichen.                      umgesetzt werden kann.                     Drittmittelangestellten.

                                  2012

        05.-08.09.2012                                                                       03.05.2013 BERLIN
    HERRSCHING AM AMMERSEE                                                              BUNDESRAT VERHANDELT LÄNDER­
                                                                                      INITIATIVE FÜR WISSZEITVG-NOVELLE
  6. GEW-­W ISSENSCHAFTSKONFERENZ:
„BAUSTELLE HOCHSCHULE – A ­ TTRAKTIVE
 KARRIEREWEGE UND BESCHÄFTIGUNGS­                                                   Auf Antrag der Länder Baden-Württem-
       BEDINGUNGEN GESTALTEN“                                                       berg, Hamburg und Nordrhein-Westfa-
                                                                                    len berät die Länderkammer über einen
Die GEW erarbeitet den Herrschin-                                                   Gesetzentwurf zur Änderung des Wiss-
ger Kodex „Gute Arbeit in der Wissen-       Gute Arbeit in der                      ZeitVG. Vorgesehen sind Mindestlaufzei-
schaft“ (www.herrschinger-kodex.de),        Wissenschaft                            ten für Drittmittelbeschäftigte sowie die
den sie selbst als „Werkzeugkasten                                                  Streichung der Tarifsperre. Die Initiative
zur Umsetzung des Templiner Ma-             Ein Leitfaden                           wird abgelehnt.
                                            für Hochschulen und
nifests“ bezeichnet. Mit dem Ko-            Forschungseinrichtungen
dex können sich Hochschulen und
Forschungseinrichtungen freiwillig zu
stabilen Beschäftigungsbedingungen
und berechenbaren Karrierewegen für
Wissenschaftler*innen verpflichten.

                                            Gewerkschaft
                                            Erziehung und Wissenschaft
CHRONIK I 13

                                                    09.-12.10. 2013 BERLIN
                                              7. GEW-WISSENSCHAFTSKONFERENZ: „AUF-
          07.06.2013 BERLIN                     STIEG ODER AUSSTIEG? WISSENSCHAFT
   BUNDESTAG VERABSCHIEDET ANTRAG               ZWISCHEN DOKTORHUT UND KATHEDER“
  „EXZELLENTE PERSPEKTIVEN FÜR DEN
    WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHS              Mit dem Köpenicker Appell „Jetzt die
          ­FORTENTWICKELN“                    Weichen für den ‚Traumjob Wissen-
                                              schaft‘ stellen! Vorschläge für ein
Das Parlament stimmt dem Antrag der           100-Tage-Programm der neuen Bun-
Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP          desregierung“ fordert die GEW die Bun-
zu, mit dem die Bundesregierung aufge-        desregierung auf, ein „Förderprogramm
fordert wird, bei der HRK einen Leitfaden     für verlässliche Karrierewege in der
sowie eine „Selbstverpflichtungserklä-        Wissenschaft“ aufzulegen, das Hoch-
rung“ zum wissenschaftlichen Nach-            schulen Anreize für die Schaffung von
wuchs „anzufordern“. Bei außeruni-            Tenure-Track-Modellen gibt. Vom Bund
versitären Forschungseinrichtungen            finanzierte Wissenschaftseinrichtungen
sollen die Vertragslaufzeiten der Dauer       sollen zur Tariftreue und einem Kodex
der Forschungsprojekte oder Qualifizie-       „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ ver-
rungsvorhaben angepasst werden.               pflichtet werden.

                                                           2013

    12.-16.06.2013 DÜSSELDORF                                                                   27.11.2013 BERLIN
  7. GEW-GEWERKSCHAFTSTAG: AKTIONS­                                                     GROSSE KOALITION SETZT AUF PLANBARE
      PROGRAMM ZUR UMSETZUNG DES                                                          UND VERLÄSSLICHE KARRIEREWEGE
          TEMPLINER MANIFESTS
                                                                                       Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und
Unter dem Motto „Wege zum Traumjob                                                     SPD für die Arbeit der Bundesregierung
Wissenschaft“ verabschieden die 432                                                    von 2013 bis 2017 enthält Vereinbarun-
stimmberechtigten Delegierten das                                                      gen über „Planbare und verlässliche
Aktionsprogramm, das eine „Roadmap“                                                    Karrierewege in der Wissenschaft“. Die
für Bund, Länder, Tarifpartner, Hoch-                                                  Große Koalition will im Rahmen ihrer
schulen und Forschungseinrichtungen                                                    Förderung „auf angemessene Laufzei-
darstellt. Zum Maßnahmenkatalog                                                        ten der Anstellungsverträge achten“ und
gehören die Novellierung des Wiss-                                                     Gleichstellungsstandards durchsetzen.
ZeitVG, eine Reform der Landeshoch-
schulgesetze, die Verbesserung von
Beschäftigungsbedingungen über die
Wissenschaftsfinanzierung, die tarifli-
che Vereinbarung einer Befristungszu-
lage und Kodizes für Gute Arbeit nach
dem Vorbild des Herrschinger Kodex. Die
Exzellenzinitiative soll in einen „Pakt für
Gute Arbeit in der Wissenschaft“ umge-
wandelt werden.
14 I DUZ SPECIAL

                                                                                            06.11.2014 BUNDESWEIT
                                                  01.07.2014 HAMBURG                    AKTIONSTAG DER LEHRBEAUFTRAGTEN
                                             NOVELLE DES HAMBURGISCHEN HOCH-
                                           SCHULGESETZES SETZT CODE OF CONDUCT        Dem gemeinsamen Aufruf von GEW und
                                                         IN KRAFT                     Bundeskonferenzen der Lehrbeauftrag-
        02.04.2014 BERLIN                                                             ten folgen Hunderte Betroffene. Unter
  5. FOLLOW-UP-KONGRESS: „WEGE ZUM         Mit der Novelle werden Regelungen des      dem Motto „Prekäre durch reguläre Be-
  TRAUMJOB WISSENSCHAFT – JETZT DIE        mit Personalräten und Gewerkschaf-         schäftigung ersetzen“ schlägt die GEW in
    WEICHEN FÜR GUTE ARBEIT IN DER         ten ausgehandelten Code of Conduct         einem Positionspapier vor, Lehraufträge
        ­WISSENSCHAFT STELLEN“            „Prekäre Beschäftigungsverhältnisse in      in sozialversicherungspflichtige Be-
                                           der Wissenschaft“ für alle Hamburger       schäftigungsverhältnisse umzuwandeln,
Die GEW diskutiert die Perspektiven der    Hochschulen verbindlich. Dieser enthält    wenn Lehrbeauftragte Daueraufgaben
Umsetzung ihres „Aktionsprogramms          eine dreijährige Mindestvertragslaufzeit   in der Lehre wahrnehmen. Im Übrigen
zur Umsetzung des Templiner Mani-          für Qualifikationsstellen und bekennt      spricht sie sich für Mindeststandards für
fest“ mit Bundestagsabgeordneten aller     sich zum Grundsatz „Dauerstellen für       Bezahlung, Vertragsdauer und Verlänge-
Fraktionen.                                Daueraufgaben“.                            rungsoptionen aus.

                                                         2014

  13.05.2014 FRANKFURT AM MAIN                      14.07.2014 BERLIN                          19.12.2014 BERLIN
  HRK VERABSCHIEDET ORIENTIERUNGS­        WISSENSCHAFTSRAT LEGT „EMPFEHLUNGEN            BUNDESRAT STIMMT LOCKERUNG DES
      RAHMEN ZUR FÖRDERUNG DES               ZU KARRIEREZIELEN UND -WEGEN AN                ­KOOPERATIONSVERBOTS ZU
  ­WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES                  ­UNIVERSITÄTEN“ VOR
                                                                                      Der Bundesrat stimmt der Änderung
Mit ihrem Orientierungsrahmen emp-        Das Bund-Länder-Beratungsgremium            von Artikel 91b des Grundgesetzes zu.
fiehlt die HRK ihren Mitgliedshoch-       empfiehlt die Einführung eines Tenure       In „Fällen überregionaler Bedeutung
schulen, Konzepte zur Förderung           Track sowie die Etablierung von Dauer-      bei der Förderung von Wissenschaft,
des wissenschaftlichen Nachwuch-          stellen für Wissenschaftler*innen neben     Forschung und Lehre“ dürfen Bund und
ses vorzulegen. Ziele sind mehr Ver-      der Professur.                              Länder zusammenarbeiten, auch auf
lässlichkeit und Transparenz in der                                                   unbestimmte Zeit. Damit ist der Weg frei
Karriereplanung, Personalentwick-                                                     für eine Beteiligung des Bundes an der
lung für Wissenschaftler*innen und              16.09.2014 DÜSSELDORF                 Grundfinanzierung der Hochschulen –
Dauerstellenkonzepte.                      HOCHSCHULZUKUNFTSGESETZ NORDRHEIN-         auch für mehr Dauerstellen in Lehre und
                                             WESTFALEN VERLANGT RAHMENKODEX           Forschung.

                                          Das Gesetz verpflichtet Wissenschafts-
                                          ministerium, Hochschulleitungen und
                                          Personalräte, einen „Rahmenkodex für
                                          gute Beschäftigungsbedingungen“ zu
                                          erarbeiten.
CHRONIK I 15

                                                          ANJA KARLICZEK, MDB, BUNDESMINISTERIN FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG
                                                             „Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck für gute Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft ein.
                                                              In den letzten Jahren hat das Bundesforschungsministerium auf vielfältige Weise dazu beigetragen,
                                                              die Beschäftigungsbedingungen und Karriereperspektiven in der Wissenschaft zu verbessern. Dabei
                                                              haben wir wesentliche Impulse für Strukturveränderungen gesetzt.
                     Foto: Laurence Chaperon

                                                            Mit dem Tenure-Track-Programm von Bund und Ländern haben wir 1 000 zusätzliche Tenure-Track-
                                                          Professuren geschaffen, um die Karrierewege in der Wissenschaft transparenter und planbarer zu ma-
                                               chen. Der ‚Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken‘ und die Exzellenzstrategie geben den Hochschulen lang-
                                               fristig Planungssicherheit. Ich erwarte, dass sie diese nutzen und mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse
                                               schaffen.

                                               Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) ermöglicht besondere Befristungsmöglichkeiten in der Wissen-
                                               schaft. Möglichst viele junge Menschen sollen sich wissenschaftlich qualifizieren können. Das Gesetz muss jedoch
                                               mit einer guten Befristungspraxis gelebt werden. Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen als Arbeitgebe-
                                               rinnen müssen mit den ihnen gewährten Freiräumen verantwortungsvoll umgehen. Im Frühjahr 2022 werden
                                               die Ergebnisse der Evaluation des WissZeitVG vorliegen. Dann werden wir prüfen, ob es Anpassungsbedarf gibt.

                                               Fest steht: Gute Wissenschaft braucht gute Arbeitsbedingungen. Dafür werde ich mich weiter einsetzen.“

                                               REINER HOFFMANN, VORSITZENDER DES DEUTSCHEN GEWERKSCHAFTSBUNDES (DGB)
                                               „Wer in Hochschule und Forschung arbeitet, ist viel zu oft mit unberechenbaren Perspektiven kon-
                                               frontiert: immer neue Fristverträge zumeist mit kurzen Laufzeiten, kaum planbare Karrierewege,
                                               wenig Verlässlichkeit. Das hat sich in den vergangenen zehn Jahren leider kaum verbessert. Die

                                                                                                                                                                   Foto: Detlef Eden
                                               DGB-Gewerkschaften – und nicht zuletzt die GEW mit ihrer Kampagne „Traumjob Wissenschaft“
                                               – haben die Fragen der prekären Beschäftigung in der Wissenschaft auf die Tagesordnung gesetzt
                                               und drängen auf ein Ende der Hire-and-Fire-Mentalität. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung
                                               Schlupflöcher im Wissenschaftszeitvertragsgesetz stopft, damit es endlich mehr Dauerstellen für Daueraufgaben,
                                               Mindestlaufzeiten für Zeitverträge und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft gibt. Der DGB wird noch in
                                               diesem Jahr seinen Hochschulreport veröffentlichen, um zu zeigen, wie die Beschäftigten an den Hochschulen ihre
                                               Arbeit sehen. Damit bekommen die Beschäftigten ein weiteres Mal eine Stimme in der Diskussion um gute Arbeit
                                                       in der Wissenschaft.“

                                                             DR. STEFAN KAUFMANN, MDB, MITGLIED IM AUSSCHUSS FÜR BILDUNG,
                                                              FORSCHUNG UND TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG, CDU/CSU-BUNDESTAGSFRAKTION
                                                               „Für unser Wissenschaftssystem brauchen wir die klügsten Köpfe. Dafür ist es entscheidend, dass
Foto: Martin Kraft (photo.martinkraft.com),

                                                             Karrierewege in der Wissenschaft attraktiv bleiben. Union und SPD haben dafür in den letzten Jahren
                                                          wichtige, Maßnahmen auf dem Weg gebracht. Befristungen ohne Sachgrund dürfen nur noch im Rahmen
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                                                    einer Qualifizierung erfolgen. Zudem haben wir ermöglicht, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
                                               ihre Qualifizierung und berufliche Weiterentwicklung trotz der Corona-Pandemie weiterverfolgen. Gerade für junge
                                               Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind planbare und durchlässige Karrierewege von großer Bedeutung.
                                               Daher haben wir das Tenure-Track-Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs aufgelegt. Auch das Profes-
                                               sorinnenprogramm, das junge Nachwuchswissenschaftlerinnen auf dem Weg zur Professur fördert, ist auf große
                                               Resonanz gestoßen. Nun sind die Ergebnisse der Evaluation des WissZeitVG abzuwarten und auszuwerten. Dabei
                                               stehen wir als Union für einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Generationengerechtigkeit durch Wettbewerb
                                               einerseits und verlässlichen Perspektiven für junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und  -wissenschaftler ande-
                                               rerseits. Zudem wollen wir, dass für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überzeugende Personalentwick-
                                               lungskonzepte unter Berücksichtigung der Gleichstellung erarbeitet werden. Der Wechsel zwischen Universitäten,
                                               außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Wirtschaft soll erleichtert werden.“
16 I DUZ SPECIAL

                                                                     OLIVER KACZMAREK, MDB,
                                                                       BILDUNGS- UND FORSCHUNGS­POLITISCHER SPRECHER
                                                                       DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION
                                                                         „Die Anforderungen an Wissenschaftlerinnen und Wissen-
                                                                        schaftler sind hoch und wachsen mit der Aneignung digita-                                                                       16.01.2015 BERLIN
Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

                                                                     ler Lehrkompetenzen im Zuge der Corona-Pandemie weiter an.                                                                   6. FOLLOW-UP-KONGRESS: „DAUER­
                                                               Seit der Einführung der drei großen Wissenschaftspakte – Exzellenz­                                                              STELLEN FÜR DAUERAUFGABEN, MINDEST-
                                                          initiative, Hochschulpakt und Pakt für Forschung und Innovation – ist                                                                     STANDARDS FÜR ZEITVERTRÄGE“
                                                          das System sehr innovationsgetrieben.
                                                                                                                                                                                                Die GEW legt einen eigenen Gesetzent-
                                                          Die Arbeitsbedingungen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-                                                                  wurf zur Reform des WissZeitVG vor. Die
                                                          ler entsprechen dabei aber nicht dem erforderlichen Standard. Bund und                                                                Diskussion mit Bundestagsabgeordne-
                                                          Länder sind in der Verantwortung, die Gleichstellung der Geschlechter,                                                                ten und Vertreter*innen von Wissen-
                                                          die Förderung von Dual-Career-Modellen, die Implementierung von                                                                       schaftsorganisationen zeigt, dass es
                                                          100-Prozent-Promotionsstellen sowie die Weiterentwicklung der Stellen-                                                                nicht mehr um das „Ob“, sondern um das
                                                          profile im Wissenschaftssystem und die Unterstützung bei der digitalen                                                               „Wie“ einer Gesetzesänderung geht.
                                                          Lehre voranzutreiben.

                                                          Im Rahmen der Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und der
                                                          Einführung des Pakts für den wissenschaftlichen Nachwuchs wurden die
                                                          Karriereoptionen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
                                                          bereits verbessert. Die Kampagne der GEW „Traumjob Wissenschaft“
                                                          sowie das Templiner Manifest haben hierfür viel bewegt und machen
                                                          deutlich, wie wichtig es ist, diesen Weg weiterzugehen.“

                                                                                                                                                                                                       26.03.2015 MÜNCHEN
                                                          DR. H.C. THOMAS SATTELBERGER, MDB,                                                                                                      MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT ERLÄSST
                                                                                                                                                                                                 NEUE RICHTLINIEN ZUR VERGÜTUNG VON
                                                          SPRECHER FÜR INNOVATION, BILDUNG UND                                                                                                             PROMOVIERENDEN
                                                          FORSCHUNG DER FDP-BUNDESTAGSFRAKTION
                                                                                                                                                                                                 Promovierende sollen künftig über
                                                          „Wissenschaftseinrichtungen brauchen Atmungs­                                                                                         sozialversicherungspflichtige Be-
                                                          potenziale und Fluktuation für Innovationsfähigkeit, aber
                                                                                                                                     Foto: Steffen Prößdorf, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

                                                                                                                                                                                               schäftigungsverhältnisse gefördert
                                                          auch Generationenfairness. Dass allerdings 80 Prozent der                                                                            werden, sehen die neuen Richtlinien vor.
                                                          Stellen befristet sind, ist ein unsäglicher Zustand für Betroffene                                                                  Doktorand*innen und GEW hatten zuvor
                                                          – verbunden mit einer unsicheren beruflichen Zukunft, Familienplanung                                                                Dumpinglöhne und die Einsparung von
                                                          unter Druck und innovationsschädlichen Abhängigkeiten.                                                                             Sozialversicherungsbeiträgen bei der
                                                                                                                                                                                               Promotionsförderung mit hauseigenen
                                                          Reizt man alle Befristungsvarianten aus, qualifikations- wie drittmit-                                                               Stipendien kritisiert.
                                                          telbasierte, sind langjährige Kettenverträge leider gelebte Praxis. Ein
                                                          Unding, zumal bei hoch spezialisierter Grundlagenforschung nach Ver-
                                                                                                                                                                                                       07.05.2015 BRÜSSEL
                                                          tragsende ein breiterer Einsatz in der Wissenschaft meist sehr schwierig                                                                 EUROPAWEITE EMPFEHLUNGEN FÜR
                                                                                                                                                                                                      ­ATTRAKTIVE KARRIEREWEGE
                                                          wird. Viele gute Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzen sich
                                                          solchen Zuständen nicht aus, sie wechseln ins Ausland. Das ist der fal-                                                             Im Rahmen des Sozialdialogs unter dem
                                                          sche Weg für Deutschland.                                                                                                            Dach der Europäischen Union legen das
                                                                                                                                                                                               European Trade Union Committee for
                                                          Was tun? Promotionen müssen von Beginn an über ihre gesamte Laufzeit
                                                                                                                                                                                               Education (ETUCE) und die European
                                                          abgesichert sein, natürlich mit realistischem Zeitrahmen. Vertragslauf-                                                             Federation of Education Employers
                                                          zeiten sind an Projektlaufzeiten zu knüpfen. Die Sollbestimmung im Wis-                                                             (EFFE) gemeinsame Empfehlungen für
                                                          senschaftszeitvertragsgesetz an dieser Stelle ist viel zu weich und wird                                                             attraktive und planbare Karrierewege in
                                                          unterlaufen. Und: Dauerstellen für Daueraufgaben!                                                                                    Hochschule und Forschung vor. Dr. An-
                                                                                                                                                                                               dreas Keller, ETUCE-Vizepräsident, ruft
                                                          Zudem müssen wir etwas tun gegen Karriere-Silos in der Wissenschaft,                                                                 Regierungen und Hochschulen dazu auf,
                                                          und zwar durch partnerschaftliche Initiativen für cross-sektorale Per-                                                              das Bologna-Ziel, ein „förderliches Ar-
                                                          sonalentwicklung in Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung.“                                                                        beitsumfeld“ für Hochschulbeschäftigte
                                                                                                                                                                                               zu schaffen, ernst zu nehmen.
CHRONIK I 17

                                                 02.-06.11.2015 BUNDESWEIT
                                             AKTIONSWOCHE „TRAUMJOB ­WISSENSCHAFT“
                                             Mit 100 Aktionen in allen 16 Bundeslän-
                                             dern erhöht die GEW den Druck auf die
                                             Große Koalition, eine wirksame Reform
                                             des WissZeitVG durchzusetzen. Vor dem
                                             Brandenburger Tor in Berlin veran-
                                             schaulichen 50 Aktivist*innen in roten
                                             und grünen Ganzkörperanzügen das
                                             Verhältnis von befristet und unbefris-
   12.05.2015 KAISERSLAUTERN                 tet angestellten Wissenschaftler*innen
  HRK VERABSCHIEDET KERNTHESEN ZU            an Universitäten: neun zu eins. Gleich-              17.12.2015 BERLIN
    IHREM ORIENTIERUNGSRAHMEN                zeitig berät der Bundestag in erster Le-
                                             sung den Regierungsentwurf für eine               BUNDESTAG VERABSCHIEDET
Die Erstbefristung von Arbeitsverhält-       WissZeitVG-Novelle.                                 ­WISSZEITVG-NOVELLE
nissen soll so bemessen sein, dass das                                                  Der Bundestag verabschiedet die von der
Qualifikationsziel erreicht werden kön-                                                 GEW seit Jahren geforderte Novelle des
ne, formuliert die HRK in ihren Kern-                                                   WissZeitVG. Nach der Zustimmung des
thesen. Für Promotionsstellen wird eine                                                 Bundesrats tritt die Novelle am 17.03.2016
Untergrenze von zwei Jahren mit einer                                                   in Kraft. Dr. Andreas Keller begrüßt die
Verlängerungsoption von einem Jahr                                                      Novelle als „Etappensieg im Kampf ge-
empfohlen.                                                                              gen den Befristungsmissbrauch“.

                            2015
                                                                                        WISSZEITVG-NOVELLE:
                                                                                        TEILWEISE UMSETZUNG
         02.09.2015 BERLIN                            11.11.2015 BERLIN
                                                                                        DER GEW-VORSCHLÄGE
 BUNDESKABINETT BRINGT NOVELLIERUNG              BUNDESTAGSANHÖRUNG BESSERT
     DES WISSZEITVG AUF DEN WEG                    ­WISSZEITVG-NOVELLE NACH
                                                                                           Eingrenzung des personellen
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundes-       Im Anschluss an eine Anhörung be-             Geltungsbereichs des Gesetzes: ja
regierung die Laufzeit von Zeitverträgen     schließt der Ausschuss für Bildung, For-
an den Befristungszweck binden. Die          schung und Technikfolgenabschätzung           Aufhebung der Tarifsperre:
bisher sachgrundlose Befristung soll         von der GEW vorgeschlagene Änderun-           nein
von der Förderung der Qualifizierung         gen an der geplanten Gesetzesnovelle:
abhängig gemacht werden. Die famili-         Die Mindestlaufzeit von Zeitverträgen         Dauerstellen für Daueraufgaben:
enpolitische Komponente soll um eine         mit Drittmittelbeschäftigten soll sich        teilweise
behindertenpolitische ergänzt werden.        an der Projektlaufzeit orientieren, die
Für studentische Beschäftigte soll ein ei-   zulässige Befristungsdauer für studen-
                                                                                           Qualifizierung als Voraussetzung für
gener Befristungstatbestand geschaffen       tische Beschäftigte von vier auf sechs
                                                                                           bisher sachgrundlose Befristung: ja
werden. Technisches und Verwaltungs-         Jahre angehoben werden.
personal soll nicht mehr nach Wiss-
ZeitVG befristet werden dürfen.                       25.11.2015 BERLIN                    Keine Befristung in der Postdoc-
                                                  EUROPA-UNIVERSITÄT VIADRINA              Phase ohne Tenure Track: nein
                                               ­FRANKFURT (ODER) ERHÄLT PERSONAL­
                                                        RÄTEPREIS GOLD                     Mindestlaufzeiten für Zeitverträge:
                                                                                           teilweise
                                             Der Wissenschaftliche Personalrat der
                                             Viadrina wird für seine mit der Univer-       Verbindliche Ausgestaltung der
                                             sitätsleitung abgeschlossene Dienst-          familienpolitischen Komponente: nein
                                             vereinbarung prämiert, die Mindest-
                                             vertragslaufzeiten von drei Jahren für        Einführung einer behinderten­
                                             Promovierende, vier Jahren für Postdocs       politischen Komponente: ja
                                             und eine Anwendung der familienpoliti-
                                             schen Komponente des WissZeitVG „in
                                             vollem Umfang“ vorschreibt.
18 I DUZ SPECIAL

                                                                                             22.03.2017 BERLIN
         21.04.2016 BERLIN
                                                                                      8. FOLLOW-UP-KONGRESS: „­JOBTRAUMA
 7. FOLLOW-UP-KONGRESS: „HER MIT DER                                                      ODER TRAUMJOB WISSENSCHAFT?
 MILLIARDE! VON DER NOVELLIERUNG DES                20.05.2016 BONN
                                                                                      KARRIERE­WEGE UND BESCHÄFTIGUNGS­
­WISSENSCHAFTSZEITVERTRAGSGESETZES        GEMEINSAME WISSENSCHAFTSKONFERENZ                BEDINGUNGEN IN HOCHSCHULE
 ZUM PAKT FÜR VERLÄSSLICHE KARRIERE­           (GWK) VERSTÄNDIGT SICH AUF               UND ­FORSCHUNG AM VORABEND DER
       WEGE IN DER WISSENSCHAFT“                 TENURE-TRACK-PROGRAMM                          ­BUNDESTAGSWAHL“
Die GEW stellt ihr „Fünf-Punkte-Pro-      Mit dem Programm zur Förderung des
gramm zur Durchsetzung des neuen          wissenschaftlichen Nachwuchses wer-        Die GEW präsentiert ihre neue Web-
Befristungsrechts in der Wissenschaft“    den von 2017 bis 2032 mit einer Milliar-   site www.kodex-check.de, auf der
vor, das unter dem Motto „Den Para-       de Euro insgesamt 1000 Tenure-Track-       für alle staatlichen Universitäten
grafen müssen Taten folgen“ steht.        Professuren gefördert. Die geförderten     Deutschlands Schlüsseldaten zu
In dessen Mittelpunkt stehen die          Universitäten müssen ein Personalent-      Beschäftigungsbedingungen und Perso-
GEW-Anforderungen an das geplante         wicklungskonzept vorlegen.                 nalpolitik abgerufen werden können.

                                   2016                                                                       2017

Tenure-Track-Programm von Bund und         28.09.-01.10.2016 LUTHERSTADT
Ländern: Die Stellen sollen auf Dauer               WITTENBERG
erhalten bleiben und zu mindestens          9. GEW-WISSENSCHAFTSKONFERENZ
50 Prozent mit Frauen besetzt werden.       „VON PAKT ZU PAKT? PERSPEKTIVEN
Es sollen nur Hochschulen gefördert        DER HOCHSCHUL- UND WISSENSCHAFTS­
werden, die schlüssige Personalentwick-              FINANZIERUNG“
lungs- und Dauerstellenkonzepte haben.
                                          Die GEW fordert in ihrer „Wittenberger
                                          Erklärung“ Bund und Länder auf, ihr
                                          Tenure-Track-Programm mit einer „Ent-
                                          fristungsoffensive“ zu flankieren. Dafür
                                          sollten sie die Handlungsmöglichkeiten
                                          des Kooperationsverbots nutzen. Das
                                          Tenure-Track-Programm soll von 1000
                                          auf 5000 Stellen aufgestockt werden,
                                          fordert die GEW unter Berufung auf
                                          eine Bedarfsberechnung von Dr. Anke
                                          Burkhardt.
CRONIK I 19
                                                                                                                  NICOLE ­GOHLKE, MDB, ­
                                                                                                                   HOCHSCHUL- UND WISSENSCHAFTS­POLITISCHE
                                                                                                                   ­SPRECHERIN DER ­BUNDESTAGSFRAKTION DIE LINKE
                                                                                                                   „Das Templiner Manifest hat vor zehn Jahren bitter nötige

                                          Foto: FishInWater (talk), Wikimedia Commons, CC BY 2.0
                                                                                                                  Ziele zur Reform der Karrierewege in der Wissenschaft ent-
                                                                                                               worfen. Es bleibt auch im Jahr 2020 notwendig, entschlossen
                                                                                                   für diese Ziele zu kämpfen. Denn leider haben sich die Karrierewege und
                                                                                                   Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen in den letzten zehn Jahren
                                                                                                   kaum verbessert. Die Maßnahmen und Verpflichtungen in Politik und Wis-
                                                                                                   senschaft bleiben viel zu zaghaft. Als LINKE fordern wir die Ausfinanzierung
                                                                                                   der Hochschulen durch öffentliche Gelder und ein Ende des Befristungs-
                                                                                                   wahns in der Wissenschaftslandschaft. Wir möchten Nachwuchswissen-
  20.07.2017 FRANKFURT AM MAIN                                                                     schaftlerinnen und -wissenschaftler fördern und dafür verlässliche Karri-
  GEW VERÖFFENTLICHT KODEX-SYNOPSE                                                                 ereperspektiven neben der Professur ermöglichen. Es muss uns gemeinsam
                                                                                                   gelingen, endlich die notwendigen Veränderungen anzuschieben und ver-
Die Synopse zum Stand der Umset-                                                                   krustete Strukturen aufzubrechen. Dies gelingt nur in einem starken Bünd-
zung des Herrschinger Kodex „Gute                                                                  nis von Parteien, Gewerkschaften, Initiativen und Bewegungen. Die GEW ist
Arbeit in der Wissenschaft“ vergleicht                                                             und bleibt dabei einer unserer wichtigsten Partner.“
über 100 Kodizes von Hochschulen
und Forschungseinrichtungen sowie
entsprechende Dokumente von Län-
dern, Wissenschaftsorganisationen und                                                              KAI GEHRING, SPRECHER FÜR FORSCHUNG,
Fachgesellschaften.                                                                                WISSENSCHAFT UND HOCHSCHULE DER
                                                                                                   BUNDESTAGSFRAKTION BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                                                                                   „In der Arbeitswelt ist es üblich, gute Mitarbeiterinnen und
                                                                                                   Mitarbeiter zu halten und ihnen langfristige Perspektiven

                                                                                                                                                                                    Foto: Rafael P. D. Suppmann, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 4.0
                                                                                                   zu geben. In der Wissenschaft ist das offenbar nicht so. Der
                                                                                                   wissenschaftliche Nachwuchs an Hochschulen ist zu 93 Prozent
                                                                                                   befristet beschäftigt, an außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu
                                                                                                   84 Prozent. In der übrigen Arbeitswelt sind es etwas mehr als 8 Prozent. Das
                                                                                                   ist ein Missverhältnis, das die GEW und auch die grüne Bundestagsfraktion
       12.10.2017 HANNOVER
                                                                                                   seit Langem anprangern. Es braucht eine neue Balance, damit die kreativen
    STUDIE WEIST GESUNDHEITLICHE                                                                   Köpfe der Wissenschaft nicht länger Lebewohl sagen. Das Wissenschafts-
      BELASTUNG VON BEFRISTET
                                                                                                   zeitvertragsgesetz muss klare Mindestvertragslaufzeiten enthalten und
        BESCHÄFTIGTEN NACH
                                                                                                   eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Auch muss
                                                                                                   die Tarifsperre aufgehoben werden. Noch wichtiger ist, die Grundfinanzie-
Zeitverträge, Mehrarbeit und schwierige
Work-Life-Balance sind auch gesund-                                                                rung der Hochschulen zu stärken und an den Hochschulen für einen Menta-
heitliche Belastungsfaktoren für den                                                               litätswandel zu werben. Die Verstetigung von Bundesprogrammen wie dem
akademischen Mittelbau. Das zeigt eine                                                             Zukunftsvertrag Studium und Lehre gibt den Hochschulen mehr finanzielle
Studie von Timo Lesener und Dr. Burk-                                                              Planungssicherheit, die für den Ausbau von Dauerbeschäftigungen genutzt
hard Gusy, die die GEW gemeinsam mit                                                               werden soll. Diese Vereinbarung muss eingehalten werden.“
dem Arbeitskreis Gesundheitsfördernde
Hochschulen vorstellt.
                                                                                                                  PROF. DR. PETER-ANDRÉ ALT,
                                                                                                                   PRÄSIDENT DER HOCHSCHULREKTORENKONFERENZ
                                                                                                                   „Die Hochschulen sind für ihre komplexen Aufgaben auf
                                                                                                                   das Engagement aller Beschäftigten angewiesen. Im
                                                                                                                  letzten Jahrzehnt haben die Hochschulen viel getan, um
                                          Foto: David Ausserhofer

                                                                                                                Beschäftigungsbedingungen zu verbessern und Karrierewege
                                                                                                             zu diversifizieren. Zum Beispiel durch zusätzliche Tenure-Track-
                                                                                                   Professuren oder mehr Aufmerksamkeit für alle Karriereoptionen, zum Bei-
                                                                                                   spiel an Fachhochschulen. Auch müssen die Laufzeiten von Zeitverträgen so
                                                                                                   bemessen sein, dass die angestrebte Qualifizierung erreichbar und wissen-
                                                                                                   schaftlich ausführbar ist. Es gilt, das Erreichte zu prüfen, Nachteile aus der
                                                                                                   Corona-Krise zu lindern und die Karriereoptionen noch transparenter zu
                                                                                                   machen. Nicht immer wird es eine Professur sein, aber hoch qualifiziertes
                                                                                                   Personal wird innerhalb wie außerhalb der Wissenschaft auch auf anderen
                                                                                                   Positionen gesucht.“
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