Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr

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Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Ein Kulturmagazin des Freundeskreises der Otmar Alt Stiftung

Viele Stunden verbringt Otmar Alt in seinem Atelier und arbeitet an seinen Werken                              Foto: Andreas Buck/Bild

Der „Zeichensetzer“ vollendete sein 80. Lebensjahr
Gisbert Sander vom Westfälischen Anzeiger führte mit Otmar Alt anlässlich seines Geburtstages ein Interview:

Der „Zeichensetzer“ vollendete sein             dien, ein halbes Jahr sorgenfrei          kann. Ich habe mir meinem Lebens-
80. Lebensjahr: Otmar Alt, einer                zu arbeiten. Gisbert Sander, Redak-       abend anders vorgestellt. Ich muss
der bekanntesten zeitgenössischen               teur des Westfälischen Anzeigers und      das noch einmal in aller Deutlich-
Künstler Deutschlands mit Wohn-                 Freundeskreis-Mitglied der ersten Stun-   keit sagen: Ich habe die Stiftung ge-
sitz in Hamm, ist vor allem für sei-            de, sprach mit ihm darüber, wie es der    gründet, um meinen Mitarbeitern
ne konturierten, fabulösen Formen               Stiftung und der Kunst gerade in Coro-    – wir waren damals 16 Leute – eine
mit lebendiger Farbigkeit bekannt.              nazeiten geht.                            Zukunft zu geben. Das hat ja nicht
Als Gestalter hat er Spielzeug und                                                        funktioniert. Weil diese Mitarbeiter
Alltagsgegenstände wie Bobby-Car,               Wie geht es dir?                          andere Ideen verfolgt haben. Ich al-
Erdnussdosen und Porzellan ver-                 In der momentanen Situation nicht         lein könnte von dem leben, was ich
edelt – nicht immer zur Freude der              gut, und dann kommt ja noch das           bewege und was ich verkaufe. Aber
Kritiker. Bekannt ist Alt, der 1940             Alter hinzu, das spürt man einfach.       ich arbeite ja nur noch für die Stif-
in Wernigerode geboren wurde                                                              tung. Ich bin ja im Grunde genom-
und in West-Berlin aufwuchs, auch               Wie geht es der Stiftung?                 men so eine Art Angestellter hier.
für sein gesellschaftliches Engage-             Es sind auch für uns schwere Zei-         Ich glaube, in dieser Gesellschaft
ment: Ein Höhepunkt ist seine nach              ten, durch die Corona Krise ist al-       wird Idealismus teilweise bestraft.
ihm benannte Stiftung, zu der ein               les noch schwieriger geworden. Es         Die Stiftung ist zwar mein persönli-
opulenter Skulpturen-Park gehört,               passiert momentan nur wenig, die          ches Kind, aber ich würde so etwas
der 1996 in Hamm-Norddinker er-                 Spendenbereitschaft ist merklich zu-      heute nicht mehr machen.
öffnet wurde. Dort ermöglicht er                rückgegangen, die gibt es in diesem
Nachwuchskünstlern mit in der                   Bereich sozusagen gar nicht mehr.         Warum nicht?
Regel jährlich vergebenen Stipen-               Ich versuche zu helfen, soweit ich        Die Stiftung aufrechtzuerhalten,
                                                                                                                Fortsetzung auf Seite 2
                                                                                                                                          1
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Otmar Alt erzählt

    Fortsetzung von Seite 1
    kostet viel Kraft und Energie. Und
    es ist ganz, ganz schwierig, die jün-
    gere Generation überhaupt zu mo-
    tivieren, da mitzutun, weil sie ande-
    re Interessen hat.
    Die Stiftung war ein Geschenk an
    die Gesellschaft. Stiften heißt ja
    „Geben und nicht Nehmen“. Aber
    das ist heutzutage wahrlich schwer
    zu erklären. Wenn man heute nach
    Unterstützung fragt, kommt gleich
    die Gegenfrage: „Was kriege ich
    denn dafür?“ Wir sehen das hier in
    unserem Kleinod (Stiftungspark):
    Wenn die Menschen kommen, sind
    sie überwältigt davon, wie schön
    das hier ist. Aber wenn sie durch
    das Tor hinaus sind, sind sie ge-
    danklich schon wieder ganz woan-
    ders.

    Das war doch früher anders: Der
    Freundeskreis hatte mal fast 1000
    Mitglieder und es gab auch prominen-
    te Unterstützer.
    Das ist leider vorbei. Man muss
    einfach sagen: Die junge Generati-
    on hat andere Interessen. Die ist
    überladen mit anderen Aktivitäten.
    Wir sind daher froh, dass es den
    Freundeskreis der Stiftung gibt, de-
    ren Mitglieder seit mehr als 25 Jah-
    ren zur Stiftung stehen.

    Die Corona-Pandemie ist nach der
    Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2007
    die zweite große Herausforderung vor
    allem auch für die Kunst, weil sie als
    Luxus in den Hintergrund tritt.
    Wie bewältigst du, wie bewältigt die     mehr in einer starken Ich-Bezogen-      Wie geht es deiner Kunst – was Aus-
    Stiftung das?                            heit gelebt und eigentlich immer        stellungen und Veranstaltungen be-
    Ich habe einige Corona-Bilder ge-        nur sich selbst gesehen. Aber jetzt     trifft?
    malt. Die Corona-Pandemie ist na-        spürt man doch wieder einen ge-         Das ist ja alles total zusammenge-
    türlich ein ganz schwerer Einschnitt     wissen Gemeinschaftssinn.               brochen durch Corona. Zu mei-
    – nicht nur für uns hier, sondern                                                nem 80. Geburtstag sollten zehn
    gesamtgesellschaftlich. Der Einzelne     Du gewinnst der Krise also auch etwas   Ausstellungen stattfinden, davon
    darf sich da nicht zu wichtig nehmen.    Positives ab?                           sind einige in den Herbst verscho-
    Viele Menschen erleben nie dage-         Jede Form von Auf und Ab hat et-        ben worden – unter anderem die
    wesene Einbußen. Das Zusammen-           was Positives und etwas Negatives.      im Hammer Gustav-Lübcke-Muse-
    rücken der Gesellschaft durch diese      Es ist nur die Frage, wieweit man       um. Da liegt der Bereich der Bil-
    Epidemie finde ich sehr vernünftig.      gelernt hat, damit umzugehen.           denden Kunst im Argen. Auch die
    Denn die Menschen haben immer                                                    Museen und Galerien werden von
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Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
über sich und seine Kunst

einer neuen Generation geleitet.        ve Produkt sich selbst behaupten       ze und Kälte zu tun. Dazu gehören
Die will sich anders darstellen –       muss. Schließlich kann man nicht       immer auch die Menschen, mit de-
und vielleicht muss sie es auch. An-    immer daneben stehen und es er-        nen ich zusammengearbeitet habe.
ders darstellen heißt: Der Blick geht   klären. Kunst, die man erklären        Dann habe ich 25 Jahre für Theater
nach vorne und nicht zurück. Die        muss, ist langweilig. Sie setzt ein    gearbeitet, habe Bühnenbilder und
sagen: Otmar Alt ist ein berühm-        Zeichen, sie strahlt aus und das       Kostüme entwickelt. Und natürlich
ter Mann, um den müssen wir uns         wird entweder wahrgenommen             war die Ausstellung im Weltkultur-
nicht kümmern. Und zu keiner Zeit       oder nicht. Entweder, der Betrach-     erbe Völklinger Hütte eine der auf-
gab es so viele Künstler mit ihrer      ter reagiert oder er reagiert nicht.   regendsten Geschichten.
Ich-Bezogenheit. Viele haben ja die     In der Kunstszene sind ja nicht alle   Ich kann es nicht sagen, was „der“
Vorstellung: Mit Kunst kann man         von Otmar Alt überzeugt. Deswe-        Höhepunkt war, weil ich eigentlich
wahnsinnig viel Geld verdienen. Da      gen nochmal: Alles ist nur ein Be-     immer mit großer Hingabe und Be-
hat sich in der Einstellung gewaltig    mühen, ein Versuch.                    geisterung die Dinge angehe.
etwas verändert gegenüber früher.
                                        Was würdest du als Höhepunkt in        Solange ein Künstler kreativ ist, hat er
Aber deine Kunst hat sich doch immer    deinem künstlerischen Leben bezeich-   doch noch Ziele. Welche sind das bei
wieder erneuert, du hast immer wieder   nen?                                   dir?
Neues ausprobiert.                      Das kann ich so nicht sagen. Es        (Er schmunzelt) Das Ziel, das ich an-
Das, was ich noch an Kraft und          gab gute Zeiten in der Zusammen-       strebe, strebe ich nicht als Künstler
Energie und Seele und hier oben         arbeit mit Rosenthal und VW. Da        an, sondern als Mensch. Ich möch-
in meinem Schatzkästchen (Kopf)         ging es nicht nur um die rein wirt-    te einfach mehr einen Zustand von
habe, das aktiviere ich sehr stark      schaftlichen Dinge. Es ging auch da-   Harmonie, Miteinander-umgehen-
für meine Malerei. Und ich muss         rum, etwas zu lernen, zu erleben.      Können in der Gesellschaft. Und
feststellen: Meine Bilder machen ja     Dazu gehört auch die Erfahrung         das, obwohl heute die Verhaltens-
teilweise, was sie wollen, da muss      mit fremden Materialien – sei es       weisen anders sind. Da müssen wir
ich mich teilweise gegenstemmen.        nun Porzellan, Keramik oder Glas.      älteren Menschen unsere Weisheit
Natürlich bin ich immer noch früh       Dieses elegante, schöne Porzellan,     teilen. Wenn wir das mit der Tole-
morgens um sechs Uhr in meinem          dann diese grobe, manchmal Hef-        ranz schaffen, dann geht es gut. Ich
Atelier und arbeite bis abends um       tige der Keramik, und dann dieses      denke immer positiv und mit der
acht Uhr. Und ich habe auch noch        Glas: Glas hat ja einen ganz eige-     Einstellung: Wir schaffen das.
vieles in meinem Kopf drin.             nen Charakter. Glas will eigentlich
Die Zeit hat sich verändert. Und        immer machen, was es selbst will,        Gisbert Sander/Westfälischer Anzeiger
auch der Otmar Alt hat sich ver-        das hat mit dem Wechsel von Hit-
ändert. In meinem Atelier steht ein
Bild aus den 60er Jahren, das ich da-
mals als Meisterschüler gemalt habe,
und daneben stehen neue Bilder,
die sich mit dem Thema Corona
beschäftigen. Ich komme ja aus der
Informellen Malerei. Und jetzt habe
ich dieses Virus gemalt. Ich habe
versucht, dieses abstrakte Denken,
dieses Informelle herauszulassen,
einfach mal ausprobiert. Ich glaube:
Es funktioniert miteinander, dieses
Spontane und dann dieses struktu-
riert Konstruierte.
Ich bin, glaube ich, einer der weni-
gen Künstler, der es aushält, wenn
jemand sagt, dass er meine Sachen
schlecht findet. Das gehört dazu,
                                                                                 Foto: Astrid Zill/Westfälischer Anzeiger
weil ich glaube, dass dieses kreati-
                                                                                                                            3
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Die Stadt Hamm würdigt Otmar Alt

    Die Stadt Hamm gratuliert dem Künstler auf der Website
                                                                                            Fotoquelle: www.hamm.de
    Zu Ehren von Otmar Alt, der vor
    wenigen Tagen seinen 80. Ge-
    burtstag gefeiert hat, hat die
    Stadt Hamm ein dreieinhalb-
    minütiges Video auf ihrer Ho-
    mepage (www.hamm.de) ver-
    öffentlicht.
    Darin kommt der Künstler
    selbst ausführlich zu Wort, der
    über seine Art der Kunst, über
    seine Stiftung in Norddinker
    und über die Förderung junger        Stadt zu sehen sind. Und der          persönlichen Grußwort von
    Künstler spricht. Dazu gibt es       Künstler gewährt einen Ein-           Oberbürgermeister Thomas
    viele Bilder von seinen Kunst-       blick in sein „Allerheiligstes“       Hunsteger-Petermann, in dem
    werken, die nicht nur im Stif-       – in sein Atelier, in dem er täg-     er ihn als „Aushängeschild für
    tungspark, sondern auch zahl-        lich arbeitet.                        die Stadt“ würdigt.
    reich im öffentlichen Raum der       Der Film endet mit einem sehr

                         Gaukler, 1985             Der Traum der Wiese, 1995                Clown mit Kappe, 1995

                                   Bitte vormerken!
                   Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm
                      Otmar Alt – „Das Leben ist ein Versuch“
                           11. Oktober 2020 bis 7. März 2021

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Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
BILD berichtet anlässlich des 80. Geburtstags

„Er ist ein Magier von Farbe, Form und Fantasie –
doch die Zeit kann auch er nicht anhalten: Kult-Künstler
Otmar Alt aus Hamm wird morgen 80 Jahre alt. „ ...
...schrieb Katja Derstroff von der
BILD-Redaktion am 16. Juli in der
BILD-Zeitung: Noch heute zieht
er sich zehn Stunden täglich in sein
Atelier zurück: „Aber ich merke,
dass ich langsam alt, auch irgendwie
zerbrechlich geworden bin“, sagt er.
Seine Schlaflosigkeit: „Es gibt nichts
Schlimmeres, als das Nachdenken
über Schwierigkeiten. Aber man darf
nicht aufgeben. Das Leben ist ein Ver-
such.“
Seine Motivation: „Es gibt Gesprä-           Der Künstler mit seiner Stieftochter Katja Thomas (58).
che, Begegnungen und Impulse, die            Sie leitet seit 2018 die Otmar Alt Stiftung, die junge Künstler
mir sagen: Nicht aufhören – weiter-          fördert.
machen!“
Sein Lebenswerk: „Ich freue mich
darüber, bin aber nicht eitel. Meine
Kunst wurde gern angenommen,
weil sie neugierig macht, die Fanta-
sie beflügelt. Die bleibt heute leider
viel zu oft auf der Strecke.“

Sein aktuelles Projekt: Der Künst-
ler arbetet am Bilder- Zyklus „Co-
rona, die neue Zeit“. Alt: „Früher
habe ich ein Bild signiert, als es fer-
tig war. Heute mache ich das mit-
ten im Schaffensprozess. Ein inne-
res Wesen flüstert mir: Es kann
doch sein, dass du morgen nicht
mehr weitermalen kannst.“ Die
Angst vor dem Tod: „Habe ich
nicht. Aber ich möchte beim Ster-
ben nicht leiden. Mein Leben war
intensiv, hat Narben hinterlassen.
Ich habe nichts versäumt. Heute bin
ich mit mir im Reinen.“

Dieses Werk gehört zum neuen Bilder-
Zyklus „Corona, die neue Zeit“
Alle Fotos dieser Seite: Andreas Buck/BILD

                                                                                                               5
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Ein herzliches Dankeschön

    Editorial

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                                                                                     sem Jahr eine Mitgliederversamm-
                                                                                     lung und auch kein Stiftungsfest
                                                                                     durchzuführen. Alle anderen Ver-
                                                                                     anstaltungen sind sowieso schon
                                                                                     gestrichen.

                                                                                     Wir haben uns nun mit dem Amts-
                                                                                     gericht in Hamm in Verbindung
                                                                                     gesetzt, um Informationen für eine
                                                                                     Briefwahl zu bekommen. Diese ist
                                                                                     in diesen Corona Zeiten möglich,
                                                                                     auch wenn die Satzung es nicht
                                                                                     vorsieht. Dafür brauchen wir aber
                                                                                     unbedingt Ihre Hilfe. Nehmen sie
                                                                                     an dieser Wahl teil, denn wir be-
                                                                                     nötigen mindestens die Hälfte der
                                                                                     Mitgliederstimmen damit die Wahl
                                                                                     gültig ist. WIR ZÄHLEN AUF SIE.

                                                                                      Es war eine schöne Zeit und ich
                                                                                      habe viele Freundschaften geschlos-
                                                                                      sen und viel erlebt. Ich möchte die-
                                                                                      se Zeit nicht missen. Ich bleibe na-
                                                                  Foto: Tim Luhmann   türlich der Stiftung und Otmar Alt
                                                                                      weiterhin eng verbunden. Und wir
    Liebe Freunde der                         te nie wann oder ob ich in Hamm werden uns auf der einen oder an-
    Otmar Alt Stiftung,                       auch ankomme oder den Rückweg deren Veranstaltung sehen.
                                              nach Bremen rechtzeitig schaffe.
    jetzt ist es tatsächlich so weit. Meine   So manche Stunden habe ich am Dem neuen Vorstand wünsche ich
    Amtszeit geht zu Ende. Ich möchte         Bahnhof Münster oder Hannover alles Gute und eine glückliche Hand
    mich jetzt mit diesem letzten Edito-      zugebracht, weil es wieder einmal bei allen Entscheidungen. Bedanken
    rial von Ihnen verabschieden.             Zugausfälle gab.                        möchte ich mich auch bei meinen
                                                                                      Vorstandskollegen und bei Gudrun
    25 Jahre im Vorstand des Freundes-        Ich glaube jetzt ist der richtige Zeit- Wirsieg für die jahrelange gute Zu-
    kreises der Otmar Alt Stiftung, da-       punkt das Zepter aus der Hand zu sammenarbeit.
    von 18 Jahre als Vorsitzender. Eine       geben und an jüngere Mitglieder
    wesentliche Zeit in meinem Leben,         weiterzugeben.                          Ihr Reiner Meyer
    denn ich habe diese Aufgabe mit viel
    Herzblut erfüllt. Aber alles geht ir-     Leider wird das in diesem Jahr noch
    gendwann zu Ende. Maßgeblich zur          zusätzlich erschwert. Normaler-
    Beendigung meiner Amtszeit hat si-        weise würden wir unsere Mitglie-
    cher meine schwere Krebsoperati-          derversammlung veranstalten und
    on vor nunmehr sechs Jahren, denn         die Vorstandswahlen wie gewohnt
    diese hat sehr viel Kraft gekostet.       abwickeln. Das wird durch die
    Aber auch die Deutsche Bahn hat           Corona-Krise in diesem Jahr nicht
    in den letzten fünf Jahren mir das        möglich sein. Durch die Abstandsre-
    Leben schwer gemacht. Ich wuss-           geln und Hygienevorschriften wer-

6
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Engagement für die Stiftung und die Kunst

Lieber Reiner Meyer,                     nur hinter der Kunst Otmar Alts,        Deine Freude bei allen Erfolgen
                                         sondern auch hinter dem Menschen        und man konnte mit Dir auch herz-
ja, jetzt ist es tatsächlich so weit.    Otmar Alt zu 100% stand und steht.      lich lachen. Du bereichtertest den
Deine Amtszeit geht zu Ende und          Dies drückte sich stets in all Deinen   Freundeskreis mit kreativen Ideen,
ich bedauere das einerseits sehr und     aktiven und tatkräftigen Beiträgen,     um deren Umsetzung Du Dich
andererseits gönne ich Dir „den Ru-      Aktionen, Berichten, Unterstützung      kümmertest und sorgtest Dich zu-
hestand“ von Herzen.                     der Stiftung mittels Deiner Tätigkeit   sätzlich um Alles was so unsichtbar
25 Jahre im Vorstand des Freundes-       als Vorstand des Freundeskreises,       dazugehörte und doch wichtig und
kreises der Otmar Alt Stiftung, da-      Mitgliederwerbung für den Freun-        notwendig war. Bei allen Angele-
von 18 Jahre als Vorsitzender, das       deskreis, Organisation des Sommer-      genheiten, ob privat oder als Vor-
ist eine Leistung, die Du nur erfüllen   festes, Erscheinen des Magazins „an-    stand, warst Du immer zuverlässig,
konntest, weil Du Deine Aufgabe          stifter“ und Vielem mehr aus. Ob es     achtsam, respektvoll, treu und mit
mit vollstem Herzblut ausgeübt hast.     um neue Freunde ging, um die Or-        großem, offenem Herzen dabei. Auf
Dafür hast Du meinen höchsten Re-        ganisation von Fahrten des Freun-       Dich ist 100% Verlass!
spekt, Achtung und Dank dazu! Das        deskreises zu Ausstellungen von         Ich möchte Dir von Herzen ein
muss Dir erst jemand nachmachen          Otmar, um Veranstaltungen in der        großes Dankeschön für die gemein-
(und das bezweifle ich).                 Stiftung, um helfende Hände, Du         same, reiche Zeit aussprechen und
Seit unserem Kennenlernen und            packtest ohne zu zögern an, tele-       wünsche Dir einen entspannten und
der Zusammenarbeit (Beginn 2004)         foniertest, sprachst mit den Men-       sonnigen Ruhestand mit Zeit und
kenne ich Dich als überaus enga-         schen, fiebertest mit, fandest Lösun-   Muse für das, was Dir am Herzen
gierten, tatkräftigen Mann, der nicht    gen wenn es Probleme gab, zeigtest      liegt!		          Gudrun Wirsieg

Die Stelen entstanden nach Entwürfen von Otmar Alt				                       Foto: Andreas Rother/Westfälischer Anzeiger

Der Wald-Kreuzweg nimmt seinen Anfang
Auch wenn es um das Leiden geht,         teil Ostwennemar erkennbar. Der         bald sichtlich seinen Anfang. In die-
Vorfreude ist bei Mitgliedern der        seit langem von ihr geplante Wald-      sem Monat werden zunächst zwei
Kolpingsfamilie im Hammer Orts-          Kreuzweg der Stille nimmt schon         Stelen des Künstlers Otmar Alt an
                                                                                                      Fortsetzung auf Seite 8

                                                                                                                                7
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Alt-Kunst im Geithe-Wald

    Fortsetzung von Seite 7

    der St.-Antonius-Kirche aufgestellt,    Der Kreuzweg führt von der Kirche          gewählt, weil sie uns einfach so gut
    später, nach Vegetationsperiode         über einen rund einen Kilometer            gefallen.“ Jeder Station ist eine Dop-
    und Schutzzeit, die weiteren zwölf      langen Rundweg durch den Geithe-           pelseite gewidmet: auf der einen
    im Geithewald.                          wald. Neben den Stationen an der           Seite das Stelen-Motiv von Otmar
    Bis dahin war der Weg zeitwei-          Kirche erhält eine dritte Stele ihren      Alt mit von der Kolpingsfamilie pas-
    se holprig. Es galt, die formalen       Platz auf einem Gemeindegrund-             senden Stichworten zur Meditation,
    Voraussetzungen für die teils am        stück. Es liegt unweit des ehemali-        auf der anderen Seite der genannte
    Wegesrand des FFH-Schutzgebiets         gen Gemeindehauses. Die übrigen            Text. Die Hefte wurden zunächst
    (Fauna-Flora-Habitat) aufzustellen-     Standorte für die Stelen sind derzeit      in einer Auflage von 400 Stück ge-
    den Stationen zu erfüllen. Im De-       nur grob erfasst. Bei einem noch           druckt und werden voraussichtlich
    zember brachte das für einige Na-       ausstehenden Ortstermin sollen sie         am Schriftenstand in der Kirche an-
    turschützer das sprichwörtliche Fass    genau festgelegt werden. Sie befin-        geboten.
    zum Überlaufen. Wobei das Geithe-       den sich im FFH-Gebiet, aber nur
    Vorhaben nur ein kleiner Tropfen in     zwei innerhalb des unter Schutz            Ein Wald-Kreuzweg? Warum im
    einem Gemenge aus Kritik war.           stehenden Lebensraumtyps Stielei-          Geithewald? Es ist die Verbindung
    Für die Verwirklichung des Wald-        chen-Hainbuchenwald. Laut einem            von Glaubens- und Naturerleb-
    Kreuzweges der Stille nahm die          Schreiben der Stadtverwaltung an           nis als langjährige Tradition sowie
    Kolpingsfamilie einiges auf sich. Sie   die Kolpingsfamilie geht auch die          Kunst- und Naturerlebnis als ruhige
    macht ihn den Gläubigen und sich        Höhere Naturschutzbehörde (Be-             Erholungsnutzung, heißt es bei der
    zum Geschenk. Im vergangenen Jahr       zirksregierung Arnsberg) „nicht von        Stadtverwaltung über die besondere
    fand die Kreuzweg-Tradition zum         einer erheblichen Beeinträchtigung“        Zweckbestimmung. Diese Verbin-
    30. Mal statt. Seit 2001 wird er in     des FFH-Lebensraumstyps durch              dung könne nur im Außenbereich
    der Geithe gebetet und soll mit den     die Installation der Kreuzweg-Stelen       und in diesem Fall im Wald realisiert
    Stelen von Otmar Alt einen festen       aus. Die Kolpingsfamilie will sie nach     werden. „Für die waldarme Stadt
    Platz bekommen.                         der Schutzzeit in der Zeit zwischen        Hamm ist die Kombination von be-
    Anfang und Ende des Wald-Kreuz-         Oktober und Februar aufstellen.            stehendem Kirchengebäude, gelegen
    weges wird die Kirche St. Antonius      Der Wald-Kreuzweg wird über                am Wald, eine einmalige und außer-
    von Padua in der Geithe. Die erste      Spenden finanziert. Mit Kosten von         gewöhnliche Situation, die das me-
    Station „Jesus wird zum Tod ver-        rund 15 000 Euro hat die Kolpingsfa-       ditative Gehen einer gemeinsamen
    urteilt“ soll in der Nähe der Apsis     milie gerechnet. Über eine durch die       Wegstrecke zwischen den einzelnen
    ihren Platz bekommen, die 14. und       Stadt Hamm beantragte Förderung            Kreuzwegstationen abseits von Ab-
    letzte Stele dort, wo einst der Gei-    kommt Unterstützung vom NRW-               lenkung und Verkehr in der Stille
    ther Friedhof im Schatten der neu-      Ministerium für Heimat, Kommuna-           des Waldes ermöglicht“, heißt es
    gotischen Kirche war. Die Station       les, Bau und Gleichstellung. In der        mit Verweis auf die rund 20-jährige
    trägt dazu passend den Namen „Je-       zweiten Julihälfte sollen die Mittel       Tradition in der Kirchengemeinde
    sus wird ins Grab gelegt“.              aus dem Heimatfonds offiziell über-        und der Kolpingsfamilie, am Kar-
    Auf dem Gemeindegrundstück dür-         geben werden.                              freitag dem Kreuzweg Jesu in der
    fen die rund zwei Meter hohen Ste-      Die Corona-Krise hat die jüngsten          Kombination „Beten und Gehen“
    len aus Corten-Stahl schon jetzt        Ostertage geprägt, wie auch den ge-        nachzuspüren. Das sei vergleich-
    aufgestellt werden. Das machen die      wohnten Kreuzweg zu Karfreitag             bar mit einer Pilgerfahrt. Durch die
    Mitglieder der Kolpingsfamilie in Ei-   verhindert. Für das kommende Jahr          Werke Otmar Alts entsteht ein „öf-
    genleistung. In den kommenden Ta-       hofft die Kolpingsfamilie auf Norma-       fentlich zugänglicher Kunstweg“, der
    gen wollen sie beginnen. Mit einem      lität. Sie ist insofern darauf vorberei-   ein Aushängeschild werden könne.
    Erdbohrer, wie er auch zum Ein-         tet, dass sie für den Wald-Kreuzweg        Störungen sind laut Begründung der
    setzen von Zaunpfählen verwendet        schon ein Heft mit Meditationstex-         Stadtverwaltung durch die abseitige
    wird, werden zwei kleine Löcher je      ten hat drucken lassen. Die Worte          Lage nicht zu befürchten. Die Wege
    Stele ausgehoben. Sie sind für Bo-      stammen von Papst Johannes Paul            dürfen nur von Fußgängern und Rad-
    denhalterungen der Stahlplatten und     II. „Wir hatten bislang verschiedene       fahrern genutzt und nicht verlassen
    werden mit Beton ausgefüllt. Die        Texte“, sagt Heinz Juchmann von            werden.
    Fundamente seien später nicht mehr      der Kolpingsfamilie. „Wir haben
    zu sehen, heißt es.                     die von Papst Johannes Paul II. aus-       Torsten Haarmann/Westfälischer Anzeiger

8
Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Danke lieber Karl-Heinz Klenke

Trauer um Karl-Heinz Klenke
Ein Herz hat plötzlich aufgehört zu
schlagen. Dieses Herz gehörte unserem
Freund Karl-Heinz Klenke.
Im März 2020 erreichte uns diese trau-
rige Nachricht. Er hinterlässt eine große
Lücke in unserem Freundeskreis der Ot-
mar Alt Stiftung.
Karl-Heinz Klenke war nicht nur vom
ersten Tag an dabei, sondern hat als Bei-
ratsmitglied die Geschicke der Stiftung
mitbestimmt und viele Printprojekte für
die Stiftung gestaltet und gedruckt.
Er war ein großer Freund der Kunst
und der Kultur und ein sehr vielseiti-
ger, engagierter und verantwortungs-
voller Mensch, dem wir hier mit weni-
gen Worten sicher nicht gerecht
werden können. Aber wir bedan-
ken uns an dieser Stelle mit großer Ach-
tung für seine Mitarbeit und werden ihn
und seine wertvolle Arbeit vermissen.
Anlässlich einer Beiratssitzung am 01. De-
zember 2007 wurde Karl-Heinz Klenke
für seine Verdienste zum Ehrensenator
der Otmar Alt Stiftung ernannt.

Seiner Frau gilt unsere Anteilnahme an
seinem Tod und wir werden stets ehren-
voll an ihn denken.

Reiner Meyer

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Der "Zeichensetzer" vollendete sein 80. Lebensjahr
Wußten Sie das?

     Die Geschichte der Pianoforte-Instrumente
     Vom Ursprung der Musik und der Musikinstrumente
     Auszug aus der Broschüre „Pianofortebau – ein Kunsthandwerk“ zum 100jährigen
     Jubiläum der am 02 Mai 1885 gegründeten W. Schimmel Pianofortefabrik.
     Konzeption, Text: Nikolaus W. Schimmel
                                                                                                         Otmar Alt Flügel
     Idiophone und Schallwerkzeuge.         flöten und ein Musikbogen, der          nisse gewonnen haben, mussten
     Die ältesten Überlieferungen wei-      - ebenso wie der Musikstab – frü-       sie auch für die Beschaffenheit der
     sen den Ursprung der Musik den         hester Vorläufer der Chordopho-         Dinge im einzelnen einen treffliche
     Göttern zu. In einer der antiken       ne oder Saiteninstrumente ist. Aus      Blick gewinnen. So haben sie uns....
     Sagen ist von jenem Göttersohn         Musikbogen und Musikstab sind im        auch über die Geschwindigkeit der
     die Rede, der über einen am Bo-        Prinzip alle besaiteten Instrumente     Gestirne und über ihren Auf- und
     den liegenden Schildkrötenpanzer       hervorgegangen.                         Untergang eine klare Einsicht über-
     stolperte, dabei eine quer über den                                            liefert sowie über Geometrie,....
     Schildpanzer verspannte Tiersehne      Über Musik und Mathematik.              Arithmetik....und nicht zum mindes-
     berührte und auf diese Weise den       Im Unterschied zu älteren Kultur-       ten auch über Musik... Diese Wis-
     ersten Instrumentalton erzeugte.       stufen wird die griechische Antike      senschaften scheinen verschwistert
         So stammen die frühesten inst-     von dem deutlichen Bemühen ge-          zu sein. Denn sie beschäftigen sich
     rumentenkundlichen Funde aus           kennzeichnet, über frühe Mythen         mit den beiden verschwisterten
     dem Paläolithikum, genauer aus der     und Legenden hinaus umfassende,         Urgestalten des Seienden, nämlich
     mittleren Altsteinzeit, der Zeit des   mathematisch geprägte musiktheo-        Zahl und Größe.“
     Neandertalers vor über fünfzigtau-     retische Systeme zu entwickeln, die
     send Jahren. Es handelt sich um ein-   die kosmologische Vorstellung ei-       Musik in der Antike.
     fache Idiophone, das heißt Selbst-     ner tönenden Weltharmonie auch          Die Musik wird im antiken Denken
     klinger und Aufschlaginstrumente       auf die Musik übertragen. Schon         untergliedert in die Bereiche “Musi-
     aus Stein und Holz, um Rasselge-       das Wort „Harmonia“ bezeichnet          ca mundana“, „Musica humana“ und
     hänge, Schwirrhölzer und Schraper.     die Wohlgefügtheit des Univer-          „Musica instrumentalis“. Dabei gilt
     Dies alles sind Schallwerkzeuge, die   sums aus einander widerstreben-         die „Musica mundana“ als die erha-
     keinen Einzelton erzeugen, sondern     den Kräften.                            bene Weltenmusik, in der sich die
     nur Geräusche hervorbringen. Sie                                               zahlenharmonische Struktur des
     deuten auf stark ausgeprägte rhyth-        Die betont mathematisch-natur-      Makrokosmos mit der Bewegung
     misch-motorische Bedürfnisse ih-       wissenschaftliche Orientierung der      der Sphären, der regelmäßigen Ab-
     rer Benutzer hin und legen zugleich    griechischen Musiktheorie geht          folge der Jahreszeiten und der Zu-
     die Vermutung nahe, dass mit akus-     deutlich auch aus der Tatsache          sammenordnung der Elemente wi-
     tischen Mitteln ein beschwörender      hervor, dass die Musik seit Archy-      derspiegelt. Demgegenüber drückt
     Einfluss auf Naturkräfte und Geis-     tas von Tarent zusammen mit den         sich in der „Musica humana“ die
     ter ausgeübt werden sollte.            Disziplinen Astronomie, Geome-          Harmonie des menschlichen Mik-
                                            trie und Arithmetik zum klassi-         rokosmos aus mit dem Zusammen-
         Tatsächlich ist die Musik- und     schen Quadrivium zählt. Und die         wirken von Leib und Seele, Tem-
     Kunstausübung dieser Kulturstu-        Disziplinen des Quadriviums bilden      peramenten und geistigen Kräften.
     fe stark mit Zaubervorstellungen,      gemeinsam mit dem Trivium aus           Real wahrnehmbar ist nur die „Mu-
     magischen Riten, Heilungszeremo-       Grammatik, Dialektik und Rhetorik       sica instrumentalis“, die von Klang-
     nien und Geisterbeschwörungen          die sieben sogenannten „Ars libera-     werkzeugen wie der menschlichen
     verknüpft gewesen. Eindrucksvoll       lis“. Über die Bedeutung des Quad-      Stimme oder von Musikinstrumen-
     dargestellt wird dieser Sachverhalt    riviums heißt es bei Archytas, dem      ten hervorgebracht wird.
     durch die faszinierenden Höhlen-       Freund Platons, wörtlich:
     malereien aus jener Zeit mit Fi-                                               Diese kosmologisch geprägte Drei-
     guren, die Tiermasken tragen und       „Treffliche Erkenntnisse scheinen       gliederung der Musik lässt sich über
     verschiedene      Musikinstrumente     mir die Mathematiker gewonnen           die Schriften von Augustinus, Bo-
     bedienen. Zu den abgebildeten Ins-     zu haben....Denn da sie über die        ethius und Isidor von Sevilla bis in
     trumenten zählen Rentierknochen-       Natur des Alls treffliche Erkennt-      die Musiktheorie des europäischen
10
Die Entwicklung von Saiteninstrumenten

Mittelalters hinein verfolgen, ebenso wie das hinter den „Ars liberalis“ stehende Wissenschaftskonzept seine
Gültigkeit bis hin zu den Lehrplänen der mittelalterlichen Universitäten beibehält.

Frühe Saiteninstrumente
Der Musikstab.   Der Musikstab ist im Prinzip ein starrer Holzkorpus, über dem eine Saite gespannt wird.

Er entsteht, wenn aus der Oberfläche eines Bambusrohres ein schmaler Streifen gelöst wird, der an beiden En-
den noch am Stamm befestigt ist und mit zwei untergeschobenen Holzstückchen zugleich gehoben und gespannt
wird. Der Musikstab kann als Urform der späteren Zitherinstrumente angesehen werden.

Die Röhren-, Floß- und Kastenzithern. Bei den Zithern wird der Tonumfang im Gegensatz zum Musikstab
durch das Anbringen einer Vielzahl verschieden langer Fasern oder Saiten erweitert. So kann aus einem Mu-
sikstab eine Röhrenzither werden, wenn aus dem Bambusrohr mehrere verschieden lange Fasern herausgelöst
und angehoben werden.

  Ein ebenfalls weit verbreitetes Zitherinstrument ist die Floßzither. Sie entsteht, wenn mehrere Musikstäbe von
unterschiedlicher Länge gleichsam floßartig zusammengebunden werden.
  Instrumententechnische Erfindungen dieser Art lassen sich anhand zahlreicher Funde bis in die Zeit des jün-
geren Neolithikums und bis in die Metallzeit zurückverfolgen, in der auch die ersten Brett- und Kastenzithern
entstehen. Die Kastenzither besitzt zumeist schon einen Saitenbezug aus anderem Material, der im Zusammen-
wirken mit ihrem Korpus zu einer Verbesserung des Klanges führt und zugleich als ein sehr früher Vorläufer der
Klangkörper von Clavichorden anzusehen ist.

Das Psalterium. Flache, zumeist trapez- oder brettförmige Rahmenzithern sind die mittelalterlichen Psalterien.
Auf Wandteppichen und Gemälden finden sich zahlreiche Abbildungen von ihnen. Die Darmsaiten, gelegentlich
auch Metallsaiten, dieser Instrumente werden mit mit den Fingern oder einem Plektrum (Plättchen) angezupft.
Die Psalterien stammen wahrscheinlich aus dem arabischen Bereich, begegnen uns bisweilen aber auch im Iran,
in der Türkei und in Griechenland.
                                                                                              Fortsetzung auf Seite 12
                                                                                                                         11
Bis heute verwendet

     Fortsetzung von Seite 11

     Psalterium von Giovanni Francesco Cassori, Bologna 1729,   Hackbrett, Städtisches Museum Braunschweig
     Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

     Das Hackbrett. Im Unterschied zur Tonerzeugung der Psalterien werden Hackbrettinstrumente mit Klöppeln
     angeschlagen. Bautechnisch sind sich beide Formen relativ ähnlich, nur weisen die Hackbretter zumeist einen
     Metallsaitenbezug auf. Noch heute ist das Hackbrett auf dem Balkan und in den Alpenländern ein beliebtes
     Volksmusikinstrument.

     Monochorde, Polychorde, Clavichorde

     Das Monochord. Ein Monochord besteht aus
     einem rechteckigen Resonanzkasten und in der
     Regel einer darüber gespannten Saite. Unter der
     Saite befindet sich ein verschiebbarer Steg, mit
     dessen Hilfe die entsprechenden Verhältnisse der
     Saitenlängen abgegrenzt auf einer arithmetischen
     Skala abgelesen werden können.

     Das Polychord.       Auch Polychorde dienen als
     Lehr- und Schulungsinstrumente. Darüber hinaus
     entwickeln sie sich im ausgehenden Mittelalter
     zunehmend zu Musikinstrumenten für eine Viel-
     zahl von Instrumentalkompositionen, in denen
     sich das klangliche Ideal der Musik dieser Epoche
     eindrucksvoll verkörpert. So ist es nachvollzieh-
     bar, wie aus dem umständlich zu handhabenden
     und wenig musizierfreundlichen Monochord nach
     und nach ein Polychord mit einer Vielzahl von
     Saiten hervorgeht.

     Das Clavichord. Bei diesen Instrumenten erfolgt
     die Erregung der Saiten durch Tangenten, das
     heißt durch aufwärts stehende Metallplättchen,
     die über einen Tastenhebel an die Anschlagstellen
     der Saiten gedrückt werden. Im Unterschied zum
     beweglichen Steg des Monochords sind die Tan-

12
und oftmals den Klängen gelauscht

genten des Clavichords also Tonerreger und Steg
in einem. Beim Anschlag wird ein Teil der Saite in
Schwingungen versetzt und der andere Teil der
Klangsaite mit Filzen gedämpft.
Solange die angeschlagene Taste in ihrer nieder-
gedrückten Position gehalten wird, bleibt die
Tangente während des gesamten Klangvorgangs
mit der Saite verbunden, so dass nachträgliche
Bebungen und vibratoähnliche Effekte durch die
Hand des Spielers möglich sind. Die hiermit ein-
hergehende Modulations- und Ausdrucksfähigkeit       Clavichordmechanik von Curt Sachs. Durch die Mechanisierung des
des subtilen Clavichordtones hat zu der weiten       Polychordes mit einem Tastensystem entsteht das Clavichord mit dem
Verbreitung und bedeutsamen Rolle dieses Instru-     mehrstimmiges Musizieren möglich ist.
ments in der Hausmusik und im Musikleben meh-
rerer Jahrhunderte beigetragen.

Gebundene Clavichorde. Namentlich erwähnt
werden die Clavichorde erst in Schriften des aus-
gehenden vierzehnten Jahrhunderts sowie in den
„Minneregeln“ des Eberhard von Cersne aus dem
Jahre 1404. Das älteste erhaltene Clavichord von
Domenico da Pesaro stammt aus dem Jahre 1543.
  Alle frühen Clavichorde sind sogenannte „gebun-
dene“ Instrumente. Diese Bezeichnung geht auf
die Bünde der Gitarre oder Laute zurück. Dies
bedeutet, dass ein und dieselbe Saite von meh-
reren Tangententasten benutzt wird und damit
nacheinander verschiedene Tonhöhen erzeugen
kann. Diesem Vorteil einer einfachen, kosten-
sparenden Bauweise der gebundenen Instrumen-         Gebundenes Clavichord 17. Jahrhundert, Reichsmuseum Amsterdam
te steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass
nicht alle Töne gleichzeitig und damit auch nicht
alle beliebigen Akkorde und Akkordfolgen gespielt
werden können.

Bundfreie Clavichorde. Zeitlich wesentlich jün-
ger sind die bundfreien Clavichorde. Bei ihnen ist
jeder Taste eine eigene Klangsaite zugeordnet, so
dass auf diesen Instrumenten auch komplizierte
chromatische Akkordbildungen realisierbar sind.
Häufig besitzen ungebundene Clavichorde einen
doppelten oder teilweise sogar dreifachen Saiten-
bezug je Ton und werden deshalb „doppelchöri-
ge“ oder „mehrchörige“ Instrumente genannt. In
der Regel verfügen sie über einen farbenreichen
und ausdrucksstärkeren, wenngleich nicht we-
sentlich lauteren Klang als die gebundenen einchö-
rigen Clavichorde.

                                                     Bundfreies, zweichöriges Clavichord von Johannes A. Haß, Hamburg
                                                     1755, Musikhistorisches Museum Kopenhagen
                                                                                                 Fortsetzung auf Seite 14
                                                                                                                            13
Pianofortebau - ein Kunsthandwerk

     Fortsetzung von Seite 13

     Die Familie der Kielinstrumente
     Die Mechanisierung des Zupfvorgangs. Etwa zeitgleich zu den Clavichorden entstehen die Kielinstrumente
     Cembalo, Spinett und Virginal. Im Unterschied zur engen Verwandtschaft des Clavichords mit dem antiken
     Monochord beruhen die Kielinstrumente auf einer Mechanisierung des bereits erwähnten mittelalterlichen
     Psalteriums, das mit den Fingern angezupft wird. Bei den Kielinstrumenten geschieht das Anzupfen durch die
     Kielmechanik. Auf dem Ende der Taste sitzt ein „Docke“ genanntes Holzstäbchen mit einem herausragenden
     Kiel, der in vielen Fällen ein Rabenfeder- oder Lederkiel ist. Er reißt beim Aufwärtsgehen die Saite an und
     weicht beim Rückfall zurück, während ein auf der Docke befestigter Filzdämpfer die Saite wieder zur Ruhe
     bringt. In gewisser Weise also ist es bei den Kielinstrumenten zu einer Mechanisierung des Prinzips des An-
     zupfens der Saiten mit Plektrum gekommen.

     Das Cembalo. Das hauptsächliche Kielinstrument
     ist das Cembalo (ital.: Clavicembalo,
     franz.: Clavecin, engl.: Harpsichord). Der Klang
     eines solchen Cembalos oder Kielflügels ist we-
     sentlich rauschender und kräftiger als die eher
     verhaltene Tongebung selbst großer dreichöriger
     Clavichorde, doch fehlt den Kielinstrumenten die
     Modulationsfähigkeit des Clavichordtones, da hier
     ja nach dem relativ starren Anreißen der Saite kein
     weiterer Kontakt mehr zwischen Taste und Saite
     besteht. Dennoch entstehen bei hochentwickel-
     ten Cembaloinstrumenten dynamische und klang-
     farbenmäßige Nuancierungsmöglichkeiten durch
     Mehrchörigkeit, Register in Tonlagen wie 16-, 8-,
     4- und 2-Fuß sowie durch die Konstruktion meh-
     rerer Manuale.

     Das Spinett. Die Tastatur befindet sich hier an
     der Längsseite des Instruments und nicht, wie beim
     Cembalo, an dessen Schmalseite. Das bedeutet,         Cembalo von Burkhardt Tschudi und John Broadwood, London 1775,
     dass die Saiten am Spinett nicht in Verlängerung zu   Kunsthistorisches Museum Wien
     den Tasten verlaufen, sondern quer oder schräg zu
     ihnen, ähnlich wie bei den einfachen Clavichorden.
     Die äußere Form der Spinette ist meist unregelmä-
     ßig, oft fünfeckig oder trapezförmig. Daneben be-
     sitzen Spinette einen meist einchörigen Saitenbe-
     zug und eine begrenzte Klangfülle. Deswegen sind
     sie wie die Clavichorde als Hausmusikinstrumente
     sehr beliebt.

     Das Virginal. Das Virginal als rechteckiges Kiel-
     klavier scheint seinen Namen von lat. virgo = Jung-
     frau erhalten zu haben, doch herrschen an dieser
     etymologischen Ableitung Zweifel. Das Virginal ist
     bevorzugt in England und den Niederlanden, aber
     auch in anderen europäischen Ländern jahrhun-
     dertelang gebaut worden und weit verbreitet ge-
     wesen. Die rechteckige äußere Form hat sich bis
     zum späten Tafelklavier erhalten.
                                                           Virginal 1588, Heimatmuseum der Stadt Wasserburg am Inn

14
Berlin - Hinein in die Zukunftswelten

DAS FUTURIUM -
ein Haus der Zukünfte in Berlin

Wer oder was ist die Zukunft? Wer
an gestern denkt, lebt heute schon
in seiner eigenen Zukunft und wird
dieses sicherlich nicht zukunfts-
trächtig beurteilen. Gehen wir al-
lerdings zehn oder zwanzig Jahre
in unserem Leben zurück und wür-
den wir in der damaligen Lebens-
situation möglicherweise das Heu-
te vorhersagen könnten, würden
wir heute unsere Lebenssituation
so definieren, dass wir bereits dann
schon in der Zukunft leben. Was
also ist die Zukunft oder anders
ausgedrückt was sind unsere Erwar-
tungen für später in unserem Leben.
Um gedanklich in eine spätere
Zeit blicken zu können, ist es not-
wendig, unsere heutige Realität, in
der wir leben, zu erkennen und in
vielen auch wissenschaftlichen Be-
reichen wahrzunehmen. Diese Be-
reiche sind Ökologie, Ökonomie
und auch gesellschaftliche Aspekte,
die wiederum durch die Digitalisie-
rung und damit auch durch die Poli-
tik tangiert werden.

Ein Museum in Berlin hat sich die                   Foto: „Futurium“ (Aussenansicht mit Drehmoment) von David von Becker /
Aufgabe gestellt, in die Zukunft bzw.                                    https://futurium.de/de/ueber-uns/presse#pressebilder
in die Zukünfte zu blicken: das FU-
TURIUM. Der Name ist eine Neu-          senschaftlich basierte, gesellschaftli-    spricht dem Standard eines Nied-
schöpfung der ehemaligen Bundes-        che Diskussion über die Gestaltung         rigst-Energiehauses.
bildungsministerin J. Wanka, damit      der Zukunft zu führen. Damit soll
die Menschen, die kein Deutsch spre-    eine unabhängige Plattform für Dia-        Im Haus gibt es auf drei Etagen Aus-
chen, den Sinn dieses Hauses er-        log und Vernetzung zwischen Staat,         stellungsflächen sowie Labore und
kennen können, nämlich die Zu-          Wissenschaft, Wirtschaft und Ge-           Sonderräume. Auf dem Dach be-
kunft.                                  sellschaft entstehen.                      finden sich viele Kollektorfelder für
                                                                                   Photovoltaik und auf dem sogenann-
Aufgabe des Museums ist es, als         Das Museum befindet sich neben             ten „Skywalk“ hat man einen tollen
Ort für Präsentation und Dialog zu      dem Hauptbahnhof und gegenüber             Überblick über den Spreebogen bis
wissenschaftlichen und gesellschaft-    dem Bundespresseamt und di-                hin zum Kanzleramt.
lichen Entwicklungen von nationa-       rekt an der Spree. Das Gebäude ist           M. Pipprich - Textquelle: vgl. Berliner Morgenpost,
ler und internationaler Bedeutung       durch seine großen Panoramafens-                                               www.futurium.de.
zu betreiben und damit eine wis-        ter schon weithin sichtbar und ent-           Tipp der Redaktion: Unbedingt sehenswert!!

                                                                                                                                           15
... zum Schluss                                                            http://www.otmar-alt.de

     Otmar Alt - Events und Ausstellungen
                                                                                       Da wegen des Coronavirus Ver-
     11.09. 19.00 Uhr Vernissage           11.10. 2020                                 anstaltungen immer wieder kurz-
     Kreissparkasse Heilbronn              Gustav-Lübcke-Museum                        fristig abgesagt werden, können
     „Unter der Pyramide“ -                Hamm                                        wir für die Angaben keine Ge-
     Happy Birthday Otmar Alt              „Das Leben ist ein Versuch“                 währ leisten.
     13.09., 15.00 Uhr Vernissage          14.11. 19.00 Uhr Vernissage                 Bitte informieren Sie sich in Zwei-
     Galerie Wroblowski                    Galerie Zettl                               felsfällen direkt beim Veranstal-
     Remscheidt                            Oberlindhardt                               ter, bzw. auf dessen Website.

                                                                                       Vielen Dank für Ihr Verständnis.

                                                                                       Selbst in der Antarktis macht der Freun-
                                                                                       deskreis für Otmar Alt Werbung!
                                                                                                                       Foto: privat

                                                                                     Wenn Sie die Stiftung finanziell
                                                                                     unterstützen möchten, freuen
                                                                                       wir uns über Ihre Spende:
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                                                                                            BIC: WELADED1HAM
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                                                                                          Verwendungszweck: Spende
      Öffnungszeiten in der Stiftung und dem Skulpturenpark:
      Sonn- und Feiertage von 11 bis 17 Uhr und immer gerne nach telefoni-                        Herzlichen Dank!
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      Obere Rothe 7                        Layout: Gudrun Wirsieg                      tung wenden.
      59071 Hamm-Norddinker                Redaktion:
      Tel. 02388 | 21 14                   Reiner Meyer, Gisbert Sander, Gudrun        Internet: www.otmar-alt.de
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