Antibiotika - wirken sie denn noch? - Lipidsenkende Therapie "Biologicals" und "Biosimilars" - Teil 3 - OÖGKK
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1/2016 Arztpraxis Antibiotika – wirken sie denn noch? Lipidsenkende „Biologicals“ und Therapie „Biosimilars“ - Teil 3 Informationen der OÖGKK aus Forschung, Therapie und Ökonomie
VERANSTALTUNGEN Ausblick Oktober 2015 2. Senioren-Gesundheitskongress in Leonding Inhalativa in der Pulmologie – Update 2016 Dr. Josef Eckmayr, Primarius der Abteilung für Am 14. Oktober 2015 war es wieder soweit: Die Lungenerkrankungen am Klinikum Wels-Grieskir- OÖGKK veranstaltete nach dem großen Erfolg im chen, gibt einen Überblick über den Einsatz der vergangenen Jahr, heuer den zweiten Senioren-Ge- „alten“ und „neuen“ Wirkstoffe in der inhalativen sundheitskongress. Etwa 280 Funktionäre des Senio- Therapie von Asthma und COPD. renverbunds und des Pensionistenverbands, inklusive Dienstag, 15.März, 18.30 – 20.00 Uhr BR a.d. Siegfried Sattlberger (Beiratsvorsitzender in Medizinische Fortbildungsakademie OÖ, der OÖGKK) und sein Stellvertreter Konsulent Heinz Dinghoferstr. 4, 4010 Linz Hillinger, besuchten ab 9 Uhr die halbtägige Veran- staltung in der Kürnberghalle in Leonding. ORF-Mo- Osteoporose – wo stehen wir derzeit? deratorin Claudia Woitsch führte beschwingt durch Primarius Dr. Peter Panholzer, Facharzt für In- den Kongress unter dem Motto „Nehmen Sie die nere Medizin und Leiter des Instituts für Nukle- Gesundheit Ihrer Gruppe in die Hand!“. armedizin am Salzkammergut-Klinikum Vöcklab- Anlässlich aktueller Studienergebnisse, wonach die ruck, erörtert die aktuellen Therapiestrategien österreichischen Bürger europaweit die zweitschlech- der Osteoporosetherapie und ihre Tücken. teste Gesundheitskompetenz aufweisen, ergaben sich Mittwoch, 6. April, 18.30 – 20.00 Uhr, die Themen des Tages wie von selbst: Polypharmazie, Medizinische Fortbildungsakademie OÖ, Sturzprävention und die Volkskrankheiten Diabetes, Dinghoferstr. 4, 4010 Linz Schlaganfall und Demenz. Damit das gewonnene Wis- sen von den Seniorenvertretern auch an die Ortsgrup- pen weitergegeben werden kann, bekamen die Teil- nehmer umfassende Info-Pakete zu diesen Bereichen. Dezember 2015 Forum Gesundheit – Vertragspartner im Dialog Am 1. 12. 2015 fand der Dialog zwischen ng.Vertragspart- nern in den Bezirken Freistadt und Perg, dem LKh Freistadt, der ÄK OÖ und der OÖGKK statt. Nach einer kurzen Einleitung und der Präsentation der gemeinsamen Ziele von OÖGKK und ÄK OÖ von Mag. Franz Kiesl folgte eine rege Diskussion der teilnehmenden Ärzt/innen unter der Leitung von DI Claudia Pirngruber. Von links nach rechts: Wilfried Strohmaier (PVOÖ), LH a.D. Dr. Josef Ratzenböck (OÖSB), OÖGKK-Dir. Mag. Dr. Andrea Wesenauer, BR a.D. Siegfried Sattlberger (OÖSB), GR Hans Eichinger (PVOÖ). Oktober 2015 Fachgespräch für Ordinationsassistent/innen und Pflegepersonal zur Wundversorgung, Kontinenz und Stoma Im November 2015 initiierte die OÖGKK einen Schulungsvortrag zu diesem komplexen Thema. Wundmanagerin Ute Atzmanninger und Stoma- und Kontinenz-Beraterin Anita Lengyel führten durch die verschiedenen Heilbehelfe / Hilfs- mittel und erläuterten das Wundversorgung-Ökotool, das eigens dafür entwickelt wurde. 2 FORUM Arztpraxis 1/2016
EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser! Seit 2002, also mittlerweile schon 14 Jahre lang, kennen Sie unser Magazin „Ökonomie in der Pra- Seite 4 xis“. Mit dem neuen Jahr 2016 wollen wir dessen Ära beenden und Ihnen unser neues Magazin „Fo- rum Arztpraxis“ vorstellen. Wir werden Ihnen eine regelmäßig erscheinende Lektüre liefern, die so- wohl aktuelle Themen und Informationen zu Arz- I n h a l t 1/2016 neimitteln als auch praktische Tipps für Ihre Pati- enten enthält. Anlässlich der immer steigenden Antibiotika-Resis- 2 VERANSTALTUNGEN tenzen widmen wir diesem Thema unseren Haupt- artikel (Seite 4 bis 6) und gehen auf Seite 11 auch 3 EDITORIAL & IMPRESSUM auf wichtige Interaktionen mit dieser Arzneistoff- klasse ein. 4 ANTIINFEKTIVA Was unter dem Begriff „relative Risikoreduktion“ Antibiotika – wirken sie denn noch? gemeint ist und wofür Entresto® eingesetzt wird, verrät Ihnen Seite 7. 7 MEDIZIN AKTUELL Evidence based medicine Neu ab diesem Jahr ist auch, dass wir die monatli- Neu am Markt: PD-1-Inhibitoren chen Neuerungen des EKO in dieser Zeitschrift zu- bei malignem Melanom sammenfassen und Ihnen nicht mehr zu Monatsbe- ginn per Post zuschicken. Damit wollen wir einen 8 KARDIOVASKULÄRES SYSTEM Beitrag dazu leisten, Ihre Post etwas zu minimie- Lipidsenkende Therapie ren. Die ausführliche Version dazu ist natürlich nach wie vor unter www.ooegkk.at > Vertragspart- 11 PRAXIS AKTUELL ner einseh- und zum Download verfügbar. Interaktions-Check: Antibiotika Praxis-Tipp für Ihre Patienten: Essigwickel Wir möchten diese Gelegenheit noch nutzen, Ihnen und Essigpatschen ein gutes, gesundes und erfolgreiches Neues Jahr Pillenmix-Folder zu wünschen. 12 NACHFOLGEPRODUKTE Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihre „Biologicals“ und „Biosimilars”: Teil 3 Behandlungsökonomie der OÖGKK 15 EKO AKTUELL IMPRESSUM: Medieninhaber, Herausgeber und Redaktion: OÖ Gebietskrankenkasse, Gruberstraße 77, 4021 Linz. Druck: BTS/Treffling, Gestaltung: Direktionsbüro und Kommunikation, Ursula Macher. Kontaktadresse: Dr. Gabriele Müller c/o OÖ Gebietskrankenkasse, Behandlungs- ökonomie, Postfach 61, 4021 Linz, oder rufen Sie uns einfach an: 05 78 07 - 10 20 37, E-Mail: gabriele.mueller@ooegkk.at Redaktionsschluss: 25. September 2015 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf gendergerechte Schreibweise verzichtet. FORUM Arztpraxis 1/2016 3
Antibiotika – wirken sie denn noch? Der Winter ist auch dieses Jahr wieder pünktlich erschienen – und mit ihm die erkälteten Patienten, die sich ein Antibiotikum wünschen, in der Hoffnung damit schnellst möglich wieder arbeitsfähig zu sein. Einen Zusammenhang zwischen der kalten Jahreszeit (AURES) eine österreichische Eigenheit, die in anderen so ein prolongiertes Krankheitsbild, längere Kranken- und dem Anstieg der registrierten Antibiotika-Verord- europäischen Ländern, wie beispielsweise Dänemark, stände, steigern die Kosten des Gesundheitssystems nungen ist laut Resistenzbericht für Österreich 2014 Schweden oder Norwegen, nicht beobachtet werden und erhöhen das Mortalitätsrisiko.3 Schätzungen zu kann. Daraus folgern die Autoren, dass „der Einsatz Folge führen derartige Infektionen in Europa zu mehr von Antibiotika bei Erkältungskrankheiten, die vorwie- als 25.000 Todesfällen und Mehrkosten von ca.1,5 gend durch virale Erreger ausgelöst werden“ in Ös- Milliarden Euro pro Jahr .4,5 terreich „demnach eine gewisse Rolle spielen“ dürfte. Neben Behandlungsstrategien verlieren aber auch Problem: Die routinemäßige Verschreibung von Breit- prophylaktische Maßnahmen ihren protektiven Ef- bandantibiotika erhöht den Selektionsdruck auf die fekt, wie beispielsweise der vorbeugende Einsatz von Krankheitserreger und führt so zur Verschlechterung Antibiotika bei bestimmten chirurgischen Eingriffen der Resistenzlage.1 (Transplantationen, Hüftoperationen) oder minimal in- Bakterien haben die Fähigkeit, durch Mutation oder vasiven diagnostischen Interventionen. „ Erkältungskrankheiten Aufnahme von Resistenzgenen, die beispielsweise Effluxpumpen codieren, sich dem Antibiotikum an- zupassen und trotz dessen Einnahme weiter wach- Das Entstehen von Antibiotika-Resistenzen1 werden üblicherweise sen zu können.2 Kann ein Keim zwar überleben, aber Dass Bakterien Resistenzen gegenüber für sie schädli- durch Viren verursacht in Anwesenheit eines Antibiotikums nicht wachsen, so che Substanzen entwickeln, entspricht der Evolution – und bedürfen keiner spricht man von einem „toleranten“ Keim. handelt es sich hierbei ja um Mechanismen, die deren antibiotischen Therapie, Überleben sichern sollen. Durch Mutationen oder Plas- Gefahr resistenter Bakterien midvermittelte Aufnahme von Resistenzgenen schützen sofern keine bakterielle Infektionen mit resistenten Bakterien zeigen kein An- sich ehemals sensible Keime vor Antibiotika, indem sie Sekundärinfektion vorliegt. sprechen auf die Standard-Therapie und verursachen diese schneller abbauen oder ausschleusen. 4 FORUM Arztpraxis 1/2016
ANTIINFEKTIVA Neben der routinemäßigen Verschreibung von Breit- bandantibiotika wird die Ausbildung von Antibioti- karesistenzen auch durch deren unsachgemäßen oder Parallelresistenzen auch gegenüber humanen Arzneimitteln entstehen. „ Speziell die oralen Cephalosporine der dritten oder unzureichenden Gebrauch gefördert. Laut einer Status quo Generation haben eine ungünstige WHO-Untersuchung nehmen bis zu 50 Prozent aller Allem voran die erfreulichen Nachrichten: im Vergleich Pharmakokinetik/Dynamik, werden Patienten die ihnen verordneten Medikamente nicht zu 2013 sanken 2014 sowohl der Gesamtverbrauch schlecht resorbiert und heizen die ordnungsgemäß ein.6 Auch die eigenmächtige Einnah- der als auch die Kosten für Antibiotika in Oberöster- ESBL- Entwicklung massiv an. Der me von Antibiotika durch Patienten, beispielsweise reich. Lediglich die Verordnungen der Cephalospori- Einsatz dieser Substanzen sollte dem aus alten Packungen, führt zu einer Verschlechterung ne 2. Generation und der Sulfonamide/Trimethoprim Spitalsbereich vorbehalten sein, wo sie „ der Resistenzlage. steigen leicht an. i.v. verabreicht werden können und damit sehr wertvolle Therapieoption Patienten müssen Die Resistenzraten in Oberösterreich hinken dieser im stationären Bereich darstellen.“ über die Wirkungen, Entwicklung jedoch noch stark hinterher: Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter Nebenwirkungen und auch Escherichia coli Leiterin des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizindes KH der Elisabethinen Linz und der über die Grenzen einer in Oberösterreich7 analyse BioLab GmbH Antibiotika-Wirkung aufge- E.coli gilt sowohl bei Bakteriämien als auch bei in- klärt werden! nerhalb/außerhalb des Krankenhauses erworbener Harnwegsinfektionen als häufigster Erreger. Die Zahl Abseits der Arzt-Patienten-Beziehung spielt auch der der durch E.coli verursachten, gemeldeten Bakteriä- vorbeugende Einsatz von Antibiotika in der landwirt- mien stieg in Österreich von 3.480 Fällen 2010 auf Cephalosporine der 3. Generation (+1,4 Prozent vs. schaftlichen Tierzucht eine Rolle bezüglich der Resis- 4.750 Fälle 2014 – das entspricht einem Anstieg von -0,5 Prozent) und Aminoglykoside (+1,1 Prozent vs. tenzentwicklung.6 Zwar werden in der Veterinärmedi- 37 Prozent in fünf Jahren! -0,1 Prozent) im Jahr 2014 weiter an. Die Zahl der zin nicht die gleichen, sondern ähnliche Antibiotika Fluorochinolon-resistenten E.coli nahm zwar auch wie in der Humanmedizin verwendet, doch trotz des Entgegen dem gesamtösterreichischen Trend stiegen in Oberösterreich schwach ab, liegt aber mit einem strukturellen Unterschieds bleiben die molekularen die Resistenzraten von E. coli in Oberösterreich ge- Rückgang von 0,8 Prozent 2014 immer noch hinter Wirkmechanismen dieselben und so können Kreuz- gen Aminopencilline (+0,9 Prozent vs. -0,9 Prozent), Gesamtösterreich (-2,2 Prozent). Verordnungsentwicklung in Oberösterreich 2011 – 2014 2011 2012 2013 2014 Aminopenicilline Cephalosporine Cephalosporine Makrolide, Sulfonamide und Chinolone Tetrazykline +/-BLI) 2. Gen. 3. Gen. Linkosamide, Trimpethoprim Streptogramine Grafik: Verordnungsentwicklung der Antibiotikaklassen in Oberösterreich über die Jahre 2011 – 2014; Daten aus FOKO FORUM Arztpraxis 1/2016 5
ANTIINFEKTIVA „Fazit Durch strenge Indikationsstellung für Antibiotika kann der Selektionsdruck auf Bakterien und somit die Ausbildung von Resistenzen minimiert werden. Wenn ein Antibiotikum indiziert ist, sollte es nach Effizienz, Sicherheit und Kosten ausgewählt und sogenannte „Reserve-Antibiotika“ auch nur als solche verwendet werden. Prinzipiell gilt: so schmal (Spektrum) und kurz wie möglich, so lange wie nötig! Und nicht zuletzt ist auch die Aufklärung des Patienten essenziell in der Vermeidung von Antibiotika-Resistenzen! Erschreckend zeigt sich die Entwicklung der multire- servestatus“ mit Bedacht und nur nach strenger Indi- Quellen: 1.Sales of veterinary antimicrobial agents in 26 EU/EEA countries in 2012; European sistenten Keime. So stieg die Rate der ESBL-bildenden kationsstellung eingesetzt werden, damit diese gerade Medicines Agency; 2014, 333921/2014 Escherichia coli in Gesamtösterreich von 16,7 Pro- im Spitalsbereich zielgerichtete, intravenöse Thera- 2.Pharmakotherapie: klinische Pharmakologie, 14.Auflage, Lemmer & Brune, 2010 3.Antibiotic resistance as a major public health concern: epidemiology and economic zent (2013) auf 24,4 Prozent (2014)! Diese Erreger pieoptionen für schwere Infektionen bleiben. impact. Signorelli C et al; Ann. Ig.;015, 5 015.2048; haben die Fähigkeit durch die Extended Spectrum 4.http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs194/en/ http://www.euro.who.int/de/health-topics/disease-prevention/antimicrobial-resistance/ Beta-Lactamase (ESBL) sowohl Penicilline als auch Dieser Artikel ist eine um die Daten des AURES antibiotic-resistance/factsheets/information-for-health-professionals Cephalosporine abbauen zu können. Circa 70 Prozent 2014 ergänzte Kurzfassung des Arzneidialog-Papiers 5.Antibiotikaresistenz; Weltgesundheitsorganisation, Regionalbüro für Europa, Gesundheitsthemen / Krankheitsprävention / Antimikrobielle Resistenz / der ESBL-bildenden E.coli zeigen zusätzlich Resisten- „Antibiotika – das Risiko der Resistenzen“, welches Antibiotikaresistenz zen gegenüber Fluorochinolonen und Sulfamethoxa- unter Mitwirken von Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra 6.http://www.autovaccine.de/ND/antibiotics.html 7.AURES – der österreichische Antibiotikaresistenzbericht 2014; : http://www.aures.at/ zol/Trimethoprim! Apfalter entstand und Sie bei Frau Jasmin Schütz per E-Mail (jasmin.schuetz@ooegkk.at) oder telefonisch Um die drohende Gefahr multiresistenter Keime zu (05 78 07 - 10 20 36) jederzeit nachbestellen minimieren, sollten vor allem Medikamente mit „Re- können. E.coli – Resistenzentwicklung in Prozent in Oberösterreich 2011 – 2014 47,7% 2011 2012 2013 2014 18,1% 9,7% 8,3% Aminopenicilline Cephalosporine Aminoglykoside Chinolone 3. Gen. Grafik: Resistenzentwicklung von E.coli Keimen gegenüber ausgewählter Antibiotikaklassen in Oberösterreich, Daten aus AURES 2014 6 FORUM Arztpraxis 1/2016
MEDIZIN AKTUELL Evidence based Medicine Relatives Risiko (RR) RR steht für Relatives Risiko und vergleicht zwei Risiken. Eine RR von 1 bedeutet, dass zwischen den beiden Vergleichsgrup- pen kein Unterschied besteht. Bei Werten über 1 besteht ein erhöhtes, bei Werten unter 1 ein erniedrigtes Risiko für die ge- prüfte Intervention. NEU AM MARKT Beispiel: In einer Studie mit 300 Patienten wird über neun Monate ge- testet, ob das Verum dem Placebo bezüglich Schlaganfallhäu- figkeit überlegen ist. In der Placebo-Gruppe (100 Patienten) Herzinsuffizienz: Entresto® haben 10 einen Schlaganfall, in der Verumgruppe (200 Patien- ten) sind es 15. Entresto® wurde am 1. 12. 2015 von der EMA zur Therapie er- Das RR vergleicht nun die Wahrscheinlichkeiten der beiden wachsener Patienten mit einer symptomatischen, chronischen Gruppen: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion zugelassen.1 Es Risiko V = 15 von 200 entspricht 7,5 % (0,075) handelt sich um ein Kombinationspräparat aus dem Angiotensin Risiko P = 10 von 100 entspricht10 % (0,1) II-Rezeptor-Antagonisten Valsartan und dem Neprilysin-Inhibitor RR = Risiko in der Verumgruppe / Risiko in der Placebogruppe Sacubitril. Laut Hersteller soll Entresto® „im Vergleich zu Enalapril = 0,075 / 0,1 = 0,75 = 75 % eine um weitere 20 Prozent erhöhte Reduktion des Risikos CV[kar- diovaskulär]-bedingter Mortalität“ zeigen.2 Absolut entspricht das Aussage: Das Risiko in der Verumgruppe einen Schlaganfall zu er- leiden beträgt 75 Prozent des Risikos der Placebogruppe, das Ri- einer Risikoreduktion im Endpunkt kardiovaskulär bedingter Tod siko ist also niedriger. um 3,13 Prozent – von 16,45 Prozent unter Enalapril auf 13,32 Pro- zent unter Entresto® in 3,5 Jahren3. Es müssen folglich 116 Patienten Relative Risikoreduktion (RRR) ein Jahr lang behandelt werden, um einen kardiovaskulär bedingten RRR steht für Relative Risiko-Reduktion und beschreibt die Todesfall zu verhindern. Senkung des Ereignis-Risikos in der Verumgruppe im Vergelich CAVE: Während der zwei Run-in-Perioden, in denen jeder Patient zur Placebogruppe: durchschnittlich 15 Tage lang Enalapril und 29 Tage lang Entresto® RRR= 1 - RR = 1 – 0,75 = 0,25 = 25 % nahm, schieden 19,8 Prozent der Patienten aus. Daher kann das Studienergebnis nur auf Patienten übertragen werden, die sowohl Aussage: In de r Verumgruppe hat der Patient ein um 25 Prozent Enalapril als auch Entresto® vertragen. Die Subgruppenanalyse zeigt, niedrigeres Schlaganfall-Risiko als in der Placebogruppe. Die rela- tive Risikoreduktion beträgt 25 Prozent. dass kein signifikanter Vorteil bei Patienten mit einer Ejektionsfrak- tion >35 Prozent bzw. bei Patienten, die vor Beginn der Studie keine Absolute Risikoreduktion (ARR) ACE-Hemmer (aber AT-II-RA) genommen hatten, besteht.3 Weiters ARR steht für Absolute Risiko Reduktion. Sie beschreibt um ist zu beachten, dass 2 x Entresto® (entspricht einer Valsartan-Dosis wieviel Prozentpunkte das Risiko verringert wird: von 160mg) mit 2 x 10 mg Enalapril verglichen wurde, während ARR= 0,1 – 0,075= 0,025= 2,5 % Valsartan schon bei einmal täglicher Gabe dieser Enalaprildosis nicht unterlegen ist.4 Aussage: Die Rate der Schlaganfälle wird durch das Verum um 2,5 Die Ergebnisse der laufenden, direkten Vergleichsstudie zwischen Prozentpunkte reduziert. Anders ausgedrückt: Von 200 behan- Entresto® und Valsartan werden im Mai 2020 erwartet (PARA- delten Patienten haben fünf einen Nutzen. GON-HF). Achtung: zur Darstellung des tatsächlichen Effektes ist die Anga- be der ARR meistens besser geeignet als die RRR. Allerdings wird Das Nebenwirkungsspektrum zwischen den beiden Interventionen in der Literatur oft die RRR angegeben, um (auch kleine) Effekte ist vergleichbar. Lebensbedrohliche Angioödeme, wie sie unter imposanter zeigen zu können. Omapatrilat bei Rauchern auftraten, wurden nicht beobachtet. Allerdings gibt es in der PARADIGM-HF-Studie keine Angaben zum Anteil der Raucher unter den Patienten.5 Studien zur Abklä- rung des Risikos eine Alzheimer-Demenz oder trockene AMD zu entwickeln sollen 2022 beendet sein. Quellen: 1)EPAR product information Entresto; EMA; 12/2015 2)Entresto Produktinformation Novartis Pharmaceuticals 3)Angiotensin-Neprilysin Inhibition versus Enalapril in Heart Failure (PARADIGM-HF); McMurray et al, NEJM 08/2014 4)Safety and efficacy of valsartan versus enalapril in heart failure patients (HEAVEN); Willenheimer et al, Int. J. Cardiol., 10/2002 5)Omapatrilat and Enalapril in patients with hypertension (OCTAVE); Kostis et al; Am J Hypertens., 02/2004 FORUM Arztpraxis 1/2016 7
Lipidsenkende Therapie Zur Therapie der primären oder familiären Hypercholesterinämie, sowie der gemischten Dyslipidämie sind verschiedenste Wirkstoffe zugelassen. Entgegen dem Aufruf aus Amerika „the lower the Weiters wichtig bleibt die Änderung des Lebensstils somit den Statin-Äquivalenzdosen: better“, empfehlen die europäischen Leitlinien Ziel- der Patienten vor Ansetzen eines Arzneimittels.1 Atorvastatin 10mg; Fluvastatin 80mg; Lovastatin 20- bereiche, in denen sich die Plasmakonzentration 40mg, Pravastatin 40mg; Rosuvastatin 5-10mg; Sim- des Low-Density-Lipiproteins (LDL) einpendeln soll. Lebensstilmodifikation vastatin 20 – 40mg. Da das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen durch Bei Kontraindikation oder Nicht-Vertragen der Sta- erhöhte Cholesterinwerte stark zunimmt, ist es wichtig, tin-Therapie können aus dem EKO Nikotinsäure, Aus- an das Gesundheitsbewusstsein des Patienten zu ap- tauscherharze oder Cholesterinabsorptionsinhibitoren pellieren und ihn hinsichtlich Prävention aufzuklären: in Betracht gezogen werden. Rauchstopp + Gewichtsabnahme Unter Berücksichtigung der Äquivalenzdosen ist Simvasta- Körperliche Bewegung: Ausdauersport 3 x 30 tin derzeit das ökonomischste Präparat zur effektiven Minuten pro Woche (verringert auch das Hyper- Senkung des Cholesterinspiegels. Falls dieses nicht aus- tonie-Risiko) reicht, um den Zielwert zu erreichen, sollte auf ein poten- Gesunde, kaloriengerechte Ernährung (damit HDL teres Statin (z. B. Atorvastatin) gewechselt werden und erst „ ≥40mg/dl steigt; vermehrt Ballaststoffe, Fette beim Versagen der Statin-Monotherapie das Add-On von vorwiegend pflanzlichen Ursprungs, ungesättigte beispielsweise Ezetimib in Betracht gezogen werden. Tipp für Ihre Patienten: Fettsäuren) www.ooegkk.at > Ernährung > Bei Simvastatin und Pravastatin bringen Dosierungen Ratgeber Ernährung. Medikamentöse Therapie über 40 mg kaum einen zusätzlichen Effekt, erhöhen Medikamente der Wahl sind nach wie vor die Statine, aber die Rate an unerwünschten Arzneimittelwech- Hier findet man neben Tipps die durch Hemmen der 3-HMG-Reduktase die endo- selwirkungen. zur Gewichtsabnahme auch gene Synthese des Cholesterins verhindern. Online-Ratgeber, Kurse Die nachfolgenden Tagesdosen redu- Die Statin-Myopathie 4,5,6 zum „Rauchen aufhören“ zieren den LDL-Cholesterin-Wert um Als Statin-Myopathie wird eine Muskelerkrankung be- und vieles mehr! 30 – 40 Prozent und entsprechen schrieben, die im Zuge einer cholesterinsenkenden 8 FORUM Arztpraxis 1/2016
KARDIOVASKULÄRES SYSTEM Therapie mit Statinen in ein bis fünf Prozent der Hyperlipidämie Fälle auftritt. Es gibt keine einheitliche Definition und die Ursachen dieser Nebenwirkung sind unbe- Die angegebenen Zielwerte sollten primär durch nichtmedikamentöse Lebensstilmodifi- kannt. Diskutiert werden eine zu niedrige Choleste- kationen erfolgen. Lediglich bei „Patienten mit Myokardinfarkt sollte eine Statintherapie rinkonzentration der Myozytenmembran, ein Mangel unabhängig von der Konzentration des LDL-C eingeleitet werden“.1 an Isoprenoiden oder Coenzym Q10 und mitochond- LDL-Zielbereiche für Patienten mit Hyperlipidämie riale Dysfunktion. Als Symptome werden Muskelschmerzen, Schwäche Kardiovaskuläres Risiko LDL-Cholesterin oder Krämpfe der Muskulatur und ein Anstieg des nach SCORE-Tabelle Serum-CK um das zehnfache des oberen Grenzwertes
KARDIOVASKULÄRES SYSTEM Gallensäurebinder: Colestyramin entzieht in den Darm sezernierte Gal- Lipidsenkende Arzneistoffe lensäuren dem enterohepatischen Kreislauf und kann den LDL-Spiegel dadurch um 12 bis 18 Prozent sen- Statine Wirkstoff- Lipidsenkungs- Zusatznutzen KVP/ stärke potenzial gegenüber Statin- Monat ken. Da auch viele Arzneimittel eine hohe Affinität zu Monotherapie Gallensäurebindern haben, sollte sie mit einem zeit- lichen Mindestabstand von einer Stunde vorher oder Atorvastatin 10mg 41-60% 7,55 € vier Stunden nachher eingenommen werden.11 Fluvastatin 80mg 33-38% 5,50 € Lovastatin 20-40mg 24-40% 10,60 € Nikotinsäurederivate: Pravastatin 40mg 21-30% 8,05 € Aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils und ihres gerin- Rosuvastatin 20mg 31-55% 49,85 € gen Ei nflusses auf das LDL-Cholesterin sind sie weit- Simvastatin 40mg 28-50% 5,80 € gehendst vom Markt verschwunden. Einzig Olbetam® Kombinationen ist noch im Gelben Bereich des Erstattungskodex zu Atorvastatin + finden und nach Ausschöpfen sämtlicher Optionen Ezetimib 20mg+ aus dem Grünen Bereich indiziert.11 10mg 53-61% 15-20 mg/dl 51,90€ Simvastatin + Neu auf dem Markt: PCSK9- Ezetimib 20mg + Inhibitoren 10mg 47-60% 15-20 mg/dl 63,65 € Evolocumab (Repatha®) und Alirocumab (Praluent®) Add-on sind subkutan zu applizierende, monoklonale Antikör- Alirocumab 75mg 46-60% 43 – 74 mg/dl 614,60 € per, die das Enzym PCSK9 (Proprotein-Convertase Sub- Ezetimib 10mg 13% 15-20 mg/dl 50,90 € tilisin/ Kexin Typ 9) binden, welches LDL-Rezepto- Evolocumab 140mg 56-61% 53 – 93 mg/dl 614,60 € ren zum Abbau markiert. Dadurch wird das „zelluläre Quelle: Foody et al.,2013; Spitalapotheke Aarau, 2013; Green et al.,2014, Luo et al.2014; Cannon et al.,2015; Recycling“ von LDL-Rezeptoren gefördert und weiter- Raal et al.,2014; Preise entsprechen dem günstigsten Produkts laut EKO, Dezember 2015. hin LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Zellen aufge- Anmerkung: bei Simvastatin und Pravastatin bringen Dosierungen über 40mg kaum einen nommen. Studien zufolge reduzieren PCSK9-Inhibito- zusätzlichen Effekt, erhöhen aber die Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen. ren den LDL-Cholesterinspiegel um 50 bis 60 Prozent. Da es zu diesen Medikamenten weder Langzeitstudien zur Sicherheit noch zum Einfluss auf die Gesamtmor- BINGHAUS-Studie initiiert, die eine Bewertung diesbe- 6) ACC/AHA Guideline on the treatment of Blood Cholesterol to reduce Atherosclerotic Risk in Adults, Stone et al, 2013; Muscle- and skeletal-related side-effects of statins: tip of the talität gibt, ist der Einsatz bislang nur für Patienten züglich ermöglichen soll (Ergebnisse vermutlich 2018). iceberg?; Auer et al, European Journal of Preventive Cardiology, 2014 mit sehr hohen, Therapie-resistenten Cholesterinspie- Bei der homozygoten familiären Hypercholesterinämie 7) Neue AHA- und ACC-Leitlinie zur Risikoreduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Cholesterinsenkung, Stellungnahme der DACH-Gesellschaft, österr. Atherosklerose geln gerechtfertigt. Die EMA-Zulassung beläuft sich auf muss der Mutationsstatus des LDL-Rezeptors beachtet Gesellschat, AGLA Schweiz; Klose et al., Internist 2014 eine Secondline-Therapie für Patienten mit primärer werden, da PCSK-9-Inhibitoren nicht wirken können, 8) Effects of atorvastatin in combination with ezetimibe on carotid atherosclerosis in elderly patients with hypercholesterolemia.;Luo et al; Genet Mol Res; 2014, 04 Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie wenn beide Allele defekte LDL-Rezeptor-Gene tragen 9) Changes in LDL-C levels and goal attainment associated with addition of ezetimibe to beziehungsweise für Repatha® auch für Patienten mit (1:1 Mio).13-16 Red. simvastatin, atorvastatin, or rosuvastatin compared with titrating statin monotherapy; Foody et al; Vasc Health Risk Manag. 2013 homozygoter familiärer Hypercholesterinämie. Quellen: 10) Efficacy and Safety of Ezetimibe Added to Ongoing Statin Therapy for Treatment of Patients In bisherigen Studien wurden folgende unerwünschte 1) Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen; ESC-Pocket-Guideline; European Society With Primary HypercholesterinaemiaM Gagne et al, American Journal of Cardiology, 2002, 11 11) Handbuch der Fettstoffwechselstörungen, Schwandt Pfarrhofer, Schattauer Verlag; 2007 Arzneimittelwirkungen am häufigsten beobachtet: In- od Cardiology; Update 2012 Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien; ESC-Pocket-Guideline; European Society od 12) Inhibition of PCSK9 with evolocumab in homozygous familial hypercholesterolaemia. fluenza, Nasopharyngitis, Infektionen der oberen Atem- Cardiology; 2011 (TESLA), Raal et al; Lancet 2014, 385, 9965 13) Efficacy and Safety of Evolocumab in Reducing Lipids and Cardiovascular Events wege, Rücken-,Gelenks- und Muskelschmerzen, Hautaus- 2) Familial hypercholesterolaemia is underdiagnosed and undertreated in the general popu- lation: guidance for clinicians to prevent coronary heart disease; Nordestgaard et al., European (OSLER); Sabatine et al.; NEJM 2015, 4 schlag, Übelkeit, Reaktionen an der Einstichstelle. Heart Journal; 3478-3490 2013 14) Efficacy and safety of alirocumab in high cardiovascular risk patients with inadequately controlled hypercholesterolaemia on maximally tolerated doses of statins: the ODYSSEY Es wird diskutiert, ob eine drastische Reduktion des 3) Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen in der Ärztlichen Praxis; Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und COMBO II randomized controlled trial; Cannon et al.; European Heart Journal; 2015, 2 Cholesterins Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten ihren Folgeerkrankungen (Lipid-Liga), 2009 15) Anti-PCSK9 monotherapy for hypercholesterolemia: the MENDEL-2 randomized, controlled phase III clinical trial of evolocumab (MENDEL-2); Koren et al.; J Am Coll Cardiol.; 2014, 3 hat. Da neurokognitive Nebenwirkungen in einigen Stu- 4) Statine in der kardiovaskulären Primärprävention – kein Nutzen bei niedrigem Risiko; Arzneimittelbrief; 2010, 11 16) FDA Briefing Document; Endocrinologic and Metabolic Drugs Advisory Committee dien auftraten, wurde zu Evolocumab eigens die EB- 5) Narrative Review: Statin.related Myopahty; Joy an Hegele; Annals of internal Medicine; 2009 (EMDAC); 10.06.2015 „ Die deutsche Ärztezeitung vom 26.3.2015 berichte- te von einer 53-prozentigen Reduktion der Ereignisrate unter Evolocumab. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Reduktion der kumulativen Inzidenz der Komposition aller kardiovaskulären Ereignisse von 2,18 Prozent auf 0,95 Prozent in einem Jahr, berechnet anhand der Daten aus 12 teilweise sehr unterschiedlichen Studien.13 10 FORUM Arztpraxis 1/2016
PRAXIS AKTUELL PATIENTEN-TIPPS Essigwickel und Essigpatschen Anwendungsbereiche Sowohl Essigpatschen als auch Wadenwickel mit Essig senken das Fieber des Patienten und brin- Pillenmix-Folder gen allgemeine Erleichterung, sofern sie richtig Anlässlich der diesjährigen zweiten angelegt werden. Ebenso werden in aller Regel Polypharmazie-Kampagne wurde auch Begleitsymptome wie Desorientierung und unser „Pillenmix-Folder“ für Ihre Patienten Unruhe gelindert. aktualisiert und überarbeitet. Damit der Wickel dem Körper konstant Sie finden ihn zum Download unter Wärme entziehen kann, muss er anhaltend http://vertragspartner.ooegkk.at – Fachliches – Folder oder können kalt sein. Ist dies nicht der Fall, kommt es ihn bei Frau Bianca Ferstl via E-Mail (bianca.ferstl@ooegkk.at) oder durch den kurzen Kältereiz zur reflektori- telefonisch (05 78 07 - 10 20 32) jederzeit bestellen. schen Wiedererwärmung des Körpers! Die wichtigste Voraussetzung für das Neben möglichen Folgen und Gefahren der Polypharmazie wird auch Gelingen fiebersenkender Wadenwickel ist auf Wechselwirkungen mit Nahrungsergänzungsmitteln hingewiesen eine ungestörte Blutzirkulation im gesamten und darauf aufmerksam gemacht, dass nicht jedes Symptom mit Körper des Patienten. Eine Anwendung bei Medikamenten behandelt werden muss: So wird unter anderem frierenden Patienten oder Patienten mit kalten erklärt, dass es einerseits für viele Beschwerden auch wirksame Händen oder Füßen sollte daher vermieden nicht-medikamentöse Therapieformen (Ernährung, Bewe- werden! gung, Topfenwickel etc.) gibt und andererseits, dass jede Selbstmedikation mit dem behandelnden Anlegen der Wadenwickel Arzt abgesprochen werden sollte. Stofftücher werden in Essig (z. B. Apfelessig mit Wasser verdünnt) eingetaucht und um beide Waden des Patienten gewickelt. Um diese folgen Woll- oder Frottiertücher als zweite Schicht. Die eingewickelten Beine können auf Wunsch des Patien- ten zusätzlich zugedeckt werden. Sobald sich die essiggetränkten Tücher nicht mehr kühl anfühlen, sollten sie gewechselt werden. Interaktions-Check: Antibiotika Anlegen von Essigpatschen Baumwollsocken werden in (verdünnten) Essig eingetaucht und Gerade bei Akuttherapeutika, worum es sich bei Antibiotika dem Patienten übergezogen, gefolgt von einer zweiten Schicht aus meist handelt, wird die Gefahr von Interaktionen unterschätzt. dicken Wollsocken. Die Essigpatschen sollten erst entfernt werden, Dabei birgt diese sehr heterogene Arzneistoffgruppe ein hohes wenn die inneren Socken trocken sind. Wechselwirkungspotenzial – sowohl mit anderen Arzneimitteln, als auch mit Nahrungsmitteln! CAVE Manche Antibiotika, vor allem Makrolide, beeinflussen das Pro Anwendung sollte das Fieber maximal um 1°C sinken, da die CYP-System, das für den Stoffwechsel vieler Arzneimittel maß- Kreislaufbelastung andernfalls zu stark sein könnte. gebend ist. Doch auch die Wirkung der Antibiotika selbst kann durch andere Stoffe verändert werden: Hinweise Beschleunigter Abbau von Makroliden und Doxycyklin durch Sollte es trotz korrekter Anwendung zu keiner Fiebersenkung die Einnahme von CYP-3A4-Induktoren wie z. B. kommen, ist umgehend ein Arzt zu benachrichtigen. Johanniskraut-Präparaten, Carbamazepin, Dexamethason Eine Unterlage unter den Beinen/Füßen schützt die Liegeflächen! Verlangsamter Abbau von Makroliden und Doxycyklin durch die Einnahme von CYP-3A4-Hemmern wie z. B. Azol-Anti- mykotika, Grapefruitsaft, Aprepitant, Diltiazem Verminderte Resorption von Chinolonen und Makroliden durch die zeitnahe Einnahme von Mg2+ / Ca2+ / Fe3+- Präparaten, Milchprodukten, einigen Antazida, … Quelle: 1 kardiolab.ch; Synopsis der Arzneimittelinteraktionen durch CYP450 2 Arzneitelegramm 9/2001 3 Flockhardt, P450 Drug interaction table, http://medicine.iupui.edu/clinpharm/ddis/main-table/ FORUM Arztpraxis 1/2016 11
„Biologicals“ und „Biosimilars“ Teil 3: Rezente Entwicklungen und neue Herausforderungen - die ersten Biosimilars aus der Gruppe der monoklonalen Antikörper Die Entwicklung von biosimilaren monoklonalen Anti- schrittweise abgestufte pharmakologische Charakteri- hand von Dosis-Wirkungskurven bestimmt. Letztere körpern stellt im Vergleich zu den in den ersten beiden sierung im Rahmen der gesetzlich geregelten Zulas- Messungen entfallen aus nachvollziehbaren Gründen, Teilen der Serie beschriebenen kleineren Biopharma- sungsprüfungen durchgeführt wird. Dabei wird in in wenn der Wirkungsmechanismus des Antikörpers aus- zeutika wie Erythropoietin oder Granulozyten-Kolonie vitro Studien die Interaktion zwischen dem biosimila- schließlich in der Neutralisation eines löslichen Mole- stimulierender Faktor eine neue Herausforderung dar. ren Antikörper und der Zielstruktur im Vergleich zum küls besteht. Diese Untersuchungen sind in der Regel Diese wird bereits durch den Größenunterschied of- Originalprodukt charakterisiert. sehr sensitiv. fenbar: Größenordnungen von bis zu 34 Kilodalton für Erythropoietin stehen Größenordnungen von ungefähr Konkret bedeutet dies, dass das Ziel dieser Unter- Trotzdem kann es vorkommen, dass eine in vitro Stu- 150 Kilodalton beispielsweise bei Immunglobulin G ge- suchungen ist, die Ähnlichkeit zum Originalprodukt die nicht aussagekräftig genug ist, um alle Eigen- genüber. zu charakterisieren. Das Nachfolgeprodukt soll nicht schaften eines biosimilaren Antikörpers zu beschrei- schlechter, aber auch nicht besser sein als dieses: Im ben. In einem solchen Fall sieht die EMA-Richtlinie Eigene Richtlinie letzteren Falle würde es sich dann um ein BioBetter vor, dass der Antikörper in zusätzlichen tierexperi- Die European Medicines Agency (EMA) hat entspre- handeln, welches Konsequenzen für den laufenden Zu- mentellen Studien untersucht wird; es sollen Unter- chend eine eigene Richtlinie verfasst1, die vorsieht, lassungsprozess mit sich bringen würde. schiede zwischen dem Originalprodukt und seinem dass für jedes Nachfolgeprodukt eines am Markt be- Nachfolgeprodukt sichtbar gemacht werden. Aller- findlichen und bereits in umfangreichen präklinischen Neben Studien zur Bindung muss die Funktionalität dings sind klassische tierexperimentelle Studien für und klinischen Studien getesteten Antikörpers eine von Interaktionen untersucht werden. Dies wird an- die Erkennung von potenziell immunogenen Wirkun- 12 FORUM Arztpraxis 1/2016
NACHFOLGEPRODUKTE gen bei der Behandlung von Menschen in ihrer Aus- sagekraft limitiert. Der im Vergleich zur Originalzulassung reduzierte Umfang der Prüfung bei der Biosimilar-Zulassung ist allerdings nur in Verbindung mit einer gut funktionie- renden und lückenlosen Pharmakovigilanz umsetzbar, die von den Informationen durch die Herstellerfirmen und die behandelnden Ärzte lebt. Im Rahmen der klinischen Prüfung muss für einen bi- osimilaren Antikörper die Pharmakokinetik im Men- schen zuerst detailliert erfasst werden, ein Novum, denn dies wurde für die bislang zugelassenen bio- similaren Wirkstoffe nicht gefordert. Die Bioäquiva- lenzkriterien entsprechen den Vorgaben „klassischer“ Generika. Die vergleichbare Wirksamkeit, eine wesentliche Säule der biosimilaren Zulassung, muss in randomisierten, vorzugsweise doppelblinden Studien in parallel ge- führten Probanden-Gruppen gezeigt werden. Die Per- sonenanzahl in diesen Gruppen muss statistisch so abgesichert sein, dass ein Unterschied zwischen den Gruppen aufgezeigt werden kann, so er existiert. Es ist aber nicht das Ziel der Untersuchung, erneut den Mehrwert der Behandlung mit dem jeweiligen mono- klonalen Antikörper zu demonstrieren, da dies ja be- reits mit dem Originalprodukt geschehen ist. Relevante Faktoren Fest steht auf alle Fälle, dass Immunogenität nicht nur beim Biosimilar, sondern ebenfalls für den Origi- nator ausgetestet werden muss. Dies kann allerdings nicht in jedem Fall als Garant für das Ausbleiben von immunogenen Reaktionen von Patienten auf ein Ori- ginal- oder Nachfolgeprodukt gewertet werden. Es können immer externe Faktoren, wie z. B. schlech- Und selbstverständlich ist auch die Pathophysiologie te Handhabung, ‚Leckage‘ aus Gummispritzenstopfen der Grunderkrankungen selbst eine nicht unbedeu- oder aber Abriebe von Metallpartikeln zu Problemen tende Größe; diese kann bei Extrapolationen natür- führen. lich auch eine Rolle spielen, weswegen diese Situatio- Ebenso problematisch sind interne, patientenspezifi- nen besonders genau geprüft und wenn möglich auch sche Faktoren, die in den sogenannten „Anti-drug An- untersucht werden müssen. tibodies“ (ADA) mit einer höchst variablen Inzidenz bei Patienten mit Psoriasis, ankylierender Spondylitis, Austauschbarkeit Morbus Crohn oder rheumathoider Arthritis in Abhän- Die Umstellung von Orginalpräparaten auf Biosimil- gigkeit von genetischen Faktoren oder aber dem Al- ars erfolgt in der Praxis noch sehr zurückhaltend. Das ter auftreten. ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass es derzeit noch fachliche Diskussionen hinsichtlich der direkten „ Auch spielt die Begleitmedikation eine Rolle: so kann Austauschbarkeit gibt. Allerdings ist noch unklar, ob es zu häufigerem Auftreten von ADA in Abwesen- ein Switch zwischen biologischen Arzneimitteln mit Das Ziel der Unter- heit einer begleitenden Immunsuppressiva-Therapie demselben ATC-Code – egal, ob innerhalb verschie- suchungen ist, die Ähnlichkeit (wie z. B. Methotrexat) kommen. dener Charges des Originalprodukts, zwischen Origi- nal und Biosimilar oder zwischen Biosimilars diverser zum Originalprodukt zu Eine technische Weiterentwicklung kann sogar zu ei- Anbieter – Konsequenzen bezüglich Wirksamkeit und charakterisieren. Das Nach- nem technologischen Fortschritt und dadurch einem Sicherheit hat. Mit großer Spannung wird daher auf folgeprodukt soll nicht Vorsprung für die Nachfolgeprodukte führen, der ge- die Ergebnisse der NorSwitch-Studie von Infliximab schlechter, aber auch nicht genüber dem Erfahrungsvorsprung der Originalpro- gewartet, die als erster Gradmesser für ein Switching besser sein als dieses. dukte abgewogen werden kann. gesehen werden kann und die, trotz überschaubarer FORUM Arztpraxis 1/2016 13
NACHFOLGEPRODUKTE „ Ein Punkt, der immer wieder gefordert wird, ist die einwandfreie Nachverfolgbarkeit der unterschiedlichen bio- logischen Arzneimittel, seien es Originatoren oder Nachfolgepräparate – und deren klare Unterscheidbarkeit. Fallzahlen, sicherlich einen Anhaltspunkt zum ökono- hat einen eigenen Vorschlag in petto, damit die Un- Harald H. Sitte Medizinische Universität Wien, Pharmakologi- misch motivierten Switching geben wird. terscheidbarkeit verbessert wird. In jedem Fall ist sches Institut, Zentrum für Physiologie und Phar- eine eindeutige Identifikation mehr als wünschens- makologie, Währingerstr. 13a, A-1090 Wien, Öster- Verbesserte wert und jede leicht umsetzbare Maßnahme zur Ver- reich, Tel.: +43-1-40160/31323 E-Mail: harald.sitte@meduniwien.ac.at Unterscheidbarkeit besserung ist in jedem Fall zu begrüßen. Ein Punkt, der immer wieder gefordert wird, ist die Daher kann man hier nur mehr appellieren, dass einwandfreie Nachverfolgbarkeit der unterschiedli- bis zur Einführung der Neuerungen genaue und lü- chen biologischen Arzneimittel, seien es Originatoren ckenlose Aufzeichnungen der entsprechenden Char- oder Nachfolgepräparate – und deren klare Unter- gennummer von Seiten der Gesundheitsprofessionis- scheidbarkeit. Die FDA hat unlängst einen Entwurf ten geführt werden, um nicht nur der geforderten Quelle: 1 Similar biological medicinal products containing monoclonal antibodies: einer neuen Richtlinie veröffentlicht, die sich dieses Pharmakovigilanz Genüge zu leisten, sondern auch non-clinical and clinical issues; URL: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/ Gesichtspunkts annimmt und die Ergänzung der Pro- die Nachverfolgbarkeit im Sinne der Patientensicher- document_library/Scientific_guideline/2012/06/WC500128686.pdf duktnamen mittels Suffixen vorschlägt. Auch die WHO heit zu sichern. 14 FORUM Arztpraxis 1/2016
EKO AKTUELL Auszug aus dem EKO Aufnahme von Präparaten in den Grünen Bereich Präparat Menge OP KVP € R03 MITTEL BEI OBSTRUKTIVEN ATEMWEGSERKRANKUNGEN R03BB07 Umeclidinium bromid Incruse 55 mcg einzeldosiertes Plv. zur Inh. 30 Hb. (2) 39,60 IND: COPD ab GOLD Grad B nach Erstverordnung durch Pulmolog/innen Durch Umeclidinium bromid wurde die Gruppe der langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten um einen weiteren Wirkstoff und die Behandlung der COPD um eine kostengünstige Alternative erweitert. Das Einsparpotenzial von Incruse® innerhalb des wirkstoffähnlichen Bereichs beträgt 410.839,1 Euro, berechnet auf Basis der Verordnungen des 1. Halbjahres 2015 in Oberöster- reich. Aufnahme kostengünstiger Nachfolgepräparate in den Grünen Bereich Präparat Menge OP KVP € N06AX21 Duloxetin (Originär: Cymbalta®) Duloxetin "Krka" magensaftresistente Hartkaps 30 mg, 60 mg 14 Stk. (2) bis zu 17,20 30 Stk. - Duloxetin "ratiopharm" magensaftresistente Hartkaps 30 mg, 60 mg 14 Stk. (2) bis zu 19,86 30 Stk. - Frei verschreibbar für eine(n) Fachärztin/Facharzt für Neurologie oder Neurologie und Psychiatrie oder Psychiatrie und Neurologie (N) bzw. eine(n) Fachärztin/ Facharzt für Psychiatrie oder Psychiatrie und Neurologie oder Neurologie und Psychiatrie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie (P). Preisvergleich: Originär versus Generikum Die Aufnahme der Duloxetin-Generika in den EKO ermöglicht 36,75 ein Gesamtein- sparpotenzial von 141.845,6,– Euro in Oberösterreich, 25,90 berechnet auf Basis der Verordnungen des 1. Halbjahres 2015. 17,95 Preisbasis der Berech- nungen: Preise laut EKO, 10,85 Stand Dezember 2015 Alle Änderungen des Erstattungskodex finden Sie vollständig unter Cymbalta 60 mg Duloxetin Cymbalta 30 mg Duloxetin www.ooegkk.at generisch 60 mg generisch 30 mg > Vertragspart- ner FORUM Arztpraxis 1/2016 15
Österreichische Post AG Info. Mail Entgelt bezahlt FÜR SIE GELESEN EMPA-REG-OUTCOME-Studie In dieser doppelblinden klinischen Studie wurden 7020 er- wachsene Diabetes mellitus Patienten mit hohem kardiovas- kulärem Risiko beobachtet, die 12 Wochen vor Randomisie- rung entweder auf keine (und HbA1c 7-9 %) oder eine stabile (und HbA1c 7-10 %) antidiabetische Therapie eingestellt wa- ren. Die Randomisierung erfolgte zu Empagliflozin 10mg, 25mg oder Placebo jeweils 1 x täglich, was median für 2,6 Jahre bei- behalten wurde. „ Rücken gerade halten! Der primäre Endpunkt (Kombinati- on aus kardiovaskulär bedingtem Tod, nonfatalem Myokardinfarkt (ohne stil- le MI), nonfatalem Schlaganfall) wur- OBERKÖRPER KIPPEN de nur in der gepoolten Empagliflo- > Aufrechter Sitz an der > Aufrichtung beibehalten zin-Auswertung signifikant gesenkt, Sesselkante > Becken nach vorne kippen > Bewegung findet nur in den Hüftgelenken statt für den sekundären Endpunkt (primä- > Oberkörper über die > Rücken gerade halten Körpermitte nach vorne rer plus Hospitalisierung wegen insta- und nach hinten beugen 10 WIEDERHOLUNGEN biler Angina pectoris) konnte lediglich Nicht-Unterlegenheit gezeigt werden. Das Übungsprogramm finden Sie auch online als Filmclips, auf DVD und in der Rückenfibel – erhältlich bei Ihrer OÖGKK! Die Einzelanalyse der Endpunkte ergab eine signifikante Re- duktion für Tod (gesamt; 10mg 5,8 %, 25mg 5,6 %, Placebo 8,3 %), kardiovaskulären Tod (10mg 3,8 %, 25mg 3,5 %, Placebo & gewinne n! M it m a c h e n 5,9 %) und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (10mg enmachmit 2,6 %, 25mg 2,8 %, Placebo 4,1 %). Folglich müssten 101 Pati- ooeg kk.at/rueck enten 1 Jahr lang mit Empagliflozin zusätzlich zur bestehenden Therapie behandelt werden um einen Todesfall zu verhindern. In der Subgruppenanalyse wird ersichtlich, dass Patienten „Der Nacken < 65 Jahren und Patienten mit einem HbA1c-Wert von ≥ 8,5% verspannt? weniger von der Empagliflozin-Therapie profitieren. Genitale Das war einmal.“ Infektionen treten bei beiden Geschlechtern drei bis vier Mal Bleib gesund & fit! häufiger in den Verumgruppen auf. Nicht signifikant, aber nu- Rücken, merisch häufiger waren auch stille Myokardinfarkte, fatale und mach mit! nicht fatale Schlaganfälle, was durch die Erhöhung des Hämat- okrit um 4,9 % begründet sein könnte. In Zusammenarbeit mit der FH für Gesundheitsberufe OÖ Dass die Compliance bei einer polypharmazeuti- schen Therapie gering ist, zeigt die Rate der Patien- ten, die die Therapie vorzeitig abgebrochen hatten: 23 % unter Verum und 29 % unter Placebo.
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