Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse
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ZAF (2009) 42:155–169 DOI 10.1007/s12651-009-0010-1 RESEARCH PAPER Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse Dorothea Alewell · Kerstin Pull Angenommen: 4. Februar 2009 / Online veröffentlicht: 19. März 2009 © Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2009 Zusammenfassung In Zeiten massiven Personalabbaus er- The determinants of outplacement provision: freuen sich Outplacement-Leistungen wachsender Beliebt- results of a theory-based empirical analysis heit. Das empirische Wissen zu Fragen der Outplacement- Gewährung ist jedoch begrenzt. Im vorliegenden Beitrag Abstract In times of massive employment reduction, out- werden Ergebnisse einer Befragung von über 1.000 Unter- placement services are increasingly popular. However, the nehmen präsentiert, die systematisch Aufschluss gibt über empirical knowledge of the provision of outplacement ser- den Einsatz extern bezogener Outplacement-Leistungen vices is limited. In our paper we present the results of an in Deutschland sowie über die Determinanten der Outplace- original survey of more than 1,000 German firms that sys- ment-Gewährung. In unserem Beitrag rekurrieren wir dabei tematically renders information on the use of externally pro- in Anlehnung an Pull (2008) auf verschiedene Logiken der vided outplacement services in Germany as well as on the Outplacement-Gewährung und schließen hieraus auf die De- determinants of outplacement provision. Theoretically we terminanten der Gewährung von Outplacement-Leistungen. recur on the work by Pull (2008) who unfolds different ra- Im Anschluss werden die Hypothesen mit empirischer Evi- tionales of outplacement provision, and derive implications denz konfrontiert. Die durchgeführte Logit-Analyse zu den for the determinants of outplacement provision. In a sec- Determinanten der Outplacement-Gewährung liefert Un- ond step the implications from theory are confronted with terstützung für eine finanzwirtschaftliche Argumentation, empirical evidence. Our empirical analysis renders support nach der die Gewährung von Outplacement-Leistungen zu for an accounting-based logic of outplacement provision ac- unmittelbaren und direkten Kosteneinsparungen an anderer cording to which the provision of outplacement services is Stelle führt, sowie dafür, dass Outplacement-Leistungen als motivated by immediate and direct cost savings, as well as Rekrutierungsinstrument eingesetzt werden. Effizienzlohn- for a signalling based logic where firms use the provision of theoretische und verhandlungsbasierte Erklärungsansätze outplacement services as a signal to future job applicants. der Gewährung von Outplacement-Leistungen erfahren hin- Implications based on gift exchange theory as well as those gegen keine Unterstützung in den Daten. based on collective bargaining do not find support in the data. D. Alewell 1 Fragestellung und Motivation Universität Hamburg, Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, In Zeiten massiven Personalabbaus erfreuen sich Out- Von-Melle-Park 5, 20146 Hamburg, Deutschland placement-Leistungen, d. h. professionelle Leistungen zur E-Mail: dorothea.alewell@wiso.uni-hamburg.de Unterstützung freizusetzender Arbeitnehmer bei der Suche K. Pull (u) nach einem neuen Arbeitsplatz, zunehmender Beliebtheit. Eberhard Karls Universität Tübingen, Das empirische Wissen zu Fragen der Outplacement- Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Nauklerstr. 47, 72074 Tübingen, Deutschland Gewährung ist jedoch begrenzt: Was etwa den Umfang der E-Mail: kerstin.pull@uni-tuebingen.de Leistungsgewährung in Deutschland anbelangt, so liegen 13
156 D. Alewell, K. Pull hierzu im Wesentlichen die Studien des Bundesverbandes fragten Motiven von der sozialen Erwünschtheit der Ant- Deutscher Unternehmensberater e. V. (BDU) vor, in denen wortvorgaben beeinflusst sein könnten. der Umsatz der auf Outplacement spezialisierten Unterneh- Zudem kann die Frage nach den Determinanten der mensberater1 ermittelt und als Indikator für das Volumen Outplacement-Gewährung auch theoretisch keinesfalls als des Marktes für externe Outplacement-Leistungen gewertet geklärt gelten: Die vorliegende Literatur zum Thema wird. Die aktuell vorliegende Studie weist für 2004 einen Outplacement befasst sich weit überwiegend mit rein de- Gesamtumsatz der entsprechenden Unternehmen von ca. skriptiven Darstellungen des Outplacement-Prozesses sowie 40 Mio. Euro aus (vgl. BDU 2005). Während die seitens mit der deskriptiven Auflistung der potenziellen Vorteile des BDU veröffentlichten Zahlen das Marktvolumen von Outplacement auf Seiten des Unternehmens wie auch externer Outplacement-Beratung allenfalls grob abzu- auf Seiten der freizusetzenden Arbeitnehmer. Theoretisch schätzen in der Lage sein dürften, erlauben sie darüber motivierte Beiträge zum Thema sind – wie Mayrhofer hinaus keinen Aufschluss über die Determinanten der (1989) bereits für die frühen Jahre der Auseinanderset- Outplacement-Gewährung, d. h. Antworten auf die Frage, zung mit Outplacement konstatiert – nicht nur in der warum und unter welchen Bedingungen Unternehmen Minderheit, sondern konzentrieren sich darüber hinaus Outplacement-Leistungen gewähren. Zu dieser Frage auf organisationstheoretische Analysen bzw. auf sozio- existiert bislang – auch international – kaum empirische logische und psychologische Ansätze der Stress- und Evidenz: Eine der wenigen Ausnahmen bildet die Studie Verlustforschung. Lediglich Pull (2008) befasst sich aktuell von Sheets u. Ting (1988), die im Rahmen ihrer ökono- mit der ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Rationalität metrischen Analyse der Nutzung von „employee termina- der Outplacement-Gewährung und setzt sich in ihrem tion benefits“ durch 407 Unternehmen in Illinois feststellen, Beitrag systematisch mit den entsprechenden theoretischen dass Unternehmen mit formalen Executive-training- Grundlagen auseinander. Sie konfrontiert die in Frage Programmen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Out- kommenden ökonomischen Erklärungsansätze von Out- placement-Leistungen für Angestellte anbieten als Unter- placement zwar mit der vorliegenden empirischen Evidenz; nehmen, die dies nicht tun. Gleiches gilt für größere Unter- da diese jedoch als bestenfalls anekdotisch zu bezeich- nehmen. nen ist, bleiben viele der aufgeworfenen Fragen letztlich An empirischen Studien zum Phänomen Outplacement unbeantwortet. Insbesondere ist es auf Basis der vorlie- liegen im Wesentlichen Befragungsstudien zu den Erfah- genden Informationen nur schwer möglich, Aussagen zur rungen und den Motiven der Outplacement-Gewährung empirischen Bewährung der herangezogenen theoretischen mit größtenteils nur sehr kleinen Fallzahlen vor: So Ansätze bezüglich der Determinanten von Outplacement zu werden etwa in den Untersuchungen von Wonnemann machen. (1992) und Städele (1992, zit. nach Stoebe 1993) jeweils Im vorliegenden Beitrag soll dies nachgeholt werden, ca. 50 Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit Outplace- indem – basierend auf den theoretischen Vorüberlegungen ment bzw. ihren Motiven der Outplacement-Gewährungen von Pull (2008) – ausgewählte Erklärungsansätze zur befragt, bei Kirsch u. Hendricks (1995) sind es zwölf Outplacement-Gewährung systematisch mit empirischer „Outplacement-erfahrene“ Unternehmen, und die Mitarbei- Evidenz aus einer Befragung von über 1.000 Unternehmen terbefragung von Kühlmann u. Wesenberg (1994) richtet konfrontiert werden. Während Pull jedoch nur solche sich an 46 Klienten zweier Outplacement-Beratungen. Ansätze betrachtet, die zu erklären vermögen, warum Einzig die Befragung der Medienakademie Köln (vgl. Unternehmen im wohlverstandenen eigenen Interesse Out- Przybylski 2003) beruht auf einer größeren Fallzahl (1.200 placement-Leistungen anbieten sollten, liegt es nahe, bei der Unternehmen). Die in den Befragungsstudien präsentierten in diesem Beitrag im Vordergrund stehenden Frage nach den Befunde zu den Motiven und Erfahrungen der Unterneh- generellen Determinanten der Outplacement-Gewährung men mit Outplacement sind sehr heterogen und lassen auch solche Ansätze ergänzend zu berücksichtigen, die kein gemeinsames Bild erkennen. Sie haben zudem das die Gewährung von Outplacement-Leistungen als Resultat Problem, dass ein Rückschluss auf die Determinanten eines Aushandlungsprozesses zwischen Unternehmenslei- der Outplacement-Gewährung schon allein deshalb nicht tung und Betriebsrat modellieren. Daher wird in Abschn. 2 unproblematisch erscheint, weil die Angaben zu den abge- nicht nur auf die von Pull betrachteten Erklärungsansätze, sondern ergänzend auch auf einen Aushandlungsansatz zur Erklärung der Outplacement-Gewährung rekurriert. 1 Als spezialisierte Anbieter aus Sicht des BDU gelten dabei solche Markt- Abschnitt 3 enthält Anmerkungen zu Datensatz und Me- teilnehmer, die mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes mit Outplacement- thode. In Abschn. 4 werden die Variablen vorgestellt und Beratung erwirtschaften, über Beratungskompetenzen für alle Hierarchie- das Ergebnis der durchgeführten logistischen Regres- stufen in den Kundenunternehmen verfügen und den zu Beratenden einen Sekretariatsservice mit Zugang zu Datenbanken oder Internet anbieten sion präsentiert und erläutert. Abschnitt 5 enthält eine können. Diskussion der Ergebnisse, Abschn. 6 ein kurzes Fazit. 13
Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse 157 2 Theorie und Hypothesen terischer) Ansatz, demzufolge Outplacement-Leistungen gewährt werden, um auf diese Weise an anderer Stelle unmit- 2.1 Stand der Forschung zur Gewährung telbar und direkt Kosten einsparen zu können (Abschn. 2.2), betrieblicher Sozialleistungen ein effizienzlohntheoretischer Gift-Exchange-Ansatz, dem zufolge Outplacement-Leistungen gewährt werden, um über Interpretiert man Outplacement-Angebote als eine Form die erwarteten „Gegengeschenke“ unmittelbar und mittelbar betrieblicher Sozialleistungen, so kommen aus theoretischer betroffener Arbeitnehmer Produktivitätseffekte erzielen zu Sicht sozialpsychologisch motivierte Fürsorgeansätze, öko- können (Abschn. 2.3), und ein informationsökonomischer, nomisch-betriebswirtschaftliche Ansätze und Aushand- auf Arbeitgeber-Signaling beruhender Erklärungsansatz, lungsansätze als Erklärungsansätze der Outplacement- bei dem davon ausgegangen wird, dass die Gewährung Gewährung in Frage (siehe auch die entsprechenden von Outplacement-Leistungen ein an zukünftige Bewerber Übersichten bei Backes-Gellner u. Pull 1999; Alewell gerichtetes Signal darstellt (Abschn. 2.4). Was die Berück- 2004). Während der „Fürsorge-Ansatz“, demzufolge pater- sichtigung von Aushandlungslogiken anbelangt, so wird im nalistische Arbeitgeber sich völlig uneigennützig und ohne Folgenden angesichts der uns zur Verfügung stehenden Daten Erwartung einer Gegenleistung für das Wohl ihrer Mitarbei- auf einen kollektiven Verhandlungsansatz rekurriert, bei dem ter einsetzen, für die betriebliche Sozialleistungsgewährung unterstellt wird, dass der Betriebsrat als Vertretungsorgan der empirisch kaum Unterstützung findet (siehe etwa Backes- Arbeitnehmer im Rahmen von Koppelungsgeschäften die Gellner u. Pull 1999), ist die empirische Evidenz in Bezug Gewährung von Outplacement-Leistungen durchzusetzen auf ökonomische und aushandlungstheoretische Erklä- bemüht ist (Abschn. 2.5). rungsansätze der betrieblichen Sozialleistungsgewährung gemischt: So finden etwa Backes-Gellner u. Pull (1999) 2.2 Finanzwirtschaftlicher Ansatz: unmittelbare in ihrer Analyse betrieblicher Sozialleistungen auf der und direkte Einspareffekte der Outplacement-Gewährung Basis breit angelegter Fallstudien in 85 Unternehmen aus vier Branchen und vier Ländern sowohl empirische Im finanzwirtschaftlichen Ansatz der Outplacement-Ge- Unterstützung für die ökonomisch motivierte effizienzlohn- währung steht in Anlehnung an die Überlegungen von Sa- theoretische Argumentation, denen zufolge die Leistungs- dowski (1984) zur Logik der betrieblicher Sozialleistungs- gewährung in Erwartung (je nach Ansatz unterschiedlich gewährung im Mittelpunkt, dass sich durch das Angebot von motivierter) positiver Produktivitätseffekte erfolgt, als Outplacement-Leistungen an anderer Stelle unmittelbar und auch für eine aushandlungstheoretische Argumentation, direkt Kosten einsparen lassen. Dies könnte etwa durch die der zufolge es bei der Sozialleistungsgewährung primär Einsparung ansonsten zu zahlender bzw. ansonsten erwart- um innerbetriebliche „Händel“ und verdeckte Akte der bar höher ausfallender Abfindungszahlungen der Fall sein Selbstbedienung geht (vgl. Sadowski u. Pull 1997). Frick (vgl. die entsprechende Lehrbuchdarstellung bei Backes- et al. (1999) und Bellmann u. Frick (1999) hingegen Gellner et al. 2001, S. 113). Ein weiterer direkter buchhal- kommen auf Basis des sozioökonomischen Panels bzw. terischer Einspareffekt könnte – wenn denn Trennungspro- des IAB-Betriebspanels zu dem Schluss, dass effizienz- zesse durch die Gewährung von Outplacement-Leistungen lohntheoretischen Überlegungen bei der betrieblichen tatsächlich beschleunigt werden, wovon zumindest in der Sozialleistungsgewährung nur eingeschränkte empirische Berater-Literatur regelmäßig ausgegangen wird (vgl. etwa Relevanz zukommt. Lutz (2005) allerdings kann mithilfe Sauer 1991, S. 49) – in der Einsparung ansonsten noch des IAB-Betriebspanels nachweisen, dass der häufig ge- zu leistender Lohnzahlungen bestehen. Außerdem könnten messene positive Zusammenhang zwischen der Gewährung durch die Gewährung von Outplacement-Leistungen die er- betrieblicher Sozialleistungen und der (Arbeits-)Produk- warteten Kosten von Rechtsstreitigkeiten eingespart werden, tivität in der Tat auf eine effizienzlohntheoretische Lo- wenn es denn mithilfe von Outplacement-Leistungen ge- gik schließen lässt, bei der die Gewährung betrieblicher lingt, die Wahrscheinlichkeit von Kündigungsschutzklagen Sozialleistungen die Produktivität erhöht – und nicht zu reduzieren. Auch hierfür gibt es Hinweise in der Literatur etwa umgekehrt eine höhere betriebliche Produktivität die (vgl. etwa Berg-Peer 2003, S. 21; Kleitsch 2006, S. 52). Gewährung von Sozialleistungen ermöglicht. Was lässt sich aus diesen Überlegungen bezüglich der Auf der Basis der vorliegenden Literatur werden im Determinanten der Outplacement-Gewährung ableiten? Folgenden ausgewählte ökonomische Ansätze sowie ein Was sollte, dem finanzwirtschaftlichen Ansatz zufolge, Aushandlungsansatz für die Analyse der Determinanten der Unternehmen, die Outplacement-Leistungen anbieten, von Outplacement-Gewährung herangezogen. Im Hinblick auf solchen unterscheiden, die dies nicht tun? Geht es bei der die uns zur Verfügung stehenden Daten werden dabei die fol- Outplacement-Gewährung im Kern um die direkte und genden ökonomischen Ansätze für die Hypothesenbildung unmittelbare Einsparung von Kosten, so wäre zu erwarten, ausgewählt: ein finanzwirtschaftlicher (oder auch buchhal- dass insbesondere solche Unternehmen, die sich in einer 13
158 D. Alewell, K. Pull prekären wirtschaftlichen Lage befinden, auf Outplace- die freiwillige Gewährung von Outplacement-Leistungen ment-Leistungen zurückgreifen.2 Bei der empirischen Über- Reziprozitätsnormen zu begründen in der Lage ist, welche prüfung einer entsprechenden Hypothese wäre allerdings zu zu Gegengeschenken der unmittelbar sowie auch der mit- beachten, dass bei Unternehmen, die sich in einer prekären telbar betroffenen Arbeitnehmer führen. So könnten etwa wirtschaftlichen Lage befinden, mit höherer Wahrschein- diejenigen, die in den Genuss der Leistungen kommen, lichkeit überhaupt erst Bedarf an der Gewährung von gegenüber Dritten auf imageschädigende Aktivitäten ver- Outplacement-Leistungen entsteht, da es bei diesen mit zichten – ein in der Outplacement-Literatur weithin zitierter höherer Wahrscheinlichkeit zu arbeitgeberseitigen Entlas- Vorteil von Outplacement-Angeboten (vgl. etwa Rundstedt sungen kommen dürfte. Arbeitgeberseitige Entlassungen 1999, S. 353; Berg-Peer 2003, S. 23). Auch mittelbar wären entsprechend zu kontrollieren. Die entsprechende Betroffene, wie etwa die den Personalabbau „überleben- Hypothese lautet: den“ Kollegen der freigesetzten Arbeitnehmer oder auch deren Vorgesetzte, könnten sich psychisch entlastet fühlen H1: Je schlechter die wirtschaftliche Lage eines Unterneh- und sich durch eine gesteigerte Motivation und Loyalität mens, umso eher gewährt dieses – bei gleichem Entlassungs- gegenüber dem Unternehmen quasi „revanchieren“. Ange- geschehen – Outplacement-Leistungen. sichts der vielfach dokumentierten negativen Folgen von Eine zweite Hypothese aus Sicht des finanzwirtschaftli- Entlassungen auf die Überlebenden des Personalabbaus chen Ansatzes schließt sich unmittelbar an: Dem finanzwirt- (siehe etwa Brockner 1992; Weiss u. Udris 2001) könnte schaftlichen Ansatz zufolge geht es bei der Gewährung von gerade dieser Effekt im Zusammenhang mit Outplacement Outplacement-Leistungen um die Einsparung von Kosten von Bedeutung sein.3 an anderer Stelle (z. B. Abfindungen, Lohnzahlungen und Was lässt sich aus diesen Überlegungen bezüglich der Kosten aus Rechtsstreitigkeiten). Immer dann also, wenn Determinanten der Outplacement-Gewährung ableiten? die mit Outplacement verbundenen Kosten der Schulung Zunächst einmal ließe sich vermuten, dass Outplace- und Weitervermittlung betroffener Arbeitnehmer geringer ment-Leistungen aus Sicht des Gift-Exchange-Ansatzes sind als die entsprechenden Einsparungen an anderer Stelle, grundsätzlich nur dann gewährt werden, wenn das Unter- kommt es dem finanzwirtschaftlichen Ansatz zufolge zu nehmen erwartet, weiter am Markt bestehen zu können. Die einem Angebot von Outplacement-Leistungen. Geht man Begründung von Reziprozitätsnormen kann ja überhaupt nur davon aus, dass die pro Arbeitnehmer für Outplacement dann sinnvoll sein, wenn es auch Gelegenheit zu reziproken anfallenden Kosten bei einer steigenden Anzahl von Handlungen der Adressaten gibt. Da der hier verwendete Arbeitnehmern sinken (etwa begründet durch die Kostenun- Datensatz (siehe Abschn. 3) keinerlei Aufschluss über terschiede zwischen Einzel- und Gruppen-Outplacements die Erwartungen der betrieblichen Entscheidungsträger oder durch die Fixkosten von Bildungsmaßnahmen) sowie bezüglich der Lebensdauer des Unternehmens liefert, kann davon, dass die an anderer Stelle realisierten Einsparungen eine entsprechende Hypothese allerdings nicht getestet pro Arbeitnehmer mit der Zahl betroffener Arbeitnehmer werden und wird daher nicht weiterverfolgt. zumindest nicht im gleichen Umfang sinken, wäre ent- Allerdings wird im Datensatz gefragt, ob die Unterneh- sprechend zu erwarten, dass Unternehmen, die in größerem men eine langfristig ausgerichtete Beschäftigungspolitik Umfang Personal entlassen, eher zu Outplacement greifen. betreiben oder nicht. Bezüglich dieser Variable wäre aus Die entsprechende Hypothese lautet: Sicht des Gift-Exchange-Ansatzes nun zu vermuten, dass Outplacement-Leistungen zur Begründung bzw. Stärkung H2: Je mehr Personal ein Unternehmen entlässt, desto eher von Reziprozitätsnormen insbesondere vor dem Hinter- gewährt es Outplacement-Leistungen. grund einer langfristig ausgerichteten Beschäftigungspolitik ein sinnvolles Instrument sind. Dies ist aus zwei Gründen 2.3 Effizienzlohntheoretischer Gift-Exchange-Ansatz: der Fall: Erstens ermöglichen langfristige Beschäftigungs- die Motivation der Überlebenden verhältnisse, dass das Unternehmen über einen längeren Zeitraum von potenziellen „Gegengeschenken“ der Über- Ausgangspunkt des auf Akerlof (1984) basierenden effi- zienzlohntheoretischen Gift-Exchange-Ansatzes ist, dass 3 Genau betrachtetführt dann auch die dem effizienzlohntheoretischen Gift- Exchange-Ansatz zugrunde liegende Logik dazu, dass durch die Gewäh- 2 Bei als rational unterstellten unternehmerischen Entscheidungsträgern rung von Outplacement-Leistungen an anderer Stelle Kosten eingespart dürfte eine schlechte wirtschaftliche Lage dabei eigentlich keine Vorbe- werden. Da es sich hier jedoch nicht um einen unmittelbar messbaren, dingung für kostenbewusstes Verhalten sein; in der Realität jedoch gibt „buchhalterischen“ Einspareffekt handelt, werden finanzwirtschaftliche es vielfältige Hinweise darauf, dass das Kostenbewusstsein unternehme- und effizienzlohntheoretisch basierte Logiken der Outplacement-Ge- rischer Entscheidungsträger in der Krise ausgeprägter ist als zu Zeiten, in währung an dieser Stelle (in Anlehnung an die Literatur zur Sozialleis- denen es dem Unternehmen vergleichsweise gut geht, vgl. hierzu etwa die tungsgewährung; vgl. etwa Backes-Gellner u. Pull 1999; Alewell 2004) Ergebnisse aus Experteninterviews bei Alewell et al. (2007, S. 240ff.). getrennt voneinander behandelt. 13
Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse 159 lebenden des Personalabbaus in Form von gesteigerter Outplacement-Leistungen ein Signal dafür sein, dass das Motivation und Loyalität profitieren kann. Unternehmen, Unternehmen mit den Human-Ressourcen des Unterneh- die ihren Mitarbeitern langfristige Beschäftigungsperspek- mens generell pfleglich umzugehen gedenkt (siehe etwa die tiven bieten, sollten demzufolge stärker an der Entlastung analoge Argumentation bei Frick (1992) in Bezug auf die der Vorgesetzten oder an positiven Wirkungen auf die Beschäftigung Schwerbehinderter), und sich damit gleich- Kollegen der Entlassenen interessiert sein, weil sie mit falls positiv auf die Rekrutierungschancen des Unternehmens einer höheren Wahrscheinlichkeit auch längerfristig mit auswirken.4 diesen Personen zusammen arbeiten werden. Zweitens Bezüglich der Determinanten der Outplacement-Gewäh- spricht eine auf langfristige Beschäftigungsperspektiven rung wäre zu erwarten, dass insbesondere Unternehmen mit ausgerichtete Personalpolitik dafür, dass im entsprechen- Rekrutierungsproblemen auf die Aussendung von Signalen den Unternehmen bereits Reziprozitätsnormen begründet über die eigene Leistungsfähigkeit und Arbeitnehmer- wurden, welche durch einen Personalabbau ohne Outplace- freundlichkeit Wert legen, während Unternehmen ohne ment-Unterstützung gefährdet werden könnten, während ein Rekrutierungsprobleme möglicherweise keine Notwen- Unternehmen ohne langfristige Beschäftigungsperspektiven digkeit/keinen Nutzen in der Aussendung entsprechender bei einem Verzicht auf Outplacement entsprechend „weni- Signale sehen. Analog zu oben wäre hier allerdings wieder ger zu verlieren“ hätte. Allerdings haben Unternehmen, die das Entlassungsverhalten der Unternehmen zu kontrollieren. längerfristige Beschäftigungsperspektiven bieten und ihre Dies führt zu folgender Hypothese: Arbeitnehmer in der Folge auch über temporäre Nachfra- H4: Unternehmen mit Rekrutierungsproblemen gewähren – geeinbrüche hinweg „horten“, zugleich einen geringeren bei gleichem Entlassungsgeschehen – eher Outplacement- Bedarf an der Gewährung von Outplacement-Leistungen, Leistungen als Unternehmen ohne Rekrutierungsprobleme. sodass an dieser Stelle wiederum das betriebliche Entlas- sungsgeschehen zu kontrollieren wäre. Diese Überlegungen führen zu folgender Hypothese: 2.5 Aushandlungsansatz: die Durchsetzung H3: Unternehmen, bei denen langfristige Beschäftigungs- von Outplacement-Leistungen durch den Betriebsrat perspektiven ein zentrales Element der Personalpolitik sind, nutzen – bei gleichem Entlassungsgeschehen – eher Während bei den vorangegangenen Ansätzen davon ausge- Outplacement-Leistungen als Unternehmen, bei denen dies gangen wurde, dass Unternehmen Outplacement-Leistungen nicht der Fall ist. im wohlverstandenen eigenen Interesse aufgrund deren Eigen- oder Signalwert gewähren, liegt es ebenso nahe zu vermuten, dass ein Unternehmen Outplacement-Leistungen 2.4 Informationsökonomischer Ansatz: auf Druck des Betriebsrates bzw. als Konzession gegenüber Outplacement-Leistungen als Rekrutierungsinstrument oder Verhandlungskompromiss mit dem Betriebsrat einführt. So könnte der Betriebsrat die Gewährung von Outplace- Bei dem auf den Überlegungen von Spence (1973) basieren- ment-Leistungen im Rahmen von Koppelungsgeschäften den, allerdings anders als Spence auf Arbeitgeber-Signaling durchsetzen, indem er seine Kooperationsbereitschaft in abstellenden Ansatz, wird davon ausgegangen, dass der Ar- mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten mit der Be- beitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer über einen Informa- reitschaft des Arbeitgebers, Outplacement-Leistungen tionsvorsprung hinsichtlich nutzenrelevanter Arbeitsplatz- zu erbringen, verbindet. Die Gewährung von Outplace- merkmale verfügt (vgl. Schmidtke 2002; Backes-Gellner ment-Leistungen dürfte dabei deshalb im Interesse des et al. 2006). Das Angebot von Outplacement-Leistungen Betriebsrates liegen, weil damit Kündigungen, die unver- könnte hier als Signal für vom Bewerber unbeobachtbare Ei- meidbar oder aus Sicht des Betriebsrats in Verhandlungen mit genschaften der angebotenen Arbeitsplätze wirken, nämlich dem Arbeitgeber nicht abwendbar sind, zumindest mit Maß- etwa dafür, dass ein von Personalreduktionen betroffenes nahmen gekoppelt würden, die die Suche der betroffenen Unternehmen erwartet, noch länger am Markt bleiben zu Arbeitnehmer nach einem neuen Arbeitsplatz erleichtern. können: Für Unternehmen hingegen, die damit rechnen, demnächst vom Markt auszuscheiden, wird der Einsatz von 4 Auch Outplacement mit geringerem Nutzen verbunden sein als hier könnte – analog zu oben – wieder argumentiert werden, dass auch die dem informationsökonomischen Ansatz zugrunde liegende Lo- für Unternehmen, die am Markt bestehen bleiben, sodass gik letztlich dazu führt, dass durch die Gewährung von Outplacement- die Gewährung von Outplacement-Leistungen in der Tat ein Leistungen an anderer Stelle, nämlich bei der Rekrutierung zukünftiger glaubwürdiges Signal dafür sein mag, dass zumindest die Mitarbeiter, Kosten eingespart werden. Da es sich auch hier jedoch nicht unternehmerischen Entscheidungsträger davon ausgehen, um einen unmittelbar messbaren, „buchhalterischen“ Einspareffekt han- delt, werden finanzwirtschaftliche und informationsökonomisch basierte dass das Unternehmen noch länger am Markt bleibt (vgl. Begründungen der Outplacement-Gewährung ebenfalls getrennt voneinan- ähnlich: Frick 2004). Auch könnte die Gewährung von der betrachtet. 13
160 D. Alewell, K. Pull Bezüglich der Determinanten der Outplacement-Ge- dann direkt im Datensatz gespeichert werden. Eine noch- währung ließe sich entsprechend ableiten, dass Betriebe malige Übertragung der Daten, etwa von Papierfragebogen mit Betriebsrat eher Outplacement-Leistungen anbieten als in den Datensatz, entfällt damit. Betriebe ohne Betriebsrat, wobei wiederum das Entlassungs- Zur besseren Überprüfung systematischer Varianzen geschehen der Betriebe zu kontrollieren wäre. Abschließend wurde eine disproportional geschichtete Stichprobe (Schnell ergibt sich damit folgende Hypothese: et al. 2005, S. 271ff.) verwendet, die sich jeweils zur Hälfte aus Dienstleistungs- und Produktionsunternehmen zusam- H5: Unternehmen mit Betriebsrat gewähren – bei gleichem mensetzt (vgl. Tabelle 1). Weiterhin kommt zirka je ein Entlassungsgeschehen – eher Outplacement-Leistungen als Viertel der Befragten aus Kleinstunternehmen (weniger Unternehmen ohne Betriebsrat. als 20 Beschäftigte), mittleren (zwischen 20 und 99 Be- schäftigte), größeren Unternehmen (zwischen 100 und 499) sowie Großunternehmen (mindestens 500 Beschäftigte). 3 Sample und Methoden 43,3% der Unternehmen sind in Ostdeutschland angesiedelt, 56,6% in Westdeutschland.6 Als Datenbasis für die im Folgenden vorgestellten Analysen Wie unmittelbar ersichtlich ist, beansprucht der Daten- dient eine im Frühjahr und Sommer 2006 durchgeführte satz keine Repräsentativität. Das gilt auch deshalb, weil den telefonische Unternehmensbefragung, die sich thematisch Befragten bei der Terminvereinbarung das Thema der Befra- mit der Nutzung und Nichtnutzung von Personaldienstleis- gung mitgeteilt wurde und von daher Selektionseffekte nicht tungen befasste. Insgesamt nahmen 1.021 Geschäftsführer völlig auszuschließen sind.7 Schließlich stammen alle Daten und Personalverantwortliche an dieser deutschlandwei- aus der gleichen Quelle, sodass die Angaben dem Single- ten Befragung teil. Die Befragung fand im Rahmen des Source-Bias unterliegen. Trotz dieser Einschränkungen bei Teilprojektes B5 des Sonderforschungsbereiches 580 der der Datenqualität halten wir die im Folgenden präsentierten Universitäten Halle und Jena statt und wurde von der empirischen Ergebnisse – angesichts des sehr rudimentären Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Standes der empirischen Forschung, den überwiegend sehr Die Stichprobe wurde aus einer Adressendatenbank kleinzahligen und teilweise vor kommerziellem Hintergrund gezogen, in der die IHK-Pflichtmitglieder erfasst sind.5 entstandenen vorliegenden Datensätzen – für einen klaren Diese Adressen wurden von der IHK zur Verfügung ge- Forschungsfortschritt. stellt. Kontaktiert wurden dabei zunächst insgesamt 3.923 Der von uns genutzte Datensatz enthält insbesondere Unternehmen, 1.021 konnten für ein strukturiertes Tele- Angaben dazu, ob die befragten Unternehmen bestimmte foninterview gewonnen werden. Die Ausschöpfungsquote extern bezogene Personaldienstleistungen in den Jahren betrug somit 26%. Die computerunterstützten telefonischen 2004 und 2005 genutzt haben. Daneben wurden eine Interviews wurden von im Rahmen des Projektes ge- große Zahl an anderen personalwirtschaftlichen Variablen, schulten wissenschaftlichen und studentischen Mitarbeitern verschiedene Strukturdaten des Unternehmens und auch des SFB-Forschungsprojektes im CATI-Labor des SFB Wirkungserwartungen hinsichtlich des Outsourcings von 580 in Jena durchgeführt und dauerten im Durchschnitt Personalfunktionen abgefragt.8 Was die Gewährung von knapp 38 min. Das kürzeste Interview war nach 11 min Outplacement-Leistungen anbelangt, so ist einschränkend beendet, das längste dauerte 104 min. Die Interviews zu bemerken, dass nur Daten zur Nutzung extern bezo- basierten auf einem strukturierten Fragebogen mit ganz gener Outplacement-Leistungen erhoben wurden.9 Da die überwiegend vorgegebenen Antwortalternativen sowie einigen sehr wenigen freien Antwortmöglichkeiten. Bei der 6 Die CATI-Technik werden die Interviewer durch die zugrunde leicht höheren Werte für Westdeutschland ergeben sich aus der Tat- liegende Software und einer damit programmierten Fil- sache, dass Großunternehmen in Ostdeutschland nur vergleichsweise gering vertreten sind. Zur Auffüllung der Zellen wurden verstärkt westdeutsche terführung durch den Fragebogen geführt und klicken am Großunternehmen befragt. Bildschirm während des Interviews die Antworten an, die 7 Auch mit einer Gewichtung der Daten würde daher Repräsentativität nicht erreicht, weshalb wir hierauf verzichtet haben. 8 Aufgrund eines Fehlers in der Filterführung wurden an die Nutzer ex- 5 Hierdurch wurden Handwerksunternehmen, landwirtschaftliche Betrie- terner Outplacement-Leistungen manche Fragen zunächst nicht gestellt. In be und Freiberufler aus der Befragung ausgegrenzt. Landwirtschaftliche einer telefonischen Nacherhebung wurden diese Unternehmen noch ein- Betriebe standen deshalb nicht im Fokus der Aufmerksamkeit, weil eine mal angesprochen und die fehlenden Daten soweit möglich nacherhoben. kontrastierende Analyse zwischen Produktions- und Dienstleistungsunter- Die Auswertungen beruhen auf dem durch diese Nacherhebung ergänzten nehmen angestrebt war. Die Nicht-Berücksichtigung von Handwerksunter- Datensatz. nehmen und Freiberuflern dürfte darüber hinaus die Ergebnisse nicht zu 9 Der Datensatz enthält zwar auch eine generelle Frage zur Gewährung von stark verzerren, da sowohl Handwerksunternehmen als auch Freiberufler (intern oder extern erbrachten) Unterstützungsleistungen bei Freisetzun- in der Regel nur wenige bzw. keine Beschäftigte haben und von daher in gen. Knapp 40 Prozent der Unternehmen geben hier an, (mindestens ei- ihren Personalfunktionen mit den anderen befragten Kleinstunternehmen nem) entlassenen Mitarbeiter „Hilfe und Unterstützung“ angeboten zu ha- vergleichbar sein dürften. ben. Da unter die Formulierung „Unterstützungsleistungen“ jedoch auch 13
Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse 161 Tabelle 1 Die Stichprobe im Größe Produktion Dienstleistung Gesamt Überblick Neue Alte Neue Alte Bundesländer Bundesländer Bundesländer Bundesländer 1–19 62 62 62 67 253 6,07% 6,07% 6,07% 6,56% 24,78% 20–99 63 59 61 66 249 6,17% 5,78% 5,97% 6,46% 24,39% 100–499 63 65 66 67 261 6,17% 6,37% 6,46% 6,56% 25,56% ≥ 500 30 96 36 96 258 2,94% 9,40% 3,53% 9,40% 25,27% Gesamt 218 282 225 296 1.021 21,35% 27,62% 22,04% 28,99% 100,0% Quelle: SFB 580-B5; eigene Berechnungen „make-or-buy“-Entscheidung in den hier untersuchten schlecht“ erfasst. Über 60% der Befragten bezeichneten Ansätzen allerdings allenfalls am Rande eine Rolle spielt dabei die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens als und es aus Sicht der Ansätze auch keine Anhaltspunkte „gut“ oder sogar „sehr gut“; lediglich 7,6% der Befragten dafür gibt, dass die Determinanten der Outplacement-Ge- bezeichnen die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens als währung systematisch variieren sollten zwischen Unterneh- „schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“. men, die Outplacement-Leistungen extern beziehen, und In der ebenfalls aus dem finanzwirtschaftlichen Ansatz solchen, die sie intern bereitstellen, sollte die im Folgenden abgeleiteten Hypothese 2 geht es um einen vermuteten po- vorgestellte empirische Analyse der Determinanten der sitiven Zusammenhang zwischen der Zahl der auf Initiative Nutzung extern angebotener Outplacement-Leistungen trotz des Arbeitgebers ausscheidenden Arbeitnehmer und der dieser Einschränkung Rückschlüsse auf die Plausibilität der Nutzung von Outplacement-Angeboten. 767 Unterneh- präsentierten Ansätze zulassen. men machen Angaben dazu, ob es im Erhebungszeitraum (2004–2005) arbeitgeberseitig initiierte Fluktuation gab und wenn ja, in welchem Ausmaß. In 520 Unternehmen (67,8%) 4 Empirische Analyse kam es zu arbeitgeberseitig initiierter Fluktuation. Wäh- rend 72 Unternehmen sich von mehr als 25 Arbeitnehmern 4.1 Variablen getrennt haben, wurden in 330 Unternehmen weniger als fünf Arbeitnehmer freigesetzt. Im Mittel wurden bei allen Was zunächst die abhängige Variable, d. h. die Frage der Unternehmen im Datensatz knapp zehn Arbeitnehmer vom Nutzung von externen Outplacement-Leistungen anbelangt, Arbeitgeber gekündigt, mit einem Minimumwert von 0 und so nehmen lediglich 75 Unternehmen unseres Datensatzes, einer Maximalzahl von 400 Arbeitnehmern, die gekündigt d. h. 7,35% aller befragten Unternehmen, externe Outplace- wurden. ment-Dienste in Anspruch. In der aus dem effizienzlohntheoretischen Gift-Exchange- Die Auswahl der erklärenden Variablen aus dem Daten- Ansatz abgeleiteten Hypothese 3 wird ein positiver Zusam- satz erfolgte entlang der in Abschn. 2 abgeleiten Hypothesen: menhang zwischen einer langfristigen Perspektive in der Bezüglich der finanzwirtschaftlich motivierten Hypo- Personalpolitik und der Wahrscheinlichkeit der Nutzung von these 1, der zufolge Unternehmen umso eher Outplacement- Outplacement postuliert. Hierzu wurde im Fragebogen ein Leistungen gewähren, je schlechter die wirtschaftlichen entsprechendes Statement formuliert („Langfristige Per- Situation ist, in der sie sich befinden (bei gleichem Ent- spektiven sind ein zentrales Element der Personalpolitik.“) lassungsgeschehen), wurde die wirtschaftliche Lage der und die Zustimmung der Unternehmen zu dem entsprechen- Unternehmen über eine Likert-Skala mit den Ausprägun- den Item erhoben. Über alle befragten Unternehmen hinweg gen „sehr gut“, „gut“, „mittelmäßig“, „schlecht“ und „sehr ergibt sich, dass gut zwei Drittel der Unternehmen von sich behaupten, diese Aussage treffe „voll“ zu, für ein weiteres Instrumente weit unterhalb einer professionellen Outplacement-Betreuung knappes Viertel gilt, dass die Aussage „eher“ zutrifft. Ledig- subsumiert werden konnten (wie etwa die (ggf. vorzeitige oder sehr posi- lich sehr geringe Anteile der Unternehmen (5,1 bzw. 2,0%) tive) Ausstellung von Arbeitszeugnissen, ein ermutigendes Gespräch mit wählen die Antwortalternativen „trifft eher nicht zu“ und dem Vorgesetzten, die flexible Gewährung eines Urlaubstages zur Stellen- suche etc.), erscheint es wenig sinnvoll, die Antworten zu dieser Frage als „trifft gar nicht zu“. Aufgrund dieser Verteilung wurden die Basis für die folgenden Auswertungen heranzuziehen. beiden zustimmenden und die beiden ablehnenden Antwort- 13
162 D. Alewell, K. Pull alternativen jeweils zu einer Kategorie zusammengefasst, 4.2 Logistische Regression um Problemen mit der zu geringen Zellenbesetzung bei den beiden ablehnenden Statements entgegen zu wirken. Um den relativen Erklärungsbeitrag der theoretischen An- Deutlich über 90% der Unternehmen haben somit „voll“ sätze zum Phänomen „Outplacement“ zu untersuchen, wird oder „eher“ zugestimmt. eine logistische Regression mit der abhängigen Variable Hypothese 4 argumentiert über Arbeitgeber-Signaling „Nutzung von Outplacement“ (ja = 1/nein = 0) gerech- und postuliert, dass Unternehmen mit Rekrutierungspro- net. In die Analyse werden die bereits aus Abschn. 4.1 blemen eher Outplacement-Leistungen gewähren als bekannten erklärenden Variablen aufgenommen: Für die Unternehmen ohne Rekrutierungsprobleme. Im Datensatz finanzwirtschaftlich begründete Hypothese 1 wird die sind zwei Variablen enthalten, die das Vorliegen von Rekru- wirtschaftliche Lage des Unternehmens erfasst. Diese wird tierungsproblemen erfassen: Dabei geht es zum einen um über die Selbsteinschätzung der Unternehmen erfasst und das Vorliegen von Rekrutierungsproblemen für Positionen auf einer 5er-Likert-Skala von 1 „sehr gut“ bis 5 „sehr mit Führungsaufgaben und zum anderen um das Vorliegen schlecht“ codiert. Um die unabhängige Variable in der von Rekrutierungsproblemen für Positionen ohne Führungs- ebenfalls finanzwirtschaftlich begründeten Hypothese 2 zu aufgaben, für die aber dennoch Personal mit akademischem erfassen, wird die logarithmierte Anzahl der auf Initiative Abschluss gesucht wird. Von den 780 bzw. 782 Unternehmen, des Arbeitgebers aus dem Unternehmen ausgeschiedenen die Angaben zu diesen beiden Variablen machten, gaben 206 Mitarbeiter in die Analyse mit aufgenommen. Die Va- der Unternehmen bzw. knapp 27% an, Rekrutierungspro- riable gilt zugleich als Kontrollvariable für die übrigen bleme im Bereich von Positionen mit Führungsaufgaben Hypothesen, in denen jeweils von einem konstanten Entlas- zu haben, und 165 Unternehmen bzw. knapp 22% gaben sungsgeschehen ausgegangen wird. Die Logarithmierung an, Rekrutierungsprobleme im Bereich von akademisch erfolgte, da bei den Kontrollvariablen (s. u.) die Größe des qualifiziertem Personal ohne Führungsaufgaben zu haben. Unternehmens, ausgedrückt in Mitarbeiterzahlen, aufgrund Die auf der Basis eines Verhandlungsargumentes ab- ihrer großen Schwankungsbreite auch logarithmiert in die geleitete Hypothese 5 formuliert, dass Unternehmen mit Schätzung eingeht, und somit beide Variablen, die sich Betriebsrat häufiger Outplacement-Leistungen gewähren auf Mitarbeiterzahlen beziehen, auf der gleichen Ebene in als solche ohne Betriebsrat. Von den befragten Unterneh- die Schätzung eingehen. Für die effizienzlohntheoretisch men verfügt knapp die Hälfte über einen oder mehrere motivierte Hypothese 3 geht die dichotom codierte Zustim- Betriebsräte. mung zum Item „Langfristige Beschäftigungsperspektiven Tabelle 2 gibt einen Überblick über die in der empiri- sind ein zentrales Element unserer Personalpolitik“ in die schen Analyse verwendeten Variablen. Analyse mit ein. Die Antwortalternativen „trifft voll zu“ Tabelle 2 Variablen in der empirischen Analyse Variable Mittelwert; ggf. Minimum und Maximum Nutzung von Outplacement-Leistungen (ja = 1, nein = 0) Mittelwert: 0,074 Wirtschaftslage (1 = sehr gut bis 5 = sehr schlecht) Mittelwert: 2,32 Minimum: 1 Maximum: 5 Std.abw.: 0,857 Anzahl der auf Initiative des Arbeitgebers ausgeschiedenen Mitarbeiter Mittelwert: 9,96 Minimum: 0 Maximum: 400 Std.abw.: 28,55 Zustimmung zum Statement „Langfristige Beschäftigungsperspektiven Mittelwert: 0,93 sind zentrales Element unserer Personalpolitik“ (1 = trifft eher oder voll zu, 0 = trifft eher nicht oder gar nicht zu) Rekrutierungsprobleme bei Positionen mit Führungsaufgaben Mittelwert: 0,27 (1 = ja, 0 = nein) Rekrutierungsprobleme bei Positionen ohne Führungsaufgaben Mittelwert: 0,22 für Personen mit akademischer Ausbildung (1 = ja, 0 = nein) Betriebsrat vorhanden Mittelwert: 0,49 (1 = ja, 0 = nein) Quelle: SFB 580-B5; eigene Berechnungen 13
Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse 163 und „trifft eher zu“ wurden hier als zustimmend mit „1“ „Verkehr und Nachrichten“ und „unternehmensnahe Dienst- codiert zusammengefasst, die Antwortalternativen „trifft leistungen“. Tabelle 3 gibt das Ergebnis der logistischen eher nicht zu“ und „trifft gar nicht zu“ als ablehnend mit Regression wieder. „0“ codiert. Um die auf Arbeitgeber-Signaling basierende Betrachtet man die Ergebnisse der logistischen Regres- Hypothese 4 zu testen, werden hinsichtlich der Rekrutie- sion, so findet sich unterstützende Evidenz für die beiden aus rungsprobleme im Unternehmen zwei dichotom codierte dem finanzwirtschaftlichen Ansatz abgeleiteten Hypothesen: Variablen genutzt, bei der die Unternehmen angeben konn- Je schlechter die wirtschaftliche Lage (Hypothese 1) und je ten, ob sie Rekrutierungsprobleme in bestimmten Bereichen größer die Zahl der entlassenen Mitarbeiter (Hypothese 2), von Stellen bzw. Mitarbeitern haben (ja = 1, nein = 0): desto eher nutzen Unternehmen Outplacement-Leistungen. im Bereich von akademisch qualifiziertem Personal ohne Dabei ist zu betonen, dass der Zusammenhang zwischen der Führungsaufgaben und im Bereich von Personal mit Füh- Einschätzung der wirtschaftlichen Lage und der Nutzung rungsaufgaben. Für die Überprüfung der auf einem Ansatz von Outplacement-Leistungen hypothesenkonform unter kollektiver Verhandlungen basierenden Hypothese 5 wird Kontrolle der Entlassungszahlen ermittelt wurde. Zumin- eine Dummy-Variable zur Existenz eines oder mehrerer dest partielle Zustimmung ergibt sich darüber hinaus für Betriebsräte im Unternehmen verwendet (1 = ein oder den über Arbeitgeber-Signaling argumentierenden Ansatz, mehrere Betriebsräte existieren im Unternehmen, 0 = kein demzufolge Unternehmen mit Rekrutierungsproblemen eher Betriebsrat im Unternehmen). zu den Nutzern von Outplacement-Leistungen gehören als Als Kontrollvariablen werden die Größe und die Branche solche ohne Rekrutierungsprobleme (Hypothese 4). Der Zu- des Unternehmens in das Modell aufgenommen. Die Größe sammenhang ist allerdings nur für Unternehmen mit Rekru- des Unternehmens wird über den natürlichen Logarithmus tierungsproblemen im Bereich von Stellen für akademisch der Mitarbeiterzahl operationalisiert. Hinsichtlich der qualifiziertes Personal ohne Führungsaufgaben signifikant, Branchen arbeiten wir mit einer groben Klassifikation in die nicht aber für Unternehmen mit Rekrutierungsproblemen Bereiche „Verarbeitendes Gewerbe“ (Referenzkategorie), im Bereich von Stellen mit Führungsaufgaben, obwohl auch „Kredit und Versicherung“, „Handel und Dienstleistungen“, hier der Regressionskoeffizient in die hypothesenkonforme Tabelle 3 Ergebnis der logistischen Regression zur Nutzung von Outplacement-Leistungen durch Unternehmen Abhängige Variable: Nutzung von Outplacement-Leistungen Regressions- Standard- Sig. Exp(B) (ja = 1, nein = 0) koeffizient B fehler Wirtschaftslage (1 = sehr gut bis 5 = sehr schlecht) 0,358 0,168 0,033 1,430∗∗ Anzahl der auf Initiative des Arbeitgebers ausgeschiedenen Mitarbeiter, 0,300 0,101 0,03 1,350∗∗ logarithmiert Zustimmung zum Statement „Langfristige Beschäftigungsperspektiven −0,536 0,630 0,395 0,585 sind zentrales Element unserer Personalpolitik“ (1 = trifft eher oder voll zu, 0 = trifft eher nicht oder gar nicht zu) Rekrutierungsprobleme bei Positionen mit Führungsaufgaben 0,07 0,327 0,983 1,007 (1 = ja, 0 = nein) Rekrutierungsprobleme bei Positionen ohne Führungsaufgaben für Personen 0,721 0,341 0,035 2,056∗∗ mit akademischer Ausbildung (1 = ja, 0 = nein) Betriebsrat vorhanden (1 = ja, 0 = nein) 0,243 0,482 0,614 1,275 Größe des Unternehmens, logarithmierte Mitarbeiterzahl 0,517 0,146 0,000 1,676∗∗∗ Branche: Referenzkategorie: Verarbeitendes Gewerbe Handel und Reparatur −0,006 0,503 0,991 0,994 Verkehr und Nachrichten −0,276 0,600 0,646 0,759 Kredit und Versicherung 0,844 0,444 0,057 2,326∗ Dienstleistungen für Unternehmen 0,323 0,397 0,417 1,381 Konstante −6,505 1,124 0,000 0,001∗∗∗ N 641 Nagelkerke R-Quadrat 0,247 Cox& Snell R-Quadrat 0,118 −2 Log-Likelihood 335,965 Signifikanz: ∗∗∗ p ≤ 0,01, ∗∗ 0,01 < p ≤ 0,05, ∗ 0,05 < p ≤ 0,1 Quelle: SFB 580-B5; eigene Berechnungen 13
164 D. Alewell, K. Pull Richtung weist. Auch für informationsökonomisch kalku- streitigkeiten aus Sicht der in vorliegenden Studien befrag- lierte Outplacement-Angebote findet sich mithin zumindest ten Unternehmen offenbar zu den weniger bedeutsamen teilweise empirische Unterstützung. Gründen (vgl. etwa Wonnemann 1992, S. 258; Stoebe 1993, Anders sieht es für den effizienzlohntheoretischen S. 69f.; Prybylski 2003, S. 1); für die Beschleunigung des Gift-Exchange-Ansatz und für den Verhandlungsansatz aus: Trennungsprozesses als Grund für die Leistungsgewährung Weder kann Hypothese 3 zum Zusammenhang zwischen gibt es gemischte Evidenz (vgl. etwa Stoebe 1993 vs. einer an langfristigen Beschäftigungsperspektiven orien- Wonnemann 1992, S. 258). tierten Personalpolitik und der Nutzung von Outplacement Auch in unserem Datensatz wurden – komplementär gestützt werden, noch Hypothese 5 zum Zusammenhang zur Analyse der Determinanten von Outplacement – die zwischen der Existenz eines Betriebsrats und der Nutzung 75 Nutzer von Outplacement danach gefragt, welche Wir- von Outplacement. kungen die Gewährung von Outplacement-Leistungen aus Bezüglich der Kontrollvariable Unternehmensgröße er- ihrer Sicht hat. Im Hinblick auf den finanzwirtschaftlichen gibt sich in Übereinstimmung mit den Befunden von Sheets Ansatz wurden sie dabei nach ihren Zustimmungsgraden zu u. Ting (1988), dass die Wahrscheinlichkeit einer Nutzung den folgenden Items gefragt: von Outplacement-Leistungen mit der Unternehmensgröße 1. Die Gewährung von Outplacement-Leistungen führt zur steigt. Hinsichtlich der Branche als Kontrollvariable ist das Einsparung von Abfindungszahlungen. Chancenverhältnis auf Nutzung von Outplacement für Un- 2. Die Gewährung von Outplacement-Leistungen beschleu- ternehmen der Kredit- und Versicherungsbranche signifikant nigt Trennungsprozesse. höher als in der Referenzbranche des Verarbeitenden Ge- 3. Die Gewährung von Outplacement-Leistungen reduziert werbes, während für die anderen Branchen keine signifikan- die Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten. ten Unterschiede zum Verarbeitenden Gewerbe festgestellt werden können. Die Sonderrolle der Kredit- und Versiche- Tabelle 4 fasst die Ergebnisse der Befragung zusammen. rungsbranche im Bereich der Personalarbeit zeigt sich auch Aufgrund von fehlenden Werten ist die Gesamtzahl der An- in anderen empirischen Untersuchungen (vgl. etwa die Er- gaben jeweils niedriger als die der Nutzer von Outplacement gebnisse zum Einsatz von Rückzahlungsklauseln bei Ale- (n = 75). well u. Koller 2003, 2002). Während Item (2) und (3) sehr deutliche Zustimmung erfahren, ist dies für Item (1) nicht der Fall: Die mit einer Outplacement-Gewährung aus Sicht der befragten 5 Diskussion der Ergebnisse Unternehmen verknüpften buchhalterischen Einspareffekte beziehen sich offenbar weniger auf die erwartete Ein- 5.1 Finanzwirtschaftlicher Ansatz sparung von – in der Höhe schwer zu kalkulierenden – Abfindungszahlungen, sondern eher auf die Einsparung von Während die in diesem Beitrag vorgenommene ökono- Lohnzahlungen infolge verkürzter Restvertragslaufzeiten metrische Analyse der Determinanten der Outplacement- sowie auf die Einsparung von mit Kündigungsschutzklagen Gewährung durchaus Hinweise auf finanzwirtschaftlich verbundenen Kosten. Allerdings ist – neben dem bereits kalkulierte Outplacement-Angebote gibt, ist die vorliegende weiter oben angeführten Argument schwer kalkulierbarer Evidenz in der Literatur gemischt. Was beispielsweise Abfindungsangebote – an dieser Stelle auch zu beachten, die Frage anbelangt, ob Leistungsangebote zu reduzierten dass die Einsparung von Abfindungszahlungen als Grund Abfindungen führen oder nicht, so liegen hier keine klaren für die Gewährung von Outplacement-Angeboten als sozial Befunde in der Literatur vor (siehe Pull 2008, S. 238). Dies weniger wünschenswert eingeschätzt werden könnte als verwundert auch deshalb nicht weiter, da ja schon die Frage, die (letztlich in beiderseitigem Interesse liegende) Be- wann überhaupt Abfindungen gezahlt werden (müssen), schleunigung von Trennungsprozessen und die Vermeidung arbeitsrechtlich gar nicht einfach zu beantworten ist (vgl. von Rechtsstreitigkeiten. Zusammen genommen sind damit Alewell et al. 2009). Somit ist auch die zu erwartende die Hinweise auf (zumindest auch) finanzwirtschaftlich Höhe von Abfindungszahlungen eine potenziell schwer kalkulierte Outplacement-Angebote recht deutlich. zu ermittelnde Größe. Ähnlich gemischt sind die Befunde in der bisher vorliegenden Literatur zu der Frage, ob 5.2 Gift-Exchange-Ansatz Outplacement-Angebote Trennungsprozesse beschleunigen und/oder die Wahrscheinlichkeit von Kündigungsschutz- Anders sieht es für den effizienzlohntheoretischen Gift- klagen reduzieren. Hierzu gibt es nicht nur keine harte Exchange-Ansatz aus: Hypothese 3 zum Zusammenhang empirische Evidenz, sondern auch die im Rahmen von zwischen einer an langfristigen Beschäftigungsperspektiven Befragungsstudien gewonnenen Erkenntnisse liefern kein orientierten Personalpolitik und der Nutzung von Outplace- eindeutiges Bild: So gehört die Vermeidung von Rechts- ment wird im Rahmen der durchgeführten logistischen 13
Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse 165 Tabelle 4 Zustimmungsgrade zu ausgewählten Wirkungsstatements der Outplacement-Gewährung: finanzwirtschaftlicher Ansatz Item Zustimmungsgrad Trifft voll zu Trifft eher zu Trifft eher Trifft gar nicht zu nicht zu (1) Die Gewährung von Outplacement-Leistungen führt zur Einsparung 5% (3) 16,7% (10) 46,7% (28) 31,7% (19) von Abfindungszahlungen (2) Die Gewährung von Outplacement-Leistungen beschleunigt 40,3% (25) 41,9% (26) 12,9% (8) 4,8% (3) Trennungsprozesse (3) Die Gewährung von Outplacement-Leistungen reduziert 40,3% (25) 40,3% (25) 12,9% (8) 6,5% (4) die Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten Quelle: SFB 580-B5; eigene Berechnungen Tabelle 5 Zustimmungsgrade zu ausgewählten Wirkungsstatements der Outplacement-Gewährung: Gift-Exchange-Ansatz Item Zustimmungsgrad Trifft voll zu Trifft eher zu Trifft eher Trifft gar nicht zu nicht zu (4) Die Gewährung von Outplacement-Leistungen hat positive 26,2% (16) 34,4% (21) 31,1% (19) 8,2% (5) Auswirkungen auf verbleibende Mitarbeiter (5) Die Gewährung von Outplacement-Leistungen entlastet 23,0% (14) 36,1% (22) 19,7% (12) 21,3% (13) die Vorgesetzten zu entlassender Mitarbeiter Quelle: SFB 580-B5; eigene Berechnungen Regression zunächst einmal nicht gestützt. Die von Pull Kollegen und Vorgesetzten) könnte es um die Etablierung (2008, S. 247f.) zusammengetragenen Befunde aus vor- von Reziprozitätsnormen im Rahmen eines generalisierten liegenden Motivbefragungen liefern hier ebenfalls kein Geschenketauschs gehen. Verglichen mit den finanz- eindeutiges Bild. Was die aus dem Gift-Exchange-Ansatz wirtschaftlich begründeten Items (2) und (3) fällt die abgeleiteten erwarteten Effekte von Outplacement-Leis- Zustimmung zu den Items (4) und (5) allerdings deutlich tungen auf die Überlebenden des Personalabbaus anbelangt, geringer aus, sodass insgesamt – insbesondere auch vor so vermuten laut Doherty (1998, S. 346) wohl zumin- dem Hintergrund der logistischen Regression – von einer dest die Outplacement gewährenden Unternehmen, dass größeren Bedeutung finanzwirtschaftlicher Determinanten den angebotenen Leistungen eine wichtige Rolle für die der Outplacement-Gewährung gegenüber auf der Basis des Aufrechterhaltung der Arbeitsmoral zukommt. Gift-Exchange-Ansatzes motivierten Zusammenhängen Auch bezüglich der aus dem effizienzlohntheoretischen ausgegangen werden muss. Gift-Exchange-Ansatz ableitbaren Wirkungen der Outplace- ment-Gewährung wurden die 75 Nutzer von Outplacement 5.3 Informationsökonomischer Ansatz in dem uns zur Verfügung stehenden Datensatz befragt. Zu den folgenden Items wurde der Grad der Zustimmung Anders als für den effizienzlohntheoretischen Gift-Ex- erhoben: change-Ansatz lässt sich für den über Arbeitgeber-Signaling argumentierenden informationsökonomischen Ansatz zu- 4. Die Gewährung von Outplacement-Leistungen hat posi- mindest partielle Zustimmung aus der logistischen Regres- tive Auswirkungen auf verbleibende Mitarbeiter. sion ableiten. Des Weiteren spricht auch der von Pull (2008, 5. Die Gewährung von Outplacement-Leistungen entlastet S. 248) herausgestellte Befund, dass es in der Literatur die Vorgesetzten zu entlassender Mitarbeiter. letztlich keine empirischen Hinweise auf unternehmens- Tabelle 5 fasst das Ergebnis dieser wiederum komple- finanzierte Outplacement-Leistungen im Zusammenhang mentär durchgeführten Befragung zusammen. mit vollständigen Betriebsschließungen gibt, für die Re- Beide abgefragten Items erhalten deutlich mehr Zu- levanz informationsökonomischer Überlegungen. Auch stimmung als Ablehnung: Jeweils um die 60 Prozent der die Tatsache, dass Outplacement-Leistungen offerierende befragten Unternehmen stimmen voll bzw. eher zu, dass Unternehmen von Erfolgen bei der Aufrechterhaltung der die Outplacement-Gewährung mit positiven Auswirkungen externen Reputation (vgl. Doherty 1998, S. 346) berichten, auf die verbleibenden Arbeitnehmer verbunden ist bzw. ist mit dem informationsökonomischen Ansatz kompatibel. zur Entlastung der Vorgesetzten der freizusetzenden Ar- Hierüber könnte auch ein Teil des Größeneffektes erklärt beitnehmer beiträgt. Bei beiden Gruppen (verbleibenden werden, wenn man davon ausgeht, dass es großen Unter- 13
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