Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP

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Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP
Jahresmagazin
 2018/19
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V.
Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP
Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP
Jahresmagazin 2018/19

 Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V.

 Lungenerkrankungen zählen zu den wichtigsten
Volkserkrankungen weltweit, so die letzte Ausgabe des
 „Global Burden of Disease Report“ des Lancet.
Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP
Bildnachweise Impressum
(sofern nicht bei den Abbildungen angegeben) Herausgeber:
 Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.
Umschlag: Lindgrün GmbH auf Basis von Prof. Dr. med. Andreas C. Prof. Dr. med. Klaus F. Rabe, Präsident der DGP
Hocke (M.Sc.), Molekulare Bildgebung der Immunregulation, Charité – Robert-Koch-Platz 9, 10115 Berlin
Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Infek- Tel.: +49 30 29 36 27 01
tiologie und Pneumologie; Seite 5: LungenClinic Grosshansdorf GmbH; E-Mail: info@pneumologie.de
Seite 8/9: Lindgrün GmbH, Lukas Klimmek; Seite 10, 14, 15, 18, 20,
26, 28, 30, 45, 48, 49, 54–56: Mike Auerbach, www.mike-auerbach. Koordination: Anja Flender, M.A.
com; Seite 13, 19: Lindgrün GmbH, Wolfgang Hanke; Seite 16/17: Satz, Design und Layout: Lindgrün GmbH, www.lindgruen-gmbh.com
Rainer Fuhrmann / Shutterstock.com; Seite 22: © gpointstudio – Lektorat: Textbüro und Lektorat Dr. Sibylle Strobel
stock.adobe.com; Seite 23: Ralf Eberhardt; Seite 46: Ortrud Karg; Gedruckt durch Druckerei Conrad GmbH, Berlin
Seite 47: Oben: Lindgrün GmbH; Mitte: Lindgrün GmbH, Wolfgang
Hanke; Unten: Intercongress © März 2019, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und
 Beatmungsmedizin e.V., Berlin
 Redaktionsschluss: Februar 2019
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Inhaltsverzeichnis
4 Vorwort
6 Interaktiv & Interdisziplinär

 Ohne Nachwuchs keine Zukunft
8 Der Kampf um die Talente
10 Ruhm und Ehre – Die Preisträger des Jahres 2018

 Digitalisierung ist jetzt
12 Wieso benötigt die DGP eine Digitalstrategie?

 Atmen: Luftschadstoffe in Deutchland
14 Parlamentarisches Frühstück – Ein Bericht
16 Negative Gesundheitseffekte von Luftschadstoffen
18 Darum geht es – Interview mit Prof. Schulz

20 Die DGP bezieht Position – Stellungnahmen der DGP
26 Publikationen der DGP
28 Die Lungenheilkunde im Nationalsozialismus
30 Sektionen, Arbeitsgruppen, Taskforces
46 Atmungstherapeuten
48 Weiterbildung
49 Fortbildungsakademie
52 Zertifizierte Zentren
54 Zahlen & Fakten
Jahresmagazin 2018/19 - Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und beatmungsmedizin E.V - DGP
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 W ir freuen uns sehr, Ihnen nun zum dritten Mal den Jahresbericht der
 Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
 präsentieren zu können. Hier stellen wir die Aktivitäten der DGP für das Jahr
 2018 sowohl unseren Mitgliedern als auch Politik und Öffentlichkeit vor.
 2018 war aufregend, ebenso der Start ins Jahr 2019.
 Als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft freuen wir uns über fundierte
 Diskussionen, die das Motto unseres diesjährigen Kongresses mit Leben erfüllen:
 Pneumologie – interdisziplinär und interaktiv.

 Die DGP hat sich in den vergangenen Jahren in Bezug auf ihre Mitgliedszahlen
 sehr erfreulich entwickelt: 2018 haben wir die Marke von 4 100 Mitgliedern
 überschritten. Seit Gründung der DGP-Geschäftsstelle in Berlin haben wir einen
 kontinuierlichen Zuwachs von über 25 % zu verzeichnen. Unsere Geschäfts-
 stelle, die seit nunmehr fünf Jahren am Robert-Koch-Platz angesiedelt ist, dient
 für zahlreiche Treffen und Veranstaltungen von Sektionen, Arbeitsgruppen,
 Leitliniengruppen, des Vorstandes und anderer assoziierter Organisationen als
 gerne genutzter Ort.

 Viele Aspekte unserer Arbeit finden im Umfeld des Jahreskongresses
 ihren Widerhall:
 • die Digitalisierung im Gesundheitswesen – wir freuen uns darauf, Ihnen am
 DGP-Stand die erste DGP-Leitlinien-App vorstellen zu können, die wir als
 Startpunkt für weitere Aktivitäten in diesem Bereich sehen;
 • die Förderung des pneumologischen Nachwuchses – von Posterpreisen über
 den klinischen und grundlagenwissenschaftlichen Forschungspreis der DGP
 bis zur erfolgreichen Ansprache der Medizinstudierenden, um sie für die
 Belange der Pneumologie zu interessieren, mit über 100 Teilnehmern beim
 Jahreskongress zur neuen Webseite zukunft.pneumologie.de, die Sie eben-
 falls am DGP-Stand kennenlernen können;

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• gemeinsame Initiativen mit uns inhaltlich nahestehenden Organisationen (u.a.
 Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner; Deutsche
 Interdisziplinäre Gesellschaft für außerklinische Beatmung; Deutsche Inter-
 disziplinäre Vereinigung Intensiv- und Notfallmedizin; Verband Pneumolo-
 gischer Kliniken: siehe auch die Übersicht zu Stellungnahmen auf S. 24) und
• Kooperationen mit, um nur einige Beispiele zu nennen, dem Deutschen
 Zentrum für Lungenforschung, der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie
 und der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie, beide ebenfalls in der
 Geschäftsstelle am Robert-Koch-Platz ansässig, dem Aktionsbündnis Nicht-
 rauchen, der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (beispielsweise die
 Arbeit der Konsensus-Kommission „Klug entscheiden“, der Ärzte-Kodex für
 ein ethisch motiviertes Handeln in der Medizin, die Weiterentwicklung der
 Aus- und Weiterbildung).

Lungenerkrankungen zählen, so auch die letzte Ausgabe des „Global Burden of
Disease Report“ des Lancet, zu den wichtigsten Volkserkrankungen weltweit.
Die Vorhersagen deuten darauf hin, dass bis zum Jahr 2040 eine weitere Steige-
rung verschiedener Erkrankungen der Lunge zu verzeichnen sein wird. Diese
Entwicklung stellt uns vor stetig größere Herausforderungen in der Förderung
unseres klinischen wissenschaftlichen Nachwuchses und der Versorgung einer
Vielzahl von Patienten. Der Beantwortung wichtiger Fragen der ambulanten
und stationären Versorgung, des Nachwuchsproblems und der ambulanten
Versorgung im ländlichen Bereich müssen wir uns deshalb weiter widmen und
unsere Kräfte bündeln.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Prof. Dr. med. Klaus F. Rabe,
Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.

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Interaktiv & Interdisziplinär
 Der Grundgedanke des diesjährigen Kongressmottos

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A ls Kongresspräsidenten des Jahres 2018 standen wir vor der Aufgabe,
 ein Motto für den Kongress zu finden, welches die Bandbreite der He-
rausforderungen an die Pneumologie spiegelt und in die Zukunft weist. Die
Erkenntnis, dass viele pneumologische Krankheitsbilder des erwachsenen
Menschen ihren Ursprung oder zumindest wesentliche Grundlagen bereits in
der Kindheit haben, hat sich in den letzten Jahren zunehmend durchgesetzt.
Nicht nur die genetische Prädisposition, sondern auch Umwelteinflüsse wir-
ken sich auf die Lungenentwicklung im Kindesalter aus und können wesent-
lich die Diversität und Schwere der Krankheitsverläufe im Erwachsenenalter
beeinflussen. Dies lässt die enge Zusammenarbeit zwischen pädiatrischer und
Erwachsenenpneumologie natürlich und sinnvoll erscheinen. Die Verbindungen
zwischen Pneumologie im Kindes- und im Erwachsenenalter sind vielfältig.
Ein Thema ist die Transition von Kindern mit chronischen Krankheitsbildern
ins Erwachsenenalter.

Unter dem Motto „Pneumologie – interdisziplinär und interaktiv“ bietet der
gemeinsame Kongress von DGP und GPP eine hervorragende Plattform für
den Austausch von wissenschaftlichen Ergebnissen und klinischen Erfahrungen
zu beiderseitigem Nutzen.

Mit besten Wünschen,

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Erika von Mutius, Prof. Dr. med. Jürgen Behr,
Kongresspräsidentin Kongresspräsident

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Ohne Nachwuchs
 keine Zukunft
 Der Kampf um die Talente

 Mit der Website zukunft.pneumologie.de stellt die DGP ihr Angebot für Studierende
 und junge Ärzte ganz neu auf. Das eigenständige Portal bietet maßgeschneiderte
 Informationen, eine sehr differenzierte Stellensuchfunktion und begleitet den umkämpften
 Nachwuchs damit vom Pflegepraktikum bis zur Facharztprüfung.
 „War for Talents“ – „Krieg um Talente“. 1997 verwendete eine der Parallel dazu gibt es einen Wertewandel in der Arbeitswelt, der
 weltweit größten Unternehmens- und Strategieberatungsfirmen sich auch beim medizinischen Nachwuchs niederschlägt. Neben
 diesen etwas martialischen Begriff erstmals in einer Studie und dem Wunsch nach einer sinnvollen, abwechslungsreichen Tätigkeit
 beschrieb damit die zunehmende Schwierigkeit von Unternehmen, stehen an die individuelle Situation angepasste Arbeitszeitmodel-
 geeignetes qualifiziertes Personal zu finden. Um freie Stellen pas- le, Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine ausgewogene
 send zu besetzen, finde ein Kampf um die besten Nachwuchskräfte Work-Life-Balance bei Studierenden und angehenden Fachärzten
 statt. Eine Entwicklung, die mittlerweile das Gesundheitswesen beider Geschlechter auf der Prioritätenliste ganz oben.
 erreicht hat und auch vor dem ärztlichen Bereich nicht Halt macht.
 Einige Fachrichtungen wie die Allgemeinmedizin, die Gynäkologie Um all diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, hat sich die
 oder die Augenheilkunde suchen schon jetzt so dringend nach DGP im Herbst 2017 entschieden, ihr Nachwuchsprogramm
 Nachwuchs, dass entsprechende Weiterbildungsförderprogramme vollständig zu überarbeiten. Als Fachgesellschaft sind wir in der
 aufgelegt wurden. Verantwortung, uns für unsere Zukunft einzusetzen und diese
 durch entsprechende Maßnahmen zu sichern. Entstanden ist
 In der Pneumologie ist die Situation momentan zwar noch vergleichs- eine zwar über die DGP-Homepage zugängliche, ansonsten aber
 weise unproblematisch. Viele niedergelassene Kolleginnen und Kolle- vollkommen eigenständige neue Website, die das gesamte Nach-
 gen werden allerdings in den kommenden Jahren aus Altersgründen wuchsangebot der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
 aus der ambulanten Versorgung ausscheiden. Dass sie nicht mehr so Beatmungsmedizin bündelt.
 einfach Nachfolger für ihre Praxen finden, macht sich bereits bemerk-
 bar. Zudem nimmt die Häufigkeit von Atemwegserkrankungen zu, mit- Am Anfang des Projekts standen drei zentrale Fragen: Wann
 bedingt durch die Alterung der Bevölkerung. Deshalb muss sich auch entscheiden sich Studierende und junge Ärzte für eine bestimmte
 die Pneumologie darauf vorbereiten, dass der Bedarf an Fachärzten Fachrichtung? Welche Kriterien spielen bei der Berufswahl eine
 künftig noch wachsen wird. Im Wettbewerb um Talente konkurriert die Rolle? Welche Angebote, Informationen und Hilfestellungen
 Lungenheilkunde nicht nur mit zahlreichen ärztlichen Fachgebieten. In wünscht sich der Nachwuchs, um diesen Prozess der Entschei-
 anderen Branchen sind Mediziner ebenfalls gefragt – angefangen mit dungsfindung zu unterstützen? Um darauf Antworten zu finden,
 der Medizintechnik- und Pharmaindustrie über öffentliche Ämter und wurden zunächst verschiedene Studien unter die Lupe genommen:
 Forschungseinrichtungen bis hin zu den vielen Health-Start-ups. das „Berufsmonitoring Medizinstudenten“ der Kassenärztlichen
 Bundesvereinigung und „KarMed – Karriereverläufe und Karrie-
 rebrüche bei Ärztinnen und Ärzten während der fachärztlichen
 Weiterbildung“.

8
Dabei kristallisierten sich wertvolle Erkenntnisse heraus – etwa
dass ein Großteil der Studierenden später in der näheren
 „Durch die Webseite habe ich
Heimatregion arbeiten will, dass die Größe und Lebensqualität
der Stadt bei der Wahl des Arbeitsplatzes einen hohen Stellenwert
 die Pneumologie zum ersten
einnimmt und dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für
96 Prozent der Frauen und 92 Prozent der Männer sehr wichtig ist.
 Mal als möglichen Karriere-
Ebenfalls relevant: Die Entscheidung für eine bestimmte Facharzt-
weiterbildung fällt nicht über Nacht, sondern sukzessive während
 pfad wahrgenommen.“
des Studiums und der ersten Berufsjahre – und beginnend mit dem Eine Teilnehmerin des Nutzertests im Oktober 2018
Pflegepraktikum.

Die Erkenntnisse und die daraus entwickelten Ideen wurden dann Akademien, Kurse und Weiterbildungen, Materialien und Angebote
auf dem Bundeskongress 2017 in einem Workshop mit Medizinstu- zur Prüfungsvorbereitung, Kongresse für den Nachwuchs und ein
dierenden validiert und diskutiert. In zwei ausführlichen Interviews Kalender sind unter dem Menüpunkt „Unterstützung der DGP“
prüften Assistenzärzte den Outcome des Workshops nochmals vereint.
gegen und auch Prof. Dr. Andreas Rembert Koczulla, der als Be-
auftragter für Nachwuchsförderung in der DGP einen sehr guten Herzstück der neuen Website ist die Pneumobörse – eine
Einblick in die Bedürfnisse von Studierenden und jungen Ärzten hat, kartenbasierte Suchfunktion für alle Stellen vom Pflegeprakti-
brachte seine Expertise mit ein. kum bis hin zum Facharzt für Pneumologie. Neben Arbeitszeiten,
 Befristung des Arbeitsvertrags, Bundesland und Ortsgröße können
Dann ging es in medias res. Ein erster Prototyp der Website die Nutzer dort auch ihnen wichtige Kriterien wie Vereinbarkeit von
zukunft.pneumologie.de wurde programmiert und mit exemplari- Familie und Karriere, Sportangebote oder ÖPNV-Ticket in die Suche
schen Inhalten befüllt. In einem anschließenden Nutzertest erprob- einfließen lassen. So verwirklicht zukunft.pneumologie.de die
ten und bewerteten 24 Medizinstudierende sowohl das gesamte Grundidee der DGP im Kampf um Talente: ein Informationsportal
Portal als auch die einzelnen Elemente. Insgesamt beurteilten sie zu schaffen, das den Nachwuchs von der Suche des Pflegeprakti-
die Seite sehr positiv, es gab aber auch einige Kritikpunkte und Ver- kums bis zur Facharztprüfung begleitet.
besserungsvorschläge. Daraufhin wurde die Website, wo notwen-
dig, entsprechend angepasst. Tragen Sie zum Erfolg des Nachwuchsportals bei und inserieren
 Sie Ihre Stellenangebote in der Pneumobörse.
Vom Erstsemester bis zum fertigen Facharzt finden die Nutzer jetzt www.zukunft.pneumologie.de
im Infocenter für sie maßgeschneiderte Informationen – angefan-
gen mit Tipps und Tricks zum Pflegepraktikum, den Famulaturen
und für die Bewerbung über epidemiologische Zahlen, Beschrei-
bungen des Berufsbilds und des Werdegangs eines Pneumologen
bis hin zu Reportagen über den ärztlichen Alltag und das Thema
Familie und Beruf.

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Ruhm und Ehre
 Wir haben die Preisträger des Jahres 2018 gefragt

 Seit mehr als zehn Jahren vergeben wir Poster- und Forschungspreise. Wir wollen fördern
 und fordern, sowohl den wissenschaftlichen Nachwuchs als auch Forscher, die durch heraus-
 ragende Forschungsansätze und Ergebnisse hervorstechen. Nun haben wir nachgefragt bei
 den Preisträgern des Jahres 2018.

 Wir wollten wissen, warum sich die Ausgezeichneten überhaupt Laut einhelliger Meinung der Preisträger ist es uneingeschränkt
 beworben hatten. Hat sich die Auszeichnung auf sie ausgewirkt und empfehlenswert, sich für den Forschungspreis zu bewerben und
 wenn ja, wie? Und welche Tipps haben sie für junge Ärzte? Poster einzureichen.

 Neben dem Renommee des Forschungspreises wurde als ein Grund
 für eine Bewerbung der Abschluss einer langjährigen Forschungsar-
 beit genannt. Frau Dr. Milger-Kneidinger und Dr. Rainer Glöckl ho-
 „Selbst wenn man nicht aus-
 ben hervor, dass sie dank der Aufmerksamkeit, die ihre Forschungs-
 leistung durch die Auszeichnung auf sich zog, neue Kontakte zu
 gezeichnet wird, ist es auch
 anderen Wissenschaftlern im gleichen Themenkomplex knüpfen
 konnten. Unter den Preisträgern, insbesondere in ähnlichen oder
 eine gewisse Erfahrung für das
 gleichen Forschungsfeldern, entsteht so oftmals ein enger und
 anregender wissenschaftlicher Austausch. Auch die damit einher-
 nächste Mal. Der Aufwand für
 gehende Motivation, weiter im Themenfeld zu forschen, wurde
 genannt.
 die Bewerbung ist zudem über-
 Es gibt weitere gute Gründe, eine Forschungsarbeit einzureichen:
 schaubar und angemessen.“
 Neben der Begutachtung der erbrachten Forschungsleistung durch Dr. Katrin Milger-Kneidinger
 eine Expertenjury trägt der Forschungspreis auch dazu bei, die Ar-
 beit einem größeren Kreis an Kollegen bekannt zu machen. Umso
 mehr freut es uns, wenn die Preisgelder, wie im Falle von Herrn Dr. Alle Preisträger hoben den positiven Effekt der Auszeichnung für
 Schupp, für die unterstützende Finanzierung eines Forschungsau- ihre Forschungstätigkeit hervor. Dies ist umso erfreulicher, als es ein
 fenthalts in den USA genutzt werden. Unabhängig davon, ob das Ziel der DGP ist, Mitglieder miteinander in Kontakt zu bringen, den
 Preisgeld in die Drittmittelkasse der Universität eingezahlt oder wissenschaftlichen, forschungsbasierten Diskurs zu fördern und so
 in der Forschungsgruppe aufgeteilt wurde, um die Teilnahme an langfristig einen Beitrag zur Qualität in der Pneumologie zu leisten.
 Kongressen zu ermöglichen – es wurde vor allem wieder für die
 Forschung eingesetzt.

10
Forschungspreise der DGP 2018
Beste klinisch-therapeutische Arbeit Grundlagenforschung – Beste wissenschaftliche Arbeit
(im Bild links) (im Bild rechts)

Dr. med. Jonas Schupp, Yale/Freiburg Dr. med. Natascha Sommer, Gießen
Phenotypes of organ involvement in sarcoidosis Mitochondrial Complex IV Subunit 4 Isoform 2 Is Essential for
 Acute Pulmonary Oxygen Sensing
Dr. med. Katrin Milger-Kneidinger, München
 Dr. Herbert M. Schiller, München
Identification of a plasma miRNA biomarker signature for allergic
 Deep Proteome Profiling Reveals Common Prevalence of MZB I –
asthma: A transition approach
 Positive Plasma B Cells in Human Lung and Skin Fibrosis

Posterpreise 2018
1. Platz 2. Platz

Dr. med. Christoph Fisser et al., Regensburg Dr. med. Rainer Glöckl et al., München
Assoziation zwischen der obstruktiven, aber nicht der zentralen Effekte eines zusätzlichen Atemmuskeltrainings im Rahmen pneu-
Schlafapnoe und spherischem Remodeling des linken Ventrikels bei mologischer Rehabilitation bei COPD Patienten mit Atemmuskel-
Patienten mit ST-Hebungsinfarkt schwäche – eine randomisierte, kontrollierte Studie

Matthias Felten et al., Berlin Prof. Dr. med. Peter Alter et al., Marburg
The circadian clock modulates sceptibility of mice to ventilator-in- Einflüsse von Obstruktion und Überblähung der COPD auf die
duced lung injury elektrischen Herzachsen von P-Welle, QRS-Komplex und T-Welle
 im EKG

„Ich würde die Teilnahme am Posterpreis jedem empfehlen,
weil der Preis neben dem nützlichen finanziellen Aspekt
vor allem den kollegialen Austausch fördert und damit zur
weiteren persönlichen Entwicklung beiträgt.“ Dr. Christoph Fisser
Interessiert am …
Forschungspreis Posterpreis
Der Forschungspreis wird jedes Jahr zweimal vergeben. Es werden Aus den zahlreichen Einreichungen, die auf dem Pneumologie-
jeweils die beste klinisch-therapeutische Arbeit und die beste wissen- Kongress nach einer Vorauswahl präsentiert werden, nominiert die
schaftliche Arbeit in der Grundlagenforschung gewürdigt. Er ist Fachjury jährlich vier Posterpreisträger. Somit steht dieser Preis allen
mit je 10.000 € dotiert. Zudem werden die Preisträger und ihre Einreichenden offen. Zusätzlich ist der Posterpreis mit 2.000 € für den
Publikationen in unserer Zeitschrift „Pneumologie“ vorgestellt und 1. Preis, 1.000 € für den 2. Preis und 500 € für den 3. Preis dotiert.
auf der Website der DGP genannt. Als Jury fungieren Mitglieder
aus den Reihen der DGP. Die Ausschreibung wird jedes Jahr neu
auf unserer Website und in der „Pneumologie“ veröffentlicht. Die
Einreichungsfrist für die Bewerbungen um die Forschungspreise ist
wiederkehrend Anfang Januar für das Folgejahr.

„Der Forschungspreis war für mich eine ermutigende
und motivierende Bestätigung meiner beginnenden
wissenschaftlichen Laufbahn.“ Dr. Jonas Schupp
 11
Digitalisierung ist
 jetzt.
 Wieso benötigt die DGP eine Digitalstrategie?

 1697 beschrieb Gottfried Wilhelm Leibniz erstmals das binäre Digitalisierung in der niedergelassenen Medizin
 System in einem Brief an Rudolph August, Herzog zu Braunschweig
 Zurzeit gibt es kein einheitliches Bild über die Verbreitung der
 und Lüneburg. 1843 übersetzte und kommentierte Ada Lovelace das
 Digitalisierung in der ambulanten Medizin. So zeigte das kürzlich
 Buch des Mathematikers Luigi Menabrea über die „Analytical Engine“
 veröffentlichte „Praxisbarometer Digitalisierung“ der Kassenärzt-
 von Charles Babbage mit der Berechnung der Bernoulli-Zahlen –
 lichen Bundesvereinigung, dass:
 was heute als erster Programmcode anerkannt ist. In den 1970ern
 • mehr als die Hälfte aller Praxen ihre Patientendokumentation
 ging die Forschungsförderung weltweit weg von der militärischen
 digitalisiert verwalten,
 hin zur akademischen Forschung und setzte die technologische Gras-
 • die Verwendung von digitaler Technik zur Ferndiagnose bei der
 wurzel-Entwicklung des Internets in Gang. Heute ist Digitalisierung
 fachärztlichen Versorgung von etwas mehr als zehn Prozent noch
 ein integraler Bestandteil unseres Lebens und der Medizin. Mit
 sehr niedrig ausgeprägt ist,
 einem Wisch kann (fast) die komplette Enzyklopädie des Wissens
 • der Nutzen von digitalen Anwendungen für die Patientenversor-
 zum Themenfeld Pneumologie in der Hand durchsucht werden.
 gung, z.B. bei der Erstellung und Pflege eines Medikationsplans,
 von mehr als der Hälfte der befragten Teilnehmer als hoch
 Konsile, in denen komplexe klinische Probleme mittels Videokonfe-
 bewertet wird,
 renzen zwischen Kollegen ortsunabhängig diskutiert werden, Clinical
 • die Kommunikation mit den entlassenden Krankenhäusern, z.B.
 Decision Support-Systeme, die auf Deep Learning bzw. Artificial
 der Arztbrief, immer noch auf Papier vonstatten geht.
 Intelligence basieren, Patienten, die über KI-basierte Apps mit einer
 Diagnoseempfehlung zum Arzt kommen, Medizinprodukte in der
 Pneumologie, die kontinuierlich und in Echtzeit die nächtliche Atmung Digitalisierung in der forschenden Medizin
 oder die Adherence zur Medikamenteneinnahme erfassen, sind in der
 Demgegenüber ist die Digitalisierung in der wissenschaftlichen
 fortgeschrittenen Entwicklung oder bereits in der Praxis angekommen.
 Forschung allgegenwärtig. Epidemiologische Studien werden durch
 Smartphone-Daten unterstützt, Bürger können ihre über verschie-
 Die Digitalisierung der Medizin mit all ihren Schwächen, Stärken,
 denste Applikationen gesammelten Gesundheitsdaten direkt an
 Gefahrenpotenzialen und positiven Effekten schreitet voran. Dies
 die Forschung weiterleiten. Nicht nur in der Grundlagenforschung
 bedeutet einerseits, dass wir als medizinische Fachgesellschaft
 hat sich die Bioinformatik etabliert. So werden Krebszellen in der
 den Diskurs mit dem Ziel einer qualitativ hochwertigen Forschung,
 onkologischen Forschung digital modelliert, um z.B. die Wirkungs-
 Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und Prävention unterstützen
 mechanismen neuer Medikamente zu erkennen und zu verstehen.
 müssen – und andererseits, dass wir uns als DGP selbst auf den Weg
 Bestehende große Datensätze, z.B. in Blutbanken, werden durch
 der Digitalisierung machen.
 gezielte Fragestellungen mithilfe von Datamining-Systemen analy-
 siert und für neue Erkenntnisse herangezogen.

 Die Frage ist jetzt nicht mehr, ob die Digitalisierung kommt, sondern
 vielmehr, wer die Standards, Rahmenbedingungen und Inhalte defi-
 niert und wer die Hoheit über die Daten hat bzw. die Daten besitzt.

12
Umsetzung der Digitalstrategie der DGP
Deutsches Netzwerk Lunge

Zusammen mit dem Bundesverband der Pneumologen, Schlaf- Das genannte Konsortium will bewusst eine eigene Plattform
und Beatmungsmediziner (BdP), der Deutschen Interdisziplinären errichten, um auch in Zukunft die Unabhängigkeit von anderen
Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAP), der Deutschen Marktteilnehmern mit möglicherweise überwiegend kommerziellen
Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) und Interessen zu gewährleisten.
dem Verband Pneumologischer Kliniken (VPK) wird sich die DGP am
geplanten „Deutschen Netzwerk Lunge“ beteiligen. Dieses Netzwerk Sollten Sie Interesse haben, in diesem Themenfeld
soll eine digitale Plattform entwickeln, auf der eine durchgängige mitzuwirken, wenden Sie sich bitte an: info@pneumologie.de
digitale Versorgung des Patienten möglich wird, unabhängig davon,
an welcher Stelle im Versorgungssystem er sich gerade befindet
(Hausarzt – niedergelassener Pneumologe – Krankenhausarzt) und
welcher Teilaspekt der medizinischen Versorgung (Konsil, Medika-
mente, Heilmittel) aktuell betrachtet wird.

Digitale Angebote der DGP
Neben den inzwischen seit drei Jahren erfolgreich etablierten
Webseiten sind wir nun dabei, folgende Projekte zu realisieren:

Digitalisierung der Fortbildung

Zurzeit erarbeitet die Fortbildungsakademie der DGP ein Angebot,
um die bestehenden Fort- und Weiterbildungsinhalte so weit wie
möglich auch als Onlinekurse anzubieten. Diese sollen das Präsenz-
angebot der DGP ergänzen und Interessierten ein niedrigschwellig
erreichbares Angebot bieten. Onlinekurse sollen, ebenso wie die
Präsenzangebote, mit CME-Punkten honoriert werden. Die DGP
sieht elektronisches Lernen als wichtige Ergänzung, aber nicht als
Ersatz für den persönlichen Kontakt zwischen den Teilnehmenden
und den Vortragenden einer wissenschaftlichen Veranstaltung oder
einer Lehrveranstaltung.

LEILA – Die Leitlinien-App der DGP

Zum Jahreskongress 2019 in München wird der Prototyp der ersten So kann beispielsweise über ein gemeinsames Tagmining (semanti-
DGP-Smartphone App vorgestellt werden. Diese App wird gemein- sche Schlagwortsuche), über alle in der App integrierten Leitlinien
sam mit der Lindgrün GmbH entwickelt. Ziel ist der einfache, ge- hinweg, die Kohärenz einzelner Empfehlungen zu ganz bestimmten
zielte und schnelle Zugang zu den Inhalten von pneumologischen klinischen Problemen geprüft werden. Dies ist insbesondere im
Leitlinien, sodass sich die App zur Nutzung im laufenden Praxisbe- Hinblick auf die Multimorbidität vieler pneumologischer Patienten
trieb oder direkt am Bett des Patienten eignet. Diese datenbank- von wachsender Bedeutung. Kommen Sie zur Kongresspräsenz und
basierte App bietet verschiedene Optionen an, um das Wissen von geben Sie uns Feedback zu dem ersten Prototypen!
Leitlinien zu nutzen – von einer effektiven Schlagwortsuche über
den Volltext der Leitlinie bis zu einer algorithmenbasierten Unter- „PraxisBarometer Digitalisierung – Stand und Perspektiven der
stützung zur leitliniengerechten Diagnostik und Therapie. Digitalisierung in der Vertragsärztlichen und -psychotherapeutischen
 Versorgung“ 2018
Die datenbankbasierte App mit einem spezifisch für Leitlinien ent-
wickelten Content Management System (CMS) wird in der Folge
auch anderen Fachgesellschaften offenstehen. Dieses CMS soll es
Fachgesellschaften ermöglichen, Abstimmungs- und Freigabepro-
zesse von fachlichen Inhalten zu steuern.

 13
Atmen:
 Parlamentarisches Frühstück
 Ein Bericht

 Bessere Luft kommt der gesamten Bevölkerung zugute, spart dem
 Gesundheitssystem Kosten in Milliardenhöhe und liegt folglich
 auch in der Verantwortung der Politik. Deshalb stellte die DGP
 ihr Positionspapier „Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit“
 in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft vor – und stieß
 damit bei den zahlreich erschienenen Gästen auf reges Interesse
 und offene Ohren.
 Ein Anliegen direkt an politische Entscheidungsträger heranzutragen – mit ihren Frühstücksveranstal-
 tungen will die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft e. V., eine überparteiliche Vereinigung von
 Abgeordneten des Bundestags, der Landtage und des Europaparlaments, Institutionen dazu die Möglich-
 keit geben. Am 27. November 2018 nutzte die DGP dieses Instrument, um ihr Positionspapier „Atmen:
 Luftschadstoffe und Gesundheit“ vorzustellen, und stieß damit auf viel Resonanz. Mehr als 30 angemel-
 dete Gäste fanden sich im ehemaligen Reichstagspräsidentenpalais am Friedrich-Ebert-Platz in Berlin
 ein. Darunter waren neben etlichen Mitgliedern des Bundestags auch Vertreter der Bundesministerien für
 Gesundheit sowie für Umwelt, Naturschutz, Bau und nukleare Sicherheit, der Berliner Senatskanzlei, der
 Landesvertretung Brandenburg, des Umweltbundesamts und des Robert Koch-Instituts.

 Michael Hennrich, Bundestagsabgeordneter der CDU und Schirmherr der Veranstaltung, betonte gleich
 eingangs in seinem Grußwort die Wichtigkeit der DGP-Initiative. Umweltschadstoffe verursachten allein
 in Europa jährliche Kosten von 280 Milliarden Euro, durch die gesundheitlichen Folgeerscheinungen gin-
 gen der Bevölkerung 5,2 Millionen Lebensjahre verloren, so der Obmann des Ausschusses für Gesundheit.
 Gesunde Luft für alle sei deshalb ein zentrales Ziel. Um dies zu erreichen, plädierte Hennrich für eine en-
 gere Verflechtung von umwelt- und gesundheitspolitischen Vorhaben zur Verringerung der Schadstoffbe-
 lastung. Das Angebot der DGP, hier als medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft zu unterstützen,
 nahm der Politiker gerne an und regte einen regelmäßigen Dialog zu diesem wichtigen Thema an.

 DGP-Präsident Klaus Rabe unterstrich in seiner Einführung ebenfalls die vielfältigen Auswirkungen von
 Luftschadstoffen wie Feinstaub oder Stickoxiden auf die Gesundheit. Neben der bislang eher schwa-
 chen Lobby für Umweltmedizin kritisierte Rabe auch, dass der Aspekt der Prävention in der Diskussion
 nach wie vor zu kurz komme.

14
Im Hauptvortrag präsentierte Holger Schulz dann die wichtigsten Schulz auch die Anwesenden in die Pflicht. Die Politik müsse diese
Punkte des Positionspapiers. Der Leiter der Forschergruppe Lung Kultur gezielt fördern und mit entsprechenden Regularien Anreize
Epidemiology am Helmholtz Zentrum München, Deutsches For- zur Schadstoffvermeidung schaffen. Dass dieser Appell bei den
schungszentrum für Gesundheit und Umwelt, ist einer von insge- Anwesenden auf fruchtbaren Boden fiel, machte die anschließende
samt neun Autoren der umfassenden Stellungnahme, an der auch Diskussion deutlich. Unterstützt von den ebenfalls anwesenden
Experten des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Mitautoren des Positionspapiers Professor Barbara Hoffmann, Dr.
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Fakultät für Gesund- Alexandra Schneider, Dr. Josef Cyrys und Professor Christian Witt
heitswissenschaften der Universität Bielefeld und des Arbeitsbe- beantwortete Holger Schulz die zahlreichen Fragen der Gäste. Und
reichs ambulante Pneumologie der Charité Universitätsmedizin auch im kleineren Rahmen an den Frühstückstischen befanden sich
mitwirkten. Schulz machte deutlich, dass negative Gesundheitsef- die politischen Vertreter im regen Austausch mit den Verfassern
fekte von Luftschadstoffen auch unterhalb der derzeit in Deutsch- des Positionspapiers und den fünf nach Berlin gereisten Mitgliedern
land gültigen europäischen Grenzwerte nachweisbar sind. Obwohl des DGP-Vorstands.
sich die Luftschadstoffbelastung in den letzten Jahren vielerorts
verbessert habe, sei deshalb eine weitere deutliche Reduktion und Ihr Ziel, die Notwendigkeit deutlich zu machen, dass die Politik bei
eine Absenkung der gesetzlichen Vorgaben auf die insbesondere bei der Verringerung der Luftschadstoffbelastung etwas unternimmt,
Feinstaub deutlich niedrigeren Grenzwerte der Weltgesundheits- hat die DGP mit der Veranstaltung offenbar erreicht, wie auch im
organisation WHO geboten, formulierte der Experte eine zent- Nachhinein ersichtlich wurde. Auf Initiative von Michael Hennrich,
rale Forderung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und dem Obmann des Gesundheitsausschusses, soll eine parlamentari-
Beatmungsmedizin. sche Arbeitsgruppe gebildet werden, die sich explizit mit dieser
 Thematik befasst. Zudem wurde die DGP seitens der Politik gebeten,
Um dieses Ziel zu erreichen, wäre auf politischer, technologischer an diversen Anhörungen und weiteren Gesprächen zum Thema
und individueller Ebene ein Umdenken notwendig – hin zu einer Luftschadstoffe und Gesundheit teilzunehmen, um hier ihre Exper-
„Kultur der Luftschadstoffvermeidung“. Hier nimmt Professor tise einzubringen.

 15
Negative Gesundheitseffekte O3
 UFP

 NO2
 NH3

 von Luftschadstoffen
 BC SO2
 TSP EC
 PM10 PM2.5
 NOx

 EINTRITTSPFORTE:

 POTENTIELLE MECHANISMEN:
 Atemtrakt

 subklinische Entzündung im
 • entzündliche Reaktion & oxidativer Stress
 Organismus
 • Auslösen von vegetativen Reflexen Störung der vegetativen Balance
 • Überlaufen von entzündlichen Botenstoffen Beeinträchtigung von Organ-
 aus der Lunge in den Kreislauf funktionen
 • Partikel/Partikelbestandteile gelangen Reaktionen im zentralen
 aus der Lunge in den Kreislauf Nervensystem

 ASSOZIIERT MIT FOLGENDEN MÖGLICHEN AUSWIRKUNGEN:
 • verminderte Lungenfunktion
 • akute & häufigere Verschlechterung (Asthma, COPD)
 • Anstieg der Anzahl von Bronchitiden und Pneumonien
 Lunge • erhöhtes Risiko von Lungenkrebs

 • Aktivierung der Blutgerinnung
 • Herzrhythmusstörungen erhöhtes Risiko
 von Herzinfarkt
 • Arterienverkalkung
 und Schlaganfall
 Herz • Anstieg des Blutdrucks

 • Störungen von Stoffwechselprozessen erhöhtes Risiko
 für Typ 2 Diabetes
 • Glukoseregulationsstörungen
 und Schwanger-
 • verringerte Insulinsensitivität schaftsdiabetes
 System

 Hinweise auf:
 • verminderte neurokognitive Funktion
 Hinweise auf
 • gestörte neuropsychologische
 Demenz,
 Entwicklung bei Kindern
 Gehirn Alzheimer
 • beschleunigte Neurodegeneration
 bei Erwachsenen

 • erhöhtes Risiko für Schwangerschaftskomplikationen
 (Bluthochdruck, Präeklampsie)
 • erhöhtes Risiko für reduziertes Geburtsgewicht
 • Risiko für Früh- und Totgeburten
 • Hinweise auf Verminderte Lungenfunktion bei Säuglingen
 Fötus und Kleinkindern
16 • Hinweise auf erhöhtes Asthma-Risiko im Kindesalter
Sommerakademie der DGP
30. Juni bis 05. Juli 2019
in Schönau am Königssee

Die Sommerakademie bietet die Möglichkeit,
im engen Dialog mit klinischen Experten der
Pneumologie ein tieferes Interesse an unserem
Fachgebiet zu entwickeln.

Anmeldung: www.pneumologie.de/anmeldung

in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der
Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner (BdP)
und dem Verband Pneumologischer Kliniken (VPK)

Wissenschaftliche Leitung: Dr. Maren Schumann,
PD Dr. Matthias Held, Prof. Dr. Rembert A. Koczulla
Atmen: Darum geht es
 Interview mit Prof. Schulz

 Prof. Schulz, was waren die Beweggründe für die Das ist uns, denke ich, gelungen, auch wenn das
 DGP, ein Positionspapier über Luftschadstoffe Positionspapier dadurch sehr viel umfangreicher
 und Gesundheit zu verfassen? geworden ist als anfangs gedacht.
 Prof. Holger Schulz: Auf internationaler Ebene
 gibt es von pneumologischen Fachgesellschaften Wer sind in Deutschland die Hauptverursacher
 dazu inzwischen einige Statements, etwa von der von Luftschadstoffen?
 American Thoracic Society oder der European Ammoniak stammt vor allem aus der Land-
 Respiratory Society. Eine Stellungnahme der wirtschaft, für Feinstaub, Ruß, Stickoxide, Kohlen-
 zuständigen Fachgesellschaft, die die Situation monoxid und Schwefeldioxid sind Industrie,
 in Deutschland wissenschaftlich beleuchtet und Energieproduktion einschließlich der Heizungs-
 verständlich darstellt, fehlte aber. Vor gut einem anlagen in den Haushalten sowie der Straßen-
 Prof. Holger Schulz,
 Jahr beschloss die DGP, dass es wichtig und an verkehr die wesentlichen Quellen. Feinstaub mit
 Leiter der Forschergruppe Lung
 der Zeit ist, diese Lücke zu schließen. Die Diskus- einer Partikelgröße von 2,5-10 µm kommt zu
 Epidemiology am Helmholtz
 sion um Luftschadstoffe hat sich ja in den letzten fast 50 Prozent aus Industrieprozessen. Für die
 Zentrum München, ist einer von
 Jahren intensiviert – auch befeuert durch Diesel- Feinstaubbelastung mit Partikeln bis zu 2,5 µm
 neun für das Positionspapier
 skandal und Fahrverbote – und ist mittlerweile in sind vor allem die Energieerzeugung und der
 „Atmen: Luftschadstoffe und
 Politik und Gesellschaft ein großes Thema. Verkehr verantwortlich.
 Gesundheit“ verantwortlichen
 Experten. Im Interview spricht
 Ein großes Thema, bei dem auch die Emotionen Und welche Auswirkungen haben diese Schad-
 der Wissenschaftler über Motive
 schnell hochkochen. Inwieweit steht das der stoffe auf den menschlichen Organismus?
 und Entstehung des Papiers, den
 Umsetzung konkreter Maßnahmen zur Schad- Die Effekte betreffen zunächst einmal das Atem-
 aktuellen Wissensstand zu den
 stoffreduktion im Wege? wegssystem. An dieser Kontaktfläche mit der Au-
 gesundheitlichen Auswirkungen
 Dass die Debatte um Luftschadstoffe sehr ßenwelt bewirkt der Feinstaub eine subklinische
 und den Wegen, die Schadstoff-
 emotional geführt wird, finde ich verständlich. entzündliche Reaktion mit oxidativem Stress, die
 belastung zu verringern.
 Schließlich treffen hier unterschiedliche Interes- sich vor allem bei Personen mit bereits vorhan-
 sensgruppen aufeinander – von Autoherstellern dener Lungenerkrankung bemerkbar machen
 und anderen Industriezweigen über die Besitzer kann. Hohe Luftschadstoffbelastungen führen
 von Dieselfahrzeugen bis hin zu Anwohnern bei Patienten mit COPD oder Asthma bronchi-
 von Hauptverkehrsstraßen, Fahrradfahrern und ale zu verstärkten Symptomen, einer erhöhten
 Eltern, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder Infektanfälligkeit, Exazerbationen und vermehr-
 sorgen. Mit dem Positionspapier will die DGP ten Krankenhauseinweisungen. Sowohl die
 die Diskussion auf eine sachliche Grundlage Entzündungsmediatoren als auch der Feinstaub
 stellen. Dabei möchten wir aber nicht nur die und hier insbesondere die ultrafeinen Partikel
 Konsequenzen des Schadstoffausstoßes aufzeigen, gelangen aber auch in den Kreislauf und werden
 sondern helfen Lösungen zu finden. Also wie man mit dem Blut in andere Organe transportiert. Das
 die Interessensgruppen zusammenbringen und erklärt, warum Luftschadstoffe kardiovaskuläre
 letztendlich das Ziel erreichen kann, dass wir alle Erkrankungen fördern und das Risiko für einen
 weniger luftschadstoffbelastet sind. Typ-2-Diabetes erhöhen. Inzwischen gibt es auch
 erste Hinweise für den Einfluss von langfristiger
 Können Sie kurz erläutern, wie das Positionspa- Schadstoffbelastung auf neurodegenerative
 pier entstanden ist? Erkrankungen und die kindliche Entwicklung.
 Nachdem vor gut einem Jahr die Anfrage der
 DGP kam, haben wir zunächst überlegt, welche Die in Deutschland gültigen EU-Grenzwerte lie-
 Bereiche genau in dem Positionspapier abgedeckt gen bei etlichen Luftschadstoffen deutlich über
 werden sollen. Basierend darauf wurden dann ins- den Empfehlungen der Weltgesundheitsorgani-
 gesamt neun Experten aus diversen Bereichen als sation WHO – bei Feinstaub beispielsweise mehr
 Autoren mit eingebunden. Ziel war, die verschie- als doppelt so hoch. Wie steht die DGP dazu?
 denen Aspekte, die mit Luftschadstoffen und den Wir sehen ganz klar den Bedarf, die Grenzwerte
 damit einhergehenden gesundheitlichen Risiken der WHO in Deutschland zu etablieren. Eine Stu-
 verbunden sind, von allen Seiten zu beleuchten. die in 25 europäischen Städten hat ergeben, dass

18
die Einwohner durchschnittlich sechs Monate länger leben, wenn Dieter Köhler, ehemaliger Präsident der DGP, sieht das offenbar
dort WHO-Richtwerte für Feinstaubpartikel bis 2,5 µm eingehalten anders. In der Talkshow stern.tv erklärte er die in Deutschland
würden. Es lohnt sich aber nicht nur gesundheitlich, sondern auch bestehenden Belastungen durch Stickstoffdioxid und Feinstaub für
finanziell. Denn mit den Grenzwerten der WHO ließen sich laut gesundheitlich unbedenklich und zweifelte die Studienlage an. Was
Schätzungen in Europa jährlich 31 Billionen Euro an direkten und sagen Sie dazu?
indirekten Gesundheitskosten einsparen. Aufgrund der wissenschaftlichen Beweislage kann man ganz klar
 sagen, dass das nicht stimmt. Die gesundheitlichen beziehungs-
Das klingt überzeugend, aber ist es auch umsetzbar? Schließlich weise biologischen Effekte von Luftschadstoffen sind tierexperi-
sorgt ja schon das Einhalten der aktuellen Grenzwerte für Sticko- mentell, in großen epidemiologischen Studien und in Expositions-
xide und Feinstaub und die damit verbundenen Dieselfahrverbote untersuchungen am Menschen gut belegt. Für die DGP steht fest:
für reichlich Kontroversen. Je weniger Luftschadstoffe, desto besser für die Gesundheit.
Die Belastung mit Luftschadstoffen deutlich zu reduzieren, ist eine
große Herausforderung, die nur zu schaffen ist, wenn man integ-
rativ an allen Schrauben dreht – angefangen mit infrastrukturellen Die Autoren des Positionspapiers
Maßnahmen wie dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und
 • Prof. Dr. Holger Schulz, Leiter der Forschungsgruppe Lung
dem Schaffen von Fahrradwegen, über die Förderung von E-Mobi-
 Epidemiology und stellvertretender Direktor des Instituts für
lität und Carsharing bis hin zur Weiterentwicklung emissionsarmer
 Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München – Deutsches
Technologien und einer Änderung unseres Mobilitätsverhaltens.
 Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
Die Kernbotschaft unseres Positionspapiers lautet: Da müssen wir
etwas tun, da können wir auch etwas tun, und am besten ist, wenn • Dr. Stefan Karrasch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
wir das alle gemeinsam machen. Dazu müssen Politik, Industrie für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München – Deutsches
und die gesamte Bevölkerung eine Kultur der Luftschadstoffver- Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt
meidung entwickeln.
 • Dr. Georg Bölke, Assistenzarzt Arbeitsbereich ambulante Pneu-
 mologie der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie
 und Pneumologie der Charité Universitätsmedizin Berlin

 • Dr. Josef Cyrys, Leiter der Forschungsgruppe Environmental
 Exposure Assessment des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz
 Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesund-
 heit und Umwelt

 • Prof. Dr. Claudia Hornberg, Leitung der Arbeitsgruppe Umwelt
 und Gesundheit an der Fakultät der Gesundheitswissenschaften
 der Universität Bielefeld

 • Dr. Regina Pickford, Forschungsgruppe Environmental Exposure
 Assessment des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum
 München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit
 und Umwelt

 • Dr. Alexandra Schneider, Leiterin der Forschungsgruppe Environ-
 mental Risks des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zen-
 trum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit
 und Umwelt

 • Prof. Dr. Christian Witt, Leiter des Arbeitsbereichs ambulante
 Pneumologie der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie
 und Pneumologie der Charité Universitätsmedizin Berlin

 • Prof. Dr. Barbara Hoffmann, Arbeitsgruppenleiterin am Institut
 für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Heinrich-Heine-
 Universität Düsseldorf

 19
Die DGP bezieht Position
 Stellungnahmen der DGP

 „Wissenschaft ist gelebter Diskurs. Für einen
 Menschen, der die wissenschaftliche
 Debatte nicht überblickt, ist es kaum möglich
 zu unterscheiden, was wahr ist und was
 nicht. Das ist das Problem, wenn
 Partikularinteressen statt Wissenschaft
 die Debatten bestimmen.“
 Prof. Dr. Klaus Rabe, Präsident der
 Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
 Beatmungsmedizin e.V.

 Position zu beziehen bedeutet immer auch Bereitschaft, den wissen-
 schaftlichen Diskurs zu fördern und ihn zu begrüßen. In diesem Sinne
 veröffentlichten wir auch 2018 mehr als 25 Stellungnahmen. Sie
 werden mehrheitlich von den jeweiligen Sektionen und Arbeitsge-
 meinschaften der DGP verfasst.

 In diesen Stellungnahmen nehmen wir als führende Fachgesell-
 schaft im deutschsprachigen Raum zu relevanten Themen in der
 Pneumologie und Beatmungsmedizin Stellung.

20
Personalmangel lässt sich nicht durch
Untergrenzen beheben – der Pflegeberuf
 muss auch finanziell attraktiver werden
 Eine angemessene Personalausstattung in der Pflege ist sowohl für die Qualität und
Sicherheit der Patientenversorgung im Krankenhaus als auch für die Arbeitssituation der
 dort Beschäftigten unabdingbar.

Aus diesem Grund hatte das Bundesministerium für Gesundheit Ende Aus Sicht der DGP hätte noch ein weiterer Aspekt dafür gespro-
August 2018 einen Referentenentwurf vorgelegt, der verbindliche chen, die im Entwurf genannten Untergrenzen für 2019 fallen zu
Pflegepersonaluntergrenzen für besonders pflegeintensive Klinikberei- lassen: Bereits für das Jahr 2020 wird das Institut für das Entgelt-
che wie Intensivstationen vorsieht. In einer Stellungnahme begrüßt system im Krankenhaus (InEK) ohnehin neue, differenziertere Pfle-
die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin gepersonaluntergrenzen ermitteln, die den tatsächlichen Pflegeauf-
e. V. (DGP) prinzipiell die angestrebte Verbesserung der Personal- wand der jeweiligen Erkrankung berücksichtigen.
situation in der Pflege. Doch die eigentlichen Ursachen für die Pflege-
engpässe, etwa der Mangel an Pflegekräften und die zu niedrige
Bezahlung, würden mit der neuen Verordnung nicht beseitigt.
 „Es bleibt unverständlich, wes-
Die Verordnung gehe davon aus, dass qualifizierte Pflegekräfte in
ausreichendem Maße auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stün-
 halb mit hohem bürokratischem
den, sagt Professor Dr. med. Klaus F. Rabe, Präsident der DGP. Dies
sei jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil herrsche ein ausgeprägter
 Aufwand zunächst undifferen-
Mangel an examinierten Pflegekräften, sodass schon jetzt regelmä-
ßig Betten auf Intensivstationen gesperrt werden müssten. Dass
 zierte Untergrenzen eingeführt
die Einführung verbindlicher Personaluntergrenzen die Zahl der
Bettensperrungen noch erhöhen wird, ist absehbar. Der Versuch,
 werden, die nur für das Jahr
Betroffene und Pflegepersonal besser zu schützen, droht so dazu
zu führen, dass mehr Patienten in schweren Gesundheitskrisen gar
 2019 gelten.“
nicht auf der Intensivstation versorgt werden können.
 Prof. Dr. Michael Pfeifer,
Die Forderung der DGP und weiterer betroffener Fachgesellschaf-
 Stellvertretender Präsident der DGP
ten, die Umsetzung der Richtlinie 2019 auszusetzen, wurde vom
Bundesministerium für Gesundheit nicht berücksichtigt. Seit dem Sinnvoller wäre es gewesen, auf die Umsetzung 2019 zu verzichten
1. Januar 2019 gilt in den pflegesensitiven Klinikbereichen der und die verbleibende Zeit bis zur Einführung der fallbezogenen
Intensivmedizin, der Kardiologie, Unfallchirurgie und Geriatrie ein InEK-Schlüssel für einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung
verbindlicher Betreuungsschlüssel. Tagsüber muss etwa im Bereich der Pflege zu nutzen. Das hätte auch ein Zeitfenster für einige
der Intensivpflege für je zwei Patienten eine Pflegekraft im Dienst weitere Nachbesserungen gelassen, die die Experten der DGP für
sein, während der Nachtschicht liegt der Schlüssel bei drei zu eins. nötig halten. Klärungsbedarf bestehe beispielsweise in Bezug auf
 hochqualifizierte Berufsgruppen wie Atmungstherapeuten, die im
Aus Sicht der DGP wäre es sinnvoller gewesen, zunächst systema- Entwurf nicht thematisiert werden. Auch das Gehaltsungleichge-
tisch die Pflege zu stärken. Die kurzfristige Umsetzung der Richtli- wicht zwischen den zunehmend benötigten Zeitarbeitskräften und
nie bedeutet somit, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Um dem wesentlich niedriger bezahlten, aber besonders wertvollen
wieder ausreichend Nachwuchs für die Pflege zu gewinnen, muss Stammpersonal sei noch nicht berücksichtigt. Praxisfremd sei
jedoch zunächst die Attraktivität des Berufs gesteigert werden. darüber hinaus der sehr geringe Anteil von Pflegehilfskräften, den
Hierzu gehört neben verbesserten Arbeitsbedingungen auch eine der Entwurf vorsieht. Zudem benachteilige er kleine Stationen über
bessere Bezahlung. In diesem Sinne begrüßt die DGP ausdrücklich Gebühr. „In die anstehenden Verhandlungen sollten auch Ver-
die im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz beschlossene Bereitstellung treter von pflegerischen und ärztlichen Fachgesellschaften sowie
zusätzlicher Mittel für den Pflegebereich und die im Krankenhaus- Patientenbeauftragte einbezogen werden“, fordert DGP-Präsident
finanzierungsgesetz festgelegte Ausgliederung der Pflegeperso- Rabe. Nur dann könne die Pflegerealität angemessen berücksich-
nalkosten aus dem Vergütungssystem. Diese müssen jedoch erst tigt werden.
Wirkung entfalten, bevor der geforderte Personalschlüssel in allen
bestehenden Einrichtungen realistischerweise erreicht werden kann. Pressemitteilung der DGP vom 17. September 2018

 21
Es ist Zeit, die Rolle der Pneumologie
 in der Notfallversorgung aufzuwerten
 Notfallversorgung

 Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)
 und der Verband Pneumologischer Kliniken (VPK) sprechen sich in einer
 gemeinsamen Stellungnahme für eine Aufwertung der Pneumologie in der
 gestuften Notfallversorgung aus.
 In der aktuellen Gesetzgebung wird die Inanspruchnahme der Um die derzeit unbefriedigende Versorgung von Patienten mit aku-
 Notfallambulanzen durch Patienten mit akuten pneumologi- tem respiratorischem Versagen zu verbessern, plädieren VPK und
 schen Krankheitsbildern nur sehr unzureichend berücksichtigt. DGP zudem für die Etablierung von Dyspnea Units (DU), in Analogie
 Dabei übersteigt die Zahl der Notfälle von Patienten mit akutem zu Stroke Units und Chest Pain Units. Erste Modellprojekte sind
 respiratorischem Versagen insbesondere infolge einer Exazerbation bereits im Aufbau. Die DU haben zum Ziel:
 pneumologischer Krankheiten beispielsweise die von gastroen-
 terologischen und auch kardiologischen Patienten. Dyspnoe ist im 1. eine unmittelbare, umfassende und spezifische Behandlung von
 Bereich der Inneren Medizin einer der häufigsten Gründe für eine Patienten in lebensbedrohlichen pneumologischen Notsitua-
 Notfallvorstellung. Dies sind nur zwei der Indikatoren dafür, wie tionen, insbesondere mit hypoxischem und hyperkapnischem
 dringend das Konzept einer Überarbeitung bedarf, die die Akuität Atmungsversagen, sicherzustellen.
 und epidemiologische Entwicklung von Krankheitsbildern berück-
 sichtigt. Auch Morbiditäts- und Mortalitätsraten sowie das breite 2. die Lücke zwischen Notaufnahme und Intensivstation zu schlie-
 Spektrum bereits etablierter Notfalltherapien sprechen dafür, die ßen. So kann einerseits die Entwicklung in den ersten Stunden
 Pneumologie neben den internistischen Fachbereichen Kardiologie der Behandlung engmaschig beobachtet und so, wo notwendig,
 und Gastroenterologie in der Kategorie A der gestuften Notfallver- zum rechten Zeitpunkt eine Intensivierung der Therapie, z.B. auf
 sorgung aufzuführen. der Intensivstation, eingeleitet werden. Andererseits lassen sich
 unter engerer Betreuung bei gutem Ansprechen auf die Therapie
 Um die Versorgung von Anfang an auf einem hohen Niveau Intensivaufenthalte vermeiden.
 zu sichern, wird in der Stellungnahme eine Reihe von Kriterien
 gefordert, die pneumologische Fachkliniken für eine Notfallversor- W. J. Randerath, M. Hetzel, M. Pfeifer, T. Voshaar, K. Rabe: Stellung-
 gung qualifizieren. Dazu gehören u.a. die durchgehende (24h/d) nahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungs-
 Bereitschaft eines pneumologischen Facharztes sowie das Vorhal- medizin (DGP) und des Verbandes Pneumologischer Kliniken (VPK) zur
 ten einer Notfallendoskopie, insbesondere zur Blutstillung und Rolle der Pneumologie in der gestuften Notfallversorgung.
 Fremdkörperentfernung. Pneumologie 2018; 72: 817–819

22
Lungenvolumenreduktion
 beim schweren Lungenemphysem
 Nutzenfeststellung für die endoskopische LVR mit Ventilen,
 Nutzenfeststellung für die endoskopische LVR mit Coils (RV > 225% v. Soll)

Lange Zeit konnten Ärzte COPD-Patienten mit schwerem Lun- Der G-BA bescheinigte den Nutzen einer LVR mit Ventilen bei
genemphysem nach Ausschöpfung aller medikamentösen und schwerem Lungenemphysem, wo konservative Methoden aus-
konservativen Therapieverfahren keine weiteren Behandlungsopti- geschöpft sind und kollaterale Ventilation nicht möglich ist. Die
onen anbieten. Das hat sich erst in den vergangenen 10–15 Jahren Stellungnahme der DGP wies auf die zwingend erforderlichen Rah-
mit der Einführung von Verfahren zur Lungenvolumenreduktion menbedingungen bei der Indikationsstellung hin. Dazu gehört die
geändert. Allerdings war die Anwendung dieser Methoden zulasten interdisziplinäre Indikationsstellung unter Einbezug von Radiologie
der GKV lange Zeit sozialrechtlich nicht abgesichert. Der GKV und Thoraxchirurgie.
Spitzenverband Bund hatte zu den Methoden im Jahre 2013 ein
Bewertungsverfahren auf den Weg gebracht, das 2018 abgeschlos- Für die bronchoskopische LVR mittels Einlage von Spiralen (Coils)
sen wurde. stellte der G-BA den Nutzen bei Vorliegen eines Residualvolumens
 von > 225 % vom Soll fest. Für die Gruppe der an einem schweren
 Lungenemphysem erkrankten Patienten mit einem RV < 225%
 vom Soll wurde das Potenzial einer erforderlichen Behandlungs-
 alternative festgestellt.

 Nach diesem Prozess stehen für Patienten mit schwerem Lungen-
 emphysem neue Therapieoptionen zur Verfügung, die Teil des
 Leistungskatalogs der Krankenkassen werden. Es besteht allerdings
 weiterer Forschungsbedarf, um die Qualität bei Indikationsstellung
 und der Methodenanwendung zu optimieren. Von zentraler Bedeu-
 tung ist dabei die quantitative Computertomografie. Diese wird zur
 objektiven lappenbezogenen Bestimmung des Emphesemschwere-
 grades eingesetzt.

Endoskopiebild mit implantierten Ventilen

Bereits der 2016 vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgelegte Vorbericht (vorläufige
Nutzenbewertung) für Verfahren zur Lungenvolumenreduktion
war von der DGP kommentiert worden. Die im Anschluss an das
Kommentierungsverfahren vom IQWiG erstellte Nutzenbewertung
bildete die Grundlage der vorläufigen Beschlüsse des Gemeinsamen
Bundesausschusses (G-BA) für die bronchoskopische Lungenvolu-
menreduktion mittels Einlage von Ventilen oder Spiralen (Coils),
zu denen Experten der Sektion 2 (Endoskopie) für die DGP Stellung
bezogen.

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