Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis

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Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
BRANCHENMONITOR
        DEZEMBER 2017

   Zwischen
Hochtechnologie
     und
Handwerkskunst
       Deutschlands
    High-End-Industrie
      auf Rekordkurs
Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
High-End-Segment Deutschland 3

                       Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
je schneller, beliebiger und uniformer sich das weltweite Warenangebot on- und offline
präsentiert, desto größer die Sehnsucht der Menschen nach dem Besonderen. Nach un-
verwechselbaren Produkten und Dienstleistungen, die einzigartige Freude bereiten – und
deswegen nicht nur materiell, sondern auch ideell besonders wertvoll sind.
       Nichts verkörpert das Besondere authentischer als Produkte und Marken der High-
End-Industrie. Sie steht für Kreativität, Perfektion und kompromisslose Spitzenqualität.
Dank ihrer außerordentlichen Innovationskraft sind gerade viele deutsche Unternehmen
in zahlreichen Branchen führend.
       Doch die deutsche High-End-Industrie bietet nicht nur exklusive Marken, Produkte
und Erlebniswelten. Unternehmen dieses Segments generieren eine bedeutende Wert-
schöpfung im In- und im Ausland und schaffen zahlreiche hochqualifizierte Arbeitsplätze.
Die Gesamtleistung, definiert als Summe des inländischen Konsums und der internationa-
len Umsätze deutscher Unternehmen, liegt unter Einbezug des Premiummarktes für deut-
sche Automobilhersteller bei mehr als 130 Mrd. Euro. Konzentriert man sich auf das Top-
Segment aller Branchen, erwirtschaftete das High-End-Segment in Deutschland mit mehr
als 160.000 Beschäftigten eine Gesamtleistung von rund 73 Mrd. EUR. Mit einem Rekord-
wachstum von sage und schreibe 46% im Zeitraum von 2011 bis 2016 übertrifft es die
Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts sowie zahlreicher anderer Industrien
wie beispielsweise der Chemie und Energieversorgung deutlich.
       Seit seiner ersten Veröffentlichung verfolgt der Branchenmonitor das Ziel, die
Bedeutung des High-End-Segments für die deutsche Volkswirtschaft zu analysieren. Er
reflektiert aber auch das Selbstverständnis eines exklusiven Kreises von Unternehmen,
die sich durch eine gemeinsame Haltung und ein gemeinsames Wertesystem bewusst
differenzieren wollen.
       Wir bedanken uns bei allen Marktexperten, die uns bei der Erstellung dieser
Studie unterstützt haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit, denn das High-End-
Segment legt traditionell viel Wert auf Diskretion. Umso mehr wissen wir zu schätzen,
dass uns Hersteller, Händler und Verbände Einblicke gewährt haben.

Herzlichst, Ihre

              Dr. Richard Federowski                   Clemens Pflanz
Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
4 Roland Berger BRANCHENMONITOR

          Inhaltsverzeichnis
                                Vorwort             Digitalisierung
                                   S. 3                  S. 12
                                   ––
                                                          ––
                          Unsere Zielsetzung
                                                Neue Kundenbedürfnisse
                                   S. 6
                                   ––             und Konsummuster
                           Charakterisierung             S. 18
                        des High-End-Segments             ––
                                   S. 7
                                                  Innovationen durch
                                   ––
                                                    neue Anbieter
                            Das Wichtigste
                                  vorab                  S. 21
                                   S. 8                   ––
                                   ––           Wachsender Wohlstand
                                Kapitel 1:
                                                erschließt neue Märkte
                             Die Ergebnisse
                                                         S. 21
                              im Überblick
                                  S. 10                   ––
                                   ––              Abgrenzung des
                            Gesamtleistung       High-End-Segments
                                   S. 11
                                                         S. 22
                                   ––
                                                          ––
                                 Umsatz
                                   S. 11           Unsere Methodik
                                   ––                    S. 23
                             Arbeitsplätze                ––
                                  S. 12
                                                      Kapitel 2:
                                   ––
                                                  Die Ergebnisse nach
                               Wichtige,
                         übergeordnete Trends          Sektoren
                                  S. 12                ab S. 24
Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
High-End-Segment Deutschland 5

                  50
  Automobil                         Hotels
     S. 26                           S. 68
      ––                              ––
                                    Wein,
    Mode
                               Champagner und
und Accessoires
                                  Spirituosen
     S. 34                           S. 72
      ––                              ––
    Uhren                        First-Class-
 und Schmuck                  und Privatjet-Flüge
                                     S. 76
     S. 40
                                      ––
      ––
                                Schreibgeräte

                  60
   Kosmetik                          S. 82
  und Parfüm                          ––
     S. 46                       Restaurants
      ––                             S. 86
    Kunst                             ––
                              Musikinstrumente
     S. 50
                                     S. 90
      ––
                                      ––
   Interieur                       Kapitel 3:
     S. 54                         Synthese
      ––                         und Ausblick
    Audio                            S. 94
                                      ––
  und Video
                               Ansprechpartner
     S. 60
                                     S. 98
      ––                              ––

                  90
   Yachten                        Impressum
     S. 64                           S. 99
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6 Roland Berger BRANCHENMONITOR

        Unsere Zielsetzung
       Unser jährlich erhobenes Stimmungsbarometer zum High-End-Segment, der
           MEISTERKREIS-Index, zeigt: Das High-End-Segment in Deutschland
    entwickelt sich ungebrochen positiv, und der deutsche Konsumentenmarkt erweist
            sich als äußerst robust. Ziel die­ser Studie ist es, die Bedeutung des
        deutschen High-End-Segments für die hiesige Volkswirtschaft zu bemessen
                 und dabei vor allem drei zentrale Fragen zu beantworten:

                                         1
           Wie groß ist das deutsche
    High-End-Segment, und wie viele Arbeits­
          plätze hängen direkt an ihm?

                                         2
          Welches sind die wichtigsten Treiber
                 für die Entwicklung
            der High-End-Unternehmen?

                                         3
         Wie sieht der Blick in die Zukunft aus?
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High-End-Segment Deutschland 7

  Charakterisierung des
  High-End-Segments
      Das Geschäftsmodell                                      3. Aura:
von High-End-Unternehmen baut                       Sie schaffen ein Faszinations-
     auf fünf Faktoren auf:                              potenzial, das beim
                                                     Kon­sumenten Begeisterung
                                                       für das Produkt und die
      1. Geistiges Eigentum                         Marke weckt und entwickelt
          und Kreativität:
  Die Unternehmen investieren                        4. Selektive Distribution:
substanziell in Design, Innovation               Die Vertriebswege werden streng
    und Markenentwicklung                          kontrolliert, um das Marken­
                                                  image zu schützen und "Wild-
      2. Handwerks- und                          wuchs" im Vertrieb zu verhindern
       Ingenieurskunst:
  Sie gewährleisten höchste                        5. Entwicklung neuer Märkte:
    Qualität, insbesondere                            High-End-Unternehmen
durch den Einsatz hervorragend                          sind Bot­schafter für
 ausgebildeter und geschulter                       das europäische Wert- und
          Mitarbeiter                                   Quali­tätsverständnis

  Um das High-End-Segment vom Gesamtmarkt abzugrenzen, sind für die in dieser Studie
­beleuchteten Sektoren spezifische Kriterien definiert (S. 22). Die resultierende Selektion von
    Marken und Händlern bildet die originäre High-End-Branche – den "High-End-Kern".
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Das Wichti
      Durch die Herstellung und Vermarktung von Pro-            Der positive Wachstumstrend zieht sich durch alle
dukten und Dienstleistungen höchster Qualität erzielt    Sektoren – insbesondere Automobil (+8%), Interieur
die High-End-Industrie eine Gesamtleistung, die sich     (+7%) und Audio und Video (+6%) sind im Vorjahresver-
aus dem inländischen Konsum und den internationalen      gleich stark gewachsen.
Umsätzen deutscher Unternehmen zusammensetzt.
Diese liegt inklusive der Premiummodelle deutscher              160.000 direkte Mitarbeiter in Handel und Indus-
Automobilhersteller bei mehr als 130 Mrd. Euro.          trie waren 2016 im High-End-Segment in Deutschland
                                                         beschäftigt. Damit sind in diesem Bereich seit 2011 rund
      Betrachtet man, wie in der vorliegenden Studie,    23.000 neue, qualitativ anspruchsvolle Arbeitsplätze ent-
nur den High-End-Kern, beträgt die Gesamtleistung        standen. Zudem hängt eine Vielzahl von Arbeitsplätzen,
rund 73 Mrd. Euro. Mit einer Wachstumsrate von 6%        etwa bei spezialisierten Zulieferern oder Dienstleistern,
setzte das deutsche High-End-Segment seine seit mitt-    indirekt am High-End-Segment.
lerweile sechs Jahren anhaltende Erfolgsgeschichte da-
mit auch 2016 fort.                                             Gerade in einer Zeit, in der der globale High-End-
                                                         Markt mit einem herausfordernden Umfeld (geringeres
      Bereits in den vergangenen Jahren war die High-    Wachstum in China, Terroranschläge, Währungsschwan-
End-Industrie als Qualitäts- und Innovationsführer ein   kungen, Brexit und Sanktionen gegen Russland) zu kämp-
wichtiger Treiber des deutschen Wirtschaftswachstums:    fen hat und weitgehend stagniert, hebt sich die deutsche
seit 2011 legte sie um 46% zu – das Bruttoinlandspro-    High-End-Industrie mit ihrem kontinuierlichen Wachs-
dukt wuchs in derselben Zeit um 7%.                      tum deutlich ab. Die steigenden Umsätze im Inland sowie
                                                         das Wachstum der internationalen Umsätze deutscher
       Die Gesamtwertschöpfung von 73 Mrd. Euro um-      Unternehmen bezeugen die anhaltende Begeisterung na-
fasst sowohl die Umsätze auf dem deutschen Heimat-       tionaler sowie internationaler Kunden für hochwertige
markt (27 Mrd. Euro; +7% zum Vorjahr) als auch die in-   und innovative Produkte "Made in Germany".
ternationalen Umsätze (46 Mrd. Euro; +5% zum Vorjahr).
Seit 2011 sind die internationalen Umsätze des deut-     Auch die Zukunftsaussichten des deutschen High-End-
schen High-End-Segments um 55% gewachsen, auf dem        Segments sind äußerst positiv: Für die kommenden Jahre
deutschen Konsumentenmarkt stiegen sie um 33%.           ist weiterhin ein dynamisches Wachstum zu erwarten. Das
                                                         hat vor allem folgende Gründe:
      Von den 14 untersuchten Sektoren ist der High-
End-Automobilsektor mit 45 Mrd. Euro im Jahr 2016 der
mit deutlichem Abstand größte Marktsektor, gefolgt von
Mode und Accessoires mit 5,8 Mrd. Euro sowie Uhren
und Schmuck mit 3,7 Mrd. Euro.
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High-End-Segment Deutschland 9

gste vorab.
      1. Digitalisierung bringt                                 3. Wachsender Wohlstand
     neue Kunden und Produkte                                    erschließt neue Märkte
        Je jünger die Kundschaft, desto größer die Erwar-          Die Zahl der Vermögenden wächst weltweit. Allein
 tung, Produkte und Markenwelt auch online erleben –        in Deutschland lebten 2016 1,6 Millionen Millionäre
 zum Teil sogar kaufen – zu können. Die fortschreitende     (+3% gegenüber 2015), weltweit waren es fast 33 Millio-
 Digitalisierung transformiert damit auch im High-End-      nen (+2%). Bis 2021 soll ihre Zahl in Deutschland auf
 Segment die gesamte Wertschöpfungskette. Innovative        mehr als 2,1 Millionen ansteigen. Gleichzeitig sorgen
 Produktions- und Fertigungsprozesse verändern die Art      immer mehr Vermögende aus aller Welt, vor allem aus
 und Weise, wie High-End-Produkte hergestellt werden.       Russland, den arabischen Golfstaaten und China, als
 Zudem wandeln sich Vertriebskanäle und Kundenschnitt-      anspruchsvolle und ausgabefreudige Touristen für gute
 stellen grundlegend, denn vor allem die Generationen Y     Umsätze auf dem deutschen Markt. Wenn sie auf ihren
 und Z sind wenig markentreu und fällen Kaufentschei-       Reisen Qualität und Handwerkskunst im "Herkunfts-
 dungen häufig anhand von Trends in den sozialen Medi-      land" erleben wollen, stärkt das nicht nur die Kunden-
 en. Dadurch eröffnen sich aber auch im High-End-Seg-       bindung, sondern lässt hierzulande auch die Kassen
 ment neue Optionen und Geschäftsmodelle.                   klingeln.

                                                                   Der Überblick macht deutlich: Ungeachtet des an-
    2. Neue Anbieter entwickeln                             haltend positiven Trends der vergangenen Jahre sowie

          innovative Ideen                                  der erwarteten dynamischen Entwicklung gilt es für die
                                                            Unternehmen des High-End-Segments, sich ständig neu
        Seien es der 3D-Druck, der Möglichkeiten der        zu beweisen, Herausforderungen rechtzeitig zu erken-
 kundenindividuellen und personalisierten Anfertigung       nen und darauf zu reagieren. Dabei wird es für die Zu-
 bietet, Augmented Reality, smarte Umkleidekabinen          kunft vor allem darauf ankommen, Kunden individuell
 oder Apps zur Buchung von Flügen im Privatjet: Neue        durch eine persönliche Eins-zu-Eins-Ansprache zu errei-
 Anbieter bereichern das Portfolio des High-End-Seg-        chen und emotional an die Marke zu binden. Dafür müs-
 ments, indem sie innovative Erlebniswelten und Servi-      sen Lebenswelten geschaffen werden, die on- und offline
 ces schaffen. Damit geben sie auch Antworten auf verän-    konsistente Botschaften vermitteln und geschickt zwi-
 derte Erwartungen und Konsummuster von Kunden, die         schen traditionsreichen Werten und neuen Innovatio-
 die Einzigartigkeit und das Profil einer Marke entlang     nen balancieren. Um diesen Balanceakt zu meistern,
 der gesamten Customer Journey erleben wollen.              müssen Unternehmen über Branchengrenzen hinweg
                                                            denken, aktiv den Austausch mit komplementären Bran-
                                                            chen suchen und neue Partner gewinnen.
Zwischen Hochtechnologie und Handwerkskunst - Deutschlands High-End-Industrie auf Rekordkurs - Meisterkreis
1
High-End-Segment Deutschland 11

          Ergebnisse
        des Branchen-
           monitors
         im Überblick
       Gesamtleistung des Sektors ist                    Die Stärke des High-End-Segments und dessen zuneh-
              beeindruckend                              mende Bedeutung innerhalb der deutschen Volkswirt-
                    ––                                   schaft zeigen sich insbesondere im Vergleich zur Entwick-
                                                         lung der Gesamtwirtschaft: Während das deutsche
           Umsatz wächst weiter
                                                         Bruttoinlandsprodukt seit 2011 um circa 7% gewachsen
Das High-End-Segment in Deutschland hat im Jahr 2016     ist, konnte das High-End-Segment um 46% zulegen. Es
eine Gesamtleistung von rund 73 Mrd. Euro erzielt –      zeigt sich auch von externen Einflüssen wie Brexit, Wäh-
hiervon entfielen 46 Mrd. Euro auf die internationalen   rungsschwankungen, schwächerer Konjunktur in China,
Umsätze deutscher High-End-Unternehmen und 27            Wirtschaftssanktionen gegen Russland und Terroran-
Mrd. Euro auf inländischen Konsum. Während im Aus-       schlägen in Europa weitgehend unbeeindruckt. B
land die Nachfrage um 9% im Zeitraum von 2011 auf            Unter den 14 untersuchten Sektoren steuert Automo-
2016 stieg, weist auch das Inland ein Plus von 6% auf.   bil klar am meisten zur Gesamtleistung bei. Mit weitem
Dies zeigt die anhaltende Begeisterung internationaler   Absatz folgen Mode und Accessoires (8%) sowie Uhren
sowie nationaler Kunden für hochwertige Produkte         und Schmuck (5%). Auch im Wachstum zieht Automobil
"Made in Germany". A                                     an den anderen Sektoren vorbei: stattliche 8% legte
12 Roland Berger BRANCHENMONITOR

er im Vergleich zu 2015 zu. Nur Interieur (7%) und Audio    vorragend ausgebildeter Mitarbeiter garantiert die
und Video (6%) können Schritt halten. Nichtsdestotrotz      Erfüllung höchster Qualitätsstandards. In diesem Kon-
sind auch die kleineren Sektoren essenziel für das deut-    text ist auch der Beitrag des High-End-Segments bei der
sche High-End-Segment. Sie tragen nachhaltig zum in-        Ausbildung von Nachwuchskräften hervorzuheben.
ternationalen Renommée deutscher High-End-Marken                Ebenso positiv wie die Gesamtleistung hat sich auch
bei. Sie alle legen die gleichen kompromisslosen Maß-       die direkte Beschäftigung entwickelt: Seit 2011 sind
stäbe an ihre Arbeit an. Sie beeinflussen und inspirieren   schätzungsweise 23.000 neue Arbeitsplätze entstanden,
sich gegenseitig und fördern das Bewusstsein für höchs-     die dem High-End-Segment direkt zuzuordnen sind.
te handwerkliche Qualität. C                                Dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 3%.
                                                            Insbesondere in der Herstellung und Entwicklung sind
           Arbeitsplätze der Branche                        die hervorragend ausgebildeten Handwerker und hoch-
             sind hochqualifiziert                          qualifizierten Ingenieure ein unverzichtbarer Erfolgsfak-
                                                            tor für die Unternehmen. D
Die genannten wirtschaftlichen Leistungen wurden von
rund 160.000 Beschäftigten in Deutschland erbracht, die               Überblick über die Struktur
direkt im High-End-Segment – in Industrie oder Handel                  des High-End-Segments
– tätig sind. Dabei profitiert insbesondere die Industrie
im internationalen Vergleich davon, dass deutsche Ar-       Das High-End-Segment setzt sich aus verschiedenen
beitnehmer handwerklich und technisch sehr gut ausge-       Sektoren zusammen: Die Gesamtleistung sowie Anzahl
bildet sind: Nicht umsonst gilt Deutschland als "Land       der Beschäftigten wurde in 14 Sektoren untersucht. E
der Ingenieure". Dies führt dazu, dass es für High-End-
Unternehmen nicht nur unattraktiv ist, die Produktion
in Länder mit geringeren Lohnkosten zu verlagern – oft           Wichtige, übergeordnete Trends
ist es auch nicht möglich. Dieser Aspekt ist besonders                            ––
wichtig, weil Handwerks- und Ingenieurskunst elemen-
                                                                Digitalisierung: neue Vertriebswege,
tare Faktoren sind, die das High-End-Segment von ande-
ren Wirtschaftsbereichen abgrenzen: Der Einsatz her-
                                                                      Kunden und Produkte ...

                                                            Die Auswirkungen der digitalen Transformation auf das
                                                            High-End-Segment sind vielfältig und verstärken sich
                                                            kontinuierlich: Extern wandeln sich Kundenkommuni-
 Deutsche Arbeitnehmer                                      kation und das Verkaufserlebnis, innerhalb der Unter-
                                                            nehmen werden Geschäfts- und Produktionsprozesse
 sind, im internatio­nalen                                  optimiert und neue Fertigungstechnologien eingeführt.
                                                            Beides zusammen führt zu innovativen Produkteigen-
  Vergleich, handwerk-                                      schaften sowie neuen Dienstleistungen, die Kunden ei-
                                                            nen wertvollen Zusatznutzen bieten.
 lich und technisch sehr                                       Um vom ersten Kontakt über den Kauf bis zur Kun-
                                                            denpflege ein außergewöhnliches Kundenerlebnis bie-
     gut ausgebildet.                                       ten zu können, stehen High-End-Unternehmen der-
High-End-Segment Deutschland 13

A Entwicklung des deutschen High-End-Segments
  nach Inlands- und Auslandsleistung in Mrd. Euro
                                                                  Umsatz im Inland

                                                                   Internationale
                                                                 Umsätze deutscher
                                                                   Unternehmen
                               +46%

                                                                     73
                                                    69
                                               64

                      56                                              27
             55
                                                    25
    50                                         24

             23       23
    20

                                                    43               46
                                               40
             32       33
     29

    2011     2012    2013                    2014   2015            2016

                           Quelle: Roland Berger
14 Roland Berger BRANCHENMONITOR

B Entwicklung des High-End-Segments im Vergleich zur
  Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts
   Index 2011 = 100%
                                                                            High-End-
                                                                            Segment
150%
                                                                            +46%
145%

140%

135%

130%

125%

120%

 115%
                                                                               BIP
                                                                           Deutschland
 110%
                                                                             +7%
105%

100%
    2011              2012         2013                      2014   2015     2016

                                     Quelle: Roland Berger
High-End-Segment Deutschland 15

C Zusammensetzung des deutschen High-End-Segments
   in Mrd. Euro
                                      6
                                 Mode
                            und Accessories
     45                                                     4                            3
  Automobil                                                                        Kosmetik
                                                   Uhren und Schmuck
                                                                                  und Parfüm

                                                                                         3
                                                                                    Kunst

                                                                                    3
                                                                               Interieur

                    73
                   TOTAL                                                                     2
                                                                                     Yachten

                                                                                         2
                                                                              Audio und Video

                                                                              2
                                                                            Hotels

                                                                            Wein, Champagner
                                                                             und Spirituosen
                                                                                         2
                                                                               First-Class
                                                    Restaurants            und Privatjet-Flüge
       0
Musikinstrumente                                        1                            1
                                                                  Schreibgeräte
                                                                       1

                           Quelle: Roland Berger
16 Roland Berger BRANCHENMONITOR

D Entwicklung der Beschäftigtenzahlen im
   High-End-Segment in Tsd.

                                                     +16%

                                                                                            160    164
                                                                    155
                     146                  149
    141

    2011            2012                 2013                      2014                     2015   2016

                             Quelle: DESTATIS, Unternehmensinformationen, Verbandsangaben
High-End-Segment Deutschland 17

E Überblick über die Struktur des High-End-Segments
                          Umsatz Deutsch-     Internationale Um-
                        land Inlandsmarkt in    sätze dt. Unter-     Gesamtleistung in   DE – Beschäftigte
      Segmente                Mrd. EUR       nehmen in Mrd. EUR         Mrd. EUR              in Tsd.

      Automobil                8,0                      37                 45                  39

 Mode und Accessories          2,8                       3                  6                   16

 Uhren und Schmuck             3,2                       1                  4                   7

 Kosmetik und Parfüm           3,2                       0                  3                  22

        Kunst                  2,0                       1                  3                   9

       Interieur               1,5                       1                  3                   17

   Audio und Video             1,1                       0                  2                   4

       Yachten                 0,1                       2                  2                   9

        Hotels                 2,0                       –                  2                  20
  Wein, Champagner
   und Spirituosen             1,4                       0                  2                   5
      First-Class
  und Privatjet-Flüge          1,0                       –                  1                   4

    Schreibgeräte              0,1                       1                  1                   4

     Restaurants               0,7                       –                  1                   –

  Musikinstrumente             0,1                       0                  0                   2

        TOTAL                 27,2                     46                  73                  146

                                             Quelle: Roland Berger
18 Roland Berger BRANCHENMONITOR

zeit vor der Herausforderung, digitale und reale Welt     Durch den Wandel der Kundenerwartungen und des
nahtlos zu verknüpfen. Der Kunde bewegt sich fließend     Kaufverhaltens wird Omni-Channel-Exzellenz somit
zwischen On- und Offlinewelten. Ein Onlineshop und        auch für High-End-Marken immer mehr zum entschei-
digitale Präsenz zählen im kompetitiven Marktumfeld       denden Erfolgsfaktor. Wenn Unternehmen diese Chance
zur Grundausstattung. Der Anteil von Onlineverkäufen      nutzen, um etablierte Denkweisen aufzubrechen, wer-
steigt stetig, derzeit geben 55% der Kunden an, High-     den sich neben den Herausforderungen auch viele neue
End-Produkte über die Onlineshops der Unternehmen         Potenziale erschließen.
oder von Online-Versandhändlern kaufen zu wollen. Zu-
dem nutzt bereits mehr als die Hälfte der Kunden regel-      ... aber auch neue Kundenbedürfnisse
mäßig Suchmaschinen und Unternehmenswebsites, um                        und Konsummuster
nach High-End-Produkten zu suchen. Für jeden dritten
Käufer trägt Onlinekommunikation wesentlich zum           Das High-End-Segment lebte schon immer von der Be-
Markenimage bei.                                          geisterung für das "Besondere". Dieser Kern, der An-
                                                          spruch an herausragende Produkte, bildet noch heute die
                                                          Basis der Kaufentscheidung. Alles andere jedoch unter-
                                                          liegt einem dynamischen Wandel: Lebenswelten, Kon-
              Anzahl Millionäre in                        sumverhalten und Mediennutzung ändern sich und stel-
                 Deutschland                              len neue Anforderungen an High-End-Marken. Kunden
                                                          fordern Erlebniswelten, die rund um das Produkt geschaf-
        2015                           2016               fen werden und die sie auf ihrer Customer Journey beglei-
                                                          ten – on- und offline. So schaffen Fashion-Unternehmen
                                                          durch aufwendige Flagship-Stores und hochwertige eige-
                                                          ne Web-Shops eine durchgängige Markenwelt.
                        +3%                                   Marken-Communitys und Social-Media-Plattformen
    1.593.000                       1.637.000             sind dabei ein nicht zu unterschätzendes Kommunika-
                                                          tionsinstrument: Sie erlauben es den Kunden, Produkte
                                                          und Trends gemeinsam zu erleben und stärken so die
                                                          Markenwahrnehmung. Der digitale Austausch über Life-
     Deutschland                     Deutschland          style und der Kauf online stehen insbesondere für die
                                                          Generationen Y und Z im Mittelpunkt. Die noch junge
                                                          Käuferschicht reagiert blitzschnell auf Trends und kom-
                                                          muniziert über YouTube, Blogs oder Instragram. Influ-
                                                          encer haben zentrale Bedeutung und gelten als Trend-
                        +2%                               setter. Traditionelle High-End-Marken müssen ihre
   32.335.000                      32.931.000
                                                          Marketingpläne entsprechend anpassen.
                                                              Angesteckt von der jungen Zielgruppe strebt die Mehr-
                                                          heit der High-End-Konsumenten weiterhin nach dem In-
                                                          dividuellen: Sonderanfertigungen bei Yachten oder spezi-
       Weltweit                       Weltweit            elle Konfigurationen bei Autos sind keine Ausnahmen.
                                                          Maßgeschneiderte Lösungen nach persönlichen Präfe-
                                                          renzen gehören bereits zum Standard. Ebenso gilt es,
High-End-Segment Deutschland 19

F Verteilung der Millionäre nach Ländern im Jahr 2016
 in Prozent
                                                                            17
                                                                          ANDERE
  41
 USA

                                                                                           2
                                                                                       SCHWEIZ

                                                                                                        3
                                                                                           AUSTRALIEN
                                                                                                    3
                                                                                            KANADA

                                                                                                    ITALIEN
                                                                                                            3

                                                                                           CHINA
                                                                                                5

                                                                                    FRANKREICH
                                                                                            5

                                             UK
              JAPAN                                                        DEUTSCHLAND
                                               7
               9                                                                   5

                      Quelle: Credit Suisse Global Wealth Databook 2016
20 Roland Berger BRANCHENMONITOR

Übernachtungen von Touristen in Deutschland
in Tsd.

Herkunftsland       2011            2012                  2013                   2014     2015     2016

TOTAL               63.746          68.828                71.919                75.577    79.672   80.708

China              1.323           1.563                  1.735                 2.033     2.539    2.536

USA                4.662           4.855                  4.917                  5.161    5.600    5.734

Arabische          1.007           1.285                  1.544                 1.862     2.192    2.082
Golfstaaten

Australien,        732              807                   829                   845       883      881
Neuseeland
und Ozeanien

Russland           1.787           2.247                  2.595                 2.398     1.692    1.428

Japan              1.185           1.326                  1.308                 1.255     1.212    1.056

                                   Quelle: DESTATIS und Deutsche Zentrale für Tourismus
High-End-Segment Deutschland 21

die Individualität eines jeden Kunden durch personali-
sierte Eins-zu-Eins-Ansprache zu unterstreichen. Trotz
aller Individualität beim Produkt und in der Kommuni-
kation ist es dabei wichtig, Markenkern, -auftritt und
                                                                   Kunden fordern
-wiedererkennungswert sowie die unverwechselbare
Marktpositionierung unbedingt beizubehalten. F
                                                                 Erlebniswelten, die
                                                               rund um das High-End
                  Innovationen
               durch neue Anbieter                              Produkt geschaffen
Gleichzeitig entwickeln sich auch Produkte und Dienst-
leistungen selbst in rasantem Tempo weiter. Digitale
                                                                werden – online und
Komponenten und Features werden immer beliebter
und sind häufig ein wichtiges Kaufkriterium. Beispiele
                                                                    auch offline.
sind "smarte" Uhren, innovative Küchensysteme, ver-
netzte Yachten, digitale Hotelzimmerschlüssel, selbst-       13% – aus Schwellenländern. Damit werden neben den
spielende Klaviere – und bald auch selbstfahrende Au-        bisherigen Zielländern neue Märkte wichtig: Beispiels-
tos. Anbieter der innovativen Lösungen schaffen              weise wächst laut Prognosen in China nicht nur die An-
Erlebniswelten und neue Services, geben aber auch Ant-       zahl der Millionäre, sondern auch die Mittelschicht und
worten auf veränderte Erwartungen und Konsummuster           steigert in der Folge die Umsätze in der Einstiegsklasse
von Kunden, die die Einzigartigkeit und das Profil einer     des High-End-Segments. Zukünftig wird der Fokus also
Marke durchgängig über die Customer Journey erleben          noch stärker auf Kunden aus dem asiatischen Raum lie-
wollen. Ein Beispiel dafür findet man im Bereich Privat-     gen als dies bereits heute der Fall ist.
jet-Flüge, in dem High-End-Dienstleistung längst weit            Zusätzlich fungiert der weiterhin steigende internati-
über den eigentlichen Flug hinausgeht: Das exklusive         onale Tourismus als Wachstumstreiber, denn Deutsch-
"End-to-End"-Reiseerlebnis reicht von der Abholung mit       land ist ein beliebtes Reiseziel internationaler Touristen:
der Limousine über die Fahrt ins Hotel bis hin zum di-       2016 lag die Zahl der Übernachtungen ausländischer Gäs-
gitalen Newsletter über Events am Ferienort.                 te in Deutschland bei knapp 81 Millionen (+27% seit
                                                             2011). Für die deutsche High-End-Industrie sind Besuche
            Wachsender Wohlstand                             internationaler Kunden eine hervorragende Gelegenheit,
            erschließt neue Märkte                           diesen ein besonderes Markenerlebnis zu bieten. Die
                                                             Handwerks- und Ingenieurskunst von High-End-Produk-
Aktuell ist das weltweite Vermögen stark konzentriert: In    ten "Made in Germany" direkt in ihrem Herkunftsland zu
der Rangfolge der Länder mit den meisten Millionären         erleben, wirkt sich stark auf die Markenwahrnehmung
liegt Deutschland mit 1,6 Millionen auf Platz 4 – nach den   und Markentreue der internationalen Klientel aus: Die
USA (13,6 Millionen), Japan (2,8 Millionen) und Großbri-     Produktionshalle von Porsche besichtigen, den neuen
tannien (2,2 Millionen). Allerdings befindet sich dies im    7er-BMW auf einer deutschen Autobahn fahren, der Uh-
Umbruch: Noch im Jahr 2000 lebten 96% der 12,9 Millio-       renmanufaktur von A. Lange und Söhne einen Besuch
nen Millionäre in den wohlhabenden Volkswirtschaften.        abstatten – all das ist für High-End-Kunden häufig ein
Von den 20 Millionen Personen, die seitdem hinzuge-          wichtiger Teil des Produkterlebnisses, das die persönliche
kommen sind, stammen jedoch 2,6 Millionen – also rund        Erfahrung und emotionale Bindung zur Marke stärkt.
22 Roland Berger BRANCHENMONITOR

       Abgrenzung des
     High-End-Segments
                                (nach Sektoren)
        > Automobil:                       > Interieur:              > Wein, Champagner,
       durchschnittlicher            Preislagen deutlich über            Spirituosen:
  Listenpreis pro Modell über          Mittel­preismarken,         Handelspreislagen bei Wein
         80.000 Euro                 selektiver Vertrieb über         und Spirituosen über
               ––                        den Fachhandel            Marktdurchschnitt, Herkunft
  > Mode und Accessoires:                       ––                      bei Champagner
      hoher Modegrad,                  > Audio und Video:                      ––
 Schwerpunkt­preislagen pro        TV-Geräte in Preislagen über        > First-Class- und
   Warengruppe deutlich              1.500 Euro, Fotokameras            Privatjet-Flüge:
 über Mainstream-Marken,            in höchsten Preislagen und
  selektive Vertriebskanäle                                       Buchungsklasse bei First Class,
                                      Vertrieb über den Fach-           Nutzung von Jets
             ––                       handel, Hi-Fi-Geräte der
   > Uhren und Schmuck:                                            und Turbo-Props bei Private
                                     Spitzenklasse im Vertrieb
                                                                            Aviation
     Uhren in Preislagen                über den Fachhandel
                                                                              ––
    über 2.500 Euro, Echt-                       ––
                                                                        > Schreibgeräte:
    schmuck in Preis­lagen                 > Yachten:
       über 1.500 Euro                                               Preislagen über 100 Euro
                                    hochwertige Motor- und
              ––                                                                ––
                                       Segelyachten über
  > Kosmetik und Parfüm:                                                 > Restaurants:
                                   24 Meter Länge, die nicht in
      Marken im hohen                                                 Auszeichnung mit min-
                                    Serie produziert werden
 Preissegment mit selektiver                                         destens einem Stern des
                                              ––
         Distribution                                                    Guide Michelin
                                          > Hotellerie:
              ––                                                                ––
                                        Auszeichnung mit
           > Kunst:                                                   > Musikinstrumente:
                                          fünf Sternen
    Originalkunstwerke im                                           handwerklich hergestellte
   Vertrieb über exklusive                                              Musikinstrumente
 Galerien und Auktionshäuser                                         der obersten Güteklasse
High-End-Segment Deutschland 23

  Methodik des
Branchenmonitors
D              ie Gesamtleistung des deutschen High-End-Segments addiert sich aus den
               Volumina der einzelnen Sektoren in Deutschland (in Konsumentenprei-
               sen) und den Exporten der relevanten deutschen Unternehmen (in Abga-
               bepreisen). Die Beschäftigtenzahlen umfassen sowohl die Mitarbeiter der
Industrieunternehmen an deutschen Standorten als auch jene in den relevanten Han-
delskanälen in Deutschland. Indirekte Beschäftigungseffekte (z.B. in industriellen Vor-
stufen) lassen sich nur schwer dem High-End-Segment zurechnen und wurden daher
nicht berücksichtigt.
        Die Inhalte dieses Reports wurden aus verschiedenen Quellen aggregiert. Die Basis
für den Konsumentenmarkt bildet die Marktstudie "2011 – Der deutsche Luxusmarkt
wächst rasant", die Roland Berger für den MEISTERKREIS erstellt und im März 2012
veröffentlicht hat. Für diesen Report wurden weitere Sektoren ergänzt und Definitionen
erweitert. Um das Marktvolumen und den Export zu bestimmen, wurden Daten relevan-
ter Unternehmen analysiert und durch Management-Interviews sowie Informationen aus
bestehenden Marktstudien unabhängiger Institute und von Industrieverbänden ergänzt.
Die Beschäftigtenzahlen pro Segment wurden aus Unternehmensinformationen, Statis-
tiken der Bundesanstalt für Arbeit und des Statistischen Bundesamts sowie der relevan-
ten Branchenverbände aggregiert bzw. hochgerechnet. Resultierende Entwicklungen
wurden mit den Ergebnissen des MEISTERKREIS-Indexes aus dem Juli 2016 abgeglichen,
der als Stimmungsbarometer 120 Topmanager und Inhaber von High-End-Unternehmen
zur aktuellen Situation und Zukunftserwartung befragt hatte.
        Die Treiber der jeweiligen Entwicklungen sowie der Ausblick auf zukünftige
Erfolgsfaktoren wurden durch Geschäfts- und Branchenberichte erhoben und durch
Expertenbefragungen und Managementinterviews validiert.
24 Roland Berger BRANCHENMONITOR

                     Die
                 Ergebnisse
                    nach
                  Sektoren

        14 verschiedene
        Sektoren bilden
      zu­sammen das High-
          End-Segment
2
Automobil bleibt mit Abstand der größte
    Sektor der High-End-Industrie.
High-End-Segment Deutschland 27

 Automobil
E-Mobilität wird immer
     wichtiger
    Digitalisierung
 und vernetzte Service­-
 angebote nehmen zu
 Vertrieb verlagert sich
zurück in die Innenstädte
28 Roland Berger BRANCHENMONITOR

M             it einer Gesamtleistung von 45 Mrd. Euro
              ist der Automobilsektor mit weitem Ab-
              stand der größte Sektor des deutschen
                                                                                   steller (BMW 5er, BMW 5er GT, Mercedes E-Klasse, Audi
                                                                                   A6 sowie die Geländewagen BMW X5, Mercedes GLS
                                                                                   Coupé und Audi Q7). Diese Modelle werden insbesondere
              High-End-Segments. Knapp 8 Mrd. Euro                                 wegen ihrer Beliebtheit als Firmenwagen und aufgrund
              investierten Kunden in Deutschland, hin-                             des niedrigeren Einstiegspreises in wesentlich höheren
zu kommen rund 37 Mrd. Euro internationale Umsät­ze                                Volumina verkauft als die High-End-Modelle. Die deut-
der deutschen Hersteller. Im Vergleich zum Vorjahr ist der                         schen Hersteller erzielten mit diesen Modellen einen Ge-
Sektor damit um 8% gewachsen. Nicht berücksichtigt ist                             samtumsatz von mehr als 60 Mrd. Euro.
dabei die obere Mittelklasse der deutschen Premiumher-                                 High-End-Fahrzeuge made in Germany sind auf der
                                                                                   ganzen Welt gefragt. So konnten die deutschen Hersteller
                                                                                   trotz eines teilweise schwierigen Marktumfelds herausra-
            Umsatz und Mitarbeiter                                                 gende Ergebnisse erzielen. Bei den Limousinen der Ober-
         im High-End-Sektor Automobil                                              klasse (Audi A8, BMW 7er, Mercedes-Benz S-Klasse) und
                                                                                   auch im Sportwagensegment (Porsche 911) belegen deut-
                                                                                   sche Hersteller traditionell internationale Spitzenplätze.
                                36,6                    44,6                       Die Exportraten dieser Modelle liegen häufig um 90%.
   Umsatzent­-                                                                     Hinsichtlich der Entwicklung des Exports werden in den
 wicklung, gesamt
                                                                                   wichtigen internationalen Märkten zukünftig neben loka-
       8%
                                                                                   len Kundenansprüchen an High-End-Fahrzeuge auch ge-
                                                                     in Mrd. EUR

                                                                                   setzliche Vorgaben – wie beispielweise die geplante Elek-
           8                                                                       troquote in China ab 2018 – ein wichtiger Faktor sein.
                                                                                       Ein wichtiger Wettbewerbsvorteil der heimischen Au-
                                                                                   tobauer im internationalen Vergleich ist die Vielzahl
                                                                                   hervorragend ausgebildeter Maschinenbauer und Inge-
    Umsatz DE    Internationaler                      Gesamt-
                                                                                   nieure. Um diesen Vorteil auch langfristig zu erhalten,
   Inlandsmarkt Umsatz deutscher                      leistung
                 Unternehmen1                                                      investieren Porsche, Audi, BMW und Mercedes Jahr für
                                                                                   Jahr in die Ausbildung talentierter Nachwuchskräfte.
                                                                                       Wichtige Faktoren für den nachhaltigen Erfolg des

                                                                                                                                                Quelle: KBA, IHS, Unternehmensinformationen, Roland Berger
                                                                                   Automobilsektors sind neben der langen Tradition, dem
                                                                                   prestigeträchtigen Image und der Ingenieurskunst auch
   0,4
  Handel                                                                           die konsequente Erschließung von Innovationsfeldern
                                                         Entwicklung

                          38,7
                                                                                   sowie die fortlaufende Entwicklung neuer Modellreihen.
                                                           Gesamt                  So präsentierten die deutschen Hersteller dem autobe-
  38,3                                                       6%                    geisterten Publikum im High-End-Segment seit 2014
 Industrie                                                                         zahlreiche neue Modelle (Audi Q7 Plug-in-Hybrid, Audi
                                                                                   R8 Spyder, BMW G11 – G12 ­Baureihe des 7er, BMW i8,
                                                                                   Mercedes Maybach S400 [China, Russland], Mercedes S-
                                                                                   Klasse Coupé C217, Mercedes Maybach S600 Pullmann.
                   DE Beschäftigte – in Tsd.                                       Hinsichtlich Marktbearbeitung und Ausrichtung der
                                                                                   Produktpalette wird die Entwicklung der Vermögens-
                                                                                   strukturen für die deutschen High-End-Hersteller ein
       1 Ohne die ausländischen Töchter der deutschen Konzerne wie
                   Lamborghini, Bentley oder Rolls-Royce
High-End-Segment Deutschland 29

wichtiger Treiber sein. Insbesondere die regionalen         zeugen zwei übergeordnete Handlungsfelder: Zum einen
Verschiebungen bei den High Net Worth Individuals           gilt es, die Pro­zesse entlang der bestehenden Wertschöp-
(HNWI) und Ultra-High Net Worth Individuals (UHNWI)         fungskette zu optimieren und weiterzuentwickeln, zum
bieten großes Potenzial für weiteres Wachstum: Künf-        anderen müssen sie neue Geschäftsmodelle auf Basis
tig werden immer mehr Kunden aus dem asia­tischen           digitaler Technologien erschließen. Letzteres kann vom
Raum stammen.                                               Ausbau des bestehenden Dienstleistungsangebots bis hin
                                                            zu Themen wie autonomes Fahren reichen.
         E-Mobilität immer wichtiger:                           Entlang der bestehenden Wertschöpfungskette liegen
                Beispiel Tesla                              Potenziale in der Digitalisierung des Kundenerlebnisses
                                                            ebenso wie in der Digitalisierung der Unternehmenspro­
Neben den deutschen Herstellern machte in den letzten       zesse. Ersteres bedeutet, digitale Technologien in Marke­
Jahren insbesondere der kalifornische Newcomer Tesla        ting, Vertrieb und After Sales zu integrieren. In diesem
auf dem deutschen Markt auf sich aufmerksam. Mit rund       Bereich steigen die Kundenerwartungen kontinuierlich:
1.800 Neuzulassungen im Jahr 2016 (2015: ca. 1.600)         Gefragt ist nicht nur eine stetig wachsende Vielfalt an Mo-
konnte er die Zahl der verkauften Fahrzeuge in Deutsch-     dellen, sondern auch die Möglichkeit, diese möglichst
land nochmals steigern und erzielte einen Umsatz von        genau auf die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben zu kon-
rund 200 Mio. Euro. Das Modell S verzeichnete 1.300 Neu-    figurieren – und ein spezielles Marken- und Produkter­
zulassungen von Januar bis November 2016; zusätzlich        lebnis entlang der gesamten Customer Journey.
führte Tesla das Modell X ein. Neben den Fahrzeugen
selbst, die durch Design und Batterieleistung überzeu-             Virtual-Reality-Konfigurator und
gen, bestechen auch die radikalen Neuerungen im Ver-                     virtuelle Showrooms
trieb: Tesla verzichtet komplett auf große, ungünstig ge-
legene Autohäuser und setzt stattdessen auf kleine          Mit der "Audi VR experience" führt Audi ein hoch ent­
Showrooms in attraktiven Innenstadtlagen. Eine solche       wickeltes VR-System ein, um Kunden im Verlauf der
Strategie ist für die deutschen Konkurrenten – schon auf-   Kaufentscheidung ein besonderes virtuelles Erlebnis zu
grund der stattlich gewachsenen Modellpalette – deutlich    bieten: Verkaufsberater können jedes Modell frei konfi­
schwerer umzu­setzen. Mit Konzepten wie "Mercedes me"       gurieren, während der Kunde es zeitgleich mit einer
oder "Audi City" versuchen die deutschen Premiumher-        Virtual-Reality-Brille inklusive aller Details virtuell erle-
steller aber ebenfalls in Innenstädte vorzudringen.         ben kann. Er kann es in unterschiedlichsten Umgebun-
                                                            gen begutachten oder den technischen Aufbau bestimm-
      Trends und Zukunftstechnologien                       ter Fahrzeugteile virtuell erkunden.
               fordern Taten                                    BMW plant, Fahrzeuge künftig per Augmented Rea-
                                                            lity zum Händler zu bringen, und folgt damit dem Trend,
Ein wichtiges Kernthema für die Hersteller von High-­End-   computeranimierte Visualisierungen in die reale Umge-
Automobilen ist der digitale Wandel, der die Automobil-     bung einzubetten. Die auf der Google-Tango-Plattform
industrie bereits heute tiefgreifend verändert. Ziel der    entwickelte "BMW i Visualizer"-App ist für die Elektro-
deutschen Hersteller von High-End-Fahrzeugen ist es, die    modelle i3 und i8 bereits verfügbar. Die deutschen Pre-
Mobilität von morgen aktiv zu gestalten: Dafür wollen sie   miumhersteller reagieren damit auf die sich derzeit
Trends und Zukunftstechnologien mit den Kundenbe-           stark wandelnden Abläufe im Autohandel und sorgen
dürfnissen verbinden. Rund um die digitale Transforma-      für Produkterlebnisse, die traditionelle Autohäuser
tion ergeben sich für die Hersteller von High-End-Fahr-     nicht bieten.
30 Roland Berger BRANCHENMONITOR

   Übersicht High-End-Automobilsektor                                                          Deutsche Hersteller
                                                                                               Andere

  Basispreis
['000 EUR]         Koenigsegg Agera                                             HYPER SPORT
                     (Bugatti Chiron)
                      Aston-Martin One-77
                      Koenigsegg Regera
                     Bugatti Veyron
   1.000                Lamborghini Reventon
                            918 Spyder
                  La       Maserati MC 12
     500        Ferrari
                           McLaren Mercedes SLR
                  Lambo.          Lexus LFA
               Aventador
     300             SUPER SPORT                              HIGH PERFORMANCE                            SPORT
                                                                                                         TOURER
                               Ferrari 488                                              Vanquish           SL 65 AMG
                                                              Ferrari F12
     200        Lamborghini
                  Huracán                                                                                Ferrari FF
                        V12 Vantage                                                                   DB9
                                                       Audi R8 5.2                GranCabrio
      150        911 Turbo / GT3 RS                                             Grantourismo               SL 63 AMG

                                      i8                            CLASSIC SPORT                     CLASSIC TOURER
                Lamborghini
                  Gallardo                                                              V8 Vantage             MB SL
      100                                              Audi R8 4.2
                                                                                                         BMW M6
                                                                                        911
                                                             F-Type                                          Jaguar XKR
                                                                                        Cayman GT4    BMW 6er
        75

                    Dynamic Sport                                             Sport
                                                                                   2 Türen

                                           Quelle: Firmeninformationen; Roland Berger
High-End-Segment Deutschland 31

                 HYPER            HYPER SALOON                       HYPER SUV
               4-DR COUPÉ

LUXURY
TOURER

                                  LUXURY SALOON
           RR Phantom
           DH / Coupé
                                            RR Phantom
               4- DR COUPE      Bentley Mulsanne                   LUXURY SUV
 Bentley
Brooklands
                                     RR Ghost                                   (RR SUV)

Bentley CGT                               S 65 AMG           (Bentley Falcon)
Supersport                         Bentley Flying Spur
                 Rapide
 Bentley
  CGT                          PERFORMANCE SALOON             PERFORMANCE SUV
                                           MB S600L
                                MB Maybach
              Panamera Turbo    S-Class     BMW 760Li     Q7 V12            Range Rover

                                Tesla S   S 63 AMG
          Quattroporte                                                 Cayenne Turbo S
                                E 63 AMG        MB S-class     X5M
       CLS AMG     Audi RS7                     + Coupè                     X6M
                                 Audi RS 6                                           G-Klasse
Maserati GT        Audi S7
                                BMW M5             BMW 7er    M 63 AMG
              Panamera                                                        RR Sport SC
                                Audi A8                                 Cayenne
                                             Ghibli          Levante

Touring                                   Saloon                        SUV
                                                   4 Türen
32 Roland Berger BRANCHENMONITOR

                                                               ver Onlinedienste buchen zu können: So kann sich der
                                                               Fahrer über die "BMW Connected App" Facebook-Status-
    Trotz eines teilweise                                      updates vorlesen lassen oder über den Concierge-Service
                                                               einen persönlichen Assistenten nut­zen, der Hotelzimmer
    schwierigen Markt­                                         bucht, Informationen zum nächs­ten Flug gibt oder die
                                                               nächste Notdienstapotheke fin­det.
     umfelds haben die                                             Getrieben von Elektromobilität und Digitalisierung
                                                               steht die Automobilindustrie in den kommenden Jahren
    deutschen Hersteller                                       vor großen Veränderungen. Gespannt beobach­ten die
                                                               traditionellen Hersteller auch die Aktivitäten möglicher
   herausragende Ergeb-                                        neuer Marktteilnehmer wie Apple, Google oder neuer
                                                               chinesischer Premiummarken, insbesondere im Bereich
        nisse erzielt.                                         des autonomen Fahrens. Zudem wird die fortschreiten-
                                                               de Entwicklung von Mobilität als Dienst­leistung für die
                                                               High-End-Hersteller die Frage aufwerfen, wie ihre Servi-
                                                               ces künftig aussehen – und welche Rolle das Fahrzeug
     Digitalisierung des gesamten Unter­                       an sich dabei noch spielt.
         nehmens – Beispiel Daimler                                Unabhängig von der Vielzahl an Zukunftsthemen
                                                               sind für Liebhaber und Käufer von High-End-Fahrzeu-
Die Daimler Smart Factory vernetzt Produkte, Maschi­nen        gen die Ingenieurskunst und die Begeisterung für über-
und die gesamte Umgebung miteinander und mit dem               ragende Fahreigenschaften und Fahrkomfort elementar.
Internet. Mittels der Integration der realen in eine funkti-   Die besondere Tradition, die ein High-End-Fahrzeug
onale, digitale Welt erzeugt sie einen "digitalen Zwilling":   made in Germany ausstrahlt, und das Qualitätsverspre-
Dieser bietet die Möglichkeit, Prozesse, Systeme und gan-      chen höchster Handwerks- und Ingenieurskunst sind
ze Fabrikhallen in Echtzeit abzubilden. So lassen sich die     die zentralen, bedeutenden und unverwechselbaren Er-
Komplexität moderner Automobile und deren Ferti-               kennungsmerkmale dieses Sektors.
gungsprozess kontrollieren und stetig verbessern – und             Die anspruchsvollen Kunden werden künftig zuneh-
damit weit vor Serienfertigung deren Machbarkeit testen.       mend die Kombination von Automobil-Know-how, inno-
Neben der Optimierung bestehender Prozesse bietet die          vativen Technologien und digitaler Exzellenz sowie be-
Digitalisierung auch die Möglichkeit, neue Geschäftsfel-       sonderem Service erwarten. Um diese Zielgruppe auch
der zu erschließen, etwa neue Mobilitätsdienstleistungen       weiterhin zu begeistern, gilt es daher, eine gesamte Er-
oder digitale Services für das vernetzte Fahren.               lebniswelt rund um die Fahrzeuge und die eigene Marke
                                                               zu erschaffen.
         Vernetzte Service-Angebote –
                Beispiel BMW
Mit dem BMW ConnectedDrive Store, einem umfangrei­
chen Onlinepaket von individuell nutzbaren Services und
Apps, lassen sich Informations- und Entertainment-Ange-
bote jederzeit direkt im Fahrzeug abrufen. Zudem ist Con-
nectedDrive die Basis, um eine Vielzahl weiterer exklusi-
High-End-Segment Deutschland 33

 Für das Erleben des Innen-
   raums werden künftig
verstärkt Augmented Reality-
   Angebote nutzbar sein.
Der Sektor Mode und Accessoires wird von internationalen Marken dominiert.
High-End-Segment Deutschland 35

 Mode und
Accessoires
    Begeisterung schaffen:
    Shoppen als Erlebnis –
      auch für Touristen
Wichtige Trends: Casualisierung,
    Athleisure und Fashion-
Tech – Grenzen verschwimmen
          zunehmend
Communitys als Imagefaktor –
Dem Produkt einen Sinn geben
36 Roland Berger BRANCHENMONITOR

        Umsatz und Mitarbeiter im                                    zurückgingen. 16.000 Menschen sind in diesem Sek-
                                                                     tor beschäftigt, davon rund 11.000 im Handel und etwa
   High-End-Sektor Mode & Accessoires
                                                                     5.000 in der Produktion. Wie die internationalen Märkte
                                                                     wird auch der heimische Markt von den führenden Top-
                                              5,8                    Labels aus Frankreich und Italien dominiert. Marken wie
   Umsatzent-                                                        Hermès, Dior oder Louis Vuitton haben in den letzten
 wicklung, gesamt                                                    Jahren teils kräftige Umsatzzuwächse verzeichnet und
       0,6%
                          3,0
                                                                     sind wichtige Treiber für den Handel mit High-End-
                                                                     Designermode und -Accessoires in Deutschland.
                                                       in Mrd. EUR

                                                                         Ein Indikator für diese Entwicklung ist die zuneh-
          2,8                                                        mende Anzahl an Flagship-Stores und Mono-Label-Bou-
                                                                     tiquen der internationalen Größen. Eine der prominen-
                                                                     testen Neueröffnungen der letzten Jahre: In der Kö 30 in
    Umsatz DE    Internationaler            Gesamt-                  Düsseldorf, direkt gegenüber von Hermès und Tür an Tür
   Inlandsmarkt Umsatz deutscher            leistung                 mit Chanel, eröffnete Dior eine 1.100 Quadratmeter gro-
                  Unternehmen
                                                                     ße Boutique, die den Kunden durch edle Einrichtung
                                                                     und aufwendige Architektur eine besonders exklusive
                                                                     Shopping-Atmosphäre bietet. Dabei übernahm Dior die

                                                                                                                                  Quelle: Euromonitor, Bundesverbandes des deutschen Textilhandels, Unternehmensangaben, Roland Berger
                                                                     Räumlichkeiten des Traditionshauses Eickhoff. Dieses
   4,8                                                               Beispiel zeigt, dass die zunehmende Zahl an Mono-Label-
 Industrie                                                           Stores zu einer großen Konkurrenz für Boutiquen und
                                              Entwicklung

   11,0
  Handel
                     15,8                       Gesamt
                                                  7%
                                                                     den stationären Einzelhandel wird: Klassische Formate
                                                                     geraten zunehmend unter Druck. Aufgrund dieses Drucks
                                                                     durch Mono-Label-Stores passen viele Boutiquen ihr Mar-
                                                                     kenportfolio an, da der direkte Wettstreit mit High-End-
                                                                     Mono-Label-Stores schwer zu gewinnen ist. Eine Möglich-
                                                                     keit, die von Kunden gewünschte Kombination aus
                                                                     Marken und Erlebnis zu bieten, ist hierbei die Auswei-
                DE Beschäftigte – in Tsd.
                                                                     tung des Sortiments auf bisherige Nischenmarken.

                                                                         Begeisterung schaffen: Shoppen als
                                                                            Erlebnis – auch für Touristen

D             er deutsche High-End-Sektor Mode und
              Accessoires erwirtschaftete 2016 eine Ge­
              samtleistung von 6 Mrd. Euro, fast die
                                                                     Flagship-Stores der großen Modemarken sind regelrech-
                                                                     te Ereignis- und Erlebnisorte, die ihre zahlungskräftigen
                                                                     Kunden in jeder Hinsicht begeistern wollen. Diese Form
              Hälfte davon mit Konsumenten aus dem                   der selektiven Distribution ist auch ein wichtiger Faktor,
heimischen Absatzmarkt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg               um das Profil einer Marke zu stärken. Ein erfolg­reiches
die Gesamtleistung um knapp 1%: Die Umsätze in                       Konzept, das den wachsenden Kundenwunsch nach ei-
Deutschland legten um ca. 5% zu, während die internati-              nem Shopping-Erlebnis bedient, ist die "See Now, Buy
onalen Umsätze der deutschen Hersteller um rund 4%                   Now"-Kollektion von Burberry, bei der Kunden direkt
High-End-Segment Deutschland 37

vom Laufsteg kaufen. Generell wünschen die Konsu-          lich. Kleinere Mono-Label-Stores nutzen verstärkt das
menten von exklusiven Labels eine besondere Atmo-          Thema Online, um auf nicht im Store direkt verfügbare
sphäre in Stores, um einen Anreiz zu haben, die Lieb-      Sortimentsinhalte zuzugreifen.
lings-Designerstücke nicht einfach online zu bestellen.        In schillernder Aufmachung und in exklusiver Lage
Bei der Gestaltung von Flächen, egal ob Flagship-Stores    – etwa in der Maximilianstraße in München, am Kur-
und Boutiquen zu ech­ten Erlebnisorten integrieren er-     fürstendamm in Berlin oder auf der Königsallee in Düs-
folgreiche Konzepte zunehmend digitale Features wie        seldorf – profitieren Flagship-Stores in den letzten Jah-
smarte Umkleidekabi­nen, Tablets oder digitale Moden-      ren auch von den zahlungskräftigen Touristen, die
schauen. Es sollen Orte der Überraschung und Sinnlich-     Deutschland zunehmend als Reise- und Shopping-Ziel
keit geschaffen werden, die zum Verweilen einladen.        für sich entdecken. Die bedeutendsten Herkunftsländer
Neben dem reinen Store-Konzept wird es zudem immer         sind China, Russland, die Schweiz, die arabischen
wichtiger, den Kunden kanalübergreifend anzuspre-          Golfstaa­ten und die USA. Von 2011 bis 2016 hat die Zahl
chen: Es gilt, dessen Bedürfnisse zu kennen und seine      der Übernachtungen internationaler Touristen um rund
Erwartungen durchgängig zu übertreffen – vom Produkt       27% zugenommen. Waren arabische Touristen in der
über die Beratung und Atmosphäre am Point of Sale bis      Vergangenheit hauptsächlich auf München fokussiert,
zum After Sales.                                           haben in den letzten drei Jahren auch verstärkt Ham-
    Für Händler und Marken steckt hier insbesondere in     burg und Düsseldorf das Interesse dieser Touristengrup-
der Verbindung von digitalen Features und Kunden­          pe geweckt. Während die Mono-Label-Stores aufgrund
ansprache Potenzial. Sind zum Beispiel Digital Mirrors     der multinationalen Ausrichtung nahezu immer erste
direkt mit dem Kundenprofil verknüpft, können die Mit­     Anlaufstelle für Touristen auf der Suche nach High-End-
arbeiter am Point of Sale diese Informationen direkt für   Mode und exklusiven Accessoires sind, profitieren
die Ansprache der anspruchsvollen Kunden nutzen und        kleinere Boutiquen deutlich weniger von diesen interna-
der Beratung so ein hohes Maß an Individualität verlei-    tionalen Kunden – Boutiquen sind hauptsächlich auf
hen. Neben dem Vorhandensein der Daten ist hierfür         lokale Kunden fokussiert.
hervorragend ausgebildetes Personal im Store erforder-
                                                                       Hohe Qualität – doch die
                                                                          Strahlkraft sinkt
                                                           Im Vergleich zu den internationalen tun sich deutsche
                                                           Modelabels häufig schwer. Sie zeichnen sich zwar nach
   Für Kunden von High-                                    wie vor durch hohe Qualität aus – da den Marken aber
                                                           oft der Wiedererkennungswert fehlt, ist es für sie eine
  End-Mode­­labels ist die                                 Herausforderung, sich neben den glamourösen interna-
                                                           tionalen Marken zu behaupten. Einen Mantel der aktu-
  Onlinekommunikation                                      ellen Kollektion von Burberry oder eine Tasche von Luis
                                                           Vuitton erkennt die modeaffine Zielgruppe hingegen auf
     bereits heute ein                                     den ersten Blick.
                                                                Während die traditionsreichen deutschen Labels
  zen­trales Element des                                   ­Escada, Laurel und Bogner an Status verloren haben und
                                                            sich zurzeit neu erfinden müssen, gibt es durchaus deut-
     Markenimages.                                          sche Modemarken, die sehr erfolgreich sind: Kleine-
38 Roland Berger BRANCHENMONITOR

                                                                Auf dem Weg zu einem
                                                                 glamourösen Image:
                                                                Deutsche Hersteller von
                                                                   High-End-Mode.

re Marken wie Schumacher oder Iris von Arnim sowie
aufstrebende junge Labels wie Lala Berlin oder Talbot
Runhof behaupten sich erfolgreich neben den großen
Labels und erzielten 2016 allesamt zweistellige Wachs-
tumsraten. Talbot Runhof hat nach dem großen Erfolg
seines ersten Flagship-Stores in München im September
2016 ein Geschäft in Düsseldorf eröffnet. Wichtige Er-
folgsfaktoren dieser Labels sind die hohe Präsenz der
Designer und die gezielte Ausrichtung auf das lokale
Pub­likum sowie die hohe Verbindlichkeit bei Lieferter-
minen – hier können internationale Labels oft nicht mit-
halten. Der Einfluss dieser kleinen Unternehmen auf
den Gesamtmarkt ist alles in allem jedoch verhältnis-
mäßig gering.

              Wichtige Trends:
        Casualisierung, Athleisure und
           Fashion-Tech – Grenzen
         verschwimmen zunehmend

Casualisierung und Athleisure sind wichtige Trends, die
sich in vielen Kollektionen wiederfinden. Diese Mo­
dernisierung geht zunehmend zulasten der klassischen
Kollektionen. Künftig werden High-End-Labels in De-
signs und Kollektionen verstärkt die Grenzen zur Street-
wear überschreiten – dabei kommt es darauf an, dem
Markenkern des Labels treu zu bleiben. Ein weiterer
wichtiger Trend ist Fashion-Tech: Für High-End-Labels
wird es immer wichtiger, Designs mit innovativen Funk-     von der fortschreitenden Digitalisierung beeinflusst.­
tionen zu ergänzen. Ob geklebte Nähte, neue Stoffe oder    Für jeden dritten Kunden von High-End-Modelabels ist
transparente Materialen ist dabei für Kunden nicht aus­    bereits heute die Onlinekommunikation ein wichtiges
schlaggebend – solange die Kollektionen Einzigartigkeit    Element des Markenimages. Essentieller Bezugspunkt
ausstrahlen. Das Verlangen nach Einzigartigkeit zeigt      der Onlinekommunikation ist die Webseite einer Mar­-
sich auch in dem wachsenden Wunsch nach Individuali­       ke, aber auch Marken-Communitys und Social-Media-­
sierung. Hierbei nutzen traditionsreiche Unternehmen       Aktivitäten gewinnen an Bedeutung. Als Recherche­
verstärkt Veredlung vor Ort. Mit der Neueröffnung von      quelle für den Kauf von High-End-Mode ist der On­-
Louis Vuitton in Stuttgart wurde zum Beispiel eine Prä-    lineshop einer Marke mittlerweile für Kunden ähnlich
gemaschine für Kunden sichtbar aufgebaut.                  relevant wie Stores und Boutiquen. Dabei ist das Inter-
    Noch stärker als in anderen Sektoren sind Wahrneh-     net nicht nur Kommunikations- und Rechercheplatt-
mung und Image von High-End-Modelabels zunehmend           form, sondern auch ein wichtiger Verkaufskanal. Für
High-End-Segment Deutschland 39

Modelabels ist es somit elementar, die anspruchsvolle
Kundschaft sowohl offline als auch online zu bedie­nen
und zu begeistern. Für High-End-Marken wird digitale
Exzellenz zukünftig genauso selbstverständlich sein
                                                                  Die Nutzung von
müssen wie die exzellente Qualität der Produkte. Im
Zuge dieser Entwicklung hat sich Mytheresa zu einem
                                                                  Communitys zur
der weltweit führenden Online-Stores für Damen-Luxus­
mode entwickelt und steht für die gekonnte Verknüp-
                                                               Kundenpflege bietet
fung von High-End-Mode und E-Commerce.                        High-End-Modemarken
                Marken stärken,                                erhebliches Potenzial
               neue Kanäle nutzen
Damit dies gelingt, ohne dabei die bewusst selektive
                                                                zur Differenzierung.
Markenpräsenz zu verwässern, müssen die Modemar-
ken Offline- und Onlineaktivitäten präzise abstimmen
und auf ihre Marke zuschneiden. Für High-End-Modela-         sentlicher Treiber ist beispielsweise das Empfehlungs-
bels bietet diese Entwicklung die Chance, ihre Marke zu      management durch die Community. Die große Heraus-
stärken und zusätzliche Absatzpotenziale zu erschlie-        ­forderung ist die Verknüpfung von Onlinepräsenz – On-
ßen. Ein Beispiel hierfür ist die von LVMH etablierte         lineshop, Produktpräsentation, Markenerlebnis – mit
Multi-­Label-Plattform "24 Sèvres": Sie soll anspruchsvol-    zur Marke passenden Communitys. Die reine Techno­
le Kunden durch die Verknüpfung von moderner Tech-            logie wird in einer Welt der digitalen Verknüpfung lang-
nik, schneller Lieferung, Stilberatung und ästhetischem       fristig lediglich Grundvoraussetzung sein und kein Un-
Auftritt überzeugen. Ziel ist es auch, den Kunden durch       terscheidungsmerkmal.
die nahtlose Verknüpfung von Offline- und Onlinekanä-             Wenn deutsche Hersteller von High-End-Mode und
len und mittels effizienter Prozesse ein möglichst hohes      -Accessoires ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern wollen,
Maß an Convenience zu bieten – exklusives Shopping,           müssen sie die Herausforderung annehmen, ein ver­
egal wo, egal wann, egal wie.                                 gleichbar glamouröses Image zu erreichen wie die Kon­
                                                              kurrenz aus Italien und Frankreich. Zudem gilt es zu
        Communitys als Imagefaktor –                          entscheiden, welcher Vertikalisierungsgrad den größten
        Dem Produkt einen Sinn geben                          Erfolg verspricht, die richtigen Maßnahmen zum zuneh-
                                                              menden E-Commerce-Geschäft zu finden sowie innova-
Ein bedeutender Trend, der sich aus der Digitalisierung       tive Technologien (z.B. künstliche Intelligenz und kog-
ergibt, ist die Möglichkeit, Communitys zu schaffen:          nitive Produktentwicklung) gezielt in die Produkt­-
Menschen mit gleichen Interessen zusammenzubringen            entwicklung einzubinden.
und Produkte und Trends gemeinsam erleben zu lassen.
So erhalten Produkte einen tieferen Sinn, und Marken
werden emotional aufgeladen. Die Verbindung von
Community mit Mechaniken der Kundenpflege bietet
High-End-Modemarken erhebliches Potenzial zur Stei-
gerung der Umsätze und zur Differenzierung. Ein we­
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