Die Auswirkungen des Unisex-Urteils auf die Unfallversicherung Oktober 2012
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Die Auswirkungen des Unisex-Urteils auf die Unfallversicherung Oktober 2012
INHALTSVERZEICHNIS Seite 1 Einleitung 3 2 Welcher Versicherungsbeginn entscheidend ist 3 3 Einzelne Änderungs-Geschäftsvorfälle ab dem 21.12.2012 4 3.1 Allgemeines 4 3.2 Umstellung auf neueste AVB 4 3.3 Einschluss neuer Leitungsarten in den Unfallversicherungsvertrag 4 3.4 Wechsel der Berufstätigkeit 5 3.5 Erhöhung der Versicherungssumme 6 3.6 Wechsel des Versicherungsnehmers 6 3.7 Wechsel des Versicherungsnehmers nach Tod des alten Versiche- 6 rungsnehmers 3.7.1 Verstorbener VN und neuer VN waren Ehepartner 6 3.7.2 Verstorbener VN und neuer VN waren keine Ehepartner 6 3.8 Einschluss einer neuen versicherten Person 6 Seite 2 von 6
1 Einleitung Am 01.03.2011 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein für die Versicherungswirtschaft weitreichendes Urteil gefällt, welches seine Wirkung ab dem 21.12.2012 entfaltet. Das Urteil sieht vor, dass ab dem 21.12.2012 das Geschlecht kein Tarifierungsmerkmal mehr sein darf. Das Urteil wirkt sich somit auch auf die Unfallversicherung aus, denn in dieser Sparte kennen wir ja die ge- schlechtsspezifische Tarifierung. So werden bislang noch alle erwachsenen weiblichen Personen unabhängig ihrer beruflichen Tätigkeit in die preiswertere Gefahrengruppe A eingruppiert. Bei Vertragsabschlüssen ab dem 21.12.2012 ist das nicht mehr möglich. Ab diesem Zeitpunkt darf nur noch die ausgeübte Berufstätigkeit der Maßstab für die Eingruppierung in die Gefahrengruppe A oder B sein. Die Definitionen der Gefahrengruppen für Erwachsene ändern sich ab dem 21.12.2012 deshalb und erhalten folgendes Aussehen: A: Alle Personen ohne körperliche Berufstätigkeit. B: Alle Personen mit körperlicher Berufstätigkeit, auch wenn nur gelegentlich. Auch bei der Gothaer Kinder-Rente (P.Bes.Bed. 89) kennen wir die geschlechtsspezifische Tarifierung, wes- halb wir ab dem 21.12.2012 für Mädchen und Jungen einen einheitlichen Beitragssatz haben werden. Zum 01.01.2013 werden wir unsere Tarife entsprechend ändern. Auch unsere Vertriebssysteme (Elan, Gauss, GoTas, Internetantrag) und die Bildschirmanwendungen 141/142 und 210/211 werden dann auf die neuen Gegebenheiten angepasst sein! Wichtig: Eine automatische Umstellung aller handwerklich-körperlich tätigen Frauen in Bestandsverträgen auf die Gefahrengruppe B ist mit dem EuGH-Urteil vom 01.03.2011 nicht verbunden. 2 Welcher Versicherungsbeginn entscheidend ist Ein Versicherungsvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Das Angebot auf Abschluss einer Versicherung geht nun in der Regel vom Antragsteller aus. Er bietet der Gothaer sein spezielles Risiko zur Versicherung an. Nimmt die Gothaer den Antrag an, so ist der Versicherungsvertrag formal geschlossen worden, weshalb man den Zeitpunkt der Antragsannahme auch als formellen Versicherungsbeginn bezeich- net. Entscheidend für den formellen Versicherungsbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem die Annahmeerklärung bzw. der Versicherungsschein in den Empfangsbereich des Antragstellers gelangt und die Möglichkeit der Kennt- nisnahme besteht, also ihm zugeht. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem 21.12.2012, 0:00 Uhr, so kann eine Frau, die handwerklich-körperlich tätig ist, noch in die Gefahrengruppe A eingruppiert werden, und das selbst dann, wenn der technische und der materielle Versicherungsbeginn auf oder nach dem 21.12.2012 liegen. Bei einer Postlaufzeit von 3 Tagen wäre Montag, der 17.12.2012, der letzte Tag, an dem der Versicherungs- schein bzw. die Antragsannahmeerklärung versandt werden dürfte, damit der Zugang in den Empfangsbe- reich des Antragstellers noch vor dem 21.12.2012 erfolgt! Dies gilt im Neu- und grundsätzlich auch im Änderungsgeschäft. Seite 3 von 6
3 Einzelne Änderungs-Geschäftsvorfälle ab dem 21.12.2012 3.1 Allgemeines Der EuGH hat in dem Urteil vom 01.03.2011 lediglich eine Aussage dazu getroffen, dass das Geschlecht ab dem 21.12.2012 nicht mehr als Tarifierungsmerkmal herangezogen werden darf. Mit keinem Wort sind die Richter darauf eingegangen, wann die Änderung eines Bestandsvertrages zur Umstellung von handwerklich- körperlich tätigen Frauen, die in die Gefahrengruppe A eingruppiert worden sind, auf die Gefahrengruppe B verpflichtend ist. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vertritt hierzu die Auffassung, dass es bei Vertragsänderungen grundsätzlich nicht erforderlich sein sollte, umzustellen. Es sei denn, die Vertragsände- rung ist so wesentlich, dass sie dem Abschluss eines neuen Vertrages gleichkommt. Unter den nachfolgenden Ziffern 3.2 bis 3.7 haben wir relevante Geschäftsvorfälle aufgeführt, die in einer bestimmten Konstellation eine wesentliche Vertragsänderung darstellen. 3.2 Umstellung auf neueste Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) Eine Umstellung einer bereits vor dem 21.12.2012 bestehenden Unfallversicherung auf die neuesten AVB stellt immer eine wesentliche Vertragsänderung dar und kommt damit dem Abschluss eines Neuvertrags gleich. Befinden sich unter den versicherten Personen handwerklich-körperlich tätige Frauen, die nach alter Lesart noch in die Gefahrengruppe A eingruppiert worden sind, so sind sie mit der Umstellung des Vertrags auf die neuesten AVB in die Gefahrengruppe B einzugruppieren. Der SAD oder Makler sollte den Kunden über diesen Umstand im Rahmen des Beratungsgesprächs infor- mieren und dies im Beratungsprotokoll dokumentieren. Für alle nachfolgend unter den Ziffern 3.3 bis 3.7 aufgeführten Geschäftsvorfälle findet automatisch immer dann eine Umstellung des Vertrags auf die neuesten AVB statt, wenn die Vertragsänderung über den elektronischen Antrag (Elan) aufgegeben wird. Auch Änderungsanträge, die über die Ver- triebssysteme Gauss oder GoTas erstellt worden sind, sehen letztlich die Umstellung des Vertrags auf die neuesten AVB vor. Konsequenz: Auch solche Änderungen, die bei isolierter Betrachtung keine wesentlichen Vertragsänderungen darstellen, führen –bei gleichzeitiger Umstellung der AVB– immer zu einer Anwendung der neuen Unisex-Regeln. 3.3 Einschluss neuer Leitungsarten in den Unfallversicherungsvertrag Wird in einen bestehenden Unfallversicherungsvertrag, unter dessen versicherten Personen sich auch hand- werklich-körperlich tätige Frauen befinden, die nach alter Lesart noch in die Gefahrengruppe A eingruppiert worden sind, eine neue Leistungsart eingeschlossen, so kommt es für die Frage, ob der Vertrag für die betreffenden Frauen von der Gefahrengruppe A auf die Gefahrengruppe B umgestellt werden muss, darauf an, ob der Einschluss der neuen Leistungsart eine wesentliche Vertragsänderung darstellt! Sind die neuen Leistungsarten (z.B. Progression, Rente) zu den dem Vertrag zugrundeliegenden AVB, z.B. den GUB 99-Euro, einschließbar, so kann es bei der Eingruppierung in A bleiben. Ist der Einschluss der neuen Leistungsart zu den dem Vertrag zugrundeliegenden AVB dagegen nicht mög- lich, sondern nur bei gleichzeitiger Umstellung des Vertrags auf andere AVB, so stellt der Einschluss eine wesentliche Änderung dar. In der Folge sind die aktuellen AVB zugrunde zu legen und die versicherten handwerklich-körperlich tätigen Frauen von der Gefahrengruppe A in die Gefahrengruppe B umzugruppie- ren. Beispiele: Seite 4 von 6
a) Dem Vertrag liegen die GUB 99-Euro zugrunde. Eingeschlossen werden soll die Leistungsart Unfalltod. Für den Einschluss dieser Leistungsart in den Vertrag ist eine Umstellung auf die neuesten AVB nicht notwendig mit der Folge, dass handwerklich-körperlich tätige Frauen in der Gefahrengruppe A verbleiben können. Beachte: Der Antrag darf nicht über Elan/Gauss/GoTas gestellt werden, da ansonsten automatisch eine Umstellung auf die neuen AVB erfolgt; vgl. Ziff. 3.2. b) Dem Vertrag liegen ebenfalls wieder die GUB 99-Euro zugrunde. Eingeschlossen werden soll nun die Leis- tungsart „Invalidität mit 350 %iger Progression“. Auch dieser Einschluss ist ohne Umstellung auf die neues- ten AVB möglich, folglich können auch in diesem Fall die handwerklich-körperlich tätigen Frauen in der Ge- fahrengruppe A verbleiben. (siehe lit. a.) c) Auch in diesem Beispiel liegen dem Vertrag wieder die GUB 99-Euro zugrunde. Jetzt soll die Leistungsart „Invalidität mit 600 %iger Progression“ eingeschlossen werden. Bei den GUB 99-Euro ist der Einschluss der 600 %igen Progressionsstaffel nicht vorgesehen, so dass eine Umstellung auf die neuesten AVB, derzeit also auf die GUB 2010 erfolgen muss. In diesem Fall – siehe oben unter 3.2 – liegt eine wesentliche Ver- tragsänderung vor, somit hat eine Umgruppierung aller handwerklich-körperlich tätigen Frauen von der Ge- fahrengruppe A in die Gefahrengruppe B zu erfolgen. 3.4 Wechsel der Berufstätigkeit Wechselt eine kaufmännisch berufstätige Frau in eine handwerklich-körperliche Berufstätigkeit, so kommt es hierbei darauf an, welche Regelung in dem Tarif vorgesehen ist, der dem Vertrag zugrunde liegt. Liegt dem Vertrag ein Tarif zugrunde, der die Einstufung von Frauen unabhängig ihrer Berufstätigkeit in die Gefahrengruppe A vorsieht, so kann die versicherte Person trotz des Berufswechsels in dieser Gefahren- gruppe verbleiben. Dies ist bei allen Tarifen der Fall, die vor dem 21.12.2012 Gültigkeit hatten. Wenn dem Vertrag dagegen ein Tarif zugrunde liegt, der die Einstufung handwerklich-körperlich tätiger Frauen in die Gefahrengruppe B vorsieht, so ist eine entsprechende Umgruppierung von der Gefahrengrup- pe A in die Gefahrengruppe B vorzunehmen. Erkennen lässt sich die Gültigkeit eines Tarifs im Bild U im Feld Tarif: AVB Stand SI T TARIF V-Klauseln V-Besondere Bedingungen 39 0 N 07.2010 55 Bis zum Tarif 07.2010 kann die versicherte Person in einem solchen Fall in der Gefahrengruppe A verblei- ben, ab dem Tarif 01.2013, der bereits ab dem 21.12.2012 gilt, ist ein Wechsel in die Gefahrengruppe B vorgeschrieben. Gleiches gilt für den Fall, dass eine vorher nicht berufstätige Frau eine handwerklich-körperliche Berufstätig- keit neu aufnimmt. 3.5 Erhöhung der Versicherungssumme Wird in einem bestehenden Unfallversicherungsvertrag die Versicherungssumme für eine oder mehrere versicherte Leistungsarten erhöht, so ist bei mehreren versicherten Personen im Vertrag zu prüfen, für wen diese Erhöhung gelten soll. Seite 5 von 6
Gilt die Summenerhöhung auch für eine über den Vertrag versicherte handwerklich-körperlich tätige Frau, so ist sie von der Gefahrengruppe A in die Gefahrengruppe B umzugruppieren. Gilt die Summenerhöhung dagegen nur für andere versicherte Personen des Vertrages, so kann es bei der Eingruppierung in die Gefahrengruppe A bleiben. 3.6 Wechsel des Versicherungsnehmers Tritt ein neuer Versicherungsnehmer in einen Unfallversicherungsvertrag ein, so kommt dieser Vorgang vom Grundsatz dem Abschluss eines neuen Vertrags gleich, da dieser Wechsel eine neue vertragliche Vereinba- rung erfordert. Infolgedessen werden handwerklich-körperlich tätige Frauen von der Gefahrengruppe A in die Gefahren- gruppe B umgruppiert. 3.7 Wechsel des Versicherungsnehmers nach Tod des alten Versicherungsnehmers 3.7.1 Verstorbener VN und neuer VN waren Ehepartner Verstirbt der eigentliche VN und übernimmt den Vertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge die versicherte Ehepartnerin, die körperlich-handwerklich tätig ist, aber nach alter Lesart noch in A eingestuft ist, und bean- tragt sie im Rahmen der Vertragsübernahme keine weiteren wesentlichen Vertragsänderungen, z.B. neue AVB, so bleibt es bei der Einstufung in A, auch für weitere handwerklich-körperlich tätige versicherte Frauen des Vertrages. Das Vorgenannte gilt auch im Rahmen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. 3.7.2 Verstorbener VN und neuer VN waren keine Ehepartner Hier gelten die Ausführungen unter 3.4! 3.8 Einschluss einer neuen versicherten Person Handelt es sich bei der neu in den Vertrag einzuschließenden Person um eine handwerklich-körperlich tätige Frau, so ist sie in die Gefahrengruppe B einzugruppieren. Befinden sich in dem Vertrag bereits weitere handwerklich-körperlich tätige Frauen, die nach alter Lesart in die Gefahrengruppe A eingruppiert worden sind, so können diese in der Gefahrengruppe A verbleiben. Hier schließen wir uns einer rechtlichen Einschätzung des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV) zur Behandlung von privaten Krankenversicherungsverträgen an, wonach es rechtlich möglich ist, den Unisex-Tarif und den Bisex-Tarif in einem Vertrag gleichzeitig zu führen. Gleiches gilt, wenn ein kaufmännisch tätiger Mann (Gefahrengruppe A), ein handwerklich-tätiger Mann (Ge- fahrengruppe B) oder ein Kind neu in den Vertrag eingeschlossen wird. Seite 6 von 6
Sie können auch lesen