Die " BMZ 2030"-Reform - Baustein für eine strategische Wirksamkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit? - Konrad-Adenauer-Stiftung
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Quelle: © Reuters. Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit Die „BMZ 2030“-Reform Baustein für eine strategische Wirksamkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit? Veronika Ertl 6
Mit den zunehmend komplexen Herausforderungen für nachhaltige Entwicklung und den Veränderungen der inter nationalen Geberlandschaft haben sich die Anforderungen an die deutsche Entwicklungszusammenarbeit verändert. Kann die „BMZ 2030“-Reform vor diesem Hintergrund zu einer höheren Wirksamkeit beitragen? Und welche strategische Ausrichtung ist dabei für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit notwendig? Im April 2020 legte Bundesentwicklungsminis strategische Wirksamkeitsbegriff dient bei der ter Gerd Müller mit der „BMZ 2030“-Reform Betrachtung der Reform als Referenzrahmen. ein weitreichendes Reformprogramm für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit vor. Mit Zunehmend komplexer und k ompetitiver: dieser Reform soll die entwicklungspolitische Herausforderungen für die deutsche Arbeit Deutschlands „strategischer, wirksamer Entwicklungszusammenarbeit und effizienter“1 werden, um „Antworten auf neue Herausforderungen“2 zu finden. Zu diesem Neben die „klassischen“ Aufgaben der Entwick Zweck werden unter anderem die thematischen lungszusammenarbeit wie Armutsbekämpfung Schwerpunkte neu definiert, das Partnersystem und Ernährungssicherheit sind zunehmend der bilateralen staatlichen Zusammenarbeit über globale Herausforderungen getreten, deren arbeitet, die Planungs- und Allokationsprozesse Bearbeitung die Kapazitäten bilateraler Zusam angepasst und die Kapazitäten für Datenanalyse menarbeit deutlich übersteigt. Die Bekämpfung und Wirkungsmessung erweitert. Derzeit befin des Klimawandels, die Eindämmung globaler det sich das Bundesministerium für wirtschaftli Gesundheitsgefahren und die Verhinderung che Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in sowie Bewältigung von Krisen und Konflikten der Umsetzung der Reform. Eine abschließende sind Beispiele hierfür. Die Agenda 2030 für nach Bewertung ist also zum aktuellen Zeitpunkt haltige Entwicklung bietet seit 2015 den globalen noch nicht möglich. Gleichwohl scheint eine Rahmen, der diese Herausforderungen umspannt genauere Betrachtung der Reform angesichts und deren zahlreiche Interdependenzen abbildet. der zunehmenden Bedeutung von deutscher Entwicklungszusammenarbeit – sowohl im Res Der in der Agenda 2030 angelegte Anspruch glo sortgefüge deutscher Politik als auch auf interna baler Partnerschaften für nachhaltige Entwick tionaler Ebene – geboten. lung (Sustainable Development Goal [SDG] 17) weist auf eine zur Bewältigung der Herausforde Der vorliegende Artikel möchte vor diesem Hin rungen notwendige Bedingung hin: Partnerschaf tergrund eine vorläufige Einschätzung der „BMZ ten zwischen unterschiedlichsten Akteuren auf 2030“-Reform vornehmen. Diese stützt sich auf internationaler, regionaler, nationaler und lokaler eine Analyse des aktuellen Herausforderungs Ebene. Neben bilateraler Zusammenarbeit spie horizonts für deutsche Entwicklungspolitik und len auf internationaler Ebene dabei multilaterale entwirft abgeleitet daraus einen strategischen Foren eine zentrale Rolle. Deren Spielraum zur Wirksamkeitsbegriff, der den „traditionellen“ Ausübung ihrer Koordinierungs- und Normset Begriff der Wirksamkeit um Aspekte hinsicht zungsfunktionen wird jedoch seit einigen Jahren lich strategischer Partnerschaften für nachhal durch einen in der Staatenwelt verstärkt feststell tige Entwicklung und die Profilschärfung im baren Trend zum Rückzug ins Nationale einge Vergleich zu anderen Gebern ergänzt. Dieser schränkt. Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 7
Parallel zur Schwächung multilateraler Foren lässt sich auch deren gezielte Instrumentalisie rung beobachten, insbesondere durch aufstei gende Mächte wie China. In der zunehmend offen ausgetragenen Systemkonkurrenz sind multilaterale Foren zu umkämpften Arenen geworden, in denen Akteure versuchen, ihre jeweiligen Ansätze und Normen hinsichtlich internationaler Zusammenarbeit durchzuset zen. Im Bereich der Entwicklungszusammen arbeit sind Konfliktlinien in dieser Hinsicht unter anderem die differenzierten Verantwortlichkei ten von Industrie- und Entwicklungsländern für nachhaltige Entwicklung, aber auch Fragen der Konditionalität und Transparenz. Die diverser werdende Akteurslandschaft führt zu einer Konkurrenz entwicklungspolitischer Ansätze. Neben den Polen der Systemkonkurrenz sieht sich Deutschland darüber hinaus durch den seit der Jahrhundertwende beschleunigten Aufstieg der Schwellenländer und Länder mittleren Ein kommens einer zunehmenden Fragmentierung der internationalen Entwicklungslandschaft gegenüber. Die diverser werdende Akteursland schaft führt dabei zu einer Konkurrenz entwick lungspolitischer Ansätze, da diese Länder im wachsenden Maße selbst entwicklungspoli tisch aktiv sind. Zwar ist der Begriff der „neuen“ Geber für Staaten wie China und Indien irre führend, da diese bereits seit langer Zeit Entwicklungszusammenarbeit im Sinne der Süd-Süd-Kooperation betreiben. Das Volumen, die geografische Ausbreitung und der Einfluss, den diese Kooperationsformen auf den entwick lungspolitischen Diskurs haben, sind jedoch in Bereits 2020 lag die geschätzte Finanzierungs dieser Ausprägung neu. lücke zur Erreichung der Entwicklungsziele bei 2,5 Billionen US-Dollar pro Jahr.3 Angesichts Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der Coronakrise, die Entwicklungsfortschritte der Breite der Ziele für nachhaltige Entwick zunichtegemacht und Entwicklungsbedarfe welt lung und der dafür notwendigen Finanzierung. weit weiter erhöht hat, ist inzwischen von einer 8 Auslandsinformationen 2|2021
Große Herausforderungen: Die Coronakrise hat Fortschritte zunichtegemacht und Entwicklungsbedarfe weltweit erhöht. Quelle: © Francis Mascarenhas, Reuters. weitaus größeren Finanzierungslücke auszuge höherer Eigenleistungen der Entwicklungsländer hen. Die finanziellen Mittel staatlicher Entwick und Investitionen des Privatsektors. lungszusammenarbeit (ODA) waren und sind hierfür bei Weitem nicht ausreichend. Dringend Gleichzeitig bleibt aufgrund der weiterhin hohen notwendig ist daher die Mobilisierung zusätz Entwicklungsbedarfe auch die staatliche Entwick licher Finanzmittel, unter anderem in Form lungszusammenarbeit relevant. Als zweitgrößtem Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 9
DA-Geber weltweit kommt Deutschland hierbei O • Transparenz und Rechenschaftsablegung eine wichtige Rolle zu. Dabei ist bereits abzuse der Geber- und Kooperationsländer für ihr hen, dass die Erwartungen an Deutschland in den entwicklungspolitisches Handeln, unterei kommenden Jahren noch steigen werden, auch nander sowie gegenüber der Öffentlichkeit weil einige Geberstaaten sich unter anderem auf und den Parlamenten5 grund gestiegener heimischer Bedarfe im Zuge der Coronakrise stärker nach innen wenden. Für Deutschland beteiligt sich aktiv an den inter Deutschland bedeutet dies wiederum, dass mit nationalen Diskussionen zur Wirksamkeit der den gestiegenen Erwartungen an seine interna Entwicklungszusammenarbeit, unter anderem tionale Rolle Transparenz- und Rechenschafts im Rahmen der Globalen Partnerschaft für wirk pflichten bezüglich der Entwicklungsausgaben same Entwicklungskooperation (Global Partner einen noch wichtigeren Stellenwert einnehmen ship for Effective Development Co-operation, werden. Das Aufzeigen konkreter Wirkungen ist GPEDC). für die nötige öffentliche und politische Akzep tanz sowie die Legitimierung der deutschen Ent wicklungszusammenarbeit daher zentral. Die Agenda 2030 ist der Ausgangspunkt für eine Strategische Wirksamkeit zukunftsfähige Reform der Die Diskussion über die Wirksamkeit der Ent Entwicklungszusammenarbeit. wicklungszusammenarbeit ist nicht neu. Bereits mit der Verabschiedung der Millenniumsentwick lungsziele im Jahr 2000 wurde ein Dialog über Angesichts der eingangs skizzierten Herausforde notwendige Schritte zur Erhöhung der Effektivität rungen und Veränderungen in der internationalen angestoßen. Im Rahmen von vier hochrangigen Entwicklungslandschaft erscheint allerdings über Foren zur Wirksamkeit der Entwicklungszusam den in dieser Form abgesteckten „traditionellen“ menarbeit diskutierten Industrie- und später auch Begriff der Wirksamkeit hinaus ein breiteres – Entwicklungsländer über entsprechende Stan strategisches – Verständnis von Wirksamkeit dards. Beim vierten Forum im Jahr 2011 wurde nötig. Aus diesem Grund ergänzt der vorliegende schließlich eine neue Partnerschaft für Ent Artikel die oben skizzierten Komponenten von wicklung ins Leben gerufen – die Entwicklungs Wirksamkeit in der Entwicklungszusammen partnerschaft von Busan (Busan Partnership for arbeit um zwei weiterführende Aspekte: Effective Development Co-operation).4 1. Wirksamkeit durch strategische P artnerschaften Die darin vereinbarten Prinzipien für wirksame für nachhaltige Entwicklung weltweit Entwicklungszusammenarbeit umfassen folgende Aspekte: Die Agenda 2030 ist als globaler Rahmen für nachhaltige Entwicklung der Ausgangspunkt für • Stärkung der Eigenverantwortung der Ent eine zukunftsfähige Reform der Entwicklungs wicklungsländer für Entwicklungsprioritäten zusammenarbeit. Sowohl die thematischen Quer- und -modelle verbindungen zwischen den S DGs als auch deren grenzüberschreitender Charakter machen • Ergebnisorientierung der Maßnahmen die Notwendigkeit strategischer Partnerschaften entlang der Entwicklungsprioritäten für die Zielerreichung deutlich. Diese müssen auf lokaler, nationaler, regionaler und interna • Auf Offenheit sowie gegenseitigem Respekt tionaler Ebene geschaffen werden, mit staat und Lernen basierende Zusammenarbeit lichen sowie nichtstaatlichen Akteuren. Zur aller Entwicklungsakteure Erreichung globaler Gemeinschaftsgüter wie Klima- und Gesundheitsschutz ist die stärkere 10 Auslandsinformationen 2|2021
Zusammenarbeit mit einflussreichen Schwellen- Neben der bilateralen Zusammenarbeit mit ländern dabei unabdingbar. Zur Gestaltung Partnerländern ist dies auch auf multilateraler nachhaltiger Wirtschaftssysteme und der Finan- Ebene zentral: Von Deutschland als zweitgröß zierung nachhaltiger Entwicklung ist darüber tem Geber und weltweit einflussreichem Akteur hinaus die Zusammenarbeit mit Akteuren des wird erwartet, sich in multilateralen Foren aktiv Privatsektors von wachsender Bedeutung. Eine für die regel- und wertebasierte globale Ordnung zukunftsfähige Reform muss entsprechend einzusetzen, sowohl in thematischer als auch relevante Partner zur Erreichung nachhaltiger finanzieller Hinsicht. Noch stärker als bisher Entwicklung identifizieren und die strategische sollte sich Deutschland auch für als wichtig emp Zusammenarbeit mit diesen Partnern konse fundene Themen einsetzen (Agenda-Setting) quent vorantreiben. Deutschland kann in dieser und priorisieren, welche multilateralen Foren Hinsicht auf bestehenden Partnerschaften und die größten Gestaltungsmöglichkeiten zur Errei Ansätzen aufbauen. chung nachhaltiger Entwicklung im deutschen Verständnis bieten. 2. Wirksamkeit durch Partnerorientierung und wertegebundene Profilschärfung der deutschen Die „BMZ 2030“-Reform Entwicklungszusammenarbeit Wie lassen sich die Komponenten der „BMZ Darüber hinaus ist es vor dem Hintergrund der 2030“-Reform vor dem Hintergrund dieses zunehmenden Systemkonkurrenz und Fragmen Referenzrahmens der strategischen Wirksam tierung der Akteurslandschaft im Bereich der keit bewerten? Die Zielvorgabe erhöhter Wirk Entwicklungszusammenarbeit wichtiger denn samkeit nimmt einen prominenten Platz in den je, als attraktiver und verlässlicher Partner wahr Ankündigungen und Dokumenten zur Reform genommen zu werden. Aktuell scheinen Geber, ein und bietet damit erste Anhaltspunkte. Auch die eine stärker interessensgeleitete und nicht die stärkere Ausrichtung an entwicklungspoliti mit Konditionalität verbundene Zusammenar schen Schwerpunktthemen und die Erhöhung beit postulieren, für viele Entwicklungsländer der Handlungsfähigkeit des B MZ sollten im das auf den ersten Blick attraktivere Angebot Kontext der strategischen Wirksamkeit genauer bereitzustellen. Deutschland sollte vor diesem betrachtet werden.6 Hintergrund seine Kooperationsinteressen und wertebasierten Qualitätsstandards noch klarer kommunizieren und gleichzeitig seinen Beitrag Das Themenmodell zeigt in Partnerländern besser in Wert setzen. Hierfür deutlich die Bandbreite der ist eine bessere Kommunikation des Umfangs Herausforderungen für und der konkreten Wirkungen des deutschen Beitrags wichtig, da letztere aktuell im Vergleich nachhaltige Entwicklung. zu anderen Gebern, die ihre Aktivitäten effekt voll in Szene setzen, oft nicht deutlich genug zum Ausdruck kommen. Gleichzeitig müssen Von Daten und Fakten: W irkungsorientierung, Hindernisse für mehr Wirksamkeit, wie der -messung und -kommunikation Koordinierungsaufwand durch eine hohe Anzahl kleinteiliger Projekte, abgebaut werden. Darüber Im Kernbereich der „klassischen“ Wirksamkeit hinaus sollten die bestehenden vertrauensvollen sieht die Reform Verbesserungen in der Wir Beziehungen mit Partnerländern und die positive kungsorientierung und -messung, insbesondere internationale Wahrnehmung Deutschlands als hinsichtlich der Datenverfügbarkeit und -aufbe wertebasierter Akteur für die weitere Profilbil reitung, sowie der Kommunikation vor. dung genutzt werden. Durch eine stärkere Priorisierung der T hemen im Rahmen eines neuen „Agenda 2030“- Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 11
Themenmodells (siehe Tabelle 1) soll die Arbeit Qualitätsmerkmalen weiterhin beachtlich. Die des B MZ im Sinne einer Portfoliokonsolidie erhofften Wirksamkeitsgewinne durch Konsoli rung noch stärker auf Ergebnisse in als prioritär dierung könnten dadurch erschwert werden. gesehenen Themenfeldern ausgerichtet werden. Neben den fünf Kernthemen, die jeweils durch Dieser Gefahr soll durch eine Verschränkung des drei Aktionsfelder konkretisiert werden, umfasst Themenmodells und des ebenfalls neu aufge das Themenmodell zehn zeitlich begrenzte Ini stellten Partnermodells entgegengewirkt werden. tiativthemen und sechs übergreifende Qua So sieht die Reform vor, die Zusammenarbeit mit litätsmerkmale. Das Themenmodell zeigt in bilateralen Partnern pro Land auf drei Kernthe seiner Struktur deutlich die Bandbreite der Her men und zwei untergliederte Aktionsfelder zu ausforderungen für nachhaltige Entwicklung. fokussieren. Darüber hinaus ist die Bearbeitung Gleichzeitig bleibt die Summe aus Kernthemen von bis zu zwei Initiativthemen möglich. Aus inklusive Aktionsfeldern, Initiativthemen und schlaggebend soll hierbei sein, dass durch die Tabelle 1: „Agenda 2030“-Themenmodell des BMZ Kernthemen (DNA des BMZ) Initiativthemen Entwicklungspolitische Schwerpunktthemen für Setzung entwicklungspolitischer Akzente Zukunfts- und Entwicklungsfragen unserer Zeit und Impulse für eine bestimmte Zeit 1. Frieden und gesellschaftlicher Zusammenhalt 1. Marshallplan mit Afrika 2. Eine Welt ohne Hunger 2. Gesundheit, Pandemiebekämpfung und One Health 3. Ausbildung und nachhaltiges Wachstum 3. Nachhaltige Lieferketten und Grüner Knopf für gute Jobs 4. Bevölkerungsentwicklung und Familienplanung 4. Verantwortung für unseren Planeten – Klima 5. Digitalzentren und Digitalisierung und Energie 6. Perspektive Heimat 5. Schutz unserer Lebensgrundlagen – Umwelt und natürliche Ressourcen 7. Allianz für Entwicklung und Klima 8. Grüne Bürgerenergie → ergänzt durch jeweils drei Aktionsfelder 9. Synthetische Kraftstoffe 10. Sport, Medien und Kultur Übergreifende Qualitätsmerkmale Werteorientierte, nachhaltige und zukunftsorientierte Anforderungen, die durchgängig bei allen Maßnahmen berücksichtigt werden 1. Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung und Inklusion 2. Anti-Korruption und Integrität 3. Armutsbekämpfung und Reduzierung der Ungleichheit 4. Umwelt- und Klimaverträglichkeitsprüfung 5. Konfliktsensibilität (Do no harm) 6. Digitalisierung (Digital als Standard) Quelle: BMZ 2020, N. 1, S. 9 f. 12 Auslandsinformationen 2|2021
Auswahl in den jeweiligen Themenbereichen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ein signifikanter Beitrag geleistet werden kann.7 noch transparenter zu kommunizieren. Dies betrifft regelmäßige Berichterstattungen, bei spielsweise im O DA- und I ATI-Rahmen10, sowie Standardisierte Indikatoren parlamentarische Anfragen. Um auch gegenüber für alle Kernthemen sollen die der Öffentlichkeit eine aktivere und klarere Kom munikation der erzielten Wirkungen zu ermögli Wirkungsmessung verbessern. chen, sollen quantitative Daten greifbar gemacht werden, unter anderem durch eingängige Praxis beispiele. Im Vergleich zu anderen Aspekten der Auch die geplante veränderte Herangehensweise Wirksamkeit nimmt das Thema Kommunikation an die Steuerung durch Strategien ist vor dem in den Reformdokumenten jedoch einen gerin Hintergrund der erhöhten Wirkungsorientierung gen Stellenwert ein. Die Reform sollte hier nicht zu sehen. So sollen weniger, dafür aber mit klare den Fehler machen, Potenzial zur Erhöhung der rem Steuerungsanspruch verbundene Strategien öffentlichen Akzeptanz der Entwicklungszusam geschaffen werden. Geplant ist unter anderem menarbeit zu verschenken. eine Reduzierung von aktuell rund 35 sektoralen Strategiepapieren auf fünf Kernthemen-Strate Fördern und fordern: Hin zu mehr gien. In diesen Strategien verbindlich festgelegte Eigenverantwortung der Partnerländer? standardisierte Indikatoren für alle Kernthemen sollen dabei die Wirkungsmessung verbessern. Die Reform betont Eigeninitiative als „Schlüs Darüber hinaus soll durch die Weiterentwicklung sel für Entwicklung“.11 Partner deutscher Ent von Review-Instrumenten die systematischere wicklungszusammenarbeit sollen noch stärker Nutzung von Lernerfahrungen im Rahmen der als bisher Fortschritte hinsichtlich guter Regie Strategien und Programme sichergestellt werden.8 rungsführung, Schutz der Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung erzielen. Eine offene Frage ist bis dato, wie erreichte Wir kungen in Themenbereichen und Ländern, die im Der Fokus auf gute Regierungsführung wird Zuge der Reform nicht mehr im Zentrum der bila insbesondere im Zusammenhang mit der Neu teralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit ausrichtung der bilateralen Partnerbeziehungen stehen, dokumentiert, aber auch bewahrt werden betont. Die bisherige Länderliste des B MZ wird können. Neben möglichen Reputationsverlusten durch ein neues Partnerschaftsmodell (siehe wären sogenannte Entwicklungsruinen auch im Tabelle 2) mit drei übergeordneten Länderkate Sinne der Wirksamkeit höchst bedauerlich. gorien abgelöst: bilaterale Partner, globale Part ner sowie Nexus- und Friedenspartner. Um die Zielerreichung im Bereich Wirkungso rientierung und -messung technisch zu ermög Die Veränderungen des Partnermodells prägten lichen, strebt die Reform nach deutlichen die Wahrnehmung und Diskussion der „BMZ Verbesserungen hinsichtlich der Datenverfüg 2030“-Reform deutlich. Während die meisten barkeit und -qualität. Neben angestrebten tech Beobachter grundsätzlich die Notwendigkeit nologischen Neuerungen wurden zu diesem einer Konsolidierung der Partnerländer sehen, Zweck auch strukturelle Veränderungen im B MZ wird befürchtet, dass der Rückzug aus einigen vorgenommen, unter anderem die Gründung Ländern den Einfluss und die Wahrnehmung einer neuen Abteilung, die die Themenbereiche Deutschlands als internationaler Akteur nach Grundsatzfragen, Daten, Statistik und Wirksam haltig schwächen könnte.12 Kritik wurde dabei keit zusammenführt.9 insbesondere hinsichtlich der Auswahl der soge nannten Exit-Länder (siehe Tabelle 2) laut, die Eine qualitativ hochwertige Wirkungsmessung zukünftig nicht mehr im Rahmen der bilatera bietet auch die Voraussetzungen, um Wirkungen len staatlichen Entwicklungszusammenarbeit Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 13
Tabelle 2: Das neue Partnerschaftsmodell des BMZ → Bilaterale Partner → Globale Partner Nichtstaatliche, europäische und multilaterale Zusammen- Langfristige Verfolgung Zusammenarbeit zur Lösung arbeit gemeinsamer Entwicklungsziele globaler Zukunftsfragen und der Erreichung grenzüber- Exit-Länder Afghanistan, Ägypten, Algerien, greifender Ziele Bangladesch, Benin, Bur ina Faso, Armenien, Aserbaidschan, Ecuador, Jordanien, ambodscha, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Bolivien, Burundi, Costa Rica, amerun, enia, olumbien, Liba- Mexi o, Peru, Südafrika, Vietnam Domini anische Republi , non, Malawi, Madagas ar, Mali, El Salvador, Guatemala, Guinea, Mauretanien, Mosambi , Namibia, Haiti, Honduras, asachstan, Niger, Nigeria, Pa istan, Palästinen- → Nexus- und Friedenspartner irgisistan, uba, Laos, Liberia, sische Gebiete, Ruanda, Sambia, Mongolei, Myanmar, Nepal, Tansania, Uganda, Usbe istan Einsatz für Stabilität, Friedens- Nicaragua, Paraguay, Philippi- potenziale und die Bekämpfung nen, Sierra Leone, Sri Lan a, ↘ Reformpartner strutureller Ursachen von Tadschi istan, Timor-Leste, onfliten und Flucht Tur menistan Äthiopien, Côte d’Ivoire, Ghana, Maro o, Senegal, Togo, Tunesien Ira , Jemen, DR ongo, Libyen, Alle weiteren Länder der Somalia, Sudan, Südsudan, Syrien, DAC-Liste ↘ Transformationspartner Tschad, Zentralafri anische Republi Albanien, Bosnien und Herzego- wina, Georgien, osovo, Republi Moldau, Serbien, U raine Quelle: BMZ 2020, N. 1, S. 7 f., zum Status von Togo siehe N. 17. unterstützt werden. Das BMZ betont hierzu, bei Ägypten und Tansania nicht erkennbar sei, dass die Zusammenarbeit mit diesen Ländern während reformorientierte und bedürftige Län nicht ende, sondern weiterhin und verstärkt über der wie Sierra Leone und Liberia aus der Liste der nichtstaatliche Kanäle wie Nichtregierungsorga bilateralen Partnerländer gefallen seien.16 Um die nisationen und politische Stiftungen sowie über Glaubwürdigkeit der Reform und der deutschen europäische und multilaterale Formate erfolge.13 Entwicklungspolitik nicht zu gefährden, muss die Nicht unterschätzt werden sollten in diesem Länderauswahl transparent und nachvollziehbar Zusammenhang jedoch die veränderten Rah begründet und bei Veränderungen von Rahmen menbedingungen, die durch ein Ende der bilate bedingungen konsequent überprüft werden. ralen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit in Exit-Ländern entstehen und potenziell auch die Eine besondere Gewichtung der Eigenverant Arbeit nichtstaatlicher Akteure vor Ort erschwe wortung der Partnerländer im Sinne guter Regie ren könnten. rungsführung und Reformbereitschaft bestimmt die Auswahl der R eformpartnerländer. Diese Art Ebenfalls kritisch gesehen wird die Nachvoll der Zusammenarbeit wurde 2017 im Rahmen des ziehbarkeit und Kohärenz der Länderauswahl, Marshallplans mit Afrika mit besonders reform in der sich die stärkere Betonung der Eigenver orientierten Partnerländern auf dem Kontinent antwortung der Länder widerspiegeln soll.14 So geschaffen. Die besondere Q ualität der Zusam wurden Aspekte wie gute Regierungsführung und menarbeit zeigt sich neben dem Niveau der Reformorientierung laut B MZ bei der Auswahl finanziellen Zusagen auch in einem intensiven der bilateralen Partnerländer berücksichtigt.15 politischen Dialog über gegenseitige Kooperati Kritische Stimmen merken jedoch an, dass diese onsinteressen und Ansprüche sowie in speziellen Fokussierung auf gute Regierungsführung als Ent Instrumenten wie der Reformfinanzierung. In scheidungskriterium für die Weiterführung bila der „BMZ 2030“-Reform werden diese Partner teraler staatlicher Entwicklungszusammenarbeit schaften nun als Unterkategorie und intensivste 14 Auslandsinformationen 2|2021
Form der bilateralen Zusammenarbeit syste Exit-Ländern – ein Vakuum, das zu einem Ein matisiert. Als Kriterien für die Auswahl wer flusszuwachs von Gebern mit weniger werte den gute Regierungsführung, Eigenleistungen basierten Entwicklungsansätzen führen könnte. und Privatwirtschaftsorientierung betont. Die Damit wäre dem deutschen Entwicklungsan Reform bietet eine gute Gelegenheit, aus den spruch und deutschen Interessen kein Gefallen bisherigen Erfahrungen der Reformpartner getan. Deutschland wäre daher gut beraten, sich schaften zu lernen und identifizierte Schwächen, in diesen Fällen noch enger mit gleichgesinnten unter anderem in der Anwendung des Kriteriums Gebern abzusprechen. der Reformbereitschaft, entsprechend auszu bessern. Dies scheint auch vor dem Hintergrund Hinsichtlich der Koordinierung in Partnerlän der geplanten Ausweitung dieses Partnerschafts dern wird im Kontext der Reform auch die För modells über die aktuellen Partner und den afri derung von gemeinsam mit anderen Gebern kanischen Kontinent hinaus opportun.17 durchgeführten Projekten diskutiert, unter ande rem durch den EU-Ansatz des Joint Programming, der eine bessere Abstimmung der Programme Es scheint keineswegs selbst- der EU-Institutionen und Mitgliedstaaten in verständlich, dass die bisher den jeweiligen Ländern ermöglichen soll.19 Die ses Konzept ist dabei keineswegs neu, sondern von Deutschland geförderten wird seit einigen Jahren auf EU-Ebene diskutiert, Themen nun von anderen jedoch mit schleppenden Fortschritten. Deutsch Gebern mit abgedeckt werden. land hatte im Rahmen seiner EU-Ratspräsident schaft 2020 angekündigt, das Thema weiter vorantreiben zu wollen.20 Konkrete Ergebnisse sind nicht zu verzeichnen – die Mammutaufgabe Dein Partner oder mein Partner? Die Rolle der Pandemiebewältigung ist sicherlich eine von Geberkoordinierung Erklärung für die geringere Priorität der Thema tik während der Ratspräsidentschaft. In Anbetracht des neuen Partnerschaftsmodells und des Endes der staatlichen bilateralen Ent Better together: Strategische P artnerschaften wicklungszusammenarbeit mit mehr als zwanzig für globale Herausforderungen Ländern wird von Seiten des BMZ die Wichtig keit von Geberkoordinierung betont. Bereits bei Wie an früherer Stelle diskutiert, sind zur Bearbei der Auswahl der bilateralen Partnerländer wurde tung grenzüberschreitender Herausforderungen die Signifikanz des deutschen Beitrags als Krite und zur Erreichung globaler Gemeinschaftsgüter rium herangezogen. Länder, in denen dieser im strategische Partnerschaften über die klassische Vergleich zum Engagement anderer Geber als bilaterale Entwicklungszusammenarbeit hinaus wenig bedeutsam bewertet wurde, sind unter nötig – unter anderem mit Schwellenländern und anderem Haiti, Laos und Liberia.18 nichtstaatlichen Akteuren. Weniger klar ist jedoch bis dato, inwiefern im Das neue Partnerschaftsmodell trägt diesem Rahmen der Erarbeitung der Reform Absprachen Anspruch mit der Schaffung der Kategorie „Glo mit anderen Gebern im Sinne der Geberkoordi bale Partner“ Rechnung. Dies sind Schwellenlän nierung getroffen wurden. Es scheint keineswegs der wie China, Indien, Mexiko und Südafrika, die selbstverständlich, dass die bisher von Deutsch angesichts ihres politischen Gewichts und ihres land geförderten Themen in den Exit-Ländern wirtschaftlichen Entwicklungsgrades in der Lage nun von anderen Gebern mit abgedeckt wer sind, einen relevanten Beitrag zur Erreichung den – insbesondere angesichts eher rückläufiger globaler Gemeinschaftsgüter zu leisten. Sie staatlicher Entwicklungsausgaben traditioneller sind damit auch wichtige Partner für die Umset Geber. Dies birgt die Gefahr eines Vakuums in zung deutscher Interessen weltweit. Die „BMZ Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 15
Nachvollziehbare Auswahl? Länder wie Sierra Leone sind aus der Liste der bilateralen Partnerländer gefallen. Quelle: © Baz Ratner, Reuters. 16 Auslandsinformationen 2|2021
2030“-Reform festigt und systematisiert somit einen Bestandteil der deutschen Entwicklungs zusammenarbeit, der bereits in den vergangenen Jahren an Gewicht gewonnen hat. Hier kommt es nun darauf an, Potenziale der Zusammenarbeit mit diesen Ländern noch besser zu nutzen, etwa durch die strategische Weiterentwicklung von Instrumenten wie den Dreieckskooperationen, in denen ein traditionelles Geberland wie Deutsch land mit einem Schwellenland im Rahmen eines Projekts in einem Entwicklungsland kooperiert. Gleichzeitig muss vor dem Hintergrund strate gischer Partnerschaften die Länderauswahl des Partnerschaftsmodells kritisch hinterfragt wer den. Durch die Kombination eines technischen und eines strategischen Filters sollte die Orien tierung an quantitativen Kriterien wie der Bedürf tigkeit des Partners und strategischen Kriterien wie der geopolitischen Relevanz sichergestellt werden. Im Ergebnis entsteht dadurch ein Fokus auf Afrika und den Mittleren Osten. Diese neue Ausrichtung könnte zu einem Einflussverlust Deutschlands in Lateinamerika und Asien führen, den andere dort bereits zunehmend aktive Staa ten ausnutzen könnten. Um eine Schwächung der strategischen Beziehungen mit Exit-Staaten zu verhindern, sollte in Abstimmung mit anderen deutschen ODA-verausgabenden Ressorts ver sucht werden, über diese Kanäle die Beziehungen aufrechtzuerhalten – angesichts der Tücken der Ressortkoordination kein leichtes Unterfangen. Auch scheint die BMZ-Ausrichtung der aktuel len außenpolitischen Tendenz eines vertieften deutschen Engagements in Lateinamerika und Asien – verkörpert durch die Lateinamerika- und-Karibik-Initiative und die „Leitlinien zum Indo-Pazifik“ des Auswärtigen Amts – entgegen zulaufen. Damit schwächt sie potenziell die Kohä renz und die Verfolgung strategischer Interessen im Umgang mit Deutschlands internationalen Partnern. Um dies zu verhindern, sind Verbesse rungen in der Koordination zwischen den relevan ten Ressorts, allen voran B MZ und Auswärtiges Amt, notwendig. Neben den Partnerländern kommt mit Blick auf strategische Partnerschaften auch dem Privat sektor eine wichtige Rolle zu. Insbesondere im Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 17
Rahmen des Marshallplans mit Afrika mit seinen der Mehrwert der deutschen Entwicklungszu Reformpartnerschaften sowie des Entwicklungs sammenarbeit klar aufgezeigt werden, um die investitionsfonds werden Bemühungen des BMZ Wahrnehmung und Wertschätzung deutscher zur Einbindung und Förderung des Privatsek Aktivitäten durch politische Entscheidungsträger tors für nachhaltige Entwicklung deutlich.21 In und die Bevölkerung in Partnerländern zu stärken. der „BMZ 2030“-Reform wird die Kategorie der Reformpartner weiter institutionalisiert und die Möglichkeit zur Ausweitung geboten. Auch Die Werteorientierung ist in den Themenschwerpunkten sind privatwirt eine zentrale Komponente schaftliche Entwicklungsaspekte enthalten. Wäh deutscher Entwicklungs rend die Rolle des Privatsektors also Beachtung erfährt, scheint die Gewichtung entsprechender zusammenarbeit. Instrumente im Reformkonzept im Vergleich zu anderen Diskussionen und Konzepten des BMZ eher verhalten. Die Umsetzung der Reform bie Die „BMZ-2030“-Reform setzt in dieser Hinsicht tet eine Chance, diese Instrumente noch strate an verschiedenen Stellschrauben an. Durch die gischer in das Portfolio zu integrieren und dabei Verzahnung der Themen- und Partnermodelle sicherzustellen, dass die Aktivitäten mit den sozi sowie die geplante Konsolidierung der bilatera alen, ökologischen und ökonomischen Aspekten len Portfolios soll die Vielzahl kleiner Einzelpro der Agenda 2030 in Einklang stehen. jekte in den Partnerländern reduziert werden. Dies hat das Potenzial, die Transaktionskosten Partnerorientierung und Profilbildung: Deutschland für beide Seiten zu verringern sowie die Wirkung als attraktiver und wertebasierter Partner und Signifikanz des deutschen Beitrags in den Partnerländern zu stärken. Auf dieses Ziel zahlt Wie zuvor erläutert, hängt die strategische Wirk auch die geplante Weiterentwicklung des Instru samkeit deutscher Entwicklungszusammenarbeit ments der offiziellen Regierungsverhandlungen noch stärker als bisher auch davon ab, ob das ein. Künftig sollen alle Zusagen im Partnerland, Land als attraktiver und verlässlicher Partner d. h. auch Sonderinitiativen, Klimafinanzie wahrgenommen wird. Die Konkurrenz in dieser rungen, Regional- und Globalvorhaben sowie Hinsicht kommt vor allem von Gebern wie China, KfW-Förderkredite, gebündelt kommuniziert die andere Entwicklungsansätze verfolgen und und damit der deutsche Beitrag als Gesamtleis ihre Aktivitäten in Partnerländern politisch tung stärker betont werden. Die Überlegung, in geschickt und öffentlichkeitswirksam vermark diesem Zusammenhang auch die Zusagen ande ten. Um in dieser Situation als Geber und Part rer deutscher Ressorts abzubilden, sollte insbe ner relevant zu bleiben, sind eine Evaluierung sondere vor dem Hintergrund des zunehmenden bisheriger Schwächen deutscher Entwicklungs ODA-Anteils anderer Ministerien weiterverfolgt zusammenarbeit im Vergleich zu anderen Geber werden. Die Erfahrung lehrt jedoch auch, dass modellen und entsprechende Anpassungen teils divergierende Interessen und Verfahren der unabdingbar. Mögliche Ansatzpunkte bieten sich einzelnen Ressorts und deutschen Geberorgane beispielsweise hinsichtlich der klaren Kommuni eine solche Bündelung der Zusagen erschweren. kation beidseitiger Kooperationsinteressen und der finanziellen Zusagen sowie der Kohärenz der Darüber hinaus ist die Werteorientierung eine Instrumente und Umsetzungsstrukturen. Gleich zentrale Komponente deutscher Entwicklungs zeitig sollte nicht der Fehler gemacht werden, die zusammenarbeit. Im neuen Themenmodell sind Werteorientierung und Qualitätsstandards des diese Werte als „übergreifende Qualitätsmerk deutschen Ansatzes hintanzustellen, um mit ver male“ verankert, die durchgängig bei allen Maß meintlich effizienter aufgestellten entwicklungs nahmen berücksichtigt werden sollen. Hier finden politischen Ansätzen zu konkurrieren. Vielmehr sich unter anderem Menschenrechte, Geschlech muss im Zusammenspiel beider Komponenten tergleichstellung, Korruptionsbekämpfung, 18 Auslandsinformationen 2|2021
Umwelt- und Klimaverträglichkeit sowie Kon auch auf multilateraler Ebene gerecht zu werden, fliktsensibilität. Grundsätzlich ergibt sich in der setzt die Reform an unterschiedlichen Aspekten Konzeption von Mainstreaming-Themen die zur Erhöhung der Wirksamkeit an. Neben Anpas Gefahr, dass diese in den Hintergrund treten. In sungen hinsichtlich der klassischen Aspekte der der Umsetzung der Reform sollte entsprechend Wirksamkeit, insbesondere in puncto Wirkungs darauf geachtet werden, die Qualitätsmerkmale orientierung und -messung, bietet die Reform konsequent zu berücksichtigen. Ansatzpunkte für strategischere Partnerbeziehun gen und eine stärkere Profilbildung als attraktiver Neben den bilateralen Beziehungen spielt auch Partner. Gleichzeitig sind einige Komponenten die multilaterale Ebene für die Profilschärfung der Reform noch nicht ausreichend kohärent Deutschlands als attraktiver Entwicklungs angelegt und müssten daher nachjustiert werden. partner eine wichtige Rolle. Sowohl in der „BMZ-Strategie für eine starke europäische und Für ein abschließendes Urteil wird es allerdings multilaterale Entwicklungspolitik“22 als auch im auf die Umsetzung der Reform ankommen. Rahmen der „BMZ 2030“-Reform ist vorgese Diese bietet einen wichtigen Ansatzpunkt, um hen, den deutschen Beitrag für eine regel- und aus bestehenden Schwächen zu lernen und funk wertebasierte internationale Zusammenarbeit tionierende Ansätze weiter auszubauen. Auch sowie nachhaltige Entwicklung in multilate die indirekten Auswirkungen auf nichtstaatli ralen Foren noch strategischer und effektiver che Akteure wie politische Stiftungen müssen zu gestalten – insbesondere hinsichtlich eines dabei beobachtet werden. Ganz im Sinne der thematischen Agenda-Settings und einer Stär Wirkungsorientierung sollten in diesem Prozess kung des deutschen Entwicklungsansatzes. Der notwendige Anpassungen nicht gescheut werden, Einfluss Deutschlands soll dabei durch gezielte um schlussendlich mit der Reform eine strate Personalentsendungen an strategisch wichtige gisch wirksame und zukunftsfähige deutsche Organisationen noch erhöht werden.23 Entwicklungspolitik dynamisch mitzugestalten. Der Schlüssel liegt nun in der Umsetzung Veronika Ertl ist Referentin für Entwicklungspolitik Wie steht es also um die Zukunftsfähigkeit der in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung. deutschen Entwicklungszusammenarbeit vor dem Hintergrund der veränderten Anforderun gen? Trägt die „BMZ 2030“-Reform auf Grund lage der vorangegangenen Analyse dazu bei, die strategische Wirksamkeit zu erhöhen? Die vorläufige Bilanz ist gemischt. Begrüßens wert ist zunächst der politische Gestaltungsan spruch, der in der Reform deutlich wird. Das BMZ macht damit sein Verständnis von Ent wicklungspolitik als wichtige gestaltende Kom ponente des deutschen Außenhandelns deutlich und stärkt die Orientierung entlang strategischer Interessen. Gleichzeitig bleibt der globale Rah men der Agenda 2030 mit ihren langfristigen Nachhaltigkeitszielen der Referenzrahmen für die deutsche Entwicklungspolitik. Um diesem Gestaltungsanspruch sowohl in den bilateralen Beziehungen mit Partnerländern als Neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit 19
1 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen 17 Am 14. Juni 2021 unterzeichneten das BMZ und Togo arbeit und Entwicklung (BMZ) 2020: Reformkonzept eine Reformpartnerschaft. Togo ist damit der siebte „BMZ 2030“, 06/2020, S. 3, in: https://bit.ly/3eCbFCB Reformpartner. BMZ 2021: Minister Müller unter [11.05.2021]. zeichnet Reformpartnerschaft mit Togo, Presse 2 BMZ 2020: BMZ 2030. Gemeinsam weiter – Zukunft mitteilung, 14.06.2021, in: https://bit.ly/3vDL4KT denken, 30.01.2020, S. 7, in: https://bit.ly/3tHsXm1 [18.06.2021]. [07.04.2021]. 18 Deutscher Bundestag 2020, N. 9, S. 11. 3 de Schrevel, Jean-Philippe 2020: How Blended 19 Ebd., S. 5. Finance Can Plug The S DG Financing Gap, O ECD 20 Auswärtiges Amt 2020: Gemeinsam. Europa Development Matters, 22.01.2020, in: https://bit.ly/ wieder stark machen. Programm der deutschen 3tBShKp [07.04.2021]. EU-Ratspräsidentschaft, 01.07.2020, S. 23 f., 4 Esteves, Paulo / Klingebiel, Stephan 2021: Diffusion, in: https://bit.ly/33zc1DQ [07.04.2021]. Fusion and Confusion: Development Cooperation 21 BMZ 2020: Ein Marshallplan mit Afrika, in: in a Multiplex World Order, in: Chaturvedi, Sachin https://bit.ly/2SGCKMC [07.04.2021]; BMZ 2020: et al. (Hrsg.): The Palgrave Handbook of Develop Der Entwicklungsinvestitionsfonds. Neue Markt ment Cooperation for Achieving the 2030 Agenda, chancen in Afrika durch nachhaltige Investitionen, 01.12.2020, S. 198 – 204, in: https://bit.ly/3tDYzsM in: https://bit.ly/3f9aolD [07.04.2021]. [11.05.2021]. 22 BMZ 2020: B MZ-Strategie für eine starke euro 5 OECD 2011: Busan Partnership for Effective Develop- päische und multilaterale Entwicklungspolitik, ment Co-operation: Fourth High Level Forum on 01/2020, in: https://bit.ly/3xW9OjI [07.04.2021]. Aid Effectiveness, Busan, Republic of Korea, 23 Deutscher Bundestag 2020: Antwort der Bundesre 29 November – 1 December 2011, O ECD Publishing, gierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten 01.12.2011, in: https://bit.ly/3vYjTuE [07.04.2021]. Olaf in der Beek, Alexander Graf Lambsdorff, 6 BMZ 2020, N. 2, S. 8. Dr. Christoph Hoffmann, weiterer Abgeordneter 7 Vortrag im Rahmen der Veranstaltung Africa Insight! und der Fraktion der F DP. Europäische und des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft am organisatorische Umsetzung der deutschen Ent 30.06.2020. wicklungszusammenarbeit, Drucksache 19/21834, 8 Ebd. 25.08.2020, S. 5, in: https://bit.ly/3heBc6N 9 Deutscher Bundestag 2020: Antwort der Bundes- [07.04.2021]. regierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Ottmar von Holtz, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Umsetzung und Aus wirkung der Strukturreform „BMZ 2030“ besonders im Hinblick auf die Themen und Länderliste der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, Drucksache 19/20436, 26.06.2020, S. 16, in: https://bit.ly/ 3hhvAIN [07.04.2021]. 10 Der IATI-Standard ist ein einheitlicher Rahmen für staatliche, zivilgesellschaftliche und private Geber zur Veröffentlichung ihrer Leistungen der Entwick lungszusammenarbeit in einem maschinenlesbaren Format (XML). Die Daten werden unter einer offe nen Lizenz auf der Webseite des jeweiligen Geld gebers veröffentlicht und mit dem I ATI-Register verlinkt. BMZ: Transparenz für mehr Wirksamkeit, in: https://bit.ly/3f7ZEE4 [11.05.2021]. 11 BMZ 2020, N. 1, S. 3. 12 Interne Presseauswertung vom 07.07.2020. 13 BMZ 2020, N. 1, S. 3. 14 N. 12. 15 Deutscher Bundestag 2020, N. 9, S. 7. 16 Biehler, Nadine / Meier, Amrei 2020: Die geplante Reform der Entwicklungspolitik in der Kritik, Kurz gesagt, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), 22.06.2020, in: https://bit.ly/3eC83Rf [07.04.2021]. 20 Auslandsinformationen 2|2021
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