Die faule Prinzessin Aufruf zum Müßiggang - Begleitmaterial zur Produktion
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Begleitmaterial zur Produktion Die faule Prinzessin Aufruf zum Müßiggang nach einem Märchen der Gebrüder Grimm katinka theater_projekte & DSCHUNGEL WIEN Uraufführung ERZÄHLTHEATER MIT LIVE-ZEICHNUNGEN/ 55 MINUTEN / AB 6 JAHREN Begleitinformationen erstellt von Anna-Lena Rode und katinka theater_projekte ANSPRECHPERSON für Informationen, Anmeldung und Kartenreservierung Pädagogische Einrichtung, Kulturvermittlung / Mag. Christina Bierbaumer MO. - FR. 09:00 - 17:00 / FON +43.1.522 07 20 -18 / FAX +43.1.522 07 20 -30 / C.BIERBAUMER@DSCHUNGELWIEN.AT / WWW.DSCHUNGELWIEN.AT
INHALTSVERZEICHNIS 1. Spieltermine und Kontakt 3 2. Konzept 4 2.1 Inszenierungsansatz 4 3. Cast und Crew 5 4. Hintergrundinformationen zum Thema Müßiggang 7 4.1 Definitionen 8 4.2 Zitate 9 5. Materialien für den Unterricht 10 5.1 Spiele und Übungen zur Vorbereitung 10 5.2 Nachbereitung 12 5.3 Gedicht Der Spinnerinnen-Chor 12 5.4 Lieder zum Stück Den Kopf in den Wolken 13 Faul sein ist wunderschön 14 Spinne, spinne... 15 6. Weiterführende Literatur 16 7. Anhang 17 • Das Märchen Die drei Spinnerinnen der Gebrüder Grimm 17 • Vom Flachs zu Leinen 19 • Zeitungsartikel zum Thema Leistungsdruck 22 • Kärtchen für die Sortierübung 24 • Malvorlagen für das Malspiel 25 2
1. Spieltermine 2011 Mi. 12. Okt. 14:30h Do. 13. Okt. 10:00h Fr. 14. Okt. 10:00h 14:30h Di. 18. Okt. 10:00h Spielort DSCHUNGEL WIEN, MQ Museumsplatz 1, 1070 Wien Preise SchülerIn (Klasse) € 5,00 Begleitpersonen freier Eintritt Weitere Informationen und Kartenreservierung unter: Mag. Christina Bierbaumer MO. - FR. 09:00 - 17:00 / +43.1.522 07 20 -18 c.bierbaumer@dschungelwien.at Die KünstlerInnen von katinka theater_projekte bieten ergänzend zur Inszenierung ein Vermittlungs-Programm für junge ZuschauerInnen und Schulklassen an, um eine nachhaltige Beschäftigung mit den Themen des Stücks anzuregen. Das Team steht Ihnen gerne für weitere Informationen über Vor- und Nachbereitungsmöglichkeiten zur Verfügung. Wenden Sie sich bitte an folgende Kontaktperson: Susi Muller / theater_katinka@gmx.at / 0664 2362602 3
2. Konzept Ausatmen, Innehalten, Loslassen, Treiben Lassen, Entspannen – solche Begriffe sind bei einem Lebensrhythmus, der sich an Terminkalender hält und in Leveln vorwärts drängt zu Sehnsuchtswörtern geworden. Wettbewerb, Profilbildung und Leistung prägen unser Streben und das Alltagsleben der Kinder. Grund genug, darüber nachzudenken, was es heißt, nichts zu tun. In dem Volksmärchen Die drei Spinnerinnen macht es ein Mädchen vor: Es widersetzt sich dem Leistungsdruck und den Forderungen, die seine Mutter ihm stellt. Es weiß, dass es die Prüfung, die die Königin ihm stellt, nicht bestehen wird. Es tut nichts, es geht müßig... . So eröffnen sich Umwege und Nischen... Drei seltsame Weiber bieten ihre Hilfe an... Und die Kunst des Nichtstuns macht das Mädchen zur glücklichen Prinzessin. Das Stück „Die faule Prinzessin“ nimmt das Grimmsche Märchen als Grundlage für eine Auseinandersetzung mit den positiven Aspekten des Faulseins. Wie im Märchen wird dabei erzählt, wie inspirierend und beglückend das Nichtstun sein kann. Die Kernzielgruppe sind Kinder im Alter von 6 bis 10 Jahren, ein Alter, in dem sie unter anderem auch durch den Schuleintritt, verstärkt mit einem hohen Leistungsanspruch konfrontiert sind. Sie lernen in einem Bildungssystem zu funktionieren, das nicht immer Raum für Einzigartigkeit und langsame Entwicklung lässt. Zuhause sieht es oft nicht anders aus: Von einer Freizeitaktivität geht es auf zur nächsten und potentielle Mußestunden werden vor dem Bildschirm verbracht. Das Stück versteht sich als Einladung zum Müßiggehen und richtet sich sowohl an Kinder als auch an erwachsene Erziehungsberechtigte aus dem privaten oder schulischen Umfeld. 2.1 Inszenierungsansatz Es wird ein Stück gezeigt, bei dem das "Sich-Treiben-Lassen" im Mittelpunkt des Geschehens steht. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler sind gemeinsam auf der Bühne. Sie erzählen das Märchen und schlüpfen dabei in die unterschiedlichen Figuren. Das Potential des ziellosen Tuns wird durch assoziativ entstehende Live-Zeichnungen, Sprachspiele und musikalische Elemente erlebbar. Die Verwandlung der Bühne, der offene Umgang mit Kostümteilen als Symbol für Figuren und das gemeinsame Zeichnen legen den kreativen Prozess des Theaterspielens offen. Die Fabel des Märchens bleibt in den Grundzügen erhalten. So kann den jüngsten ZuschauerInnen eine zauberhafte Geschichte erzählt werden, dem älteren und erwachsenen Publikum erschließt sich die Aktualität des Themas: Leistungsanspruch und Frühförderungswahnsinn gegenüber Selbstbestimmtheit und Müßiggang. 4
3. CAST & CREW katinka theater_projekte wurde im Januar 2011 gegründet und besteht im Kernteam aus Ina Theißen und Katrin Artl. Beide sind Absolventinnen der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft und sehen den Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Auseinandersetzung mit Sprache auf der Bühne. Neben diesem Schwerpunkt arbeitet katinka mit KünstlerInnen aus den Bereichen Musik und bildender Kunst zusammen, wodurch sich immer wieder neue Produktionsteams zusammenfinden. katinka steht für zeitgenössisches Theater, das dem Zuschauer Raum für eigene Gedanken und Interpretationsansätze lässt, egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener. Die Inszenierungen sind Versuche, verschiedene Kunstformen in einem Bühnenereignis zu verbinden. Regie: Katrin Artl Katrin Artl wurde 1976 in Salzburg geboren, nach ihrer Lehre als Gärtnerin machte sie zunächst eine Ausbildung zur Waldorflehrerin. Seit ihrem Diplomabschluss im Fach Sprachgestaltung/Schauspiel 2001 ist sie als Theaterpädagogin und Regisseurin im Kinder- und Jugendtheaterbereich tätig. Seit zwei Jahren ist Katrin Artl zurück in Österreich. Sie arbeitet derzeit für die Junge Burg Wien, gehört zum Leitungsteam des Theaters bodiendsole in Hallein und verwirklicht freie Projekte mit katinka. Bühne und Illustrationen: Kerstin Rajnar_frau mag rosa pink Kerstin Rajnar wuchs in Graz auf und absolvierte zunächst die HTBLVA für Kunst und Design Graz, sowie das Studium für Bühnen- und Kostümbild an der Kunstuniversität Graz. Für ihre Illustrationen und Installationen erhielt sie Preise und Auszeichnungen. Kerstin Rajnar lebt in Wien und Graz. Sie arbeitet freischaffend in den Bereichen Theater, Video, Design, Illustration und Kunst. Zur Zeit ist sie als artist in residence in Judenburg tätig und hat für katinka Bühnenbild, Video und das Zeichenkonzept entworfen. Dramaturgie: Philipp Scholze Philipp Scholze wurde 1979 in Wien geboren. Er studierte Deutsche Philologie und Geschichte an der Universität Wien. Die Theaterarbeit begann für ihn als Regieassistent für Theater-, Operette- und Opernproduktionen in Nieder-, Oberösterreich und Wien. Am Landestheater Niederösterreich war er in den letzten Jahren als Regieassistent, Schauspieler und Dramaturg tätig. Derzeit schreibt Philipp Scholze an seiner Dissertation in Philosophie. Er lebt in der Nähe von Gmünd und ist Hausmann und Vater zweier Kinder. 5
Theatervermittlung: Susi Muller Susi Muller wurde 1984 in Luxemburg geboren. Sie schloss ihr Studium der Bildungswissenschaften mit Schwerpunkt Schulpädagogik ab. Im September 2011 beendete sie ihre Ausbildung zur Theaterpädagogin am Institut angewandtes Theater in Wien. In den letzten Jahren sammelte sie mit Workshops und Projekten in Schulklassen praktische Erfahrungen. Derzeit ist Susi Muller als Parkbetreuerin im 5. Bezirk tätig. Für katinka hat sie bei den Endproben assistiert und wird das theaterpädagogische Begleitprogramm abwickeln. DarstellerInnen: Ina Theißen // Rolle: Mädchen Ina Theißen wuchs in Aachen (D) auf, wo sie auch ihre ersten Erfahrungen im Bereich Schauspiel sammelte. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung im Bereich Sprachgestaltung/Schauspiel absolvierte sie an der Universität der Künste in Berlin den Masterstudiengang Theaterpädagogik. Ina Theißen lebt seit 2008 in Wien. Neben ihrer theaterpädagogischen Tätigkeit beschäftigt sie sich als Erzählerin mit Darstellungsformen in Wort und Bild. Sie ist freiberuflich als Theaterpädagogin, Schauspielerin, Sprachgestalterin und Regisseurin tätig. Jürgen Knittl // Rollen: Mutter, Königin, Prinz Jürgen Knittl wurde 1982 in Wien geboren und beendete seine Schulzeit an einer Tourismus-Fachschule. Nach einiger Berufserfahrung in der Gastronomie entschied er sich für ein Schauspielstudium. Er machte seinen Abschluss 2007 am Gustav- Mahler-Konservatorium und ging anschließend nach Deutschland. Er spielte am Blauen Theater des Schubert-Konservatoriums Wien und in Kinderstücken, Komödien und Musicals an Theatern im Raum Köln, wie etwa dem Theater am Schlachthof Neuss. Seit Sommer 2011 ist Jürgen Knittl zurück in Wien. 6
4. Hintergrundinformationen zum Thema Müßiggang Faulheit hat etwas Anachronistisches. Sie ist nicht zeitgemäß in unserer Gesellschaft des raschen Wandels. Faule Menschen machen sich kaum noch bemerkbar: Der träge und in sich ruhende Taugenichts, die müde junge Frau, selbst der Alte, der verloren vor seinem Gläslein sitzt - sie alle scheinen einer vergangenen Welt anzugehören, einer Welt der wir früher im Märchen begegnet sind, wovor uns die Mutter oder der Lehrer mit erhobenem Zeigefinger warnten. In der Kulturgeschichte galt die Faulheit über Jahrtausende als Laster. Sie gehörte sogar zu den sieben Todsünden - als oder eben Trägheit, die auch die Stumpfheit von Geist und Herz einschloss. Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist der Mensch angehalten die Welt zu bestellen, auch wenn ihn dies Arbeit, Mühe und Sorgen kostet. Doch nicht nur die jüdisch-christliche Tradition setzte Warnungen und Verbote. Seit der frühen Moderne ist es geradezu Pflicht geworden den Verstand und die Kraft der Muskeln in Bewegung zu halten. Mit dem Konzept des Fortschritts war der faule Mensch sozusagen der Anarchist und Verweigerer, der für andere das falsche Beispiel gab. Zum Gegentypus wurde der , ein unternehmungslustiger Zeitgenosse mit wenig Schlaf und viel Veränderungswillen. Andererseits pflegte die Antike noch ein durchaus ambivalentes Verhältnis zum Nichtstun. Das , die Muße in Würden, war durchaus geschätzt: jedenfalls für Philosophen und innerlich freie Männer. Sie konnten damit ihre Unabhängigkeit gegenüber den Geschäften des Alltags demonstrieren. Was von außen her als Faulheit wahrgenommen werden mochte - das stille Für-sich-sein - war aber gerade Aktivität: Das Nachdenken über Lebensfragen und andere höhere Themen. Noch im Mittelalter hatte die Faulheit einen gewissen Charme der Unschuld. Faule Menschen waren in der Regel weder bösartig noch streitsüchtig, belästigten andere nicht, beanspruchten weniger Lebensraum als rasende Aktivisten und zettelten keine Kriege an. Anderseits waren sie - meistens weder nüchtern noch wachsam - bequeme Opfer für die Versuchungen des Teufels. Erst die Neuzeit setzt den Faulen unter einen Generalverdacht. Er ist auf andere angewiesen, die für ihn das tun, was ihm nicht in den Sinn oder gar unter die Hände kommt - und solcher Egoismus gilt als schädlich. Das Sprichwort vom Müßiggang, der aller Laster Anfang sei, erweist sich in unserer beschleunigten Lebenswelt als wahr - der Faulpelz allerdings als die Laus im Pelz. Faulheit war auch noch einfacher, als die Lebenswelt weniger Ablenkung bot. Sie galt damals als die Schwester der Langeweile: Wo nicht viel Neues geschah, war es schwierig tüchtig zu sein. Heute sind faule Menschen eher rar. Das heißt nicht, dass es nicht manche Zeitgenossen gibt die sich gerne in ihr Schneckenhaus der Trägheit zurückziehen. Aber das sich laufend erneuernde Angebot im Bereich der elektronischen Medien macht den Faulpelzen das Nichtstun schwierig. Es wäre zu anstrengend, auf alle Verführer der digitalen, virtuellen Allgegenwärtigkeit zu verzichten. Auch ist es schwer vorstellbar, dass sich die Faulheit bei den Jüngeren zu einem Zustand von mausern könnte. Vgl. Dr. Hans-Dieter Vontobel 7
4.1 Definitionen Der Müßiggang Der Müßiggang ist das Aufsuchen der Muße, was soviel bedeutet wie das entspannte, von Pflichten freie Ausleben und nicht die Erholung von besonderen Stresssituationen oder körperlichen Belastungen. Er geht z. B. mit geistigen Genüssen oder leichten vergnüglichen Tätigkeiten einher, kann jedoch auch das reine Nichtstun bedeuten. (Wikipedia) Die Muße Mit Muße bezeichnet man die Zeit, die eine Person nach eigenem Wunsch nutzen kann um sich zu erquicken und zu erbauen, etwa seiner Muse oder den Musen frönend. Nicht alle Freizeit ist gleichzeitig auch Muße, da viele Freizeitaktivitäten indirekt von Fremdinteressen bestimmt werden. (Wikipedia) Die Faulheit Faulheit ist der mangelnde Wille eines Menschen zu arbeiten oder sich anzustrengen. Die verschiedenen Interpretationen der Faulheit reichen von einer allgemeinen Tendenz des Menschen zur Ruhe bis hin zu einem schlechten Charakter des Einzelnen. Daher hat der Begriff ebenso unterschiedliche Bedeutungen und kann das Einfordern gerechter Erholung meinen oder aber als Sbis zum Schimpfwort gebraucht werden. (Wikipedia) Das Spinnen Spinnen ist nicht nur eine Bezeichnung für die Tätigkeit der Garnherstellung sondern steht auch für fantasieren beim Erzählen und im Wahn. (Vgl. Aussagen wie: „Du spinnst ja!“) Die Mythologie des Spinnens Das Spinnen spielt vielfach eine Rolle im Mythos und wird etlichen Schicksalsgöttinnen zugewiesen. Spinnen und Weben gelten als Erfindungen der Göttin Athene. Die sterbliche Arachne, die die Göttin in der Kunst des Spinnens und Weben übertreffen wollte, wurde zur Strafe in eine Spinne verwandelt. Arachnida ist noch heute der wissenschaftliche Name der Spinnentiere. In der germanischen Mythologie spinnen die Nornen, die Schicksalsfäden der Menschen. In den Märchen gilt das Spinnen meist als Ausweis von Fleiß oder inneren Reifungsvorgängen und fungiert oft als Heiratsprobe der Frau. 8
4.2 Zitate und Sprichworte „Wir haben viel zu wenig Muße: Zeit, in der nichts los ist. Das ist die Zeit, in der die Einsteins, die kreativen Forscher, ihre Entdeckungen machen. Der Betrieb und die Routine sind uninteressant und kontraproduktiv. (Beherzigen sollten wir das und uns heute einmal Zeit nehmen, gemeinsam kreativ zu sein ...)” Adolf Muschg „Müßiggang ist allen Geistes Anfang.” Franz Werfel „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ Sprichwort „Wer keine Muße kennt, lebt nicht.“ Sprichwort aus Sizilien „Eine gewisse Anzahl von Müßiggängern ist notwendig zur Entwicklung einer höheren Kultur." Miguel de Unamuno „Fleiß ist die Wurzel aller Hässlichkeit.“ Oscar Wilde „Schließlich sind Faulheit und Müßiggang nicht das Gegenteil von Arbeit, sondern die Voraussetzung für poetisches Verhalten.“ Joachim Schultz und Gerhard Köpf in: Lob der Faulheit, Insel Taschenbuch 9
5. Materialien für den Unterricht 5.1 Spiele und Übungen zur Vorbereitung Die Kenntnis des Märchens der Gebrüder Grimm ist keine Voraussetzung, um das Theaterstück zu verstehen. Möchten Sie jedoch ihre Kinder intensiver auf den Vorstellungsbesuch vorbereiten, empfehlen wir Ihnen und der Klasse, das Märchen zu lesen. In der Vorbereitung der Kinder auf den Vorstellungsbesuch empfehlen wir Ihnen zwei Schwerpunkte: Zum einen die Sicht der Kinder auf die Geschichte und deren Übertragung in den eigenen Alltag, zum anderen die Umsetzung des Inhalts in Erzählungen, Zeichnungen und Szenisches Spiel. Erzählerische Mittel der Theaterinszenierung Um das Märchen „Die faule Prinzessin“ auf die Bühne zu bringen, werden verschiedene künstlerische Mittel genutzt: Es wir erzählt, illustriert, gezeichnet, und Theater gespielt. Lesen sie mit den Kindern einen Ausschnitt des Märchens: Als sie ins Schloß gekommen waren, führte die Königin das Mädchen hinauf zu drei Kammern, die lagen von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. “Nun spinn mir diesen Flachs”, sprach sie, “und wenn du es fertigbringst, so sollst du meinen ältesten Sohn zum Gemahl haben; bist du gleich arm, so acht ich nicht darauf, dein unverdroßner Fleiß ist Ausstattung genug.” Das Mädchen erschrak innerlich, denn es konnte den Flachs nicht spinnen, und wär's dreihundert Jahre alt geworden und hätte jeden Tag vom Morgen bis Abend dabeigesessen. Als es nun allein war, fing es an zu weinen. Es saß drei Tage, ohne die Hand zu rühren... Am dritten Tage kam die Königin, und sah, daß noch nichts gesponnen war. Aber das Mädchen entschuldigte sich damit, daß es vor großer Betrübnis über die Entfernung aus seiner Mutter Haus noch nicht hätte anfangen können. Das ließ sich die Königin gefallen, sagte aber beim Weggehen: “Morgen mußt du mir anfangen zu arbeiten.” A) Lassen sie die Kinder in Kleingruppen (2 - 5) die Handlung der Geschichte in eigenen Worten für die Klasse nacherzählen. Was verändert sich, je nachdem, wer sie erzählt? Ermutigen sie die Kinder auch Anleihen zu ihrem Alltag zu finden: Was wäre heute eine Prüfung für die Arbeitsleistung? Was wäre eine Fleißaufgabe, die sie selbst nie bewältigen könnten? B) Wie könnte man diesen Teil des Märchens in Form eines Bilderbuchs darstellen? Für die Stationen der Handlung können mehrere Bildmotive ausgewählt werden (z.B.: ein prächtiges Schloss // eine Kammer, in der Arbeit wartet // das Mädchen allein // was dem Mädchen in den drei Tagen so durch den Kopf geht // die zweite 10
Begegnung mit der Königin). Die Motive werden unter den Kindern aufgeteilt und gemeinsam wird ein Bilderbuch gemalt oder gezeichnet. C) Das Märchen kann nun in kleinen Szenen nachgespielt werden. Wer möchte die Königin spielen, wer das Mädchen? Kann man die Geschichte auch mit einem Buben und einer Königin spielen? Besetzt die Rolle der Königin mit einem Jungen! Zum Weitermalen Im Anhang finden Sie Vorlagen mit Malmotiven aus der Inszenierung „Die faule Prinzessin“. Die Kinder können nun, ähnlich wie es das Mädchen im Stück macht, die Motive durch freies Zeichnen und Malen ergänzen und weiterentwickeln und dabei ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Arbeit und Müßiggang – Begriffe sortieren Die Kinder werden in Kleingruppen von ca. 10 Personen eingeteilt und erhalten zehn Kärtchen, auf denen unterschiedliche Begriffe stehen. Nun werden sie aufgefordert, diese in eine Reihenfolge zu bringen. Dabei sollen sie mit der für sie anstrengendsten Tätigkeit beginnen und mit dem Begriff enden, der ihnen am meisten Spaß macht. Die aufgelegten Reihen der Kleingruppen werden anschließend gemeinsam betrachtet und besprochen. Ziel ist es, dass sich die Kinder mit ihrem Freizeitverhalten auseinander setzen, indem sie miteinander ins Gespräch kommen. Dies kann die Kinder sensibilisieren zu hinterfragen, was sie freiwillig machen, was sie zum Beispiel mit Aussicht auf Belohnung tun und was sie als lästige Pflicht empfinden bzw. unter Zwang ausführen. Wichtig dabei ist, dass es kein richtig oder falsch gibt, da jedes Kind natürlich die jeweiligen Tätigkeiten unterschiedlich einstuft. Im Anhang finden Sie einige Vorschläge mit Begriffen zum Ausschneiden. Arbeit und Müßiggang – Gespräch Für ein Klassengespräch vor bzw. nach dem Vorstellungsbesuch können folgende Fragen als Anregung dienen: Was ist freie Zeit für euch? Was ist Arbeit? Sollte man jemanden dafür, dass er sich eine Geschichte ausdenkt, bezahlt? Warum? Könnte man „einmal das Stiegenhaus putzen“ auch aus Vergnügen tun? Warum nicht? Habt ihr schon mal mit Arbeit Geld verdient? Wenn es nicht ums Geld verdienen geht, warum könnte man sonst arbeiten? Wann hattet ihr zuletzt richtig viel Zeit? 11
In welcher Situation bummelt ihr gern? Was ist das Schöne daran? Bei welchen Gelegenheiten habt ihr das Gefühl euch zu langweilen? Wie fühlt sich das an? 5.2 Nachbereitung Nach dem Vorstellungsbesuch empfiehlt es sich, das Gesehene nochmals mit den Kindern zu reflektieren: An welche Szene erinnern sie sich noch am meisten? Warum? Was war anders, als sie es sich vorgestellt haben? Was war anders als im Märchen? Wann wurden Zeichnungen eingesetzt und was bedeuteten sie? Wie haben die Kinder die beiden Darsteller erlebt: als Erzählerfigur, als Mädchen und Mutter bzw. Königin oder Prinz, als Mann und Frau? Gerne kommen wir auch zu Ihnen in die Schule, um mit den Kindern über das Stück zu sprechen. 5.3 Gedicht: Der Spinnerinnen-Chor von Auguste Möder Drauß wirbelt der Schnee, und er wirbelt gar kraus, heimlich im schützenden Haus. Nun drehe dich, Spindel, nur zu, immer zu: Surrsu, Surresu Surresu, surresu. Hell auf im Kamine das Feuer erglüht, Und singet und knistert und Funken Versprüht. Nun drehe dich, Spindel, nur zu, immer zu: Surrsu, Surresu Surresu, surresu. Zirp‘, zirpe, lieb‘ Heimchen, du Holdchen gar wert, Das Frieden und Glück Unserm Hause beschert. 12
Nun drehe dich, Spindel, nur zu, immer zu: Surrsu, Surresu Surresu, surresu. Purr, purr, stimmt die Mieze behaglich mit ein Und schnurret und surret Und spinnet gar fein. Nun drehe dich, Spindel, nur zu, immer zu: Surrsu, Surresu, surresu, surresu. Euch lehrt‘ es die Holle, gelt Mieze? – Miau. Gar gut ist euch Katzen Die spinnende Frau. Nun drehe dich, Spindel, nur zu, immer zu: Surrsu, Surresu Surresu, surresu. 5.4 Lieder Den Kopf in den Wolken Text: nach Joachim Ringelnatz / Musik: eigene Vertonung Such dir ein Plätzchen das niemand weiß Und einen Käfer der dich begleitet Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß Das durch den sonnigen Himmel schreitet. Versteck dich faul in der Fülle der Gräser Laß dich von der Sonne beschenken Sei ein müßiger Lippenbläser Und laß dich von Melodien lenken. Laß die Gedanken ins Blau sich versenken Schau in das streunende Wolkengezupf Vergiss dich - Es soll dein Denken Nicht weiter reichen, als ein Grashüpferhupf. 13
Faul sein ist wunderschön Text: Astrid Lindgren / Musik: Georg Riedel Faul sein ist wunderschön, denn die Arbeit hat noch Zeit. Wenn die Sonne scheint und die Blumen blühn, ist die Welt so schön und weit. Faulsein ist wunderschön, liebe Mutter glaub' es mir. Wenn ich wiederkomm', will ich fleißig sein, ja das versprech' ich Dir. Trall-la-la-lalallaaaaaaaa, die Mutter backt den Kuuuchen. Der schmeckt dem Faulpelz gut, genauso wie dem Fleißgen. Ja, ja, ja Faul sein ist wunderschön, ooohob mit ob ohne Geld. Wer's nicht glaubt, der soll zuuhur Schule gehn', wir ziehen in die Welt. Trall-la-la-lalallaaaaaaaa, die Mutter backt den Kuuuchen. Der schmeckt dem Faulpelz gut, genauso wie dem Fleißgen. Ja, ja, ja Faul sein ist wunderschön, viiiehl schöner als der Fleiß. Dieeehie Luft ist blau, deeer Wald ist grün, und der kleine Onkel, der ist weiß. 14
Spinn, spinn, meine liebe Tochter 15
6. Weiterführende Literatur 6.1 Müßiggang Dischner, Gisela: Wörterbuch des Müßiggängers, Edition Sirius. Hesse, Hermann: Die Kunst des Müßiggangs, Suhrkamp Verlag. Jung, Jochen: Lob der Faulheit?, Residenzverlag. Schultz, Joachim/Köpf, Gerhard, Lob der Faulheit, Insel Verlag. 6.2 Zum Spinnen Carl, Franz: Vom Flachs zum Leinen, Landesverlag Linz. Fasse, Marianne: Rund um Flachs und Leinen. Sprichwörter und Redensarten, Volksglaube und Brauchtum, Gedichte, Lieder und Märchen aus der Spinnstube, Aschendorff Verlag. Grillenfeld, Josef: Aus Flachs wird Leinen. Der lange Weg einer alten Pflanze, http://www.jahrbuch-vulkaneifel.de/VT/hjb1994/hjb1994.94.htm, 13.06.2011. 6.3 Arbeit und Müßiggang in der Erziehung Bettelheim, Bruno: Kinder brauchen Märchen, dtv. Buzyn, Etty: Lasst mir doch Zeit zum Träumen, Herder Verlag. Hodgkinson,Tom: Leitfaden für faule Eltern, Rowohlt Verlag. 6.4 Literatur für Kinder Grimm, Jakob und Wilhem: Der faule Heinz, in: Kinder- und Hausmärchen. Grimm, Jakob und Wilhelm: Die wahre Braut, in: Kinder- und Hausmärchen. Gunnesch, Irene/Stöllinger, Heide: Faule Frieda, Jungbrunnen Verlag. Leonni, Leo: Frederick, Beltz Verlag. Shaw, Elizabeth: Bettina bummelt, Kinderbuchverlag. Weeber, Jochen/Reichel, Anja: Hühner dürfen sitzen bleiben, Pattloch Verlag. 16
7. Anhang Die drei Spinnerinnen Ein Märchen der Gebrüder Grimm Es war ein Mädchen faul und wollte nicht spinnen, und die Mutter mochte sagen, was sie wollte, sie konnte es nicht dazu bringen. Endlich überkam die Mutter einmal Zorn und Ungeduld, daß sie ihm Schläge gab, worüber es laut zu weinen anfing. Nun fuhr gerade die Königin vorbei, und als sie das Weinen hörte, ließ sie anhalten, trat in das Haus und fragte die Mutter, warum sie ihre Tochter schlüge, daß man draußen auf der Straße das Schreien hörte. Da schämte sich die Frau, daß sie die Faulheit ihrer Tochter offenbaren sollte, und sprach: “Ich kann sie nicht vom Spinnen abbringen, sie will immer und ewig spinnen, und ich bin arm und kann den Flachs nicht herbeischaffen.” Da antwortete die Königin: “Ich höre nichts lieber als spinnen und bin nicht vergnügter, als wenn die Räder schnurren. Gebt mir Eure Tochter mit ins Schloß, ich habe Flachs genug, da soll sie spinnen, soviel sie Lust hat.” Die Mutter war's von Herzen gerne zufrieden, und die Königin nahm das Mädchen mit. Als sie ins Schloß gekommen waren, führte sie es hinauf zu drei Kammern, die lagen von unten bis oben voll vom schönsten Flachs. “Nun spinn mir diesen Flachs”, sprach sie, “und wenn du es fertigbringst, so sollst du meinen ältesten Sohn zum Gemahl haben; bist du gleich arm, so acht ich nicht darauf, dein unverdroßner Fleiß ist Ausstattung genug.” Das Mädchen erschrak innerlich, denn es konnte den Flachs nicht spinnen, und wär's dreihundert Jahre alt geworden und hätte jeden Tag vom Morgen bis Abend dabeigesessen. Als es nun allein war, fing es an zu weinen und saß so drei Tage, ohne die Hand zu rühren. Am dritten Tage kam die Königin, und als sie sah, daß noch nichts gesponnen war, verwunderte sie sich, aber das Mädchen entschuldigte sich damit, daß es vor großer Betrübnis über die Entfernung aus seiner Mutter Haus noch nicht hätte anfangen können. Das ließ sich die Königin gefallen, sagte aber beim Weggehen: “Morgen mußt du mir anfangen zu arbeiten.” Als das Mädchen wieder allein war, wußte es sich nicht mehr zu raten und zu helfen und trat in seiner Betrübnis vor das Fenster. Da sah es drei Weiber herkommen, davon hatte die erste einen breiten Plattfuß, die zweite hatte eine so große Unterlippe, daß sie über das Kinn herunterhing, und die dritte hatte einen breiten Daumen. Die blieben vor dem Fenster stehen, schauten hinauf und fragten das Mädchen, was ihm fehlte. Es klagte ihnen seine Not, da trugen sie ihm ihre Hilfe an und sprachen: “Willst du uns zur Hochzeit einladen, dich unser nicht schämen und uns deine Basen heißen, auch an deinen Tisch setzen, so wollen wir dir den Flachs wegspinnen, und das in kurzer Zeit.” “Von Herzen gern”, antwortete es, “kommt nur herein und fangt gleich die Arbeit an.” Da ließ es die drei seltsamen Weiber herein und machte in der ersten Kammer eine Lücke, wo sie sich hinsetzten und ihr Spinnen anhuben. Die eine zog den Faden und trat das Rad, die andere netzte den Faden, die dritte drehte ihn und schlug mit dem Finger auf den Tisch, und sooft sie schlug, fiel eine Zahl Garn zur Erde, und das war aufs feinste gesponnen. Vor der Königin verbarg sie die drei Spinnerinnen und zeigte ihr, sooft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns, daß diese des Lobes kein Ende fand. Als die erste Kammer leer war, ging's an die zweite, endlich 17
an die dritte, und die war auch bald aufgeräumt. Nun nahmen die drei Weiber Abschied und sagten zum Mädchen: “Vergiß nicht, was du uns versprochen hast, es wird dein Glück sein.” Als das Mädchen der Königin die leeren Kammern und den großen Haufen Garn zeigte, richtete sie die Hochzeit aus, und der Bräutigam freute sich, daß er eine so geschickte und fleißige Frau bekäme, und lobte sie gewaltig. “Ich habe drei Basen”, sprach das Mädchen, “und da sie mir viel Gutes getan haben, so wollte ich sie nicht gern in meinem Glück vergessen. Erlaubt doch, daß ich sie zu der Hochzeit einlade und daß sie mit an dem Tisch sitzen.” Die Königin und der Bräutigam sprachen: “Warum sollen wir das nicht erlauben?” Als nun das Fest anhub, traten die drei Jungfern in wunderlicher Tracht herein, und die Braut sprach: “Seid willkommen, liebe Basen.” “Ach”, sagte der Bräutigam, “wie kommst du zu der garstigen Freundschaft?” Darauf ging er zu der einen mit dem breiten Plattfuß und fragte: “Wovon habt Ihr einen solchen breiten Fuß?” “Vom Treten”, antwortete sie, “vom Treten.” Da ging der Bräutigam zur zweiten und sprach: “Wovon habt Ihr nur die herunterhängende Lippe?” “Vom Lecken”, antwortete sie, “vom Lecken.” Da fragte er die dritte: “Wovon habt Ihr den breiten Daumen?” “Vom Fadendrehen”, antwortete sie, “vom Fadendrehen.” Da erschrak der Königssohn und sprach: “So soll mir nun und nimmermehr meine schöne Braut ein Spinnrad anrühren.” Damit war sie das böse Flachsspinnen los. ENDE 18
Vom Flachs zu Leinen Flachs blüht in der zweiten Hälfte des Monats Mai bis Anfang Juni. Die Blüten sind weiß oder hellblau. Der vollreife Flachs wird nicht gemäht, sondern mit der Hand einschließlich Wurzeln ausgerauft(ausgerissen), damit die bis in die Wurzeln reichenden Fasern vollständig gewonnen werden können. Der vollreife Flachs hat eine Länge zwischen 80 cm und 120 cm. Es beginnt damit, dass der Flachs entsamt werden muss. Dazu dient ein Riffelkamm, ein langes Brett, das mit einer Menge Eisenstiften bestückt ist. Durch diese Eisenstifte wird dann der Flachs hindurchgezogen. Dabei zerbrechen die Samenkapseln und der Samen fällt heraus. Die Flachsfasern bestehen aus Faserbündelchen. Sie haften durch eine leimartige Substanz besonders fest aneinander und an dem sie umgebenden Gewebe. Um nun eine Abscheidung der holzigen Teile vom Bast zu ermöglichen, wird der Flachs auf einer Wiese zum Taurösten ganz dünn ausgelegt. Durch den nächtlichen Tau mit nachfolgendem Abtrocknen am Tag wird der Stängel brüchig. Dadurch löst sich der Bast später besser heraus. Im Spätherbst, wenn die Feldarbeit beendet ist, wird der Flachs gedörrt. Das geschieht in der Brächkaul, einem massiven Mauerwerk von etwa zwei Metern im Quadrat. In der Vorderwand gibt es eine Öffnung für die Feuerstelle. Abgedeckt ist die Brächkaul mit starken Knüppeln, auf denen das Flachs zum Dörren gelegt wird. Beim Brechen wird eine Handvoll Flachs auf die Holzbank gelegt und das Oberteil auf und ab bewegt, dadurch wird der Flachs zwischen die Stege gedrückt, wobei die holzigen Bestandteile des Stängels zerbrochen und größtenteils abgelöst werden. Die Anschlussbehandlung bildet das Schwingen mit Schwinge und Schwingstock. Beim Schwingen wird der Flachs über den Schwingstock gelegt und mit der Schwinge geklopft und geschlagen. Dabei trennen sich die gelockerten Holzteile endgültig von den Fasern. 19
Das Hecheln Die Hechel ist ein kammartiges Werkzeug mit Nagelspitzen und dient zum Kämmen von Flachs. Man unterscheidet anhand der Dichteordnung der Nägel Grob- und Feinhechel. Je feiner der Flachs gehechelt wird, desto wertvoller ist das daraus gesponnene Garn und der Leinenschatz. Mit viel Geschick und Ausdauer kämmten die Frauen die letzten noch verbliebenen „Schäbenreste“ (Holzreste) aus dem Gespinst. Gleichzeitig erfolgte die Trennung der Fasern nach ihrer Qualität. Das Spinnen Die Spinnstube war während der Wintermonate der Mittelpunkt des geselligen Lebens der erwachsenen Dorfjugend. […] Beim Spinnen kommt es zunächst auf ein zweckmäßiges Spinnrad an. Das Spinnen mit dem Spinnrad unterschied sich von dem Spinnen mit der Handspindel im Wesentlichen dadurch, dass die Bildung des Fadens und die Aufwicklung desselben gleichzeitig vor sich gehen. Spinnen mit dem Spinnrad Das Spinnrad ist ein technisches Hilfsmittel zum Verspinnen von Fasern zur späteren weiteren Verarbeitung (z. B. Weben, Stricken). Beim Verspinnen werden lose Fasern durch gleichzeitiges Verdrehen und Auseinanderziehen zu einem Faden verarbeitet. Die spinnende Person setzt das Schwungrad über den Fußantrieb in Bewegung. Die Umdrehung des Rades überträgt sich auf den Spinnflügel. Der Unterschied im Innen-Umfang von Schwungrad und Wirtel bedingt die sogenannte Übersetzung. Eine Übersetzung z.B. von 1:5 bedeutet, dass ein Tritt eine volle Drehung des Schwungrades und gleichzeitig 5 Umdrehungen des Spinnflügels hervorruft. Die Aufgabe des Spinnflügels ist es, die Fasern miteinander zu verdrehen und gleichzeitig auf die Spule aufzuwickeln. Die Fertigkeit der spinnenden Person besteht dabei darin, soviel Fasern aus dem Faservorrat freizugeben, wie für die Dicke des gewünschten Fadens erforderlich ist und soviel Drall in den Faden zu leiten, wie für den gewünschten Drehungsgrad (Festigkeit) erforderlich ist. Dafür müssen gleichzeitig drei Geschwindigkeiten aufeinander abgestimmt werden, nämlich wie schnell man tritt, auszieht und in den Spinnflügel einlaufen lässt. Das 20
Schwungrad wird mit der rechten Hand gedreht. Die linke Hand zieht gleichzeitig den Faservorrat in einem Winkel von 45° zur Spindelausrichtung zurück. Die spinnende Person kann einen so langen Faden spinnen, wie ihr Arm nach hinten reicht. Dabei muss die Geschwindigkeit, mit der der Drall in die Fasern einläuft, mit der Geschwindigkeit abgestimmt werden, mit der die Hand zurückgezogen wird. Der entstandene Faden muss anschließend manuell auf die Spindel aufgewickelt werden. Information zusammengestellt aus folgenden Texten Fasse, Marianne: Rund um Flachs und Leinen. Sprichwörter und Redensarten, Volksglaube und Brauchtum, Gedichte, Lieder und Märchen aus der Spinnstube, Aschendorff Verlag: Münster 2003. Grillenfeld, Josef: Aus Flachs wird Leinen. Der lange Weg einer alten Pflanze, http://www.jahrbuch-vulkaneifel.de/VT/hjb1994/hjb1994.94.htm, 13.06.2011. Wikipedia „Spinnen“ und „Spinnrad“ 21
Wenn übermotivierte Eltern ihren Kindern schaden Artikel vom 19.09.2009 „Die Welt“ Zwischen Geigenstunde, Frühenglisch und Schulaufgaben: Aus Sorge um die Zukunftschancen ihrer Kinder setzen immer mehr Eltern den Nachwuchs einem ungeheuren Leistungsdruck aus. Davon profitiert eine ganze Förderindustrie. Doch die Kleinen leiden. Experten halten das für eine bedenkliche Fehlentwicklung. Wenn Konstantin von den vergangenen Sommerferien an der Nordsee erzählt, geht ein Strahlen über sein Gesicht. „Das Schönste war, dass wir immer ohne die Eltern rausgehen konnten“, sagt der Siebenjährige. Mit dem Bollerwagen war der Berliner Junge mit seinen Geschwistern auf Juist unterwegs, spielte mit anderen Kindern mal Pferdekutsche, mal Detektiv, kletterte auf Bäume oder picknickte. Leistungsdruck für Kinder Dass Kinder allein durch die Straßen ziehen, unbeaufsichtigt von Erwachsenen und ohne professionelle Animation, war in früheren Generationen normal – und signalisierte keineswegs Vernachlässigung. Heute sieht der Alltag der Kleinen ganz anders aus. Der Terminkalender der wohlbehüteten Sprösslinge ist voll. Zwischen Musikunterricht, Sportverein, Frühenglisch und Nachhilfestunden bleibt wenig Zeit für Spontaneität. Und unbeaufsichtigt sind sie ohnehin nie, denn überall ist das Mama-Taxi dabei. Weil Eltern für ihre Kinder die besten Startbedingungen schaffen wollen, stehen Familien heute unter einem nie dagewesenen Leistungsdruck. Schon Babys im Alter von wenigen Monaten geraten in die Mühle der Förderpädagogik. Babyschwimmen, Mozart-Beschallung, Pekip-Krabbelgruppe und die Suche nach der idealen Kita: Vor Stress wissen viele Mütter – seltener sind es die Väter – oft nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Und immer stellen sie sich die bange Frage: „Entwickelt sich mein Kind auch gut genug?“ Experten sehen in dem Versuch zur Optimierung der Kinder eine bedenkliche Fehlentwicklung. Von einer „Überkontrolle“ durch Eltern und andere Betreuungspersonen spricht der Kinderpsychologe und Buchautor Wolfgang Bergmann. „Die so geförderten Kinder werden in einen enormen Leistungsdruck gezwungen“, warnt er. Dies diene keineswegs der Entfaltung der Persönlichkeiten, vielmehr drohe eine Verarmung ihrer Fähigkeiten – und im schlimmsten Fall könnten gar seelische und gesundheitliche Schäden die Folge sein. (...) Und raus bist du Reportage vom 19.04.2010, „Focus“ Zwischen Leistungsdruck und Versagensangst: Wenn jetzt die Übertrittszeugnisse verteilt werden, sind Viertklässler am Ende der Kräfte. Ihre Eltern auch. Einblicke in den deutschen Schulwahnsinn. 22
Jonathans (Namen aller Kinder geändert) Kindheit endete womöglich am 15. September 2009. Er war neun Jahre alt, und es war sein erster Tag als Viertklässler der Münchner Grundschule an der Ostpreußenstraße. Sieben Monate später beugt sich Jonathan am Küchentisch der Familie K. über sein Mathe-Heft. Die feinen dunkelblonden Haare verbergen sein blasses Gesicht, Finger mit abgekauten Nägeln krampfen sich um den Füller. Seine Mutter Andrea mischt in der Küchenecke rasch einen Spätzleteig zusammen. Bei einem Haushalt mit fünf Kindern muss jede Bewegung effektiv sein. „Ein Elefantenjunges wiegt mit drei Jahren so viel wie 17 Pfleger“, murmelt Jonathan so lange vor sich hin, bis seine Mutter doch an den Tisch kommt „Ach, Jona, das stimmt doch so nicht!“, sagt Andrea K. mit dieser Spur Genervtheit in der Stimme, über die sie sich später wieder ärgern wird, und korrigiert die Rechnung. Linus, dritte Klasse, erledigt zügig seine Aufgaben. „Ich bin nicht so gut wie mein Bruder“, sagt Jonathan leise. „Ich komme nur auf die Realschule.“ Er zögert, blickt auf sein Heft. „Wenn ich es überhaupt schaffe.“ Es schaffen. Kürzer kann man das Ziel am Ende der Grundschulzeit nicht ausdrücken. Am ersten Tag nach den Sommerferien beginnt für viele Viertklässler ein Marathon bis zum Wechsel auf eine weiterführende Schule. Wenn Jonathan sein Übertrittszeugnis erhält, wird er allein in den drei relevanten Fächern Mathematik, Deutsch sowie Heimat- und Sachunterricht (HSU) 26 Proben geschrieben haben. Nur vier Schulwochen werden offiziell frei von Klassenarbeiten gewesen sein. Tests in Religion und Musik sowie mündliche Prüfungen sind in diesen vom Kultusministerium verordneten Erholungsphasen trotzdem erlaubt. (...) 23
Kärtchen für das Sortierspiel Kärtchen bitte ausschneiden: Mistkübel ausleeren Fangen spielen auf kleine Geschwister aufpassen Haustier füttern fernsehen ein Bild malen turnen am Computer spielen Schwimmen Zimmer aufräumen ein Lied erfinden lesen üben abwaschen Musik hören 24
Zum Weitermalen Illustration: Kerstin Rajnar_frau mag rosa pink © 2011 katinka theater_projekte 25
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