Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach - eine bekannte Fundstelle der Oberen Süßwassermolasse im Landkreis Günzburg (Bayern): Geologie und Fauna
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communications 5 (2021) 72-81 Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach - eine bekannte Fundstelle der Oberen Süßwassermolasse im Landkreis Günzburg (Bayern): Geologie und Fauna Ulrich Seehuber1 1 Dr. Ulrich Seehuber, Wolfsberg 4, 86450 Altenmünster, Deutschland; andrias@gmx.de Abstract: Since 1978 numerous fossils have been discovered from the DUMERTH sand pit near Burten- bach (Günzburg district, Bavaria). In addition to a rich fossil flora, numerous fossil fauna remains have been found. The locality can be classified in the local biostratigraphic unit OSM C + D - SAN. The fauna of Burtenbach belongs to the mammalian zone MN 5. Keywords: Upper Freshwater Molasse (UFM), Burtenbach, MN 5. Kurzfassung: Aus der Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach (Landkreis Günzburg, Bayern) wurden seit 1978 zahlreiche Fossilien entdeckt. Neben einer reichen fossilen Flora wurden auch viele fossile Fau- nenreste aufgefunden. Die Lokalität kann in die lokale biostratigraphische Einheit OSM C + D - SAN eingestuft werden. Die Fauna von Burtenbach ist der Säugerzone MN 5 zuzurechnen. Schlüsselwörter: Obere Süßwassermolasse (OSM), Burtenbach, MN 5. fossilen Florenresten sind in den Tonen auch ver- Einleitung einzelt Mollusken und Wirbeltierreste entdeckt worden. Im Laufe der Jahre und des damit ver- Im Jahr 1975 hatten sich in der schwäbischen Stadt bundenen fortschreitenden Abbaus in der Grube Günzburg mehrere Mineralien- und Fossilien- DUMERTH wurden weitere fossilführende Hori- sammler zu einer Interessengemeinschaft, den zonte im Hangenden und Liegenden der Tonlinse Günzburger Mineralien- und Fossilienfreunden, entdeckt, aus denen zahlreiche fossile Wirbeltier- zusammengeschlossen. Einige Mitglieder erkun- reste geborgen werden konnten. Ziel der vorlie- deten in der Folgezeit auch verschiedene Auf- genden Arbeit ist es, einen kurzen umfassenden schlüsse in der Umgebung von Günzburg. In der Überblick über die Geologie und die aufgefun- Sandgrube der Firma DUMERTH südlich von denen Faunenreste der Fundstelle Burtenbach zu Burtenbach entdeckte einer dieser Sammler, Herr geben. Zudem wird die fossile Fauna biostratigra- L. Friede aus Jettingen, 1980 erste fossile Blattreste phisch ausgewertet. aus einer frisch angeschnittenen Tonlinse (MICK 1984). In den darauffolgenden Jahren wurden durch die Günzburger Sammler eine Vielzahl fos- Lage und Geologie der Fundstelle siler Blätter und Fruktifikationen aus der Tonlin- se geborgen. Mit über 100 nachgewiesenen Arten Zwischen den Märkten Burtenbach und Münster- zählt die Flora von Burtenbach zu den reichsten hausen im östlichen Landkreis Günzburg (Bayern) bisher bekannten Molassefloren (SACHSE in Vor- befindet sich unmittelbar östlich der Staatsstraße bereitung, GREGOR in Vorbereitung). Neben den 2025 die Grube der Firma DUMERTH (siehe Abb. 1). Received 05 February 2021; accepted in revised form: 20 March 2021; available online 05 April 2021 72 Published by amh-Geo, D-84168 Aham, Landshut. Copyright © 2021 amh-Geo. All rights reserved. ISSN (Online) 2626-739X https://www.amh-geo.com/startseite/fachzeitschriften/doc-nat-communications/
Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach: Geologie und Fauna Die Koordinaten der Lokalität Burtenbach (Sand- Blöcke, die vor allem im mittleren Bereich der Ab- grube DUMERTH) sind R 43 85 460, H 53 55 440. folge vorkommen und eine Mächtigkeit bis zu 50 Durch den fortschreitenden Sandabbau und der cm erreichen (siehe Abb. 5). Während der Sand- einhergehenden Verfüllung ausgebeuteter Berei- gewinnung erschwerten diese zementierten, sehr che hat sich die Grube DUMERTH seit der Entde- harten Blöcke den Abbau. Die herausgerissenen, ckung der fossilführenden Tonlinse im Jahr 1980 oft tonnenschweren Brocken wurden oftmals se- (siehe Abb. 2) stark verändert. Der Sandabbau parat im Grubengelände gelagert und teilweise wurde im Laufe der Jahre in östlicher und südöst- für Gestaltungsmaßnahmen im Garten-und Land- licher Richtung ausgedehnt. Inzwischen wird die schaftsbau verwendet (siehe Abb. 6). Im Bereich Grube vor allem für die Zwischenlagerung diver- der karbonatisch zementierten Blöcke, aber auch ser Baumaterialien sowie zur Verfüllung benutzt. als eigenständige innerhalb der Sande vorhande- Die heute im nördlichen Grubenbereich gelegene ne Sedimentkörper waren unterschiedlich mäch- fossilführende Tonlinse ist zwar noch vorhanden, tige, rinnenartig ausgebildete Aufarbeitungslagen jedoch ist der Abbau dort seit vielen Jahren still- anzutreffen, die oftmals Molluskenreste (z.T. gan- gelegt (siehe Abb. 3). Ob in diesem Bereich weiter ze Gehäuse) und auch Wirbeltierreste enthielten abgebaut wird oder ob auch hier verfüllt werden (siehe Abb. 7). Aus diesen Aufarbeitungslagen soll, ist nicht bekannt und hängt wohl von den konnten u.a. Reste von Kleinsäugern geborgen weiteren Planungen der Firma DUMERTH ab. werden, die für die biostratigraphische Einstu- Momentan sind Reste der Tonlinse noch zugäng- fung der Fundstelle von großer Bedeutung sind. lich, ein Aufgraben und Freilegen einer größeren Aber auch in den karbonatisch zementierten Blö- Fläche jedoch nur mit umfangreichem Maschinen- cken wurden Fossilien entdeckt. Neben schlecht einsatz möglich. erhaltenen Pflanzenresten (Blattabdrücke, kohlige Die tertiären Sedimente der Grube DUMERTH bei Holzreste) kamen verschiedene Mollusken und Burtenbach lassen sich gemäß der von DOPPLER Wirbeltierreste (u.a. Gomphotherium-Molar) zum (1989) eingeführten lithostratigraphischen Neu- Vorschein. gliederung der Oberen Süßwassermolasse (OSM) Von der pflanzenführenden Tonlinse ist heute nur der Fluviatilen Untere Serie (FUS) zuordnen. Laut noch ein knapp 1 Meter mächtiger Rest im nörd- MAURER & BUCHNER (2007: 258) handelt es sich lichen Grubengelände aufgeschlossen. Ursprüng- um OSM-Sedimente des „…vermutlich oberen lich erreichte die Tonschicht eine Mächtigkeit Abschnitts der Fluviatilen Unteren Serie…“. Die- von etwa 3 und eine Breite von etwa 50 Metern se beiden Autoren haben die Grube DUMERTH (SCHMID 1984, siehe Abb. 8). Die laminierten zudem sedimentologisch untersucht und hierfür Tone der Linse können in drei Bereiche unterteilt Lithofazies- und Architekturelement-Analysen werden. Die untersten gelblichen Tonschichten durchgeführt. Die Abfolge in der Grube DU- lieferten die artenreiche fossile Flora mit Samen, MERTH enthält demzufolge Ablagerungen von Mischfracht-Rinnen, sandigen Barren und Altarm- Rinnen. Überwiegend bestehen die OSM-Ablagerungen in der Grube DUMERTH aus Fein- und Mittelsan- den, die z.T. Schrägschichtung aufweisen. An der Basis von schräggeschichteten Sedimentpaketen sind jedoch häufig auch grobkörnigere Kompo- nenten, z.B. Mergelkonkretionen, miteingeschal- tet. An bestimmten Stellen konnten zudem bis 10 cm große Tongerölle an der Basis von Rinnen festgestellt werden. Im Jahr 2013 wurde im östli- chen Grubenbereich bei einer Tiefbaggerung kurz unterhalb der eigentlichen, bei ca. 493 m über NN liegenden Grubensohle eine Tongeröll-führende Rinne angetroffen, die zahlreiche Wirbeltierreste enthielt. Durch Aussieben der Rinnensedimente konnten zahlreiche Knochen, Zähne und Kiefer- reste von Großsäugern sowie Schildkrötenpanzer- platten geborgen werden (siehe Abb. 4). Abbildung 1: Geographische Lage der Fundstelle Besonders auffällig im Aufschluß sind die gele- Sandgrube DUMERTH Burtenbach (R 43 85 460, gentlich auftretenden, karbonatisch zementierten H 53 55 440). 73
U. Seehuber / documenta naturae communications 5 (2021) 72-81 Abbildung 2: „Historische“ Aufnahme der Sandgrube Abbildung 3: Stillgelegter nördlicher Bereich der Sand- DUMERTH: Etwa in der Mitte der Grubenwand sind die grube DUMERTH. Der schwarze Pfeil markiert die Lage grauen Tone der fossilführenden Linse zu erkennen; Auf- der fossilführenden Tonlinse; Aufnahme Januar 2021. nahme: H.-J. Gregor 1980. Abbildung 4: Freigelegter Rest eines Schildkröten-Bauch- Abbildung 5: Im stillgelegten nördlichen Bereich etwa in panzers (Plastron), entdeckt 2013 in der fossilführenden der Mitte der Grubenwand anstehende, karbonatisch ze- Rinne, östlicher Grubenbereich (Burtenbach 1d). mentierte Blöcke; Aufnahme Januar 2021. Abbildung 6: Separat gelagerte, karbonatisch zementierte Abbildung 7: Oberkiefer-Molar eines Lagomeryx in einer Blöcke. Aufarbeitungslage. Früchten und Blättern sowie seltene Faunenres- In den grauen Tonen waren in bestimmten Lagen te von Fischen und Mollusken. Einzelfunde aus kleine Pyritkristalle anzutreffen. Die wenigen in diesen Schichten stellen eine Vogelfeder und der den grauen Tonen aufgefundenen Pflanzenfossi- Rest eines Schildkrötenpanzers dar. Richtung lien waren nur schlecht erhalten. Raritäten stellten Hangendes färbte sich der Ton zusehends grau. Insekten- sowie Molluskenfossilien dar. Fossilfrei 74
Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach: Geologie und Fauna die Höhendaten auf per GPS-Gerät gemessenen Werten beruhen, ist die Angabe der horizontalen Ausdehnung der einzelnen Sedimentlagen man- gels vorhandener Daten nicht möglich und daher im Profil nur schematisch dargestellt. Die miozänen Sedimente der OSM werden von eiszeitlichen Schichten, nämlich mindelzeitlichen Schmelzwasserschottern (jüngerer Deckenschot- ter), überlagert. Diese quartären Ablagerungen bilden den Abschluß der Schichtenfolge innerhalb der Grube DUMERTH. Fauna Neben der artenreichen fossilen Flora hat die Gru- be DUMERTH auch eine große Zahl an tierischen Fossilien geliefert. Wie bereits oben ausgeführt, stammen die Funde nicht nur aus der pflanzen- führenden Tonlinse, sondern auch aus anderen Schichten im Liegenden und Hangenden der Lin- se. So sind Mollusken mit mehreren Gattungen ver- treten, z.B. Bithynia, Planorbarius, Limax, Theodoxus und Cepaea. Neben Schalen- und Gehäuseresten sind auch komplett erhaltene Gehäuse entdeckt worden. Diese sind jedoch sehr zerbrechlich und mußten bereits vor Ort gefestigt werden, damit sie beim Abtransport nicht zerfallen. Eine umfassen- Abbildung 8: „Historische“ Aufnahme der bis etwa 3 de Bearbeitung der fossilen Mollusken von Bur- Meter mächtigen Tonlinse in der Sandgrube DUMERTH. tenbach ist bisher nicht erfolgt. In der nachfolgen- den Faunenliste sind die Mollusken daher nicht berücksichtigt. waren dagegen die obersten Schichten der Tonlin- GREGOR (1984) führt wenige Insektenfunde (u.a. se, die wieder hell gefärbt sowie von Sandlagen Libellenflügel) an, die aus den laminierten Tonen durchzogen waren. zusammen mit den Pflanzenfossilien geborgen Abgesehen von vereinzelten Streufunden kön- worden sind. Eine detaillierte Bearbeitung dieser nen in der Grube DUMERTH zusammenfassend Reste hat bisher nicht stattgefunden, weswegen vier verschiedene Fossilfundbereiche differenziert diese Funde in der Faunenliste auch nicht aufge- werden: führt sind. Der mit Abstand größte Teil der entdeckten Tier- Burtenbach 1a: pflanzenführende Tonlinse fossilien entfällt auf die Wirbeltiere. Es konnten Burtenbach 1b: Aufarbeitungslagen im oberen Be- alle fünf Wirbeltierklassen (Fische, Amphibien, reich der Aufschlusswand mit vielen Wirbeltier- Reptilien, Vögel, Säugetiere) durch Fossilfunde resten (u.a. zahlreiche Kleinsäuger) belegt werden. Fische sind durch Skelettreste aus Burtenbach 1c: Grobe Aufarbeitungslage im mitt- der Tonlinse sowie durch einzelne Skelettelemen- leren Bereich der Aufschlusswand mit wenigen te (v.a. Zähne) aus diversen Aufarbeitungslagen Wirbeltierresten nachgewiesen. Abgesehen von den bereits o.a. Burtenbach 1d: Grobe Rinnenfüllung kurz unter Einzelfunden aus der Tonlinse (Schildkrötenpan- der Grubenbasis mit zahlreichen Wirbeltierresten zer-Rest, Vogelfeder) und wenigen Resten aus den (überwiegend Großsäuger) karbonatisch zementierten Blöcken stammen alle übrigen Wirbeltierfunde aus den Aufarbeitungsla- Die im Laufe der Jahre in unterschiedlichen Gru- gen und Rinnenfüllungen innerhalb der Sandab- benbereichen aufgeschlossenen fossilführenden folge. Im Anhang sind in Tafel 1 einige Wirbeltier- Schichten sind in einem schematischen Profil zu- fossilien exemplarisch abgebildet. sammengefaßt worden (siehe Abb. 9). Während In der Grube DUMERTH geborgene fossile Wir- 75
U. Seehuber / documenta naturae communications 5 (2021) 72-81 Abbildung 9: Schematisches Profil der Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach mit den bekannten Fossilfundlagen (1a, 1b, 1c, 1d). Abbildung 10: Stratigraphische Übersicht – Einstufung der Fundstelle Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach. 76
Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach: Geologie und Fauna beltiere, nämlich Schildkröten, werden erstmals REPTILIA (Reptilien) von SCHLEICH (1981, 1982) erwähnt. Im August- Wetzler-Gedenkband (Molasseforschung ´84) Serpentes (Schlangen) wird dann die Fundstelle Grube DUMERTH bei Serpentes indet. (1b, 1c) Burtenbach von SCHMID (1984) publik gemacht und die Fossilfunde aus der Tonlinse (u.a. Fische) Anguimorpha (Schleichenartige) angeführt. Einen ersten groben Überblick über die Ophisaurus sp. (1b, 1c) zum damaligen Zeitpunkt nachgewiesenen fossi- Pseudopus sp. (1b) len Wirbeltiere (v.a. Großsäuger) gibt SEEHUBER (1993). ABDUL-AZIZ et al. (2010, Table 1) führen Scincomorpha (Skinkartige) die nachgewiesenen Kleinsäuger und niederen Lacertidae indet. (1b) Wirbeltiere von Burtenbach 1b an. Iguania (Leguanartige) In nachfolgender Faunenliste sind alle bisher be- Agamidae indet. (1b) legten fossilen Wirbeltiere der Grube DUMERTH bei Burtenbach zusammengefaßt. Soweit bekannt, Chelonia (Schildkröten) sind die entsprechenden Fundhorizonte (Burten- Trionyx sp. (1b, 1d) bach 1a, 1b, 1c, 1d) angeführt. Die Fossilbelege aus Clemmydopsis turnauensis MEYER (1b) der Grube DUMERTH werden in der Bayerischen Chelonia indet. (1a, 1b, 1c, 1d) Staatssammlung für Paläontologie und Geologie (v.a. Kleinsäuger, niedere Vertebraten), im Natur- Crocodylia (Krokodile) museum Augsburg (v.a. Großsäuger) sowie in di- Diplocynodon sp. (1b, 1c, 1d) versen Privatsammlungen aufbewahrt. AVES (Vögel) Faunenliste Sandgrube DUMERTH bei Burten- Aves indet. (1a) bach (aus ABDUL-AZIZ et al. 2010, BÖHME & ILG 2003, SEEHUBER 1993, STEFEN & MÖRS 2008; eigene Aufsammlungen): MAMMALIA (Säugetiere) Chiroptera (Fledermäuse) PISCES (Fische) Chiroptera indet. (mehrere Arten) (1b) Channiformes (Schlangenkopffische) Soricidae (Spitzmäuse) Channa sp. (1b, 1c) Dinosorex sp. (1b) Soricidae indet. (mehrere Arten) (1b) Cypriniformes (Karpfenartige) Palaeocarassius sp. (1b, 1c) Dimylidae Palaeoleuciscus sp. (1b, 1c) Plesiodimylus sp. (1b) Barbus sp. (1b, 1c) Talpidae (Maulwürfe) Talpidae indet. (1b) AMPHIBIA (Amphibien) Proscapanus sp. (1b) Anura (Froschlurche) Erinaceidae (Igel) Latonia gigantea (LARTET) (1b) Galerix sp. (1b) Pelobates sanchizi VENCZEL (1b) Lagomorpha (Hasenartige) Urodela (Schwanzlurche) Prolagus oeningensis (KÖNIG) (1b, 1c, 1d) Salamandra sansaniensis LARTET (1b) Lagopsis verus (HENSEL) (1b) Mioproteus caucasicus ESTES & DAREVSKY (1b, 1c) Cricetidae (Wühler) Megacricetodon aff. bavaricus FAHL- BUSCH (1b) Megacricetodon cf. minor (LARTET) (1b) Democricetodon gracilis FAHLBUSCH (1b) 77
U. Seehuber / documenta naturae communications 5 (2021) 72-81 Democricetodon mutilus FAHLBUSCH (1b) Biostratigraphie Eumyarion cf. bifidus (FAHLBUSCH) (1b) Eumyarion cf. weinfurteri (SCHAUB & HEISSIG (1997a, b) führte sechs neue biostratigra- ZAPFE) (1b) phische Einheiten (OSM A – OSM F) ein, die durch das Auftreten bestimmter Kleinsäuger (v.a. der Eomyidae (ausgestorbene Nagetierfamilie) Hamster-Gattung Megacricetodon) gekennzeichnet Keramidomys thaleri HUGUENEY & sind. ABDUL AZIZ et al. (2008) haben hierzu eine MEIN (1b) kleine Modifizierung vorgenommen: Die Einhei- ten OSM C und D wurden von diesen Autoren Gliridae (Schlafmäuse) zusammengefaßt. Es handelt es sich bei dieser Microdyromys cf. complicates DE biostratigraphischen Gliederung jedoch um eine BRUIJN (1b) lokal begrenzte Zonierung, die nur in der OSM Miodyromys cf. aegercii BAUDELOT (1b) Süddeutschlands bzw. Bayerns Anwendung fin- Glirudinus sp. (1b) det. Durch PRIETO & RUMMEL (2016) hat diese Lokalzonierung noch einmal eine weitere Verfei- Sciuridae (Hörnchen) nerung bzw. Unterteilung erfahren. Für europa- Spermophilinus sp. (1b) weite Vergleiche von jungtertiären Säugerlokali- Palaeosciurus sp. (1b) täten wird nach wie vor die MN-Zonierung nach Heteroxerus sp. (1b) MEIN (1975) verwendet. Blackia miocaenica MEIN (1b) Hinsichtlich der Biostratigraphie sind vor allem Miopetaurista sp. (1b) die Kleinsäuger-Funde von Burtenbach 1b von Bedeutung. Aufgrund der zahlreichen Belege der Castoridae (Biber) Hamster-Gattung Megacricetodon ist eine relativ Steneofiber cf. depereti MAYET (1b, 1c, 1d) genaue Einstufung von Burtenbach 1b möglich. Es Anchitheriomys suevicus (SCHLOSSER) konnte die Art Megacricetodon aff. bavaricus nach- (1c, 1d) gewiesen und daher eine Zuordnung zur biostra- tigraphischen Einheit OSM C + D vorgenommen Mustelidae (Marder) werden. Die Population des Megacricetodon aff. Plesictis sp. bavaricus von Burtenbach stimmt hinsichtlich des Martes sp. Evolutionsniveaus größtenteils mit der bekannten Fauna von Sandelzhausen überein. Zudem tritt Rhinocerotidae (Nashörner) zusätzlich wie in Sandelzhausen eine zweite, klei- Prosantorhinus germanicus (WANG) nere Hamsterart, Megacricetodon cf. minor, auf, was Rhinocerotidae indet. (1d) die Korrelation mit der Fundstelle Sandelzhau- sen untermauert und eine Einstufung in die späte Equidae (Pferde) OSM C + D (OSM C + D – SAN) zulässt (PRIETO Anchitherium aurelianense (CUVIER) (1d) & RUMMEL 2016) (siehe Abb. 10). Eine derart genaue biostratigraphische Zuord- Suidae (Schweine) nung wie bei Burtenbach 1b lässt sich für Burten- Hyotherium sp. (1c, 1d) bach 1a, 1c und 1d nicht vornehmen. Aufgrund der Fundhöhen sind diese Fossilkomplexe älter Lagomerycidae (Hasenhirsche) als Burtenbach 1b. Insgesamt betrachtet kann das Lagomeryx pumilio (ROGER) (1c) fossile Säugermaterial von allen Fundpunkten in- Lagomeryx parvulus (ROGER) (1d) nerhalb der Grube DUMERTH bei Burtenbach der Säugerzone MN 5 sowie der Älteren Serie DEHMs Cervidae (Hirsche) zugeordnet werden. Heteroprox sp. (1d) Tragulidae (Hirschferkel) Dorcatherium crassum (LARTET) (1c, 1d) Dank Palaeomerycidae (ausgestorbene Paarhufer Dem Entdecker der Fossilfundpunkte Burtenbach familie) 1b und 1c, Herrn Prof. Kurt Heissig (München), Palaeomeryx sp. (1d) danke ich sehr für die Übermittlung von Infor- mationen zu diesen Fundpunkten. Für das Bereit- Proboscidea (Rüsseltiere) stellen und die Erlaubnis zur Verwendung von Gomphotherium angustidens (CUVIER) (1d) „historischen“ Fotos der Fundstelle Burtenbach – 78
Die Sandgrube DUMERTH bei Burtenbach: Geologie und Fauna Grube DUMERTH (Abb. 2, 6, 8) bedanke ich mich MAURER, H. & BUCHNER, E. (2007): Rekonstruktion zudem herzlich bei Herrn Dr. H.-J. Gregor (Ol- fluvialer Systeme der Oberen Süßwassermolasse im ching). Mein Dank gebührt ebenfalls den beiden Nordalpinen Vorlandbecken SW-Deutschlands. – Rezensenten, die sich zum Review der vorliegen- Zeitschrift der deutschen Gesellschaft für Geowis- den Publikation bereit erklärt haben. senschaften, 158 (2): 249-270, Stuttgart. MEIN, P. (1975): Résultats du groupe de travail des ver- Literaturverzeichnis tébrés: Biozonation du Néogène méditerranéen à partir des mammifères. – In: SENES, J. (Hrsg.): Re- ABDUL AZIZ, H., BÖHME, M., ROCHOLL, A., PRIE- port on Activity of the R.C.M.N.S. Working Groups TO, J., WIJBRANS, J.R., BACHTADSE, V. & ULBIG, (1971–1975): 78–81, Bratislava. A. (2008): Integrated stratigraphy and 40Ar/39Ar chronology of the Early to Middle Miocene Upper MICK, W. (1984): Fossilfunde aus dem Jungtertiär im Freshwater Molasse in eastern Bavaria (Germany). Raum Günzburg. – In: August-Wetzler-Gedenk- – International Journal of Earth Science 97 (1): 115– band - Molasseforschung ’84. – Heimatliche Schrif- 134, Berlin/Heidelberg (Springer). tenreihe für den Landkreis Günzburg, 2: 25–27; Günzburg (Historischer Verein Günzburg). ABDUL AZIZ, H., BÖHME, M., ROCHOLL, A., PRIE- TO, J., WIJBRANS, J.R., BACHTADSE, V. & ULBIG, PRIETO J. & RUMMEL, M. (2016): Some considerations A. (2010): Integrated stratigraphy and 40Ar/39Ar about the small-mammal evolution in South Ger- chronology of the early to middle Miocene Upper many, with emphasis on late Burdigalian-earliest Freshwater Molasse in western Bavaria (Germany). Tortonian (Miocene) cricetid rodents. – Comptes – International Journal of Earth Science 99 (1): 1859– Rendus Palevol., 15 (7): 837–854, Paris. 1886, Berlin/Heidelberg (Springer). SCHLEICH, H. H. (1981): Die jungtertiären Schildkrö- BÖHME, M. & ILG A (2003): fosFARbase – Datenbank ten Süddeutschlands unter besonderer Berück- für fossile Niedere Vertebraten. – www.wahre-sta- sichtigung der Fundstelle Sandelzhausen. – Cour. erke.com (Stand Januar 2021) Forsch. Inst. Senckenberg, 48: 1–372, Frankfurt. DOPPLER, G. (1989): Zur Stratigraphie der nördlichen SCHLEICH, H.H. (1982): Jungtertiäre Schildkrötenres- Vorlandmolasse in Bayerisch-Schwaben. -Geologi- te aus der Sammlung des Naturwissenschaftlichen ca Bavarica 94: 83-133, München. Museums der Stadt Augsburg. – Ber. Naturwiss. Ver. Schwaben e.V., 86 (3/4): 42–88, Augsburg. GREGOR, H.-J. (1984): Insektenreste aus jungtertiären Ablagerungen Bayerns und Baden-Württembergs. SCHMID, H. (1984): Eine miozäne Blatt- und Fruchtflo- – In: August-Wetzler-Gedenkband – Molassefor- ra von der Fossilfundstelle Sandgrube DUMERTH schung ’84. – Heimatliche Schriftenreihe für den in Burtenbach. – In: August-Wetzler-Gedenkband – Landkreis Günzburg 2: 75–78; Günzburg (Histori- Molasseforschung ’84. – Hei-matliche Schriftenrei- scher Verein Günzburg). he für den Landkreis Günzburg 2: 40–46; Günzburg (Historischer Verein Günzburg). HEISSIG, K. (1997a): Mammal faunas intermediate between the reference faunas of MN 4 and MN 6 SEEHUBER, U. (1993): Die Fauna von Burtenbach. – Do- from the Upper Freshwater Molasse of Bavaria. – cumenta naturae 80: 55–56, München. In: AGUILAR, J.-P., LEGENDRE, S. & MICHAUX, J. (Hrsg.): Actes du Congrès Biochrom`97. – Mé- STEFEN, C. & MÖRS, T. (2008): The beaver Anchitherio- moires et Travaux de l’Ecole pratique des Hautes mys from the Miocene of Central Europe. – Journal Etudes, Institut de Montpellier, 21: 537–546, Mont- of Paleontology, 82 (5): 1009–1020, Tulsa. pellier. HEISSIG, K. (1997b): Eine Lokalzonierung der Oberen Süßwassermolasse Bayerns und ihre biostratigra- phische Korrelation. – Unveröffentlichte Kurzfas- sung der Vorträge der Molassetagung 1997: 8–9, Laimering. 79
U. Seehuber / documenta naturae communications 5 (2021) 72-81 TAFEL 1 Fig. 1: Bauchpanzer-Rest einer Schildkröte (Burtenbach 1d). Fig. 2: Panzerplatten und Zahn eines Krokodils (Burtenbach 1d). Fig. 3: Unterkiefer-Molar von Anchitherium (Burtenbach 1d). Fig. 4: Oberkiefer-Molaren von Dorcatherium (Burtenbach 1d). Fig. 5: unten: Suidae-Prämolar (Burtenbach 1d), oben: Suidae-Canin (Burtenbach 1c). Fig. 6: Unterkiefer-Rest von Lagomeryx (Burtenbach 1d). Alle abgebildeten Wirbeltierreste befinden sich im Naturmuseum Augsburg. 80
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