Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
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Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 München, Mai 2020 www.oberender.com
Vorwort Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, der deutsche Krankenhausmarkt ist sehr dynamisch und befindet sich im stetigen Wandel. Neue Behandlungsmethoden und -konzepte, medizintechnische Innovationen und die Digitalisierung ermöglichen den Krankenhäusern kontinuierlichen Fortschritt bei der patientenorientierten Versorgung. Primäres Ziel ist dabei stets eine leistungsfähige und qualitativ hochwertige, flächendeckende Versorgung, die sich an die Bedürfnisse der Bevölkerung anpasst und sichergestellt werden muss [1]. Eine Patientengruppe, die über viele Jahre hinweg unzureichend berücksichtigt wurde, ist die der chronischen Schmerzpatienten. Die Deutsche Schmerzgesellschaft schätzt die Zahl chronischer Schmerzpatienten auf rund 23 Millionen Menschen allein in Deutschland [2]. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in den letzten Jahren immer mehr Krankenhäuser auf diese Patienten eingestellt und spezialisiert haben, was den Ausbau der Versorgung enorm vorangetrieben hat. Deutlich wird dies durch die gestiegenen Patientenzahlen, die eine multimodale Schmerztherapie erhalten haben, als auch durch die erhöhte Anzahl an Krankenhäusern, die eine Fachabteilung für Schmerztherapie vorhalten. Dennoch ist die Versorgungssituation chronischer Schmerzpatienten, die einen multimodalen Therapieansatz benötigen, unübersichtlich und daher recht intransparent. In der vorliegenden Studie finden Sie die aktualisierten Ergebnisse der 2018 erstmals durchgeführten Analyse, welche die Angebotssituation und Inanspruchnahme der Multimodalen Schmerztherapie untersucht. Die Studie soll dazu beitragen, Transparenz zur Versorgung von Schmerzpatienten zu schaffen. Die Ergebnisse sollen den Entscheidern und Spezialisten sowohl in den Krankenhäusern als auch bei den Fachverbänden ermöglichen, einen komprimierten Einblick in den Status quo zur aktuellen Versorgungslage zu bekommen und deren Entwicklung der vergangenen Jahren nachvollziehen zu können. Jochen Baierlein Philipp Leibinger Vorstand Senior Analyst Leiter Research Institute München/Bayreuth, den 28.05.2020 [1] BMBF 2018, [2] Häuser et al. 2014 Seite 2
Inhalt Executive Summary 4 1. Hinleitung zum Thema 7 2. Theoretische Einführung 9 2.1 Der Schmerzpatient 9 2.2 Die Schmerzarten 10 2.3 Die Schmerzerfassung 12 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) 13 2.5 Die MMST im DRG-System 15 2.6 Die MMST in der Praxis 16 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin 17 3. Methodik 19 3.1 Datenquellen 19 3.2 Analytisches Vorgehen 21 4. Angebotssituation stationärer MMST 23 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser 23 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser 24 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen 25 4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST 26 4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST 27 4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter 28 5. Inanspruchnahme stationärer MMST 34 5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut) 34 5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner) 35 5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten 36 5.4 Geschlecht der MMST-Patienten 37 5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten 38 6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST 41 7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST 46 8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik 48 Fazit 51 Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise) 52
Executive Summary Executive Summary Hinführung • Eine stationäre multimodale Schmerztherapie (MMST) ist vor allem für chronische Schmerzpatienten angezeigt, die ambulant nicht ausreichend therapiert werden können. • Diese Therapieform existiert bereits seit langer Zeit, erlebte jedoch in der deutschen Krankenhauslandschaft v.a. in den vergangen Jahren einen enormen Aufbau. • Ziel der Aktualisierung der Studie war es, Transparenz hinsichtlich von Angebot und Inanspruchnahme zu geben. Angebot • Die Anzahl an Einrichtungen, die eine MMST anbieten, ist in Deutschland von 2012 bis 2018 von 385 auf 445 um 16% gestiegen. Seit 2015 ist die Anzahl der Anbieter leicht Rückläufig. (S. 23) • Die Fallzahlen sind dabei von 46.325 auf 69.769 um 51% (CAGR: 7,1%) angestiegen. (S. 24) • Hatten 2012 die anbietenden Krankenhäuser durchschnittlich 120 MMST Schmerzpatienten behandelt,, waren es 2018 bereits 157 Patienten. (S. 24) • Der Versorgungsgrad ist in den Bundesländern unterschiedlich. Der größte Ausbau war durch die Etablierung und Aufnahme in den Krankenhausplan der Schmerzklinik Kiel in Schleswig Holstein 2015 zu beobachten; in Mecklenburg Vorpommern hingegen wurden 2018 rund 30% weniger Patienten behandelt als noch 2012. (S. 24) • Rund 47% der MMST-Fälle wurden 2018 in einer ausgewiesenen schmerzmedizinischen Fachabteilung behandelt, 12% in einer Orthopädie, 11% in der Inneren Medizin. (S. 25) • Im Schnitt haben Krankenhäuser, die eine MMST anbieten, mehrere Fachabteilungen (13,5). (S. 26) • Bei der Analyse nach Bettengröße zeigt sich, dass vermehrt größere Häuser MMST anbieten. (S. 27) • Hinsichtlich der Trägerschaft wird gezeigt, dass Einrichtungen nach gleicher Verteilung wie in der Grundgesamtheit MMST Leistungen anbieten. (S. 27) Inanspruchnahme • Betrachtet man den Zeitraum 2007 bis 2018 zeigte sich ein Fallzahlanstieg bei der stationären MMST um 182% (CAGR: 9%). Der Anstieg ist dabei in nahezu jedem Bundesland zu beobachten, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. So gab es in Sachsen-Anhalt einen Anstieg von 457% während es in Mecklenburg-Vorpommern 2018 etwa 3% weniger Fälle gab als 2007. (S. 34) • Adjustiert mit der Bevölkerungsentwicklung in diesem Zeitraum zeigte sich, dass die Nachfrage bzw. Inanspruchnahme von 29,3 Fällen pro 100.000 Einwohner im Jahr 2007 auf 81,7 Fälle pro 100.000 Einwohner im Jahr 2018 gestiegen ist. Die meiste Nachfrage konnte dabei in Sachsen-Anhalt mit 147 Fällen je 100.000 Einwohnern verzeichnet werden; die niedrigste in Hamburg mit 20,3 Fällen je 100.000 Einwohnern. (S. 35) • Mit 60,8% sind Erkrankungen die häufigste Ursache für eine MMST, gefolgt von psychischen Erkrankungen mit 29,2% und Krankheiten des Nervensystems mit 10,0% (S. 38) • Die Altersstruktur der MMST Patienten zeigt, dass 79% älter als 49 Jahre sind. (S. 36) • Zudem konnte festgestellt werden, dass der Frauenanteil mit 69% überdurchschnittlich hoch ist. (S. 37) Seite 4
Executive Summary Executive Summary Gegenüberstellung: Angebot vs. Inanspruchnahme • Die Anzahl der Landkreise mit einem stationären MMST-Versorgungsangebot ist im Betrachtungszeitraum (2012 - 2018) deutlich gestiegen. (S. 41) • Es gibt aber auch einige Gebiete in denen ursprünglich eine stationäre MMST etabliert war, diese aber nicht mehr angeboten wird. (S. 42) • Ein Landkreis in dem keine MMST angeboten wird, ist hierbei jedoch nicht zwangläufig als unterversorgt anzusehen, da umliegende Landkreise die Versorgung ausreichend übernehmen können - auch wohnortnah (< 30 Minuten Fahrzeit für die Patienten). (S. 44) • Auf der anderen Seite gibt es jedoch nach wie vor Regionen, in denen noch kein MMST-Angebot zu finden ist und die betroffenen Patienten > 60 Minuten Fahrzeit benötigen, um in ein entsprechendes Krankenhaus zu kommen, welches diese Leistung anbietet. (S. 44) • Vor diesem Hintergrund bleibt zu definieren, was eine wohnortnahe Versorgung darstellt. Zukünftige Prognosen • Eine grobe Kalkulation aus dem ersten Schmerzatlas von 2018 des zukünftigen Bedarfs zeigt, wie sich die Fallzahlen und Kapazitäten bis 2025 erhöhen könnten. (S. 46) • Berechnet wurden drei verschiedene Szenarien, in denen sowohl Demografieeffekte als auch Prävalenzen im unterschiedlichem Maße berücksichtigt und angenommen wurden. • Keine Berücksichtigung fanden Faktoren wie die Krankenhausplanung der Länder, die politischen Entwicklungen auf Bundesebene oder ähnliches. • Die Berechnungen ergeben künftige jährliche Fallzahlen von 67.000 bis ca. 140.000 Patienten pro Jahr. • In wachstumsstärksten Szenario 3 würde sich die Fallzahl für die stationäre Multimodale Schmerztherapie mehr als verdoppeln. (CAGR: 8,8%) (S. 46) • Legt man dabei verschiedene Annahmen von Schmerzgesellschaften zugrunde, scheint dies nicht unrealistisch zu sein. • Entsprechend kann auch die Anzahl der benötigten Kapazitäten berechnet werden und liegt nach den berechneten Prognosen bei bis zu 5.600 Krankenhausbetten. (S. 46) Exkurs: Ausgliederung der Pflege aus der DRG • Seit 2020 hat sich die DRG-Systematik grundlegend verändert. Vor dem Hintergrund des Pflegepersonalmangeln wird seit 2020 die Pflege separat finanziert. (S. 48) • Jede DRG hat eine sogenannte Pflegeerlös-Bewertungsrelation pro Behandlungstag die mit festgelegten Tagessatz von 185€ berechnet wird. (S. 48) • Bei einem Abgleich der berechneten DRG Erlösminderung mit den zu erwartenden Pflegeerlösen zeigt sich, dass bis auf die U42B alle MMST-DRGs eine positive Kostendeckung und Refinanzierung der Pflege bei durchschnittlichen Liegedauern der Patienten hätten. (S. 49) Seite 5
Inhalt Executive Summary 4 1. Hinleitung zum Thema 7 2. Theoretische Einführung 9 2.1 Der Schmerzpatient 9 2.2 Die Schmerzarten 10 2.3 Die Schmerzerfassung 12 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) 13 2.5 Die MMST im DRG-System 15 2.6 Die MMST in der Praxis 16 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin 17 3. Methodik 19 3.1 Datenquellen 19 3.2 Analytisches Vorgehen 21 4. Angebotssituation stationärer MMST 23 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser 23 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser 24 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen 25 4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST 26 4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST 27 4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter 28 5. Inanspruchnahme stationärer MMST 34 5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut) 34 5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner) 35 5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten 36 5.4 Geschlecht der MMST-Patienten 37 5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten 38 6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST 41 7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST 46 8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik 48 Fazit 51 Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise) 52
1. Hinleitung zum Thema 1. Hinleitung zum Thema Chronische Schmerzen betreffen einen großen Ein weiterer Meilenstein in der Versorgung von Teil der Bevölkerung und sind damit als Schmerzpatienten ist die interdisziplinäre gesamtgesellschaftliche Problematik anzusehen. Multimodale Schmerztherapie (im Folgenden als Gemäß der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. MMST abgekürzt), die seit 2005 stationär in leiden ca. 17% der Bevölkerung unter chronischem Krankenhäusern durchgeführt und abgerechnet Schmerz [3]. In einer Untersuchung von Häuser et werden kann. Diese Therapie zielt vor allem auf al. 2014 lag die Prävalenzrate von chronischen jene chronische Schmerzpatienten ab, die aufgrund Schmerzen in Deutschland sogar bei knapp 27% der Komplexität ihrer Erkrankung nicht mehr auf [2]. Wird die aktuelle Bevölkerungsstatistik ambulantem Weg therapiert werden können, da sie zugrunde gelegt, kann daraus gefolgert werden, eine umfassendere Behandlung benötigen. Mit dass mindestens 14 Millionen Menschen in einer frühzeitigen stationären Behandlung durch Deutschland an länger andauernden oder Spezialisten können chronische wiederkehrenden Schmerzen leiden. Bei vier bis Schmerzentwicklungen abgeschwächt und fünf Millionen dieser Patienten liegt der Deutschen reduziert werden [4]. Jedoch ist das Schmerzliga e. V. zufolge sogar eine eigenständige Versorgungsangebot für Schmerztherapie in Schmerzkrankheit vor [4]. Etwa 1,2 - 1,8 Millionen Deutschland nach Meinung von Experten aktuell Patienten leiden Schätzungen zufolge an einem noch unzureichend und sollte zwingend verbessert chronischen Schmerzsyndrom, welches eine werden [4]. Die mangelnde Praktikabilität von spezialisierte Schmerztherapie benötigt [2]. innovativen Therapieansätzen in der Die Folgen für Betroffene und Gesellschaft sind Schmerzmedizin kann unter anderem auf das dabei nicht zu unterschätzen. Chronischer Schmerz fehlende Bewusstsein dieser gesellschaftlichen bringt neben körperlichen Beschwerden sowohl Problematik bei den Kostenträgern und der Politik Einbußen bei der Erwerbstätigkeit als auch im zurückgeführt werden [4,6]. sozialen Umfeld der Erkrankten mit sich und Verlässliche Zahlen, mithilfe derer Aussagen schränkt dadurch die Lebensqualität der über den Versorgungsgrad getroffen werden Betroffenen stark ein [5,7]. Anhand der Kosten für können, sind bisher rar [5]. Die vorliegende Therapien und Arbeitsausfälle chronischer Studie soll daher helfen, die Entwicklung der Schmerzpatienten, die auf fast 40 Milliarden Euro letzten Jahre und den Status Quo der stationären jährlich geschätzt werden, lässt sich die schmerztherapeutischen Versorgung in Form der Notwendigkeit einer adäquaten MMST aufzuzeigen. Der Fokus der Erhebung Schmerzversorgung ableiten. Obwohl liegt dabei auf der Analyse des aktuellen Schmerzpatienten nach wie vor größtenteils im Angebotes und der Inanspruchnahme von MMST ambulanten Sektor behandelt werden, gewinnt die und deren regionaler Ausprägung. Neben der Schmerzversorgung im stationären deskriptiven Analyse wurde auch die aktuelle Versorgungsumfeld als eigenständige Disziplin Finanzierungssituation der MMST näher immer mehr an Bedeutung [3]. So ist z. B. auch die betrachtet und dargestellt. Schmerzmedizin seit 2012 fester Bestandteil des Medizinstudiums in Deutschland [4]. Quellen: [2] Häuser et al. 2014, [3] Nobis u. Rolke 2012, [4] DSL 2013, [5] Hess. Ärztebl. 2013, [6] Jungck 2008, Seite 7 [7] DGSS 2018
Inhalt Executive Summary 4 1. Hinleitung zum Thema 7 2. Theoretische Einführung 9 2.1 Der Schmerzpatient 9 2.2 Die Schmerzarten 10 2.3 Die Schmerzerfassung 12 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) 13 2.5 Die MMST im DRG-System 15 2.6 Die MMST in der Praxis 16 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin 17 3. Methodik 19 3.1 Datenquellen 19 3.2 Analytisches Vorgehen 21 4. Angebotssituation stationärer MMST 23 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser 23 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser 24 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen 25 4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST 26 4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST 27 4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter 28 5. Inanspruchnahme stationärer MMST 34 5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut) 34 5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner) 35 5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten 36 5.4 Geschlecht der MMST-Patienten 37 5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten 38 6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST 41 7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST 46 8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik 48 Fazit 51 Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise) 52
2. Theoretische Einführung 2. Theoretische Einführung 2.1 Der Schmerzpatient Schmerzen treten in unterschiedlichster Intensität Der akute Schmerz wird in der Regel durch einen in allen Altersgruppen auf. Sie sind somit plötzlichen Reiz ausgelöst und ist somit zeitlich und altersunabhängig und können ebenso wenig auf örtlich begrenzt. Folglich handelt es sich bei dieser bestimmte Schmerzregionen reduziert werden. Form um ein Warnsignal bzw. Symptom. Dieser Schmerz bildet sich zurück, sobald der auslösende Kopfschmerzen Faktor beseitigt worden ist [3,10]. Schmerzen werden als chronisch bezeichnet, Chronische Nervenschmerzen wenn sie über einen langen Zeitraum andauern Schmerzen bzw. wiederkehren und nicht mehr mit einem bestimmten Auslöser in Verbindung gebracht Tumorschmerzen werden können. Sie entwickeln sich somit zu einer eigenständigen Erkrankung, wodurch die Patienten Rückenschmerzen sowohl körperlich, psychisch als auch sozial eingeschränkt werden. Bei chronischen Schmerzen Gelenksschmerzen ist der ursprüngliche Effekt oftmals nicht mehr zuordenbar; der Schmerz hat seine Warnfunktion Gelenksschmerzen verloren. Diese Schmerzen treten zum einen als Folge einer Gewebeschädigung durch chronische Chronische Schmerzen Krankheiten, wie z. B. Rheuma, auf. Zum anderen können sie sich selbst zu einer Erkrankung (Schmerzsyndrom / Schmerzkrankheit) entwickeln, Abbildung 1: Schmerzregionen die sich dann auch teilweise ohne körperlich Schmerz wird von der International Association for feststellbare auslösende Faktoren äußert. Dabei the Study of Pain (IASP) als ein unangenehmes hat sich der Schmerz in das sogenannte Sinnes- und Gefühlserlebnis bezeichnet, das mit Schmerzgedächtnis eingeprägt und das aktueller oder potentieller Gewebeschädigung Nervensystem reagiert auf harmlose Reize verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen übermäßig stark [3,10]. Hinweise auf die Schädigung beschrieben wird [8]. Schmerz gilt als Entstehung einer chronischen Schmerzkrankheit Warnfunktion für den Körper. So gibt das können beispielsweise wiederholte, nicht wirksame Schmerzgefühl, das über das zentrale ambulante Schmerztherapien, häufige Arztwechsel Nervensystem des Körpers gesteuert wird, einen oder psychische Beschwerden sein [11]. Hinweis auf eine Gefährdung der körperlichen Neben einer Einteilung in akute und chronische Integrität durch extrinsische oder intrinsische Schmerzen kann ebenso nach der Einflüsse [9,4]. Diese „Warnfunktion“ entfällt Schmerzentstehung bzw. Schmerzart jedoch, sobald der Schmerz chronisch wird [9]. unterschieden werden. Quelle: [3] Nobis & Rolke 2012, [4] DSL 2013, [8] IASP 2017, [9] Treede 2007, [10] DSL 2010, [11] MDK 2017 Seite 9
2. Theoretische Einführung 2.2 Die Schmerzarten Schmerzen können also unterschiedliche Im Folgenden sind einige der häufigsten Ursachen haben und in verschiedenen Schmerzarten und -syndrome aufgelistet [13,14]. Körperregionen lokalisiert sein. Dabei gilt der Erläutert werden hierbei die Ursachen sowie der Rückenschmerz (häufig als Kreuzschmerz jeweilige Mechanismus der Schmerzentstehung. bezeichnet) als eine der am weitesten verbreiteten Schmerzarten [12]. Rückenschmerzen • Ursachen:
2. Theoretische Einführung 2.2 Die Schmerzarten Magen-/Darmschmerzen • Ursachen: funktionell z. B. Reizdarmsyndrom / Reizmagen, Erkrankungen z. B. chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten • Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (vermutetes Zusammenspiel aus bio-psycho-sozialen Faktoren) Phantomschmerz • Ursachen: Schmerzen und Überempfindlichkeitsreaktionen an der Stelle eines amputierten (nicht mehr vorhandenen) Körperteils • Schmerzentstehung: der Bereich des Amputationsstumpfes ist weiterhin mit dem Nervensystem verknüpft und deutet Impulse aus dem Körper als Schmerzreize oder es hat sich vor der Amputation ein Schmerzgedächtnis ausgebildet Fibromyalgie-Syndrom • Ursachen: Faser-Muskel-Schmerz zusammen mit vegetativen Störungen • Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (man vermutet entzündliche bzw. rheumatische Störungen als Ursache) Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS) • Ursachen: Schmerzen nach Verletzungen (z. B. durch Entzündungen oder Bewegungseinschränkung, sowie Störungen der Sensibilität) • Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (Vermutung einer neurologischen Veränderung durch die Verletzung) Schmerzen bei multimorbiden, pflegebedürftigen Patienten • Ursachen: Multimorbidität im Alter • Schmerzentstehung: verschiedene Schmerzkrankheiten gleichzeitig, die den unterschiedlichen Erkrankungen zugrunde liegen Die unterschiedlichen Schmerzarten können bei Das folgende Kapitel gibt daher eine Übersicht den Betroffenen verschieden stark ausgeprägt sein. darüber, welche Schmerzarten subjektiv bzw. Schließlich empfindet jeder Mensch Schmerz als objektiv eingeschätzt und erfasst werden können. unterschiedlich intensiv und belastend. Quelle: [13] DSL 2018, [14] DGSS 2018a Seite 11
2. Theoretische Einführung 2.3 Die Schmerzerfassung Durch die Subjektivität der Schmerzempfindung Reize ihre Schmerzen bedingen und hervorrufen, bedingt, ist es unerlässlich auch die individuelle in welchen Lebenssituationen und Einschätzung des Patienten mit in die Bewegungssituationen ihr Schmerz besonders Therapieplanung aufzunehmen. Manche Faktoren ausgeprägt ist und welche Bewältigungsstrategien können Patienten nur selbst einschätzen, da diese sie selbst bereits erfolgreich angewendet haben. nicht immer durch medizinische Messinstrumente Im Folgenden sind Beispiele für subjektive erfasst werden können [1, 9]. Beispielsweise Schmerzerfassungsinstrumente aufgelistet. können nur sie selber Auskunft geben, welche Subjektive Schmerzerfassung • Numerische und / oder Visuelle Ratingskala Schmerztagebuch (Einschätzung der Schmerzintensität: 0 = geringste Intensität, 10 = höchste Intensität) Schmerz- Monat/ Jahr Seite Begleiterscheinungen charakter Abbildung 2: Numerische Ratingskala Abbildung 3: Schmerztagebuch Es ist ebenfalls von hoher Wichtigkeit die Auch für diese Art der Schmerzerfassung stehen Schmerzen von Betroffenen auch objektiv über einige bewährte Instrumente zur Verfügung, von geeignete Messinstrumente zu erfassen. Durch denen zwei im Folgenden kurz vorgestellt werden. die Fremdanamnese können schmerzverstärkende Faktoren erfasst werden, an die der Patient selbst gar nicht denken würde. Objektive Schmerzerfassung Wenn Sie an die Tage denken, an denen Sie in den letzten drei Monaten • Schmerzerfassung nach von Korff (Auszug): Schmerzen hatten, wie würden Sie die durchschnittliche Stärke der Schmerzen einstufen? Erfassung des Grades der Beeinträchtigung durch den [0] [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] chronischen Schmerz durch Beeinträchtigungspunkte (0 = keine Schmerzen) (10 = stärkster vorstellbarer Schmerz) Abbildung 4: Schmerz nach von Korff Komponente Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 • Schmerzerfassung nach Gerbershagen (Auszug): zeitliche intermittierender, lang anhaltender, zeitlich begrenzter fast kontinuierlich- Dauerschmerz ohne Einschätzung des Stadiums der Schmerz- Aspekte Schmerz mit er Schmerz, mit oder mit seltenem (Schmerz- chronifizierung (Stadium 1, 2 oder 3). verlauf) wechselnden seltenem Intensitätswechsel Intensitäten Stärkewechsel Abbildung 5: Schmerz nach Gerbershagen Bei vielen chronischen Schmerzgeschehen, die oft Im nachfolgenden Kapitel soll daher dargestellt sehr schmerzintensiv sein können, kann die werden, was die MMST ist, wie sie definiert wird Therapie mit einer stationären MMST helfen, die und was die Charakteristika dieser Therapieform dauerhaften Beschwerden zu besiegen. sind. Quellen: [1] BMBF 2018, [9] Treede 2007 Seite 12
2. Theoretische Einführung 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) Erste Grundlagen der MMST entstanden bereits Für chronische Schmerzpatienten wird in vor einigen Jahrzehnten. So wurde in den 1950er- Deutschland seit vielen Jahren die MMST Jahren festgestellt, dass das Empfinden von angeboten. Hierbei sollen die Patienten über einen Schmerzintensität unter anderem maßgeblich von gewissen Zeitraum gleichzeitig von medizinischen, der psychischen Ausgeglichenheit einer Person psychologischen und anderen Therapeuten abhängig ist [7]. Seit 2005 kann die MMST in behandelt werden, um die bio-psycho-sozialen Deutschland über den DRG-Katalog zu Lasten der Aufrechterhaltungsfaktoren des Krankenversicherungen abgerechnet werden und Schmerzempfindens zu bekämpfen und damit den ist damit zu einem festen Bestandteil des Regelkreis der Schmerzentstehung durchbrechen Regelleistungskataloges geworden. zu können. [12] Subjektive Schmerzerfassung Der OPS 8-918 definiert eine „multimodale Schmerztherapie“ [13]. Damit wird eine „gleichzeitige, inhaltlich, zeitlich und in der Vorgehensweise aufeinander abgestimmte umfassende Behandlung von Patienten mit chronifizierten Schmerzsyndromen“ bezeichnet, „in die verschiedene somatische, körperlich übende, psychologisch übende und psychotherapeutische Verfahren nach vorgegebenem Behandlungsplan mit identischem, unter den Therapeuten abgesprochenem Therapieziel eingebunden sind “ [15, S. 1]. Die MMST ist als interdisziplinäre Therapieform zu verstehen, die zum Einsatz kommt, wenn die Schmerzsymptomatik eines Patienten nicht, nicht mehr oder nicht ausreichend ambulant behandelt werden kann (beispielsweise bei häufiger Arbeitsunfähigkeit oder seelischen Beeinträchtigungen durch den Schmerz). Zielgruppe Ausdrücklich empfohlen wird die MMST bei schwerer Ausprägung des Fibromyalgiesyndroms sowie beim chronischen, nicht-spezifischen Kreuzschmerz, der einer intensiven Behandlung bedarf [12,16]. Erforderlichkeit einer stationären MMST: • (Schmerzmittel-)Sucht oder andere überwachungspflichtige Krankheiten • Schmerzen, die ambulant nicht ausreichend behandelt werden können • Dringliche Inanspruchnahme einer sehr intensiven (ambulant nicht praktizierbaren) Therapie [11] Quellen: [7] DGSS 2018, [11] MDK 2017, [12] AWMF 2017, [13] DSL 2018, [15] Arnold et al. 2009, Seite 13 [16] DGSS 2018b
2. Theoretische Einführung 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) Therapie • Diagnosestellung von zwei Fachpersonen, davon eine psychiatrisch zugeordnete Disziplin • Parallele Behandlung mit mindestens drei der nachfolgenden Therapieformen: • Psychotherapie • Physiotherapie • Entspannungsverfahren • Ergotherapie • medizinische Trainingstherapie • sensomotorisches Training • Arbeitsplatztraining • künstlerische Therapie (Kunst- oder Musiktherapie) • sonstige übende Therapien Subjektive Schmerzerfassung • Die Leitung der Gesamttherapie liegt bei einem Arzt; dieser (oder eine andere als verantwortlich bestimmte Person) benötigt die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ • Mindestens zwei psychiatrisch zugeordnete Disziplinen müssen fest in die Planung der Behandlung einbezogen werden • Beteiligt sein können beispielsweise Psychologen, Pflegekräfte, Physio- und Sporttherapeuten, Bewegungs- und Ergotherapeuten oder Sozialarbeiter + Zusätzliche Voraussetzungen • Täglich ärztliche Visite oder Teambesprechung • Wöchentliche interdisziplinäre Teambesprechung • Gruppentherapiegröße muss auf acht Personen beschränkt sein • Dauer: mindestens 7 Tage • Der Behandlungsverlauf muss mittels eines standardisierten therapeutischen Assessments evaluiert werden Quellen: [7] DGSS 2018, [11] MDK 2017, [13] DSL 2018, [15] Arnold et al. 2009 Seite 14
2. Theoretische Einführung 2.5 Die MMST im DRG-System Die MMST wird im DRG-System über den OPS So wurden erstmalig die DRGs der MMST im 8-918 definiert. Unter anderem in Kombination mit Katalogjahr 2016 angepasst und bezüglich der der Hauptdiagnose ist dieser dafür verantwortlich, Verweildauer der Schmerzpatienten differenziert. dass der Schmerzpatient in eine bestimmte DRG Dieses Signal kann als positiv bewertet werden, da gruppiert wird. Der OPS-Code der MMST 8-918 ist die erfolgte Differenzierung sich primär auf die seit 2005 unverändert geblieben. Die DRGs Vergütungshöhe und -voraussetzungen auswirkt. hingegen können sich durch Systemanpassungen Somit wurde eine leistungsgerechtere Vergütung Jahr für Jahr verändern. für die Krankenhäuser ermöglicht. DRG - Systematik OPS 8-918 ICD Haupt- Patient (MMST) diagnose + DRG bis ab DRG Bezeichnung 2015 2016 B47A MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems (mind. 14 Tage) ✓ B47B MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems (weniger 14 Tage) ✓ B47Z MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems ✓ I42A MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (mind. 14 Tage) ✓ I42B MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (weniger 14 Tage) ✓ I42Z MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe ✓ U42A MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen, Alter < 19 Jahre (Individuelle DRG) ✓ U42B MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen, Alter > 18 Jahre (mind. 14 Tage) ✓ U42C MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen (weniger 14 Tage) ✓ U42Z MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen ✓ MMST bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen/ andere Inanspruchnahme des Z44Z Gesundheitswesens ✓ Tabelle 1: MMST-bezogene DRGs Die Höhe der Vergütung der MMST ist abhängig Da jedes Bundesland nach wie vor einen vom Relativgewicht der jeweiligen DRG. Dieses eigenen Landesbasisfallwert hat, beeinflusst der variiert von 0,897 bei der DRG I42B bis 1,338 bei Ort der Leistungserbringung die der DRG B47A [36]. Das Relativgewicht kann als Vergütungshöhe. Nimmt man den Faktor angesehen werden, der multipliziert mit dem Landesbasisfallwert von Bayern (3.660,92 €), Landesbasisfallwert die Erlöse ergibt. Zudem ergeben sich DRG-Erlöse zwischen 3.284 € kommen ab 2020 die Pflegeerlöse hinzu. (I42B) und 4.898 € (B47A). Quellen: [36] IneK 2020 Seite 15
2. Theoretische Einführung 2.6 Die MMST in der Praxis Die Behandlung chronischer Schmerzen erfolgt Aspekte des komplexen Krankheitsbildes an (vgl. mittels eines standardisierten Therapieansatzes. Schematischer MMST-Plan). Zudem finden Das interdisziplinäre Behandlungsteam kommt mehrmals wöchentlich verhaltenstherapeutische mindestens einmal wöchentlich zur Besprechung und medizinische Einzelbehandlungen statt. Die aller aktuellen Patientenfälle zusammen. Therapie zielt hierbei primär auf die Überwindung Therapieteilnehmer werden hierbei anhand ihrer von Schmerzängsten und die Förderung Krankheitsgeschichte, körperlichen Befunden, schmerzunabhängiger, positiver Körpererfahrung Compliance und Biografie umfänglich vorgestellt ab. Das zuvor festgelegte Therapieschema kann und bekommen mittels dieser Faktoren ein und wird hierbei entsprechend der Therapieerfolge geeignetes modulares Therapiekonzept des Patienten evaluiert und ggf. adjustiert. Im zusammengestellt. Die festgelegten Folgenden zeigt ein MMST-Plan der Behandlungsmodule werden häufig in Orthopädischen Universitätsklinik Heidelberg gruppentherapeutischer Form abgehalten und einen möglichen Wochenablauf einer MMST [37]. sprechen hierbei die verschiedenen auslösenden Schematischer MMST-Plan Uhrzeit Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag 08:00 Evtl. Injektionen Visite Visite Visite Visite 08:30 Belastungstraining Evtl. Injektionen 09:00 im Gelände Belastungstraining Belastungstraining Belastungstraining Belastungstraining 09:30 im Gelände im Gelände im Gelände im Gelände 10:00 Interdisziplinäre 10:30 Team-Besprechung Bewegungs- Bewegungs- Bewegungs- Bewegungs- 11:00 erfahrung erfahrung erfahrung erfahrung 11:30 Visite Bewegungs- Bewegungs- Bewegungs- Bewegungs- 12:00 erfahrung erfahrung erfahrung erfahrung 12:30 13:00 Bewegungs- Tanztherapie 13:30 erfahrung Einzelsprechstunde 14:00 Arzt Gruppengespräche Evtl. Musiktherapie 14:30 Arzt 15:00 Psych. Schmerz- Entspannung 15:30 bewältigung 16:00 Rezeptive Entspannung Gesprächskreis 16:30 Musiktherapie Abbildung 6: Schematischer MMST-Plan Quellen: [37] Universitätsklinikum Heidelberg 2018 Seite 16
2. Theoretische Einführung 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin Es muss an dieser Stelle angemerkt werden, Anlaufstation von Menschen mit Schmerzen. Erst dass die stationäre MMST nur einen kleinen Teil wenn hier keine Erfolge erzielt werden können der Schmerzversorgung in Deutschland oder sich der Schmerz chronifiziert, kommt eine repräsentiert [7]. Schmerzen stellen für die stationäre Behandlung in Betracht. Im Folgenden meisten Patienten, die einen Arzt entweder werden daher auch andere Versorgungsbereiche stationär als auch ambulant aufsuchen, einen der Schmerzmedizin schemenhaft dargestellt und mitbegleitenden Grund für den Arztbesuch dar. hinsichtlich ihrer Therapieverfahren kurz erläutert Daher ist der ambulante Versorgungssektor in fast [17,18]. allen Fällen die erste Ambulante Schmerztherapie Hausarzt: • Diagnostik: Einordnung und Bewertung der dargestellten Beschwerden, Einleitung weiterführender therapeutischer Schritte (z. B. radiologische Diagnostik, Überweisung zum Facharzt o.ä.) • Therapie: z. B. Medikamenteneinstellung und –verordnung oder medizinische Therapien je nach Fachqualifikation Facharzt (z. B. Orthopäde, Neurologe): • Diagnostik: fachbereichsspezifische Diagnostik; bezogen auf das dem Schmerz zugrunde liegende Krankheitsbild • Therapie: z. B. Medikamenteneinstellung und –verordnung oder medizinische Therapien je nach Fachqualifikation Schmerzpraxis (Facharzt für Schmerztherapie): • Diagnostik: Schmerzassessment und –diagnostik • Therapie: Schmerztherapie initiieren und praktizieren, Austausch relevanter Erkenntnisse mit dem Hausarzt Schmerzambulanz (Krankenhaus): • Diagnostik/Therapie: Durchführung von Verordnungen durch einen Arzt mit Qualifizierung zur Speziellen Schmerztherapie Teilstationäre Schmerztherapie Tagesklinik: • Therapie: Teilstationäre Multimodale Schmerztherapie für chronische Schmerzpatienten (multidisziplinäres Assessment, tgl. mind. 120 Min. ärztliche, physio-/ sporttherapeutische und psychologische / psychotherapeutische Therapie, ggf. Einbezug weiterer Fachdisziplinen, einzeln und / oder in Gruppen) Stationäre Schmerztherapie Klinik/Krankenhaus: • Therapie: Akutschmerzdienst zur Diagnostik (Akutschmerzpatienten), vollstationäre Multimodale Schmerztherapie (chronische Schmerzpatienten) Quelle: [7] DGSS 2018, [17] Wieden u. Sittig 2005, [18] DIMDI 2019 Seite 17
Inhalt Executive Summary 4 1. Hinleitung zum Thema 7 2. Theoretische Einführung 9 2.1 Der Schmerzpatient 9 2.2 Die Schmerzarten 10 2.3 Die Schmerzerfassung 12 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) 13 2.5 Die MMST im DRG-System 15 2.6 Die MMST in der Praxis 16 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin 17 3. Methodik 19 3.1 Datenquellen 19 3.2 Analytisches Vorgehen 21 4. Angebotssituation stationärer MMST 23 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser 23 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser 24 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen 25 4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST 26 4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST 27 4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter 28 5. Inanspruchnahme stationärer MMST 34 5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut) 34 5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner) 35 5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten 36 5.4 Geschlecht der MMST-Patienten 37 5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten 38 6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST 41 7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST 46 8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik 48 Fazit 51 Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise) 52
3. Methodik 3. Methodik 3.1 Datenquellen Die Auswertungen und Analysen der Studie Eine ebenso essentielle Datenquelle stellen die basieren auf einer Reihe von Daten, die im Marktdaten des Statistischen Bundesamtes dar, Folgenden kurz dargestellt und erläutert werden. die sich auf die DRG-Statistik beziehen [22]. Es Über die Qualitätsberichte der Krankenhäuser handelt sich dabei um eine Sonderabfrage, in der (QB), in denen auch die OPS angeben werden die Patientenherkunft stationärer Fälle auf müssen, kann die Angebotssituation dargestellt Landkreisebene und Altersgruppen sowie nach werden [23]. Hier werden die QB der Jahre 2012 Geschlecht für die DRG- und OPS-Fälle erfasst bis 2018 für die Auswertungen herangezogen [25]. sind. Die Daten liegen für die Jahre 2007 bis 2018 vor. Qualitätsberichte Zur Sicherung der Versorgungsqualität und Leistungstransparenz gilt für Krankenhäuser seit 2005 die Vorschrift, zunächst alle zwei Jahre und seit 2013 jährlich, einen Qualitätsbericht anzufertigen. Diese Berichte unterliegen einer Veröffentlichungspflicht und können von jedem interessierten Bürger eingesehen werden. Die Inhalte der Qualitätsberichte werden durch den Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorgegeben. Mit Hilfe der Qualitätsberichte wird das Angebot analysiert, da in ihnen die vom Krankenhaus jährlich getätigten MMST-Prozeduren in Form von OPS-Codes dokumentiert werden. Fälle, welche die Krankenhäuser weniger als vier Mal erbracht haben, werden nicht exakt ausgegeben, um eine Rückverfolgbarkeit auf einzelne Patienten zu verhindern. Hier wurde im Rahmen dieser Arbeit der Datensatz manuell korrigiert und Daten mit weniger als vier Fällen mit dem Mittelwert von 2 ausgewiesen. Zudem enthalten die Berichte eine Reihe weiterer Informationen, die bei verschiedenen Auswertungen verwendet werden. So sind in den Qualitätsberichten z. B. auch die Fachabteilungen enthalten, in denen die OPS erbracht wurden, ebenso wie allgemeine Angaben zum Krankenhaus, wie z. B. Anschrift, Bettenanzahl und Trägerschaft. Die Datensätze können über den G-BA in frei verfügbarem, maschinell auswertbarem Format bezogen werden. DESTATIS - Marktdaten Jährlich müssen die Krankenhäuser die sogenannten §21-Datensätze an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) übermitteln [19,20]. Das Format und der Inhalt der Daten ist standardisiert und für alle Krankenhäuser verbindlich (§301 SGB V). Das InEK überträgt die Daten auch an das Statistische Bundesamt (DESTATIS), welches diese zur Erstellung einer jährlichen DRG-Statistik, der sog. fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (Fachreihe 12), verwendet. Mit den Marktdaten aus der DRG-Statistik wird die Inanspruchnahme / Nachfrage analysiert, da aus diesen Daten hervorgeht, aus welchen Stadt- und Landkreisen die Patienten stammen, die in den Krankenhäusern stationär behandelt wurden. Neben der Patientenherkunft enthält der Datensatz auch Informationen zur Altersgruppe (21 Altersgruppen in 5 Jahresabständen) und zum Geschlecht der Patienten. Die Datensätze müssen kostenpflichtig vom Statistischen Bundesamt angefordert werden, da es sich hierbei um eine Sonderabfrage handelt, die nicht regulär veröffentlicht wird. Quellen: [19] BMJV 2002, [20] BMJV 1988, [21] InEK 2020, [22] Destatis 2020, [23] G-BA 2013, [24] Destatis 2019a, Seite 19 [25] G-BA 2020, [26] Destatis 2019b
3. Methodik 3.1 Datenquellen Als weitere Datenquelle wird die Bevölkerungs- Relevant waren die Statistiken der Jahre 2007 bis statistik vom Statistischen Bundesamt verwendet 2018. [24,26,35]. In Kombination mit den Marktdaten können hier z. B. Kennzahlen zur Behandlungshäufigkeit je Einwohner, also Versorgungsgrad, und deren zeitliche Entwicklung auf regionaler Ebene (Stadt- und Landkreise) berechnet werden. DESTATIS - Bevölkerungsstatistik Für die Analysen wurden Daten aus der offiziellen Bevölkerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes verwendet. Die Daten wurden über die Genesis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes abgefragt. Die Statistiken sind öffentlich und frei zugänglich. Die Basis der Bevölkerungszahlen beruht auf der Grundlage des letzten Zensus im Jahre 2011 [26]. Zur Analyse verwendet wurden Informationen zur Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Landkreisen, d.h. die Namen der Stadt- und Landkreise, zugehörige Stadt- und Landkreisschlüssel und deren Einwohnerzahlen zwischen 2007 und 2018. Quellen: [19] BMJV 2002, [20] BMJV 1988, [21] InEK 2020, [22] Destatis 2017, [23] G-BA 2013, [24] Destatis 2018a, Seite 20 [25] G-BA 2020, [26] Destatis 2018b, [35] Destatis 2018d
3. Methodik 3.2 Analytisches Vorgehen In einem ersten Schritt wird die Angebotssituation wurden folgende Fragen als Zielstellung der der stationären MMST anhand der Analysen formuliert: Qualitätsberichte der Krankenhäuser 2012 – 2018 1. Wie haben sich die Fallzahlen zwischen 2007 analysiert [27]. Primäre Fragestellungen zur und 2018 entwickelt und welche regionalen Auswertung sind dabei folgende: Auffälligkeiten gibt es? 1. Welche Krankenhäuser bieten MMST in 2. Wie hoch ist die Inanspruchnahme je Deutschland an und wie hat sich die Anzahl Einwohner in den einzelnen Regionen und wie dieser Krankenhäuser entwickelt? hat sich diese in den vergangenen Jahren 2. In welchen Abteilungen wird die MMST in den verändert? Krankenhäusern erbracht? 3. Welche schmerzbezogenen Krankheiten 3. Wie haben sich die Fallzahlen dieser haben die MMST-Patienten? einzelnen Krankenhäuser entwickelt? 4. Wie alt waren die MMST-Patienten in Die Ergebnisse sind im Hauptteil der Studie auf Deutschland durchschnittlich? Deutschland- und Bundeslandebene dargestellt 5. Gibt es Korrelationen zwischen der und diskutiert. Eine Kennzahlenübersicht auf Inanspruchnahme einer MMST und dem Stadt- und Landkreisebene findet sich im Anhang. Geschlecht? Im nächsten Schritt wird anhand der Marktdaten Auch hier werden im Hauptteil der Studie die des Statistischen Bundesamtes der Jahre 2007 – Ergebnisse auf Deutschland- und 2018 die Herkunft der Patienten analysiert. Diese Bundeslandebene abgestellt. Eine detaillierte Daten zeigen - im Gegensatz zu den Übersicht auf Stadt- und Landkreisebene findet Qualitätsberichtsdaten, welche den Ort der sich im Anhang in den Kennzahlentabellen. Leistungserbringung aufzeigen - aus welchen Im letzten Schritt werden die Ergebnisse beider Stadt- und Landkreisen die Patienten stammen. Auswertungen gegenüber gestellt. Ziel dieser Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich die vergleichenden Analyse ist es, einen Abgleich reelle Nachfrage nur in begrenztem Maße aus den zwischen dem Ort der Behandlung (Krankenhaus) vorhandenen Datenquellen ableiten lässt. Wie und der Patientenherkunft zu machen, um so eingangs bereits dargestellt, gibt es nach Patientenwanderungen darstellen zu können. Einschätzungen von Experten und Fachverbänden Örtliche Diskrepanzen zwischen Angebot und 1,2 – 1,8 Mio. Patienten mit einem chronischen Inanspruchnahme (d.h. Überangebot oder Mangel Schmerzsyndrom. Diese Fallzahl wird bei weitem an Angebot) konnten so identifiziert werden. nicht erreicht, da das bestehende Angebot dieser Da sich das DRG System 2020 dahingehen potentiellen Nachfrage bis dato nicht gerecht geändert hat, dass die Pflegeanteile aus den werden kann. Es kann daher festgehalten werden, DRG-Erlösen herausgenommen wurden und von dass aus den aktuellen Fallzahlen lediglich die nun an separat finanziert werden, soll zudem eine Abbildung einer angebotsbeeinflussten Analyse der aktuellen Erlösverteilung inkl. Inanspruchnahme möglich ist. Bei der Analyse der Pflegeanteil aufgezeigt werden. Marktdaten (Patientenherkunftsdaten) Quellen: [27] G-BA 2016 Seite 21
Inhalt Executive Summary 4 1. Hinleitung zum Thema 7 2. Theoretische Einführung 9 2.1 Der Schmerzpatient 9 2.2 Die Schmerzarten 10 2.3 Die Schmerzerfassung 12 2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST) 13 2.5 Die MMST im DRG-System 15 2.6 Die MMST in der Praxis 16 2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin 17 3. Methodik 19 3.1 Datenquellen 19 3.2 Analytisches Vorgehen 21 4. Angebotssituation stationärer MMST 23 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser 23 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser 24 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen 25 4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST 26 4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST 27 4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter 28 5. Inanspruchnahme stationärer MMST 34 5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut) 34 5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner) 35 5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten 36 5.4 Geschlecht der MMST-Patienten 37 5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten 38 6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST 41 7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST 46 8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik 48 Fazit 51 Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise) 52
4. Angebotssituation stationärer MMST 4. Angebotssituation stationärer MMST 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser In den vergangenen Jahren konnte ein stetiger wobei von 2016 auf 2017 sogar ein Krankenhaus Ausbau der stationären MMST in Deutschland weniger zu verzeichnen ist. Konträr stellt sich die beobachtet werden. Gab es im Jahr 2012 laut den Entwicklung in Hamburg dar, hier sank die Anzahl Qualitätsberichten noch 385 Einrichtungen, die der MMST-Einrichtungen von 8 auf 4 (-50%). Im den OPS 8-918 (MMST) kodiert haben, waren es Allgemeinen lässt sich feststellen, dass, mit im Jahr 2015 bereits 457 Krankenhäuser. Seit dem Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern, Jahr sinkt die Anzahl der Einrichtungen mit MMST- Niedersachsen und Thüringen, in allen Angebot leicht aber kontinuierlich, so dass es im Flächenstaaten das Versorgungsangebot bei Jahr 2018 445 Krankenhäuser gibt. [s. Abb. 7]. MMST erweitert wurde. In allen drei Stadtstaaten Krankenhäuser mit MMST-Angebot 2012-2018 hingegen kam es zu einer Reduktion des +16% Angebots. Es kann jedoch festgehalten werden, dass von 2012-2018 ein Ausbau der Versorgung 409 428 457 455 452 445 385 hinsichtlich der anbietenden Einrichtungen im Bundesgebiet stattfand, die Zahlen in der Hälfte der Bundesländer seit 2016 jedoch rückläufig sind. 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Die alleinige Entwicklung der Anzahl an Abbildung 7: Entwicklung Krankenhäuser mit MMST-Angebot Einrichtungen sagt jedoch wenig über den Bei der Betrachtung der einzelnen Bundesländer Versorgungsgrad aus, da die durchschnittliche zeigte sich eine große Diversität bezüglich der Anzahl an Behandlungen je Einrichtung stark Entwicklung des Versorgungsangebotes. variieren kann. Im Folgenden sollen daher die Gewachsen ist das Angebot an MMST in zehn Fallzahlen der MMST der einzelnen Bundesländern [s. Tab. 2]. Das größte relative Krankenhäuser, die in den QB der Krankenhäuser Wachstum fand in Schleswig-Holstein statt: die dokumentiert wurden, analysiert und ausgewertet Anzahl an MMST durchführenden Einrichtungen werden. stieg von 6 auf 10 (+67%) an, Krankenhäuser mit MMST-Angebot nach Bundesland 2012-2018 Bundesländer 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2012-2018 Baden-Württemberg 40 43 42 48 47 43 44 10% Bayern 53 48 61 62 63 60 69 30% Berlin 12 13 12 12 10 14 11 -8% Brandenburg 14 16 15 17 18 16 17 21% Bremen 6 6 5 5 3 5 4 -33% Hamburg 8 10 6 9 6 7 4 -50% Hessen 25 26 23 25 28 28 28 12% Mecklenburg-Vorp. 9 9 9 11 8 7 8 -11% Niedersachsen 35 38 43 41 40 39 33 -6% Nordrhein-Westfalen 99 103 110 124 123 124 119 20% Rheinland-Pfalz 22 25 24 26 25 25 26 18% Saarland 5 5 6 5 5 6 7 40% Sachsen 24 29 32 29 31 35 32 33% Sachsen-Anhalt 11 13 17 18 20 19 18 64% Schleswig-Holstein 6 8 7 9 10 9 10 67% Thüringen 16 17 16 16 18 15 15 -6% Gesamtergebnis 385 409 428 457 455 452 445 16% Tabelle 2: Entwicklung Krankenhäuser mit MMST nach Bundesland Abbildung 8: Krankenhausstandorte mit MMST Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016 Seite 23
4. Angebotssituation stationärer MMST 4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser Die Entwicklung der Krankenhäuser spiegelt Am Beispiel Hamburg zeigt sich, dass die Anzahl sich auch in der Fallzahlentwicklung wieder. der Einrichtungen nicht primär die Wurden im Jahr 2012 laut QB 46.325 MMST-Fälle Versorgungssituation widerspiegelt. Hier haben erbracht, waren es 2018 bereits 69.769 [s. Abb. 9]. sich zwischen 2012 und 2018 die Einrichtungen, Der Anstieg von 51% in diesem Zeitraum fällt die MMST anbieten, von 8 auf 4 reduziert; die somit deutlich höher aus als der Anstieg der Fallzahlen der Krankenhäuser sind im gleichen Einrichtungen von 16% [s. Abb. 7]. Zeitraum jedoch um 137% gestiegen. Dieser Sachverhalt zeigt, wie auch in den anderen Fallzahlen der Krankenhäuser mit MMST 2012-2018 Bundesländern, dass im Zuge des +51% Versorgungsausbaus eine Spezialisierung 67.222 66.686 69.769 stattgefunden hat. Hatten 2012 die 58.499 63.633 46.325 51.082 Krankenhäuser, die MMST anboten, im Durchschnitt 120 Fälle im 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Fallzahlen pro Krankenhaus mit MMST 2012-2018 Abbildung 9: Entwicklung MMST-Fälle Krankenhäuser gesamt 148 148 157 125 137 139 120 Auch hier zeigten sich in der Betrachtung der einzelnen Bundesländer große Unterschiede [s. Tab. 3]. Die größte Fallzahlzunahme fand in 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Schleswig-Holstein statt. Verantwortlich dafür war Abbildung 10: Entwicklung MMST-Fälle pro Krankenhaus die Etablierung der Schmerzklinik in Kiel im Jahr Jahr, waren es 2018 bereits 157 Fälle [s. Abb. 10]. 2015. Den einzigen Rückgang 2017/2018 Somit kann aufgezeigt werden, dass nicht nur die verzeichnet Berlin (-9%). Der Rückgang der MMST Anzahl der Krankenhäuser und Fälle in den erbringenden Krankenhäuser korreliert dabei in Einrichtungen gestiegen sind, sondern zudem auch letztgenanntem mit einem sehr starken eine Zentrumsbildung in diesem Bereich stattfand. Fallzahlen der Krankenhäuser mit MMST nach Bundesländern 2012-2018 Bundesländer 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2012-2018 Baden-Württemberg 2.469 3.167 3.717 4.381 4.942 4.741 5.095 106% Bayern 8.609 8.776 10.850 11.477 11.883 11.350 12.107 41% Berlin 1.429 1.413 1.440 1.336 1.399 1.587 1.444 1% Brandenburg 2.198 2.547 2.811 3.236 3.100 3.300 3.472 58% Bremen 508 503 585 552 567 518 601 18% Hamburg 325 465 714 630 594 628 769 137% Hessen 2.645 3.239 3.660 3.832 4.220 4.057 4.251 61% Mecklenburg-Vorpommern 425 368 528 383 503 288 296 -30% Niedersachsen 2.979 3.917 4.614 4.837 4.952 5.036 5.052 70% Nordrhein-Westfalen 11.667 13.661 15.546 16.326 17.894 17.459 17.787 52% Rheinland-Pfalz 5.329 5.083 5.440 5.645 5.998 5.655 6.243 17% Saarland 884 899 862 1.009 979 1.103 1.189 35% Sachsen 2.615 2.719 3.371 3.488 3.331 3.881 4.044 55% Sachsen-Anhalt 1.995 2.283 2.260 2.647 2.541 2.689 2.969 49% Schleswig-Holstein 448 457 604 2.169 2.459 2.624 2.635 488% Thüringen 1.800 1.585 1.497 1.685 1.860 1.770 1.815 1% Gesamtergebnis 46.325 51.082 58.499 63.633 67.222 66.686 69.769 51% Tabelle 3: Entwicklung MMST-Fälle nach Bundesland Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016 Seite 24
4. Angebotssituation stationärer MMST 4.3 MMST erbringende Fachabteilungen Um als Krankenhaus Patienten mit MMST 42,7%, 2018 bereits 46,7% aller dokumentierten behandeln zu können, muss nicht zwangsläufig OPS 8-918 in Fachabteilungen für eine eigenständige bettenführende Fachabteilung Schmerzmedizin erbracht; d. h. Abteilungen für für Schmerzmedizin vorgehalten werden. Solange Schmerzmedizin, Anästhesiologie / das Krankenhaus alle Struktur- und Qualitäts- Schmerztherapie, Innere Medizin / voraussetzungen, die an den OPS 8-918 Schmerzmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin gebunden sind, erfüllt, kann die Therapie sowie Orthopädie / Schmerzmedizin [s. Tab. 4 & angeboten, durchgeführt und vor allem mit den 5]. Eine weitere, hervorzuhebende Fachabteilung Krankenkassen abgerechnet werden. Jedoch wird ist die Orthopädie/Unfallchirurgie, auf die über eine vorgehaltene Fachabteilung als Ausdruck von 21,7% aller MMST-Fälle entfallen. Hierdurch Expertise und Spezialisierung auf diesem Gebiet spiegelt sich die DRG-Kategorie der Muskel- angesehen und ist ein Indikator für Skelett-Erkrankungen als häufigste Indikation für Zentrumsbildung. 2017 wurden MMST wieder. Fachabteilungen in denen MMST erbracht wurde 2017-2018 Fachabteilungen MMST 2017 (QB) Fachabteilungen MMST 2018 (QB) Fachabteilung OPS 8-918 Anteil Fachabteilung OPS 8-918 Anteil Schmerzmedizin 22.371 33,5% Schmerzmedizin 26.181 37,5% Orthopädie 10.715 16,1% Orthopädie 10.262 14,7% Innere Medizin 7.878 11,8% Innere Medizin 7.531 10,8% Anästhesiologie/Schmerztherapie 5.011 7,5% Anästhesiologie/Schmerztherapie 5.168 7,4% Neurologie 4.745 7,1% Unfallchirurgie/Orthopädie 4.851 7,0% Allgemeinchirurgie 4.658 7,0% Neurologie 4.343 6,2% Unfallchirurgie/Orthopädie 4.136 6,2% Allgemeinchirurgie 4.038 5,8% Rheumatologie 1.939 2,9% Rheumatologie 1.939 2,8% Schmerz- und Palliativmedizin 1.112 1,7% Schmerz- und Palliativmedizin 1.203 1,7% Anästhesiologie/Intensiv 973 1,5% Anästhesiologie/Intensiv 1.141 1,6% Neurochirurgie 864 1,3% Neurochirurgie 766 1,1% Wirbelsäulenchirurgie 710 1,1% Wirbelsäulenchirurgie 627 0,9% Pädiatrie 371 0,6% Pädiatrie 476 0,7% Pneumologie 258 0,4% Gefäß- und Thoraxchirurgie 341 0,5% Onkologie/Hämatologie 222 0,3% Pneumologie 288 0,4% Gefäß- und Thoraxchirurgie 178 0,3% Strahlentherapie 148 0,2% Geriatrie 174 0,3% Palliativmedizin 141 0,2% Psychosomatische Medizin 144 0,2% Naturheilkunde 101 0,1% Palliativmedizin 82 0,1% Onkologie/Hämatologie 61 0,1% Naturheilkunde 59 0,1% Geriatrie 42 0,1% Plastische Chirurgie 21 0,0% Gastroenterologie 38 0,1% Gynäkologie / Geburtshilfe 16 0,0% Gynäkologie / Geburtshilfe 24 0,0% Strahlentherapie 16 0,0% Kardiologie 24 0,0% Gastroenterologie 7 0,0% Plastische Chirurgie 23 0,0% Kardiologie 7 0,0% Urologie 8 0,0% Urologie 7 0,0% Nephrologie 2 0,0% Dermatologie 4 0,0% Dermatologie 2 0,0% Notfallmedizin 4 0,0% Herzchirurgie 3 0,0% Augenheilkunde 1 0,0% Gesamtergebnis 66.686 100% Gesamtergebnis 69.769 100% Tabelle 4: Fachabteilungen mit MMST 2017 Tabelle 5: Fachabteilungen mit MMST 2018 Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016 Seite 25
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