Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...

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Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
Die stationäre Versorgungssituation
Multimodaler Schmerztherapie in deutschen
Krankenhäusern

Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020

München, Mai 2020

www.oberender.com
Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
Vorwort

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

der deutsche Krankenhausmarkt ist sehr dynamisch und befindet sich im stetigen Wandel. Neue

Behandlungsmethoden und -konzepte, medizintechnische Innovationen und die Digitalisierung ermöglichen den

Krankenhäusern kontinuierlichen Fortschritt bei der patientenorientierten Versorgung. Primäres Ziel ist dabei

stets eine leistungsfähige und qualitativ hochwertige, flächendeckende Versorgung, die sich an die Bedürfnisse

der Bevölkerung anpasst und sichergestellt werden muss [1]. Eine Patientengruppe, die über viele Jahre hinweg

unzureichend        berücksichtigt      wurde,   ist   die   der   chronischen   Schmerzpatienten.     Die   Deutsche

Schmerzgesellschaft schätzt die Zahl chronischer Schmerzpatienten auf rund 23 Millionen Menschen allein in

Deutschland [2]. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich in den letzten Jahren immer mehr Krankenhäuser

auf diese Patienten eingestellt und spezialisiert haben, was den Ausbau der Versorgung enorm vorangetrieben

hat. Deutlich wird dies durch die gestiegenen Patientenzahlen, die eine multimodale Schmerztherapie erhalten

haben, als auch durch die erhöhte Anzahl an Krankenhäusern, die eine Fachabteilung für Schmerztherapie

vorhalten. Dennoch ist die Versorgungssituation chronischer Schmerzpatienten, die einen multimodalen

Therapieansatz benötigen, unübersichtlich und daher recht intransparent.

In der vorliegenden Studie finden Sie die aktualisierten Ergebnisse der 2018 erstmals durchgeführten Analyse,

welche die Angebotssituation und Inanspruchnahme der Multimodalen Schmerztherapie untersucht. Die Studie

soll dazu beitragen, Transparenz zur Versorgung von Schmerzpatienten zu schaffen. Die Ergebnisse sollen den

Entscheidern und Spezialisten sowohl in den Krankenhäusern als auch bei den Fachverbänden ermöglichen,

einen komprimierten Einblick in den Status quo zur aktuellen Versorgungslage zu bekommen und deren

Entwicklung der vergangenen Jahren nachvollziehen zu können.

Jochen Baierlein                                                                      Philipp Leibinger
Vorstand                                                                              Senior Analyst
Leiter Research Institute

                                                                                 München/Bayreuth, den 28.05.2020

[1] BMBF 2018, [2] Häuser et al. 2014                                                                          Seite 2
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Inhalt

Executive Summary                                                       4

1. Hinleitung zum Thema                                                 7

2. Theoretische Einführung                                              9
         2.1 Der Schmerzpatient                                         9
         2.2 Die Schmerzarten                                          10
         2.3 Die Schmerzerfassung                                      12
         2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)         13
         2.5 Die MMST im DRG-System                                    15
         2.6 Die MMST in der Praxis                                    16
         2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin                      17

3. Methodik                                                            19
        3.1 Datenquellen                                               19
         3.2 Analytisches Vorgehen                                     21

4. Angebotssituation stationärer MMST                                  23
        4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser                             23
         4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser                     24
         4.3 MMST erbringende Fachabteilungen                          25
         4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST                26
         4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST         27
         4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter                        28

5. Inanspruchnahme stationärer MMST                                    34
         5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut)                 34
         5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner)    35
         5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten                         36
         5.4 Geschlecht der MMST-Patienten                             37
         5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten                     38

6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST              41

7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST                              46

8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik   48

Fazit                                                                  51

Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise)                      52
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Executive Summary

Executive Summary

            Hinführung

      •   Eine stationäre multimodale Schmerztherapie (MMST) ist vor allem für chronische Schmerzpatienten
          angezeigt, die ambulant nicht ausreichend therapiert werden können.
      •   Diese   Therapieform existiert bereits seit       langer Zeit,   erlebte   jedoch   in der deutschen
          Krankenhauslandschaft v.a. in den vergangen Jahren einen enormen Aufbau.
      •   Ziel der Aktualisierung       der Studie     war es, Transparenz hinsichtlich       von Angebot und
          Inanspruchnahme zu geben.

            Angebot
      •   Die Anzahl an Einrichtungen, die eine MMST anbieten, ist in Deutschland von 2012 bis 2018 von 385
          auf 445 um 16% gestiegen. Seit 2015 ist die Anzahl der Anbieter leicht Rückläufig. (S. 23)
      •   Die Fallzahlen sind dabei von 46.325 auf 69.769 um 51% (CAGR: 7,1%) angestiegen. (S. 24)
      •   Hatten 2012 die anbietenden Krankenhäuser durchschnittlich 120 MMST Schmerzpatienten
          behandelt,, waren es 2018 bereits 157 Patienten. (S. 24)
      •   Der Versorgungsgrad ist in den Bundesländern unterschiedlich. Der größte Ausbau war durch die
          Etablierung und Aufnahme in den Krankenhausplan der Schmerzklinik Kiel in Schleswig Holstein
          2015 zu beobachten; in Mecklenburg Vorpommern hingegen wurden 2018 rund 30% weniger
          Patienten behandelt als noch 2012. (S. 24)
      •   Rund 47% der MMST-Fälle wurden 2018 in einer ausgewiesenen schmerzmedizinischen
          Fachabteilung behandelt, 12% in einer Orthopädie, 11% in der Inneren Medizin. (S. 25)
      •   Im Schnitt haben Krankenhäuser, die eine MMST anbieten, mehrere Fachabteilungen (13,5). (S. 26)
      •   Bei der Analyse nach Bettengröße zeigt sich, dass vermehrt größere Häuser MMST anbieten. (S. 27)
      •   Hinsichtlich der Trägerschaft wird gezeigt, dass Einrichtungen nach gleicher Verteilung wie in der
          Grundgesamtheit MMST Leistungen anbieten. (S. 27)

            Inanspruchnahme
      •   Betrachtet man den Zeitraum 2007 bis 2018 zeigte sich ein Fallzahlanstieg bei der stationären MMST
          um 182% (CAGR: 9%). Der Anstieg ist dabei in nahezu jedem Bundesland zu beobachten, allerdings
          in unterschiedlicher Ausprägung. So gab es in Sachsen-Anhalt einen Anstieg von 457% während es
          in Mecklenburg-Vorpommern 2018 etwa 3% weniger Fälle gab als 2007. (S. 34)
      •   Adjustiert mit der Bevölkerungsentwicklung in diesem Zeitraum zeigte sich, dass die Nachfrage bzw.
          Inanspruchnahme von 29,3 Fällen pro 100.000 Einwohner im Jahr 2007 auf 81,7 Fälle pro 100.000
          Einwohner im Jahr 2018 gestiegen ist. Die meiste Nachfrage konnte dabei in Sachsen-Anhalt mit 147
          Fällen je 100.000 Einwohnern verzeichnet werden; die niedrigste in Hamburg mit 20,3 Fällen je
          100.000 Einwohnern. (S. 35)
      •   Mit 60,8% sind Erkrankungen die häufigste Ursache für eine MMST, gefolgt von psychischen
          Erkrankungen mit 29,2% und Krankheiten des Nervensystems mit 10,0% (S. 38)
      •   Die Altersstruktur der MMST Patienten zeigt, dass 79% älter als 49 Jahre sind. (S. 36)
      •   Zudem konnte festgestellt werden, dass der Frauenanteil mit 69% überdurchschnittlich hoch ist. (S. 37)

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Executive Summary

Executive Summary

           Gegenüberstellung: Angebot vs. Inanspruchnahme

      •   Die     Anzahl   der     Landkreise   mit   einem   stationären   MMST-Versorgungsangebot     ist   im
          Betrachtungszeitraum (2012 - 2018) deutlich gestiegen. (S. 41)
      •   Es gibt aber auch einige Gebiete in denen ursprünglich eine stationäre MMST etabliert war, diese
          aber nicht mehr angeboten wird. (S. 42)
      •   Ein Landkreis in dem keine MMST angeboten wird, ist hierbei jedoch nicht zwangläufig als
          unterversorgt anzusehen, da umliegende Landkreise die Versorgung ausreichend              übernehmen
          können - auch wohnortnah (< 30 Minuten Fahrzeit für die Patienten). (S. 44)
      •   Auf der anderen Seite gibt es jedoch nach wie vor Regionen, in denen noch kein MMST-Angebot zu
          finden ist und die betroffenen Patienten > 60 Minuten Fahrzeit benötigen, um in ein entsprechendes
          Krankenhaus zu kommen, welches diese Leistung anbietet. (S. 44)
      •   Vor diesem Hintergrund bleibt zu definieren, was eine wohnortnahe Versorgung darstellt.

           Zukünftige Prognosen

      •   Eine grobe Kalkulation aus dem ersten Schmerzatlas von 2018 des zukünftigen Bedarfs zeigt, wie
          sich die Fallzahlen und Kapazitäten bis 2025 erhöhen könnten. (S. 46)
      •   Berechnet wurden drei verschiedene Szenarien, in denen sowohl Demografieeffekte als auch
          Prävalenzen im unterschiedlichem Maße berücksichtigt und angenommen wurden.
      •   Keine Berücksichtigung fanden Faktoren wie die Krankenhausplanung der Länder, die politischen
          Entwicklungen auf Bundesebene oder ähnliches.
      •   Die Berechnungen ergeben künftige jährliche Fallzahlen von 67.000 bis ca. 140.000 Patienten pro
          Jahr.
      •   In wachstumsstärksten Szenario 3 würde sich die Fallzahl für die stationäre Multimodale
          Schmerztherapie mehr als verdoppeln. (CAGR: 8,8%) (S. 46)
      •   Legt man dabei verschiedene Annahmen von Schmerzgesellschaften zugrunde, scheint dies nicht
          unrealistisch zu sein.
      •   Entsprechend kann auch die Anzahl der benötigten Kapazitäten berechnet werden und liegt nach den
          berechneten Prognosen bei bis zu 5.600 Krankenhausbetten. (S. 46)

           Exkurs: Ausgliederung der Pflege aus der DRG

      •   Seit 2020 hat sich die DRG-Systematik grundlegend verändert. Vor dem Hintergrund des
          Pflegepersonalmangeln wird seit 2020 die Pflege separat finanziert. (S. 48)
      •   Jede DRG hat eine sogenannte Pflegeerlös-Bewertungsrelation pro Behandlungstag die mit
          festgelegten Tagessatz von 185€ berechnet wird. (S. 48)
      •   Bei einem Abgleich der berechneten DRG Erlösminderung mit den zu erwartenden
          Pflegeerlösen zeigt sich, dass bis auf die U42B alle MMST-DRGs eine positive Kostendeckung
          und Refinanzierung der Pflege bei durchschnittlichen Liegedauern der Patienten hätten. (S. 49)

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Executive Summary                                                       4

1. Hinleitung zum Thema                                                 7

2. Theoretische Einführung                                              9
         2.1 Der Schmerzpatient                                         9
         2.2 Die Schmerzarten                                          10
         2.3 Die Schmerzerfassung                                      12
         2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)         13
         2.5 Die MMST im DRG-System                                    15
         2.6 Die MMST in der Praxis                                    16
         2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin                      17

3. Methodik                                                            19
        3.1 Datenquellen                                               19
         3.2 Analytisches Vorgehen                                     21

4. Angebotssituation stationärer MMST                                  23
        4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser                             23
         4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser                     24
         4.3 MMST erbringende Fachabteilungen                          25
         4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST                26
         4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST         27
         4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter                        28

5. Inanspruchnahme stationärer MMST                                    34
         5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut)                 34
         5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner)    35
         5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten                         36
         5.4 Geschlecht der MMST-Patienten                             37
         5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten                     38

6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST              41

7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST                              46

8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik   48

Fazit                                                                  51

Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise)                      52
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1. Hinleitung zum Thema

1. Hinleitung zum Thema

Chronische        Schmerzen betreffen einen großen                           Ein weiterer Meilenstein in der Versorgung von
Teil    der    Bevölkerung         und     sind    damit      als            Schmerzpatienten             ist        die    interdisziplinäre
gesamtgesellschaftliche Problematik anzusehen.                               Multimodale Schmerztherapie (im Folgenden als
Gemäß der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V.                                MMST abgekürzt), die seit 2005 stationär in
leiden ca. 17% der Bevölkerung unter chronischem                             Krankenhäusern durchgeführt und abgerechnet
Schmerz [3]. In einer Untersuchung von Häuser et                             werden kann. Diese Therapie zielt vor allem auf
al. 2014 lag die Prävalenzrate von chronischen                               jene chronische Schmerzpatienten ab, die aufgrund
Schmerzen in Deutschland sogar bei knapp 27%                                 der Komplexität ihrer Erkrankung nicht mehr auf
[2].   Wird      die     aktuelle       Bevölkerungsstatistik                ambulantem Weg therapiert werden können, da sie
zugrunde gelegt, kann daraus gefolgert werden,                               eine umfassendere Behandlung benötigen. Mit
dass     mindestens       14     Millionen      Menschen       in            einer frühzeitigen stationären Behandlung durch
Deutschland         an     länger       andauernden         oder             Spezialisten                  können                chronische
wiederkehrenden Schmerzen leiden. Bei vier bis                               Schmerzentwicklungen                   abgeschwächt          und
fünf Millionen dieser Patienten liegt der Deutschen                          reduziert       werden         [4].      Jedoch      ist     das
Schmerzliga e. V. zufolge sogar eine eigenständige                           Versorgungsangebot             für      Schmerztherapie         in
Schmerzkrankheit vor [4]. Etwa 1,2 - 1,8 Millionen                           Deutschland nach Meinung von Experten aktuell
Patienten leiden Schätzungen zufolge an einem                                noch unzureichend und sollte zwingend verbessert
chronischen        Schmerzsyndrom,            welches       eine             werden [4]. Die mangelnde Praktikabilität von
spezialisierte       Schmerztherapie            benötigt      [2].           innovativen           Therapieansätzen              in        der
Die Folgen für Betroffene und Gesellschaft sind                              Schmerzmedizin kann unter anderem auf das
dabei nicht zu unterschätzen. Chronischer Schmerz                            fehlende Bewusstsein dieser gesellschaftlichen
bringt neben körperlichen Beschwerden sowohl                                 Problematik bei den Kostenträgern und der Politik
Einbußen bei der Erwerbstätigkeit als auch im                                zurückgeführt werden [4,6].
sozialen Umfeld der Erkrankten mit sich und
                                                                             Verlässliche Zahlen, mithilfe derer Aussagen
schränkt       dadurch          die     Lebensqualität       der
                                                                             über den Versorgungsgrad getroffen werden
Betroffenen stark ein [5,7]. Anhand der Kosten für
                                                                             können, sind bisher rar [5].                  Die vorliegende
Therapien        und       Arbeitsausfälle         chronischer
                                                                             Studie soll daher helfen, die Entwicklung der
Schmerzpatienten, die auf fast 40 Milliarden Euro
                                                                             letzten Jahre und den Status Quo der stationären
jährlich      geschätzt      werden,       lässt     sich     die
                                                                             schmerztherapeutischen Versorgung in Form der
Notwendigkeit                   einer               adäquaten
                                                                             MMST aufzuzeigen. Der Fokus der Erhebung
Schmerzversorgung                   ableiten.           Obwohl
                                                                             liegt dabei auf der Analyse des aktuellen
Schmerzpatienten nach wie vor größtenteils im
                                                                             Angebotes und der Inanspruchnahme von MMST
ambulanten Sektor behandelt werden, gewinnt die
                                                                             und deren regionaler Ausprägung. Neben der
Schmerzversorgung                     im           stationären
                                                                             deskriptiven Analyse wurde auch die aktuelle
Versorgungsumfeld          als eigenständige Disziplin
                                                                             Finanzierungssituation                 der    MMST         näher
immer mehr an Bedeutung [3]. So ist z. B. auch die
                                                                             betrachtet und dargestellt.
Schmerzmedizin seit 2012 fester Bestandteil des
Medizinstudiums in Deutschland [4].

Quellen: [2] Häuser et al. 2014, [3] Nobis u. Rolke 2012, [4] DSL 2013, [5] Hess. Ärztebl. 2013, [6] Jungck 2008,                       Seite 7
[7] DGSS 2018
Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
Inhalt

Executive Summary                                                       4

1. Hinleitung zum Thema                                                 7

2. Theoretische Einführung                                              9
         2.1 Der Schmerzpatient                                         9
         2.2 Die Schmerzarten                                          10
         2.3 Die Schmerzerfassung                                      12
         2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)         13
         2.5 Die MMST im DRG-System                                    15
         2.6 Die MMST in der Praxis                                    16
         2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin                      17

3. Methodik                                                            19
        3.1 Datenquellen                                               19
         3.2 Analytisches Vorgehen                                     21

4. Angebotssituation stationärer MMST                                  23
        4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser                             23
         4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser                     24
         4.3 MMST erbringende Fachabteilungen                          25
         4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST                26
         4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST         27
         4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter                        28

5. Inanspruchnahme stationärer MMST                                    34
         5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut)                 34
         5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner)    35
         5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten                         36
         5.4 Geschlecht der MMST-Patienten                             37
         5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten                     38

6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST              41

7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST                              46

8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik   48

Fazit                                                                  51

Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise)                      52
Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
2. Theoretische Einführung

2. Theoretische Einführung
2.1 Der Schmerzpatient

Schmerzen treten in unterschiedlichster Intensität                        Der akute Schmerz wird in der Regel durch einen
in allen Altersgruppen auf. Sie sind somit                                plötzlichen Reiz ausgelöst und ist somit zeitlich und
altersunabhängig und können ebenso wenig auf                              örtlich begrenzt. Folglich handelt es sich bei dieser
bestimmte Schmerzregionen reduziert werden.                               Form um ein Warnsignal bzw. Symptom. Dieser
                                                                          Schmerz bildet sich zurück, sobald der auslösende
                                             Kopfschmerzen                Faktor beseitigt worden ist [3,10].

                                                                          Schmerzen werden als chronisch bezeichnet,
                  Chronische
                                               Nervenschmerzen            wenn sie über einen langen Zeitraum andauern
                  Schmerzen
                                                                          bzw. wiederkehren und nicht mehr mit einem
                                                                          bestimmten       Auslöser       in     Verbindung     gebracht
                                                  Tumorschmerzen          werden können. Sie entwickeln sich somit zu einer
                                                                          eigenständigen Erkrankung, wodurch die Patienten
             Rückenschmerzen
                                                                          sowohl körperlich, psychisch als auch sozial
                                                                          eingeschränkt werden. Bei chronischen Schmerzen
                                           Gelenksschmerzen
                                                                          ist der ursprüngliche Effekt oftmals nicht mehr
                                                                          zuordenbar; der Schmerz hat seine Warnfunktion
      Gelenksschmerzen                                                    verloren. Diese Schmerzen treten zum einen als
                                                                          Folge einer Gewebeschädigung durch chronische
    Chronische Schmerzen                                                  Krankheiten, wie z. B. Rheuma, auf. Zum anderen
                                                                          können sie sich selbst zu einer Erkrankung
                                                                          (Schmerzsyndrom / Schmerzkrankheit) entwickeln,
    Abbildung 1: Schmerzregionen
                                                                          die sich dann auch teilweise ohne körperlich
Schmerz wird von der International Association for                        feststellbare auslösende Faktoren äußert. Dabei
the Study of Pain (IASP) als ein unangenehmes                             hat    sich    der    Schmerz          in    das    sogenannte
Sinnes- und Gefühlserlebnis bezeichnet, das mit                           Schmerzgedächtnis              eingeprägt          und       das
aktueller     oder      potentieller      Gewebeschädigung                Nervensystem         reagiert         auf    harmlose       Reize
verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen                            übermäßig        stark      [3,10].     Hinweise      auf     die
Schädigung beschrieben wird [8]. Schmerz gilt als                         Entstehung einer chronischen Schmerzkrankheit
Warnfunktion         für    den    Körper.    So     gibt    das          können beispielsweise wiederholte, nicht wirksame
Schmerzgefühl,             das     über      das      zentrale            ambulante Schmerztherapien, häufige Arztwechsel
Nervensystem des Körpers gesteuert wird, einen                            oder psychische Beschwerden sein [11].
Hinweis auf eine Gefährdung der körperlichen                              Neben einer Einteilung in akute und chronische
Integrität    durch        extrinsische    oder    intrinsische           Schmerzen            kann          ebenso          nach       der
Einflüsse      [9,4].      Diese   „Warnfunktion“       entfällt          Schmerzentstehung                     bzw.          Schmerzart
jedoch, sobald der Schmerz chronisch wird [9].                            unterschieden werden.

Quelle: [3] Nobis & Rolke 2012, [4] DSL 2013, [8] IASP 2017, [9] Treede 2007, [10] DSL 2010, [11] MDK 2017                          Seite 9
Die stationäre Versorgungssituation Multimodaler Schmerztherapie in deutschen Krankenhäusern - Versorgungsatlas Schmerzmedizin 2020 - München, Mai ...
2. Theoretische Einführung

2.2 Die Schmerzarten

Schmerzen         können         also    unterschiedliche   Im    Folgenden    sind   einige   der   häufigsten
Ursachen       haben       und      in    verschiedenen     Schmerzarten und -syndrome aufgelistet [13,14].
Körperregionen lokalisiert sein. Dabei gilt der             Erläutert werden hierbei die Ursachen sowie der
Rückenschmerz          (häufig     als    Kreuzschmerz      jeweilige Mechanismus der Schmerzentstehung.
bezeichnet) als eine der am weitesten verbreiteten
Schmerzarten [12].

    Rückenschmerzen

•    Ursachen:
2. Theoretische Einführung

2.2 Die Schmerzarten
    Magen-/Darmschmerzen
•    Ursachen: funktionell z. B. Reizdarmsyndrom / Reizmagen, Erkrankungen z. B. chronisch-entzündliche
     Darmerkrankungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten
•    Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (vermutetes Zusammenspiel aus bio-psycho-sozialen Faktoren)

    Phantomschmerz
•    Ursachen: Schmerzen und Überempfindlichkeitsreaktionen an der Stelle eines amputierten (nicht mehr
     vorhandenen) Körperteils
•    Schmerzentstehung: der Bereich des Amputationsstumpfes ist weiterhin mit dem Nervensystem verknüpft
     und deutet Impulse aus dem Körper als Schmerzreize oder es hat sich vor der Amputation ein
     Schmerzgedächtnis ausgebildet

    Fibromyalgie-Syndrom

•    Ursachen: Faser-Muskel-Schmerz zusammen mit vegetativen Störungen
•    Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (man vermutet entzündliche bzw. rheumatische Störungen als
     Ursache)

    Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS)
•    Ursachen: Schmerzen nach Verletzungen (z. B. durch Entzündungen oder Bewegungseinschränkung,
     sowie Störungen der Sensibilität)
•    Schmerzentstehung: weitgehend ungeklärt (Vermutung einer neurologischen Veränderung durch die
     Verletzung)

    Schmerzen bei multimorbiden, pflegebedürftigen Patienten

•    Ursachen: Multimorbidität im Alter
•    Schmerzentstehung: verschiedene Schmerzkrankheiten gleichzeitig, die den unterschiedlichen Erkrankungen
     zugrunde liegen

Die unterschiedlichen Schmerzarten können bei              Das folgende Kapitel gibt daher eine Übersicht
den Betroffenen verschieden stark ausgeprägt sein.         darüber, welche Schmerzarten subjektiv bzw.
Schließlich empfindet jeder Mensch Schmerz als             objektiv eingeschätzt und erfasst werden können.
unterschiedlich intensiv und belastend.

Quelle: [13] DSL 2018, [14] DGSS 2018a                                                                Seite 11
2. Theoretische Einführung

2.3 Die Schmerzerfassung

Durch die Subjektivität der Schmerzempfindung                     Reize ihre Schmerzen bedingen und hervorrufen,
bedingt, ist es unerlässlich auch die individuelle                in           welchen                   Lebenssituationen                             und
Einschätzung            des       Patienten    mit   in   die     Bewegungssituationen ihr Schmerz besonders
Therapieplanung aufzunehmen. Manche Faktoren                      ausgeprägt ist und welche Bewältigungsstrategien
können Patienten nur selbst einschätzen, da diese                 sie selbst bereits erfolgreich angewendet haben.
nicht immer durch medizinische Messinstrumente                    Im      Folgenden             sind       Beispiele              für       subjektive
erfasst werden können [1, 9]. Beispielsweise                      Schmerzerfassungsinstrumente aufgelistet.
können nur sie selber Auskunft geben, welche

    Subjektive Schmerzerfassung
•     Numerische und / oder Visuelle Ratingskala                  Schmerztagebuch
      (Einschätzung der Schmerzintensität: 0 = geringste
       Intensität, 10 = höchste Intensität)                                            Schmerz-
                                                                   Monat/ Jahr                                 Seite             Begleiterscheinungen
                                                                                       charakter

      Abbildung 2: Numerische Ratingskala                          Abbildung 3: Schmerztagebuch

Es     ist ebenfalls          von      hoher Wichtigkeit die      Auch für diese Art der Schmerzerfassung stehen
Schmerzen von Betroffenen auch objektiv über                      einige bewährte Instrumente zur Verfügung, von
geeignete Messinstrumente zu erfassen. Durch                      denen zwei im Folgenden kurz vorgestellt werden.
die                  Fremdanamnese                   können
schmerzverstärkende Faktoren erfasst werden, an
die der Patient selbst gar nicht denken würde.

    Objektive Schmerzerfassung

                                                                  Wenn Sie an die Tage denken, an denen Sie in den letzten drei Monaten
•     Schmerzerfassung nach von Korff (Auszug):                    Schmerzen hatten, wie würden Sie die durchschnittliche Stärke der
                                                                                         Schmerzen einstufen?
      Erfassung des Grades der Beeinträchtigung durch den         [0]    [1]     [2]      [3]      [4]   [5]      [6]      [7]      [8]      [9]      [10]
      chronischen Schmerz durch Beeinträchtigungspunkte         (0 = keine Schmerzen)
                                                                (10 = stärkster vorstellbarer Schmerz)

                                                                Abbildung 4: Schmerz nach von Korff

                                                                Komponente             Stadium 1               Stadium 2                  Stadium 3
•     Schmerzerfassung nach Gerbershagen (Auszug):                 zeitliche
                                                                                  intermittierender,      lang anhaltender,
                                                                                 zeitlich begrenzter     fast kontinuierlich-     Dauerschmerz ohne
      Einschätzung des Stadiums der Schmerz-                       Aspekte
                                                                                     Schmerz mit           er Schmerz, mit          oder mit seltenem
                                                                  (Schmerz-
      chronifizierung (Stadium 1, 2 oder 3).                       verlauf)
                                                                                    wechselnden                seltenem            Intensitätswechsel
                                                                                     Intensitäten           Stärkewechsel
                                                                Abbildung 5: Schmerz nach Gerbershagen

Bei vielen chronischen Schmerzgeschehen, die oft                 Im nachfolgenden Kapitel soll daher dargestellt
sehr schmerzintensiv sein können, kann die                       werden, was die MMST ist, wie sie definiert wird
Therapie mit einer stationären MMST helfen, die                  und was die Charakteristika dieser Therapieform
dauerhaften Beschwerden zu besiegen.                             sind.

Quellen: [1] BMBF 2018, [9] Treede 2007                                                                                                            Seite 12
2. Theoretische Einführung

2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)

Erste Grundlagen der MMST entstanden bereits                              Für     chronische       Schmerzpatienten         wird    in
vor einigen Jahrzehnten. So wurde in den 1950er-                          Deutschland       seit   vielen   Jahren    die     MMST
Jahren festgestellt, dass das Empfinden von                               angeboten. Hierbei sollen die Patienten über einen
Schmerzintensität unter anderem maßgeblich von                            gewissen Zeitraum gleichzeitig von medizinischen,
der psychischen Ausgeglichenheit einer Person                             psychologischen          und   anderen     Therapeuten
abhängig ist [7]. Seit 2005 kann die MMST in                              behandelt werden, um die bio-psycho-sozialen
Deutschland über den DRG-Katalog zu Lasten der                            Aufrechterhaltungsfaktoren                               des
Krankenversicherungen abgerechnet werden und                              Schmerzempfindens zu bekämpfen und damit den
ist    damit   zu   einem festen        Bestandteil     des               Regelkreis der Schmerzentstehung durchbrechen
Regelleistungskataloges geworden.                                         zu können. [12]

    Subjektive Schmerzerfassung

Der OPS 8-918 definiert eine „multimodale Schmerztherapie“ [13]. Damit wird eine „gleichzeitige, inhaltlich,
zeitlich und in der Vorgehensweise aufeinander abgestimmte umfassende Behandlung von Patienten mit
chronifizierten Schmerzsyndromen“ bezeichnet, „in die verschiedene somatische, körperlich übende,
psychologisch übende und psychotherapeutische Verfahren nach vorgegebenem Behandlungsplan mit
identischem, unter den Therapeuten abgesprochenem Therapieziel eingebunden sind “ [15, S. 1].

Die MMST ist als interdisziplinäre Therapieform zu verstehen, die zum Einsatz kommt, wenn die
Schmerzsymptomatik eines Patienten nicht, nicht mehr oder nicht ausreichend ambulant behandelt werden kann
(beispielsweise bei häufiger Arbeitsunfähigkeit oder seelischen Beeinträchtigungen durch den Schmerz).

    Zielgruppe

Ausdrücklich empfohlen wird die MMST bei schwerer Ausprägung des Fibromyalgiesyndroms sowie beim
chronischen, nicht-spezifischen Kreuzschmerz, der einer intensiven Behandlung bedarf [12,16].

Erforderlichkeit einer stationären MMST:

•     (Schmerzmittel-)Sucht oder andere überwachungspflichtige Krankheiten
•     Schmerzen, die ambulant nicht ausreichend behandelt werden können
•     Dringliche Inanspruchnahme einer sehr intensiven (ambulant nicht praktizierbaren) Therapie [11]

Quellen: [7] DGSS 2018, [11] MDK 2017, [12] AWMF 2017, [13] DSL 2018, [15] Arnold et al. 2009,                               Seite 13
[16] DGSS 2018b
2. Theoretische Einführung

2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)
    Therapie

•    Diagnosestellung von zwei Fachpersonen, davon eine psychiatrisch zugeordnete Disziplin
•    Parallele Behandlung mit mindestens drei der nachfolgenden Therapieformen:
          •   Psychotherapie
          •   Physiotherapie
          •   Entspannungsverfahren
          •   Ergotherapie
          •   medizinische Trainingstherapie
          •   sensomotorisches Training
          •   Arbeitsplatztraining
          •   künstlerische Therapie (Kunst- oder Musiktherapie)
          •   sonstige übende Therapien

    Subjektive Schmerzerfassung

•      Die Leitung der Gesamttherapie liegt bei einem Arzt; dieser (oder eine andere als verantwortlich bestimmte
       Person) benötigt die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“
•      Mindestens zwei psychiatrisch zugeordnete Disziplinen müssen fest in die Planung der Behandlung
       einbezogen werden
•      Beteiligt sein können beispielsweise Psychologen, Pflegekräfte, Physio- und Sporttherapeuten,
       Bewegungs- und Ergotherapeuten oder Sozialarbeiter

                                                                                                           +
    Zusätzliche Voraussetzungen

•      Täglich ärztliche Visite oder Teambesprechung
•      Wöchentliche interdisziplinäre Teambesprechung
•      Gruppentherapiegröße muss auf acht Personen beschränkt sein
•      Dauer: mindestens 7 Tage
•      Der Behandlungsverlauf muss mittels eines standardisierten therapeutischen Assessments evaluiert
       werden

Quellen: [7] DGSS 2018, [11] MDK 2017, [13] DSL 2018, [15] Arnold et al. 2009                            Seite 14
2. Theoretische Einführung

2.5 Die MMST im DRG-System

Die MMST wird im DRG-System über den OPS                           So wurden erstmalig die DRGs der MMST im
8-918 definiert. Unter anderem in Kombination mit                  Katalogjahr 2016 angepasst und bezüglich der
der Hauptdiagnose ist dieser dafür verantwortlich,                 Verweildauer der Schmerzpatienten differenziert.
dass der Schmerzpatient in eine bestimmte DRG                      Dieses Signal kann als positiv bewertet werden, da
gruppiert wird. Der OPS-Code der MMST 8-918 ist                    die erfolgte Differenzierung sich primär auf die
seit 2005 unverändert geblieben. Die DRGs                          Vergütungshöhe und -voraussetzungen auswirkt.
hingegen können sich durch Systemanpassungen                       Somit wurde eine leistungsgerechtere Vergütung
Jahr für Jahr verändern.                                           für die Krankenhäuser ermöglicht.

  DRG - Systematik
                                      OPS 8-918                         ICD Haupt-
     Patient
                                       (MMST)                            diagnose

                                                             +                                             DRG

                                                                                                            bis      ab
  DRG Bezeichnung
                                                                                                           2015     2016
  B47A MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems (mind. 14 Tage)                                          ✓
  B47B MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems (weniger 14 Tage)                                        ✓
  B47Z MMST bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems                                                ✓
  I42A MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (mind. 14 Tage)                   ✓
  I42B MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (weniger 14 Tage)                 ✓
  I42Z MMST bei Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe                         ✓
  U42A MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen, Alter < 19 Jahre (Individuelle DRG)                           ✓
  U42B MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen, Alter > 18 Jahre (mind. 14 Tage)                              ✓
  U42C MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen (weniger 14 Tage)                                              ✓
  U42Z MMST bei psychischen Krankheiten und Störungen                                                      ✓
       MMST bei Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen/ andere Inanspruchnahme des
  Z44Z
       Gesundheitswesens                                                                                   ✓
 Tabelle 1: MMST-bezogene DRGs

Die Höhe der Vergütung der MMST ist abhängig                      Da jedes Bundesland nach wie vor einen
vom Relativgewicht der jeweiligen DRG. Dieses                     eigenen Landesbasisfallwert hat, beeinflusst der
variiert von 0,897 bei der DRG I42B bis 1,338 bei                 Ort        der          Leistungserbringung         die
der DRG B47A [36]. Das Relativgewicht kann als                    Vergütungshöhe.            Nimmt      man          den
Faktor angesehen werden, der multipliziert mit dem                Landesbasisfallwert von Bayern (3.660,92 €),
Landesbasisfallwert         die   Erlöse   ergibt.   Zudem        ergeben sich DRG-Erlöse zwischen 3.284 €
kommen ab 2020 die Pflegeerlöse hinzu.                            (I42B) und 4.898 € (B47A).

Quellen: [36] IneK 2020                                                                                           Seite 15
2. Theoretische Einführung

2.6 Die MMST in der Praxis

Die Behandlung chronischer Schmerzen erfolgt                                   Aspekte des komplexen Krankheitsbildes an (vgl.
mittels eines standardisierten Therapieansatzes.                               Schematischer      MMST-Plan).            Zudem          finden
Das interdisziplinäre Behandlungsteam kommt                                    mehrmals wöchentlich verhaltenstherapeutische
mindestens einmal wöchentlich zur Besprechung                                  und medizinische Einzelbehandlungen statt. Die
aller       aktuellen         Patientenfälle         zusammen.                 Therapie zielt hierbei primär auf die Überwindung
Therapieteilnehmer werden hierbei anhand ihrer                                 von    Schmerzängsten             und     die     Förderung
Krankheitsgeschichte,              körperlichen        Befunden,               schmerzunabhängiger, positiver Körpererfahrung
Compliance und Biografie umfänglich vorgestellt                                ab. Das zuvor festgelegte Therapieschema kann
und      bekommen          mittels       dieser    Faktoren   ein              und wird hierbei entsprechend der Therapieerfolge
geeignetes              modulares               Therapiekonzept                des Patienten evaluiert und ggf. adjustiert. Im
zusammengestellt.                       Die          festgelegten              Folgenden       zeigt       ein         MMST-Plan          der
Behandlungsmodule                      werden       häufig       in            Orthopädischen      Universitätsklinik            Heidelberg
gruppentherapeutischer                 Form     abgehalten    und              einen möglichen Wochenablauf einer MMST [37].
sprechen hierbei die verschiedenen auslösenden

   Schematischer MMST-Plan

  Uhrzeit               Montag                     Dienstag               Mittwoch           Donnerstag                        Freitag

    08:00          Evtl. Injektionen                 Visite                  Visite               Visite                       Visite
    08:30        Belastungstraining                                    Evtl. Injektionen
    09:00           im Gelände
                                              Belastungstraining Belastungstraining Belastungstraining Belastungstraining
    09:30                                        im Gelände         im Gelände         im Gelände         im Gelände
    10:00        Interdisziplinäre
    10:30       Team-Besprechung
                                                  Bewegungs-            Bewegungs-           Bewegungs-                  Bewegungs-
    11:00                                          erfahrung             erfahrung            erfahrung                   erfahrung
    11:30
                          Visite                  Bewegungs-            Bewegungs-           Bewegungs-                  Bewegungs-
    12:00
                                                   erfahrung             erfahrung            erfahrung                   erfahrung
    12:30
    13:00            Bewegungs-
                                                  Tanztherapie
    13:30             erfahrung                                                           Einzelsprechstunde
    14:00                                                                                        Arzt        Gruppengespräche
                                                                      Evtl. Musiktherapie
    14:30                                                                                                          Arzt
    15:00         Psych. Schmerz-
                                                                                                                         Entspannung
    15:30           bewältigung
    16:00            Rezeptive                    Entspannung
                                                                       Gesprächskreis
    16:30           Musiktherapie
Abbildung 6: Schematischer MMST-Plan

Quellen: [37] Universitätsklinikum Heidelberg 2018                                                                                  Seite 16
2. Theoretische Einführung

2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin

Es     muss an dieser Stelle angemerkt werden,                       Anlaufstation von Menschen mit Schmerzen. Erst
dass die stationäre MMST nur einen kleinen Teil                      wenn hier keine Erfolge erzielt werden können
der       Schmerzversorgung            in       Deutschland          oder sich der Schmerz chronifiziert, kommt eine
repräsentiert     [7].   Schmerzen          stellen   für   die      stationäre Behandlung in Betracht. Im Folgenden
meisten Patienten, die einen Arzt entweder                           werden daher auch andere Versorgungsbereiche
stationär als auch ambulant aufsuchen, einen                         der Schmerzmedizin schemenhaft dargestellt und
mitbegleitenden Grund für den               Arztbesuch dar.          hinsichtlich ihrer Therapieverfahren kurz erläutert
Daher ist der ambulante Versorgungssektor in fast                    [17,18].
allen Fällen die erste

 Ambulante Schmerztherapie

Hausarzt:
  • Diagnostik: Einordnung und Bewertung der dargestellten Beschwerden, Einleitung weiterführender therapeutischer
      Schritte (z. B. radiologische Diagnostik, Überweisung zum Facharzt o.ä.)
  • Therapie: z. B. Medikamenteneinstellung und –verordnung oder medizinische Therapien je nach Fachqualifikation

Facharzt (z. B. Orthopäde, Neurologe):
  • Diagnostik: fachbereichsspezifische Diagnostik; bezogen auf das dem Schmerz zugrunde liegende Krankheitsbild
  • Therapie: z. B. Medikamenteneinstellung und –verordnung oder medizinische Therapien je nach Fachqualifikation

Schmerzpraxis (Facharzt für Schmerztherapie):
  • Diagnostik: Schmerzassessment und –diagnostik
  • Therapie: Schmerztherapie initiieren und praktizieren, Austausch relevanter Erkenntnisse mit dem Hausarzt

Schmerzambulanz (Krankenhaus):
  • Diagnostik/Therapie: Durchführung von Verordnungen durch einen Arzt mit Qualifizierung zur Speziellen
      Schmerztherapie

 Teilstationäre Schmerztherapie

Tagesklinik:
  • Therapie: Teilstationäre Multimodale Schmerztherapie für chronische Schmerzpatienten (multidisziplinäres
      Assessment, tgl. mind. 120 Min. ärztliche, physio-/ sporttherapeutische und psychologische / psychotherapeutische
      Therapie, ggf. Einbezug weiterer Fachdisziplinen, einzeln und / oder in Gruppen)

  Stationäre Schmerztherapie

Klinik/Krankenhaus:
  • Therapie: Akutschmerzdienst zur Diagnostik (Akutschmerzpatienten), vollstationäre Multimodale Schmerztherapie
      (chronische Schmerzpatienten)

Quelle: [7] DGSS 2018, [17] Wieden u. Sittig 2005, [18] DIMDI 2019                                              Seite 17
Inhalt

Executive Summary                                                       4

1. Hinleitung zum Thema                                                 7

2. Theoretische Einführung                                              9
         2.1 Der Schmerzpatient                                         9
         2.2 Die Schmerzarten                                          10
         2.3 Die Schmerzerfassung                                      12
         2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)         13
         2.5 Die MMST im DRG-System                                    15
         2.6 Die MMST in der Praxis                                    16
         2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin                      17

3. Methodik                                                            19
        3.1 Datenquellen                                               19
         3.2 Analytisches Vorgehen                                     21

4. Angebotssituation stationärer MMST                                  23
        4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser                             23
         4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser                     24
         4.3 MMST erbringende Fachabteilungen                          25
         4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST                26
         4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST         27
         4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter                        28

5. Inanspruchnahme stationärer MMST                                    34
         5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut)                 34
         5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner)    35
         5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten                         36
         5.4 Geschlecht der MMST-Patienten                             37
         5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten                     38

6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST              41

7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST                              46

8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik   48

Fazit                                                                  51

Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise)                      52
3. Methodik

3. Methodik
3.1 Datenquellen

Die    Auswertungen und Analysen der Studie                                Eine ebenso essentielle Datenquelle stellen die
basieren auf einer Reihe von Daten, die im                                 Marktdaten des Statistischen Bundesamtes dar,
Folgenden kurz dargestellt und erläutert werden.                           die sich auf die DRG-Statistik beziehen [22]. Es
Über die Qualitätsberichte der Krankenhäuser                               handelt sich dabei um eine Sonderabfrage, in der
(QB), in denen auch die OPS angeben werden                                 die     Patientenherkunft        stationärer   Fälle   auf
müssen, kann die Angebotssituation dargestellt                             Landkreisebene und Altersgruppen sowie nach
werden [23]. Hier werden die QB der Jahre 2012                             Geschlecht für die DRG- und OPS-Fälle erfasst
bis 2018 für die Auswertungen herangezogen [25].                           sind. Die Daten liegen für die Jahre 2007 bis 2018
                                                                           vor.

  Qualitätsberichte

Zur Sicherung der Versorgungsqualität und Leistungstransparenz gilt für Krankenhäuser seit 2005 die
Vorschrift, zunächst alle zwei Jahre und seit 2013 jährlich, einen Qualitätsbericht anzufertigen. Diese Berichte
unterliegen einer Veröffentlichungspflicht und können von jedem interessierten Bürger eingesehen werden. Die
Inhalte der Qualitätsberichte werden durch den Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vorgegeben. Mit
Hilfe der Qualitätsberichte wird das Angebot analysiert, da in ihnen die vom Krankenhaus jährlich getätigten
MMST-Prozeduren in Form von OPS-Codes dokumentiert werden. Fälle, welche die Krankenhäuser weniger als
vier Mal erbracht haben, werden nicht exakt ausgegeben, um eine Rückverfolgbarkeit auf einzelne Patienten zu
verhindern. Hier wurde im Rahmen dieser Arbeit der Datensatz manuell korrigiert und Daten mit weniger als vier
Fällen mit dem Mittelwert von 2 ausgewiesen. Zudem enthalten die Berichte eine Reihe weiterer Informationen,
die bei verschiedenen Auswertungen verwendet werden. So sind in den Qualitätsberichten z. B. auch die
Fachabteilungen enthalten, in denen die OPS erbracht wurden, ebenso wie allgemeine Angaben zum
Krankenhaus, wie z. B. Anschrift, Bettenanzahl und Trägerschaft.
Die Datensätze können über den G-BA in frei verfügbarem, maschinell auswertbarem Format bezogen werden.

   DESTATIS - Marktdaten

Jährlich müssen die Krankenhäuser die sogenannten §21-Datensätze an das Institut für das Entgeltsystem
im Krankenhaus (InEK) übermitteln [19,20]. Das Format und der Inhalt der Daten ist standardisiert und für alle
Krankenhäuser verbindlich (§301 SGB V). Das InEK überträgt die Daten auch an das Statistische Bundesamt
(DESTATIS), welches diese zur Erstellung einer jährlichen DRG-Statistik, der sog. fallpauschalenbezogenen
Krankenhausstatistik (Fachreihe 12), verwendet. Mit den Marktdaten aus der DRG-Statistik wird die
Inanspruchnahme / Nachfrage analysiert, da aus diesen Daten hervorgeht, aus welchen Stadt- und
Landkreisen die Patienten stammen, die in den Krankenhäusern stationär behandelt wurden. Neben der
Patientenherkunft enthält der Datensatz auch Informationen zur Altersgruppe (21 Altersgruppen in 5
Jahresabständen) und zum Geschlecht der Patienten.
Die Datensätze müssen kostenpflichtig vom Statistischen Bundesamt angefordert werden, da es sich hierbei um
eine Sonderabfrage handelt, die nicht regulär veröffentlicht wird.

Quellen: [19] BMJV 2002, [20] BMJV 1988, [21] InEK 2020, [22] Destatis 2020, [23] G-BA 2013, [24] Destatis 2019a,            Seite 19
[25] G-BA 2020, [26] Destatis 2019b
3. Methodik

3.1 Datenquellen

Als weitere Datenquelle wird die Bevölkerungs-                             Relevant waren die Statistiken der Jahre 2007 bis
statistik vom Statistischen Bundesamt verwendet                            2018.
[24,26,35]. In Kombination mit den Marktdaten
können        hier     z.      B.     Kennzahlen          zur
Behandlungshäufigkeit           je    Einwohner,         also
Versorgungsgrad, und deren zeitliche Entwicklung
auf regionaler Ebene (Stadt- und Landkreise)
berechnet werden.

  DESTATIS - Bevölkerungsstatistik

Für die Analysen wurden Daten aus der offiziellen Bevölkerungsstatistik des Statistischen Bundesamtes
verwendet. Die Daten wurden über die Genesis-Datenbank des Statistischen Bundesamtes abgefragt. Die
Statistiken sind öffentlich und frei zugänglich.
Die Basis der Bevölkerungszahlen beruht auf der Grundlage des letzten Zensus im Jahre 2011 [26]. Zur Analyse
verwendet wurden Informationen zur Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Landkreisen, d.h. die Namen
der Stadt- und Landkreise, zugehörige Stadt- und Landkreisschlüssel und deren Einwohnerzahlen zwischen
2007 und 2018.

Quellen: [19] BMJV 2002, [20] BMJV 1988, [21] InEK 2020, [22] Destatis 2017, [23] G-BA 2013, [24] Destatis 2018a,   Seite 20
[25] G-BA 2020, [26] Destatis 2018b, [35] Destatis 2018d
3. Methodik

3.2 Analytisches Vorgehen

In einem ersten Schritt wird die Angebotssituation                wurden folgende Fragen als Zielstellung der
der      stationären               MMST      anhand         der   Analysen formuliert:
Qualitätsberichte der Krankenhäuser 2012 – 2018
                                                                  1.   Wie haben sich die Fallzahlen zwischen 2007
analysiert     [27].     Primäre      Fragestellungen       zur
                                                                       und 2018 entwickelt und welche regionalen
Auswertung sind dabei folgende:
                                                                       Auffälligkeiten gibt es?
1.    Welche     Krankenhäuser            bieten    MMST     in
                                                                  2.   Wie    hoch     ist     die     Inanspruchnahme       je
      Deutschland an und wie hat sich die Anzahl
                                                                       Einwohner in den einzelnen Regionen und wie
      dieser Krankenhäuser entwickelt?
                                                                       hat sich diese in den vergangenen Jahren
2.    In welchen Abteilungen wird die MMST in den                      verändert?
      Krankenhäusern erbracht?
                                                                  3.   Welche        schmerzbezogenen             Krankheiten
3.    Wie    haben          sich    die   Fallzahlen     dieser        haben die MMST-Patienten?
      einzelnen Krankenhäuser entwickelt?
                                                                  4.   Wie    alt    waren      die     MMST-Patienten       in
Die Ergebnisse sind im Hauptteil der Studie auf                        Deutschland durchschnittlich?
Deutschland- und Bundeslandebene dargestellt
                                                                  5.   Gibt     es    Korrelationen         zwischen        der
und diskutiert. Eine Kennzahlenübersicht auf
                                                                       Inanspruchnahme einer MMST und dem
Stadt- und Landkreisebene findet sich im Anhang.
                                                                       Geschlecht?
Im nächsten Schritt wird anhand der Marktdaten
                                                                  Auch hier werden im Hauptteil der Studie die
des Statistischen Bundesamtes der Jahre 2007 –
                                                                  Ergebnisse          auf             Deutschland-         und
2018 die Herkunft der Patienten analysiert. Diese
                                                                  Bundeslandebene            abgestellt.   Eine     detaillierte
Daten       zeigen      -      im    Gegensatz      zu     den
                                                                  Übersicht auf Stadt- und Landkreisebene findet
Qualitätsberichtsdaten,             welche   den     Ort    der
                                                                  sich im Anhang in den Kennzahlentabellen.
Leistungserbringung aufzeigen -                aus welchen
                                                                  Im letzten Schritt werden die Ergebnisse beider
Stadt- und Landkreisen die Patienten stammen.
                                                                  Auswertungen gegenüber gestellt. Ziel dieser
Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass sich die
                                                                  vergleichenden Analyse ist es, einen Abgleich
reelle Nachfrage nur in begrenztem Maße aus den
                                                                  zwischen dem Ort der Behandlung (Krankenhaus)
vorhandenen Datenquellen ableiten lässt. Wie
                                                                  und der Patientenherkunft zu machen, um so
eingangs      bereits        dargestellt,    gibt   es     nach
                                                                  Patientenwanderungen            darstellen   zu     können.
Einschätzungen von Experten und Fachverbänden
                                                                  Örtliche Diskrepanzen zwischen Angebot und
1,2 – 1,8 Mio. Patienten mit einem chronischen
                                                                  Inanspruchnahme (d.h. Überangebot oder Mangel
Schmerzsyndrom. Diese Fallzahl wird bei weitem
                                                                  an Angebot) konnten so identifiziert werden.
nicht erreicht, da das bestehende Angebot dieser
                                                                  Da sich das DRG System 2020 dahingehen
potentiellen Nachfrage bis dato nicht gerecht
                                                                  geändert hat, dass die Pflegeanteile aus den
werden kann. Es kann daher festgehalten werden,
                                                                  DRG-Erlösen herausgenommen wurden und von
dass aus den aktuellen Fallzahlen lediglich die
                                                                  nun an separat finanziert werden, soll zudem eine
Abbildung              einer          angebotsbeeinflussten
                                                                  Analyse     der     aktuellen        Erlösverteilung     inkl.
Inanspruchnahme möglich ist. Bei der Analyse der
                                                                  Pflegeanteil aufgezeigt werden.
Marktdaten (Patientenherkunftsdaten)

Quellen: [27] G-BA 2016                                                                                                Seite 21
Inhalt

Executive Summary                                                       4

1. Hinleitung zum Thema                                                 7

2. Theoretische Einführung                                              9
         2.1 Der Schmerzpatient                                         9
         2.2 Die Schmerzarten                                          10
         2.3 Die Schmerzerfassung                                      12
         2.4 Die stationäre Multimodale Schmerztherapie (MMST)         13
         2.5 Die MMST im DRG-System                                    15
         2.6 Die MMST in der Praxis                                    16
         2.7 Die MMST als Teil der Schmerzmedizin                      17

3. Methodik                                                            19
        3.1 Datenquellen                                               19
         3.2 Analytisches Vorgehen                                     21

4. Angebotssituation stationärer MMST                                  23
        4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser                             23
         4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser                     24
         4.3 MMST erbringende Fachabteilungen                          25
         4.4 Fachabteilungen der Krankenhäuser mit MMST                26
         4.5 Größe und Trägerschaft von Krankenhäusern mit MST         27
         4.6 Kurzprofile der 5 größten Anbieter                        28

5. Inanspruchnahme stationärer MMST                                    34
         5.1 Fallzahlentwicklung des Marktes (absolut)                 34
         5.2 Fallzahlentwicklung des Marktes (je 100.000 Einwohner)    35
         5.3 Altersstruktur der MMST-Patienten                         36
         5.4 Geschlecht der MMST-Patienten                             37
         5.5 Krankheitsstruktur der MMST-Patienten                     38

6. Patientenherkunft und -behandlungsort stationärer MMST              41

7. Zukünftiger Bedarf an stationärer MMST                              46

8. Breakout Session: Ausgliederung der Pflege aus der DRG-Systematik   48

Fazit                                                                  51

Anhang (Kennzahlenübersicht einzelner Landkreise)                      52
4. Angebotssituation stationärer MMST

 4. Angebotssituation stationärer MMST
 4.1 MMST-Angebot der Krankenhäuser

 In den vergangenen Jahren konnte ein stetiger                                     wobei von 2016 auf 2017 sogar ein Krankenhaus
 Ausbau der stationären MMST in Deutschland                                        weniger zu verzeichnen ist. Konträr stellt sich die
 beobachtet werden. Gab es im Jahr 2012 laut den                                   Entwicklung in Hamburg dar, hier sank die Anzahl
 Qualitätsberichten noch 385 Einrichtungen, die                                    der MMST-Einrichtungen von 8 auf 4 (-50%). Im
 den OPS 8-918 (MMST) kodiert haben, waren es                                      Allgemeinen lässt sich feststellen, dass, mit
 im Jahr 2015 bereits 457 Krankenhäuser. Seit dem                                  Ausnahme            von         Mecklenburg-Vorpommern,
 Jahr sinkt die Anzahl der Einrichtungen mit MMST-                                 Niedersachsen             und        Thüringen,        in        allen
 Angebot leicht aber kontinuierlich, so dass es im                                 Flächenstaaten das Versorgungsangebot                             bei
 Jahr 2018 445 Krankenhäuser gibt. [s. Abb. 7].                                    MMST erweitert wurde. In allen drei Stadtstaaten
          Krankenhäuser mit MMST-Angebot 2012-2018                                 hingegen      kam         es    zu    einer    Reduktion          des
                                   +16%                                            Angebots. Es kann jedoch festgehalten werden,
                                                                                   dass von 2012-2018 ein Ausbau der Versorgung
                409       428        457       455        452          445
     385                                                                           hinsichtlich der anbietenden Einrichtungen im
                                                                                   Bundesgebiet stattfand, die Zahlen in der Hälfte
                                                                                   der Bundesländer seit 2016 jedoch rückläufig sind.
    2012       2013      2014       2015       2016      2017      2018            Die     alleinige     Entwicklung          der      Anzahl         an
   Abbildung 7: Entwicklung Krankenhäuser mit MMST-Angebot
                                                                                   Einrichtungen        sagt       jedoch    wenig       über        den
 Bei der Betrachtung der einzelnen Bundesländer
                                                                                   Versorgungsgrad aus, da die durchschnittliche
 zeigte sich eine große Diversität bezüglich der
                                                                                   Anzahl an Behandlungen je Einrichtung stark
 Entwicklung              des          Versorgungsangebotes.
                                                                                   variieren kann. Im Folgenden sollen daher die
 Gewachsen ist das Angebot an MMST in zehn
                                                                                   Fallzahlen          der        MMST           der       einzelnen
 Bundesländern [s. Tab. 2]. Das größte relative
                                                                                   Krankenhäuser, die in den QB der Krankenhäuser
 Wachstum fand in Schleswig-Holstein statt: die
                                                                                   dokumentiert wurden, analysiert und ausgewertet
 Anzahl an MMST durchführenden Einrichtungen
                                                                                   werden.
 stieg von 6 auf 10 (+67%) an,

                                         Krankenhäuser mit MMST-Angebot nach Bundesland 2012-2018
Bundesländer                 2012       2013       2014         2015     2016   2017     2018   2012-2018
Baden-Württemberg             40         43         42           48       47     43       44       10%
Bayern                        53         48         61           62       63     60       69       30%
Berlin                        12         13         12           12       10     14       11       -8%
Brandenburg                   14         16         15           17       18     16       17       21%
Bremen                        6          6          5            5        3      5        4       -33%
Hamburg                       8          10         6            9        6      7        4       -50%
Hessen                        25         26         23           25       28     28       28       12%
Mecklenburg-Vorp.             9          9          9            11       8      7        8       -11%
Niedersachsen                 35         38         43           41       40     39       33       -6%
Nordrhein-Westfalen           99        103        110          124      123    124      119       20%
Rheinland-Pfalz               22         25         24           26       25     25       26       18%
Saarland                      5          5          6            5        5      6        7        40%
Sachsen                       24         29         32           29       31     35       32       33%
Sachsen-Anhalt                11         13         17           18       20     19       18       64%
Schleswig-Holstein            6          8          7            9        10     9        10       67%
Thüringen                     16         17         16           16       18     15       15       -6%
Gesamtergebnis               385        409        428          457      455    452      445       16%
Tabelle 2: Entwicklung Krankenhäuser mit MMST nach Bundesland                                          Abbildung 8: Krankenhausstandorte mit MMST

 Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016                                                                                                       Seite 23
4. Angebotssituation stationärer MMST

4.2 Fallzahlentwicklung der Krankenhäuser

Die         Entwicklung der Krankenhäuser spiegelt                                Am Beispiel Hamburg zeigt sich, dass die Anzahl
sich auch in der Fallzahlentwicklung wieder.                                      der         Einrichtungen               nicht        primär        die
Wurden im Jahr 2012 laut QB 46.325 MMST-Fälle                                     Versorgungssituation widerspiegelt. Hier haben
erbracht, waren es 2018 bereits 69.769 [s. Abb. 9].                               sich zwischen 2012 und 2018 die Einrichtungen,
Der Anstieg von 51% in diesem Zeitraum fällt                                      die MMST anbieten, von 8 auf 4 reduziert; die
somit deutlich höher aus als der Anstieg der                                      Fallzahlen der Krankenhäuser sind im gleichen
Einrichtungen von 16% [s. Abb. 7].                                                Zeitraum jedoch um 137% gestiegen. Dieser
                                                                                  Sachverhalt zeigt, wie auch in den anderen
       Fallzahlen der Krankenhäuser mit MMST 2012-2018
                                                                                  Bundesländern,               dass          im           Zuge       des
                                  +51%                                            Versorgungsausbaus                      eine         Spezialisierung
                                     67.222 66.686 69.769                         stattgefunden             hat.          Hatten          2012       die
                       58.499 63.633
 46.325 51.082                                                                    Krankenhäuser,              die      MMST            anboten,       im
                                                                                  Durchschnitt 120 Fälle im

  2012       2013       2014       2015       2016         2017     2018            Fallzahlen pro Krankenhaus mit MMST 2012-2018

Abbildung 9: Entwicklung MMST-Fälle Krankenhäuser gesamt                                                                      148         148      157
                                                                                             125        137         139
                                                                                  120
Auch hier zeigten sich in der Betrachtung der
einzelnen Bundesländer große Unterschiede [s.
Tab. 3]. Die größte Fallzahlzunahme fand in                                       2012      2013       2014        2015      2016         2017    2018
Schleswig-Holstein statt. Verantwortlich dafür war                              Abbildung 10: Entwicklung MMST-Fälle pro Krankenhaus

die Etablierung der Schmerzklinik in Kiel im Jahr                               Jahr, waren es 2018 bereits 157 Fälle [s. Abb. 10].
2015.        Den       einzigen        Rückgang            2017/2018            Somit kann aufgezeigt werden, dass nicht nur die
verzeichnet Berlin (-9%). Der Rückgang der MMST                                 Anzahl der Krankenhäuser und Fälle in den
erbringenden Krankenhäuser korreliert dabei in                                  Einrichtungen gestiegen sind, sondern zudem auch
letztgenanntem mit einem sehr starken                                           eine Zentrumsbildung in diesem Bereich stattfand.

                                  Fallzahlen der Krankenhäuser mit MMST nach Bundesländern 2012-2018
   Bundesländer                             2012            2013        2014      2015           2016           2017              2018      2012-2018
   Baden-Württemberg                        2.469           3.167       3.717     4.381          4.942          4.741             5.095       106%
   Bayern                                   8.609           8.776      10.850    11.477         11.883         11.350            12.107       41%
   Berlin                                   1.429           1.413       1.440     1.336          1.399          1.587             1.444        1%
   Brandenburg                              2.198           2.547       2.811     3.236          3.100          3.300             3.472       58%
   Bremen                                    508             503         585       552            567            518               601        18%
   Hamburg                                   325             465         714       630            594            628               769        137%
   Hessen                                   2.645           3.239       3.660     3.832          4.220          4.057             4.251       61%
   Mecklenburg-Vorpommern                    425             368         528       383            503            288               296        -30%
   Niedersachsen                            2.979           3.917       4.614     4.837          4.952          5.036             5.052       70%
   Nordrhein-Westfalen                     11.667          13.661      15.546    16.326         17.894         17.459            17.787       52%
   Rheinland-Pfalz                          5.329           5.083       5.440     5.645          5.998          5.655             6.243       17%
   Saarland                                  884             899         862      1.009           979           1.103             1.189       35%
   Sachsen                                  2.615           2.719       3.371     3.488          3.331          3.881             4.044       55%
   Sachsen-Anhalt                           1.995           2.283       2.260     2.647          2.541          2.689             2.969       49%
   Schleswig-Holstein                        448             457         604      2.169          2.459          2.624             2.635       488%
   Thüringen                                1.800           1.585       1.497     1.685          1.860          1.770             1.815        1%
   Gesamtergebnis                          46.325          51.082      58.499    63.633         67.222         66.686            69.769        51%
  Tabelle 3: Entwicklung MMST-Fälle nach Bundesland

Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016                                                                                                          Seite 24
4. Angebotssituation stationärer MMST

4.3 MMST erbringende Fachabteilungen

Um        als Krankenhaus Patienten mit MMST                                42,7%, 2018 bereits 46,7% aller dokumentierten
behandeln zu können, muss nicht zwangsläufig                                OPS           8-918          in         Fachabteilungen        für
eine eigenständige bettenführende Fachabteilung                             Schmerzmedizin erbracht; d. h. Abteilungen für
für Schmerzmedizin vorgehalten werden. Solange                              Schmerzmedizin,                         Anästhesiologie          /
das Krankenhaus alle Struktur- und Qualitäts-                               Schmerztherapie,                  Innere         Medizin         /
voraussetzungen,             die      an     den     OPS       8-918        Schmerzmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin
gebunden          sind,     erfüllt,       kann    die   Therapie           sowie Orthopädie / Schmerzmedizin [s. Tab. 4 &
angeboten, durchgeführt und vor allem mit den                               5]. Eine weitere, hervorzuhebende Fachabteilung
Krankenkassen abgerechnet werden. Jedoch wird                               ist die Orthopädie/Unfallchirurgie, auf die über
eine vorgehaltene Fachabteilung als Ausdruck von                            21,7% aller MMST-Fälle entfallen.                     Hierdurch
Expertise und Spezialisierung auf diesem Gebiet                             spiegelt sich die DRG-Kategorie der Muskel-
angesehen            und        ist        ein     Indikator     für        Skelett-Erkrankungen als häufigste Indikation für
Zentrumsbildung. 2017 wurden                                                MMST wieder.

                                            Fachabteilungen in denen MMST erbracht wurde 2017-2018

              Fachabteilungen MMST 2017 (QB)                                            Fachabteilungen MMST 2018 (QB)
Fachabteilung                        OPS 8-918                  Anteil    Fachabteilung                        OPS 8-918                Anteil
Schmerzmedizin                        22.371                    33,5%     Schmerzmedizin                        26.181                  37,5%
Orthopädie                            10.715                    16,1%     Orthopädie                            10.262                  14,7%
Innere Medizin                         7.878                    11,8%     Innere Medizin                         7.531                  10,8%
Anästhesiologie/Schmerztherapie        5.011                    7,5%      Anästhesiologie/Schmerztherapie        5.168                  7,4%
Neurologie                             4.745                    7,1%      Unfallchirurgie/Orthopädie             4.851                  7,0%
Allgemeinchirurgie                     4.658                    7,0%      Neurologie                             4.343                  6,2%
Unfallchirurgie/Orthopädie             4.136                    6,2%      Allgemeinchirurgie                     4.038                  5,8%
Rheumatologie                          1.939                    2,9%      Rheumatologie                          1.939                  2,8%
Schmerz- und Palliativmedizin          1.112                    1,7%      Schmerz- und Palliativmedizin          1.203                  1,7%
Anästhesiologie/Intensiv                973                     1,5%      Anästhesiologie/Intensiv               1.141                  1,6%
Neurochirurgie                          864                     1,3%      Neurochirurgie                          766                   1,1%
Wirbelsäulenchirurgie                   710                     1,1%      Wirbelsäulenchirurgie                   627                   0,9%
Pädiatrie                               371                     0,6%      Pädiatrie                               476                   0,7%
Pneumologie                             258                     0,4%      Gefäß- und Thoraxchirurgie              341                   0,5%
Onkologie/Hämatologie                   222                     0,3%      Pneumologie                             288                   0,4%
Gefäß- und Thoraxchirurgie              178                     0,3%      Strahlentherapie                        148                   0,2%
Geriatrie                               174                     0,3%      Palliativmedizin                        141                   0,2%
Psychosomatische Medizin                144                     0,2%      Naturheilkunde                          101                   0,1%
Palliativmedizin                         82                     0,1%      Onkologie/Hämatologie                    61                   0,1%
Naturheilkunde                           59                     0,1%      Geriatrie                                42                   0,1%
Plastische Chirurgie                     21                     0,0%      Gastroenterologie                        38                   0,1%
Gynäkologie / Geburtshilfe               16                     0,0%      Gynäkologie / Geburtshilfe               24                   0,0%
Strahlentherapie                         16                     0,0%      Kardiologie                              24                   0,0%
Gastroenterologie                        7                      0,0%      Plastische Chirurgie                     23                   0,0%
Kardiologie                              7                      0,0%      Urologie                                 8                    0,0%
Urologie                                 7                      0,0%      Nephrologie                              2                    0,0%
Dermatologie                             4                      0,0%      Dermatologie                             2                    0,0%
Notfallmedizin                           4                      0,0%
Herzchirurgie                            3                      0,0%
Augenheilkunde                           1                      0,0%
Gesamtergebnis                        66.686                    100%      Gesamtergebnis                                     69.769     100%
Tabelle 4: Fachabteilungen mit MMST 2017                                 Tabelle 5: Fachabteilungen mit MMST 2018

Quellen: [25] G-BA 2020, [27] G-BA 2016                                                                                               Seite 25
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