Die Tagesbetreuung von Patienten mit Demenz im Krankenhaus
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das Modellprojekt Demenz Krankenhaus 11.2013 Dr. Klaus Wingenfeld/Mika Steinke Die Tagesbetreuung von Patienten mit Demenz im Krankenhaus Ergebnisse einer Evaluationsstudie Die steigende Lebenserwartung führt zu einer wachsenden Zahl Demenzkranker. Dies stellt auch die Krankenhäuser vor eine große Herausforderung. Eine Möglichkeit, dieser Herausforderung zu begegnen, stellt die Einrichtung eines Angebotes der Tagesbetreuung für kognitiv beeinträchtigte Patienten dar. Ein solches Angebot ist vergleichsweise kostengünstig und sowohl für die Patienten selbst als auch für die Pflegenden und Angehörigen auf vielfältige Art und Weise von Nutzen. Das zeigt die Evaluation des Projektes zur Tagesbetreuung von Patienten mit Demenz im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke. Hintergrund: Die „Demenz-Epidemie“ Patienten mit kognitiven Einbußen deutlich steigt. Bereits im Jahr 2008 war fast jeder zweite Krankenhauspatient (48,9 Pro- N ach Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es weltweit derzeit etwa 36 Millionen Men- schen mit einer Demenz. Jedes Jahr kommen 7,7 Millionen zent) 60 Jahre und älter. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes steigt dieser Anteil im Jahr 2020 auf 55,1 Prozent und im Jahr 2030 auf 62,4 Prozent. Im Jahr 2030 wird danach neue Fälle hinzu, was umgerechnet bedeutet, dass alle vier Se- jeder fünfte Krankenhauspatient (20,7 Prozent) 80 Jahre und kunden ein neuer Fall von Demenz auftritt und sich die Anzahl älter sein (Statistisches Bundesamt 2010, 15). der Menschen mit einer Demenz in etwa alle 20 Jahre verdop- Die genaue Anzahl der Menschen mit einer Demenz, die in pelt (2030: 65,7 Millionen; 2050: 115,4 Millionen) (WHO 2012, deutschen Krankenhäusern behandelt werden, lässt sich nicht 4 ff.). bestimmen. Es mangelt an aussagekräftigen Statistiken und In Deutschland leben heute etwa 1,3 Millionen Menschen repräsentativen Studien. Die Krankenhausstatistik gibt keine mit einer Demenz (Berlin-Institut 2011, 14). Damit liegen die verlässliche Auskunft, denn es handelt sich häufig um eine absoluten Zahlen in Deutschland nach China (5,4 Millionen), Nebendiagnose, die nicht erlösrelevant ist und daher nicht als den USA (3,9 Millionen), Indien (3,7 Millionen) und Japan Diagnose erfasst wird (Kleina/Wingenfeld 2007). Hinzu (2,5 Millionen) im Ländervergleich an fünfter Stelle (WHO kommt, dass bei einem Teil der betreffenden Patienten eine 2012, 13). Vorausberechnungen kommen zu dem Ergebnis, bestehende demenzielle Erkrankung prästationär nicht be- dass sich die Anzahl der Menschen mit einer Demenz in kannt war, kognitive Auffälligkeiten im Krankenhaus nicht als Deutschland bis 2050 in etwa verdoppeln wird (vergleiche Ber- Symptom einer Demenz interpretiert werden und auch keine lin-Institut 2011, Schulz/Doblhammer 2012, Ziegler/Dobl- weitergehende Diagnostik erfolgt. Man geht derzeit davon aus, hammer 2010). dass 10 bis 20 Prozent der Krankenhauspatienten eine demen- Die Demenz ist eine Krankheit des Alters und insbesonde- zielle Erkrankung aufweisen (ebd.). Die Versorgung von Pa- re des hohen Alters. Während lediglich 2 bis 9 Prozent aller tienten mit einer Demenz ist damit Alltag im Krankenhaus. Demenzfälle bei Menschen auftreten, die jünger als 65 Jahre Zugleich fällt es den Krankenhäusern schwer, sich darauf ein- alt sind, steigt das Erkrankungsrisiko ab einem Alter von zustellen und den besonderen Problem- und Bedarfslagen die- 65 Jahren exponentiell an (WHO 2012, 32). Etwa ein Drittel der ser Patientengruppe gerecht zu werden. 90- bis 94-jährigen sowie 40 Prozent der Menschen in einem Alter von 100 Jahren und darüber sind von einer Demenz be- Die Versorgung von Patienten mit einer Demenz im troffen (Schulz/Doblhammer 2012, 165). Krankenhaus Demenz im Krankenhaus Nicht zuletzt die Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf Fallpauschalen (DRGs) hat zu einer zunehmenden Stan- Die Versorgung von Patienten mit einer Demenz stellt eine dardisierung und Rationalisierung der Abläufe im Kranken- immer größere Herausforderung für die Krankenhäuser in haus geführt. Hierbei ist man in hohem Maße darauf angewie- Deutschland dar, da ältere Patienten überdurchschnittlich häu- sen, dass die Patienten vorgegebene Abläufe akzeptieren und fig akutstationär versorgt werden und somit auch die Zahl der kooperieren. Diese Erwartung kann von Patienten mit einer 1148
das 11.2013 Krankenhaus Modellprojekt Demenz Demenz nicht erfüllt werden. Diese Patientengruppe ist viel- pation, Pflege und Alter Nordrhein-Westfalen von Mai 2009 bis mehr auf ein anpassungsfähiges Krankenhaus angewiesen Juni 2012 durchgeführt wurde (vergleiche Wingenfeld et al. (Wingenfeld et al. 2013). 2013). Demenzkranke benötigen Halt gebende Strukturen, bei- spielsweise eine vertraute Umgebung, vertraute Bezugsper- Die Tagesbetreuung im Gemeinschafts- sonen sowie gleichförmige Abläufe. Im Falle einer Kranken- krankenhaus Herdecke hauseinweisung fallen die gewohnten Strukturen weg. Dies trägt dazu bei, dass sich bei Patienten mit einer Demenz nach Die Tagesbetreuung im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke der Krankenhausaufnahme häufig eine Verstärkung der („Teekesselchen“) findet größtenteils in einem speziell für die- Symptomatik ergibt (Desorientiertheit, motorische Unruhe, sen Zweck eingerichteten Raum statt, der teilweise an eine scheinbar zielloses Umhergehen, sozial unangemessenes Ver- „gute Stube“ erinnert und sich damit von der überwiegend halten etc.). Die häufigen Phasen der Reizarmut und Inakti- reizarmen Krankenhausumgebung abhebt. Das Angebot der vität während des Krankenhausaufenthaltes bergen außerdem Tagesbetreuung steht den Patienten an allen fünf Werktagen in die Gefahr eines Verlustes (noch) bestehender geistiger und der Woche zur Verfügung und kann vormittags und nachmit- körperlicher Fähigkeiten (vergleiche zum Beispiel Applegate et tags genutzt werden. Die Betreuungszeiten wurden so gewählt, al. 1990, Kosecoff et al. 1990). Ein Krankenhausaufenthalt stellt dass vor dem Beginn der Tagesbetreuung ausreichend Zeit für somit sowohl für die Betroffenen und ihre Bezugspersonen als Untersuchungen und Therapien bleibt. auch für die Behandelnden eine große Belastungssituation dar. An der Tagesbetreuung wirken eine koordinierende Pflege- Es gibt eine Reihe von Ansätzen zur Verbesserung der Ver- wissenschaftlerin, eine hauptamtliche Mitarbeiterin sowie sorgungssituation von Patienten mit Demenz während ihres ehrenamtliche Kräfte mit. Die koordinierende Mitarbeiterin Krankenhausaufenthaltes, die idealerweise nicht als Einzel- trägt die fachlich-konzeptionelle Verantwortung und sorgt für maßnahmen, sondern als Bestandteil eines krankenhauseige- die Integration des Betreuungsangebotes in die Krankenhaus- nen Gesamtkonzeptes eingesetzt werden sollten. Sie umfassen abläufe sowie die Einbindung der ehrenamtlichen Mitarbeiter. die Optimierung von Strukturen und Prozessen (etwa die Die hauptamtliche Betreuungskraft – eine ausgebildete Alten- Optimierung des Informationsaustauschs, Fortbildungsmaß- pflegehelferin – ist für die Betreuung der Patienten in der Ta- nahmen für die Beschäftigten, Screening bei der Krankenhaus- gesbetreuung zuständig. Ihre Aufgabe umfasst auch die Aus- aufnahme für bestimmte Risikogruppen etc.), aber auch Struk- wahl und die Begleitung der Patienten zwischen Betreuungs- turerweiterungen wie Liaisondienste mit pflegerischem raum und Stationszimmer, die Dokumentation wesentlicher Schwerpunkt oder die Einrichtung von Versorgungseinheiten patientenbezogener Informationen sowie die Abstimmung mit mit besonderer räumlicher Ausstattung und speziell qualifi- den Stationsmitarbeitern und den Angehörigen. Für die Be- ziertem Personal. treuung am Nachmittag und frühen Abend stehen außerdem Zu den Strukturerweiterungen zählen auch zusätzliche An- rund 15 ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung, die zur Vor- gebote der Tagesbetreuung für Patienten mit einer Demenz, bereitung auf ihre Aufgaben Schulungen erhalten haben. Für für die inzwischen verschiedene Konzepte vorliegen. Am Bei- die vorbildliche Verzahnung zwischen haupt- und ehrenamt- spiel der Tagesbetreuung im Gemeinschaftskrankenhaus in lichen Mitarbeitern hat das Tagesbetreuungsangebot den vdek- Herdecke (GKH) (vergleiche GSP 2012) wird im Folgenden Zukunftspreis 2011 verliehen bekommen. aufgezeigt, welchen Nutzen die Krankenhäuser von diesem In bestimmten Situationen (infektiöse Erkrankung, noch Angebot erwarten können und wie hoch die Kosten zu veran- nicht ausreichende Mobilität etc.) wird eine 1:1-Betreuung im schlagen sind. Die Ausführungen beruhen auf einer Evalua- Zimmer des Patienten angeboten. Diese Form der Betreuung tionsstudie, die vom Bielefelder Institut für Pflegewissenschaft hatte im Evaluationszeitraum zahlenmäßig eine eher unterge- (IPW) im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzi- ordnete Bedeutung (8,2 Prozent aller Betreuungen), ist aber mediclean® Entwicklungen für den modernen OP Weiss Klimatechnik GmbH · Greizer Straße 41-49 · 35447 Reiskirchen mediclean@wkt.com · www.wkt.com
das Modellprojekt Demenz Krankenhaus 11.2013 Tagesbetreuung einer zielgerichteten Tabelle 1: Veränderungen von Fähigkeiten in der Phase der Tagesbetreuung Integration in die Abläufe des Kranken- (Anteilswerte, absolut und in Prozent) hauses. Verschlechterung Stabilisierung Verbesserung k. A. Gesamt Ein wichtiges Ziel der Evaluation Mobilität 11 (3,8 %) 225 (77,6 %) 33 (11,4 %) 21 (7,2 %) 290 (100,0 %) bestand in der Beantwortung der Frage, Kognition 20 (6,9 %) 219 (75,5 %) 41 (14,1 %) 10 (3,4 %) 290 (100,0 %) welchen Einfluss die Teilnahme an der Tagesbetreuung auf die Entwicklung Verhalten 28 (9,7 %) 193 (66,6 %) 54 (18,6 %) 15 (5,2 %) 290 (100,0 %) der motorischen und kognitiven Fähig- keiten, die Selbstständigkeit bei All- Tabelle 2: Entwicklung der Selbstständigkeit bei tagsaktivitäten und die psychische Situation der Patienten aus- Alltagsverrichtungen im Verlauf des übt. Zur Klärung dieser Frage führten die Pflegekräfte der be- Krankenhausaufenthaltes (Anzahl Patienten) teiligten Stationen entsprechende schriftliche Einschätzungen bei Aufnahme eines Patienten in die Tagesbetreuung und bei Häufigkeit (absolut) Anteil (in %) seiner Entlassung durch. Die vollständigen Daten für diesen Verschlechterung 34 11,5 % Vorher-Nachher-Vergleich lagen für insgesamt 290 Patienten Stabilisierung 190 64,2 % vor. Bei dem Großteil der Patienten (zwischen 66,6 Prozent Verbesserung 71 24,0 % und 77,6 Prozent) konnten die untersuchten Fähigkeiten stabi- k. A. 1 0,3 % lisiert werden. Nur bei einem kleinen Teil verschlechterten sie Insgesamt 296 100,0 % sich (zwischen 3,8 Prozent und 9,7 Prozent), wohingegen der Anteil der Patienten mit verbesserten Fähigkeiten deutlich hö- aus der Patientenperspektive eine sehr intensive und wichtige her ausfiel (zwischen 11,4 Prozent und 18,6 Prozent) (verglei- Unterstützung. An der Gruppenbetreuung nehmen bis zu sie- che X Tabelle 1). ben Patienten teil. Die Besuchergruppe ist relativ heterogen Ebenso wurde der Grad der Selbstständigkeit bei sieben und von Tag zu Tag unterschiedlich. Ein wesentlicher Bestand- Alltagsverrichtungen (Körper-, Mund- und Haarpflege, Anklei- teil der Tagesbetreuung ist die gemeinsame Einnahme von den, Nahrungsaufnahme, Ausscheiden und Mobilisieren) vor Mahlzeiten, die feste Ankerpunkte in der Tagesstruktur bilden. dem Beginn der Tagesbetreuung und bei Entlassung der Pa- tienten eingeschätzt. Der Ergebnistrend der Stabilisierung mit Der Nutzen der Tagesbetreuung – Ergebnisse der Evaluation einer leichten Tendenz zur Verbesserung der Fähigkeiten lässt sich auch hier ablesen: Bei einer starken Mehrheit der Pa- An der Evaluationsstudie nahmen fünf Stationen des GKH teil tienten (64,2 Prozent) zeigte sich eine Stabilisierung der Selbst- (eine neurologische Station, zwei chirurgische Stationen, zwei ständigkeit. Ein Viertel (24,0 Prozent) verbesserte sich, jeder Stationen der Inneren Medizin). Während des 21 Monate um- zehnte Besucher (11,5 Prozent) büßte an Selbstständigkeit ein fassenden Erhebungszeitraums wurden auf diesen fünf Sta- (vergleiche X Tabelle 2). tionen laut Krankenhausstatistik insgesamt 5 700 Patienten Im Rahmen des Projekts konnte keine kontrollierte Studie behandelt, von denen 7,8 Prozent die Tagesbetreuung be- durchgeführt werden, sodass sich die Ergebnisse erst vor dem suchten. Aufgrund vereinzelter Unschärfen in der Dokumen- Hintergrund anderer Studien interpretieren lassen. Der Ver- tation sowie der Tatsache, dass die Tagesbetreuung im Erhe- gleich zeigt ein positives Ergebnis. Den vorliegenden Studien bungszeitraum wegen personeller Engpässe teilweise ausfiel, zufolge büßen etwa 20 bis 30 Prozent der älteren internis- ist insgesamt eher von einem Anteil von 10 Prozent an allen tischen Patienten während des Krankenhausaufenthaltes an Patienten der einbezogenen Fachbereiche auszugehen. Selbstständigkeit ein (vergleiche Inouye et al. 1993, Landefeld Der Großteil der Patienten (73,3 Prozent) bewegt sich im et al. 1995, Covinsky et al. 2003). Vor diesem Hintergrund stellt Bereich von einer bis fünf Aufenthalten in der Tagesbetreuung. der ermittelte Anteil von 11,5 Prozent der betreuten Patienten, Ein Besuch in der Tagesbetreuung dauerte zwischen zwei die an Selbstständigkeit bei Alltagsverrichtungen einbüßten, Stunden am Vormittag und bis zu vier Stunden am Nachmit- eine deutlich geringere Verschlechterung dar. Zusammen mit tag. Ein eher kleiner Teil wurde öfter betreut: Insgesamt 33 Pa- den anderen Befunden lässt sich somit festhalten, dass die Teil- tienten (6,3 Prozent) wurden häufiger als neunmal betreut. nahme an der Tagesbetreuung zur Stabilisierung elementarer Der Durchschnitt lag bei 4,5 Aufenthalten in der Tagesbetreu- Fähigkeiten und der Selbstständigkeit bei Alltagsverrichtungen ung pro Patient. beiträgt und möglicherweise auch eine leichte Verbesserung Diese Zahlen deuten darauf hin, dass es eine Vielzahl an dieser Fähigkeiten unterstützt. Faktoren im Krankenhausalltag gibt, die eine Teilnahme an der Im Rahmen von Interviews, die ergänzend mit Pflegenden Tagesbetreuung erschweren. Die Ergebnisse einer teilneh- geführt wurden, hoben die Befragten die zeitliche Entlastung menden Beobachtung auf den beteiligten Stationen bestätigen und die fachlichen Vorteile hervor, die sich aus der Tagesbe- diesen Eindruck. Zu den wichtigsten Erschwernissen gehören treuung ergeben. Die Patienten erhielten die Unterstützung der Vorrang der Stationsroutine und die fehlenden Möglich- und Ansprache, die sie benötigten und die im heutigen Stati- keiten der Abstimmung mit den Stationsroutinen. Wenn es onsalltag häufig nicht geleistet werden könnte. Dadurch wür- sein volles Potenzial ausschöpfen soll, bedarf ein Angebot der den die Fähigkeiten der Patienten gefördert, ein geregelter Tag- 1150
das Modellprojekt Demenz Krankenhaus 11.2013 Nacht-Rhythmus eingehalten und das Auftreten sozial unange- ausbildung, die sich in Verbindung mit Erfahrungen in der passter Verhaltensweisen verringert. Dies wirkte sich positiv Arbeit mit kognitiv beeinträchtigten Menschen im vorlie- auf die Arbeitszufriedenheit aus. genden Fall als geeignet und ausreichend erwies. Auch Angehörige schätzen das Angebot. Wichtig für sie ist Die Einbindung ehrenamtlicher Betreuungskräfte im Rah- insbesondere das Wissen, dass sich der Patient in einem Be- men der Tagesbetreuung wurde in diesen Berechnungen nicht treuungszusammenhang befindet, und die Möglichkeit, an der berücksichtigt. Hinzu kommen jedoch anteilige Betriebs- Tagesbetreuung teilzunehmen, um Anregungen für den Um- kosten und sonstige Sachkosten (zum Beispiel Einrichtung gang mit ihren Angehörigen zu erhalten. des Tagesraumes, Materialien wie Spiele, Karten, Bastelmate- rialien etc.). Die Kosten der Tagesbetreuung In der Summe sind somit für ein Angebot der Tagesbetreu- ung die in X Tabelle 3 genannten Mindestkosten einzukalku- Mit einem Anteil von rund 90 Prozent bilden die Personal- lieren: kosten den mit Abstand größten Kostenfaktor beim Betrieb einer Tagesbetreuung. Hier ist mit einem Kostenvolumen von Tabelle 3: Mindestkosten für ein kontinuierliches Angebot mindestens 4 700 € monatlich zu rechnen, wenn ein regelmä- der Tagesbetreuung ßiger Betrieb der Gruppenbetreuung sichergestellt werden Kostenfaktor Monatliche Kosten soll. In diesem Betrag enthalten sind die Kosten für die Koordi- Miet- und Betriebskosten 350 € nation der Tagesbetreuung durch eine Pflegewissenschaftlerin (Stellenanteil: 10 Prozent). Die Erfahrungen im Projekt haben Sachkosten 100 € gezeigt, dass diese Koordination notwendig ist, um das Ange- Personalkosten 4.730 € bot der Tagesbetreuung dauerhaft in die bestehenden Routine- Gesamtkosten 5.180 € abläufe zu integrieren. Weiterhin enthalten sind rund 4 200 € Jährliche Gesamtkosten 62.160 € pro Monat für die operative Umsetzung der Tagesbetreuung. Dieser Betrag steht für 1,3 Vollzeitstellen, die minimal nötig Legt man die Nutzungszahlen aus dem Gemeinschaftskran- sind, um das Angebot kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Vo- kenhaus Herdecke zugrunde, ergeben sich durchschnittliche rausgesetzt wurde die Qualifikation einer einjährigen Pflege- Kosten in einer Größenordnung von etwa 150 € für jeden Pa- Herausgeber Deutsche Krankenhausgesellschaft Alles im Griff? Die Einbanddecke 2013 schafft Ordnung Erst der gebundene Jahrgang Achtung: der Zeitschrift bietet: #FTUFMMVOHFOEFS&JOCBOEEFDLF tEJFTJDIFSF"VGCFXBISVOH EFOOLFJO Bestell-Telefon: NàTTFOEFN7FSMBHCJT[VN &JO[FMIFGUHFIUWFSMPSFO 17. Januar 2014 WPSMJFHFO tEVSDIEBT+BISFTJOIBMUTWFS[FJDIOJT Bestell-Fax: 4QÊUFSFJOHFIFOEF#FTUFMMVOHFOLÚOOFOMFJEFS EJFHF[JFMUF/VU[VOHFJO[FMOFS)FGUF OJDIUCFSàDLTJDIUJHUXFSEFO VOE#FJUSÊHF "MT"CPOOFOUEFS&JOCBOEEFDLFFSIBMUFO4JF Bestell-E-Mail: EJFTFBVUPNBUJTDINJUFJOHFQSÊHUFS+BISFT[BIM 4JFFSIBMUFOEJF&JOCBOEEFDLFEJFTFS WFSUSJFC!LPIMIBNNFSEF ;FJUTDISJGUGàSô T'S [[HM1PSUP LPTUFO &JOF1PTULBSUFNJUEFN5JUFMEFS ;FJUTDISJGUVOE"CTFOEFSBOHBCFHFOàHUPEFS W. Kohlhammer GmbH · 70549 Stuttgart Tel. 0711/7863 - 7280 · Fax 0711/7863 - 8430 · vertrieb@kohlhammer.de Kohlhammer 1152
das 11.2013 Krankenhaus Modellprojekt Demenz tienten der Tagesbetreuung (für durchschnittlich 4,5 Besuche). Kosecoff, J./Kahn, K. L./Rogers, W. H./Reinisch, E. J./Sherwood, M. J./Rubenstein, L. V./Draper, D./Roth, C. P./Chew, C./Brook, R. H. (1990): Prospective payment Es ist davon auszugehen, dass auf Krankenhausstationen SYSTEM AND IMPAIRMENT AT DISCHARGE 4HE tQUICKER AND SICKER@ STORY REVISITED 4HE mit einer annähernd durchschnittlichen Altersstruktur etwa Journal of the American Medical Association 264, Nr. 15, 1980–1983 10 Prozent aller Patienten zum Adressatenkreis der Tagesbe- Landefeld, C. S./Palmer, R. M./Kresevic, D. M./Fortinsky, R. H./Kowal, J. (1995): A randomized trial of care in a hospital medical unit especially designed to improve the treuung gehören. Demnach wären im Durchschnitt je 1 000 functional outcomes of acutely ill older patients. The New England Journal of Me- Patienten jährlich etwa 15 000 € für ein vergleichbares Angebot dicine 332, Nr. 20, 1338–1344 zu kalkulieren. Eine Tagesbetreuung in der beschriebenen Schulz, A./Doblhammer, G. (2012): Aktueller und zukünftiger Krankenbestand von Demenz in Deutschland auf der Basis der Routinedaten der AOK. In: Günster, C./ Form stellt somit einen relativ kostengünstigen Ansatz zur Klose, J./Schmacke, N. (Hg.): Versorgungsreport 2012. Schwerpunkt: Gesundheit Versorgung von Patienten mit einer Demenz im Akutkranken- im Alter. Stuttgart: Schattauer, 161–175 haus dar, mit dem – wie die vorangegangenen Ausführungen Statistisches Bundesamt (2010): Demografischer Wandel in Deutschland. Auswir- kungen auf Krankenhausbehandlungen und Pflegebedürftige im Bund und in den zeigten – erhebliche positive Effekte erzielt werden können. Ländern. Wiesbaden: Statistische Ämter des Bundes und der Länder Wingenfeld, K./Steinke, M./Ostendorf, A. (2013): Die Tagesbetreuung kognitiv Fazit beeinträchtigter Krankenhauspatientinnen und -patienten. Eine wissenschaftliche Auswertung. Hrsg. vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Al- ter des Landes Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf: MGEPA Die Einrichtung einer Tagesbetreuung ist ein wichtiger Ansatz, World Health Organization (WHO) (2012): Dementia: A Public Health Priority. die Belastungen eines Krankenhausaufenthaltes für Patienten Genf mit kognitiven Einbußen abzumildern. Sie hilft den Patienten, Ziegler, U./Doblhammer, G. (2010): Projections of the Number of People with De- mentia in Germany 2002 through 2047. In: Doblhammer, G./Scholz, R. (Hg.): die vielen Tage und Stunden der Untätigkeit in der fremden Ageing, Care Need and Quality of Life. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissen- Krankenhausumgebung zu überbrücken und die noch verblie- schaften, 94–111 benen Fähigkeiten zu erhalten. Besonders sinnvoll sind Ansät- ze, die neben einer Gruppenbetreuung auch die individuelle Anschrift der Verfasser Begleitung auf den Stationen ermöglichen. Mehr und mehr Krankenhäuser bemühen sich um die In- Dr. Klaus Wingenfeld, Wissenschaftlicher Geschäftsführer/Mika tegration von Betreuungsangeboten oder Alltagsbegleitern. Steinke (M. Sc.), Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Pflege- Die jeweiligen Konzepte sind sehr unterschiedlich: Sie umfas- wissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW), Postfach 10 01 31, sen gelegentliche Beschäftigungsangebote ebenso wie die indi- 33501 Bielefeld, klaus.wingenfeld@uni-bielefeld.de viduelle Intensivbegleitung zur perioperativen Delirprävention (vergleiche Gurlit/Möllmann 2012). Ohne die Einrichtung sol- cher Betreuungsangebote werden die Krankenhäuser ange- sichts des Wandels der Patientenstruktur auf Dauer nicht aus- Portfoliomanagement kommen. Es bleibt zu hoffen, dass die konsequente Auseinan- dersetzung mit der Frage der angemessenen Versorgung Demenzkranker, die in vielen Häusern begonnen hat, einen Ist Ihr Tortenstück Weg in die Breite der akutstationären Versorgung findet. groß genug? Literatur Applegate, W.B./Miller, S.T./Graney, M.J./Elam, J.T./Burns, R./Akins, D.E. (1990): A randomized, controlled trial of a geriatric assessment unit in a community rehabi- litation hospital. The New England Journal of Medicine 322, Nr. 22, 1572–1578 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2011): Demenz-Report. Wie sich die Regionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf die Alterung der Ge- sellschaft vorbereiten können. Berlin Covinsky, K. E./Palmer, R. M./Fortinsky, R. H./Counsell, S. R./Stewart, A. L./Krese- Haben Sie die meisten Fälle in Ihrer Region? vic, D./Burant, C. J./Landefeld, C. S. (2003): Loss of independence in activities of Unsere Simulation gibt sofort Klarheit. daily living in older adults hospitalized with medical illness: Increased vulnerability with age. Journal of the American Geriatrics Society 51, Nr. 4, 451–458 k Medizinische Schwerpunkte effektiv einsetzen GSP Gemeinnützige Gesellschaft für soziale Projekte mbH (2012): Tagesbetreuung k Marktgerechte Handlungsoptionen erkennen für Menschen mit einer Demenz im Akutkrankenhaus. Online erhältlich unter: http://www.sozialeprojekte.de k Ihr Potenzial bestmöglich ausschöpfen Gurlit, S./Möllmann, M. (2012): Der alte Mensch im OP. Praktische Anregungen zur besseren Versorgung und Verhinderung eines perioperativen Altersdelirs. Hrsg. vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nord- rhein-Westfalen. Düsseldorf: MGEPA Inouye, S. K./Wagner, D. R./Acampora, D./Horwitz, R. I./Cooney, L. M./Hurst, L. D./Tinetti, M. E. (1993): A predictive index for functional decline in hospitalized elderly medical patients. Journal of General Internal Medicine 8, Nr. 12, 645–652 Friedrichstr. 180 · 10117 Berlin T + 49 30 230 809 576 Kleina, T./Wingenfeld, K. (2007): Die Versorgung demenzkranker älterer Menschen im Krankenhaus. Bielefeld: Veröffentlichungsreihe des Instituts für Pflegewissen- www.imc-clinicon.de · info@imc-clinicon.de schaft an der Universität Bielefeld, P07–135 1153
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