Die Tiefe des Raumes - IDAGIO
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Moritz Eggert (*1965) CD 2 total playing time 61:08 Die Tiefe des Raumes. Ein Fußballoratorium ZWEITER TEIL · Zweite Halbzeit und Nachspielzeit for large orchestra, four soloists, mixed choir and three speakers [01] 1. Ein neuer Zidane ein neuer Figo besser als Beckham, 05:18 Libretto by Michael Klaus (1952–2008) dass man den Anpfiff zur zweiten Halbzeit fast nicht mitkriegt World premiere recording · Live recording [02] 2. Der neue Zidanefigobesseralsbeckham verschießt einen Elfer – 03:56 im Gegenzug erzielt der Gegner das 1:2 CD 1 total playing time 54:03 [03] 3. Orgie der Beleidigungen ODER Lohengrin samt Schwan und Kahn 02:59 ab in die Tonne! ODER Wo kommt der Kerl eigentlich her? ERSTER TEIL · Erste Halbzeit [04] 4. Der denkt doch jetzt schon nur noch ans Geld! 06:51 [05] 5. Ein 17-Jähriger sucht Schutz unter dem Flügel des Lasters03:28 [01] 1. In den Katakomben: Die Kampfhähne scharren 03:09 [06] 6. Der denkt doch jetzt schon nur noch an Weiber! 04:01 [02] 2. Deutschland bebt schon vor dem Anpfiff 04:30 [07] 7. Pier Paolo Pasolini erzählt eine merkwürdige Geschichte 05:00 [03] 3. Jetzt geht’s lo-os! Jetzt geht’s lo-os! 02:21 [08] 8. Chor der schwangeren Frauen wird zur Raison gebracht 03:16 [04] 4. Ein Rundfunkreporter verliebt sich in sich selbst 03:23 durch Chor der leidenden Männer und gräbt vor Lust einen toten Klassiker aus [09] 9. Aria (Trappatonis Verklärung) 03:06 [05] 5. Doch die Wirklichkeit ist anders: lahme Kampfhähne / ein scheiß Spiel 03:57 [10] 10. Der Scheißkerlgottessohnbesseralsalle erzielt den Ausgleich 2:2 04:48 [06] 6. »Uns Uwe« sagt was … 00:29 [11] 11. Wer ist die wahre Mutter – Tugend oder Laster? 06:43 [07] 7. Und die Tugend hakt sofort ein, wird ganz feierlich und sogar religiös, 06:56 [12] 12. Finale 11:34 wenn sie an die von »Uns Uwe« eingeläutete Erinnerung an Vergangenes denkt. Dem Laster kann verklärte Vergangenheit natürlich nichts anhaben! Ania Vegry Tugend (soprano) [08] 8. Zum Heulen: Null zu Eins 02:55 Ruth-Maria Nicolay Laster (mezzo-soprano) [09] 9. Du blinde Pfeife, du! 01:29 Simon Bode Spieler (tenor) [10] 10. Das war ganz klar Abseits! 04:17 Hans Christoph Begemann Journalist (baritone) [11] 11. Nach dem Streit: Besinnung auf das Wesentliche. Hymne an den Ball 08:10 Peter Geisberg Alt-Internationaler (speaking part) [12] 12. Früher! Tief im Osten … 02:54 Daniel Herzog Reporter (speaking part) [13] 13. Eure schlabbrigen Erinnerungen an alte Zeiten gebären doch nur »Zitterfüßchen!« 02:32 Wowo Habdank Trainer (speaking part) [14] 14. Die Blechdose 02:46 [15] 15. »Seht! Seht! Welch ein Wunder! Wie? Ein Schwan?« Eins zu Eins, Ausgleich 03:05 Chor und Orchester der Musikakademie der Studienstiftung des deutschen Volkes [16] 16. Has’ keine Uhr dabei?! Pfeif endlich Halbzeit! 01:00 Christian Jeub chorus master Moritz Eggert conductor 2 3
DIE TIEFE DES RAUMES. EIN FUSSBALLORATORIUM DIE TIEFE DES RAUMES. A FOOTBALL ORATORIO Moritz Eggert hatte nicht viel mit Sport zu tun, bis Ende 2004 die Anfrage kam, ob er ein Fuß- Moritz Eggert did not have much to do with sport until the end of 2004, when he was asked balloratorium für die Ruhrtriennale 2005 komponieren wolle. Die Komposition schuf er in nur whether he would like to write a “Football Oratorio” for the Ruhrtriennale 2005. He finished the fünf Monaten von Anfang März bis Ende Juli. Nach der Uraufführung in der Jahrhunderthalle composition in only five months, working from the beginning of March until the end of July. After Bochum war das Stück zudem Teil des Kulturprogramms der Weltmeisterschaft 2006 mit zwei its premiere at the Jahrhunderthalle Bochum, the piece was also made a part of the cultural pro- Aufführungen an der Komischen Oper Berlin. Neben dem Fußballoratorium entstanden weitere gram for the 2006 World Cup, with two performances at the Komische Oper Berlin. Along with Fußballstücke wie Ballack, du geile Schnitte (2007) oder Am Ball – Ein Fußballett für den Wiener the Oratorio came further football-works, such as Ballack, du geile Schnitte (roughly: “Ballack, Opernball 2008, das damals beim konservativen Publikum für Aufsehen sorgte. Eggert wurde von you cool cat”) or Am Ball – Ein Fußballett, which in 2008 caused a furore with its conservative heute auf morgen sozusagen der »Fußballkomponist« und ist heute einer der bekanntesten und, audience at the Vienna Opera Ball. Overnight, Eggert became the “football composer” and is to- wie er selbst sagt, »abenteuerlustigsten« zeitgenössischen Komponisten. day one of the most well-known and, as he himself says, “adventurous” contemporary composers. Sein Lieblings-Fußballstück blieb jedoch Die Tiefe des Raumes. Darin wird traditionell im However, his favourite football piece remained Die Tiefe des Raumes (“The Depth of the Sinne eines Oratoriums die Geschichte über den Leidensweg eines Kickers erzählt, der es zum Space”). Given in the traditional sense of an oratorio, the piece recounts the trials of a player who Fußballgott schafft: »Die Tiefe des Raumes ist eine Art Passionsspiel«, so Moritz Eggert, »in des- achieves the status of football god. “Die Tiefe des Raumes is a kind of passion play,” explains the sen Mittelpunkt eben nicht die Jesusfigur steht, sondern ein Fußballspieler und dessen Weg hin zum composer, “in whose center stands not the figure of Jesus, but rather a football player and his path entscheidenden WM-Treffer. Aber wie im barocken Passionsspiel wird auch der von allegorischen to a deciding World Cup goal. But as in a Baroque passion play, the main figure is accompanied Figuren wie der Tugend und dem Laster begleitet. Die Rolle des Evangelisten des klassischen by allegorical figures such as virtue and vice. The Evangelist role from the classical oratorio is Oratoriums übernimmt der Journalist. Drei Sprechrollen wiederum ergänzen die Sache: ein älterer taken by the figure of the Journalist. Three other speaking roles complete the picture: an older Spieler, der schon einige Weltmeisterschaften mitgemacht hat, ein Trainer und ein Sportreporter.« player, who has already played in a few World Cup tournaments; a trainer and a sports reporter.” Das Stück besteht aus zwei 45-Minuten-Halbzeiten mit Vorbericht und Nachspielzeit, und es The piece consists of two 45-minute halves, with preliminary reporting and an overtime period, werden Musik und Stadionatmosphäre klanglich verknüpft. »Natürlich ist so ein Thema wie Fuß- and it sonically binds the atmospheres of music and of the stadium. “Naturally, a theme such as ball eine große Chance für einen Komponisten, ein Publikum zu erreichen, das man sonst für football presents a great opportunity for a composer to reach an audience that he or she might not Neue Musik nicht unbedingt hätte. Angesichts des Elfenbeinturmphänomens finde ich es auch für otherwise find for New Music. In view of the ‘Ivory Tower’ phenomenon, I find it also completely das Musiktheater durchaus lohnenswert, mit Stoffen umzugehen, die außerhalb des Paul-Celan- worthwhile for the music theatre to deal with material which lies outside the Paul Celan and und Walter-Benjamin-Kreises liegen. Mit Die Tiefe des Raumes habe ich versucht, ein Stück zu Walter Benjamin circles. With Die Tiefe des Raumes, I have sought to write a piece in which schreiben, in dem sich Leute, die nicht unbedingt Kenner der Neuen Musik sind, sich aber für people who are not necessarily connoisseurs of new music, but who are interested in football, Fußball interessieren, trotzdem in irgendeiner Form wiederfinden können. Diesem Publikum can still find themselves. To give a point of access to this public was for me a primary concern.” einen Zugang zu ermöglichen, war mein Anliegen.« Inken Meents / Moritz Eggert Inken Meents / Moritz Eggert Translation: Tim Summers 4 5
DIE TIEFE DES RAUMES. UN FOOTBALL-ORATORIO un morceau permettant à des individus peu familiers de la nouvelle musique et ayant un intérêt pour le football de s’y retrouver malgré tout, d’une façon ou d’une autre. Créer une sorte de voie Moritz Eggert n’avait jamais eu grand-chose en commun avec le sport jusqu’à ce qu’on lui pro- d’accès à l’intention de ce public-là, voilà quel était mon but. » pose, fin 2004, de composer pour la Ruhrtriennale 2005 un oratorio en rapport avec le football. L’œuvre fut composée en cinq mois seulement, de début mars à fin juillet. À la suite de la créa- Inken Meents / Moritz Eggert tion à la Jahrhunderthalle Bochum, la pièce fut intégrée au programme culturel de la Coupe du Traduction : Jean-Pierre Collot monde 2006 et connut deux représentations au Komische Oper Berlin. Outre ce football-oratorio, d’autres pièces en rapport avec ce sport furent écrites, telles que Ballack, du geile Schnitte (« Ballack, t’es canon », 2007) ou, pour le Bal de l’Opéra de Vienne 2008, Am Ball – Ein Fußballett (« Bal(le) dansant – Un foot-ballet »), une composition qui fit alors quelques remous auprès du public conservateur. Du jour au lendemain Eggert a ainsi gagné ses galons de « foot-compositeur » : il est l’un des compositeurs contemporains les plus connus et, comme il le dit lui-même, l’un de ceux dont le « goût de l’aventure » est le plus prononcé. C’est cependant à la pièce inspirée du football Die Tiefe des Raumes (« La profondeur de l’espace ») que vont, aujourd’hui encore, ses préférences. Celle-ci narre de façon traditionnelle, à la manière d’un oratorio, l’ascension d’un footballeur qui, après de multiples épreuves, parvient au statut suprême de dieu du foot : « Die Tiefe des Raumes », déclare le compositeur, « adopte la forme d’une Passion dont le fil conducteur ne serait pas Jésus mais un footballeur, et comment ce dernier accède progressivement au statut de champion de Coupe du Monde. Mais, comme dans une Passion baroque, le protagoniste est accompagné de figures allégoriques telles que la Vertu et le Vice. Le rôle traditionnel de l’évangéliste dans l’oratorio classique est tenu par le Journaliste. À ces personnages sont adjoints de surcroît trois rôles parlés : un footballeur plus âgé ayant déjà pris part à plusieurs championnats du monde, un entraîneur et un journaliste sportif. » La pièce est constituée de deux mi-temps de 45 minutes chacune, précédées de la présenta- tion des équipes et suivies des prolongations ; la musique et l’atmosphère du stade s’y mêlent constamment pour former un seul et unique environnement sonore. « Un sujet comme le foot constitue naturellement pour le compositeur l’occasion rêvée d’atteindre un public que la musique nouvelle n’attirerait d’ordinaire pas forcément. Afin d’éviter les dangers de la tour d’ivoire il me semble d’ailleurs tout à fait sain que le théâtre musical aille chercher son inspiration ailleurs que chez Paul Celan ou Walter Benjamin. Avec Die Tiefe des Raumes, j’ai essayer d’écrire 6 7
DIE TIEFE DES RAUMES Im Tor, Optimismus pur, auch wenn er nicht »60.000« so ausschaut: Oliver … Schnellinger! Ein Fussballoratorium von Michael Klaus (Text) und Moritz Eggert (Musik) GEBRÜLL DER »60. 000« TRAINER (nüchtern, als gäbe er eine ERSTE HALBZEIT besonderen Qualitäten ins Spiel zu bringen (über Stadionatmosphäre: Kahhhhhhhn!!!!!) Mannschaftsaufstellung bekannt) und dem Publikum eine angenehme Kahn! Balitsch, Klimowicz, Salihamidzic … 1. IN DEN KATAKOMBEN: Wiedererkennung zu bieten. DIE KAMPFHÄHNE SCHARREN ALT-INTERNATIONALER ALT-INTERNATIONALER Helmut … (beschwörend, langgezogen) Chor und Solisten betreten langsam, fast Radenkovic! feierlich die Bühne und stellen sich in Positur. 2. DEUTSCHLAND BEBT SCHON »60.000« VOR DEM ANPFIFF Haller! CHOR Tape: In den langen, hallenden Gängen der … weißes Hemd grüne Hose Katakomben unter dem Stadion / Tape: Wechsel zu Stadionatmosphäre, ALT-INTERNATIONALER grünweiße Stutzen … Stollen auf Zementboden kommen näher. Raunen der »60.000« Da wusste man noch, wo links und rechts Stadionatmosphäre bleibt, aber im war, und wer Läufer war und wer nicht! REPORTER CHOR (summen) Hintergrund Kann gut gehen, kann daneben gehen. hm hm hm hm hm … REPORTER Aber der Trainer will ihn diesmal als CHOR In der Abwehr das geschmeidige hängende Spitze: Sven … DIE TUGEND (mit großer Zartheit, verklärt) (überbannt = Steigerung von »gebannt«) Ein-Mann-Bollwerk … Christian … DAS LASTER / SPIELER rotes Hemd rote Hose rote Stutzen »60.000« JOURNALIST (Sänger)* rotes Hemd rote Hosen weiße Stutzen »60.000« Müller! na na na na na ... rotes Hemd schwarze Hose schwarze Stutzen Wörns! blaues Hemd blaue Hose weiße Stutzen REPORTER * Mit JOURNALIST / REPORTER haben gelbes Hemd blaue Hose gelbe Stutzen CHOR (Alt) Lars … wir ein »doppelköpfiges« Wesen geschaffen. Grünes Hemd weiße Hosen Der REPORTER spricht, der JOURNALIST REPORTER schwarze Stutzen … »60.000« singt. So ist es möglich, dass ein »echter« … und sollten Sie uns in ihrem Auto zuhören, Müller! Sportreporter die Rolle des »sprechenden wir wünschen allzeit gute Fahrt. ALT-INTERNATIONALER Kopfes« übernehmen kann, um seine Nun aber zur Mannschaftsaufstellung: Karl-Heinz … 8 9
REPORTER »60.000« Einzelne Choristen mit Fußballtröten 4. EIN RUNDFUNKREPORTER Hansi … Lippens! VERLIEBT SICH IN SICH SELBST CHOR UND GRÄBT VOR LUST EINEN »60.000« CHOR lo lo lo lo lo lo lo lo lo FCK VWB! TOTEN KLASSIKER AUS Müller! … weißes Hemd mit rotem Brustring lo lo lo lo lo lo lo lo lo FCK VWB! usw. rote Hose rote Stutzen oder ganz in Weiß Erste Liga Erste Liga Erste Liga WFB, JOURNALIST (Sänger) ALT-INTERNATIONALER (zum Schluss der für mich melodiöseste Name immer wieder immer wieder Erste Liga WFB! (schwärmerisch) Gerd … überhaupt / mit aller Kraft) 2 Minuten gespielt, und immer noch hohes Lizarazu! Pfeifen und Buhen, als sei etwas Unsägliches Tempo! Hansa und VfB, FC und BvB, KSC, »60.000« (vollkommen außer Rand auf dem Spielfeld vorgefallen FCK, Hertha, Arminia, Concordia, Bayern und Band, der stärkste aller Schreie) (Abreißen, Stille! – Schiedsrichterpfeife: und Bremen und Bochum, Dynamo und Lok! Müller! Anpfiff!) Auf geht’s, schießt ein Tor, schießt ein Tor, schießt ein Tor! Wir werden siegen! CHOR (Sopran / Alt) (stimmlos) ALT-INTERNATIONALER Auf geht’s, schießt ein Tor, schießt ein Tor, sch sch sch … Klein und dick. Und Fußball konnte der gar schießt ein Tor! nicht. Nur Tore. Das war ja die größte Zeit 3. JETZT GEHT’S LO-OS! CHOR (Tenor / Bass) (stimmlos) überhaupt! JETZT GEHT’S LO-OS! Gute Freunde kann niemand trennen, tktk… gute Freunde sind nie allein, CHOR Einzelne Choristen mit Trillerpfeifen weil sie eines im Leben können: JOURNALIST (Sänger) (begeistert) … rotes Hemd mit weißem Brustring Füreinander da zu sein! Sie kommen durch die Mitte! Sie kommen schwarze Hose schwarze Stutzen … CHOR (mit ungebildeter Stimme) über die Flügel! Sie rücken blitzschnell nach! Jetzt geht’s looos! Jetzt geht’s looos! usw. Rhythmisches Klatschen TRAINER Auf geht’s, wir kommen! Auf geht’s, Tape: plötzlicher Jubel, sofort fade out Iaschwili, Zkitischwili, Kobiaschwili … wir kommen! usw. Tape: reißt ab. Stille! JOURNALIST (Sänger) ALT-INTERNATIONALER Tape: Stadionatmosphäre: Der Ball rollt! Sie schießen aus allen Rohren! Sie holen alles Ente … Oohs und Aahs der Zuschauer, unregelmäßig. aus sich heraus! Sie verstehen sich blendend! KEINE Fangesänge Sie verstehen sich blind! Sie zelebrieren ihr Spiel! So schön kann Fußball sein! Rasse und 10 11
Klasse! Sekt oder Selters! Was für ein Pfund! 5. DOCH DIE WIRKLICHKEIT IST CHOR TRAINER (brüllt) Mein Gott, was für ein Auftakt! ANDERS: LAHME KAMPFHÄHNE / Wie die wieder da querpassen! Raus! Raus! Rauuuuuuuus! Mein Gott, ja! Welche Leistung! EIN SCHEISS SPIEL Wie die wieder da klein klein! Rauuuuuuuus, verdammt noch mal! Wiediewiederda (Vereinzelte Choristen bedienen schlaff und Wiediewiederda DIE TUGEND CHOR (voller Pathos, bedeutungsschwanger) lustlos Ratschen, Pfeifen und Tröten) Ja so doch nicht! Aber so doch nicht! Und Bank an Bank gedränget sitzen, TRAINER (weiterhin entnervt) Mensch so doch nicht! TRAINER (schon jetzt entnervt) Warum begreift ihr das nicht?! JOURNALIST (Sänger) Enger! Geh ran! Geh ran an den Mann! Enger! Warum nur?! Oh, warum?! TRAINER (melancholisch) Es brechen fast der Stadien Stützen, Am Montag nehme ich mir vor, zur CHOR (wie gelähmt) Tape: Trappatonis »Struuuunz!« – nächsten Partie zehn Spieler auszuwechseln. CHOR Wie die wieder spielen! kurze Einblendung, sofort wieder weg Am Dienstag sind es sieben oder acht, Herbeigeströmt von fern und nah, Wie die wieder gurken! am Donnerstag noch vier Spieler. Wiediewieder CHOR Wenn es dann Samstag wird, stelle ich EIN JOURNALIST (Sänger) Wiediewieder Das wird nix! Das seh’ ich doch von hier! fest, dass ich doch wieder dieselben elf Der Fußball Völker fiebrig da, Da läuft nach vorne nix zusammen! Scheißkerle einsetzen muss wie in der TRAINER Nach vorne! Lass laufen! Vorne spielt die Vorwoche! CHOR Mensch, pass doch nach vorne! Musik! Mensch mach lang, Langen! Dumpfbrausend wie des Meeres Wogen, Mensch, lass doch laufen! Von Menschen wimmelnd, wächst der Bau EINZELNE CHORISTIN CHOR (voller Hass und Verachtung geschrien) 6. »UNS UWE« SAGT WAS … JOURNALIST (Sänger) rotes Hemd rote Hose rote Stutzen Renn, du lahme Sau! In weiter stets geschweiftem Bogen rotes Hemd rote Hosen weiße Stutzen UWE SEELER rotes Hemd schwarze Hose schwarze Stutzen CHOR (tippt seinem Vordermann auf die Schulter) CHOR … (enttäuschtes Raunen, weil was schief Kannst du mir mal sagen, wer von denen Hinauf bis in des Himmels Blau! gegangen ist) da unten auf dem Platz mit uns früher hätte TRAINER Ja so doch nicht! Aber so doch nicht! mithalten können? Das kann ich dir genau Da muss er doch abspielen! Mensch so doch nicht! sagen: Kei-ner! Kei-ner! Da muss einer helfen! 12 13
7. … UND DIE TUGEND HAKT SOFORT Brehme Schuster Hru-besch Hru-besch SPIELER in die Seele dringt: Schon mit Wasser im EIN, WIRD GANZ FEIERLICH UND Brozulat Libuda Overath Schwarzenbeck Blau und Weiß … Knie fällst du zwei Wochen aus! SOGAR RELIGIÖS … Hru-besch Hru-besch Beckenbauer (an den Spieler gewandt) Beckenbauer Beckenbauer Beckenbauer DIE TUGEND / CHOR Erzähl lieber die wahre Geschichte! … wenn sie an die von »uns Uwe« Hru-besch Hru-besch Beckenbauer … cae-aelum solum est, Die lasterhafte! Erzähl von deiner Geige, eingeläutete Erinnerung an Vergangenes Beckenbauer Beckenbauer Beckenbauer diesem teuren Geschenk deines Vaters! denkt. Dem Laster kann verklärte Hrr Sch Hrr Sch SPIELER Vergangenheit natürlich nichts anhaben! Blau und Weiß … SPIELER (naiv) (wie abgerissen) Ich hab meine Geige, die ein Geschenk »Uns Uwe« hat mit seiner Erinnerung DIE TUGEND / SPIELER meines Vaters zu meinem sechsten Geburtstag an vergangene Zeiten so etwas wie ein DIE TUGEND (deutlich deklamierend) … ornamentum nostrum est. war, gegen Fußballschuhe eingetauscht. »unterirdisch« wirkendes Grollen losgetreten. Horcht nur, wie just in diesem Augenblick Mein Gott, hat der mich verdroschen! Das kommt drohend näher und näher. aus dem Dämmer der Vergangenheit ein DAS LASTER (höhnisch) Immer rascher – einsilbige Spielernamen, originelleres, sonderbareres, tugendsameres Glaubt ihr etwa, sie sagt die Wahrheit? DAS LASTER (begeistert) zweisilbige, dreisilbige, viersilbige – als ein Völkchen auftaucht! Genau solche wollen wir seh’n! dunkles, alles niederstampfendes Gespenst, CHOR (sanft) Spielernaturen! Zocker! Versteh dich auf als wollten die Alten die Jungen unterpflügen. SPIELER (glutvoll) Sie ist die Tugend! Sie hält das Steuerruder! den kleinen Verrat, das tägliche schmutzige Blau und Weiß … Sie trägt das Füllhorn! Sie sollst du lieb Tackling! Setz alles auf eine Karte! Solche Tape: dumpfes, enttäuschtes Stadiongebrüll, haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele Luschen, die meinen, wenn’s mit dem wie in Zeitlupe. Der Chor taucht langsam DIE TUGEND und mit all deiner Kraft! Fußball nicht klappt, kann ich immer noch daraus auf … … quam amo te! Den Kleinen hielt sein Pate den Schneewalzer geigen, die brauchen wir übers Taufbecken, da sang das Kind schon! DAS LASTER (zickig) nicht! CHOR (mal sprechen die Choristen so tief Ins Wasser des Pfarrers hinein … Bei der reimt sich Lust auf Pein! Ihr ist wie möglich, mal bellen, mal muhen sie die zu viel entgangen! Der ist alles zuzutraun. DIE TUGEND (will den Ausführungen des Namen) SPIELER (abschätzig) Taufe! – Die Jungs mit dem Lasters klar und innig etwas entgegensetzen) Rupp Rupp Rupp Wild Lotz? Lotz! Lotz? Blau und Wa-aiß … Heiligenschein blieben schon in der Schule … quam amo te! Lotz! Hru-besch Hru-besch Olk bis zuletzt an der Wand steh’n. Kleff Kleff Kleff Kleff Löhr Horr Horr Horr DIE TUGEND Die wollte keiner in seiner Mannschaft! SPIELER Horr Hru-besch Hru-besch Biskup Wosab … me non relinque! Geh mir weg mit Wasser, das durch die Stirn Blau und Wa-aiß … 14 15
DIE TUGEND Aber unsre Eintracht nicht Ein brasilianisches Tor! Sechs Rote schauen 9. DU BLINDE PFEIFE, DU! … me non relinque! Alles alles geht vorbei sich ratlos an! Und das auf eigenem Platz! Doch wir sind uns treu CHOR (Sopran / Alt) CHOR CHOR Und die Uhr läuft und läuft und läuft … (Und wieder raunt und stöhnt der Chor. Der Chor, offensichtlich in der Rolle Ist der wirklich so entsetzt über die der Heim-Zuschauer, stimmt ein CHOR (Tenor / Bass) Ausführungen des Lasters? – Quatsch! 8. ZUM HEULEN: NULL ZU EINS ohrenbetäubendes Pfeifkonzert an. Der pfeift uns noch in den Abgrund! Der schmerzvoll raunende Chor hat ganz andere Sorgen. Er erinnert uns daran, dass Aber durch gute Laune, Ironie oder Nur ein einziger Chorist geht mit der eigenen CHOR (Sopran / Alt) auf einer viel alltäglicheren Ebene aktuelle Sarkasmus lässt sich nicht alles so verpacken Heim-Mannschaft ins Gericht: Und die Uhr läuft und läuft und läuft … Spiele laufen mit versäbelten Möglichkeiten, wie bei der Eintracht: verpassten Chancen.) EINZELNER CHORIST CHOR (Tenor / Bass) JOURNALIST (Sänger) (mit tragisch zitternder Stimme) Was für ein Albtraum! REPORTER (kommentiert aktuell) Zweimeterzwei ist unser Langer lang und Mann, ist die Welt grausam! Ich höre ein Raunen und Stöhnen in Wieder eine Abseitsfalle der vollkommen kriegt den Ball nicht aus dem Strafraum! Frankfurt! Jochen Hageleit, hören Sie mich? verunsicherten Heimmannschaft! Zweimeterzwei und verliert jedes DAS LASTER (hämisch) Armin Hauffe, können Sie mich hören? Aber diesmal eine Abseits-Selbstfalle! Kopfballduell! Zweimeterzwei! Und die Uhr läuft und läuft und läuft … Da ist was passiert, Kurt, hören Sie mich? Da sind sie zu früh aufgerückt! Und wollen Ich wusste gar nicht, dass man Scheiße das nicht wahrhaben! Sie machen nach hinten so hoch stapeln kann! CHOR (Tenor / Bass) (voller Leidenschaft) (Und schon sind wir im aktuellen zu wenig! Mein liebes Früchtchen, das war Nein, wir sind Männer, wir schweigen nicht! Spielgeschehen, allerdings auf einem Dunkelgelb! Aber der Schiri lässt Vorteil Alle anderen Zuschauer haben einen ganz Wir geben Worte unserem Schmerz: merkwürdig lustigen Platz:) laufen! anderen Schuldigen entdeckt ... Gram, der nicht spricht, Presst das beladne Herz, CHOR REPORTER Bis dass es bricht! Weine nicht, wenn ein Törchen fällt, Und was für ein Ding! damm damm, damm damm Der Feind einen Elfmeter hält, JOURNALIST (Sänger) damm damm, damm damm Mein Gott, was ein Bums! Ein Mann, Wuppertal und Schalke bricht ein Schuss, ein Tor! Null zu Eins! 16 17
10. DAS WAR GANZ KLAR ABSEITS! JOURNALIST (Sänger) SPIELER CHOR (Tenor / Bass) (natürlich entrüstet) Zu spät kam dieser Pass, da stand er klar im Als der Trainer aufsprang und an der Die Welt ist platt! CHOR (Sopran / Alt) (schnippisch) Abseits! Linie tanzte, da hat er mich angesehen! Ein Angreifer in der gegnerischen Hälfte Er hat mich doch angesehen, oder? DAS LASTER ist im Abseits, wenn sich weniger als DAS LASTER Gießt Bier auf die Diskussion, dann kommt zwei Verteidiger zwischen ihm und der Nie und nimmer! DIE TUGEND sie besser in Fahrt! Gießt Wein in die Menge Grundlinie befinden. Dafür möchte ich meine Hand nicht ins nach griechisch römischem Vorbild! JOURNALIST (Sänger) Feuer legen, dass das kein Abseits war. CHOR (Tenor / Bass) Immer, immer! Zu spät kam dieser Pass … CHOR (Tenor / Bass) Diesem Schiedsrichter dürfte man keine DAS LASTER Lass die Pfeife weg Mensch Kerl! Pfeife mehr in den Mund stecken! DIE TUGEND Nie und nimmer! Wie lange ertragen wir dies noch?! Das roch schon stark nach Abseits. CHOR (Sopran / Alt) (mahnend) JOURNALIST (Sänger) DAS LASTER Der Torwart zählt dabei mit. DAS LASTER Immer! Die Pompejaner greifen schon nach Steinen! Ob Abseits strafbar ist, richtet sich Es riecht nach diesem Stinktier Schiri! Wehe, euch Siedlern aus Nuceria! nach folgenden Regeln: SPIELER CHOR (Tenor / Bass) Als der Trainer die Hand hob, das war doch SPIELER CHOR (Tenor / Bass) Mein Gott, hat er keine Augen?! ein Zeichen! War die Hand für mich? War die Hand für mich? Dieser Mann soll die Pfeife wegwerfen Soll ich mich warm laufen? Soll ich mich warm laufen? und sich schämen! Auf einmal werden volle Plastikbecher mit Eine bodenlose Gemeinheit! Bier durch den Chor (Frauen) gereicht. JOURNALIST (Sänger) CHOR (Tenor / Bass) 4–6 Becher wandern so von Chormitglied zu Wie kann man nur so ins blinde Messer Der Linienrichter war’s! Du Luftpumpe! CHOR (Sopran / Bass) Chormitglied, dass jede Choristin alle ihre laufen?! Aber es bleibt keine Zeit zum Du blinde Bratwurst! Wenn du so gerne das Entscheidend ist, wo sich der Spieler Finger schön tief in die Becher, d.h. ins Bier Philosophieren! Fähnchen schwenkst, dann such dir ’nen Job beim Abspiel und nicht bei der Annahme tauchen muss. am Flughafen! des Balles befindet. Eine Abseitsposition DIE TUGEND (beschwichtigend) sollte bestraft werden, wenn sie für den Davon geht die Welt nicht unter! DAS LASTER (triumphierend anklagend) Spieler vorteilhaft ist. Der Schiri war’s! 18 19
11. NACH DEM STREIT: BESINNUNG reißt sich die Verbände ab, drischt das Leder DIE TUGEND Betriebssportgemeinschaft Motor Weimar AUF DAS WESENTLICHE. nach vorn ... … um dann, erwartet und erwünscht von als Jungkicker an. HYMNE AN DEN BALL Joseph Maier, rasch, einfach, kunstlos, ganz DIE TUGEND Natur, dem Becher hoher Hände zuzufallen. CHOR (Sopran / Alt) DIE TUGEND (als wolle sie besänftigen, … du zwischen Fall und Flug … Mooodooohr Moodooohr! Fußballmacht! von den garstigen Tönen ablenken, innig) DU Ball, DU Runder, der das Warme aus DAS LASTER ALT-INTERNATIONALER zwei Händen im Fliegen, oben, fortgibt, … auf Hölzenbein. Hölzenbein will ihn 12. FRÜHER! TIEF IM OSTEN … Danach spielte ich bei Wismut Aue. sorglos wie sein Eigenes; was in den volles Pfund nehmen, kommt aber zu weit Danach stürmte ich für Traktor Kromsdorf. Gegenständen nicht bleiben kann, zu unter den Ball … TRAINER (regt sich auf / feuert seine Danach kam dem Sekretariat des ZK der unbeschwert für sie, Mannschaft an) SED die Idee, mich als Libero zu Cosmic DIE TUGEND / CHOR (Sopran / Alt) Ich weiß auch nicht, was ihr da spielt, aber Kalaschnikow zu schicken. DIE TUGEND … du zwischen Fall und Flug … Fußball ist es nicht! Ich weiß auch nicht, wo CHOR (Sopran / Alt) bei euch der Wurm hängt! Ich rede mir die DAS LASTER (hämisch) (lässt sich von der Tugend »anstecken«) DAS LASTER Lippen wund, ich trainiere mit euch wie ein Und überall hast du nur einen Monat gespielt. zu wenig Ding und doch noch Ding genug, … du zwischen Foul und Fluch … Berserker, und ihr spielt so kopflos wie auf Wenn überhaupt … um nicht aus allem draußen Aufgereihten einem untergehenden Schiff! Was hab ich mit unsichtbar plötzlich in uns einzugleiten: DIE TUGEND / CHOR (Sopran / Alt) euch Kraft gebolzt! Denkt wenigstens an eure DIE TUGEND (lässt sich hinreißen) das glitt in dich, … noch Unentschlossener: der, wenn er steigt, Kraft! Ob ich die Titanic gerettet hätte, weiß Dabei aber seinen Sportkameraden die als hätte er ihn mit hinaufgehoben, den Wurf ich nicht. Jedenfalls wären die Überlebenden politischen Faktoren des Spiels beharrlich DAS LASTER entführt und freilässt –, und sich neigt und gut in Form gewesen! erläutert! … Nogly bohrt seinen Schädel in den einhält und den Spielenden von oben auf Hinterkopf von Siemensmayer, Netzer wird einmal eine neue Stelle zeigt, sie ordnend CHOR (Tenor / Bass) (ergriffen) DAS LASTER (höhnisch feierlich) umgesäbelt, das Bein ist offen bis auf die wie zu einer Tanzfigur, … Wir kommen aus der Tiefe und aus dem Und spätestens nach einem Monat haben sie Knochen, der Tritt hat Kostedde bald den Schacht, Wismut Aue – Fußballmacht! immer zu dir gesagt: Komm Karli, Kopf gekostet, Diehls Knie schwillt und DAS LASTER wir spielen, und du guckst zu. schwillt. Sengers Fuß, der sonst nach vorn … aber Hölzenbein produziert eine Kerze ALT-INTERNATIONALER Du bist in der Partei und da biste richtig: zeigt, steht jetzt nach hinten. Aber Grabowski im 16m-Raum, und der Ball senkt sich … Kaum war ich sechs Jahre alt, meldete mich So hat jeder seine Aufgabe. ist unverwüstlich. Er springt von der Bahre, mein Vater bei der Knabenmannschaft der 20 21
CHOR (Sopran / Alt) DUNKELHÄUTIGE CHORISTIN Der Tritt gegen die Blechdose ist hier wie Ab jetzt kriegt er ein eigenes, starkes Profil! Mooodooohr Moodooohr! Fußballmacht! Unsre Kinder schliefen auf Friedhöfen, um eine Kontemplation, die sagt: Hört auf mit (Wirkung der Dose!) Unser 17-jähriger die Fußballgötter anzubeten. Sie banden sich eurem kleinkarierten Mist! Gleichzeitig ist Spieler erscheint zum ersten Mal als Held: CHOR Kräuter um die Füße. Die Kräuter sollten den sie an dieser Stelle die Ankündigung eines Er ist auf dem Weg zum gegnerischen Tor! Fußballmacht! Fußballmacht! Fußballgott gnädig stimmen. »Wunders«. SPIELER (innerlich brodelnd) Tape: Nadel kratzt hässlich auf Platte DAS LASTER (wischt das alles mit einer DAS LASTER (spricht schmeichelnd auf Ich kenn kein Zitterfüßchen! Ich lass mir (Plattenspieler), dann Leerrillengeräusch einzigen Zeile weg / sehr bestimmt) den jungen Spieler ein) auch kein Zitterfüßchen einreden! (ausblenden) Hört endlich auf mit euren alten Zeiten! Den Alten – vergiss ihn! Eure schlabbrigen Erinnerungen, was Die Tugend – vergiss sie! REPORTER gebären die denn? Nichts als Zitterfüßchen! Den Trainer – vergiss ihn! Noch zwei Minuten bis zur Pause, das ist Zitterfüßchen! Wenn schon alte Zeiten, Lach sie aus, zieh dir die Schuhriemen nichts für schwache Nerven! 13. EURE SCHLABBRIGEN dann die wüsten und verdorbenen: stramm, wirf den Trainingsanzug weg ERINNERUNGEN AN ALTE Auf dampfenden Schlachtfeldern bolzten und stell dich selber auf! DAS LASTER ZEITEN GEBÄREN DOCH NUR unsere Ahnen mit den Schädeln ihrer Und lauf! Und lauf! Als der Tyrsener Erzdrommete hell »ZITTERFÜSSCHEN!« gemetzelten Feinde! Erscholl und beiderseits die Schlacht begann, Wie glaubst du, dass der Schilde Krachen klang, DIE TUGEND CHOR Wie laut das Stöhnen und das Wehgeschrei? (noch ganz im Erinnerungs-Trance) Da war noch Würze drin und Salz und nichts 15. »SEHT! SEHT! WELCH EIN In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch von Paragraphenkram! WUNDER! WIE? EIN SCHWAN?« TRAINER geholfen hat … EINS ZU EINS, AUSGLEICH Schnapp dir den Ball, tank dich durch und knall das Ding rein! DAS LASTER (äfft) Bisher war der Spieler unscheinbar. … hatte ich ein zusammengeschnürtes 14. DIE BLECHDOSE Und wenn er ins Rampenlicht trat, REPORTER Papierknäuel. Oder wir umwickelten einen war er nichts weiter als ein Spielball Ein 17-Jähriger bei seiner Feuertaufe! kaputten Schuh mit irgendwelchen Lumpen Tape: Lang ausgespielt: Der Tritt gegen oder das Sprachrohr von Tugend und Laster. Er macht das einzig Richtige: und kickten den. Oder der Ball war der eine Blechdose übergehend in Live- Er war wie ein unsicherer Berufsanfänger, Hose hoch und durch! ausgestopfte Strumpf meiner Oberlausitzer Orchesterklänge, dann ausblenden der vor lauter guten und schlechten Urgroßmutter. Ratschlägen zu nichts kommt. 22 23
SPIELER nicht – ein Bier – nach der Arbeit – JOURNALIST (Sänger) CHOR Schon als Kind hab ich von diesem Dribbling nicht täglich … und alles war ja auch nicht Da versucht er’s direkt! Da hat er alle Zeit Komm schon! Pfeif! Na komm schon! geträumt! Fünf Mann nass gemacht! schlecht in der DDR! der Welt und drischt das Leder ins Tor wie Komm endlich! Komm, mach! Pfeif! Und den Torwart! ein Gott! Na komm schon! Komm! JOURNALIST (Sänger) (hektisch begeistert) DAS LASTER Da nimmt er sich einfach den Ball und reißt CHOR / JOURNALIST (Sänger) EINZELNE CHORISTIN (Sopran solo) Der Wirbel des Argiverspeers durchbrach das Spiel an sich! Da hat er ihn verladen! Der Ausgleich! Der Ausgleich! (singt Abzählvers rührend kindlich) Die Unsern, doch sie zogen sich zurück. Da lässt er sie alle stehen! Endlich der Ausgleich! Uwe Seeler Dann aber stemmte Fuß sich gegen Fuß, schießt’n Fehler Mann blieb am Mann und ehern stand die SPIELER (mit größter Leidenschaft) schießt vorbei Schlacht. Jede Nacht den Alleingang geträumt! und du bist frei Jede Nacht den Ball fast von der Auslinie 16. HAS’ KEINE UHR DABEI?! CHOR (Sopran / Alt) ins lange Eck gezirkelt! PFEIF ENDLICH HALBZEIT! DIRIGENT: Halbzeitpfiff Das ist kein harmlos fröhlich Kinderspiel. Es geht dabei um Kopf und Kragen, und wer CHOR (Sopran / Alt) CHOR (Sopran / Alt) (mahnend) Danach Pause verliert, dem hilft nicht Reue noch Gebet! Das Aug’ vergeht / vor solchem Glanz! – Und die Uhr läuft und läuft und läuft … Man stirbt daran in Schmach und Schande. Seht, näher kommt er schon heran / Lasst’s euch sagen! … Ein Wunder! Ein Wunder! / Ein Wunder CHOR (Tenor / Bass) (zornig) ist gekommen, / ein unerhörtes, nie geseh’nes Drei Minuten über die Zeit! CHOR (Tenor) Wunder! Vier Minuten über die Spielzeit! Weißes Hemd schwarze Hose rote Stutzen … Pfeif endlich Halbzeit! DAS LASTER (fanatisch) CHOR (Sopran / Alt) Und ich sehe ein Tier, das ist gleich einem CHOR (Sopran / Alt) Man stirbt daran in Schmach und Schande. Panther und seine Füße wie Bärenfüße. Und die Uhr läuft und läuft und läuft … Lasst’s euch sagen! Und sein Rachen wie eines Löwen Rachen. Und siehe, es ist ein großer, roter Drache und CHOR (Tenor / Bass) DIE TUGEND (beschwichtigend, mit sein Schwanz fegt die Sterne des Himmels Has’ keine Uhr dabei?! schlechtem Gewissen) hinweg und wirft sie auf die Erde! Das mit dem Bier – in Maßen – das schadet 24 25
ZWEITE HALBZEIT die Szene begonnen hat, kommen vereinzelt REPORTER Kieferbruch Schädelbruch Ellenbogenbruch die Musiker nach, vielleicht mit Würstchen Er fordert den Ball. Dem Youngster juckt Nasenbeinbruch Handrückenbruch 1. EIN NEUER ZIDANE EIN NEUER oder Plastikbechern, und setzen sich auf ihre es natürlich über Gebühr in den Füßen! Oberarmbruch Unterarmbruch FIGO BESSER ALS BECKHAM, Plätze. Gestimmt wird erst am Ende dieser Er lässt drei Gegenspieler stehen, der ist DASS MAN DEN ANPFIFF ZUR Szene als Vorbereitung auf den Elfmeter. so schnell, den hält keiner. Tunnelt den JOURNALIST (Sänger) ZWEITEN HALBZEIT FAST NICHT vierten! Höchststrafe für den verdutzten Nein, nein, nein! In Drei-Teufels-Namen MITKRIEGT REPORTER Abwehrrecken! Freunde, schreibt die steht er einfach wieder auf, schnappt sich Wir sind wieder zurück, die zweite Halbzeit Lehrbücher neu! Schreibt die Lehrbücher neu! den Ball und will schießen! Tape: Stadionatmo: Pause. Angeregte kann beginnen. Beide Trainer haben nicht fachmännische Unterhaltungen in der Nähe ausgewechselt. Was mag hinter diesen CHOR (schreit entsetzt auf) DIE TUGEND des Aufnahmemikros. Irgendwann dann der Sonnenbrillen vor sich gehen?! Noch Mitte Er tut seine Schuldigkeit, ohne sich erst dazu Pfiff zur zweiten Halbzeit. der ersten Halbzeit hab ich dem smarten Der DIRIGENT pfeift Foul. antreiben zu lassen. Er lässt keinen Fluch, FC-Chef trotz der teuren dunklen Gläser keine Zote, kein Schimpfwort von sich hören. Atmo geht weiter, das Spiel hat zwar an den Augen ablesen können, dass er ein JOUNALIST (Sänger) So blutjung er ist, ist er nicht wildwachsende begonnen, die Zuschauer sind aber noch nicht Lamento anstimmen wollte: Was fehlt, ist Dieses hässliche Foul! Stollen auf Knöchel! Natur, sondern schon gesetzte Ordnung. richtig bei der Sache. der Antreiber im Mittelfeld! Was fehlt, ist ein Ich hab das Geräusch bis hier oben gehört! richtiger Brecher, der mal vorne reingeht! Das muss Elfmeter geben! Und Rot! DAS LASTER ALT-INTERNATIONALER (zu seinem »Was fehlt, sind die ganz klaren Chancen!« Der kann vor Schmerz kaum steh’n und Nebenmann, meint den jungen shooting-star) Aber nach diesem Zuckertor ist das alles CHOR vor lauter Wut nichts seh’n! Und trotzdem Nie gehört! WIE heißt der Kerl? Schnee von Morgen! Und wieder dieser … Knochenriss Kapselriss Sehnenriss schnappt er sich den Ball! Er fordert Blut! Bänderriss Innenbandriss Kreuzbänderriss Blut fordert Blut! Er läuft an! Wie sich sein CHOR Tape: Stadionatmo ausblenden. Bauchmuskelriss Muskelfaserriss Gesicht verzerrt! Der rotzfreche Balg wird Storari Parisi Rosati Perruzi schlimmer und schlimmer! besser als Beckham besser als Figo. ALT-INTERNATIONALER JOURNALIST (Sänger) Gute Nacht euch allen! Wie heißt der Kerl? Bange Minuten für uns alle! In typischer Stadionmanier ist das Orchester REPORTER noch nicht komplett auf der Bühne, wenn CHOR CHOR Er nimmt sich den Ball. Führt ihn zum Mund. die Szene beginnt. Nur das Continuo ist Sereni Capelli Bellini Viali Rossini Fußbruch Knöchelbruch Rippenbruch Er küsst ihn ganz leicht. Er legt ihn sich vollzählig. Nachdem der Dirigent auftritt und besser als alle. Jochbeinbruch Schienbeinbruch zurecht … 26 27
DIE TUGEND in die Wolken, dass die Fußballgötter blass JOURNALIST (Sänger) CHOR (Sopran / Alt) Spiele, liebliche Unschuld! vor Schreck sich ducken müssen! Hätt’ er Wer oder was kann da noch helfen? Schon der Anlauf war vollkommen schwul! Noch ist Arkadien um dich! platzierter – hätt’ er besser gar nicht … Das sind Gefühle, wo man nur schwer auf hohem Ross da schwillt der Kamm … beschreiben kann. CHOR (Tenor) DAS LASTER Nie der Gefoulte selbst, du Blindfisch! Nimm Rache, und es wird ein ALT-INTERNATIONALER CHOR (ergriffen) silbergrauer Z4! (fast schon verständnisvoll) Nû biten wir den heiligen geist CHOR Elfmeterschießen, das ist irgendwie wie mit umb den rehten glouben allermeist, Arroganz! Arrogance (engl.)! Einzelner Chorist (oder Schauspieler, Frauen und Autos – reine Glückssache. daz er uns behüete an unserm ende, Arrogance (frz.)! Arroganza! der sich unter die Choristen gemischt hat) sô wir heim suln varn ûz disem ellende. Arrogantia! Arrogantie! JOURNALIST (Sänger) EINZELNER CHORIST (BRÄUTIGAM) … eine vollkommen unnütze Diskussion, SPIELER CHOR (Alt / Tenor) Tu es für mich! Zeig es dieser Schlampe, da jetzt der Torwart blitzschnell abschlägt, Kyrieleis. (wendet sich gegen den die mich heute Morgen vor dem Traualtar hat sieht seinen Kollegen, der zur Gratulation ALT-INTERNATIONALEN) stehen lassen! Zeig ihr, wer ich wirklich bin! schon an der Mittellinie stand, zu weit Und du warest auch für den Schnösel! vorm Tor, schlägt übers gesamte Feld … REPORTER der rennt zurück 3. ORGIE DER BELEIDIGUNGEN ALT-INTERNATIONALER Er nimmt nur drei Schritte Anlauf … und stolpert oder LOHENGRIN SAMT SCHWAN Ich weiß nicht, was du sagest. rafft sich auf UND KAHN AB IN DIE TONNE! und fällt oder WO KOMMT DER KERL CHOR (Sopran / Alt) und Tor. EIGENTLICH HER?! Dieser war auch für die arrogante Pappnase. 2. DER NEUE ZIDANEFIGOBESSER- Also, das ist die Hölle! Das ist absolut ALSBECKHAM VERSCHIESST unglaublich! Sie hatten die Führung auf dem Selbstverständlich hält das merkwürdige ALT-INTERNATIONALER EINEN ELFER – IM GEGENZUG Fuß, und jetzt der Rückstand. Ringen um Fassung nicht lange an. Ich kenne des Menschen nicht. ERZIELT DER GEGNER DAS 1:2 REPORTER CHOR (Tenor) CHOR REPORTER Meine Damen und Herren, mein Stuhl Wie kann man nur so einen schwulen Wahrlich, du bist auch einer von denen … … und drischt das Leder … über’s Tor! Über ist zu einem glühenden Ofen geworden. Elfmeter schießen?! die Zuschauer! Übers Tribünendach, hoch Wer kann da … 28 29
ALT-INTERNATIONALER (schimpft) CHOR CHOR Der SPIELER reagiert nicht, jammert weiter. Nicht ich – IHR habt doch geschrien: Wie sieht unser Sturm denn aus? Steigt der Leitzins, stürzt der Laktatwert ab! »Ein Wunder! Ein Wunder!« Wieso spielt der Auf Links der Dax, von rechts Dow Jones! Wir sind Schalker und ihr nicht! TRAINER eigentlich?! Wo kommt der her?! Sind wir Esel, die Geld kacken können?! Ich hör nichts?! Bist du verletzt?! (äfft) »Das Aug’ vergeht! Das Aug’ vergeht!« Wir sind Bremer und ihr nicht! Plötzlich wird der SPIELER erneut gefoult, Mir auch! Von mir aus könnt ihr euren Knüppel, aus dem Sack! als sei es Strafe für soviel Schleimerei. SPIELER (kläglich) Lohengrin samt Schwan und Kahn in die Er schreit auf. Nein. Tonne kloppen! Was hat der hier zu suchen?! SPIELER Was denkt der sich eigentlich?! (Ist er lernwillig oder tut er nur so?) JOURNALIST (Sänger) TRAINER Ich muss meinen Laufstil verbessern! (erregt kommentierend) Nein was?! Ich hör nichts! Ich muss meine Schnelligkeit verbessern! Und wieder wird er umgemäht in einer Ich muss mich persönlich entwickeln! knirschenden Zangenaktion! Unserm kleinen SPIELER 4. DER DENKT DOCH JETZT SCHON Unglücksraben klebt aber auch das Pech am Nein, Sir! NUR NOCH ANS GELD! CHOR Fuß! Wenn ich sein Mitspieler und wenn ich Knüppel, aus dem Sack! abergläubisch wäre, ich würde mit gekreuzten TRAINER CHOR Fingern an ihm vorbei rennen und ihm bloß Bist du gefoult worden?! Der denkt doch jetzt schon nur noch ans SPIELER keinen Ball abgeben! Geld! Der ist nicht besser als die anderen! Ich brauche nur so viel Geld, wie es sich für SPIELER Dreschen von morgens bis abends leeres einen ordentlichen Menschen gehört! DIE TUGEND (voller Mitleid) Nein, Sir! Stroh, was wir zu Gold spinnen sollen! Jüngling, was füllt den Blick schwellend mit Guckt sie euch an! Verkleidet wie Freunde CHOR Tränen dir an? TRAINER sind sie, aber gönnen sich nicht das Schwarze Knüppel, aus dem Sack! Bist du gestolpert?! unterm Nagel! Der TRAINER, der bisher eher die Figur SPIELER eines depressiven Zynikers abgegeben hat, SPIELER TRAINER Beate Uhse minus nullkommasechsvier wird für kurze Zeit zum Army-Ausbilder Jawoll, Sir! Das größte Problem beim Fußball sind die Brau und Brunnen minus nullkommafünfvier und brüllt: Spieler. Wenn wir die abschaffen könnten, Gericom minus nullkommafünfeins TRAINER wäre alles gut. Phoenix minus nullkommanullfünf TRAINER (wie ein Army-Ausbilder) Worüber bist du gestolpert?! nullfünf – nullfünf – nullfünf Bist du verletzt?! 30 31
SPIELER Feuert mich an, verdammt noch mal! perlt auf eurer nackten Haut. Und eure grünen DAS LASTER Über den Ball, Sir! Feuert mich an, feuert mich an, Unterhemden sind ganz nass! Weiter! verdammt noch mal! TRAINER DAS LASTER SPIELER In welchem verpissten Nest hat man dir das Keine Reaktion im Chor (an den Spieler gewandt / belehrend) Was für ein Vergnügen, wenn du mit einer denn beigebracht?! Was macht man sonst mit Trau nicht gleich jedermann. Man meint es einzigen Flanke in hunderttausend Leben dem Ball, wenn man nicht darüber stolpert?! CHOR (Tenor solo) nicht gut mit dir. Im Anfang war das Spiel – eingreifst! (merkwürdig unbeeindruckt) nicht der Drill! SPIELER Ich schau mir lieber einen guten Film DAS LASTER Schießen, Sir! mit Tieren an. SPIELER (überfordert / wie ein Kleiner) Na endlich! Guck dir die Schreihälse an: Ja, gut … Ein gekonnter Pass, und sie liegen dir TRAINER zu Füßen! Was noch?! DAS LASTER 5. EIN 17-JÄHRIGER SUCHT SCHUTZ Spiel! Plural: Spiele. Mittelhochdeutsch SPIELER (immer selbstsicherer) SPIELER UNTER DEM FLÜGEL DES LASTERS und Althochdeutsch: spil: Tanz, Scherz, Ich stolper, und bei denen zu Hause setzt es Köpfen, Sir! Unterhaltung, Vergnügen! Prügel! Ich stolper nochmal, und es gehen DIE TUGEND (schwärmt fürs militärisch Ehen zu Bruch! TRAINER Schneidige der vorangegangenen Szene) TRAINER (trocken) Dann tu’s endlich, du Weichei! Ja, Sir! Nein, Sir! Bitte, Sir! Danke, Sir! Wenn ihr Unterhaltung sehen wollt, geht DAS LASTER Das hat was! Wenn ihr in diesen grünen in den Zirkus und guckt euch Clowns an! Man hätte wenig Freude, wenn man sich CHOR Unterhemden lauft. Mit starrem Blick, niemals schmeichelte! Du Weichei! fast wund vor Glück. SPIELER (zögerlich) Was ... SPIELER SPIELER (klagt wie ein Weichei) DAS LASTER Ein einziger Lauf über den Flügel, ein Der Präsident hat einen Mentaltrainer. Seht her, die Tugendhafte seibert! DAS LASTER (fordert Spieler auf) Doppelpass, ein Kopfstoß, und sie fallen Der Manager hat einen Mentaltrainer. Ja?! schon auf der Tribüne übereinander her Selbst der Trainer hat einen Mentaltrainer. DIE TUGEND und schwören sich ewige Liebe. Nur ich nicht. Nur ich nicht! Und dabei singt ihr. Und die Sonne brennt. SPIELER (schreit das Publikum / den Chor an) Und ihr schwitzt dabei. Und der Schweiß Was für ein … 32 33
DAS LASTER Im Durchschnitt alle drei Minuten! denn ich bin ein junger Fußballspieler, 7. PIER PAOLO PASOLINI Sich selbst zu lieben, ist der Beginn einer Aber nicht im Stadion! und es wäre schad’ um mich. ERZÄHLT EINE MERKWÜRDIGE lebenslangen Romanze! Hier haben wir endlich Pause! GESCHICHTE CHOR (Sopran / Alt) SPIELER SPIELER (überfordert) Bist du auch ein junger Fußballspieler, JOURNALIST (Sänger) Oder besser: Sie schwören MIR ewige Liebe. Ja, gut … und es wäre schad’ um dich, Ich bin Pier Paolo Pasolini. Dichter, meine Ehre sollst du mir bezahlen, Filmregisseur und eingefleischter Fußballfan. DAS LASTER Tape: Englischer Fangesang: You’ll never oder ich verklage dich. Wer weiß, warum ich Euch diese Ewige Liebe! walk allone (wie aus der Ferne) merkwürdige Geschichte erzähle. Flieg, SPIELER kleine Geschichte, auf goldenen Flügeln! SPIELER CHOR (Tenor / Bass) Deine Ehre zu bezahlen, Bei einer Auswärtspartie in OSTIA läuft Die Frauen lassen ihre Alten stehen und Lass deine Schlange wenigstens für fällt mir nicht im Traume ein, mir der bildschöne Torhüter RICCETTO hängen sich an mich! 90 Minuten im Käfig! eine Wiege will ich dir noch bauen, über den Weg. Ein junger Milchbart mit aber nicht der Vater sein. lakritzschwarzen Augen. Wir sind wie ALT-INTERNATIONALER DIE TUGEND Glückwünsche füreinander. Jahre später Je größer der Pfau sein Rad schlägt, Flüchte aus der Sinne Schranken CHOR (Tenor / Bass) werde ich getötet. Tatort ist der schmuddelige um so besser sieht man seinen Arsch. in die Freiheit der Gedanken! (in grölendem Ton, vollkommen unpassend, Fußballplatz von Idroscalo OSTIA. Arme ausstreckend) Der Strichjunge, der mich tötet, heißt CHOR (Sopran / Alt) he-o he-o he-o he-o RICCETTO. (im deutschen Schlagerstil) auf geht’s auf geht’s schießt ein Tor Wer weiß, warum ich Euch diese 6. DER DENKT DOCH JETZT SCHON Warum soll ich denn mein junges Leben, auf geht´s auf geht’s schießt ein Tor merkwürdige Geschichte erzähle. Flieg, NUR NOCH AN WEIBER! – das wie eine Rose blüht, Zicke Zacke Zicke Zacke kleine Geschichte, auf goldenen Flügeln! »LASS DEINE SCHLANGE einem jungen Fußballspieler geben, hoi hoi hoi! WENIGSTENS FÜR 90 MINUTEN der so viele andre liebt? DAS LASTER IM KÄFIG!« … und lauf und lauf und lauf … SPIELER CHOR (Tenor / Bass) (schleimig wie ein 70er-Jahre-Schlagerstar) SPIELER (sehr ernst, mönchisch) Mädchen, bist du einmal in der Hoffnung, … ja gut ja gut ja gut … Auch wir denken an Sex! schiebe nicht die Schuld auf mich, 34 35
DIE TUGEND CHOR (Tenor / Bass) (verzweifelt) CHOR (Sopran / Alt) Ich leg jetzt mal auf. … flieg flieg flieg flieg … Du, das geht jetzt nicht! 1 1 2! Ach, Sorgen, Sorgen, Das ist ein verdammt wichtiges Spiel! ach, werdet ihr denn alle Morgen Tape: Eine Flut von Handytönen, CHOR (Tenor / Bass) und alle Tage wieder neu?! alle möglichen Vereinslieder und CHOR (Sopran / Alt) Eins zu Zwei! Was sind 47 Zentimeter und 2800 Gramm Nationalhymnen … Oh, bitte komm! gegen den, den wir gebären müssen?! Meine Fruchtblase ist schon geplatzt! CHOR (Sopran / Alt) Was ist Pressen gegen Pressing?! Aus einem 1 1 2! x-beliebigen Menschen müssen wir einen CHOR (Tenor / Bass) (fatalistisch) Fußballer formen! Aus einem, der Talent hat 8. CHOR DER SCHWANGEREN Uns steht das Wasser selbst bis zum Hals! CHOR (Tenor / Bass) wie einen Klumpen Gold so groß wie sein FRAUEN WIRD ZUR RAISON Wir gehen unter! Eins zu Zwei! Kopf, und es verspielt! Der tauscht das Gold GEBRACHT DURCH CHOR DER (anklagend) Die fehlenden Punkte ziehen uns herab. gegen ein Pferd, tauscht das Pferd gegen LEIDENDEN MÄNNER Du weißt doch, wo das Köfferchen steht! Noch sechzehn Minuten, dann sind wir ohne eine Kuh, tauscht die Kuh gegen eine Gans, Bedeutung, sind nur noch Schaum auf dem tauscht die Gans gegen einen Wetzstein, CHOR (Tenor / Bass) CHOR (Sopran / Alt) (aufbrausend) Wasser. der ihm dann auch noch in den Brunnen fällt! Nicht jetzt, Schatz! Wie soll das zugehen, da ich doch kein Auto Der mehr auf dem Boden kriecht, als dass er fahre?! CHOR (Sopran / Alt) steht! Und diesem lehmverschmierten Etwas Alle CHORFRAUEN stehen plötzlich vor Es ist soweit! Es kommt! Es kommt! müssen wir eine Seele einhauchen! der Niederkunft. Sie singen atemlos auf ihre CHOR (Tenor / Bass) (verzweifelt) Wie soll das gehen?! Männer ein. Ruf Eins Eins Zwo! CHOR (Tenor / Bass) Hier steht es Eins zu Zwei! Halt das Kind zurück! Noch 16 Minuten! CHOR (Sopran / Alt) Plus Nachspielzeit! Ich glaub, es ist so weit. Komm schnell! CHOR (Sopran / Alt) Ich glaub, es kommt! (Stöhnen: Geburtswehen) CHOR (Sopran / Alt) Es ist ein Junge! JOURNALIST (Sänger) CHOR (Tenor / Bass) Und als die Männer daselbst in den Stadien (Stöhnen: leidend) CHOR (Tenor / Bass) waren, kam die Zeit, dass ihre Frauen Gib, Schöne, gebären sollten. viel Söhne! 36 37
9. ARIA (TRAPPATONIS VERKLÄRUNG) 10. DER DER SCHEISSKERLGOTTES- Cruyff hat gesagt … aber es fällt mir nicht ALT-INTERNATIONALER SOHNBESSERALSALLE ERZIELT ein! Und Beenhakker! Heute Morgen hab Weißt du, wie lange die bei ihrem miesen DIE TUGEND DEN AUSGLEICH 2 : 2 ich’s noch gewusst! Zeilenhonorar munkeln müssen, (wie eine Erscheinung, plötzlich »in Zungen« eh das Eigenheim abgezahlt ist?! redend, mit starkem italienischem Akzent) Noch nimmt unser SPIELER, der junge, ALT-INTERNATIONALER Struuuunz. der kleine, alles ernst, was er hört. (Wird immer mehr zum klassischen Mentor. DAS LASTER Aug’ erlischt wenn spielen Strunz. Aber »Trappatonis« Tirade hat er nicht Er will dem »Kleinen« auf die Beine helfen.) (meint den ALT-INTERNATIONALEN) Was gespielt er, ist spitzes Schwert auf verstanden, was ihn ängstlich macht. Und der sagt und der quakt und der klatscht Du bist doch auch einer von diesen Greisen, die Stirne. Saugt Lebensblut von meinem. und der tratscht … und der Vogel läuft im die nichts mehr bei sich behalten können! Was erlauben!? Einzig Elber zollt Ehre SPIELER (ängstlich / gehetzt) Käfig. Und der Vogel fällt im Käfig, armem Giovanni. Giovane und Giovanni. Was war das?! »Was erlauben …«, statt über die Erde zu segeln. ALT-INTERNATIONALER Elber geradaus schreiten, nicht seitab. hat er gesagt. »Muss respektieren …«, (an den SPIELER) Aber gut. Ist gut, ich lebe schon Hölle auf hat er gesagt. Aber alles andere? Was will er?! DIE TUGEND Ich sag dir nur eins: Kümmer dich nicht Erde. Später ich sicher in Himmel. Gott Er ist der Trainer! Ich muss das wissen! Auf der Meister Worte sollst du schwören! und baller ihn rein! macht Ratschluss: Du genug gequält mit Verachtet mir die Meister nicht! Strunz – ich die Engel besorgen – DIE TUGEND (spitz, belehrend) DIE TUGEND muss respektieren Engel und singen. Wer nicht geschunden wird, wird nicht DAS LASTER (innig, den SPIELER anfeuernd) Dann ich frohe Seele immer sanft blau in erzogen! Das meint er! Die spielen bis Dreißig und leben bis Achtzig. Damit die Flugbahn des Balls diese Barmherzigkeit. Nie mehr denken Strunz. Also haben sie wenigstens fünfzig Jahre Zeit, herrliche Ellipse ergibt, musst du doch nur Ball kommt auf Strunz, ich immer geweintes DAS LASTER (hereinplatzend) was abzusondern. deren Mittelpunkt bedenken und deren Tränlein in Auge. Quatsch! Er ist einer dieser sprachbegabten Brennpunkte. Bedenke Hauptscheitel und Strunz wirft Schatten über meiner nie länger. Touristen, die die einheimischen Kellner ALT-INTERNATIONALER Nebenscheitel, Hauptachse und Nebenachse, Gott nie vergessen, was Gott. Gott ist Trainer in den Wahnsinn treiben müssen. Und dann erst die Journaille! bedenke kurz die großen Halbachsen und die von Engel und Menschen. Gott ist Profi und Wahrscheinlich will er bloß kleinen Halbachsen! Dann noch die lineare Giovanni ist Profi. Was erlauben?! »Einmal S3 ohne Zwiebeln«. REPORTER Exzentrizität und schon geht’s los! Wir meinen Gegenstand ich höher bau und Man munkelt über Lizenzentzug. Knabe, was säumst du? Herbei! nicht Heimweh für Erde. SPIELER (immer noch ängstlich / gehetzt) Man munkelt über das Unverständnis Ich habe fertig. Er hat was über Elber gesagt! der Gläubiger. Was erlauben?! Was erlauben?! Und Elber hat mal was über Zidane gesagt! 38 39
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