Unisono 02/2020 - The Show must go on! Wir müssen mit Corona leben Gesang wird es immer geben
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02/2020 unisono Zeitschrift des Sächsischen Chorverbandes e.V. The Show must go on! Wir müssen mit Corona leben Gesang wird es immer geben Uns fehl(t)en die Stimmen der anderen Schnupperprobe trotz Corona Prämierte Chor-Ideen
EVENTS 2021 Chorwettbewerbe- und Festivals ANMELDETERMINE Frühbucher Regulär 03 15. INTERNATIONALER CHORWETTBEWERB UND FESTIVAL BAD ISCHL 2020 AUG 2020 OKT 4. – 8. März 2021 | Bad Ischl, Österreich 17 26 03 ON STAGE IN ISRAEL 2020 OKT 10. – 14. März 2021 | Tel Aviv, Israel 19 03 2020 ON STAGE IN VERONA NOV 25. – 28. März 2021 | Verona, Italien 2 04 VOICES & WINE ALBA 2020 NOV 7. – 11. April 2021 | Alba, Italien (Piemont) 11 04 VOX LUCENSIS – CONCORSO CORALE INTERNAZIONALE 2020 SEP 2020 NOV 7. – 11. April 2021 | Lucca, Italien 21 23 04 2020 2020 7. VIETNAM INTERNATIONALER CHORWETTBEWERB SEP NOV 8. – 12. April 2021 | Hoi An, Vietnam 14 16 RIGA SINGS – INTERNATIONALER CHORWETTBEWERB & 05 2020 2020 SEP DEZ IMANTS KOKARS CHORPREIS 28 7 1. – 5. Mai 2021 | Riga, Lettland 05 2021 ON STAGE IN FLORENZ JAN 20. – 23. Mai 2021 | Florenz, Italien 11 05 SOUND WAVES LINZ 2020 OKT 2020 DEZ 20. – 24. Mai 2021 | Linz, Österreich 19 14 06 ON STAGE IN ALBANIEN 2021 JAN 9. – 13. Juni 2021 | Tirana, Albanien 18 11. WORLD CHOIR GAMES 07 2020 SEP 2. – 12. Juli 2021 | Flandern, Belgien 15 07 2021 6. INTERNATIONALES CHORLEITERSEMINAR WERNIGERODE FEB 17. – 20. Juli 2021 | Wernigerode, Deutschland 28 07 12. INTERNATIONALES JOHANNES-BRAHMS-CHORFESTIVAL & WETTBEWERB 2020 DEZ 2021 FEB 21. – 25. Juli 2021 | Wernigerode, Deutschland 7 22 09 ON STAGE IN LISSABON 2021 APR 10. – 13. September 2021 | Lissabon, Portugal 19 09 2021 4. VOICES FOR PEACE MÄR 2021 MAI 26. – 30. September 2021 | Perugia/Assisi, Italien 15 17 10 4. INTERNATIONALER KALAMATA CHORWETTBEWERB & FESTIVAL 2021 2021 MÄR MAI 7. – 11. Oktober 2021 | Kalamata, Griechenland 8 31 10 10. CANTA AL MAR – FESTIVAL CORAL INTERNACIONAL 2021 MÄR 2021 MAI 21. – 25. Oktober 2021 | Calella/Barcelona, Spanien 15 17 11 ON STAGE IN PRAG 2021 JUN 4. – 7. November 2021 | Prag, Tschechien 14 11 2021 VOICES & WINE MÁLAGA JUN 17. – 21. November 2021 | Málaga, Spanien (Andalusien) 21 JETZT INFORMIEREN: +49 (0)6404 69749-25 INTERKULTUR.COM © Studi43, © Adobe Stock
EDITORIAL LIEBE INHALT THEMA CHOR-JUBILÄUM CHORVORSTÄNDE, The Show must go on! SEITE 4 – 9 Humor ist bei mir immer dabei SEITE 22 – 23 LESERINNEN UND LESER, Wir müssen mit Corona leben SEITE 10 – 11 Stadtchor feierte mit Auftaktkon- zert sein 30-jähriges Gesang wird es immer geben SEITE 11 SEITE 23 in den letzten Jahren verabschiede- Uns fehl(t)en Nicht der Dirigent gab den Namen te ich Sie im Editorial der zweiten die Stimmen der anderen SEITE 24 Ausgabe der »unisono« üblicherwei- SEITE 12 – 13 Der Gemischte Chor Pulsnitz se in die Sommerpause. In diesem Landesjugendchor ging online Jahr aber ist alles anders. Der Chor- im Corona-Modus SEITE 25 gesang pausiert bereits seit März, SEITE 14 NACHRUF wurde in die Zwangspause geschickt Ein besonderer Spagat Georgius-Agricola-Chor von einem Virus. Seitdem bestimmt SEITE 15 trauert um seinen Gründer dieser unseren Rhythmus, lässt uns Workshop für Dirigenten SEITE 25 SEITE 15 Maske tragen, auf Abstand gehen, Schnupperprobe trotz Corona CHOR-WORKSHOPS sogar und auf Grund von Empfeh- SEITE 16 – 17 Dr. Uwe Winkler, Online-Probe in der Praxis lungen insbesondere beim Chorsin- Chefredakteur Auseinandersetzung SEITE 26 gen. Es sind nicht nur ungewöhnli- Mail: unisono@s-cv.de mit dem Virus che Bilder, die dieser SARS-CoV-2 SEITE 18 CHOR-WERKSTATT Tragt es Euch ein in Eure Noten produziert. Dieses Coronavirus hat SEITE 28 – 30 CHOR-PRÄMIE das Chorsingen offenbar sogar zum »gefährlichsten Hobby der Serenade auf dem Sonnenberg Welt« gemacht. Dennoch lassen unsere Chöre nicht die Köpfe SEITE 19 hängen, sich schon gar nicht das (Chor)Singen versagen. In dieser Eine Bühne für die Landchöre Ausgabe haben wir Ihre Reaktionen auf das Virus, den Einfalls- SEITE 20 reichtum, mit dem Chorsänger*innen zum Gesang finden, und die So wie die Werminghöffer sangen Ideen in den Mittelpunkt gestellt, mit denen Chöre das Gemein- SEITE 21 schaftsgefühl ihrer Vereine lebendig halten. Es heißt, dass Krisen immer auch Chancen beinhalten, dass wir auf diese mit Neuem re- agieren, uns neu erfinden. Mag sein. Zumindest helfen diese Sprü- che, positiv zu denken und das Beste aus der Situation zu machen. Diese stellt die Vorstände der Chorvereine jedoch vor eine große Verantwortung. Sie müssen Entscheidungen für und mit ihre(n) IMPRESSUM Mitglieder(n) treffen, die deren Gesundheit und das Vereinsleben in bislang nicht dagewesener Verzahnung gleichermaßen berüh- Herausgeber: Für unverlangt eingesandte ren. Keiner kann sie davon lossprechen. Das Präsidium des Säch- Sächsischer Chorverband e.V. Manuskripte, Fotos, Materialien Geschäftsstelle: übernimmt die Redaktion keine sischen Chorverbandes hat zumindest Handlungsrahmen und Bahnhofstraße 1 Haftung. Die Redaktion behält sich die -möglichkeiten aufgezeigt, das Vereins- und Chorleben unter Ein- 09669 Frankenberg/Sachsen sinnwahrende Kürzung von Beiträgen haltung gesetzlicher Coronaschutzvorschriften weiterzuführen. Tel: (037206) 480965 vor. Nachdruck oder fotomechanische Fax: (037206) 480967 Wiedergabe, auch auszugsweise, nur In den Geschäftsstellen in Frankenberg und in den Regionen fin- Mail: geschaeftsstelle@s-cv.de mit Zustimmung der Redaktion. den Sie zudem ratgebende Ansprechpartner, wenn Sie Probleme Internet: www.s-cv.de Mit Namen des Verfassers veröffent- und Fragen haben. Augenmaß ist erforderlich. Die bevorstehende Redaktionskollegium: lichte Artikel stellen nicht unbedingt Chefredaktion: die Meinung des Präsidiums oder Sommerpause wird daher für viele Chorvorstände mit Überlegun- Dr. Uwe Winkler (V. i. S. d. P.) der Redaktion dar. gen gefüllt sein, wie man nach dieser mit dem Chorgesang und unisono@s-cv.de Redaktionsschluss für die Vereinsleben weitermachen wird. Die Nachrichten über Corona Redakteure der Teilverbände: Ausgabe 03/2020: 15. August 2020 Christine Damm (LCV) werden dabei im Fokus bleiben, Allgemeinverfügungen die Rah- presse.lcv@gmail.com »unisono« kann zum Preis von 10 Euro men abstecken. Natürlich wünschen wir Ihnen, liebe Chorsän- Gudrun Frohmader (MBC) für 4 Ausgaben abonniert werden. redaktion@musikbund-chemnitz.de Wenden Sie sich bitte schriftlich ger*innen und Chorvorstände, auch in diesem Jahr einen schönen an die Geschäftsstelle des SCV (Bahn- Angelika Hauffe (OSCV) Sommer, aber außerdem viel Kraft in dieser Zeit, einen kühlen redaktion@oscvev.de hofstr.1, 09669 Frankenberg/Sa.). Kopf – und vor allem: Bleiben Sie gesund! Margit Günther(WSCV) Das Abonnement ist bis ws-chorverband@web.de spätestens 6 Wochen vor dem jeweiligen Redaktionsschluss Satz und Layout: schriftlich kündbar. Ihr Doc Winkler MediaServices FOTONACHWEIS: Baderberg 2 • 01662 Meißen Titelseite: Singen mit Maske und Ge- Tel.: (03 521) 459 11 66 sichtsschutz. Petra Richter und Dana Fax.: (03212) 8924263 Förster waren beim »Wir-halten-zu- Druck: Druckerei Dämmig, Chemnitz sammen-Singen« in Großenhain mit dabei. Foto: Doc Winkler Editorial: Foto: Selina Grunicke 3
C(H)ORONA-SPEZIAL THE SHOW MUST GO ON! Sachsens Chöre lassen sich von einem Virus nicht so einfach stumm schalten von Uwe Winkler Nach gut zwölf Wochen Chorproben-Stille erreichte die hört unter diesen Bedingungen zu den gefährlichsten Hobbys Chorsänger Sachsens Anfang Juni die gute Nachricht: der Welt. So jedenfalls singen es »The Happydisharmonists« Chorproben in Sachsen sind mit den schrittweisen Lo- in ihrem Chorvideo, das Ende Mai viral ging. In einem wei- ckerungen der Kontaktbeschränkungen im Zuge der ten Kreis aufgestellt, mit einem rot-weißen Absperrband Ab- Corona-Pandemie möglich. In Vorbereitung auf diese stand haltend, begründeten sie, warum das gemeinsame Sin- Ausgabe der »unisono« hatte der Autor im Sächsischen gen risikobehafteter ist als alle Extremsportarten dieser Welt Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen zusammen. Auf den Punkt brachten sie so, was Wissenschaft- Zusammenhalt nachgefragt. ler in diversen Tests mit Chorsänger*innen unter Labor- wie Praxisbedingungen simulierten, was Medien über Coronain- Doch die gute Nachricht kam mit einem großen Aber da- fektionen nach Auftritten von Chören bundesweit berich- her: „Das Singen im Chor ist ein sensibler Bereich. Es gilt teten und Hygiene- wie Umweltmediziner, Mediziner auf daher in Sachsen, sich zwingend an die Hygienevorschriften den Gebieten der Audiologie und Phoniatrie konstatierten: zu halten“, teilte das Sozialministerium auf besagte Anfrage Chorsingen führt zu einem erhöhten Infektionsrisiko. Zuvor mit. „Chöre müssen ein Hygienekonzept erstellen und auf war klar geworden, dass neben Tröpfchen vor allem Aerosole Verlangen vorlegen. Es muss jedoch nicht vom zuständigen den SARS-CoV-2-Erreger transportieren. Chorsänger*innen Gesundheitsamt vor (Wieder-)Aufnahme des Probenbetriebs könnten damit schnell zu sogenannten Superspreadern avan- genehmigt werden.“ Was alles in dem Hygienekonzept beach- cieren, Mitsänger*innen und Publikum gefährdeten. tet werden sollte, dazu verwies das Sozialministerium auf die Abstand halten. – Seit Wochen wahren Chorsänger*in- Hygienehinweise der Unfallversicherung für den Probenbe- nen diesen. Mitte März endeten mit den ersten Kontaktbe- trieb Bühne und Studios in den jeweiligen aktuellen Fassun- schränkungen für Chöre nicht nur die wöchentlichen Proben. gen. Eine gesonderte Allgemeinverfügung, wie beispielsweise Es platzten zugleich die Pläne von erfüllenden Konzerten, für Sportvereine in Sachsen, soll es für Chöre nicht geben. von beglückenden Chorreisen, launigen und arbeitsreichen Damit liegt die Verantwortung für Chorproben seit Anfang Probenwochenenden, von neu zu erlernenden Liedern und Juni bei den Chören und Chorvorständen. Für diese stellte Vorbereitungen auf Wettbewerbe und Sänger*innen-Treffen. das Präsidium des Sächsischen Chorverbandes Mustervorla- Nach dem ersten Schock über die Absage des vor der Tür ste- gen zur Verfügung, nach denen eigene Hygienekonzepte er- henden Deutschen Chorfestes in Leipzig wurde schon bald stellt und dokumentiert werden können. Auch der Deutsche das ganze Ausmaß der durch Corona bedingten Einschrän- Chorverband reagierte mit einem ausführlichen Positionspa- kungen sichtbar: Das Chorsingen, immer wieder als sinnstif- pier. Deutlich wird: Nach Monaten der durch Corona stillge- tend, Spaß und Freude bereitend, Generationen verbindend, legten Chorproben werden Chorsänger*innen und Chorvor- gegen Vereinsamung wirkend und gesundheitsfördernd be- stände kreativ ihr Chorleben auf neue Füße stellen müssen. schrieben, verstummte. Denn auch für das Chorsingen gilt wie für unser individuelles Zum Glück nicht gänzlich. In der letzten »unisono«-Ausga- wie gesellschaftliches Leben: Es wird keine Zeit nach Corona, be, die fast gleichzeitig mit dem gesellschaftlichen Lockdown sondern nur eine mit dem Virus geben. erschien, berichteten wir von ersten Aktivitäten von Chören Alles bleibt also anders. Das Chorsingen wird sich, glaubt und Chorleiter*innen, den Chorgesang virtuell weiter erklin- man allen Prognosen, verändern. Denn: Singen im Chor ge- gen zu lassen. Anleitungen zur Nutzung von digitaler Kon- ferenztechnik für virtuelle Proben kursierten schnell in den sozialen Medien. Der Leipziger Chorverband erstellte eine Ralph Otto vom Eltern/Lehrer/Ehemaligen-Chor Großenhain gehörte Liste mit Liedgut und Hörproben auf seiner Homepage und zu den Sänger*innen, die sich im Mai vier Mal zum »Wir-halten-zusam- fordert unter dem Motto »Wir singen weiter!« zum Mitsin- men-Singen« mit sangesfreudigen Großenhainern auf dem städtischen Marktplatz trafen. Maren Göpel, Vorsitzende der Singgemeinschaft gen auf. Der Denkmalchor Leipzig sang unter der Leitung von Großenhain, brachte die Idee aus Dresden in die Stadt, fand im Posau- Philipp Goldmann den ABBA-Klassiker »Thank You For The nenchor und in Chorleiter Steffen Jänke Mitorganisatoren. Die Stadt Music« von zu Hause aus in die Welt, der Stadtchor Freiberg genehmigte die singende »Kundgebung«. Über 120 Sangesfreudige tra- sendete chorische Grüße unter dem Motto »Wir bleiben Zu- fen sich zuletzt auf dem Platz vor dem Dianabrunnen. Mit dabei waren hause« aus. Das Dresdner Ensemble AuditivVokal setzte sich die Singgemeinschaft, der Männerchor Großenhain-Reinersdorf, der musikalisch mit der Corona-Krise auseinander und erstellte Kirchenchor Wantewitz, der Kirchenchor St. Katharina Großenhain, der Jugendchor Großenhain, das Netzwerk Kinderchöre Großenhainer mit »So geht sächsisch.« ein Video, das unter dem Titel »Ruf Land und der Eltern/Lehrer/Ehemaligen-Chor. in die Stille – zu unsern Zeiten« die durch die Pandemie be- Foto: Doc Winkler dingte kollektive Erfahrung der öffentlichen Stille aufgriff. 5
C(H)ORONA-SPEZIAL So wie Vokalwerk Dres- den gingen viele Chöre des Sächsischen Chor- verbandes ins weltweite Netz, um gemeinsam zu singen. Die Dresdner wagten sich an Rolling in the Deep. Screenshot: Doc Winkler Viele der virtuellen Einspielungen der SCV-Chöre teilte die Damit wurden Chöre von Corona nicht nur sängerisch »unisono«-Redaktion in den sozialen Medien. Doch nicht alle (fast) stumm geschaltet. Auch die Vereinsarbeit musste von Chöre des Sächsischen Chorverbandes konnten mit den er- heute auf morgen auf unbestimmte Zeit pausieren. Auf die lassenen Kontaktbeschränkungen von der analogen in die di- Gefahr hin, dass in dieser Situation Vereine auseinanderfal- gitale Chor-Welt wechseln. Der Männerchor Radebeul Lieder- len könnten, machte Christian Wulff, Präsident des Deut- kranz 1844 sagte zum Beispiel seine Chorproben schon kurz schen Chorverbandes, Ende März aufmerksam. Gerade jetzt nach Erlass der Kontaktbeschränkungen und Deklaration seien die Sänger*innen gefordert, ihren Chören und Chorlei- von Risikogruppen ab. „Unser neuer Chorleiter reagierte mit tern die Treue zu halten, mahnte er. Blick auf unser Durchschnittsalter von 74 Jahren sehr schnell Um den Zusammenhalt im Chor nicht auseinanderdrif- und verantwortungsvoll“, blickt Vereinsvorsitzender Jürgen ten zu lassen, verschickt Renate Schmidt, Vorsitzende des Tobianke dankbar zurück. Zumindest telefonisch seien die Gesangvereins »Germania« Gerichshain seit Wochen jeden Chormitglieder in Kontakt geblieben. Aber der Corona-Ein- Dienstagabend, wenn eigentlich die Chorprobe beginnen schnitt in das Vereinsleben sei schon sehr tief, gesteht er. Wie würde, per Mail Grüße und zum Teil von ihr selbst gedichtete den Radebeulern ging es vielen Chören. Der Blick auf den Al- Verse. Sie sollen die Sänger*innen aufmuntern. „Diejenigen, tersdurchschnitt der SCV-Chöre lässt den Grund erkennen: die ich per Mail nicht erreichen kann, erhalten den gleichen Viele Sänger*innen der Mitgliedschöre des SCV haben die 60 Text per WhatsApp oder ich kontaktiere diese tags darauf mehr als überschritten. Damit gehören sie zu jenem Perso- telefonisch“, berichtet Renate Schmidt. Oft werde ihr mit nenkreis, den das Robert-Koch-Institut – medial griffig – als Wehmut geantwortet. Zwischenzeitlich hätten sich Vorstand, »Risikogruppe« zusammenfasst. Chorleiter und Chormitglieder auch digital »getroffen«. „Chor ist mehr als Singen“, so der Chorleiter des Schwanen- schloß-Chores Zwickau, Steffen Klaumünzner. Auch für die über hundert Kinder, Jugendlichen und Frauen des Ensemb- les gab es weder Konzerte noch Einsätze. Das Vokalensemble Wir haben eine WhatsApp Gruppe und chatten sagte das für Herbst geplante Projekt »Magnificat« mit Mag- dort mit fröhlichen Mitteilungen.Der Vorstand nifikatvertonungen von Palestrina, Michael Haydn, Jan Ha- schreibt in unregelmäßigen Abständen E-Mails nuš und Kim André Arnesen ab. Selbst eine Wiederaufnahme an alle Mitglieder mit wichtigen und unterhaltsa- der Probentätigkeit vor der Sommerpause hätte für eine so men sowie Mut machenden Inhalten. Wir begeg- »große Kiste« nicht gereicht, um die gewohnte Qualität in den nen uns beim Einkaufen, Spazieren gehen,telefo- Konzertsaal zu bringen. Der Kinder- und Jugendchor tausch- nieren mit unserem Chorleiter. Kein Geburtstag te mp3-Dateien früherer Konzertmitschnitte, Einzelstim- wird vergessen. men, Gesamtchorsätze und Liedbegleitungen aus. Wichtiger Bärbel Fraunholz, Harthchor Zwenkau seien regelmäßige Kontakte zwischen den Chorsängern und deren Familien, so der Leiter des Ensembles. „Das Singen ver- lernt man nicht so schnell. Die wöchentlichen Begegnungen, das Miteinander sein, Lachen und Schwatzen, wiederkehren- 6
C(H)ORONA-SPEZIAL schwierigkeiten sangen wir uns ein und stimmten unsere Wir haben anfangs versucht, die nicht möglichen Chorhymne »Heut ist ein wunderschöner Tag« an. Wir wie- »realen« Proben mit Zoom-Meetings zu überbrü- derholten das im Frühjahr neu ins Repertoire aufgenommene cken. Hier waren in Registerproben allerdings nur Lied »I still haven‘t found what I´m looking for«, festigten es. das Lernen von Tönen und die Arbeit am Text Einen neuen Kanon, den einige von uns beim »Einsingen um (für uns sehr wichtig, da unser Programm dieses 9 – live« kennengelernt hatten, lernten wir via einer YouTu- Jahr rein französisch ist) möglich. Für unsere be-Aufzeichnung mit Daniel Pèrez.“ Bis voraussichtlich zur Chorleiterin hieß das, zwei Stunden Probenarbeit Sommerpause werden die Peniger online proben, sich aus- gegen einen stummen Bildschirm einzutauschen. tauschen, „Altbewährtes auffrischen, Neues einstudieren, um Ein gemeinschaftliches Gesangsgefühl konnte sängerisch nicht ganz einzurosten.“ Ein positiver Nebeneffekt hier leider nicht aufkommen. (…) Gedanken der Online-Proben: Auch die im thüringischen Nordhausen machen wir uns um das gemeinsame Miteinan- Dirigentin des Chores und eine Sängerin im Babyjahr kön- der. Da neben den Proben und der wöchentlichen nen an den Proben teilnehmen. Ihr anstehendes Jubiläum Kneipenrunde auch unser Probenwochenende werden die Peniger aber erst feiern, wenn sie wieder mit dem ausgefallen ist, wollten wir den Chormitgliedern Publikum zusammenkommen können. gerne zumindest ein Angebot machen. Deshalb Die drei von Chorleiter Marcus Herlt betreuten Chöre gibt es jede Woche Mittwoch die Möglichkeit, mussten zahlreiche Gesangsvorhaben in den letzten Wochen sich in einem Zoom-Meeting zu begegnen, um abschreiben. Die Chorgemeinschaft Scharnhorst Großleh- gemeinsam – wenn auch jeder bei sich Zuhau- na freute sich gerade noch auf ihr Chor-Wochenende in der se – ein Bier zu trinken und sich auszutauschen. Dübener Heide und auf die Proben in der Kirche Schkeitbar, Außerdem versuchen wir, als Ersatz für den Pro- mit denen sich der Chor auf Konzerte zum »Tag des Liedes«, benausfall, kostenlose Stimmbildung anzubieten. in der Region und in den Kirchen Großlehna und Altranstädt Das funktioniert in einer Zweierkonstellation bei einsingen wollte, als die Corona-Nachrichten eintrafen. Mitte Zoom ganz gut und kann genutzt werden, um Juni wollte die Chorgemeinschaft mit dem Leipziger Polizei- seine Stimme weiterhin zu nutzen und nicht ganz chor und dem Kammerchor Leipziger Volksingakademie in aus der Übung zu kommen. der Versöhnungskirche in Leipzig konzertieren und sich als »Herlt-Chöre« kennenlernen. Auch daraus wurde nichts. Mar- Susanne Siemund cus Herlt animierte »seine« drei Chöre und »zoomte« diese zu chorbeau - dt.-frz. Chor Leipzig e.V. den Proben in unterschiedlichen Besetzungen zusammen. Hin und wieder, so beschreiben es die Großlehnaer, schauten bei diesen Proben Familienmitglieder wortwörtlich »rein«, de Kuriositäten und Chorleitermacken in den Chorproben, die Erlebnisse in den unzähligen Chorlagern prägen den Chor mindestens genauso stark wie tolle Konzerterlebnisse. Noch Die pandemiebedingte Zwangspause ist eine scheint die »Seele des Chores« nicht in Gefahr.“ Im Moment große Herausforderung. Wir haben neben den bangt der Chor noch um sein traditionelles Sommerlager in postalischen zu jedem anstehenden Geburtstag Tschechien im August. Auch das Herbstchorlager in den Hö- Online-Glückwünsche eingeführt. Verteilt wer- hen des Aschbergs in Klingenthal steht als Probenlager noch den diese an den ganzen Chor, in der Hoffnung, in den Sternen. Ein Wiederbeginn der Probentätigkeit ist am dass der eine oder andere sich bei dem Jubilar Konservatorium vorerst nicht vorgesehen. Darum wird es die meldet. Sobald es möglich ist, werden wir eine regelmäßige Sonntagspost an alle Chorfamilien sicher noch Art Registerproben organisieren, so dass sich ein ganze Weile geben. zumindest einzelne Sänger begegnen. Außerdem Per Live-Stream probte der Gemischte Chor Penig. Seit wollen wir eine Singestunde mit allen im Freien Ende März gibt es jeden Morgen ein »Einsingen um 9« mit organisieren, mit entsprechendem Abstand und Chorleiter*innen und Sänger*innen aus der Schweiz auf You- selbstverständlich unter künstlerischer Leitung, Tube. Mit dem Capella Reader festigen die Sänger*innen via vielleicht auch mit Anhang und keineswegs bier- Homepage Lieder und erlernen stimmenweise neue Stücke. ernst, dafür vielleicht ausnahmsweise sogar mal Einige Chormitglieder beteiligten sich am Online-Projekt mit einem Bier. Als Vorstand wollen wir unser Zu- der Deutschen Chorjugend und des Sächsischen Chorver- sammengehörigkeitsgefühl bewahren, auch wenn bandes »#zusammenSINGENwirSTÄRKER«. Das gesungene, wir befürchten, dass wir, je länger wir pausieren von Oliver Gies von Maybebop komponierte Lied, soll sogar müssen – was bei einem Chor, der nahezu voll- ins Repertoire aufgenommen werden. Nachdem Chorleiter ständig zur Risikogruppe gehört, vernünftig ist –, Ralph Wollny Webinare belegt und sich »technisch aufge- Mitglieder verlieren. rüstet« hat, gehören seit Ende Mai Tablet, Smartphone und Nikos Natsidis PC zu den »Instrumenten« im Chor. „Eine große Freude war Vorsitzender des Männerchors Leipzig-Nord e. V. es zunächst, alle Teilnehmenden wieder einmal wenigstens auf dem Bildschirm zu sehen, denn seit März haben wir uns nicht mehr getroffen“, sagt Petra Rosin, 2. Vorsitzende des gemischten Chores. „Nach anfänglichen Übertragungs- 7
C(H)ORONA-SPEZIAL winkten in die Kamera und sangen das eine oder andere Lied läufe der einzelnen Stimmgruppen von verschiedenen Titeln mit. Eine Videoproduktion realisierte Chorleiter Herlt mit ein. Auch ein gemeinsames Einsingen wurde so allen zur Ver- dem Kammerchor Leipziger Volkssingakademie und spielte fügung gestellt. Jedes Chormitglied kann zu Hause die ent- mit diesem »Ich liebe dich« (Orlando di Lasso) ein. Der Poli- sprechenden Melodien üben. Sogar neue Titel nahmen wir so zeichor widmete sich einem James-Bond-Medley, wiederhol- schon wieder in Angriff. Die Noten dazu brachte der Briefträ- te bekannte Literatur wie »Skyfall« und »Baba Yetu« (Chris- ger.“ Die beiden Sängerinnen übrigens, die bislang noch kein topher Tin). Letzterer Titel stand auch in Großlehna auf dem Smartphone besaßen, änderten das. „So ist nun der Zusam- Probenzettel, dazu »Water Night« (Eric Whitacre) und der menhalt unter allen Choryfeen gesichert.“ »Gabriella«-Song. Statt zum Konzert in der Versöhnungs- Aber nicht nur an sich, sondern ebenso an ihr Publikum kirche trafen sich die drei Chöre Mitte Juni zu einer großen dachten die Choryfeen. „Wenn die Leute nicht zu Veranstal- virtuellen Chorprobe im Netz. Das wirkliche Kennenlernkon- tungen des Chores kommen können, so muss halt der Chor zert der drei »Herlt-Chöre« wird es 2021 geben. zu ihnen kommen“, beschreibt Kerstin Uhlig die Idee der Ulrike Kipp vom Kammerchor Schneeberg schaute auf Augustusburger Sängerinnen. In Minibesetzung und mit Spaziergängen und Wanderungen bei Chorsänger*innen vor- gebührendem Abstand zueinander zogen sie wiederholt zur bei, tauschte über den Gartenzaun das Neueste aus und trug üblichen Probenzeit durch ihre Stadt und deren Ortsteile. Die mitgegebene Grüße weiter. Hin und wieder wurde spontan Einwohner nahmen dies überrascht und mit großer Freude gesungen, zumeist Lieder mit Heimatverbundenheit. Mit ei- an. „Auch den Bewohnern und dem Personal der beiden Seni- ner Chorfreundin traf sie sich jeden Sonntag zum Singen auf orenheime überbrachten wir mit viel Freude aufgenommene ihrer Terrasse. Für den Vogtlandchor und Silberbachchor Bad Choryfeengrüße. Das »Honorar« für unsere Einsätze reicht Schlema erdachten Chorleiter Reinhardt Naumann und Sän- von Schokolade über Blumen, Hühnereier bis zu Spenden für ger Friedrich Rosenbauer einen virtuellen Chor. Chorbearbei- die Vereinskasse.“ tungen von »The Rose« und »Conquest of Paradise« wurden Mit Volksliedern und Chorsätzen, die sie zum 35jährigen eingespielt und auf YouTube gestreamt, ein dritter Titel wird Chorjubiläum 1999 aufgenommen hatten und die in diesem noch einstudiert, berichten die Chormitglieder Karl-Heinz Jahre wegen der Kontaktbeschränkungen das sonst anste- Philippp und Annedore Wohlfahrt. hende Frühlingskonzert ersetzten, überraschten die Sän- „Es ist schon blöd, wenn neben dem Hobby auch noch die ger*innen vom Gemischten Chor Penig die Bewohner im Al- Kontakte zu den damit verbundenen Menschen wegzubre- tenpflegeheim »Haus Hoffnung« Anfang Mai und luden diese chen drohen.“ Kerstin Uhlig, Vereinsvorsitzende der Augus- zum Mitsummen und Mitsingen ein. tusburger Choryfeen, erzählt, dass der Chor versucht habe, Der Frauenchor Kirchberg tröstete seinerseits Seniorinnen gerade dies zu verhindern. Seit im März abzusehen war, dass und Senioren des Pflegeheimes »Am Borberg« in Kirchberg, sie für längere Zeit keine gemeinsamen Proben durchführen die über Wochen ohne Besuch sein mussten, mit einem klei- können, suchten die Frauen nach Wegen, um weiter zu singen nen Konzert. In »kleiner Chor-Delegation«, mit der die Ab- und in Kontakt zu bleiben. „Obwohl wir ein Frauenchor mit standsregeln eingehalten werden konnten, traten die Frauen einem relativ hohen Durchschnittsalter sind, sind wir schon Anfang Mai im Park des Pflegeheimes auf, erfreuten die in länger mit fast allen Sängerinnen in einer WhatsApp-Gruppe Decken gehüllten Bewohner und das Personal mit Frühlings-, verbunden. Seit Ende März nutzen wir dieses Medium, um Volks- und Wanderliedern. Nach ihrem Konzert gingen die allen Sängerinnen alles Notwendige zukommen zu lassen. Kirchberger Frauen, im »Gänsemarsch« nach Hause – gebüh- Unsere Chorleiterin und die Stimmbildnerin sangen die Ver- rend Abstand haltend, versteht sich. Der Kammerchor Madrigio probt mit allen Mitgliedern, die das technisch können, online. Als Chor- leiterin teile ich meinen Computerton (Aufnahmen von spotify, CDs, alte Aufnahmen von uns) mit den Sänger*innen, damit diese zu einer Aufnahme singen können, die anderen sehen und sich so als Teil eines Chores erleben. Diese Aufnahmen und einen wöchentlichen Plan, welche Lieder »dran« sind, stellen wir aber auch allen anderen Mitgliedern zur Verfügung. Es gibt eine spotify-Playlist, einen Aufnahmen-Dropbox-Ordner mit mp3s und die Möglichkeit, auf Nachfrage Übe-CDs zu erhalten. Wir erarbeiten so online oder jede*r für sich auch neue Lieder für die Nach-Corona-Zeit. Hierzu stelle ich Einzelstimmen als Übematerial zur Verfügung (ebenfalls mp3 oder CD). Wir haben während einer Zoom-Probe ein Video aufgenommen, das uns zeigt, wie wir zu einer Aufnahme von uns aus einem Konzert 2019 dazusingen. So haben wir sehr einfach und ohne großes technisches Know-how ein On- linechor-Video erstellt, an dem – durch die alte Aufnahme – auch die beteiligt waren, die nicht bei den Online-Proben mitmachen können oder wollen. Das hat das Gemeinschaftsgefühl sehr gestärkt. Wir haben zudem die Möglichkeit genutzt, in einer Kirche in mehreren kleinsten Runden (für die, die das mögen) halbstündige Andachten durchzuführen. Dazu bereitet jemand aus dem Chor Texte und ein Ge- bet vor. Wir halten uns natürlich an alle Vorschriften, singen mit Mundschutz und großem Sicherheits- abstand ein paar Taizé-Gesänge. Per Telefonliste hält unser Vorstand Kontakt zu allen Chormitgliedern. Sandra Havenstein Kammerchor Madrigio 8
C(H)ORONA-SPEZIAL Für ihre erste »analoge« Chorprobe im Freien nach vielen »Digitalwochen« hatte sich Chortissimo Dresden Mitte Juni eine besondere Kulisse herausgesucht: die Elbwiesen in Dresden mit den Elbschlössern. Foto: Doc Winkler Seit Anfang Juni bewegen sich Sänger*innen wieder zum Für T. Voices habe ich eine Choreografie für eines Proben aufeinander zu: Mit Abstand und Vorsicht, meist an unserer Stücke besorgt und bearbeitet, an der frischer und zum Glück sommerlicher Luft – aber dennoch jeder mit den Videos arbeiten kann. Dazu kön- mit dem Gefühl der Unsicherheit. Dieses Gefühl hat auch nen wir uns sogar im Freien treffen. Außerdem Yvonne Neidt, die für Chortissimo zur ersten Probe eine stim- treffen wir uns zu unserer Probenzeit im Zoom, mungsvolle Kulisse ausgesucht hat: Die Elbwiese am Käthe- wenn auch nur um zu reden. Singen üben wir mit Kollwitz-Ufer, im Rücken die Elbe mit Dampfer und die drei Videos, für die ich Atem- und Gesangsübungen imposanten Elbschlösser. Es sei schon eine verrückte Zeit für aufgenommen habe. Chöre, sinniert die Vereinschefin. Eigentlich wisse man so recht nicht, ob man als Chor zusammenkommen könne oder Anders als bei T. Voices ist bei meinen Pegauern es lieber sein lassen sollte. Zu widersprüchlich seien die Aus- der Altersdurchschnitt um einiges höher. Zoom sagen zu Chorgesang, dessen Gefahren für Sänger*innen und eignet sich für viele nicht. Mit den Mitgliedern jene, die mit diesen in Aerosol-Kontakt kämen, Hygienekon- bin ich in einer WhatsApp-Gruppe vernetzt. Dar- zepte hin oder her. Das Risiko liege bei jedem Chor selbst, bei über habe ich Einsing- und Gesangsübungen per jeder Sängerin, jedem Sänger. „Wir haben es unseren Mitglie- Video versandt, erstelle wöchentlich Probenpläne dern freigestellt, zur Probe zu kommen“, beschreibt Yvonne mit Wiederholungen von alten Titeln und neue Neidt eine noch nie dagewesene „ganz schön blöde Situati- Literatur. Dazu nehme ich Videos und Audios auf, on“, auch für einen Chorvorstand. Der guten Laune in der bei denen ich die Stimmen einzeln und zusam- Chortissimo-Truppe tut dies indes an diesem Abend keinen men einsinge. Manche Mitglieder schicken mir Abbruch. Sie haben ihre roten Chor-Luftballons mitgebracht, eine eigene Aufnahme zurück, und ich gebe Tipps ziehen, diese in die Höhe haltend, über die Elbwiese, um für schwierig zu singende Töne/Passagen und dann von Chorleiter Stephan Thamm mit Abstand zum Ein- beantworte Fragen. Ich erreiche als Chorleiter auf singen anzustimmen und schließlich, im großen Halbrund diesem Weg gut die Hälfte des Chores. Etwa ein aufgestellt, erstmals wieder als Chor zu erklingen, was vor- Drittel des Chores möchte nach meiner Einschät- überziehende Spaziergänger und Jogger mit einem Lächeln zung nur in Gemeinschaft singen. Für diese steht aufnehmen. Chortissimo singt in die über den Elbwiesen das Treffen mit anderen Mitgliedern stark im untergehende Abendsonne hinein, hoffend, dass schon bald Vordergrund. Für sie ist es sehr wichtig, dass wir die Sonne wieder für einen von Corona-Angst befreiten, Pub- uns möglichst bald wenigstens wieder treffen likum erfreuenden Chorgesang in Sachsen aufgeht. können. Auch wenn das erst einmal ohne Gesang (Die »unisono«-Redaktion bedankt sich bei allen Chören, die sich an der Umfra- passieren müsste. ge der Redakteure Gudrun Frohmader, Christine Damm, Angelika Hauffe und Kerstin Kanitz Margit Günther zur Situation in den Chorvereinen beteiligt haben. Die Auszüge Chorleiterin T. Voices und Pegauer Elster-Chor haben wir den Anschreiben an die Geschäftsstellen der Regionalverbände und an unsere Redaktion entnommen und redaktionell bearbeitet.) 9
C(H)ORONA-SPEZIAL WIR MÜSSEN MIT CORONA LEBEN Horst Wehner im Interview über die aktuellen Herausforderungen für den Chorgesang aufgeschrieben von Uwe Winkler Verstummte Chöre, Hygienekon- würde die Frage wirklich sehr gern mit zepte, Abstände, Aerosole, Ge- einem überzeugten Ja! beantworten. fährdungswarnungen vor dem Aber das Präsidium des Sächsischen Chorgesang – das Chorsingen wird Chorverbandes kann dies genauso we- aktuell von Rahmenbedingungen nig bejahen wie verneinen. bestimmt, die vor Monaten noch Warum ist das nicht möglich? undenkbar waren. Zwar sind Chor- proben unter Auflagen erlaubt, Es gibt in Sachsen keine Regelung, zugleich raten Vertreter in sächsi- die das Chorsingen verbietet. Es kön- schen Ministerien aktuell von die- nen also Chorproben stattfinden. Über sen ab. Was bleibt, ist die Verunsi- Wochen hinweg waren wir mit den cherung unter Chorsänger*innen zuständigen Ministerien in Sachsen und Vorständen von Chorvereinen. im Gespräch. Anfang Juni hieß es aus Wir sprachen darüber mit Horst dem sächsischen Sozialministerium, dass Chorsingen unter Einhaltung der Horst Wehner. Wehner, Präsident des Sächsischen Foto: Agentur DiG/Trialon Chorverbandes. allgemein gültigen Bestimmungen und Hygienevorschriften möglich sei. Wir Herr Wehner, es ist eine verzwickte Situati- haben zuvor, abgestimmt mit den Mi- wieder unbeschwert singen und unse- on: Chorsingen – Ja oder Nein? Wie steht nisterien, anderen künstlerischen Ver- rer Leidenschaft ohne Auflagen nach- der Sächsische Chorverband zu dieser Frage bänden in Sachsen und dem Deutschen gehen können. Aber derzeit ist vieles vieler Chöre und Chorvorstände? Chorverband, an Empfehlungen und ungewiss. Dennoch planen wir als Ver- Bevor ich zu einer Antwort auf die- einem Muster eines Hygienekonzep- band weiterhin mit öffentlichen Kon- se diffizile Frage komme, möchte ich tes gearbeitet. Das Sächsische Staats- zerten noch in diesem Jahr. Es wäre unseren Chören, den Chorvorständen ministerium für Wissenschaft, Kultur beispielsweise schön, wenn wir zum und unseren Chorleiter*innen im Na- und Tourismus (SMWK), dem wir un- Jahresausklang beim traditionellen men des Präsidiums danken. Wir alle ser Hygienekonzept vorgelegt haben, Gewandhaussingen sächsischer Chö- stehen seit März vor einer Situation, schätzte dies als „sehr weitreichend ge- re zeigen könnten, wie lebendig unser die sich keiner je zuvor hätte vorstellen fasst“ ein und als eine gute Grundlage Chorgesang ist. können. Viele Sänger*innen, Chorlei- für die Arbeit unserer Chöre. Allerdings ter*innen und Vorstände sind in den empfiehlt das SMWK einen sehr vor- In Thüringen geht der Chorverband inzwi- letzten drei Monaten einfallsreich ei- sichtigen, verantwortungsvollen Um- schen davon aus, dass einige Chöre diese nem gänzlichen Verstummen der Chor- gang beim gemeinsamen Singen und Pandemie nicht überstehen werden. Rechnet landschaft entgegengetreten. Viele rät, Chorproben insbesondere nicht der Sächsische Chorverband ebenso damit? sangen und probten online, tauschten in geschlossenen Räumen stattfinden Wir können nicht die Augen davor digital Noten- und Probenmaterial aus, zu lassen. Wir haben das Konzept und verschließen, dass viele unserer Chöre hielten per Telefon, Mail und über so- Mustervorlagen zur Dokumentation einen Altersdurchschnitt haben, der ziale Medien Kontakt. Sie versuchten inzwischen den Chorvorständen über- Ü60 teils weit überschreitet. Die Über- einfallsreich, ausgefallene wöchentliche geben. Die Entscheidung, Chorproben alterung von Chören und fehlende, Proben und Treffen zumindest ein we- oder gar kleine, im Rahmen der Allge- teils eine aus dem Auge verlorene Nach- nig zu kompensieren. Ersetzen können meinverfügung und in Abstimmung wuchsgewinnung sind Themen, über diese Formate sicherlich Proben und mit Veranstaltungsorten mögliche die wir nicht erst seit Corona sprechen. Konzerte auch künftig nicht. Aber un- Konzerte durchzuführen, können nur Chöre und Sänger*innen mit hohem sere Chöre haben die Online-Formate die Chorvereine, die Chöre und Sän- Altersdurchschnitt wurden nunmehr als sinnvolle Ergänzung zur »analogen« ger*innen selbst treffen. zusätzlich sehr kalt von den harten Probenarbeit erkannt und schneller ge- Einschränkungen des gemeinschaftli- nutzt als es unter »normalen« Umstän- Wir müssen also lernen, auch im Chor- chen sozialen Lebens getroffen. Viele den gelungen wäre. Inzwischen wagen gesang mit dem Coronavirus zu leben? Chöre haben jegliche Probenarbeit und einige Chöre, sich in Stimmgruppen Wir haben bereits einen ungewollt in- Zusammenkünfte eingestellt, mussten oder als Chor wieder zu Proben zu tensiven Lern- und Erfahrungsprozess diese einstellen, da ihre Chormitglie- treffen. Doch das Fragezeichen bleibt: durchlebt. Ja, er wird weitergehen. Wir der zu den definierten Risikogruppen Können wir wieder im Chor singen? Ich hoffen mit allen Chören, dass wir bald gehörten. Die Chorvorstände dieser 10
C(H)ORONA-SPEZIAL GESANG WIRD ES IMMER GEBEN Geschäftsführer Daniel Kernchen startete unter besonderen Bedingungen Seinen Start in die neue Aufgabe hatte sich Daniel Kernchen anders vorgestellt. Doch als er die Aufgabe des Geschäftsführers im Sächsischen Chorverband über- nahm, fand er alles andere vor als singende und klingende Chöre. Statt einer im Frühling wieder aufblühenden Chorlandschaft erlebte er gerade den Rückzug der Chöre in häusliche Quarantäne. Auch wenn sein Antrittsdatum in der Geschäfts- stelle auf den 1. April fiel, war es leider auch kein Aprilscherz. Vom lebendigen Chorgesang der Sachsen erlebte der in Gera lebende Daniel Kernchen demzufolge in den letzten drei Monaten nahezu nichts. Dafür begann er die Arbeit in der Ge- schäftsstelle neu zu strukturieren, koordinierte diverse Gespräche der Präsidiums- mitglieder mit den zuständigen Ministerien, um für die Chöre des Verbandes die Folgen der mit der Pandemie auch über die Chorszene verhängten Beschränkun- gen zu lindern und Rahmenbedingungen für bald wieder mögliche Proben und Konzerte zu schaffen. „Wir erleben gerade eine wirkliche Ausnahmesituation“, blickt der 40jährige Da- niel Kernchen auf die letzten Wochen zurück. Doch er ist zuversichtlich: „Musik Daniel Kernchen ist seit 1. April Geschäfts- und Gesang gehören zu unserem Leben. Kein Instrument ist so schnell verfügbar führer des Sächsischen Chorverbandes. wie die Stimme. Chöre werden Menschen immer mit ihrer Stimme erfreuen. Wir Foto: Tobias Tanzyna werden mit neuen Ideen alsbald wieder für unseren Chorgesang werben.“ Über das eine und andere habe er schon nachgedacht, als er sich eingearbeitet habe, sagt er. Erfahrung bringt er dafür aus an- deren musikalischen und künstlerischen Tätigkeiten mit. Nach einer Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft zog es ihn in die Kultur und Musik. An der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar studierte er Musikwissenschaft und Kulturmanagement, an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Rechtswissenschaft. Als Orchester- manager bei den Thüringer Symphonikern in Saalfeld-Rudolstadt, Orchesterdirektor beim Brandenburgischen Staatsor- chester Frankfurt/Oder, Intendant der Jenaer Philharmonie und freischaffender Kulturmanager sammelte er Meriten, die nun auch dem Sächsischen Chorverband in dessen Entwicklung einen neuen Schwung geben sollen. Dass er dabei nicht die Orientierung verliert und das SCV-Schiff in eine singende Zukunft steuert, dabei helfen ihm sicherlich nicht zuletzt jene Kenntnisse, die der leidenschaftliche Segler als freiberuflicher Skipper mit nach Frankenberg bringt. Nach den ersten Wo- chen, in denen sich Daniel Kernchen zumeist in der Geschäftsstelle ein Bild vom Verbandsleben verschaffte, wird er mehr und mehr den Kontakt in die Regionen suchen. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Regionalverbänden, den dortigen Präsidien und Geschäftsstellen.“ Er ist sich sicher: „Wir werden gemeinsam Wege aus dieser Ausnahmesituation herausfinden.“ Fortsetzung Interview von Seite 10 kamen wir erstmals wieder in Fran- nalverbände Kontakt zu den Chören, Vereine waren und sind besonders he- kenberg zusammen, verabschiedeten in der Geschäftsstelle haben wir eine rausgefordert, ihre Gemeinschaften zu- das erarbeitete, lang diskutierte Hy- Mannschaft neu aufgestellt, die eben- sammenzuhalten. Bislang sind an uns gienekonzept und verständigten uns falls nach vorn schaut. Wir hoffen, dass noch keine Chöre herangetreten, die über die Rahmenbedingungen, unter wir spätestens im Oktober zur Mit- signalisierten, wegen der Auswirkun- denen Chorgesang möglich ist. Außer- gliederversammlung unseren Chören gen der Pandemie aufgeben zu müssen. dem schauen wir natürlich nach vorn, erfreulichere Aussichten auf das kom- Aber für den einen oder anderen Chor prüfen, welche Veranstaltungen von mende Chorjahr geben können. Wir könnte die Situation um so schwieriger Workshops bis hin zum Gewandhaus- freuen uns zudem, dass der Deutsche werden, je länger die Probenpause und singen unter welchen Bedingungen Chorverband 2022 wieder nach Leipzig damit die Abstinenz von einer gelebten möglich sind. Wir bereiten zudem das zum Deutschen Chorfest einladen wird Vereinsarbeit andauert. kommende Chorjahr vor, arbeiten an und haben dem DCV unsere Unterstüt- Konzepten für den Chorgesang 2021, zung für das große Sänger*innenfest Wie begegnet das Präsidium des Sächsischen beraten über Projekte für unsere Chö- erneuert. Der Chorgesang in Sachsen Chorverbandes der aktuellen Situation? re und erarbeiten haushaltstechnische wird nicht verstummen, da bleibe ich Auch das Präsidium hat unter den Vorlagen für Gespräche mit den Minis- zusammen mit dem Präsidium opti- aktuellen Bedingungen wochenlang terien über die Haushaltsmittel, die für mistisch. nur »Fernbeziehungen« über Mails, unsere Arbeit im Interesse der Chöre in Telefonate und SMS- und Whats- den nächsten Jahren erforderlich sind. App-Nachrichten geführt. Anfang Juni In den Regionen halten unsere Regio- 11
C(H)ORONA-SPEZIAL UNS FEHL(T)EN DIE STIMMEN DER ANDEREN Ein Chor probt im »Homeoffice« und mit Abstand – Erfahrungen aus Langenbernsdorf zusammengefasst von Uwe Winkler Die Zeit, in der sein Chor nicht ge- meinsam proben könne, sei für ihn eine Art Fastenzeit. Es sei ein Ver- zicht, zugleich entstünden Freiräu- me. In denen werde bewusst, was einem fehle und was man danach bewusster erleben werde. „Fas- ten endet stets mit einem positi- ven Ergebnis“, reflektiert Dietmar Gutsche die letzten Wochen. Der 76-jährige mit Bassstimme singt im Gesangverein zu Langenberns- dorf, seine Stimme leiht er seit 2016 dem Projektchor ebenso wie dem Männerchor. 2019 gründete er den gemischten Chor des Vereins mit. Er ist sich sicher: „Die Zeit Der 76-jährige Dietmar Gutsche probt Zuhause auch schon mal ein wenig mehr als er eigent- ohne gemeinsame Chorproben hat lich laut Probenplan muss. Foto: Dorothee Gutsche die Vorfreude auf das gemeinsame Singen wachsen lassen.“ einen Wochenprobenplan, in Ablauf, waren buchstäblich schon »eingear- Auch in Langenbernsdorf verstumm- Umfang und Didaktik aufgebaut wie beitet« in das Proben mit CD oder via ten die Chöre des Gesangvereins schon zu einer richtigen Chorprobe auch: Ein- Dropbox“, verrät Dietmar Gutsche, der in der ersten Woche des Lockdowns. singen, Wiederholung von Bekanntem, für sich eingesteht, gern und aus Neu- Noch in den ersten beiden Monaten Weiterführung von teilweise geprobten gierde schon mal über die detailreichen des Jahres waren die 70 Sänger*innen Stücken, Erarbeitung neuer Stücke. Wochenübungspläne hinauszugehen. des Projektchores zu Proben für die 52 der 58 Chormitglieder erhielten Ähnlich gut voran kommt die 70-jäh- für September und Oktober avisierten die Probenpläne per E-Mail und Whats- rige Altistin Beate Baumann. Sie hat zwei Konzerte mit Beethovens 9. Sin- app. „Die anderen bekamen Übe-CDs sich Tutti und Alt in einen Chorord- fonie zusammengekommen. Wenige und wurden telefonisch über die neu- ner heruntergeladen und ließ sich mit Tage vor der Verkündung des allgemei- en Probenpläne informiert“, erzählt Teamviewer von ihrer Tochter alles gut nen Kontaktverbotes in Sachsen probte Michael Pauser. Die Pläne sind detail- sortieren. „So konnte ich üben, ohne noch der gemischte Chor mit seinen 58 liert. Sie enthalten Links zu externen ins Internet zu müssen. Ich finde das Sänger*innen. Noten wurden ausge- Hörbeispielen und eine umfangreiche praktischer.“ teilt, fünf Stücke angeprobt, vier von Sammlung eigener Dateien des Ver- Selbst dem ältesten aktiven Mitglied ihnen waren komplett neu. Zum Früh- eins, audiovisuelle Einsing-Übungen, des Gesangvereines zu Langenberns- lingskonzert Mitte Mai sollten die Lie- Audio-Dateien mit Hinweisen zu den dorf, dem 82-jährigen Alfons Zech der erstmals erklingen. 13 Proben und Stücken und Aussprache-Hilfen. Das gelang es als, wie er selbst einschätzt, ein Probenwochenende waren auf dem Kernstück sind Audio-Dateien mit den „unerfahrener Nutzer (…) alle bereitge- Weg dahin geplant. Das Repertoire des jeweiligen einzelnen Chorstimmen, stellten Daten zu lesen und ohne Prob- Chores sollte 18 Stücke aus dem Grün- die aus Notationsdateien exportiert leme einzuüben.“ Am Computer könne dungsjahr des Chores 2019 umfassen, wurden, Tutti, also voll orchestrierte er „alles in den Proben Erarbeitete in zwölf neue Stücke lagen auf dem Pult. Passagen eines Musikstücks, und Ori- Ruhe verfestigen und unklare Stellen in Mit der Stilllegung des öffentlichen ginalaufnahmen. Michael Pauser stellte meiner Stimme üben, was in den Pro- Lebens wurde alles anders. Liedermeis- diese Dateien her und sprach sie ein. ben aus Zeitgründen nicht immer mög- ter Michael Pauser stellte den Proben- Die Langenbernsdorfer haben schon lich ist.“ Alfons Zech singt übrigens seit plan seiner Chöre auf häusliche Proben einige Jahre Erfahrungen mit Übe-An- 1963 im Verein. um. Das Repertoire wurde auf zehn Be- leitungen und Probenplänen ihres Lie- Auch Beate Baumann und Dietmar standsstücke und elf neue Lieder redu- dermeisters. Darin liegt wohl auch das Gutsche schätzen das Proben in den ziert, der Zeitplan abgestimmt bis zur Geheimnis, dass die Sänger*innen so heimischen vier Wänden. „Ich kann obligatorischen Sommerpause. Jeden schnell ihre Probenarbeiten auf »Ho- üben, wann und solange ich will. Einzel- Montag erhielten die Sänger*innen meoffice « umstellen konnten. „Wir ne Stellen, die mir persönlich schwerfal- 12
C(H)ORONA-SPEZIAL len, kann ich bis zum Abwinken üben. gerinnen und Sänger, deren Klang der Ende Mai öffneten sich erstmals wie- Ich kann MEINE Stimme mal einzeln Stimme, an dem man seine eigene im der die Türen zum Saal des Landgastho- mit anderen Stimmlagen probieren, bis Chor orientieren kann, das Gefühl ge- fes »Weißes Roß« in Langenbernsdorf ich zu TUTTI komme“, sagt der Bass meinsam etwas auf die Beine zu stellen zu einer ersten gemeinsamen Probe. Gutsche. Beate Baumann gesteht ihrer- und zu Gehör zu bringen. Anders als im gewohnten, aber zu klei- seits, dass ihr Neuerarbeitungen von Natürlich sei die technisch unter- nen Probenraum konnten im Saal die Stücken per Computer einiges abver- stützte »sängerische Heimarbeit« ein erforderlichen Abstandsregeln einge- langen: „»The Longest Time« und »Ave gutes Mittel, die eigene Stimme zu pro- halten werden. Maria III« musste ich oft anhören, um filieren, das Üben zu verfeinern, Texte Der Konzertsaal der Gemeinde mit überhaupt »reinzukommen«. »Fields of zu lernen, sich eine größere Sicherheit rund 300 Quadratmetern Fläche und Gold« fällt mir sehr schwer, da ich im- beim Singen anzueignen, gemeinsame zehn Meter Höhe schien dem Chor mer Sting im Ohr habe und nicht meine Proben effektiver zu gestalten und sich geeignet, die Proben wieder aufzuneh- Altstimme.“ auf Konzerte und Auftritte vorzuberei- men. Außerdem sahen sich die Langen- Für den 59-jährigen Tenor Stefan ten. Doch ersetzen werden Computer bernsdorfer im Paragraph 6 Abs.2 Nr.2 Hoffmann, zugleich Vereinsvorsitzen- & Co. lebendige Chorproben im Mit- der Sächsischen Coronaschutz-Verord- der der Langenbernsdorfer Chorsän- einander der Sängerinnen und Sän- nung bestätigt, organisatorisch die- ger*innen, liegt der Wert des Probens ger auch nach Überwindung der pan- sen Schritt machen zu können. Nach am Computer im kontinuierlichen Trai- demisch erzwungenen Kontakt- und einigen Telefongesprächen mit dem ning der Stimme. Außerdem mache ihn Chorprobensperre niemals. Dietmar Gesundheitsamt in Zwickau und einer dies bei Proben und Auftritten siche- Gutsche, Stefan Hoffmann und Alfons sehr engen Zusammenarbeit mit der rer, vor allem, da das mögliche tägliche Zech sind sich darin einig, was ihnen Gemeindeverwaltung wurde ein schlüs- Üben nachhaltig sei. Er sei glücklich da- wie allen Chorsänger*innen Beate Bau- siges, praktikables und sicheres Hygie- rüber, so ein schönes Hobby zu haben, mann aus dem Herzen spricht: „Möge nekonzept erarbeitet. meint Stefan Hoffmann. die chorlose Zeit bald vorbei sein und Auf der Suche nach einem Weg, den Das Hobby hilft offenbar auch über wir uns alle gesund wiedersehen und Einschränkungen des Chorgesangs die »kontaktarme« Zeit der letzten Wo- beim nächsten Konzert gemeinsam un- zu begegnen und sich gleichzeitig der chen hinweg. Beate Baumann singt sich ser Publikum von den Stühlen reißen.“ Verantwortung für die Gesundheit der jeden Donnerstag nach dem Abendbrot Zumindest virtuell gelang genau das Sängerinnen und Sänger gerecht zu ein, zu einer Zeit, in der sie sonst ins den Langenbernsdorfern in den Wo- zeigen, ergänzte der Vorstand des Ge- Auto gestiegen wäre, um nach Langen- chen der absoluten Kontaktsperre. 36 sangvereins die Hygienevorschriften bernsdorf zur Probe zu fahren. Singen Sängerinnen und Sänger im Alter zwi- des Landratsamtes mit eigenen Regeln sei für sie kein bloßer Zeitvertreib, schen 22 und 82 Jahren sangen von für das gemeinsame Singen. Dazu ge- vielmehr eine Bereicherung. „Chorzeit zu Hause aus ein Video mit der ersten hört, dass die Sänger*innen nach allen eben!“, sagt sie. Das Üben Zuhause gibt Strophe des Langenbernsdorfer Hei- Richtungen zueinander drei Meter Ab- Dietmar Gutsche „ungemein viel und matliedes von Wolfgang Liebold im stand halten und eine Mund-Nase-Be- ist eine wertvolle Basis für ein gemein- vierstimmigen Satz ihres Liedermeis- deckung tragen. Das macht zwar das sames Singen.“ Zudem ist für ihn der ters Michael Pauser ein. Bereits in den Chorsingen schwerer, aber aus Sicht der Kontakt über die Whatsapp-Verbin- ersten zwei Tagen, in denen das Video Langenbernsdorfer möglich. Geprobt dung wertvoll, helfe, mit anderen aus auf YouTube Anfang Mai freigeschaltet wird etwa 60 Minuten, bei ausreichen- dem Chorverein in Kontakt zu bleiben wurde, erreichte es über tausend Klicks. der Belüftung in zwei Durchgängen. und auf dem Laufenden zu sein. Alfons Zehn Sängerinnen und Sänger Jede(r) Sänger*in hat eigene Noten, es Zech philosophiert ein wenig: „Was des Chores sangen zudem in einem gibt Platzeinweiser, einen Sitzplatz wie nicht ständig gebraucht wird, geht Live-Konzert im Internet mit. Unter in der Schule, einen Einbahnstraßenbe- verloren.“ Als Chormitglied bemühe er dem Motto »Wir bleiben zu Hause« trieb beim Betreten und Verlassen des sich, am Ball zu bleiben und so gut er brachte das Band-Projekt »piano man«, Saales und weitere Maßnahmen, um könne, zum Gelingen der öffentlichen bei dem die Langenbernsdorfer bereits das Risiko einer Virusübertragung zu Auftritte seiner Chöre beizutragen. „Es zu Jahresbeginn an einer Konzertpre- minimieren. 41 der 66 Sänger*innen macht mir Freude zu wissen, dass auch miere mit Originaltiteln von Billy Joel kamen zur ersten Probe – und waren die anderen Sängerinnen und Sänger in Reichenbach mitgewirkt hatten, eine froh, wieder singen zu können. Es wäre üben und wir dann bei der Probe ge- zweite Auflage auf die virtuelle Bühne. ja schlimm, so die Meinung der Langen- meinsam (fast) auf einem Stand sind.“ Dazu nahmen die Chorsänger*innen bernsdorfer, wenn irgendwann wieder Doch genau dieses Gemeinschafts- jeder zu Hause ein Video auf, das in die Konzertsäle für den Chorgesang empfinden können letztlich ein der Onlineversion zu einem mehrstim- öffnen – und keiner mehr im Chor sin- Computer, Übe-Dateien und Whats- migen Chor zusammenwuchs und den gen könne. App-Nachrichten nicht ersetzen. Den Live-Gesang der Band begleitete. (Das www.gv-langenbernsdorf.de Langenbernsdorfer Sänger*innen in Konzert kann auf der Chor-Homepage un- ihren Probenstuben Zuhause fehlen ter www.gv-langenbernsdorf.de/videos/ wie andernorts auch die anderen Sän- nachgehört werden. – d. Red.) 13
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