Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura

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Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
Resch, C., Resch, S. & Mätzler, A. (2021): Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina
Pallas, 1779) in Vorarlberg.
inatura – Forschung online, 81: 7 S.

Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779)                                                                  Nr. 81 - 2021
in Vorarlberg
Christine Resch1, Stefan Resch1 & Alexandra Mätzler2

1
  Dr. Christine Resch & Dr. Stefan Resch, apodemus – Privates Institut
  für Wildtierbiologie OG, Marktstraße 51, A-8967 Haus im Ennstal
  E-Mail: office@apodemus.at
2
  Mag. Alexandra Mätzler, Banholz 328a, A-6952 Hittisau
  E-Mail: alexandra.maetzler@gmail.com

Abstract

In 2019 and 2020, four study sites in Vorarlberg, selected on the basis of a habitat model and historical finding reports, were sur-
veyed with twelve wildlife cameras for possible occurrences of the Northern Birch Mouse Sicista betulina. During the field surveys,
it was detected at three new sites. Furthermore, 13 species of small mammals and six other mammal species were documented.
The accompanying citizen science activities (calls for reports, information brochure) led to four additional hints. The results of
the present study indicate that the current occurrences of the birch mouse in Vorarlberg are isolated and limited to a few suitable
areas of the Bregenzerwald.
Key words: Northern Birch Mouse, camera traps, small mammals, habitat model, Waldbirkenmaus, Wildtierkameras, Kleinsäuger,
Habitatmodell, Vorarlberg

Zusammenfassung                              1 Einleitung

In den Jahren 2019 und 2020 wurden           In Österreich gibt es aktuell nur weni-
vier, auf Basis eines Habitatmodells         ge bekannte Vorkommen der streng
und historischer Fundmeldungen               geschützten Waldbirkenmaus ­(Sicista
gewählte Untersuchungsflächen in             betulina) (Spitzenberger 2001; Stüber et al.
Vorarlberg mit zwölf Wildtierkameras         2014; Resch & Blatt 2017; Resch & Resch
auf etwaige Vorkommen der Waldbir-           2019, 2020; Plass et al. 2021) und auch
kenmaus Sicista betulina untersucht.         in der Roten Liste Vorarlbergs gilt der
Bei den Felderhebungen konnte sie            seltene Kleinsäuger als gefährdet
an drei neuen Standorten nachge-             (Spitzenberger 2006). Die Vorkommen im
wiesen werden. Weiters erfolgte die          Bregenzerwald stellen zudem die West-
Dokumentation von 13 Arten aus der           grenze ihrer europäischen Verbreitung
Gruppe der Kleinsäugetiere und sechs         dar und sind daher als bedeutsam ein-
weiteren Säugetierarten. Die beglei-         zustufen. Speziell zur Erfassung von Bir-
tende Öffentlichkeitsarbeit (Meldungs-       kenmäusen umgebaute Wildtierkame-
aufrufe, Informationsbroschüre) führte       ras (WTKs) ermöglichen seit Kurzem
zu vier ergänzenden Hinweisen aus            eine einfache und, im Vergleich mit
der Bevölkerung. Die Ergebnisse der          herkömmlichen Lebendfängen, kos-
vorliegenden Untersuchung sprechen           tengünstige Kartierung (Resch & Resch          Abb. 1: Waldbirkenmaus (Sicista betulina)
dafür, dass die aktuellen Vorkommen          2019). In dem vorliegenden Projekt             (© J. van der Kooij)
der Birkenmaus in Vorarlberg isoliert        wurden mit dieser neuen Methode et-
und auf wenige geeignete Bereiche            waige Vorkommen auf ausgewählten
des Bregenzerwaldes beschränkt sind.         Flächen in Vorarlberg untersucht.

Eingereicht: 17.12.2020; Publiziert: 12.01.2021                                                                                     1
Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
1.1 Die Waldbirkenmaus in                 2 Material und Methode                      Kartierung neuer Vorkommen mit
  Vorarlberg                                                                          Wildtierkameras
                                          Habitatmodell                               Die Kartierungen erfolgten auf vier Flä-
Das auffälligste Merkmal der nur          Zur Auffindung geeigneter Untersu-          chen (Flächenwahl unter Berücksichti-
5-15 g schweren und 6-8 cm großen         chungsflächen und zur Beurteilung           gung des Habitatmodells und eingegan-
Waldbirkenmaus ist der charakteris-       der Quantität und Qualität verfügba-        gener Hinweise) in den Jahren 2019 und
tische schwarze Strich entlang der        rer Habitate wurde ein HSI- (Habitat        2020 jeweils von Juni bis August mit 3-6
Rückenmitte (Abb. 1). Die Waldbirken-     Suitability Index) Modell für die Wald-     Wildtierkameras (WTK) pro Fläche.
maus besiedelt Gebiete vom Mee-           birkenmaus in Vorarlberg berechnet          • Sumoos (Abb. 2)
resniveau bis in 2.010 m Höhe. Sie ist    (Software QGIS Desktop 3.6.2 mit            Eben gelegener Moorkomplex aus
dabei in verschiedenen Lebensraum-        GRASS 7.6.1). Der HSI stellte dabei das     Hochmoor- und Flachmoorgesell-
typen zu finden. Gemeinsam sind           Produkt folgender HSV (Habitat Suit­        schaften mit naturnahem Bach (Schö-
diesen eine hohe Feuchtigkeit und         ability Values) dar: Vegetationsdauer,      nenbach) in der Gemeinde Bezau
eine dichte Bodenvegetation, wobei        Höhenlage, Neigung, Nutzung, Wald-          (WGS84: N 47,37357 / E 10,02196; See­
sie offene Flächen dem geschlosse-        gesellschaft, Distanz zum nächsten          höhe: 1.000 m). Untersuchungszeit­
nen Wald vorzieht. Dies gilt besonders    Wald und Distanz zum nächsten Bach          raum und Umfang: drei WTKs von
während ihres Winterschlafes von          (Datenquellen und Berechnungs-              26.06.2019 bis 03.08.2019 und sechs
Oktober bis April (Pucek 1982). Das ös-   grundlagen im Anhang). Die 32 re-           WTKs von 03.08.2019 bis 12.10.2019.
terreichische Hauptvorkommen der          sultierenden Werte wurden in eine           • Krüz (Abb. 3)
Waldbirkenmaus befindet sich in den       Zahlreihe 0-4 transformiert (0 = nicht      Moorkomplex aus Braunseggenmoor
Zentralalpen. Dort bevorzugt sie die      geeignet; 1= wenig geeignet; 2 = ge-        und Rasenbinsenhochmoor mit da-
mit Zwergstrauchheiden durchsetzten       eignet; 3 = gut geeignet; 4 = sehr gut      zwischenliegenden Weideflächen auf
subalpinen Rasen und alpinen Matten       geeignet).                                  ebenen bis sanft geneigten Einhängen
sowie Moore im Bereich der oberen                                                     zum Krüzbach in der Gemeinde Bezau
Waldgrenze (Hable & Spitzenberger 1989;   Öffentlichkeitsarbeit                       (WGS84: N 47,33696 / E 10,05833; See­
Spitzenberger 2001; Resch & Resch 2019,   Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit         höhe: 1.770 m). Untersuchungszeit­
2020). In Vorarlberg waren vor dieser     wurde der Folder »Auf der Suche nach        raum und Umfang: drei WTKs von
Untersuchung ältere Vorkommen aus         der Birkenmaus - Helfen Sie mit!« mit       26.06.2019 bis 03.08.2019.
dem Bregenzerwald (vor dem Jahr           Informationen zu Erkennungsmerk-            • Bellischegg Alpe (Abb. 4)
1979 in Schönenbach, Gemeinde Be-         malen, Biologie, Lebensräumen und           Mit Pferden (zehn Tiere) extensiv
zau) und in den Lechtaler Alpen (1971,    der Situation in Vorarlberg erstellt (Be-   beweidete Alpe auf Steilhang mit
Rand der Monzabonalpe, Gemeinde           zugsquelle: apodemus.at und ­inatura.at).   strauchreichen Teilbereichen (Grün­
Lech) und der Elsenalpe in der Ge-        Dieser sollte gemeinsam mit Aufru-          erlen, Weiden und Fichten) und ein-
meinde Damüls im Jahr 1995 bekannt        fen zur Fundmeldung in Medien (u. a.        zelnstehenden Fichten sowie einer
(Hable & Spitzenberger 1989; Abfrage      ­inatura, Österreichischer Rundfunk         Quellflur im unteren Hangbereich,
Biodiversitätsdatenbank der inatura        und Vorarlberger Nachrichten) dazu         in der Gemeinde Schröcken (WGS84:
Juni 2019).                                beitragen, Hinweise zu ihrer Verbrei-      N 47,27290 / E 10,08935; Seehöhe
                                           tung zu erhalten und den Bekannt-          1.600 m). Untersuchungszeitraum und
                                           heitsgrad der Waldbirkenmaus zu er-        Umfang: drei WTKs von 19.06.2020 bis
                                           höhen.                                     21.08.2020.

Abb. 2: Untersuchungsfläche Sumoos (© C. Resch)                Abb. 3: Untersuchungsfläche Krüz (© A. Mätzler)

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Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
Abb. 4: Untersuchungsfläche Bellischegg Alpe (© A. Mätzler)     Abb. 5: Untersuchungsfläche Sulzried Alpe (© A. Mätzler)

• Sulzried Alpe (Abb. 5)                    zeitraum: drei WTKs von 19.06.2020         & Møller 2018; Stille et al. 2018; Resch
Mit Rindern extensiv (sechs Tiere) be-      bis 21.08.2020 und sechs WTKs von          & Resch 2019). In der vorliegenden Un-
weidete Alpe (räumlich durch einen          21.08.2020 bis 14.09.2020.                 tersuchung kamen insgesamt zwölf
Gebirgsbach von der Bellischegg Alpe        • Wildtierkameras                          zur Erfassung von Kleinsäugetieren
getrennt), Steilhang mit Mosaik aus of-     Während die Waldbirkenmaus mit             adaptierte Geräte (Fokusanpassung,
fenen Weideflächen (hohe Pflanzendi-        herkömmlichen Methoden wie z. B.           Haltevorrichtung aus Metall) des Her-
versität), Strauch- (Grünerlen, Weiden,     Lebendfängen mit Kastenfallen nur          stellers Cuddeback (Non Typical Inc.,
Brombeersträucher) und Nadelbaum-           schwer erfassbar ist, ermöglichen          USA) zum Einsatz. In insgesamt zwölf
gruppen, in der Gemeinde Schröcken          Wildtierkameras erstmals systemati-        Kontrollen in regelmäßigen Abstän-
(WGS84: N 47,27155 / E 10,09051;            sche Kartierungen (van der Kooij et al.    den erfolgten die Nachbeköderung
Seehöhe: 1.600 m). Untersuchungs-           2016; Resch & Blatt 2017; van der Kooij    mit lebenden Mehlkäferlarven, der

Abb. 6: Wildtierkamera zur Untersuchung von Kleinsäugetieren im Abb. 7: WTK-Aufnahme der Waldbirkenmaus in Krüz (© apodemus)
Sumoos (© C. Resch)

Abb. 8: WTK-Aufnahme der Waldbirkenmaus auf der Bellischegg     Abb. 9: WTK-Aufnahme der Waldbirkenmaus auf der Sulzried
Alpe (© apodemus)                                               Alpe (© apodemus)

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Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
Batterietausch sowie der Freischnitt
von störender Vegetation und gege-
benenfalls ein Standortwechsel.

3 Ergebnisse

Habitatmodell
In Vorarlberg gibt es nur noch wenig
geeignete Lebensräume für die Wald-
birkenmaus (Abb. 10). Für den Bregen-
zerwald (Gemeinden Alberschwende,
Doren, Sulzberg, Langenegg, Krum-
bach, Riefensberg, Lingenau, Hittisau,
Sibratsgfäll, Egg, Andelsbuch, Schwar-
zenberg, Bezau, Reuthe, Bizau, Mellau,
Schnepfau, Au, Damüls, Schopper-
nau, Schröcken und Warth) wurden
40,39 % der Gesamtfläche als nicht
geeignet, 45,35 % als wenig geeignet,
13,90 % als geeignet, 0,34 % als gut
geeignet und nur 0,03 % als sehr gut
geeignet eingestuft. Eine Evaluierung
des Habitatmodells war aufgrund der
geringen Anzahl und der ungenauen
Verortung bisheriger Fundmeldungen
nicht möglich.

Fundmeldungen
Neben Fundmeldungen anderer Klein-
säugerarten erfolgten Meldungen von
Waldbirkenmaus-Beobachtungen aus
Oberlech, Schröcken, Damüls und der
Alpe Kriegboden. Die Fundmeldun-
gen wurden bei der Flächenwahl für
die Feldarbeiten 2020 berücksichtigt.     Abb. 10: Verbreitung und potentielle Lebensräume der Waldbirkenmaus in Vorarlberg.

Neue Nachweise der Waldbirken-            4 Diskussion                              (Stille et al. 2018, Meinig et al. 2020). Bei
maus                                                                                dem Vorkommen im Bregenzerwald
Waldbirkenmaus-Nachweise erfolgten        Die Verbreitung der Waldbirken-           und dem Allgäu handelt es sich sehr
auf drei Untersuchungsflächen: Krüz       maus in Vorarlberg                        wahrscheinlich um ein isoliertes Vor-
(an zwei WTK-Standorten), Bellischegg     Die aktuell bekannte Verbreitung der      kommen, wobei weitere Untersuchun-
Alpe (zwei Standorte) und Sulzried        Waldbirkenmaus in Vorarlberg be-          gen im Bundesland Tirol zu empfehlen
Alpe (drei Standorte). Die kennzeich-     schränkt sich mit Nachweisen von drei     sind.
nenden Merkmale dieser Standorte          Standorten (Krüz, Bellischegg Alpe
sind in Tab. 1 zusammengefasst.           und Sulzried Alpe) aus den Jahren         Standorte mit Nachweisen
                                          2019 und 2020 auf den Bregenzer-          Die Standorte mit Nachweisen der
Weitere Kleinsäugerarten                  wald. Die Vorkommen sind als sehr         Waldbirkenmaus entsprechen in Hin-
Insgesamt konnten in der Untersu-         bedeutsam anzuführen, da weder im         blick auf Höhenlage (1.600-1.670 m)
chung mind. 13 Arten aus der Gruppe       angrenzenden Liechtenstein noch in        und mosaikartiger Struktur (arten-
der Kleinsäugetiere (zehn davon auf       der Schweiz ein aktuelles Vorkommen       reiche Krautschicht, einzelnstehende
Artniveau, drei bis auf Gattungs­niveau   nachgewiesen werden konnte (Graf &        Nadelbäume, Strauchgruppen und/
bestimmbar) und sechs weitere Säuge­      Fischer 2021). Im angrenzenden Bay-       oder Zwergsträucher) sowie mäßig
tierarten nachgewiesen werden (Tab. 2).   ern gibt es Nachweise aus dem Allgäu      feuchten Böden den Angaben aus

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Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
der Literatur. Dazu teilweise im Wider-    6 Literatur                                            Spitzenberger, F. (2001): Die Säugetierfauna
spruch steht ihr Vorkommen auf den                                                                    ­Österreichs. – Grüne Reihe des Bundes­
Steilhängen der Bellischegg Alpe und       Graf, R. & Fischer, C. (Hrsg.) (2021): Atlas der           ministerium für Land- und Forst­
der Sulzried Alpe, da die Waldbirken-           Säugetiere. Schweiz und Liechtenstein. –              wirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­
maus bisher meist auf Standorten mit            488 S.; Bern (Haupt).                                 schaft, 13: 895 S.; Graz (Austria Medien
mäßiger bis geringer Geländeneigung        Hable, E. (1978): Zur Verbreitung der Birken-              Service).
gefunden wurde. Zudem waren auf                 maus Sicista betulina (Pallas) in Öster-          Spitzenberger, F. (2005): Rote Liste der
den Almen zwar Gebirgsbäche und                 reich (Mamm., Rodentia, Zapodidae). –                 Säugetiere Österreichs (Mammalia). – In:
Tümpel vorhanden, die Nachweise er-             Mitteilungen der Abteilung für Zoologie               Zulka, K.P. (Red.): Rote Listen gefährde-
folgten jedoch nicht immer in deren             am Landesmuseum Joanneum, 7: 163-                     ter Tiere Österreichs. Grüne Reihe des
unmittelbarem Nahbereich (vgl. Zejda            171.                                                  Lebensministeriums, 14/1: 406 S (45-62);
1970; Hable & Spitzenberger 1989; ­Hable   Hable, E. & Spitzenberger, F. (1989): Die Wald-            Wien (Böhlau).
1978; Weiter et al. 2002; Sackl et al.          birkenmaus, Sicista betulina Pallas, 1779         Spitzenberger, F. (2006): Rote Liste gefährdeter
2016; Resch & Blatt 2017; Resch & Resch         (Mammalia, Rodentia) in Österreich. –                 Säugetiere Vorarlbergs. – Rote Listen
2019, 2020).                                    Mitteilungen der Abteilung für Zoologie               Vorarlbergs, Band 4: 87 Seiten; Dornbirn
                                                am Landesmuseum Joanneum, 43: 3-22.                   (inatura).
Lebensräume                                Meinig, H., Boye, P., Dähne, M., Hutterer, R. &        Stille, D., Kraft, R. & Luding, H. (2018): Die
Das Habitatmodell zeigt eine gerin-             Lang, J. (2020): Rote Liste und Gesam-                Waldbirkenmaus (Sicista betulina) im
ge Verfügbarkeit an potentiellen Le-            tartenliste der Säugetiere (Mammalia)                 Bayerischen Wald – FFH-Monitoring einer
bensräumen. So sind z. B. im Bregen-            Deutschlands. – Naturschutz und Biolo-                schwer erfassbaren Kleinsäugerart mit
zerwald rund 85 % der Lebensräume               gische Vielfalt, 170 (2): 73 S.                       Hilfe von Wildkameras. – Anliegen Natur
nicht oder nur wenig geeignet. Einige      Plass, J. et al. (Red.) (2021): Atlas der Säuge­           40(2): 63-68.
Habitate haben sich in den letzten              tiere Oberösterreichs. – Denisia (in prep).       Stüber, E., Linder, R. & Jerabek, M. (2014): Die
Jahrzehnten zunehmend verschlech-          Pucek, Z. (1982): Sicista betulina (Pallas, 1778) -        Säugetiere Salzburgs. – Salzburger Na-
tert. So führte die intensive Bewei-            Waldbirkenmaus. – In: Niethammer, J. &                tur-Monographien, 2: 272 S.; Haus der
dung zu monotonen Weideflächen,                 Krapp, F. (Hrsg.): Handbuch der Säuge­                Natur, Salzburg.
ohne die für die Waldbirkenmaus                 tiere Europas, Band 2/I, Nagetiere II:            van der   Kooij, J. & Møller, J. D. (2018): Bjørke-
notwendige mosaikartige Zusammen-               649 S. (516-538); Wiesbaden (Aula).                   mus Sicista betulina i Frostviken, Sverige:
setzung aus deckender Krautschicht,        Resch, S. & Blatt, C. (2017): Die Birkenmaus               videreutvikling av påvisings­metoder. –
Totholz, Zwergsträuchern und nieder-            ­(Sicista betulina) im Mühlviertel – Erst-            95pp.; Slattum (Naturformid­ling van der
wüchsigen Sträuchern wie Grünerlen              nachweis im Leonfelder Hochland. –                    Kooij).
(z. B. am Arlberg). Feuchte Wiesen und          Öko-L, 39(1): 11-12.                              van der   Kooij, J., Bína, P., Møller, J. D., Grahn, J.,
Tümpel wurden trockengelegt oder           Resch, S. & Resch, C. (2019): Neue Nachweise               Sattarvandi, A., Abrahamsson, Å., Schulz,
verschwinden mit zunehmender Er-                der schwer erfassbaren Waldbirken-                    B. & Schulz, J. (2016): Buskmus – nya in-
wärmung des Klimas. Der Ausbau der              maus (Sicista betulina Pallas, 1779)                  venteringsmetoder. – Fauna och Flora,
touristischen Infrastruktur (Ski­lifte,         mit Wildtierkameras im Nationalpark                   111(2): 32-39.
Skipisten, Apartmentanlagen) ließ               Gesäuse. – Joannea Zoologie, 17: 11-22.           Weiter, L., Heřman, M., Sedláček, F. & Zemek, F.
ehemalige Lebensräume vielerorts           Resch, S. & Resch, C. (2020): Wildtierkameras und          (2002): Potential occurrence of the birch
gänzlich verschwinden (z. B. im Skige-          künstliche Quartiere zur Erhebung von                 mouse (Sicista betulina) in the Bohe-
biet Damüls).                                   Kleinsäuger–Präsenzdaten am Bei­spiel                 mian Forest (Šumava): a geographical
                                                montaner Lebensräume. – Mittei­lungen                 information system approach. – Folia
                                                aus dem Haus der Natur, 26: 55-62.                    Zoologica, 51 (Suppl. 1): 133-144.
5 Dank                                     Sackl, P., Dumpelnik, M. & Kaltenbrunner, F. (2016):   Zejda, J. (1970): Die heutigen Kenntnisse
                                                Ein neues Vorkommen der Birken-                       über die Verbreitung der Birkenmaus
Unser besonderer Dank gilt den                  maus Sicista betulina (Pallas, 1779) in               (Sicista betulina Pall. 1779, Zapodidae,
Grundstückseigentümern für ihre Zu-             den steirischen Nordalpen (Mammalia:­                 Rodentia, Mammalia) in Mitteleuropa. –
stimmung und ihr Interesse an der               Rodentia, Zapodidae). – Mitteilungen                  Zoologické Listy, 19: 235-246.
Untersuchung, der inatura – Erlebnis            der Abteilung für Zoologie am Landes-
Naturschau GmbH für die Unterstüt-              museum Joanneum, 15: 9-13.
zung des Projektes und dem Land
Vorarlberg für die Bereitstellung finan-
zieller Mittel.

inatura – Forschung online 81 (2021)                                                                                                                    5
Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
WTK-Standorte mit
                                                                   Kurzbeschreibung der Fläche
 positivem Nachweis

                         Mäßig geneigter (20-30°) Hang in SO-Exposition, in über 50 m Entfernung zu geschlossenem Wald und
                         10-25 m Entfernung zu kleinem Oberflächengewässer (temporäres Rinnsal). Deckung der Krautschicht:
 Krütz A
                         25-50 %, Höhe der Krautschicht: 50-100 cm, Mosaikstandort aus Latschen, Zwergsträuchern (Alpenrose,
                         Heidelbeere) und Wiesen
                         Stark bis sehr stark geneigter (30-40°) Hang in SW-Exposition, in über 50 m Entfernung zu geschlossenem
                         Wald und über 25 m Entfernung zu Gewässer. Deckung der Krautschicht: 25-50 %, Höhe der Krautschicht:
 Krütz B
                         50-100 cm, Rand eines geschlossenen, dichten Latschenbestandes mit Zwergsträuchern (Alpenrose,
                         Heidelbeere)

                         Mäßig geneigter (20-30°) Hang in SW-Exposition, in über 50 m Entfernung zu geschlossenem Wald und
 Bellischegg Alpe C      10-25 m Entfernung zu Bach (Standort C) bzw. über 25 m Entfernung zu Bach (Standort D). Deckung der
 Bellischegg Alpe D      Krautschicht: 25-50 %, Höhe der Krautschicht: 50-100 cm, Wiese mit hoher Pflanzendiversität, einzelnen
                         Zwergsträuchern, Sträuchern (Weiden) und Bäumen mit jeweils unter 5 % Deckungsgrad
                         Stark bis sehr stark geneigter (30-40°) Hang in W-Exposition, in 20-50 m Entfernung (Standort E) bzw. über
                         50 m Entfernung (Standort F) zu geschlossenem Wald und über 25 m Entfernung zu Bach (Standort E) bzw.
 Sulzried Alpe E
                         10-25 m Entfernung zu Bach (Standort F). Deckung der Krautschicht: 25-50 %, Höhe der Krautschicht:
 Sulzried Alpe F
                         20-50 cm, lockerstehende, niederwüchsige Sträucher (Weiden und Grünerlen) und Fichten, Viehgangeln, keine
                         Zwergsträucher
                         Stark bis sehr stark geneigter (30-40°) Hang in NW–Exposition, in über 50 m Entfernung zu geschlossenem
                         Wald in der Nähe eines Baches (5-10 m). Deckung der Krautschicht: 25-50 %, Höhe der Krautschicht:
 Sulzried Alpe G
                         20–50 cm, locker stehende niederwüchsige Sträucher mit einem Deckungsgrad von 15-25 % (Grünerle und
                         Weide) und einzelnen Jungfichten, keine Zwergsträucher

Tab. 1: Standorte mit Nachweisen der Waldbirkenmaus. Angabe der Deckungsgrade auf einer Kreisfläche mit r = 3 m um den Stand-
ortsmittelpunkt, Abstandswerte wurden in Kategorien erhoben.

                                                      SU      KR       BA      SA     RLV        RLÖ        Bern. K/FFH            NSV

 Kleinsäugerarten
 Microtus agrestis (Erdmaus)                           P                               LC        LC                                  ✓
 Microtus subterraneus (Kurzohrmaus)                           P        P       P      LC        LC                                  ✓
 Myodes glareolus (Rötelmaus)                          P                P       P      LC        LC                                  ✓
 Sicista betulina (Birkenmaus)                                 P        P       P      VU        VU      B. K. (II)/FFH (IV)         ✓
 Sorex coronatus (Schabrackenspitzmaus)*                       P        P       P      VU        VU         Bern. K. (III)           ✓
 Sorex alpinus (Alpenspitzmaus)                        P                               LC        NT         Bern. K. (III)           ✓
 Sorex araneus (Waldspitzmaus)                         P       P        P       P      LC        LC         Bern. K. (III)           ✓
 Sorex minutus (Zwergspitzmaus)                        P       P        P       P      NT        LC         Bern. K. (III)           ✓
 Talpa europaea (Europ. Maulwurf)                                       P              LC        NT                                  ✓
 Eliomys quercinus (Gartenschläfer)                                     P       P      NT        NT         Bern. K. (III)           ✓
 Weitere Säugetiere
 Rupicapra rupicapra (Gämse)                                   P                       LC        LC
 Martes foina (Steinmarder)                                    P                       LC        LC         Bern. K. (III)
 Meles meles (Dachs)                                   P                               LC        LC         Bern. K. (III)
 Mustela putorius (Waldiltis)                          P                               DD        LC         Bern. K. (III)
 Mustela nivalis (Mauswiesel)                                           P       P      LC        LC         Bern. K. (III)           ✓
 Felis catus (Hauskatze)                                                        P
 Weitere Gattungen
 Microtus sp. (Feldmäuse)                                      P        P       P
 Neomys sp. (Wasserspitzmäuse)                         P
 Lepus sp. (Echte Hasen)                                       P
 Apodemus sp. (Waldmäuse)                              P                P       P

Tab. 2: Die auf den Untersuchungsflächen nachgewiesenen Säugetiere und ihr Schutzstatus.
SU = Sumoos; KR = Krütz; BA = Bellischegg Alpe; SA = Sulzried Alpe
RLV = Spitzenberger (2006); RLÖ = Spitzenberger (2005); Bern. K = Berner Konvention (ETS No.104); FFH = FFH-Richtlinie (Richtlinie
92/43/EWG); NSV = Naturschutzverordnung Vorarlberg (LGBl.Nr. 8/1998).
* Verwechslung mit Sorex araneus nicht ausgeschlossen.

inatura – Forschung online 81 (2021)                                                                                                     6
Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
Anhang                                        flächen, Deponien, Baustellen, 1.4.1       heide-Spirkenwald,           typischer
                                              Städtische Grünflächen; 2.1 Acker-         Brandlattich-Fichtenwald       Ausbil-
HSV (Habitat Suitability                      fläche, 2.2 Dauerkulturen; 3.3 Offene      dung mit Preiselbeere, typischer
  ­Values) des Habitatmodells                 Flächen ohne/geringer Vegetation;          Brandlattich-Fichtenwald typische
                                              5.1 Wasserflächen im Landesinneren         Ausbildung Variante mit Rostroter
HSV-Vegetationsdauer                        • HSV = 1: 1.4.2 Sport/Freizeitanalgen;      Alpenrose, Zirbenwald auf Silikat
Datenquelle:                                  2.3 Grünland, 2.4 Heterogene land-         Ausb. mit Latschen, Zirbenwald auf
Land Vor­arlberg – data.vorarlberg.gv.at,     wirtschaftliche Flächen; 3.1 Wälder,       Silikat Ausb. mit Rostroter Alpenrose
Vegetationsperiode, Vektor                    3.2.1 Natürliches Grünland, 3.2.4        • HSV = 3: Grauerlen-Moorbirken-
(CC-BY-3.0-AT)                                Wald/Strauch Übergangsstadien              (Fichten)- Moore, Latschenhoch-
Klassen:                                    • HSV = 2: 3.2.2 Heiden und Moorhe-          moor, Latschenhochmoor typische
• HSV = 1: Vegetationsdauer < 120 Tage        iden, HSV = 3: 4.1 Feuchtflächen im        Ausbildung,      Latschen-Moorkom-
• HSV = 2: Vegetationsdauer ≥ 120 Tage        Landesinneren                              plexe, Moorbirken im Hochmoor,
                                                                                         Pfeifengras-Spirkenwald, Spirken-
HSV-Höhe                                    HSV-Waldfläche                               hochmoor, Torfmoos-Fichtenwald
Datenquelle:                                Datenquelle:                                 der Moorränder, typischer Brand-
Land Vorarlberg – data.vorarlberg.gv.at,    Land Vorarlberg - data.vorarlberg.gv.at,     lattich-Fichtenwald typische Aus-
Laserscanning DHM, Raster                   waldkarte, Vektor                            bildung mosaikartig durchsetzt mit
(CC-BY-3.0-AT)                              (CC-BY-3.0-AT)                               anmoorigen Flächen, Wollreitgras-
Klassen:                                    Klassen                                      Tannen-Fichtenwald
• HSV = 0: 0-499 m und 2301-3500 m          • HSV = 1: Kategorien die nicht HSV=2
• HSV = 1: 500-599 m und 2001-2300 m          oder HSV =3 zugeordnet wurden            HSV-Distanz zu Wald
• HSV = 2: 600-1300 m                       • HSV = 2: Alpendost-Tannen-Ficht-         Berechnung:
• HSV = 3: 1301-2000 m                        enwald Subass. des Schrattenkalk-        Klasse 2 und 3 von HSV-Waldflächen)
                                              Karst mit Heidelbeere, Alpenrosen-       Klassen:
HSV-Neigung                                   Spirkenwald, Blaugras-Fichtenwald        • HSV = 1: Distanz > 60 m
Datenquelle:                                  Ausbildung mit Latschen, Fichten         • HSV = 2: Distanz 31-60 m
Land Vorarlberg – data.vorarlberg.gv.at,      krüppelig, (Spirken), Brandlattich-      • HSV = 3: Distanz 0-30 m
Laserscanning DHM, Raster                     Fichtenwald Subass. mit Preisel-
(CC-BY-3.0-AT)                                beere,      Brandlattich-Fichtenwald     HSV-Distanz zu Bach
Berechnung:                                   Subass. mit Rostroter Alpenrose,         Datenquelle:
Slope Funktion von QGIS by GDALM              Brandlattich-Fichtenwald typische        Land Vorarlberg – data.vorarlberg.gv.at,
DEM utility                                   Subass. mit Heidelbeere, Fichten-        Fliessgewaesser Vor­arlberg - oeko-
Klassen:                                      Kleinseggenmoore,         Grünerlen-     morphologische Punkt- und Strecken-
• HSV = 0: 41-88 °                            Krummholz, Hainsimsen-Tannen-            daten Routen
• HSV = 1: 16-40,99 °                         Fichtenwald Subass. mit Weißer           Attribut­auswahl:
• HSV = 2: 6-15,99 °                          Hainsimse Ausbildung mit Heidel-         Bach < 1m, ungestört oder extensive
• HSV = 3: 0-5,99 °                           beere,     Hainsimsen-Tannen-Ficht-      Landwirtschaft angrenzend, Vektor
                                              enwald Subass. mit Weißer Hain-          (CC-BY-3.0-AT)
HSV-Nutzung                                   simse Ausbildung mit Preiselbeere,       Klassen:
Datenquelle:                                  Heidelbeer-Tannen-Fichtenwald,           • HSV = 1: Distanz > 60 m
Umweltbundesamt & European Union,             Latschenhochmoor fichtenreiche           • HSV = 2: Distanz 30-60 m
Copernicus Land Monitoring Service            Ausbildung, ­Karbonat-Zirbenwald         • HSV = 3: Distanz 0-30 m
2018, European Environment Agency             Ausbildung mit Grünerle, Karbonat-
(EEA), with funding by the European           Zirbenwald Ausbildung mit Latsche,
Union, Raster                                 Latschenkrummholz,          Latschen­-
Klassen                                       krummholz mit Birke, Latschen-
• HSV = 0: 1.1. Städtisch geprägte            krummholz mit ­Rostroter Alpen­
  Flächen, 1.2 Industrie- Gewerbe             rose,    ­Latschenkrummholz       mit
  und Verkehrsflächen, 1.3 Abbau-             Zirben/Fichtengruppen,       Schnee­

inatura – Forschung online 81 (2021)                                                                                         7
Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina Pallas, 1779) in Vorarlberg - Inatura
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