Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz - Oeko-Log

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Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz - Oeko-Log
UNIVERSITÄT KARLSRUHE
                   TECHNISCHE HOCHSCHULE

                  STUDIENGANG GEOÖKOLOGIE

                          Diplomarbeit

Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777)
      in Saarland und Rheinland-Pfalz
    - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als
                             Barrieren -

Diplomarbeit vorgelegt von: Alexander Kurtz
Matrikel-Nr.:               1298151

Betreuer: Dr. Mathias Herrmann, ÖKO-LOG Freilandforschung

Eingereicht am:

1. Prüfer: Dr.rer.nat. Horst Taraschewski
2. Prüfer:
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    - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

Inhaltsverzeichnis
1.        Einleitung ............................................................................... 1
2.        Ökologie ................................................................................. 2
2.1       Geschichte, Verbreitung .......................................................... 2
2.2       Unterschied Wildkatze – Hauskatze ........................................ 6
2.3       Lebensweise .......................................................................... 10
2.4       Wanderverhalten ................................................................... 14
2.5       Motivation (Saarland u Rheinland-Pfalz als Kernraum) ......... 15
2.6       Fragestellung ......................................................................... 16
3.        Material und Methoden ........................................................ 16
3.1       Untersuchungsgebiet ............................................................. 16
3.1.1     Saarland ................................................................................ 16
3.1.2     Rheinland-Pfalz ..................................................................... 17
3.2       Datengrundlage ..................................................................... 18
3.2.1     Population .............................................................................. 18
3.2.2     Habitatfragmentierung ........................................................... 19
3.2.3     Barrieren ................................................................................ 20
3.2.4     Klima ...................................................................................... 21
3.2.5     Biotoptypen ............................................................................ 21
3.2.6     Populationszonen .................................................................. 22
3.2.7     Lockstöcke ............................................................................. 22
3.2.8     Todfunde................................................................................ 24
3.2.9     Beobachtungen ...................................................................... 25
3.3       Hard- und Software ................................................................ 26
3.4       Kartengrundlagen und Geoinformationssystem ..................... 26
3.4.1     Geoinformationssystem ......................................................... 26
3.4.2     Offizielle Karten ..................................................................... 27
3.4.3     weitere Quellen ...................................................................... 27
3.5       Auswertungsschritte............................................................... 31
3.5.1     Digitalisierung der Datengrundlage ........................................ 31
3.5.2     Abänderung der Zonenkarte .................................................. 35
3.5.3     Mortalität in den einzelnen Zonen .......................................... 38
3.5.4     Berechnung der Startbedingungen der Simulation ................ 40
3.6       Simulation der Ausbreitung .................................................... 44
3.6.1     Struktur der Simulation .......................................................... 44
3.6.2     Annahmen ............................................................................. 46
3.6.3     Gebietseinstellungen ............................................................. 47
4.        Ergebnisse ........................................................................... 49
4.1       Ausbreitungsverhalten ........................................................... 49
4.2       Ausbreitungs-/Populationsmodell .......................................... 52
4.3       Habitatfragmentierung ........................................................... 66
5.        Diskussion............................................................................ 72
5.1       Diskussion der Methoden ...................................................... 72
5.2       Ausbreitungsverhalten ........................................................... 74
5.3       Ausbreitungs-/Populationsmodell .......................................... 75
5.4       Habitatfragmentierung ........................................................... 77
5.5       Schlussfolgerungen ............................................................... 78
6.        Zusammenfassung .............................................................. 79
7.        Danksagung ......................................................................... 80
8.        Quellenverzeichnis .............................................................. 80
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8.1       Literatur.................................................................................. 80
8.2       Abbildungen/Fotos ................................................................. 83
8.3       Internet................................................................................... 84
9.        Anhang ................................................................................. 84
9.1.1     84

Erklärung ………………………………………………............................A

Anlagen
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
Anlage 4:
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1.       Einleitung

Deutschlandweit sind derzeit etwa 15514 km2 von der Wildkatze
besiedelt. Nach dem Habitatmodell von KLAR et al. (in Vorb.) wäre
potentiell eine Fläche von 100.000 bis etwa 200.000 km 2 (je nach
verwendeter Datengrundlage) als Lebensraum für die Wildkatze
geeignet. Es sind also nur zwischen 7 und 16% der potentiellen Fläche
besiedelt. Im Saarland sind 640 km2 von 2.570,15 km2 besiedelt, also
25% der Landesfläche.1
Die       saarländischen            und       rheinland-pfälzischen               Vorkommen       der
Wildkatze          gehören          zum       letzten       großflächigen             Vorkommen     in
Mitteleuropa, das sich von Nordostfrankreich über das Saarland,
Rheinland-Pfalz und den südwestlichen Zipfel Nordrhein-Westfalens,
Teilen von Luxemburg und Südostbelgien erstreckt. Durch die
inselartige Zerstückelung des Areals der Wildkatze in Mitteleuropa und
besonders auch in der Bundesrepublik Deutschland umfassen aber
selbst große Vorkommen nur selten mehr als 500 reproduktionsfähige
Tiere, die von Populationsgenetikern als Nenngröße für das Überleben
einer Population in voller genetischer Vielfalt genannt werden. Die
Wildkatzenvorkommen im Nordost- und Südostsaarland gehören zu
den wenigen zahlenmäßig starken Populationen von Hunsrück und
Pfälzer Wald und tragen damit zur Überlebensfähigkeit dieser
Populationen bei. Bei kleineren Populationen sind Effekte wie
genetische Drift oder bei sehr kleinen Populationen Inzuchteffekte,
Inzuchtdepression und stochastische Effekte zu befürchten.2
Durch genetische Untersuchungen ist für die südwestdeutsche
Population             als        Teil        der        großen           grenzüberschreitenden
zentraleuropäischen Wildkatzenpopulation belegt, dass sie neben dem
Vorkommen im Harz im europäischen Vergleich die größte genetische
Reinheit         aufweisen.3          Daraus        lässt      sich     schließen,       dass     eine
Bastardisierung mit Hauskatzen noch nicht in nennenswertem Umfang
1
  HERRMANN 2005
2
  FRANKLIN 1980, FRANKHAM 1995
3
  PIERPAOLI et al. 2003
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stattgefunden hat. In allen anderen untersuchten europäischen
Wildkatzenpopulationen war eine größere genetische Nähe zur
Hauskatze festzustellen. Dies reichte bis zur völligen Verwischung der
Grenze zwischen Haus- und Wildkatze (weitreichende Hybridisierung in
Ungarn           und       Schottland).4          Bei       der      Wildkatzenpopulation     in
Südwestdeutschland und Nordostfrankreich, Belgien und Luxemburg
handelt es sich vermutlich um die letzte große genetisch weitgehend
reine Wildkatzenpopulation. Deshalb kommt dem Schutz dieser
Population eine weltweite Bedeutung zu.

2.       Ökologie

2.1      Geschichte, Verbreitung
Die Wildkatze ist in Europa, Asien und Afrika weit verbreitet: Von
Schottland bis Süd-Afrika und von Marokko bis Süd-China.5 In dem
gesamten Areal werden, insbesondere aufgrund unterschiedlicher
Fellfärbung, Größe und Körperbau, drei Gruppen unterschieden: die
silvestris-Gruppe (Europäische Wildkatze), die als Waldkatzen gelten,
die lybica Gruppe (Afrikanische Wildkatze) und die ornata Gruppe
(Indische oder Asiatische Wildkatze), die als Steppenkatzen gelten.6
Die        innerartliche           Differenzierung            der       Wildkatze     (mit   den
eingeschlossenen Formen) begann wohl erst im Pleistozän.7 Die
Herausbildung er lybica- und silvestris-Form wird vermutlich durch die
klimatischen und ökologischen Veränderungen am Ende der letzten
Eiszeit vor etwa 20.000 Jahren stattgefunden haben.8
Die ursprüngliche Verbreitung der Wildkatze für Europa wird von
Portugal bis zur Dneper-Niederung, eventuell auch bis weiter östlich,
und zum Baltikum, mit England und Schottland angegeben.9 Auch
NIEZABITOWSKI (1934) weist auf eine ehemalige Verbreitung von den

4
  RANDI 2007
5
  HALTENORTH 1953, CORBETT 1978, DRISCOLL et al. 2007
6
  HALTENORTH 1953, WEIGEL 1972, KITCHENER 1991
7
  HEMMER 1984, 1993:1072
8
  RANDI & RAGNI 1991
9
  HEMMER 1993
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Karpaten bis zur Ostsee hin, die durch Knochenreste in neolithischen
Fundstellen belegt ist.
Die Wildkatze wurde, wie die anderen größeren Raubtiere, in Europa
und Deutschland in den letzten Jahrhunderten stark dezimiert. In
Deutschland hat dazu vermutlich wesentlich die Jagdfreigabe im
Revolutionsjahr 1848 beigetragen.10 In alten Beschreibungen wird auf
den großen Schaden, den sie in Niederwildrevieren anrichtet,
hingewiesen. In der 14. Auflage von DIEZELS „Niederjagd“ (1931)
findet sich folgende Stelle, die die Einstellung vieler Jäger zur Wildkatze
in der Vergangenheit gut widerspiegelt:

„Es wird keinen Jäger geben, der der Wildkatze nicht unausgesetzt und
ohne Rücksicht auf die Jahreszeit und den größten Wert des Balges
nachstellen und der ruhen und rasten würde, bevor es ihm gelungen ist,
sein Revier und sein Wild von diesem unheilvollen Gaste befreit zu
haben, zumal die Seltenheit des Vorkommens den Reiz des Erlegens
ungemein steigert“.

MÜLLER-USING (1965) geht davon aus, dass dadurch, dass es nach
der Ausrottung von Wolf und Bär keine staatlichen Prämien und
zusätzlich gespendeten Belohnungen der Bevölkerung (Bauern) für
Abschüsse gab, die Jägerschaft ein neues „Feindbild“ für zusätzliche
Einkünfte brauchte. Daher wurden die Schäden anderer Beutegreifer,
vor allem Wildkatze, Fischotter, Dachs und Fuchs, stark übertrieben.11
Landforstmeister Borggreve hat als erster 1922 die Wildkatze
ganzjährig im Jagddezernat der Preußischen Staatsforstverwaltung in
Schutz gestellt.12 1934 wurde sie durch das Reichsjagdgesetz in ganz
Deutschland geschützt. Ein weiterer wichtiger Schritt im Schutz der
Wildkatze war 1935 das Verbot der Benutzung von Tellereisen. Die
verminderte Jagdausübung während dem 2. Weltkrieg und die
waffenlose Zeit nach 1945 führten zu einer weiteren Erholung der
Population, wobei auch die Auflichtung der Wälder nach dem Krieg

10
   DE LEUW 1976
11
   MÜLLER-USING 1965
12
   TRAUBOTH 1962
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günstig wirkte. Dies führte nämlich zu erhöhten Mäusebeständen und
somit einem erhöhten Nahrungsangebot.13
Die heutige Verbreitung der Wildkatze ist für Europa verschiedentlich
zusammengefasst und illustriert worden. Die Verbreitung umfasst
Bereiche von etwa 36°-58° nördlicher Breite und reicht damit über
verschiedene klimatische Regionen (Atlantikum, pontisch, zentral
europäisch, submediterran, mediterran).14

Abb.1: Heutige Verbreitung der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris). Karte nach
PIECHOCKI (2001).

Die Populationen in Deutschland werden grob in 2 Großpopulationen
eingeteilt: Die West- und die Ostpopulation. Im Westen kommt die
Wildkatze vor allem in Rheinland-Pfalz und hier in Eifel, Hunsrück,
Pfälzerwald und Taunus vor. Zwischen den Populationen in Eifel und
Hunsrück ist über die Mosel hinweg ein Austausch möglich. Es besteht

13
     DE LEUW 1976
14
     PIECHOCKI 2001
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ebenso eine Verbindung zu den angrenzenden Populationen in
Südostbelgien, Luxemburg und eingeschränkt zu Nordostfrankreich.
Die Vorkommen im Pfälzerwald stehen im Austausch mit den
benachbarten             französischen           Populationen           in    den     Nordvogesen.
Die Ostpopulation liegt in der Mitte Deutschlands und umfasst die
Waldgebiete            im      Harz,      Solling,       Kyffhäuser          sowie    die   übrigen
Waldgebiete Nordthüringens und den Hainich. Der Harz stellt dabei das
klassische Verbreitungsgebiet der Wildkatze dar. Von hier aus erfolgen
Abwanderungen in angrenzende Landschaften.15 Die Besiedlungsdichte
in den anderen Gebieten ist ausgesprochen gering, auch wenn seit
einigen           Jahren          Ausbreitungstendenzen                    festzustellen     sind.16
In Bayern ist es gelungen, Wildkatzen im Spessart und im Steigerwald
wieder anzusiedeln.

Abb.2: Heutige Verbreitung der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris) in
Deutschland. Karte aus Aktionsplan Wildkatze Deutschland (2009).

15
     SIMON & RAIMER 2007
16
     DENK & JUNG 2004, STUBBE & STUBBE 2001
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2.2      Unterschied Wildkatze – Hauskatze
Die Hauskatze stammt von der afrikanischen Falbkatze ab, belegt
durch die genetischen Untersuchungen von RANDI & RAGNI (1991).
POCOCK (1907) vertrat unter Berücksichtigung von Schädelform und
Fellfärbung die Auffassung, dass auch die Europäische Wildkatze
aufgrund früher Hybridisierung im Genpool der Hauskatze vertreten ist.
Gelegentlich wurde auch die Beteiligung anderer Katzenarten vermutet,
beispielsweise des Manuls (Felis manul) oder der Rohrkatze (Felis
chaus).          Die       letzteren         Einschätzungen               beruhen        aber    auf
Einzelmerkmalen und wurden eindeutig widerlegt.17
Vor etwa 5000 Jahren wurde die Falbkatze in Ägypten gezähmt und
gelangte später als domestizierte Katze über Handelswege nach Asien
und         Europa.         Katzenknochenfunde                   aus        dem       Altertum   an
siebenundachtzig Stätten ergaben, dass die Nachkommen der
Falbkatze schon im 1. Jh. v.Chr., zum Ende der Eisenzeit, in Gallien
und Großbritannien zu finden waren. Fuß fasste die Hauskatze in
Europa mit Hilfe der Römer und breitete sich auch nach dem Zerfall des
römischen Reiches weiter in Mitteleuropa aus. Seitdem ist sie mit
einigen Höhen (die Karolinger-Zeit) und Tiefen (die maßlose Verfolgung
im Mittelalter) im Grossteil Europas sesshaft.18 Hauskatze und
Wildkatze leben oft syntop und so ist eine Vermischung beider Arten
nicht auszuschließen. Dabei entstehen sogenannte „Blendlinge“, die
nach STARK (1995) äußerst selten auftreten. Auch RANDI & RAGNI
(1991) bestätigen dies, und ebenso entdeckte PIECHOCKI (1990) nur 5
Blendlinge unter 101 untersuchten Katzenbälgen. CONDÉ und
SCHAUENBERG zeigten an einer Population in Lothringen, dass
Blendlinge in freier Wildbahn im Wettbewerb mit reinen Wildkatzen
unterlegen sind und so keine Mischbevölkerung entstehen kann.19 Die
Unterscheidung der beiden Katzenformen ist schwierig und unterliegt
auch weiterhin, trotz der vielen Ansätze einiger Wissenschaftler, dies
über        Fellmuster,         Körpergröße,           Cranial-Indizes            oder   genetische
17
   BENECKE 2001
18
   BOBIS 2001
19
   LEYHAUSEN 1988
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Analysen zu bewerkstelligen, vielen Ergänzungen und Verbesserungen.
Morphologische Merkmale dienen zur Unterscheidung der beiden
Unterarten am lebenden Tier. Die Merkmale sind allerdings aufgrund
der Vermischung der beiden Formen nicht immer eindeutig. Generell
lässt sich feststellen, dass Hauskatzen ein geringeres Gewicht
aufweisen. Die männlichen Hauskatzen liegen mit dem Mittelwert von
4,5 kg 0,5 kg unter dem Mittelwert der männlichen Wildkatzen, wobei
die Hauskatzenweibchen sich nur um 0,1 kg im Mittelwert von den 3,5
kg der weiblichen Wildkatzen unterscheiden. Felis silvestris silvestris
hat durchschnittlich eine größere Körperlänge mit 912 bzw. 828 mm, im
Gegensatz zu den normalen Hauskatzen mit lediglich einer Körperlänge
von 826 bzw. 749 mm.20
Die folgende Tabelle listet die äußeren Unterscheidungsmerkmale auf:

Merkmale Wildkatze – Hauskatze (lebend)
                 Fellfarbe                   Fellmuster       Haarlänge       Körperbau            Kopf

Wildkatze        Verwaschen                  Verwischte       Lang            Plump wirkend Wuchtig,
                 getigert, creme-            Zeichnung                        und starke           breiter
                 gelber bis grau-                                             Läufe (vor           Schnauzen-
                 brauner Grundton,                                            allem im             teil
                 heller Kehlfleck und                                         Winter)
                 heller Bauch

Hauskatze Schwarz-, grau-,                   Meist kräftig Kurz               Schlank              Schlanker
                 oder rot-getigert;          durchge-                         wirkend und          Schnauzen-
                 Grundton variabel,          zeichnet                         dünne Läufe          teil
                 Flecken kräftig weiß

                 Nasen-          Ohr              Schwanz        Schwanz-               Tasthaare          Krallen
                 spiegel                                         musterung

Wildkatze        Hell fleisch- Klein              Stumpf-        Deutliche,             Weiß,              Hell
                 farben          wirkend, da endend,             schwarze Ringe         kräftige           horn-
                                 längeres         stark          mit schwarzem          Struktur           farben
                                 Kopfhaar         buschig        stumpfen Ende

Hauskatze Alle                   Groß             Spitz-         Undeutliche,           Schwächer          Meist
                 Variationen wirkend, da endend,                 meist unvoll-          ausgebildet        dunkel

20
     RAIMER & SCHNEIDER 1983; PIECHOCKI 1986
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                 möglich         kürzeres         kurzhaarig ständige
                                 Kopfhaar                        Ringelung, Ende
                                                                 konisch

Tab.1: Äußere Unterscheidungsmerkmale der Europäischen Wildkatze gegenüber der
getigerten Hauskatze (BORTENLÄNGER 1995)

Die nachstehende Tabelle zeigt die Unterschiede, die nur am toten Tier
zu untersuchen sind:

Merkmal Wildkatze – Hauskatze (tot)
                                        Wildkatze                              Hauskatze

Darmlänge                               1170 – 1650 mm                         1550 – 2540 mm

Darmindex1                              2,04 – 3,17                            3,26 – 4,84

Schädelkapazität                        32,5 – 50 cm³                          20 – 35 cm³

Schädelindex2                           2,75

1
    Darmindex = Darmlänge/Körperlänge; 2 Schädelindex = Schädellänge in mm/Schädelkapazität in m3

Tabelle 2: Unterscheidungskriterien der Europäischen Wildkatze von der Hauskatze,
am toten Tier (BORTENLÄNGER 1995)

Die auffälligsten Merkmale an einer Wildkatze, neben dem ocker-
grauen Fell und dem gedrungenen Körper, sind ihr stumpf-endender
schwarz geringelter Schwanz, die fleischfarbene Nase, die Sohlflecke
an den Hinterbeinen und der in der Regel vorhandene helle Kehlfleck. 21
Auf folgenden Bildern erkennt man den deutlichen Unterschied
zwischen dem stumpfendenden Schwanz einer Wildkatze (Abb.3) und
dem am Ende spitz zulaufenden einer Hauskatze (Abb.4).

21
     PIECHOCKI 1990
Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz           Seite 9
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            Abb.3: Foto eines narkotisierten etwa einjährigen Wildkatzen-Kuders.

Abb.4: Foto einer etwa einjährigen Hauskatze. Todfund, abgegeben zur Bestimmung.

In den letzten Jahren wurden verstärkt molekulargenetische Arbeiten
zur Frage der Hybridisierung von Haus- und Wildkatzen durchgeführt.22
DNA-Analysen haben gegenüber morphologischen Untersuchungen
den Vorteil, dass bereits kleine Gewebemengen ausreichen. Sie
ermöglichen              eine       weniger          invasive         Entnahme        genetischen
Untersuchungsmaterials. Der genetische Status der Wildkatze in
Deutschland wurde bisher wenig untersucht. Für die Population in der
Eifel liegt eine Pilotstudie zur Identifizierung von Haus- und Wildkatzen
22
     RANDI et al. 2001, HILLE et al. 2000
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       - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

anhand von Mikrosatellitenallelen vor, die sich auf eine Stichprobe von
24 Tieren stützt.23 Die Ergebnisse wiesen auf eine fast vollständige
Abwesenheit der Hybridisierung dieser beiden Unterarten hin. 2003
wurde von ECKERT eine Studie zur Analyse der genetischen
Variabilität von Wild- und Hauskatzenbeständen mittels molekularer
Marker durchgeführt.24 Die Ergebnisse der Analyse der mitochondrialen
DNA ergaben keine Überschneidung der Haplotypen von Haus- und
Wildkatzen und damit keinen Hinweis auf eine Introgression von
verwilderten Hauskatzen in Wildkatzenbestände. In umgekehrter
Richtung ist es nach ECKERT (2003) möglicherweise zu einer
begrenzten Introgression gekommen. Im Gegensatz zu den Wildkatzen
zeigten        die      Ergebnisse          eine      hohe       genetische           Variabilität    der
Hauskatzen. Diese auffallend hohe genetische Variabilität wird als
Hinweis          auf      eine       mehrfache           Domestikation                der   Hauskatze
                   25
interpretiert.

2.3      Lebensweise
Auch oft als “Waldkatze“ bezeichnet, benötigt Felis silvestris als
wichtigsten Habitattyp den Wald.26 Jagdplätze und Unterschlupf für ihre
Tagesruheplätze                 können          jedoch          in      davon           abweichenden
Habitatsformen wie zum Beispiel Steinbrüchen, verbuschten Bereichen
oder Wiesen vorkommen.27 Nach den langjährigen Erfahrungen von DE
LEUW (1976) passt sich kaum eine andere Wildart den landschaftlichen
Gegebenheiten so an wie gerade die Wildkatze. Allgemein fasst
PARENT (1975) bevorzugte Habitattypen für die Katze so zusammen:
Gewässernähe; Dickicht (vor allem stachelige Gewächse); Waldränder
mit Randeffekten. Das Biotop sollte möglichst mehrere 10.000 ha groß
sein       und aus verschiedenen Waldformationen bestehen. Nach
PIECHOCKI (1990) dienen zusätzlich die Waldlichtungen oder
Freiflächen             als    wichtiges         Habitat        zur      Nahrungssuche.              Eine
Kulturlandschaft von Hecken, bachbegleitenden Gehölzstreifen und
23
   HILLE et al. 2001
24
   ECKERT et al. 2003
25
   ECKERT et al. 2003
26
   STAHL & ARTOIS 1991, PIECHOCKI 1990
27
   SUNQUIST & SUNQUIST 2002
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       - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

Feldgehölzen durchzogen, erleichtert den Wildkatzen die Wanderung
zwischen den Biotopen.28
Die Sinne einer Wildkatze sind auf die Jagd spezialisiert. So sind es,
neben anderen gut entwickelten Sinnen, die Augen und die Ohren, die
am besten ausgebildet sind. So weisen Wildkatzen das größte
Verhältnis von Schädellänge zur Größe der Augenhöhle (1:4) auf.
Diesbezüglich übertreffen die Katzenartigen alle Landraubtiere, was die
Bedeutung dieses Sinnesorgans bezeugt. Zudem befähigen ihre Augen
die Katzen, sich schnell an die Dunkelheit zu adaptieren. Die Ohren der
Katzen sind ebenfalls sehr fein ausgebildet. Das Stellen der relativ
großen Ohrmuscheln nach der Geräuschquelle erfolgt reflexartig.29
Das Gebiss einer Wildkatze entspricht dem der feliden Karnivoren:
Inferior 3131 und Superior 3121, wobei die Brechschere auch hier gut
ausgebildet ist und aus P4 und m1 besteht.

                    Abb.5: Gebiss eines etwa einjährigen Wildkatzenkuders

Obwohl die Wildkatze ein exzellenter Kletterer ist, jagt sie hauptsächlich
auf dem Boden. Dies geschieht vor allem während der Dämmerung und
der Nacht. Wildkatzen können auch tagaktiv sein und sich der
polyphasischen Aktivität ihrer Beute und den Witterungsverhältnissen

28
     PIECHOCKI 1990
29
     PIECHOCKI 1990
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       - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

anpassen.30 Ihre Jagdtechnik besteht dabei aus Schleichen, Lauern und
Springen. Häufig wird die Beute direkt durch einen Nackenbiss getötet.
Die Beute der Wildkatze besteht vorwiegend aus kleinen Nagern wie
der Feldmaus (Microtus arvalis) und der Schermaus (Arvicola
terrestris).31 Seltene Ausnahmen im Beutespektrum sind Vögel,
Reptilien, Hasen und Kitze.32 Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) sind
nur in Spanien, Portugal33 und in Schottland34 ein wesentlicher
Bestandteil des Beutespektrums. Selbst beim Fischfang wurde eine
Wildkatze schon einmal beobachtet.35 In besonderen Fällen lässt sich
auch Kurioses in Magenanalysen feststellen. So schreiben SUNQUIST
& SUNQUIST (2002: S. 87): „Scats and stomach samples show that
wildcats occasionally eat grasses, insects, frogs, fruit, roe deer fawns,
young chamois, fish, martens, polecats, and weasels.“
Wildkatzen           werden wie             die     meisten        Feliden als Einzelgänger
bezeichnet. Gelegentlich treffen aber Individuen zusammen und halten
sich nahe beieinander auf.36 Dies geschieht vor allem während der
Ranzzeit im Februar und März. In dieser Zeit treffen Katzen und Kuder
zur Fortpflanzung, wie auch Kuder und Kuder zur Austragung von
Rivalenkämpfen aufeinander.37 Die weiblichen Wildkatzen werden mit
12 Monaten geschlechtsreif, Kuder mit 10 Monaten.38 Nach 66 Tagen,
zwischen April und Juni, werfen die Weibchen ein bis maximal sechs
Junge.39 Die meisten Gehecke haben 2-3 Junge, der Durchschnitt liegt
bei 2,5 Jungen in Niedersachsen/Hessen.40 Die Wurflager sind
Baumhöhlen, Bodenmulden, Wurzelteller, Baue, dichter Unterwuchs,
Todholz oder auch Felsspalten und Polder.41 Im August kann es nach
einer zweiten Ranzzeit zu einem zweiten Wurf kommen, wenn der erste
Wurf erfolglos war.

30
   ARTOIS 1985
31
   KOZENÁ 1990, LIBEREK 1990, MEINIG 2002, SLÁDEK 1973, STAHL 1986
32
   RAGNI 1978, LINDEMAN 1953, SLÁDEK 1970, KITCHENER 1991
33
   LOPES FERNANDES 1992, MOLEON & GILSANCHEZ 2003, SARMENTO 1996
34
   CORBETT 1979, KITCHENER 1995
35
   DE LEUW 1976
36
   STEFFEN 2003
37
   PIECHOCKI 1990
38
   PUSCHMANN 1985
39
   HERRMANN 1991
40
   RAIMER 1994
41
   MÜLLER-KROEHLING 2001, SUNQUIST & SUNQUIST 2002
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Als Prädatoren der Jungtiere sind Baummarder und Rotfuchs
beobachtet worden42, und HALTENORTH (1957) meinte, dass in
Gegenden, wo viele Wieselarten existieren, kaum Gehecke der
Wildkatze            hochkommen.              Welche          Interaktionen             es     zwischen
Marderhunden oder Waschbären und Wildkatzen gibt, ist derzeit
unbekannt. Generell gilt – neben dem Menschen – der Luchs, wenn
vorhanden, als Hauptfeind und Konkurrent der Wildkatze. Weitere
Feinde sind die Marder (besonders Baum- und Steinmarder, und
Wiesel         für     Jungkatzen),          Steinadler         und       Uhu         potentiell. 43   Als
Konkurrenten werden ansonsten noch Rotfuchs, Marder und andere
Raubtiere aufgefasst.44
In Freilanduntersuchungen wurde eine Überlebensrate von 20% bis
zum vierten Lebensmonat beobachtet.45 Dabei wurden 53 Jungtiere,
von denen 16 besendert waren, 112 Tage lang beobachtet. Daten
darüber, wie hoch die Mortalität bis zum Erreichen der Geschlechtsreife
ist, liegen nicht vor. Vergleicht man dies mit der Jugendsterblichkeit
vom Luchs, die bei 60% liegt,46 oder der des Fuchses (60 - 70%),47 so
ist die von GÖTZ festgestellte Sterberate wahrscheinlich etwas zu hoch
oder nicht repräsentativ.
In Gefangenschaft können Wildkatzen 12 bis 15 Jahre alt werden 48,
PIECHOCKI              &     MÖLLER            (1983)       geben         etwa        16     Jahre      als
Lebenserwartung an. PIECHOCKI & STIEFEL (1988) kamen bei der
Untersuchung der Altersstruktur der Wildkatzenverluste zu dem Schluß,
dass die Lebenserwartung in der Natur mit 12 – 15 Jahren wohl zu
hoch        eingeschätzt          wird.      BÜTTNER            (1994)       schreibt,        dass     die
Lebenserwartung für wildlebende Wildkatzen auf etwa 6 Jahre korrigiert
wurde.

42
   GÖTZ & ROTH 2006
43
   SCHAUENBERG 1970
44
   HEPTNER & SLUDSKIJ 1972/1980
45
   GÖTZ & ROTH 2006
46
   JOBIN 1998
47
   LINDEROTH 2005
48
   WEIGEL 1972
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2.4      Wanderverhalten
Die        Streifgebiete          der       Wildkatzen           sind       geschlechtsspezifisch
unterschiedlich                 groß.           Radiotelemetrische                    Studien      zu
Streifgebietsgrößen innerhalb Deutschlands ergaben ein Streifgebiet
von der Größe 200 bis fast 2000 ha für weibliche Katzen. Die
Streifgebiete der Kuder dagegen haben eine Größe von 2000 bis 5000
ha.49 Jungkuder können auf der Suche nach einem passenden Revier
auch ein weitaus größeres Gebiet besiedeln.50 Fachliteratur und frühere
Projekte über die Wildkatze deuten darauf hin, dass die Wildkatze ihr
Streifgebiet in den Jahreszeiten verlagert.51 Dies tut sie zum einen, um
extremen Klimabedingungen zu entfliehen, zum anderen aber auch um
geeignete Jagdreviere zu finden.52 Auch während der Ranzzeit
vergrößert sich das Streifgebiet der Wildkatzen kurzzeitig. 53
Wildkatzen gelten allgemein als standorttreu, die immer wieder in ein
Einstandsgebiet zurückkehren54, allerdings auch innerhalb eines großen
Waldgebietes „wandernd“, sie passen sich den Gegebenheiten an.
Insbesondere zur Ranzzeit wandern vor allem Jungkatzen bis über 100
km55. Aber auch adulte Kuder wandern nach dem Winter, wie ein
besendertes Tier in Schottland mit einer 40 km Wanderung belegt.56
Der Durchschnitt für die pro Nacht zurückgelegte Strecke liegt bei 2,8
km im Sommer und bei 11,3 km im Winter. Über eine Zeitspanne von
14h lag die längste beobachtete Wanderung eines Männchens (Feb.
1996) bei 13,3 km. Nächtliche Bewegungen im Winter/Frühjahr lagen
im Mittel bei 5,5 km und waren signifikant länger als im Sommer/Herbst
im Mittel bei 3,0 km.57 Für einen Kuder in der Eifel wurden jedoch die
längsten nächtlichen Laufstrecken mit 8,8 km im Frühling ermittelt und
nur      4,1      km      im     Herbst.58       Bei     Weibchen           konnten      im     selben
Untersuchungsraum längere zurückgelegte Distanzen im Frühling und

49
   HUPE 2002, STEFFEN 2003, KLAR 2003, WITTMER 1998
50
   HUPE 2002
51
   STEFFEN 2003, WITTMER 1998, PIECHOCKI 1990, CORBETT 1979, RAGNI 1978
52
   CORBETT 1979, RAGNI 1978
53
   STEFFEN 2003, WITTMER 1998
54
   DE LEUW 1976
55
   BOBAK 1964, HUPE 2000
56
   CORBETT 1979
57
   WITTMER 2001
58
   HÖTZEL et al.
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Sommer (4,7 bzw. 3 km) und kürzere im Winter festgestellt werden.
Dies steht im Widerspruch zu den Überlegungen, dass Wildkätzinnen
im Frühling und Frühsommer kleine Gebiete nutzen, weil sie die Jungen
versorgen.59 Es kann sein, dass die beobachteten Kätzinnen nicht
trächtig waren oder ihre Jungtiere verloren haben.
Die am Tage zurückgelegten Strecken betragen bei Kudern und
Kätzinnen nur jeweils wenige hundert Meter, meistens bis zu 300.60
Zusammenfassend meinen HÖTZEL et al. (2007:102):
„Die       Ranzzeit         drängt       die     Männchen           offensichtlich          dazu,    ihre
Laufaktivität gegenüber dem Winter zu steigern. Im Frühjahr sind die
Laufleistungen von Wildkatzen individuell sehr unterschiedlich und
hängen vermutlich stark vom Geschlecht, der körperlichen Verfassung
und der Strukturierung des Lebensraumes ab. Vom Sommer bis zum
Winter hin nehmen die Strecken der Streifzüge bei Kudern wie bei
weiblichen Wildkatzen ab. Im Großen und Ganzen kann man an den
Laufstrecken erkennen, dass in den wärmeren Jahreszeiten weite
Wege zurückgelegt werden und dass in kälteren Perioden – außer
während der Ranz – die Aktivität eingeschränkt wird.“

2.5      Motivation (Saarland u Rheinland-Pfalz als Kernraum)
Dadurch, dass Saarland und Rheinland-Pfalz im Kerngebiet der
Europäischen Ausbreitung sind und außerdem noch eines der größten
und genetisch reinsten Vorkommen der Spezies felis silvestris
aufweisen, kommt diesen Bundesländern eine besondere Rolle beim
Schutz         der        Wildkatze       zu.     Diese        Rolle      wird        auch    in    dem
Artenschutzprojekt               Wildkatze         deutlich,       das      beide       Bundesländer
aufgrund dessen gestartet haben. Ziel dieses Projektes ist es, zum
einen mehr über die Wildkatze herauszufinden, und zum anderen
Planungsgrundlagen für einen umfassenden Schutz der Populationen
zu       erstellen.        Erste     Ergebnisse           haben        schon          zum    Bau     von
Wildkatzenschutzzäunen                    entlang        eines       Teilstückes        der     A1     in
Rheinland-Pfalz und zum Bau einer Grünbrücke geführt. Weitere

59
     HELLER 1987
60
     HÖTZEL et al. 2007
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Grünbrücken befinden sich zur Zeit im Bau auf der geplanten Trasse
der A65 bei Wittlich. Jetzt stellt sich allerdings auch die Frage, ob die
Bestrebungen der Bundesländer erfolgreich waren. Hat sich die
Population stabil halten können oder hat die Wildkatze sogar neue,
geeignete Gebiete erschließen können? Und wenn ja, mit welcher
Geschwindigkeit hat sie sich ausgebreitet, und welche Barrierewirkung
kommt          dabei       Straßen         zu?      Es      gibt     bereits          einige   Straßen-
Barrieremodelle             für Säugetiere,              aufgegliedert         in      Karnivore   und
Herbivore, doch stimmen diese auch für die Wildkatze? Aufgrund von
Telemetrieergebnissen und Beobachtungen durch HERRMANN konnte
festgestellt werden, dass Wildkatzen bei der Jagd die Grünstreifen
neben stark befahrenen Autobahnen aufsuchen und nur wenig vom
Verkehr irritiert werden. Von daher könnte die abschreckende Wirkung
von Verkehrswegen gering und die Barrierewirkung aufgrund von
Kollisionen mit Fahrzeugen die bedeutsamere sein.

2.6      Fragestellung
Wie wird sich die Population der Wildkatze in den nächsten Jahren
ausbreiten? Gibt es geeignete Habitate, in die die Wildkatze aufgrund
der Barrierewirkung von Straßen nicht einwandern kann? Wird es zu
einer Verinselung von Populationen kommen und werden diese dann
noch überlebensfähig sein (n > 500)?

3.       Material und Methoden

3.1      Untersuchungsgebiet

3.1.1 Saarland

Das Saarland liegt im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland. Es
erstreckt sich über Teile des Hunsrücks mit dem schwarzwälder
Hochwald, des lothringischen Schichtstufenlandes und des Saar-Nahe-
Berglandes. Außerdem dringen die Ausläufer des Pfälzerwaldes weit in
das Land ein. Weitere wichtige Gebiete sind der Bliesgau und der
Saargau mit ihren fruchtbaren Kalksteinböden.
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Ein Drittel der Fläche des Saarlandes ist mit sommergrünem Mischwald
bedeckt. Damit hat das Saarland gemeinsam mit Hessen und Baden-
Württemberg die prozentual größte Waldfläche Deutschlands. Darüber
hinaus nimmt hier der Laubwald im Vergleich zu allen anderen
Bundesländern den größten Anteil der Gesamtwaldfläche ein.
Der längste saarländische Fluss ist die Blies. Sie entspringt im
nördlichen Saarland bei Selbach und mündet im Süden als Grenzfluss
bei Saargemünd (Frankreich) in die Saar. Weitere wichtige Flüsse sind
Saar, Mosel, Prims, Nied und Nahe. Das Klima ist gemäßigt ozeanisch.
Die jährliche Niederschlagsmenge liegt im Durchschnitt bei 800
Millimetern. Das Saarland gehört zu den wärmsten Regionen
Deutschlands.

3.1.2 Rheinland-Pfalz

Rheinland-Pfalz ist Südwesten Deutschlands gelegen und umfasst im
Norden vom Rheinischen Schiefergebirge den südlichen Teil der Eifel,
den Hunsrück, den westlichen Westerwald und den nordwestlichen Teil
des Taunus sowie im südlichen Bereich das Mainzer Becken, das
Rheinhessische             Hügelland,           das        Nordpfälzer             Bergland,   die
Westpfälzische Moorniederung, die Südwestpfälzische Hochfläche, den
Pfälzerwald und einen Teil der Oberrheinischen Tiefebene.
Durch Rheinland-Pfalz fließen die Bundeswasserstraßen Rhein, Mosel,
Saar und Lahn. Das Land Rheinland-Pfalz gliedert sich in die folgenden
Regionen: im Norden der Westerwald, im Westen die Eifel, in der Mitte
der Hunsrück, Mosel-Saar – welches Eifel und Hunsrück voneinander
trennt, im Osten der Taunus und Rheinhessen sowie im Süden die
Pfalz. Dabei bilden die Gebiete Neuwieder Becken, Rhein-Main-Gebiet
und Rhein-Neckar-Dreieck besondere Ballungsgebiete, die beiden
letzten mit Verbindung zu den benachbarten Bundesländern.
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3.2      Datengrundlage

3.2.1 Population

Die kleinste noch überlebensfähige Population nach Franklin (1980) ist
diejenige, die nach genetischen Berechnungen die nächsten 100 Jahre
mit einer 99 %-igen Wahrscheinlichkeit überstehen könnte. Dies
bedeutet           bei        Wirbeltieren,        dass       eine         Population     aus    500
reproduktionsfähigen                  Wirbeltieren          bestehen          muss,      wobei    es
gewährleistet sein muss, dass jedes reproduktionsfähige Weibchen
begattet werden kann und es kein Übergewicht an männlichen Tieren
gibt. Falls dies nicht der Fall ist, so führt dies langfristig zu genetischer
Verarmung durch Gendrift. Kurzzeitig darf die Population nicht unter 50
Individuen fallen. Tritt dies ein, dann ist diese Population durch Inzucht
und       zufällige        Populationsschwankungen                    beziehungsweise           durch
Katastrophen extrem gefährdet. Allerdings sind auch heute noch die
Kenntnisse über das notwendige Ausmaß an genetischer Vielfalt noch
unzureichend, um genaue Mindestgrößen für verschiedene Tierarten
angeben zu können. So gibt es verschiedene Haustier- und
Wildtierpopulationen, die trotz mehrerer genetischer Engpässe und
hochgradiger Homozygotie problemlos überleben.61
Von daher kann man sich überlegen, wie groß die minimale Fläche für
eine        überlebensfähige              Wildkatzenpopulation                 unter     günstigsten
Bedingungen sein muss. Dabei muss man die durchschnittliche
Reviergröße kennen, die bei einem Kuder ca. 1000 Hektar und bei
einer Kätzin 250 Hektar beträgt. Anhand von Telemetriedaten hat
HERRMANN                 et     al.   einen       Dichtewert          in    einem       vollbesetzten
Lebensraum unter günstigsten Umständen von 0,5 Tiere/km 2 ermittelt.62
Im Mittelgebirge kann man in der Regel laut Raimer (1991) von 0,3
Tieren/km2 ausgehen. Dabei überlagert sich das Streifgebiet eines
Kuders mit dem mehrerer Kätzinnen. In den Randbereichen kommt es
dann auch teilweise zu Überschneidungen mit anderen Kudern. Aus
diesen Werten kann nun die Mindestarealgröße berechnet werden:

61
     STÜWE & GRODINSKI 1986
62
     HERRMANN 2000
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Durchschnittliche Dichte: 0,3 Tiere/km2
500 Tiere benötigen 1500 km2
50 Tiere 150 km2

3.2.2 Habitatfragmentierung

Unter Habitatfragmentierung versteht man die Verinselung von
Festlandhabitaten,                die      mit       abnehmender              Habitatgröße        und
zunehmender               Isolation       einhergehen.            Habitatfragmentierung           und
Habitatverlust steigern Extinktionsraten und gehören mit zu den
Hauptgründen               für       den       lokalen,         regionalen            und     globalen
Diversitätsverlust.63
Habitatverlust und Habitatfragmentierung trifft aber auch innerhalb einer
Artengruppe nicht alle Arten gleichermaßen.64 Insbesondere seltene
Arten65,       Arten mit hoher Populations-Variabilität                               oder niedrigen
Populationsdichten66,               Nahrungsspezialisten67,                 Arten       mit   geringer
Ausbreitungsfähigkeit68 und Arten in höherer trophischer Position69
gelten         als       besonders           sensibel          gegenüber              Fragmentierung.
Habitatspezialisten sind häufig durch eine Kombination mehrerer der
eben aufgezählten Eigenschaften charakterisiert.70 Habitatspezialisten
gelten daher als besonders anfällig gegen Habitatfragmentierung, wie
Studien          zu       Blütenpflanzen71             und       zu       Tagfaltern72        belegen.
Habitatgeneralisten                sollten        dagegen           durch        die        umgebende
Landschaftsstruktur stärker beeinflusst sein.73 Die Einteilung in
Habitatspezialisten und Habitatgeneralisten ist somit eine wichtige
Grundvoraussetzung um Auswirkungen von Habitatfragmentierung und
Landschaftsstruktur zu verstehen. Trotzdem werden Arten nur selten in
solche ökologischen Gruppen eingeteilt (siehe aber z. B. Warren et al.

63
   BEGON et al. 1996, WHITTAKER 1998
64
   PIMM 1991, LAWTON 1995, TSCHARNTKE et al. 2002
65
   PIMM 1991, GASTON 1994, LAWTON 1995
66
   PIMM 1991, KRUESS & TSCHARNTKE 1994, LAWTON 1995, ZABEL & TSCHARNTKE 1998
67
   ZABEL & TSCHARNTKE 1998, STEFFAN-DEWENTER & TSCHARNTKE 2000
68
   BUNCE & HOWARD 1990, LAWTON 1995, DE VRIES et al. 1996, BENDER et al. 1998
69
   PIMM 1991, LAWTON 1995, HOLT et al. 1999, TSCHARNTKE & KRUESS 1999, DAVIES et al. 2000
70
   LAWTON 1995, FISCHER & STÖCKLIN 1997, WARREN et al. 2001, BRÄNDLE et al. 2002
71
   FISCHER & STÖCKLIN 1997
72
   THOMAS et al. 1992, WARREN et al. 2001
73
   JONSON & FAHRIG 1997
Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz           Seite 20
       - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

2001). Selbst bei den sonst gut erforschten Arten-Areal-Beziehungen
fehlen diese Einteilungen weitestgehend.74 Die Wildkatze wird als
„Habitat generalist species“ eingeschätzt,75 da sie insbesonders
verschiedene Habitate im Winter und Sommer nutzt bzw. von höheren
Gebirgslagen die im Sommer genutzt werden in tiefere Lagen bei
Schnee wechselt. Dies weist hin auf die Flexibilität der Art und die
Lebensraumnutzung nach Verfügbarkeit der Nahrung.

3.2.3 Barrieren

Unter Barrieren versteht man Hindernisse, die Räume trennen oder
abgrenzen. Unter populationsdynamischen Aspekten sind dies bei
Tieren natürliche und anthropogene Barrieren. Da die Wildkatze früher
in     ganz Mittel- und                Südeuropa           verbreitet       war, ausgenommen
Extremgebiete wie in den Hochgebirgen, kann man davon ausgehen,
dass die bedeutendsten Barrieren in Rheinland-Pfalz und dem Saarland
anthropogen sind. Dazu zählen insbesondere bei der Wildkatze
Siedlungen, Straßen und große landwirtschaftlich genutzte Flächen
ohne Randstrukturen und Bäume.
Da sich die Wildkatze menschlichen Siedlungen nicht mehr als 100
Metern nähert76, sind diese als Barriere zu betrachten. Wenn sich
Siedlungen dann im Laufe der Zeit ausdehnen und zusammenwachsen,
so bilden diese für die Wildkatze unüberwindliche Bänder und führen
zum Abtrennen von Populationen untereinander. In gleicher Weise
können diese aber auch dazu führen, dass für Wildkatzen geeignete
Lebensräume nicht erreicht oder besiedelt werden können.
Straßen können auch eine Barrierewirkung aufweisen, die aber sehr
stark von dem Verkehr abhängt. Abgesehen vom Verkehr kann eine
Straße auch dann als Barriere wirken, wenn es Wildkatzen aufgrund
baulicher          Einrichtungen             (Lärmschutzwände,                 steile   Felswände,
Hangbefestigungen aus Beton, Wildkatzenzäune) unmöglich ist, die
Fahrbahn zu erreichen bzw. zu überqueren.

74
   HARRISON & BRUNA 1999
75
   VIRGÓS et al. 2002
76
   HERRMANN mündl.
Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz            Seite 21
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3.2.4 Klima

Die Wildkatze ist an das ozeanisch gemäßigte Klima Mitteleuropas gut
angepasst. Da sie auf Mäuse als Hauptbeute spezialisiert ist, hat sie bei
großen Schneehöhen über einen längeren Zeitraum aber Probleme
beim Beutefang. Aus diesem Grund ist sie in den alpinen Regionen
bzw. in höheren nördlichen Breiten oder in kontinentaleren Klimaten mit
höheren Schneemengen nicht mehr anzutreffen. EIBELE (1980) stellt
weiterhin fest, dass es einen deutlichen Zusammenhang vom Fehlen
der Art in Arealen mit einer jährlichen Niederschlagsmenge von mehr
als 1.600 mm gibt.

3.2.5 Biotoptypen

Die von Wildkatzen besiedelten Wälder sind in der Literatur als Buchen-
, Eichen-, Eichen-Hainsimsen-, Laub-, Mischwald oder auch als
Nadelwald beschrieben worden, wobei Laubwald jedoch dominiert.
Innerhalb des Verbreitungsgebietes wird die Stärke der Bindung an
Wald jedoch unterschiedlich bewertet. So gibt es telemetrierte Tiere, die
den Wald nicht verließen77 im Gegensatz zu Tieren, die mosaikartige
sowie Offenlandschaften nutzten.78 So erwähnt auch TRINZEN (2006)
bei einem Projekt in der Eifel: „Keine Seltenheit war die Nutzung von
Offenland. Die Katzen entfernten sich mit bis zu 1,5 km deutlich weiter
vom Wald als es Untersuchungsergebnisse aus anderen Projekten
erwarten ließen.“
In Rheinland-Pfalz und Saarland geht HERRMANN davon aus, dass
das Haupthabitat Buchenwäldern mit hohem Todholzanteil und
Windwurfflächen               bildet.      Des        Weiteren         hat      er    anhand   von
Telemetrieergebnissen eine Affinität zu Wasser festgestellt. Allerdings
scheint dies überwiegend für die Population in Rheinland-Pfalz und
Saarland zu gelten, da in Bayern in der Schwäbischen Alb größere
Wildkatzenpopulationen in trockenen Karstgebieten mit wenigen

77
     MÖLICH & KLAUS 2003
78
     LOZANO et al. 2003
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       - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

Gewässern vorkommen. VOGT (1985) ist der Meinung, dass das
Spektrum der Lebensräume in Deutschland weitaus größer ist als
gedacht und die Wildkatze wie PIECHOCKI & MÖLLER behaupten
„kein reiner Waldbewohner“ ist.

3.2.6 Populationszonen

Kernräume der Wildkatzenverbreitung sind besonders wichtig, da nur
Kernräume einen Reproduktionsüberschuss erwarten lassen, was die
Wiederbesiedlung angrenzender Räume erlaubt.
Besiedelte Räume sind wichtig um zur Stabilität der Population
beizutragen.
In      den       Randzonen             müssen            biotopverbessernde          Maßnahmen
durchgeführt werden um eine dauerhafte Besiedlung dieser Gebiete zu
erlauben.          Darüberhinaus             ist     in     diesen        Bereichen    auf   eine
Durchwanderbarkeit der Landschaft für Wildkatzen zu achten.

3.2.7 Lockstöcke

Lockstöcke sind eine sehr einfache Art und Weise, um Wildkatzen
nachweisen zu können. Dazu wird ein Holzpfahl ausgehöhlt und mit
einem Lockstoff befüllt. Bei Wildkatzen hat sich dazu eine Mischung
aus frisch gemahlenem Baldrian mit Katzenminze bewährt.79 Der
Lockstock wird im zu untersuchenden Gebiet eingeschlagen. Der
Geruch lockt Tiere an, die sich an dem Holzpfahl reiben und dabei
Haare an dem Pfahl zurücklassen. Nach einigen Tagen kehrt man zu
dem Lockstock zurück und sammelt die gefundenen Haare ein. Diese
werden dann zur DNA Bestimmung an ein Labor geschickt.

79
     HERRMANN & TRINZEN mündlich
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              Abb.6: Lockstock, aufgestellt bei Zeltingen in Rheinland-Pfalz

Der Nachteil der Lockstock-Methode ist, dass auch andere Tiere als
Wildkatzen von dem Geruch des Lockmittels angelockt werden und sich
an dem Pfosten reiben. Des Weiteren wirkt der Lockstoff auch sehr gut
auf Hauskatzen, weshalb eine DNA Analyse der eingesammelten
Haare überaus wichtig ist. Um einzelne Tiere auch ohne DNA Analyse
voneinander unterscheiden zu können, wird bei einem Lockstock meist
auch eine Photofalle installiert, die von den angelockten Tiere Photos
macht.      Das Gerät hat einen eingebauten Bewegungssensor, einen
Blitz und einen Timer. Kommt ein Tier in den Bereich des
Bewegungssensors, so wird der Blitz und der Fotoapparat ausgelöst.
Danach läuft ein Timer, der es der Kamera erlaubt, erst nach dem
eingestellten Zeitintervall ein weiteres Photo aufzunehmen. Auf diese
Weise ist dafür gesorgt, dass der Film nicht nach dem ersten Tier voll.
Die Wildkatze (Felis silvestris Schreber 1777) in Saarland und Rheinland-Pfalz           Seite 24
    - Modellierung der Ausbreitung unter Einfluss von Strassen als Barrieren -

              Abb.7: Fotofalle, aufgestellt bei Zeltingen in Rheinland-Pfalz

Die Photos alleine sind jedoch kein sicherer Wildkatzen-Nachweis, da
es Hauskatzen gibt, die phänotypisch einer Wildkatze ähneln. Je nach
Position und Haltung kann es dann nicht möglich sein, auf dem Photo
das Tier eindeutig zuordnen zu können.

3.2.8 Todfunde

Neben dem Fang von Wildkatzen und der genetischen Analyse von
Haaren an Lockstöcken, ist ein Todfund die sicherste Methode zur
Gewinnung von Informationen über das Ausbreitungsverhalten der Art.
Zum     einen       kann       man        mittels      Sektion        und      Ausmessen   der
artspezifischen Parameter kostengünstig und schnell feststellen, ob es
sich wirklich um Felis silvestris handelt, zum anderen kann man an dem
Zustand des Tieres feststellen, in welchem Lebenszustand es sich zum
Zeitpunkt des Todes befunden hat und wodurch es umgekommen ist.
Die meisten Todfunde, die Herrn Herrmann und mir zur Verfügung
standen, waren Verkehrsopfer, die von Jägern, Förster oder der
Straßenmeisterei eingesammelt, tiefgefroren und dann von Herrn
Herrmann abgeholt oder ihm zugesandt wurden. Die betreffenden
Personen wurden gebeten, genaue Angaben zum Fundort zu machen.
(Siehe Anhang)
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                            Rheinland-Pfalz              Saarland                     gesamt

-2000                       239                          40                           279

2001 - 2010                 188                          7                            195

gesamt                      427                          47                           474

Tab.3: Anzahl der Todfunde

3.2.9 Beobachtungen

Beobachtungen            sind      weit     weniger          verlässlich       als     unmittelbare
Nachweise durch Fang, DNA oder Todfund. Da dem Beobachter meist
nur ein kurzer Zeitraum zur Beobachtung zur Verfügung steht und
meistens die Sichtbedingungen/ Lichtverhältnisse nicht die besten sind
(Nachtaktivität der Wildkatzen), ist es sehr schwer für ungeübte
Beobachter festzustellen, ob es sich bei dem beobachteten Tier um
eine Wild- oder Hauskatze handelt. Aus diesem Grunde werden
überwiegend nur Beobachtungen von Jägern und Förstern in die
Datenbank aufgenommen. Diese müssen bei der Meldung einer
Beobachtung ein Formular ausfüllen und Fragen zum Verhalten und
artspezifischen Kennzeichen beantworten. Erst wenn diese schlüssig
auf eine Wildkatze hindeuten, werden die Daten in die Datenbank
übernommen. Auch wenn einige Sichtungen so fälschlich in die
Datenbank gelangen sollten, kann man bei der derzeitig vorhandenen
Datenmenge und den zweifelsfrei zuordbaren Todfunden eine gewisse
Fehlermenge tolerieren. Ein Großteil der Befragungen wurde von Herrn
Herrmann         im     Rahmen            einer     systematischen                 Befragung   aller
Forstgebiete in Rheinland Pfalz und im Saarland zwischen 1999 und
2002 erhoben. Des Weiteren wurden gezielt Befragungen im Rahmen
von Bauprojekten in der Umgebung des Baugrundstückes durchgeführt.
Dies alles bedingt, dass es nicht möglich ist, aufgrund der
Beobachtungsdaten alleine auf die gesamte tatsächliche Verbreitung
und Ausbreitung zurück zu schließen.
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                         Rheinland-Pfalz                   Saarland                 gesamt

      -2000                        836                         284                   1120

 2001 - 2010                       257                          38                   295

      gesamt                      1093                         322                   1415

Tab. 4:

3.3    Hard- und Software
Zur Berechnung der Daten und des Modells stand mir ein Pentium
Core2duo Rechner (2,2 Mhz) mit 3GB internem Speicher zur
Verfügung. Das Betriebssystem ist Windows 7 (32-bit) und die von mir
benutzte Simulationssoftware ArcView 9.3 (Student licence) der Firma
ESRI. Des Weiteren wurde die Open Office Suit Version 3.2.1 (Writer
und Math) sowie LaTex.

3.4    Kartengrundlagen und Geoinformationssystem

3.4.1 Geoinformationssystem

Geoinformationssysteme                   (GIS)       sind        Informationssysteme         zur
Erfassung, Bearbeitung, Organisation, Analyse und Präsentation
geografischer Daten. Das von mir genutzte Programm ist ArcGis von
der Firma ESRI. Mit Hilfe dieses Programmes projeziere ich alle
Beobachtungen und Todfunde auf die Karte Rheinland-Pfalz und des
Saarlandes. Außerdem gibt es Shape-Dateien des Habitat-Modelles,
des          Waldvorkommen,                    der           Siedlungen            und       der
Autobahnen/Bundesstraßen. Korreliert man diese Daten so lassen sich
Rückschlüsse auf die Population und die Ausbreitung beziehungsweise
die Barrierewirkung von Straßen ziehen. Außerdem gibt es bei diesem
Programm die Möglichkeit, durch Aneinanderreihen verschiedener
Befehle komplexe Berechnungen und zeitlich aufgelöste Daten zu
erstellen.
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