Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
Die Winter in Gerlos

           Eine Analyse amtlicher Klimadaten aus Tirol

                                                                    Foto: Schilift Zentrum Gerlos GmbH

                   FORUM ZUKUNFT SKISPORT
                        MMag. Günther Aigner

                             Empfohlene Zitierung:
AIGNER, Günther (2020): Die Winter in Gerlos. Eine Analyse amtlicher Klimadaten
                       aus Tirol. www.zukunft-skisport.at.

                      Gerlos, im Dezember 2020
Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
INHALT

1    Präambel .......................................................................................................................... 3

2    Abstract (deutsch/english) ................................................................................................ 4

3    Vorwort ............................................................................................................................. 6

4    Zur Entwicklung der Wintertemperaturen .......................................................................... 7

     4.1        Wintertemperaturen Bergwetterstationen Österreich (125 Jahre) ........................................................ 8
     4.2        Wintertemperaturen Bergwetterstationen Österreich (50 Jahre) ........................................................ 10
     4.3        Wintertemperaturen in Gerlos (1.263 m, 39 Jahre)............................................................................ 12
     4.4        Wintertemperaturen am Hohenpeissenberg (977 m, 239 Jahre) ....................................................... 14

5    Zur Entwicklung der Schneeparameter ........................................................................... 16

     5.1        Der Schnee in Gerlos (1.263 m, 120 Jahre) ...................................................................................... 17
     5.2        EXKURS: „Mitterberg“ (Arthurhaus), Mühlbach am Hochkönig (1.503 m, 120 Jahre) ....................... 21
     5.3        Anmerkungen zu den Schneemessreihen ......................................................................................... 24

6    Zur Entwicklung des Niederschlages .............................................................................. 25

7    Zur klimatischen Entwicklung der Bergsommer .............................................................. 28

     7.1        Temperaturen Bergwetterstationen Österreich .................................................................................. 28
     7.2        Sonnenscheindauer Bergwetterstationen Österreich ......................................................................... 29

8    Zur Entwicklung der Skisaisonlängen ............................................................................. 30

9    Gedanken zur technischen Beschneiung ........................................................................... 31

10   FAZIT: Schlussfolgerungen für den Skitourismus in Gerlos ............................................ 34

11   Anhang ........................................................................................................................... 35

     11.1       Zur Transparenz der Studie ............................................................................................................... 35
     11.2       Datenquellen ...................................................................................................................................... 35
     11.3       Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................................... 35
     11.4       Beigezogene Experten....................................................................................................................... 36
     11.5       Biografie Günther Aigner ................................................................................................................... 37
     11.6       Weiterführende Literatur .................................................................................................................... 38
     11.7       YouTube-Channel und Homepage .................................................................................................... 40
     11.8       Pressespiegel FORUM ZUKUNFT SKISPORT ................................................................................. 41

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
1 Präambel

Das FORUM ZUKUNFT SKISPORT zweifelt weder an Klimaänderungen noch am anthro-
pogenen Anteil an der jüngsten globalen Erwärmung.

Wir beschreiben detailliert den messbaren Zustand des Klimas im Alpenraum über möglichst
lange Zeiträume mithilfe amtlicher Datenreihen. Diese zählen weltweit zu den hochwertigsten
Datensammlungen und ermöglichen eine objektive Beschreibung der empirisch messbaren Ent-
wicklung.

Wir beteiligen uns nicht an der zum Teil sehr emotional geführten Diskussion über die klimati-
sche Zukunft der alpinen Winter. Diese Diskussionen sollten Geo- und Atmosphärenphysikern
vorbehalten bleiben.

Das FORUM ZUKUNFT SKISPORT ist ausdrücklich für die nachhaltige Minimierung des Koh-
lenstoffumsatzes (der CO2-Emissionen). Unser Ziel: Die Tourismus- und Seilbahnwirtschaft
wird zum aktiven Partner der Energiewende. Alle gesetzten Maßnahmen und Fortschritte
müssen deutlicher kommuniziert werden, um Vorurteilen gegenüber dem alpinen Tourismus
entgegenzutreten.

Wir appellieren an die politischen Entscheidungsträger, unsere Datenzusammenstellungen nicht
(partei-)politisch zu vereinnahmen. Vielmehr sollen unsere Analysen allen politischen Akteuren
eine Grundlage für durchdachte Entscheidungsfindungen bieten. Wir hoffen, mit dem von uns her-
ausgearbeiteten Grundlagenwissen einen unaufgeregten und sachlichen Diskurs anzuregen!

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
2 Abstract (deutsch/english)

Von den Hochlagen des Zillertales gibt es keine langjährigen Wintertemperaturmessreihen.
Deshalb lohnt sich ein allgemeiner Blick auf die Entwicklung der Wintertemperaturen in den Ost-
alpen mithilfe von homogenisierten amtlichen Messdaten. Seit dem allmählichen Beginn des
Skisports in den Ostalpen (1890er-Jahre) sind die Winter je nach statistischer Methode zwischen
1,0 und 1,5 Grad Celsius milder geworden. Innerhalb der vergangenen 50 Jahre haben sich die
Wintertemperaturen nicht statistisch belegbar erhöht. Dieser erstaunliche Trend deckt sich mit
allen acht untersuchten österreichischen Bergwetterstationen.

In den Tallagen der Wintersportorte sind die Winter auch in den vergangenen Jahrzehnten mil-
der geworden. Eine 39-jährige Temperaturreihe des Hydrographischen Dienstes Tirol (HD Ti-
rol) aus Gerlos zeigt in den letzten Jahren (2013/14 bis 2019/20) eine Häufung milder Winter.

Im Gegensatz zu den Wintermonaten zeigen die Bergsommer seit Mitte der 1970er-Jahre einen
markanten und statistisch signifikanten Temperaturanstieg von knapp 3 Grad Celsius sowie eine
Zunahme der Sonnenscheindauer um fast 30 %. Somit sind die Bergsommer in Tirol – wie ins-
gesamt in den Ostalpen – so warm und sonnig wie noch nie seit Aufzeichnungsbeginn.

Die Schneeparameter in Gerlos (HD Tirol) zeigen keine statistisch belegbare Verringerung des
natürlichen Schneedargebots. So sind die jährlich größten Schneehöhen (120 Jahre), die Tage
mit natürlicher Schneebedeckung pro Jahr (119 Jahre) und die jährlichen Neuschneesummen
(96 Jahre) statistisch unverändert geblieben. Hingegen zeigen die Daten innerhalb der vergan-
genen 6 Jahre eine auffallende Häufung später Einschneizeitpunkte.

Im Skigebiet „Zillertal Arena“ sind die Skisaisonlängen in den vergangenen 33 Jahren statistisch
belegbar länger geworden. Im Mittel seit 1987/88 konnte man an 132 Tagen Ski fahren. Die
technische Beschneiung hebt nicht nur die Qualität der Pisten vom Beginn der Skisaison bis
zu ihrem Ende, sondern trägt auch zur Stabilisierung der Skisaisonlängen bei. Das Wasser für
die technische Beschneiung ist in Gerlos weiterhin reichlich vorhanden. Davon zeugen die seit
124 Jahren leicht ansteigenden Summen der Jahresniederschläge in Gerlos (HD Tirol).

In Gerlos ist – nach Auswertung der amtlichen Messdaten – derzeit kein klimabedingtes
Ende des Wintersports in Sicht. Es gibt dafür keinerlei statistisch belegbare Indizien. Die
amtlichen Messdaten stehen in einem erstaunlichen Widerspruch zur öffentlichen Wahr-
nehmung.

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
There are no long-term winter temperature measurement series from the high elevations in
Zillertal. It is therefore worth taking a general look at the development of winter temperatures in
the Eastern Alps with the help of homogenized official measurement data. Since the gradual
beginning of skiing in the Eastern Alps (1890s), winters have become milder, specifically be-
tween 1.0 and 1.5 degrees Celsius, depending on the statistical method used. Winter tempera-
tures have not increased statistically over the past 50 years. This astonishing trend is seen
throughout all eight Austrian mountain weather stations examined.

In the valley areas of winter sports resorts, winters have also become milder in the past decades.
A 39-year temperature series by the Hydrographic Service Tirol (HD Tirol) from Gerlos shows
an accumulation of milder winters in recent years (2013/14 to 2019/20).

In contrast to the winter months, the mountain summers have shown a striking and statistically
significant increase in temperature of nearly 3 degrees Celsius since the mid-1970s, as well as
an increase in the duration of sunshine by almost 30%. As a result, the mountain summers in
Tyrol, as well as in the Eastern Alps as a whole, are as warm and sunny as ever since data
recording began.

The snow parameters in Gerlos (HD Tirol) do not show any statistically verifiable reduction in
natural snow availability. The highest annual snow depths (120 years), the days with natural
snow cover per year (119 years) and the annual new snow totals (96 years) have remained
statistically unchanged. In contrast, the data shows a noticeable accumulation of late snow-in
points within the past 6 years.

In the “Zillertal Arena” ski area, the length of the ski season has become statistically longer over
the past 33 years. On average, you have been able to ski for 132 days a year since 1987/88.
The technical snowmaking has not only improved the quality of the slopes from the beginning
of the ski season to the end, but it has also helped stabilize the length of the ski season. The
water for technical snowmaking is still abundant in Gerlos. This is evidenced by the slightly
increasing sums of annual precipitation in Gerlos (HD Tirol) for 124 years.

According to the evaluation of the official measurement data, there is currently no cli-
mate-related end to winter sports in sight for Gerlos. There is no statistically verifiable
evidence for this. The official measured data stands in astonishing contradiction to public
perception.

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
3 Vorwort

Das moderne Skifahren kann präzis wie keine andere Sportart sein Geburtsdatum angeben: Es
begann mit der Durchquerung Grönlands auf Skiern durch Fridtjof Nansen im Jahr 1888. Sein
Expeditionsbericht erschien 1890 in norwegischer und 1891 in deutscher Sprache (ULMRICH
1978). Angeregt durch die Schilderungen Nansens, experimentierten erste Pioniere ab Mitte der
1890er-Jahre quer durch den Alpenraum und meist unabhängig voneinander mit den nordischen
Sportgeräten. Sie adaptierten diese für die steileren alpinen Abfahrten im Vergleich zur skandi-
navischen Hügellandschaft.

Mathias Zdarsky entwickelte zur gleichen Zeit die erste moderne Skibindung („Lilienfelder Stahl-
sohlenbindung“), bei der die Ferse nicht mehr seitlich vom Schuh rutschen konnte. Dies war ein
wesentlicher Schritt vom nordischen Skilaufen zum alpinen Skifahren.

Das Hauptziel der vorliegenden Studie liegt darin, in einem Überblick den Verlauf der Winter-
temperaturen, des Schneedargebots und der Skisaisonlängen in Gerlos („Zillertal Arena“) zu
präsentieren. Einzelne Messreihen aus benachbarten Regionen runden den Blick ab. Der be-
trachtete Zeitraum soll bis zur Gründerzeit des Skisports im Alpenraum zurückgehen. Flankie-
rend dazu werden Daten zum Niederschlag und zur Sonnenscheindauer ausgewertet.

Sämtliche verwendeten Daten stammen von amtlichen Institutionen – von dem Hydrographi-
schen Dienst Tirol (HD Tirol), von der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Ge-
odynamik (ZAMG), von dem Deutschen Wetterdienst (DWD), von der MeteoSchweiz und von
dem Lawinenwarndienst Salzburg (LWD Sbg). Die Daten zur Anzahl der Skibetriebstage wurden
von der Schilift Zentrum Gerlos GmbH zur Verfügung gestellt.

Die im Folgenden präsentierten Auswertungen stehen zum Teil im Gegensatz zur veröffentlich-
ten und öffentlichen Meinung. Die Studie möchte Fakten bieten und helfen, die emotionale De-
batte zu versachlichen. Hinsichtlich der Sprachregelung wird nicht gegendert. Die Autoren ver-
stehen die Gleichstellung der Geschlechter als selbstverständlich.

Wir hoffen, dass die vorliegende Datenzusammenstellung einen ebenso interessierten wie kriti-
schen Leserkreis findet!

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
4 Zur Entwicklung der Wintertemperaturen

Die ZAMG, der DWD und die MeteoSchweiz verfügen über 125-jährige Temperaturmessreihen
von Bergstationen, die in oder knapp außerhalb von Österreich positioniert sind. Aus der un-
mittelbaren Umgebung von Gerlos gibt es keine solchen Reihen.

Für Gerlos können wir auf Temperaturaufzeichnungen des HD Tirol zurückgreifen, die ab
1981/82 für eine statistische Auswertung ausreichend qualitätsgeprüft sind.

In dieser Studie wurden ausschließlich amtliche Messdaten ausgewertet. Private Messreihen
(Seilbahngesellschaften, Privatpersonen) wurden nicht eingesehen.

Die Temperaturanalysen betreffen den meteorologischen Winter, welcher auf der Nordhalbkugel
am 01. Dezember beginnt und bis zum 28. (bei Schaltjahr: 29.) Februar andauert. Die Sommer-
temperaturen (Kapitel 7) werden in einem Zeitraum vom 01. Juni bis zum 31. August gemessen.

Dem Leser sollen vier Zeiträume der winterlichen Temperaturentwicklung geboten werden:

   1) 125 Jahre. Mit diesem Zeitraum können wir praktisch die gesamte österreichische Ski-
       geschichte überblicken.

   2) 50 Jahre. Dieser Zeitraum umfasst ein halbes Jahrhundert Winterklima und ermöglicht
       gleichzeitig einen Blick zurück bis zum allmählichen Beginn des Massenskilaufs in Ös-
       terreich.

   3) 39 Jahre. Der HD Tirol liefert uns geprüfte Temperaturdaten aus dem Talboden von
       Gerlos von 1981/82 bis 2019/20.

   4) 239 Jahre. Die Messdaten vom Hohenpeissenberg, der ältesten Bergwetterstation der
       Welt, erlauben uns eine faszinierende winterliche Zeitreise zurück bis zur sogenannten
       „Kleinen Eiszeit“, welche in den Alpen sehr wahrscheinlich zu den kältesten Klimaepo-
       chen seit der letzten Eiszeit (Holozän, ca. 11.700 Jahre) zählt.

Diese Betrachtung soll unterstreichen, dass bei Diskussionen über den Verlauf der alpinen Win-
tertemperaturen die Wahl des Zeitraumes erhebliche Unterschiede ergeben kann.

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
4.1           Wintertemperaturen Bergwetterstationen Österreich (125 Jahre)

Seit der Pionierzeit des alpinen Skisports Mitte der 1890er-Jahre sind die Wintertempera-
turen auf Österreichs Bergen im linearen Trend um 1,5 Grad Celsius gestiegen. Dieser
Temperaturanstieg ist statistisch signifikant.

Die Abbildung 1 zeigt die gemittelte winterliche Temperaturabweichung (zum Mittel von 1961 bis
1990) auf fünf Bergwetterstationen in und um Österreich, die über 125-jährige Messreihen verfü-
gen. Das gleitende 30-jährige Mittel (grüne Kurve) steigt im Messzeitraum um 1,0 Grad Celsius
an.
Standardabweichung:           1,5 °C
Spannweite:                   8,1 °C

Abb. 1: Die Abweichungen der Wintertemperaturen vom Mittel von 1961 bis 1990 auf fünf Bergwettersta-
tionen in und um Österreich von 1895/96 bis 2019/20. Daten: ZAMG, MeteoSchweiz. Grafik: FORUM
ZUKUNFT SKISPORT

Die Trendlinie (rot punktiert) beschreibt eine statistisch signifikante Temperaturerhöhung
von knapp 1,2 Grad Celsius pro Jahrhundert (siehe Formel) – also etwa 0,12 Grad Celsius
pro Dekade.

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
In diesem Sample wurden die Daten aller verfügbaren amtlichen Bergwetterstationen einbezogen, die in Österreich oder knapp
außerhalb positioniert sind und über eine 125-jährige Datenreihe verfügen. Von West nach Ost: Säntis (CH, 2.502 m), Obergurgl
(1.938 m), Schmittenhöhe (1.954 m), Sonnblick (3.105 m), Villacher Alpe (2.160 m). Mittlere Seehöhe: 2.332 m.

Bei der Suche nach den kältesten Bergwintern seit Beginn des alpinen Skisports stößt man im
Ostalpenraum häufig auf bereits bekannte Muster. Die drei mit Abstand kältesten Winter sind in
chronologischer Abfolge: 1928/29 mit 3,7 Grad, 1941/42 mit 3,4 Grad und 1962/63 mit 4,1 Grad
Celsius negativer Abweichung zum Mittel von 1961 bis 1990. Der Winter 1962/63 war in ganz
Mitteleuropa von extremer Kälte geprägt und ließ den Bodensee zum bisher letzten Mal vollständig
und über Wochen zufrieren. Dies war die erste, über mehrere Wochen andauernde „Seegfrörne“
nach 133 Jahren „Pause“ (seit 1830).

Der mildeste Winter der Messreihe ist jener von 1989/90 mit einer positiven Abweichung von 4,0
Grad Celsius, gefolgt von 2006/07 und 2015/16 mit jeweils plus 3,6 Grad Celsius.

                                             --------------------------------------

Allgemein wird angenommen, dass die Schneegrenze pro 0,65 Grad Celsius Erwärmung im Mittel
um etwa 100 Meter ansteigt. Mit anderen Worten: Die Schneegrenze steigt um etwa 150 Meter
pro 1 Grad Celsius winterlicher Erwärmung.

Aus der Entwicklung des linearen Temperaturtrends (Abb. 1, rot punktiert) könnte man so-
mit ableiten, dass die winterliche Schneegrenze auf Österreichs Bergen seit Mitte der
1890er-Jahre um etwa 230 Höhenmeter angestiegen sei.

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Die Winter in Gerlos - Zukunft Skisport
4.2           Wintertemperaturen Bergwetterstationen Österreich (50 Jahre)

Die Abbildung 2 zeigt die Abweichungen der mittleren Wintertemperaturen auf acht ös-
terreichischen Bergwetterstationen von ihrem 50-jährigen Mittel von 1970/71 bis 2019/20.

Am Übergang von den 1980er- zu den 1990er-Jahren haben sich die österreichischen Bergwin-
ter innerhalb kurzer Zeit markant erwärmt. In den anschließenden zwei Jahrzehnten folgte eine
signifikante Abkühlung zurück auf das Temperaturniveau vor der Erwärmung (vgl. BA-
DER/FUKUTOME 2015, Seite V).

Standardabweichung:            1,6 °C
Spannweite:                    6,2 °C

Sample (von West nach Ost): Ischgl-Idalpe (2.312 m), Obergurgl (1.938 m), Patscherkofel (2.252 m),
Kitzbüheler Hahnenkamm (1.802 m), Schmittenhöhe (1.954 m), Feuerkogel (1.618 m), Villacher Alpe
(2.160 m), Schöckl (1.445 m). Mittlere Seehöhe: 1.935 m

Abb. 2: Die Abweichungen der mittleren Wintertemperaturen auf acht österreichischen Bergwetterstationen
von ihrem 50-jährigen Mittel von 1970/71 bis 2019/20. Daten: ZAMG. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Über die letzten 50 Jahre zeigt sich eine leichte, aber nicht statistisch signifikante Erwärmung
von knapp 0,8 Grad Celsius (lineare Regression – schwarz punktiert).

Auf Österreichs Bergwetterstationen haben sich die Wintertemperaturen über die vergan-
genen 50 Jahre nicht statistisch belegbar verändert.

                                                  10
Der nahezu parallele Verlauf der Temperaturkurven zeigt, dass sich die Wintertemperaturen
ähnlich entwickelt haben: im Osten (z. B. Schöckl) wie im Westen (z. B. Ischgl-Idalpe), im Norden
(z. B. Feuerkogel) wie im Süden (z. B. Villacher Alpe). Weiters wird die Staffelung nach Seehöhe
gut sichtbar:

Abb. 3: Die Entwicklung der Wintertemperaturen auf acht österreichischen Bergwetterstationen von
1970/71 bis 2019/20. Daten: ZAMG (HISTALP). Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Die homogene Entwicklung der Wintertemperaturen auf allen verfügbaren österreichi-
schen Bergwetterstationen lässt darauf schließen, dass die hier sichtbaren Muster auf ver-
gleichbare alpine Lagen im Zillertal und im Bereich des Gerlospasses übertragbar sind.

Anm.: Die hochalpine ZAMG-Station Sonnblick wurde in diesem Sample nicht verarbeitet, da ihre große
Höhe nicht repräsentativ für die Skigebiete im Zillertal ist. Das Muster der Temperaturentwicklung der Winter
am Sonnblick von 1970/71 bis 2019/20 würde sich jedoch ebenfalls gut in die Abbildung 3 einfügen.

                                                     11
4.3           Wintertemperaturen in Gerlos (1.263 m, 39 Jahre)

Die Messreihe des HD Tirol bietet die Möglichkeit, einen Blick auf die Entwicklung der
Wintertemperaturen im Gerloser Talboden zu werfen.

Die Abbildung 4 zeigt die Wintertemperaturen in Gerlos von 1981/82 bis 2019/20. In dieser Zeit-
spanne (39 Jahre) beträgt das Mittel minus 4,4 Grad Celsius (blaue Linie). Die Extremwerte finden
sich 2005/06 mit minus 7,1 Grad sowie 2015/16 mit minus 1,5 Grad Celsius.

Standardabweichung:                   1,3 °C
Spannweite:                           5,6 °C

Abb. 4: Die Entwicklung der Wintertemperaturen in Gerlos von 1981/82 bis 2019/20. Daten: HD Tirol.
Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) steigt erst seit zwei Jahren deutlich an. Es wird span-
nend, die weitere Entwicklung in den nächsten Jahren zu beobachten.

Der lineare Trend (rot punktiert) steigt statistisch signifikant an. Die Kürze der Messreihe lässt
jedoch derzeit keine seriösen statistischen Aussagen zu.

                                                 12
Die vergangenen mehr als 100 Jahre brachten allgemein in den Tallagen eine raschere Erwär-
mung als auf den Bergen. Ein „sibirischer“ Winter – wie zuletzt 1962/63 – scheint aus heutiger
Sicht unvorstellbar zu sein. Speziell innerhalb der letzten 40 Jahre ist die Erwärmung der Winter
in den Tallagen sprunghaft gewesen, während die ostalpinen Bergwinter im gleichen Zeitraum
kaum milder geworden sind. Die weitere Entwicklung wird spannend zu beobachten sein.

Abb. 5: Der aktuelle Standort der HD-Tirol-Station in Gerlos. Foto: Familie Haas.

Anm.: Warum haben sich die Wintertemperaturen auf den Bergen anders als im Tal (z. B. Gerlos) verän-
dert? Dazu kommentiert der Innsbrucker Meteorologe Mag. Christian Zenkl: „Die winterlichen Wetterlagen
bestimmen die Temperaturen am Berg und im Tal oft unterschiedlich. So können kontinentale Hochdruck-
lagen kalte Luft aus Russland nach Mitteleuropa führen und speziell in den Tälern für große Kälte sorgen.
In den Bergen ist es dabei jedoch sehr sonnig und weniger kalt. Umgekehrt können windige Nordlagen
eisige Kälte im Gebirge verursachen, während in den Tälern jedoch die Inversion ausgeräumt wird und
die Tagesmitteltemperaturen um den klimatologischen Mittelwert liegen. Die Häufigkeitsverteilung der
Großwetterlagen kann zu unterschiedlichen winterlichen Temperaturtrends an Berg- und Talstationen
führen.“

                                                   13
4.4           Wintertemperaturen am Hohenpeissenberg (977 m, 239 Jahre)

Die älteste Bergwettermessreihe der Welt stammt vom Hohenpeissenberg, der das baye-
rische Alpenvorland um etwa 200 Meter überragt. Die Station liegt knapp 50 km nordwest-
lich des Tiroler Wintersportortes Seefeld und zeigt uns die winterliche Klimageschichte
im Überblick von 239 Jahren.

Die Abbildung 6 zeigt die Abweichung der Wintertemperaturen vom Mittel von 1961 bis 1990 (=
minus 1,0 Grad Celsius) am Hohenpeissenberg von 1781/82 bis 2019/20.

Standardabweichung:    1,8 °C
Spannweite:           10,1 °C

Abb. 6: Die Abweichungen der Wintertemperaturen vom Mittel von 1961 bis 1990 an der Station Hohen-
peissenberg von 1781/82 bis 2019/20. Daten: DWD. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Über die gesamte Länge der Messreihe sehen wir eine Erwärmungsgeschwindigkeit der
Winter von etwa 0,75 Grad Celsius pro Jahrhundert (linearer Trend, schwarz punktiert). Der
Verlauf der grünen Kurve (gleitendes 10-jähriges Mittel) überragt derzeit den linearen
Trend – wir beobachten aktuell somit eine Phase der beschleunigten Erwärmung.

                                                14
Auffallend ist die Häufung sehr kalter Winter gegen Ende des 19. Jahrhunderts und die anschlie-
ßende markante Erwärmung bis etwa 1920. Diese abrupten Klimaänderungen unterstreichen die
natürliche Klimavariabilität auf regionaler Skala.

Bei der Suche nach den kältesten Bergwintern seit Beginn der Instrumentenaufzeichnungen kris-
tallisiert sich jener aus dem Jahr 1829/30 allgemein als „Rekordhalter“ heraus – so auch am Ho-
henpeissenberg mit einer negativen Temperaturabweichung von 5,8 Grad Celsius. Es folgen der
Winter 1894/95 (5,5 Grad Celsius negative Abweichung) sowie die bereits bekannten Perioden
1962/63 und 1928/29. Der mildeste Winter wurde 2019/20 mit einer positiven Abweichung von 4,3
Grad Celsius gemessen, gefolgt von 1989/90 und 2015/16 mit jeweils 4,1 Grad Celsius. Bemer-
kenswert ist außerdem der milde Winter 1795/96 mit 3,3 Grad Celsius positiver Abweichung.

Langfristig sehen wir das gleitende 10-jährige Mittel über die gesamte Zeitreihe um 2,0 Grad Cel-
sius ansteigen. Das entspricht einem Temperaturanstieg von 0,8 Grad Celsius pro Jahrhundert.

Ab Mitte der 1980er-Jahre machten sich wiederholt ungewöhnlich milde Winter bemerkbar,
wie es sie seit 1781/82 nicht gegeben hat. Trotzdem konnte in den Alpen selbst in niedrigen
Lagen mithilfe der technischen Beschneiung ein guter Skibetrieb gewährleistet werden.

Abb. 7: Das älteste Bergobservatorium der Welt auf dem Hohenpeissenberg, weniger als 50 km nord-
westlich der Tiroler Grenze gelegen, erfasst seit 1781 meteorologische Daten. Quelle und Foto: DWD.

                                                 15
5 Zur Entwicklung der Schneeparameter

Der Hydrographische Dienst Tirol verfügt über Schneemessdaten aus Gerlos. Die Messreihe
geht bis zum Winter 1900/01 zurück, während die Neuschneesummen ab 1924/25 verfügbar
sind. Die Station Gerlos liegt auf einer Seehöhe von 1.263 m.

Bei den jährlichen Schneemessreihen wird eine Periode von zwölf Monaten erfasst: vom 01.
September bis zum 31. August des Folgejahres. Die Messungen der aktuellen Gesamtschnee-
höhe (= Höhe der Schneedecke über ebenem Boden) und der in den letzten 24 Stunden gefal-
lenen Neuschneehöhe finden standardisiert täglich um 07.00 Uhr (MEZ) statt.

Die Messfelder der hier verwerteten Datenreihen sind von technischer Beschneiung unbeein-
flusst und reagieren ausschließlich auf natürliche Schneefälle.

Abb. 8: Das Schneemessfeld und die hydrometeorologische Station des HD Tirol in Gerlos. Foto: Familie
Haas.

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5.1           Der Schnee in Gerlos (1.263 m, 120 Jahre)

Jährlich größte Schneehöhen

Die Abbildung 9 zeigt die Entwicklung der jährlich größten Schneehöhen in Gerlos von 1900/01
bis 2019/20. In diesem Zeitraum (120 Jahre) beträgt der Mittelwert 106 cm. Die Extremwerte in
der Messreihe finden sich innerhalb von nur fünf Jahren: 1974/75 mit 180 cm und 1978/79 mit
lediglich 50 cm Schneehöhe. Für den Winter 1940/41 gibt es keine Daten. Der hier eingetragene
Wert wurde mithilfe benachbarter Stationen rekonstruiert.

Standardabweichung:             29 cm
Spannweite:                   130 cm

Abb. 9: Die Entwicklung der jährlich größten Schneehöhen in Gerlos von 1900/01 bis 2019/20. Daten: HD
Tirol. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) verläuft wellenförmig und findet um 2010 ein vor-
läufiges Minimum.

Die Trendlinie ist statistisch unverändert. In Gerlos haben sich die jährlich größten Schnee-
höhen seit 1900/01 nicht statistisch belegbar verändert.

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Neuschneesummen

Die Abbildung 10 zeigt die Entwicklung der Summen der täglichen Neuschneehöhen pro Jahr in
Gerlos von 1924/25 bis 2019/20. In diesem Zeitraum (96 Jahre) beträgt der Mittelwert 5,1 m.
Die Extremwerte in der Messreihe finden sich innerhalb von nur zwölf Jahren: 1974/75 mit 10,3
m und 1963/64 mit lediglich 2,8 m Schneehöhe. Für die Winter 1939/40 bis 1941/42 sind keine
Daten verfügbar. Der Wert 1965/66 wurde mithilfe benachbarter Stationen rekonstruiert.

Standardabweichung:           1,6 m
Spannweite:                   7,9 m

Abb. 10: Die Entwicklung der Neuschneesummen pro Jahr in Gerlos von 1924/25 bis 2019/20. Daten: HD
Tirol. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Im gleitenden 10-jährigen Mittel (grüne Kurve) ist eine auffallende Häufung schneereicher Winter
von 1964/65 bis 1983/84 erkennbar.

Die Trendlinie ist statistisch unverändert. In Gerlos haben sich die Neuschneesummen pro
Jahr seit 1924/25 nicht statistisch belegbar verändert.

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Tage mit natürlicher Schneebedeckung

Täglich um 07.00 Uhr früh erfolgt die Messung der Schneehöhe. Bei mindestens 1 cm Schnee-
deckenmächtigkeit gilt der Tag als „schneebedeckt“. Die Summe der Beobachtungstage mit na-
türlicher Schneebedeckung vom 01. September bis zum 31. August des Folgejahres ist in Ab-
bildung 11 für die Jahre 1901/02 bis 2019/20 eingetragen. In diesem Zeitraum (119 Jahre) be-
trägt der Mittelwert 152 Tage. Der „längste“ Winter 1964/65 brachte 204 Tage mit Schneebede-
ckung. Hingegen gab es in der Periode 1953/54 lediglich 94 Tage mit Schneebedeckung.

Standardabweichung:            20 Tage
Spannweite:                  110 Tage

Abb. 11: Die jährliche Anzahl der Tage mit natürlicher Schneebedeckung in Gerlos von 1901/02 bis
2019/20. Daten: HD Tirol. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) verläuft sehr ruhig und zeigt in den 1950er-Jahren
ein vorläufiges Minimum.

Die Trendlinie ist statistisch unverändert. In Gerlos hat sich die Anzahl der Tage mit natürli-
cher Schneebedeckung pro Jahr seit 1901/02 nicht statistisch belegbar verändert.

                                               19
Beginn der Winterdecke („Einschneien“)

Der Fachbegriff „Beginn der Winterdecke“ beschreibt den Beginn der längsten zusammenhän-
genden Schneebedeckungsperiode des Winters. Der Volksmund spricht synonym vom „Ein-
schneien“ oder „Zuaschneibn“. Im Mittel beginnt die Winterdecke in Gerlos am 24. November.
Das früheste „Einschneien“ der vergangenen 45 Jahre wurde 1979/80 beobachtet (03. Novem-
ber). 2015/16 und 2016/17 aperten die Wiesen bis zum 03. Jänner immer wieder aus.
Standardabweichung:           16 Tage
Spannweite:                   61 Tage

Abb. 12: Die jährliche Abweichung des Einschneizeitpunktes (Beginn der Winterdecke) vom Mittelwert in
Gerlos von 1975/76 bis 2019/20. Daten: HD Tirol. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Die Auswertung von langen Schneemessreihen belegt, dass der natürliche Winterbeginn in mitt-
leren Höhenlagen – wie beispielsweise Gerlos – um mehr als 3 Monate variieren kann. Die
Gerloser Reihe kann diese Extreme nicht vollständig aufzeigen, da sie zu kurz ist.

Aufgrund der späten Einschneizeitpunkte ab 2014/15 steigt die Trendlinie statistisch signifikant
an. In Gerlos hat sich der Zeitpunkt des Beginns der Winterdecke seit 1975/76 statistisch
belegbar nach hinten verschoben.

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5.2          EXKURS: „Mitterberg“ (Arthurhaus), Mühlbach am Hochkönig
             (1.503 m, 120 Jahre)

Da es aus dem näheren Umfeld von Gerlos keine weiteren jahrzehntelangen amtlichen
Schneemessreihen gibt, sollen hier exemplarisch die sogenannten „Ombrometer-Rapp-
orte“ vom Mitterberg (Mühlbach am Hochkönig) präsentiert werden. Sie gehören zu den
ältesten geschlossenen Winteraufzeichnungen von Österreich.

Das Schneemessfeld am Arthurhaus befindet sich etwa 84 km ostnordöstlich von Gerlos, am
Fuß des Hochkönigs. Die Messdaten zeigen uns im Gegensatz zu Gerlos eine klassische Nord-
staulage. Parallelen zwischen Gerlos und dem Arthurhaus finden sich somit weniger im Stau-
verhalten der Niederschläge als im fast deckungsgleichen Beobachtungszeitraum und in einer
ähnlichen Höhenlage auf typischem Almenniveau.

Das Datenmaterial ist laut Univ.-Doz. Dr. Josef Goldberger († 2018, persönliches Interview) bei
den jährlich größten Schneehöhen seit 1900/01 und bei der jährlichen Anzahl der Tage mit Win-
terdecke seit 1902/03 brauchbar. Daten zu den Neuschneesummen liegen nicht vor.

Die Messungen – derzeit im Auftrag des LWD Salzburg – erfolgen seit Generationen täglich
durch die Familie Radacher am Arthurhaus. Seehöhe des Messfeldes: 1.503 m

Abb. 13: Das Schneemessfeld des LWD Salzburg am Mitterberg (Arthurhaus). Im Hintergrund liegt der
Hochkönig im Nebel. Foto: Peter Radacher junior.

                                                   21
Jährlich größte Schneehöhen

Die Abbildung 14 zeigt die Entwicklung der jährlich größten Schneehöhen am Mitterberg (Arthur-
haus) von 1900/01 bis 2019/20. In diesem Zeitraum (120 Jahre) beträgt der Mittelwert 190 cm.
Die Extremwerte in der Messreihe finden sich 1943/44 mit 375 cm und 1929/30 mit lediglich 68
cm Schneehöhe. Das Maximum des Winters 2018/19 ist die viertgrößte Schneehöhe, welche in
den vergangenen 120 Jahren aufgezeichnet wurde.

Standardabweichung:            55 cm
Spannweite:                   307 cm

Abb. 14: Die Entwicklung der jährlich größten Schneehöhen am Mitterberg (Arthurhaus) von 1900/01 bis
2019/20. Daten: LWD Sbg, Univ.-Doz. Dr. Josef Goldberger bzw. Familie Radacher. Grafik: FORUM ZU-
KUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) zeigt anschaulich eine Phase mit auffallend gerin-
gen Schneehöhen am Ende der 1920er-Jahre.

Die Trendlinie (rot punktiert) steigt an, ist jedoch ohne statistische Signifikanz. Wie in Gerlos
haben sich auch am Arthurhaus (Mitterberg) die jährlich größten Schneehöhen seit
1900/01 nicht statistisch belegbar verändert.

                                                 22
Dauer der natürlichen Winterdecke

Die Abbildung 15 zeigt die Dauer der Winterdecke am Mitterberg (Arthurhaus) von 1902/03 bis
2019/20. In diesem Zeitraum (118 Jahre) beträgt der Mittelwert 169 Tage. Die Extremwerte in
der Messreihe finden sich 1974/75 mit 243 Tagen und 1920/21 mit lediglich 75 Tagen. Die feh-
lenden Werte von 2009/10 bis 2012/13 wurden mithilfe vergleichbarer Messreihen rekonstruiert.

Standardabweichung:           29 Tage
Spannweite:                  168 Tage

Abb. 15: Die Dauer der Winterdecke am Mitterberg (Arthurhaus) von 1902/03 bis 2019/20. Daten: LWD
Sbg, Univ.-Doz. Dr. Josef Goldberger bzw. Familie Radacher. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) zeigt ein Minimum in den 1920er-Jahren.

Die Trendlinie (rot punktiert) ist statistisch unverändert. Am Arthurhaus (Mitterberg) hat sich
die Dauer der Winterdecke seit 1902/03 nicht statistisch belegbar verändert.

                                               23
5.3          Anmerkungen zu den Schneemessreihen

Schneemessreihen sind äußerst sensibel. Bereits kleinräumige, örtliche Verlegungen einer Sta-
tion, geringfügige bauliche Veränderungen oder Baumwuchs im Umfeld der Stationen können
die Homogenität der Messreihe erheblich stören. Schlussfolgerungen dürfen somit nur mit größ-
ter Vorsicht gezogen werden. Dies bestätigt Hofrat Dr. Wolfgang Gattermayr, der langjährige
Leiter des Hydrographischen Dienstes Tirol.

Abb. 16: Das Skigebiet in Gerlos erstreckt sich auf Höhenlagen zwischen 1.300 und 2.500 m Seehöhe.
Foto: Schilift Zentrum Gerlos GmbH

                                                24
6 Zur Entwicklung des Niederschlages

Die Daten zur Niederschlagsentwicklung in Gerlos wurden vom HD Tirol zur Verfügung
gestellt. Es handelt sich zum Teil – vor allem in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg – um
ungeprüfte Rohdaten. Die Niederschlagsreihen aus Gerlos sind nicht homogenisiert.

Die Abbildung 17 zeigt die Entwicklung des Jahresniederschlages in Gerlos von 1897 bis 2020.
In diesem Zeitraum (124 Jahre) liegt der Mittelwert bei 1.243 mm. Die Extremwerte finden sich
innerhalb von nur 6 Jahren: 1916 mit 1.726 mm und 1911 mit lediglich 761 mm Jahresnieder-
schlag.

Standardabweichung:       163 mm
Spannweite:               965 mm

Abb. 17: Die Entwicklung des Jahresniederschlages in Gerlos von 1897 bis 2020. Daten: HD Tirol. Grafik:
FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) beschreibt einen sehr ruhigen Verlauf. Ab Mitte der
1990er-Jahre zeigt sich eine Periode etwas feuchterer Jahre.

Der Anstieg der Trendlinie (rot punktiert) ist an der Grenze zur statistischen Signifikanz. In Gerlos
hat sich der Jahresniederschlag von 1897 bis 2020 tendenziell statistisch belegbar erhöht.
                                                  25
Die Abbildung 18 zeigt die Entwicklung des Winterniederschlages (Dezember bis März) in Ger-
los von 1896/97 bis 2019/20. In diesem Zeitraum (124 Jahre) liegt der Mittelwert bei 269 mm. Die
Extremwerte finden sich 1950/51 mit 554 mm und 1971/72 mit lediglich 112 mm.

Standardabweichung:      88 mm
Spannweite:             442 mm

Abb. 18: Die Entwicklung des Winterniederschlages (Periode Dezember bis März) in Gerlos von 1896/97
bis 2019/20. Daten: HD Tirol. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) zeigt ein Maximum rund um das Jahr 1950 sowie
ein Minimum in den 1900er-Jahren. Die Einzeljahre zeigen eine hohe Variabilität. Trockene und
feuchte Winter wechseln sich in scheinbar chaotischer Reihenfolge ab.

Die Trendlinie (rot punktiert) ist statistisch unverändert. In Gerlos hat sich der Winternieder-
schlag (Dezember bis März) von 1896/97 bis 2019/20 nicht statistisch belegbar verändert.

                                                26
Exkurs: Blick nach Zell am See (HISTALP-Niederschlagsreihe)

Die Niederschlagsdaten aus Zell am See (57 km Luftlinie ostnordöstlich von Gerlos) sind
homogenisierte HISTALP-Daten der ZAMG. Diese HISTALP-Daten gehören zu den qualita-
tiv hochwertigsten Klimadaten der Welt.

Die Abbildung 19 zeigt die Entwicklung des Jahresniederschlages in Zell am See von 1875 bis
2020. In diesem Zeitraum (146 Jahre) liegt der Mittelwert bei 1.155 mm. Die Extremwerte finden
sich 1954 mit 1.691 mm und 1971 mit lediglich 697 mm Jahresniederschlag.

Standardabweichung:     148 mm
Spannweite:             994 mm

Abb. 19: Die Entwicklung des Jahresniederschlages in Zell am See von 1875 bis 2020. Daten: ZAMG
(HISTALP). Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) beschreibt einen sehr ruhigen Verlauf. Wie in Gerlos
zeigt sich ab Mitte der 1990er-Jahre eine Periode etwas feuchterer Jahre.

Die Trendlinie (rot punktiert) ist statistisch unverändert. In Zell am See hat sich der Jahresnie-
derschlag von 1875 bis 2020 nicht statistisch belegbar verändert.

                                                27
7 Zur klimatischen Entwicklung der Bergsommer

Im Gegensatz zu den Wintermonaten sind die Sommer in den Alpen über die letzten Jahrzehnte
markant wärmer geworden. Ein Teil dieser Erwärmung kann mit häufigeren Hochdruckwetter-
lagen erklärt werden, da die Anzahl der sommerlichen Sonnenstunden seit Ende der 1970er-
Jahre ebenfalls stark angestiegen ist. Für die erfolgreiche Weiterentwicklung des alpinen Som-
mertourismus ist das derzeitige Klima überwiegend günstig.

7.1          Temperaturen Bergwetterstationen Österreich

Die Sommer in den österreichischen Hochlagen sind über die letzten 126 Jahre signifikant wär-
mer geworden. Die Abbildung 20 zeigt die Abweichungen der Sommertemperaturen vom lang-
jährigen Mittel auf fünf Bergwetterstationen in und um Österreich von 1895 bis 2020.

In diesem Sample gemittelt:   Obergurgl, Schmittenhöhe, Sonnblick, Villacher Alpe, Säntis (CH)
Standardabweichung:           1,2 °C

Abb. 20: Die Abweichungen der Sommertemperaturen vom Mittelwert auf fünf Bergwetterstationen von
1895 bis 2020. Daten: ZAMG, MeteoSchweiz. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) zeigt einen steilen Anstieg der Sommertempera-
turen seit Mitte der 1970er-Jahre um knapp 3 Grad Celsius. Die Trendlinie (schwarz punktiert)
steigt statistisch signifikant an. Seit Aufzeichnungsbeginn waren die Sommer auf Öster-
reichs Bergen noch nie so warm wie in den vergangenen 10 Jahren.
                                                 28
7.2          Sonnenscheindauer Bergwetterstationen Österreich

Die Abbildung 21 zeigt die Abweichungen der sommerlichen Sonnenscheindauer (Juni
bis August) auf dem Hohen Sonnblick und auf der Villacher Alpe (Mittelwert der beiden
Stationen) vom langjährigen Mittel von 1887 bis 2019. Dieser Zeitraum (133 Jahre) ist der
längste, der für österreichische Bergwetterstationen dargestellt werden kann.

Die Extremwerte: 2003 („Jahrhundertsommer“) mit 706 h (positive Abweichung von 193 h) sowie
1896 mit lediglich 334 h (negative Abweichung von 179 h).

Mittlere Sonnenscheindauer (Juni bis August):         513 h
Standardabweichung:                                    70 h

Abb. 21: Jährliche Abweichungen der Sonnenscheindauer (Juni bis August) vom Mittel von 1887 bis 2019
auf Sonnblick und Villacher Alpe. Daten: ZAMG (HISTALP). Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Das gleitende 10-jährige Mittel (grüne Kurve) lässt deutlich vier unterschiedliche Phasen der
sommerlichen Sonnenscheindauer erkennen. Gegenwärtig ist es auf seinem Maximum.

Die Trendlinie (schwarz punktiert) steigt statistisch signifikant an. Seit Aufzeichnungsbeginn
waren die Sommer auf Österreichs Bergen noch nie so sonnig wie in den vergangenen
10 Jahren.

                                                 29
8 Zur Entwicklung der Skisaisonlängen

Zusätzlich zu den (in den Kernwintern) günstigen klimatischen Bedingungen der letzten
Jahrzehnte sorgt die Schlagkraft moderner technischer Beschneiungssysteme für zuneh-
mend stabile Skisaisonlängen.

In Gerlos konnte man im Schnitt der letzten 33 Saisonen an 132 Tagen Ski fahren. 1999/2000
war die bislang längste Skisaison in Gerlos – die Lifte konnten an 149 Tagen benützt werden.
1987/88 waren lediglich 118 Skitage möglich.

Standardabweichung:                       7 Tage
Spannweite:                              31 Tage

Abb. 22: Die Anzahl der Tage mit Skibetrieb pro Saison in Gerlos von 1987/88 bis 2019/20. Daten: Schilift
Zentrum Gerlos GmbH. Grafik: FORUM ZUKUNFT SKISPORT

Die geringe Standardabweichung (7 Tage) weist auf gleichmäßige Skisaisonlängen hin. Die
Trendlinie (rot punktiert) steigt statistisch signifikant an.

In Gerlos sind die Skisaisonen seit dem Winter 1987/88 statistisch belegbar länger ge-
worden (Regressionsanalyse): um 9 Tage.

                                                   30
9 Gedanken zur technischen Beschneiung

Das größte Missverständnis bei der technischen Beschneiung beginnt bereits beim häufig ge-
brauchten Terminus „Kunstschnee“. Dieser suggeriert eine „Künstlichkeit“ des Schnees und
befeuert Vorstellungen von (chemischen) Zusätzen im Schneiwasser.

   1. Woraus besteht der Maschinenschnee?

Technisch betrachtet erfolgt die Herstellung von Maschinenschnee „künstlich“, doch besteht dieser
in Österreich ausschließlich aus Wasser und Luft. Technisch erzeugter Schnee oder Maschinen-
schnee (engl.: „man made snow“) ist daher dem Wort „Kunstschnee“ unbedingt vorzuziehen. In
Österreich, Deutschland und Südtirol wird auf alle Arten von Wasserzusätzen – wie zum Beispiel
„Snomax“ – verzichtet.

   2. Von Kanonen und Lanzen

Im Lauf der vergangenen Jahrzehnte haben sich tendenziell unvorteilhafte, weil kriegerisch an-
mutende Bezeichnungen eingeschliffen: Lanzen und Kanonen. Letztere werden in der Fachwelt
„Propellermaschinen“ genannt. Ihre Gebläse werden von Elektromotoren angetrieben und be-
wirken eine große Auswurfweite, folglich eine lange Flug- und Ausfrierzeit für die Schneekris-
talle. Diese Propellermaschinen erzeugen je nach Drehzahl und Gebläsetechnik mehr oder we-
niger Lärm. „Schneilanzen“, auch „Giraffen“ genannt, benötigen wegen der großen Höhe des
Sprühkopfes über der Piste vor Ort keinen Strom, wenn die Erzeugung der benötigten Druckluft
in einer zentralen Kompressorstation erfolgt. Sie arbeiten vergleichsweise lärmarm. Aus diesem
Grund werden Lanzensysteme häufig in bewohnten Gebieten eingesetzt. Aktuell sind bereits
schallreduzierte Schneemaschinen aller Systeme am Markt, welche große Fortschritte im Be-
reich „Lärmemissionen“ darstellen.

   3. Wie entsteht der Maschinenschnee?

Mit den Schneeerzeugern wird der natürliche Schneivorgang nachgeahmt. Bei geeigneten
Feuchtkugeltemperaturen (siehe Punkt 4.) wird Wasser unter Druck durch Düsen zu feinen
Tropfen versprüht. Dem Strahl werden im/am Beschneiungsgerät selbst erzeugte Eispartikel als
Kerne der Schneekristalle (Nukleation) zugeführt. Dies erfolgt mithilfe von vorgekühlter und so-

                                               31
dann entspannter (und daher weiter abgekühlter) Druckluft sowie mit natürlichen, im Schneiwas-
ser enthaltenen Verunreinigungen (Staubpartikeln oder Bakterien). Um diese Eiskeime formen
sich bei allen Arten von Schneeerzeugern die Schneekristalle im Flug zwischen Mündung und
Auftreffen am Boden aus. Das Kältepotenzial der Umgebungsluft wird optimal in die Schneeer-
zeugung eingebunden – zum Beispiel (1) durch Gebläse oder (2) durch Unterdruck vor dem
Düsenkopf. Die leistungsstärksten Propellermaschinen am Markt versprechen eine theoretische
Schneeerzeugung von teils über 100 m³ pro Stunde bei idealen Bedingungen, welche naturge-
mäß in der Praxis selten vorkommen.

   4. Feuchtkugeltemperatur

Die maßgebliche physikalische Limitierung für das technische Beschneien mit Wasser und Luft ist
die sogenannte „Feuchtkugeltemperatur“, eine Kombination aus Lufttemperatur und Luftfeuchtig-
keit. Durch die Verdunstung eines (geringen) Teils des versprühten Wassers wird das Schneiwasser
abgekühlt, sodass bei trockener Luft „früher“ beschneit werden kann als bei feuchter.

Rechenbeispiele:      T = minus 3,0 °C       relative Luftfeuchtigkeit = 80 %, FKT = minus 4,0 °C
                      T = minus 3,0 °C       relative Luftfeuchtigkeit = 40 %, FKT = minus 6,1 °C
                      T = plus 2,0 °C        relative Luftfeuchtigkeit = 30 %, FKT = minus 2,8 °C

Aber: Bei intensiver technischer Beschneiung wird lokal die Luftfeuchtigkeit durch Verdunstung des
versprühten Wassers angehoben, wodurch sich diese in der Umgebungsluft bis zur Sättigung erhö-
hen kann. Ebenso können beispielsweise Topografie oder Bewuchs zu unterschiedlichen Schneibe-
dingungen auf exakt der gleichen Höhenschichtlinie führen.

   5. Schneeerzeugung bei Plusgraden

Sehr häufig wird die Frage gestellt, ob die technische Schneeerzeugung jetzt oder in Zukunft selbst
bei Plusgraden erfolgen kann. Zwar können herkömmliche Schneeerzeuger bereits seit Jahren
Schnee bei leichten Plusgraden erzeugen, wenn die Luftfeuchtigkeit sehr niedrig ist (siehe Feucht-
kugeltemperatur). In der Praxis hat das Beschneien in diesem extremen Grenztemperaturbereich
allerdings wenig Bedeutung, weil die Effizienz der Schneeerzeugung gering ist und die Kosten sowie
der Ressourceneinsatz entsprechend hoch ausfallen.

Weiters gibt es Beschneiungstechnologien, welche völlig losgelöst von der Umgebungstemperatur
Schnee produzieren können. Der Schnee wird in einem künstlich kalten Klima im Container erzeugt.
Ohne chemische Zusätze kann die Schneeproduktion bei jeder Außentemperatur durchgeführt

                                                32
werden. Diese Systeme (etwa die „Snowfactory“ von Technoalpin oder „Snow4Ever“ von De-
maclenko) bieten somit eine temperaturunabhängige Alternative für einen kleinräumigen Bedarf
– beispielsweise Übungshänge, Sprungschanzen, Skihallen oder neuralgisch kritische Berei-
che. Die Produktionskosten pro m³ Schnee sind dabei ungleich höher als bei herkömmlichen
Schneeerzeugern, während die Tagesproduktionsmengen vergleichsweise gering ausfallen. Zu-
dem ist der produzierte Schnee von anderer, eher körniger Struktur. Diese Systeme können
konventionelle Schneeerzeuger zur Beschneiung größerer Pistenflächen derzeit und in naher
Zukunft nicht ersetzen.

   6. Wasserverbrauch vs. Wassergebrauch

Der häufige Hinweis auf den enormen Wasserverbrauch der technischen Beschneiung ist irre-
führend. Das Wasser wird nicht verbraucht, sondern gebraucht. Das Wasser wird – meist
während Wasserüberschusszeiten – aus lokalen Gewässern entnommen und in Speicherseen
gepumpt. Diese Seen werden aus Gründen der Energieeffizienz (geodätischer Druck) und der
natürlichen Kühlung möglichst hoch im Gelände situiert. Die Pumpleistung zu ihrer Befüllung
wird nach Möglichkeit in Energieüberschusszeiten abgerufen. Im Winter wird das Wasser in
Form von Schnee auf die Pisten aufgetragen, wo es zwischengespeichert bleibt. Im Frühling
schmilzt der Schnee und das Wasser kehrt in den natürlichen Kreislauf zurück. Es ist essenzi-
ell, zu verstehen, dass das Wasser nicht verbraucht wird, sondern dem natürlichen Was-
serkreislauf erhalten bleibt – so wie der Naturschnee. Bei der technischen Beschneiung ver-
dunstet zwar ein Teil des eingesetzten Wassers, jedoch ist auch dies eine Komponente des
natürlichen Wasserkreislaufes. Man bedenke zum Beispiel die enorme Menge an Wasser, wel-
che an einem einzigen sonnigen Sommertag einem See durch Verdunstung entzogen wird.

Beispiel Zell am See und Schmittenhöhe
                       Fläche Zeller See:                                     4,6 km²
                       Verdunstungshöhe an einem Sommertag:                   5 mm
                       Realistische Tagesverdunstungsmenge:                   23.000 m³ Wasser

Das heißt, dass der Zeller See an einem einzigen sonnigen Sommertag allein durch Verdunstung eine
Menge von 23 Millionen Liter Wasser verliert. Über das gesamte Jahr kann von einer Verdunstungshöhe
von rund 600 mm ausgegangen werden. Das entspricht 2,8 Millionen m³. Rechnung: HR Dr. W. Gattermayr.

Der Wasserbedarf für die technische Beschneiung auf der Schmittenhöhe beträgt ca. 500.000 m³ pro Jahr.

Das Wasser für die technische Beschneiung ist in Gerlos weiterhin reichlich vorhanden – davon
zeugen die seit mehr als 120 Jahren leicht ansteigenden Summen der Jahresniederschläge.
Anm.: Aus 1 m³ Wasser werden im Mittel ca. 2,3 m³ kompakter Pistenschnee erzeugt.

                                                  33
10 FAZIT: Schlussfolgerungen für den Skitourismus in Gerlos

                                         „Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund
                                              für etwas Zukünftiges legen. Denn Zukunft kann man bauen.“
                                                                  Antoine de Saint-Exupéry (1900 – 1944)

Der Beginn der klimabedingten Zukunftsängste im Skitourismus kann relativ gut datiert werden. Die
markante Erwärmung der Winter am Übergang von den 1980er- zu den 1990er-Jahren war deren
Nährboden. Damalige Ängste, denen zufolge der Wintersporttourismus in vielen Regionen Öster-
reichs – so auch in Gerlos – keine Zukunft mehr haben könnte, sind aus heutiger Sicht nachvollziehbar.

Dass sich die Bergwinter ab den 1990er-Jahren wieder fast ebenso deutlich abgekühlt haben, ist
bis heute in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Fakt ist, dass auf Österreichs Bergwetter-
stationen – wie auch in den mittleren und hohen Lagen des Zillertales und des Pinzgaues – inner-
halb der vergangenen 50 Jahre (1970/71 bis 2019/20) kein statistisch belegbarer Anstieg des
winterlichen Temperaturniveaus stattgefunden hat.

Betrachtet man die vergangenen 100 Jahre, so sind die Winter in den Tallagen der Wintersport-
regionen um mehr als 1 Grad Celsius milder geworden. Die relativ kurze Messreihe in Gerlos fügt
sich gut in das Gesamtbild zahlreicher anderer jahrzehntelanger Temperaturmessreihen aus
den Talböden von Wintersportorten ein. Diese Erwärmung ist vermutlich der Hauptgrund dafür,
dass die Dauer der natürlichen Schneebedeckung an den meisten Stationen rückläufig ist.

Diese verkürzte Dauer der natürlichen Schneebedeckung konnte und kann mithilfe der techni-
schen Beschneiung überkompensiert werden. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die
Skisaisonlängen in Gerlos ausgedehnt und die Skipisten haben eine deutliche Qualitätsverbesse-
rung erfahren. Das Wasser für die technische Beschneiung ist in Gerlos weiterhin ausreichend
vorhanden – davon zeugen die seit mehr als 120 Jahren leicht ansteigenden Summen der Jah-
resniederschläge. Der Einsatz von erneuerbarer Energie („Ökostrom“) ist sehr zu empfehlen, wo-
mit der Wintersporttourismus zu einem aktiven Partner der Energiewende werden kann.

Betrachtet man die in dieser Studie ausgewerteten amtlichen Messdaten, so ist aus heu-
tiger Sicht kein Ende des Skisports in Gerlos und in der „Zillertal Arena“ erkennbar. Für
den alpinen Ganzjahrestourismus ist das aktuelle Klima insgesamt ausgesprochen güns-
tig, waren doch die Sommer zuletzt so sonnig und warm wie noch nie seit Beginn der
Aufzeichnungen.

                                                  34
11 Anhang

11.1          Zur Transparenz der Studie

Die vorliegende Studie bietet maximale Transparenz. Alle verwerteten Messdaten sind für For-
scher, aber auch für interessierte Laien öffentlich zugänglich. Die Messdaten können bei den
zuständigen Institutionen angefordert werden. Die Daten der ZAMG sind kostenpflichtig.

Diese Studie enthält Interpretationen der statistischen Auswertungen. In den meisten Fällen ist
der Interpretationsspielraum begrenzt, dennoch bleibt es dem Leser überlassen, die Daten und
Grafiken nach eigenem Ermessen zu deuten.

11.2          Datenquellen

Daten Schnee, Temperaturen und Niederschlag
:: DWD
:: Univ.-Doz. Dr. Josef Goldberger
:: HD Tirol
:: LWD Salzburg
:: MeteoSchweiz
:: Familie Radacher, Arthurhaus, Mühlbach am Hochkönig
:: ZAMG

Daten Skisaisonlängen
:: Schilift Zentrum Gerlos GmbH

11.3          Abkürzungsverzeichnis

HD Tirol               Hydrographischer Dienst Tirol
HISTALP                Historical Instrumental Climatological Surface Time Series of the
                       Greater Alpine Region
LWD Sbg                Lawinenwarndienst Salzburg
MEZ                    Mitteleuropäische Zeit
ZAMG                   Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik

                                                35
11.4          Beigezogene Experten

Vielen Dank für anregende Gespräche und Diskussionen, für Korrekturvorschläge und allgemei-
nes Feedback (in alphabetischer Reihenfolge):

:: Dr. Andreas Dorfmann, CEO Kronplatz Seilbahn AG (Bruneck, Südtirol)
:: Günther Foidl, selbstständiger Dateningenieur, Waidring (Tirol)
:: HR Dr. Wolfgang Gattermayr, Meteorologe und Hydrologe, langjähriger Leiter des
  Hydrographischen Dienstes Tirol (bis 11/2014)
:: Mag. DDr. Georg Hechenberger, langjähriger Vorstand der Bergbahn AG Kitzbühel
:: DI TR Michael Manhart, Geschäftsführer der Skilifte Lech Ing. Bildstein GmbH
:: Josef Margreiter, Geschäftsführer der Lebensraum Tirol Holding GmbH, Innsbruck
:: Ing. Hannes Mayer, Prokurist und technischer Leiter der Schmittenhöhebahn AG, Zell am See
:: DI Martin Oberhammer, technischer Geschäftsführer der Silvretta Montafon Holding GmbH
:: Univ.-Prof. i. R. Dr. Heinz Slupetzky, Geograf und Glaziologe, Universität Salzburg
:: Dr. Gunther Suette, Geologe und Umwelttechniker, gerichtlich beeideter Sachverständiger,
  Vorsitzender im Studienausschuss VII („Umwelt“) des Weltseilbahnverbandes O. I. T. A. F.
:: Florian Wörgetter, technischer Leiter der Bergbahn AG Kitzbühel
:: Prof. Mag. Peter Zellmann, Leiter des Instituts für Freizeit- und Tourismusforschung (IFT), Wien
:: STATISTIK: DI (FH) Wolfgang Peter, Data Engineering & Statistics, Völs
:: LEKTORAT: Dr. Gerhard Katschnig, Klagenfurt, selbstständiger Lektor

Die hier erwähnten Experten sind im fachlichen Austausch mit dem FORUM ZUKUNFT SKI-
SPORT. Es soll keinesfalls suggeriert werden, dass diese Personen den gesamten Inhalt der
vorliegenden Datenzusammenstellung teilen, da meist nur einzelne Kapitel besprochen wurden.
Ebenso wenig wird vermittelt, dass sie Kontakt untereinander pflegen. Für den Inhalt allein ver-
antwortlich: MMag. Günther Aigner (Hauptautor).

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