Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie in Deutschland - Ergebnisse einer Branchenumfrage zu Klagen gegen Windenergieanlagen sowie zu ...
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UMFRAGE Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie in Deutschland Ergebnisse einer Branchenumfrage zu Klagen gegen Windenergieanlagen sowie zu Genehmigungshemmnissen durch Drehfunkfeuer und militärische Belange der Luftraumnutzung
Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie in Deutschland Jürgen Quentin, Fachagentur Windenergie an Land e.V. Ergebnisse einer im 2. Quartal 2019 durchgeführten Branchenumfrage in Zusammenarbeit mit dem
Impressum © FA Wind, Juli 2019 Herausgeber: Haftungsausschluss: Fachagentur Windenergie an Land Die in dieser Broschüre enthaltenen Angaben Fanny-Zobel-Straße 11 | 12435 Berlin und Informationen sind nach bestem Wissen erhoben, geprüft und zusammengestellt. Eine V.i.S.d.P.: Dr. Antje Wagenknecht Haftung für unvollständige oder unrichtige Angaben, Informationen und Empfehlungen Die Fachagentur zur Förderung eines natur- ist ausgeschlossen, sofern diese nicht grob und umweltverträglichen Ausbaus der Wind- fahrlässig oder vorsätzlich verbreitet wurden. energie an Land e.V. ist ein gemeinnütziger Verein. Er ist eingetragen beim Amtsgericht Charlottenburg, VR 32573 B Autor: Jürgen Quentin Zitiervorschlag: FA Wind: Hemmnisse beim Ausbau der Wind- energie in Deutschland – Ergebnisse einer Bran- chenumfrage, Berlin 2019
Inhalt | 1 Inhalt 1. Zusammenfassung ....................................................................................................................... 3 2. Vorbemerkung ............................................................................................................................. 4 3. Gegenstand und Methode der Untersuchung, Adressatenkreis .................................................... 5 3.1 Aufbau und Inhalt des Fragebogens ............................................................................................. 5 3.2 Umfang und Struktur der Umfrageteilnehmer .............................................................................. 6 3.3 Detailtiefe der vorliegenden Daten und deren Auswertung .......................................................... 7 4. Beklagte Windenergieanlagen...................................................................................................... 8 4.1 Regionale Verteilung der beklagten Windenergieanlagen ............................................................. 8 4.2 Status der beklagten Windenergieanlagen ................................................................................... 9 4.3 Anteil beklagter Genehmigungen an insgesamt genehmigten Anlagen ...................................... 10 4.4 Seit wann werden die Windenergieanlagen beklagt? ................................................................. 11 4.5 Wann wurden die Windenergieanlagen genehmigt? .................................................................. 11 4.6 Welche Klagegründe werden gegen Windenergieanlagen angeführt? ....................................... 13 4.7 Wer klagt gegen Windenergieanlagen? ..................................................................................... 13 4.8 Ausschreibungsrelevante Aspekte der beklagten Anlagen .......................................................... 15 5. Blockierte Windenergieprojekte aufgrund von Drehfunkfeuern .................................................. 17 5.1 Regionale Verteilung der blockierten Windenergieprojekte ........................................................ 17 5.2 Geplante Windenergieprojekte innerhalb des VOR/DVOR-Prüfbereichs....................................... 18 5.3 Relevanz einzelner VOR/DVOR-Standorte für geplante Windenergieanlagen .............................. 21 5.4 Entwicklungsstände der blockierten Windprojekte ..................................................................... 22 5.5 Flächensituation der blockierten Windparks ............................................................................... 23 6. Blockierte Windenergieprojekte aufgrund von militärischer Luftraumnutzung ................................. 24 6.1 Regionale Verteilung der blockierten Windenergieprojekte ........................................................ 24 6.2 Welche Relevanz haben einzelne militärische Belange? .............................................................. 25 6.3 Entwicklungsstände der blockierten Windparks .......................................................................... 26 6.4 Flächensituation der blockierten Windparks ............................................................................... 26 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Klagegründe und Zahl der betroffenen Windenergieanlagen ................................... 13 Abbildung 2: Akteursgruppen und beklagte Windenergieanlagen ................................................ 14 Abbildung 3: Blockierte Windenergieprojekte und deren Abstände zu VOR/DVOR ....................... 18 Abbildung 4: Durch militärische Belange blockierte Windenergieanlagen ..................................... 25
2 | Inhalt Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Regionale Verteilung der beklagten WEA (mit und ohne Ibn) ........................................... 8 Tabelle 2: Status der beklagten WEA im Abfragezeitpunkt .............................................................. 9 Tabelle 3: Regionale Verteilung insgesamt genehmigte WEA (ohne Ibn) vs. beklagte WEA ............ 10 Tabelle 4: Kalenderjahre, in denen gegen WEA (mit und ohne Ibn) Klagen erhoben wurden ......... 11 Tabelle 5: Jahr der Genehmigungserteilung der beklagten WEA (mit und ohne Ibn) ...................... 12 Tabelle 6: Beklagte WEA (ohne Ibn) vs. insgesamt genehmigte WEA (ohne Ibn) nach Jahr der Genehmigungserteilung........................................................................................... 12 Tabelle 7: Zeitpunkt der Klageerhebung im Hinblick auf die Gebotsabgabe in der Ausschreibung .... 15 Tabelle 8: Beklagte WEA mit Zuschlag in der Ausschreibung ......................................................... 16 Tabelle 9: Inbetriebnahmefristen für beklagte WEA mit Zuschlag .................................................. 16 Tabelle 10: Regionale Verteilung der durch VOR/DVOR blockierten WEA......................................... 18 Tabelle 11: Durch VOR/DVOR blockierte WEA bis 10 km Entfernung ............................................... 19 Tabelle 12: Speziell durch DVOR blockierte WEA ............................................................................. 20 Tabelle 13: Durch VOR/DVOR blockierte WEA in 10 bis 15 km Entfernung ...................................... 20 Tabelle 14: VOR/DVOR-Anlagen und in deren Umfeld blockierte WEA ............................................ 21 Tabelle 15: Verfahrensstand der durch VOR/DVOR blockierten WEA ............................................... 22 Tabelle 16: Planerischer Flächensituation der durch VOR/DVOR blockierten WEA ............................ 23 Tabelle 17: Regionale Verteilung der durch militärische Belange blockierten WEA ........................... 24 Tabelle 18: Verfahrensstand der durch militärische Belange blockierten WEA .................................. 26 Tabelle 19: Planerische Flächensituation der durch Militär blockierten WEA.................................... 27
Zusammenfassung | 3 1. Zusammenfassung Die Fachagentur Windenergie an Land (FA waren 40 Prozent zum Zeitpunkt der Gebots- Wind) führte gemeinsam mit dem Bundesver- abgabe bereits mit einer Klage konfrontiert; band WindEnergie (BWE) im zweiten Quartal sind also bewusst ein höheres Pönalrisiko ein- 2019 eine Umfrage durch, mit der die aktuelle gegangen. Für die Anlagen, welchen bis dato Situation der bundesweit beklagten Windener- noch die Förderzusage fehlt, wurde in drei von gieanlagen sowie der Umfang der Windener- vier Fällen angegeben, dass gerade wegen der gieprojekte, die aufgrund von zivilen und mili- Klage noch kein Gebot abgegeben wurde. tärischen Belangen der Luftfahrt/-verteidigung Die Umfrage widmete sich außerdem dem Ge- blockiert werden, ermittelt worden sind. Die nehmigungshemmnis aufgrund von sog. Dreh- Analyse zeigt in allen drei Bereichen hohe Be- funkfeuern. Auch hier zeigt sich eine hohe Be- troffenheit: Die Rückmeldungen ergaben troffenheit: Mehr als 1.000 Anlagen mit 4.800 deutschlandweit 325 Windturbinen mit mehr als MW Leistung können derzeit nicht realisiert 1.000 Megawatt (MW) Leistung, die aktuell be- werden, weil ihnen der Einfluss auf Flugnaviga- klagt sind. Davon sind knapp 100 Anlagen be- tionsanlagen entgegengehalten wird. Damit reits gebaut und in Betrieb. Am meisten be- hat sich der Umfang der betroffenen Projekte klagte Windturbinenleistung wurde aus Nieder- seit der letzten BWE-Umfrage (2015) geradezu sachsen und Nordrhein-Westfalen gemeldet, wo verdoppelt. Die häufigsten Konflikte treten in jeweils rund 200 MW auf dem Gerichtweg an- Nordrhein-Westfalen und Niedersachen auf. gegriffen wird. Aber auch in weniger ausbau- Dort ist fast die Hälfte der erfassten Windpro- starken Bundesländern wie Bayern, Baden- jekte wegen VOR/DVOR-Anlagen blockiert. Württemberg und Hessen sind jeweils über Fünf der bundesweit fast 60 Drehfunkfeuer 100 MW beklagt. Vergleicht man die in den sind ausschlaggebend für die Hälfte aller ge- Bundesländern insgesamt registrierten Geneh- meldeten Blockaden. Den »Spitzenplatz« migungen mit den beklagten in der Stichprobe, nimmt hier das DVOR Nörvernich (Kreis Düren, dann zeigen sich die höchsten Klagequoten in NRW) ein, in dessen Umfeld fast 700 MW An- Bayern und Hessen. Dort sind jeweils mindes- lagenleistung nicht realisiert werden können. tens 40 Prozent der registrierten Windenergie- Der deutsche Sonderweg, nicht nur um VOR, leistung, die noch nicht realisiert wurde, bei sondern auch um DVOR den erweiterten Prüf- Gericht beklagt. radius (15 km) festzulegen, in dem die Zulas- Die häufigsten Klagegründe sind im Arten- sung einer Windturbine der Einzelfallprüfung schutz verortet. Bei der Hälfte aller betroffenen durch die DFS unterliegt, blockiert allein 1.450 Windräder werden Verstöße gegen den Schutz MW bzw. 360 Neuanlagen. von Vogel- und Fledermausarten geltend ge- Die Rückmeldungen zum Fragenkatalog der macht. Allgemeine Artenschutzgründe sind bei Hemmnisse wegen militärischer Belange der einem Viertel der Windräder ein wesentlicher Luftraumnutzung ergaben ebenfalls eine große Klagegrund. Die Umfrage beleuchtet auch die Zahl von blockierten Windenergieprojekten: Frage, wer gegen Windräder klagt: Hier zeigt 900 Anlagen bzw. 3.600 MW können derzeit sich, dass Umwelt-/Naturschutzverbände gegen aufgrund von verteidigungsspezifischen Rest- 60 Prozent der erfassten Windturbinen prozes- riktionen des Luftraums nicht genehmigt wer- sieren. Innerhalb dieser Gruppe ist ein bundes- den. Auch dies betrifft überwiegend Windener- weit tätiger Verband in die Hälfte aller Verfah- gieprojekte in Nordrhein-Westfalen und Nie- ren involviert. dersachsen. Materiell bilden Tiefflugkorridore Hinsichtlich der Frage, inwieweit Genehmi- für Hubschrauber und Kampfjets (32%) sowie gungsinhaber auch mit beklagten Anlagen am die Radarüberwachung zur Flugsicherung bzw. Ausschreibungsverfahren teilnehmen, zeigt sich Luftverteidigung (zusammen 33%) Schwer- ein differenziertes Bild: Von 122 Windturbinen, punkte, weswegen Windenergieanlagen ver- die in der Stichprobe einen Zuschlag besitzen, hindert werden.
4 | Vorbemerkung 2. Vorbemerkung In den vergangenen fünf Ausschreibungen 1 Rechtsstreit beigelegt ist. Mit dem ersten Teil zeigten sich von Runde zu Runde sinkende Be- der Umfrage sollte diese These mit Zahlen zu teiligungsquoten. Zuletzt wurde nicht einmal hinterlegt und der Umfang der beklagten Ge- mehr 30 Prozent des teilnahmeberechtigten nehmigungen sowie die Auswirkungen dessen Leistungsvolumens geboten. 2 Nachdem seit auf die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren 2018 durchaus auskömmliche Vergütungssätze ermittelt werden. durchsetzbar sind, dürften wirtschaftliche As- Eine weitere Motivation für die Branchenum- pekte der Ausschreibungsteilnahme in aller Re- frage ist in der gegenwärtigen Genehmigungs- gel nicht entgegengestanden haben. Vielmehr situation begründet: Seit Anfang 2017 sind die werden die Beweggründe in formeller und ma- Genehmigungszahlen für neue Windenergiean- terieller Hinsicht zu finden sein. Als möglicher lagen stark rückläufig und erreichen nur noch Grund wird eine steigende Zahl von Klagen ge- ein Drittel dessen, was in den Jahren 2014 bis gen Windenergieanlagen genannt. 2016 durchschnittlich genehmigt wurde. 5 Ne- Zwar sind beklagte Windenergieanlagen nicht ben Hemmnissen im Bereich der planerischen kraft Gesetz von der Teilnahme am Ausschrei- Flächenausweisung und des Natur-/Artenschut- bungsverfahren ausgeschlossen; auch mit einer zes sind viele Projekte aufgrund von Beschrän- nicht bestandskräftigen Genehmigung darf ein kungen im Umkreis von Drehfunkfeuern sowie Gebot abgegeben werden. Eine Teilnahme mit infolge militärischer Belange der Luftfahrt (wie einer solchen Anlage bedeutet für den Projek- Luftraumüberwachung, Tiefflugstrecken-Korri- tierer jedoch ein erhebliches finanzielles Risiko. dore u.a.) blockiert. Eine Erhebung des BWE im Denn wird eine bezuschlagte Anlage nicht in- Jahr 2015 ergab, dass seinerzeit etwa 2.300 nerhalb der Umsetzungsfrist (30 bzw. 24 Mo- MW Windenergieleistung wegen (ziviler) Dreh- nate; vgl. § 36e Abs. 1 EEG) realisiert, sprich in funkfeuer-Konflikte nicht realisiert werden Betrieb gesetzt, droht dem Zuschlagsinhaber konnten. 6 Auch aufgrund militärischer Belange eine empfindliche Strafzahlung (Pönale), die konnten Windenergieanlagen im dreistelligen pro Anlage 100.000 € und mehr betragen Megawattbereich nicht umgesetzt werden. 7 kann. 3 Die in § 36e Abs. 2 EEG enthaltene Mit dem zweiten und dritten Teil der Umfrage Möglichkeit der Fristverlängerung ist wenig wollten FA Wind und BWE auch in diesem Be- hilfreich, da sie sich allein auf den Bestand des reich ein Bild der aktuellen Situation ermitteln. Zuschlags bezieht, aber keine Auswirkungen Die Umfrage erhebt keinen Anspruch auf Re- auf das Anfallen der Pönalen und den Beginn präsentativität hinsichtlich der Auswahl der Be- der Förderdauer hat. 4 Im Falle einer Klage fragten sowie der aus der Erhebung gewonne- droht also nicht nur Ungewissheit, ob die Ge- nen Erkenntnisse. Die Ergebnisse können auch nehmigung vor Gericht Bestand hat, sondern kein allumfassendes Bild der tatsächlichen Situ- auch ein zusätzlicher finanzieller Schaden, der ation wiedergeben. Ungeachtet dessen dürfte für den Genehmigungsinhaber das wirtschaftli- die Umfrage einer der umfangreichsten Befra- che Risiko substantiell erhöht. gungen in den letzten Jahren gewesen sein, Die skizzierte rechtliche Situation legt die Ver- deren Ergebnisse hiermit veröffentlicht und da- mutung nahe, dass Akteure, deren Windener- mit einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion gieanlagen beklagt sind, von der Teilnahme an verfügbar gemacht werden. Ausschreibungen Abstand nehmen, bis der 1 4 Konkret waren dies die Gebotstermine: 1. Mai, 1. August Ausführlich dazu, FA Wind (2019), Ausschreibungsspezifi- und 1. Oktober 2018 sowie 1. Februar und 1. Mai 2019. sche Regelungen für Windenergieanlagen an Land, 4. 2 Ausführlicher dazu in FA Wind (2019), Analyse der 8. Aufl., Kap. 4.7. 5 Ausschreibung Windenergie an Land sowie Analyse der 9. Vgl. FA Wind (2018), Ausbausituation der Windenergie Ausschreibung Windenergie an Land. an Land im Jahr 2017; FA Wind (2019), Ausbausituation 3 Gemäß § 55 Abs. 1 EEG wird bei Nichtrealisierung des der Windenergie an Land im Jahr 2018 sowie Ausbausitua- Zuschlags innerhalb des Umsetzungszeitraums eine Pönale tion der Windenergie an Land im Frühjahr 2019. 6 von 30 €/kW fällig. Bestand der Zuschlag z.B. für drei Anla- BWE (2015), 2. Umfrage Windenergie und Flugsicherung. 7 gen mit je 4.200 kW Leistung, ergibt sich daraus eine Straf- Wegen möglicher Mehrfachnennungen in der damaligen zahlung iHv. 378.000 €. BWE-Umfrage lässt sich hier kein exakter Wert angeben.
Vorbemerkung | 5 3. Gegenstand und Methode der Untersuchung, Adressatenkreis Die vorliegende Ausarbeitung beruht auf Er- umfangreich sein und der Realisierung einer kenntnissen der im Zeitraum Mitte April bis Anlage entsprechend lange entgegenstehen Ende Juni 2019 durchgeführten Branchenum- können. Auch wenn »nur« ein Widerspruchs- frage. Im Rahmen dessen wurde sowohl der verfahren durchlaufen wird, bedeutet dies Umfang der aktuell beklagten Windenergiean- nicht ohne Weiteres, dass mit dem Bau der An- lagen als auch die Zahl der Windenergiepro- lage(n) direkt begonnen werden kann. Eben- jekte, die aufgrund von Drehfunkfeuern – also falls nicht erfasst wurden Klagen, welche die Sendeanlagen zur Luftfahrtnavigation – sowie Anlagen nur mittelbar betreffen, etwa wenn durch militärische Belange der Luftfahrt blo- ein zugrunde liegender Bebauungsplan, Flä- ckiert werden, ermittelt. Die Umfrage richtete chennutzungsplan oder Regionalplan mittels sich an Akteure im Bereich der Windenergie- Normenkontrollen angegriffen wird. Auch projektierung, an Inhaber von Genehmigungen Rechtsschutzverfahren seitens Vorhabenträger für neue Windenergieanlagen sowie an Betrei- gegen eine behördliche Versagung der Geneh- ber von Windparks in Deutschland. migung wurden nicht erfasst. Die Abfrage erfolgte in drei Teilen: Im ersten Im zweiten und dritten Teil der Umfrage wur- Teil wurden die Anzahl beklagter Windenergie- den Hemmnisse bei der Entwicklung von Wind- anlagen erfasst. Darunter fielen sowohl Anla- parks aufgrund der zivilen und militärischen gen, die immissionsschutzrechtlich genehmigt, Luftraumüberwachung/-nutzung ermittelt. aber noch nicht in Betrieb sind, als auch solche, Während der zweite Teil Fragen speziell zu In- die bereits gebaut worden sind und Strom er- teressenskonflikten mit dem Betrieb von Dreh- zeugen. Ausschlaggebend für die Datenerfas- funkfeuern adressierte, standen im dritten Teil sung war, dass eine Klage gegen die Anlage(n) des Fragebogens militärische Belange der Luft- im Zeitraum der Umfrage bei Gericht anhängig fahrt und deren Auswirkungen auf die Wind- war. Das einer Klage vorgeschaltete Wider- energienutzung im Fokus. In beiden Bereichen spruchsverfahren wurde nicht berücksichtigt, wurde nach dem Umfang und den Entwick- da dieser Rechtsbehelf in mehreren Bundeslän- lungsständen von Windenergieprojekten ge- dern inzwischen abgeschafft oder aber nur fa- fragt, für die bis dato keine immissionsschutz- kultativ vorgesehen ist. 8 Gleichwohl gilt es zu rechtliche Genehmigung erteilt worden ist. bedenken, dass auch Widerspruchsverfahren 3.1 Aufbau und Inhalt des Fragebogens Für die Branchenumfrage wurde ein Excel-ba- Im zweiten Tabellenblatt wurde im ersten Ab- sierter Fragebogen 9 entwickelt, der aus zwei schnitt (noch nicht genehmigte) Windenergie- Tabellenblättern (mit drei Abfrageteilen), einem projekte erfragt, die aufgrund von VOR/DVOR- erläuternden Vorblatt sowie einem Tabellen- Standorten im Planungs- bzw. Genehmigungs- blatt mit einer Liste und einer Übersichtskarte 10 prozess behindert/blockiert werden. Im zweiten sämtlicher VOR/DVOR-Anlagen in Deutschland Abschnitt des Tabellenblattes wurden außer- bestand. Im ersten Tabellenblatt wurden Wind- dem Daten zu Windenergieprojekten ermittelt, energieanlagen, die derzeit beklagt werden, ab- welche hierzulande durch Belange der deut- gefragt. Um den Umfang der beklagten Anla- schen sowie alliierten Luftstreitkräfte behindert gen in Relation zu den nicht beklagten Windtur- werden. binen setzen zu können, wurde zudem die Ge- Der Fragebogen wurde so aufgebaut, dass die samtzahl aller genehmigten, noch nicht realisier- Antworten in der Regel über vorstrukturierte ten Anlagen im Portfolio des Befragten ermittelt. Auswahlfelder einzugeben waren. Dies sollte 8 9 Das Widerspruchsverfahren (§ 68 VwGO) gegen einen Der Fragebogen ist auf der Internetseite der FA Wind ab- Verwaltungsakt nach dem BImSchG ist in den Bundeslän- rufbar. 10 dern Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen abgeschafft. Übersichtskarte und Liste der VOR/DVOR-Anlagen wur- In Mecklenburg-Vorpommern ist das Vorverfahren fakultativ den dem Wikipedia-Eintrag zu Drehfunkfeuer entnommen. (§ 13a GerStrukGAG); das heißt, dort besteht ein Wahl- recht, ob erst Widerspruch einlegt oder direkt geklagt wird.
6 | Vorbemerkung zum einen den Ausfüllaufwand für die Teilneh- Standorten beigefügt. Darüber hinaus wurden mer reduzieren und zum anderen die Auswer- Eckdaten des geplanten Anlagenstandorts ab- tung durch strukturierte, gleichlautende Ant- gefragt, nämlich der Umfang des Vorhabens worten erleichtern. Am Ende eines jeden Daten- (Anlagenzahl und Leistung), die Entfernung satzes befand sich ein Freihand-Eingabefeld für dessen zum Drehfunkfeuer-Standort, das Bun- individuelle Ergänzungen und Erläuterungen. desland in dem das Vorhaben geplant ist und die Ausweisung des Standorts für die Wind- Zur zweifelsfreien Identifizierung der beklagten energienutzung (Konzentrationszone). Hin- Anlage musste deren individuelle Registernum- sichtlich des Projektentwicklungsstandes sollten mer gemäß Marktstammdatenregister 11 ange- die Teilnehmer den letzten eingeleiteten Schritt geben werden. Durch das Verschneiden mit und dessen Zeitpunkt eintragen, wobei als Ver- den Registerinformationen ließen sich sämtli- fahrensschritte zur Wahl standen: BImSchG- che anlagen- und standortspezifischen Daten, Antrag in Vorbereitung, BImSchG-Antrag ge- aber auch Informationen zur Genehmigungs- stellt oder Vorbescheid beantragt. behörde, das Genehmigungsdatum und für den Fall, dass die Anlage bereits in Betrieb ist, Der Fragebogenabschnitt zu Hemmnissen auf- auch deren Inbetriebnahmedatum generieren. grund der militärischen Luftraumüberwachung/- nutzung entsprach im Wesentlichen dem Auf- Hinsichtlich der Verfahrenssituation wurde mit bau des Teils zu VOR/DVOR: Es wurden lediglich dem Fragebogen der Zeitpunkt der Klageerhe- keine Abstände zu den ursächlichen militäri- bung, die Person des Klägers (Genehmigungs- schen Hemmnissen abgefragt, da dies oftmals inhaber, Privatperson, Umwelt-/Naturschutzver- nicht eindeutig (z.B. Tiefflugkorridore, Übungs- band, Standortgemeinde, Nachbargemeinde, gebiet) hätte zugeordnet werden können. u.a.) sowie die wesentlichen Gründe der Klage ermittelt, wobei zu Klägern und Klagegründen Der erste Entwurf des Fragebogens wurde zu- jeweils zwei Antworten möglich waren. Dar- nächst von mehreren Windprojektierern einem über hinaus wurde erhoben, ob die Anlagen Pretest unterzogen. Deren Rückmeldungen schon in einer Ausschreibung geboten wurden führten zu geringfügigen Modifikationen. Ab – und wenn nicht, ob der laufende Rechtsstreit dem 15. April 2019 wurde der Fragebogen von ein Grund für deren Nichtteilnahme war. FA Wind und BWE an rund 2.000 Branchenak- teure und Multiplikatoren (wie Verbände, Mini- Im Fragebogenteil zu blockierten Windenergie- sterien, Energieagenturen u.a.) per E-Mail ver- projekten aufgrund von Drehfunkfeuern war sandt. Darüber hinaus wurde der Fragebogen zunächst das betreffende VOR/DVOR anhand auf den Internetseiten der FA Wind und des einer Auswahlliste zu bestimmen. Zur leichte- BWE zum Download bereitgestellt. Zusätzlich ren Identifizierung dessen war dem Fragebo- bewarb die FA Wind die Umfrage in der April- gen eine Karte mit sämtlichen Drehfunkfeuer- Ausgabe ihres Newsletters. 12 3.2 Umfang und Struktur der Umfrageteilnehmer An der Umfrage beteiligten sich insgesamt 89 Unternehmen übermittelten projektspezifische Unternehmen aus 14 verschiedenen Bundes- Informationen zu militärischen Belangen, wel- ländern sowie zwei hierzulande projektierende che sich negativ auf deren Windenergiepro- Unternehmen mit Sitz in benachbarten EU- jekte auswirken. 49 Befragte machten Anga- Staaten. Davon füllten 40 Akteure den Frage- ben zu einem Themenbereich; 30 Teilnehmer bogen zu beklagten Windenergieanlagen aus. lieferten Informationen zu zwei Themenberei- 66 Teilnehmer machten Angaben zu Hemmnis- chen und 13 Teilnehmer meldeten Daten zu al- sen aufgrund von (zivilen) Drehfunkfeuern. 42 len drei Abfragebereichen. 11 Das Marktstammdatenregister (MaStR) ist das zentrale Seit Februar 2019 wird das MaStR über ein Webportal be- Register für den deutschen Strom- und Gasmarkt, in dem trieben, in dem Datensätze aller registrierten Einheiten frei- u.a. Stammdaten zu Stromerzeugungsanlagen erfasst wer- zugänglich verfügbar sind. 12 den. Geführt wird das MaStR von der Bundesnetzagentur. Siehe FA Wind Newsletter 02/2019.
Vorbemerkung | 7 3.3 Detailtiefe der vorliegenden Daten und deren Auswertung Die erhobenen Daten sind in weiten Teilen sehr Darstellungen der regionalen Situation be- sensibel und werden entsprechend vertraulich schränken sich auf die Ebene von Bundeslän- behandelt. Daher werden in der vorliegenden dern, so dass keine Rückschlüsse aus den zur Umfrageauswertung weder die Identität der Verfügung gestellten Informationen auf ein- Teilnehmer noch anlagen-/standortspezifische zelne Vorhaben oder Akteure möglich werden. Informationen zu einzelnen Windprojekten of- Was die Hemmnisse durch Drehfunkfeuer be- fengelegt. Gleichwohl liegen zu jeder als beklagt trifft, wird die regionale Situation außerdem gemeldeten Windturbine eindeutig zuordenbare anhand der VOR/DVOR-Standorte aufgezeigt, standort- und anlagenspezifische Informationen um die Relevanz einzelner Drehfunkfeuer für vor. Die Auswertungen zu den Klagen beziehen die Entwicklung von Windparks zu verdeutli- sich somit auf konkret zuordenbaren, immissi- chen. Auch mit dieser Darstellung bleibt ge- onsschutzrechtlich genehmigten Windenergie- währleistet, dass keine Rückschlüsse auf ein- anlagen und beinhalten keine unspezifischen o- zelne Vorhaben und/oder Akteure möglich der anonymisiert übermittelten Datensätze. werden.
8 | Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen 4. Beklagte Windenergieanlagen Windenergieanlagen werden in den vergange- sprich die Anlage bis dato noch keinen Strom nen Jahren zunehmend vor Gericht angegrif- erzeugte. Vereinzelt können Anlagen bereits fen. 13 Die FA Wind hatte im Spätherbst 2018 teil-/errichtet sein. Solange diese die kommerzi- erstmalig versucht, die Dimension der beklag- elle Stromerzeugung noch nicht aufgenommen ten Projekte zu ermitteln. Hierzu wurde eine haben, werden sie unter dem Status »geneh- kurzfristig anberaumte Abfrage unter Anlagen- migt« betrachtet. Mit Beginn der regulären herstellern sowie in den Bundesländern durch- Stromerzeugung sind die Anlagen ans Register geführt. Während die Bundesländer ganz über- als »in Betrieb« zu melden. Ausschlaggebend wiegend nicht in der Lage waren diesbezügli- für die Einordnung des Status der mit der Um- che Daten bereitzustellen, war ein Großteil der frage erfassten Anlagen, war der im Markt- Hersteller willens, kumulierte Leistungswerte stammdatenregister (MaStR) erfasste Betriebs- aus Kundenprojekten, welche mit Klagen kon- zustand. frontiert sind, bundesländerspezifisch zusam- In die Analyse wurden ausgefüllte Fragebögen menzustellen. Diese Rückmeldungen, ergänzt von 40 Unternehmen einbezogen. Diese gaben um eigene Internetrecherchen, deuteten darauf an, dass sie im Abfragezeitraum Genehmigun- hin, dass bundesweit mindestens 750 MW gen für insgesamt 405 Windenergieanlagen Windenergieleistung beklagt sind. Mit der jetzi- mit 1.332 MW Gesamtleistung im Portfolio gen Umfrage, die sich nur an Branchenakteure hielten. Nach Berechnungen der FA Wind wa- richtete, sollten diese Erkenntnisse erweitert, ren Ende Mai 2019 bundesweit rund 4.200 empirisch abgesichert sowie durch ergänzende MW genehmigte Windenergieleistung regis- anlagen-, standort- und klagespezifische Infor- triert. Die an der Umfrage teilnehmenden Un- mationen qualitativ vertieft werden. ternehmen hielten folglich 30 Prozent der ins- Im Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung gesamt genehmigten und noch nicht realisier- werden die Begriffe »Genehmigung« und »ge- ten Windenergieleistung in Deutschland. Die nehmigte Anlage« synonym verwendet und be- Analyse stützt also auf eine solide Datenlage im zeichnen jeweils eine Windenergieanlage, die Hinblick auf die bundesweite Genehmigungssi- eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissi- tuation. Zudem meldeten sich fast alle bran- onsschutzgesetz (BImSchG) und damit grund- chenbekannten Windenergieprojektierer zu- sätzlich Baureife erlangt hat, aber zum Zeitpunkt rück, auch wenn sie seinerzeit von keinem der der Datenerfassung noch nicht in Betrieb war; abgefragten Hemmnisse betroffen waren. 4.1 Regionale Verteilung der beklagten Windenergieanlagen Insgesamt wurden 325 beklagte Windenergie- bereits in Betrieb befindlichen Anlagen (Ibn = anlagen (WEA) mit einer Gesamtleistung von Inbetriebnahme) verteilen sich über zehn Bun- 1.011 MW gemeldet. Die genehmigten bzw. desländer, was Tabelle 1 veranschaulicht. Tabelle 1: Regionale Verteilung der beklagten WEA (mit und ohne Ibn); Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Bundesland Anlagen Leistung Anteil [MW] [MW] Baden-Württemberg 29 100,3 9,9% Bayern 43 126,4 12,5% Brandenburg 33 94,0 9,3% Hessen 41 118,0 11,7% 13 Statt vieler: Wirtschaftswoche online v. 29.01.2019; Handelsblatt online v. 19.05.2019; Süddeutsche Zeitung, online v. 20.05.2019; Tagesspiegel online v. 14.06.2019.
Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen | 9 Bundesland Anlagen Leistung Anteil [MW] [MW] Mecklenburg-Vorpommern 15 47,5 4,7% Niedersachsen 66 211,0 20,9% Nordrhein-Westfalen 58 193,0 19,1% Rheinland-Pfalz 26 77,5 7,7% Saarland 3 9,0 0,9% Schleswig-Holstein 11 34,0 3,4% Gesamt 325 1.010,6 100% Aus den Stadtstaaten sowie aus Sachsen, Sach- in diesen Ländern in den letzten Jahren über- sen-Anhalt und Thüringen wurden keine be- durchschnittlich viel Windenergieleistung ge- klagten Windturbinen gemeldet. Recherchen nehmigt wurde. Von 2014 bis Mai 2019 wur- im Internet zeigten jedoch, dass auch in diesen den nach Datenlage des MaStR rund Regionen vereinzelt Rechtsstreitigkeiten vor Ge- 20.700 MW bundesweit genehmigt, davon richt anhängig sind. Die Branchenumfrage kann 20 Prozent für Windturbinenstandorte in Nieder- folglich auch kein bundesweit vollständiges Bild sachsen. Jeweils 14 Prozent der genehmigten der aktuellen Klagesituation widergeben. Leistung adressieren Standorte in Nordrhein- Westfalen und in Schleswig-Holstein. Ein Leis- Bei der Betrachtung der regionalen Verteilung tungsanteil von 12 Prozent bewilligten Branden- fällt auf, dass jeweils ein Fünftel der als beklagt burger Behörden; jeweils rund sechs Prozent der erfassten Windenergieleistung in der Stichprobe in der Zeit genehmigten Leistung entfiel auf auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen so- Windenergiestandorte in Baden-Württemberg, wie Niedersachsen entfällt. Die überproportio- Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. nalen Anteile sind insofern nachvollziehbar, als 4.2 Status der beklagten Windenergieanlagen Von den erfassten 1.011 MW Leistung waren Dauer des Rechtsstreits nicht weiterbetrieben 30 Prozent (302 MW) zum Zeitpunkt der Um- werden dürfen. In einzelnen Fällen stehen die frage bereits in Betrieb (vgl. Tabelle 2). Hier Windturbinen seit über einem Jahr zwangs- wurde teilweise gemeldet, dass Anlagen auf- weise still. grund von Stilllegungsanordnungen für die Tabelle 2: Status der beklagten WEA im Abfragezeitpunkt; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Anlagenstatus Anlagen Leistung Anteil [MW] [MW] Genehmigt 228 709,0 70,2% In Betrieb 97 301,6 29,8% Gesamt 325 1.010,6 100%
10 | Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen 4.3 Anteil beklagter Genehmigungen an insgesamt genehmigten Anlagen Zur Einordnung des Anteils der beklagten an in den Bundesländern sind in Tabelle 3 aufge- den insgesamt genehmigten Windturbinen in schlüsselt. Hierzu ist anzumerken, dass in den einzelnen Bundesländern wurden die be- Schleswig-Holstein nur beklagte Anlagen in der klagten Anlagen, die noch nicht in Betrieb sind, Stichprobe erfasst sind, die bereits in Betrieb mit den insgesamt bislang nur genehmigten sind. Folglich werden diese in der folgenden Windenergieanlagen zum Stichtag 31. Mai 2019 Tabelle nicht aufgeführt. verglichen. Die Quoten der beklagten Anlagen Tabelle 3: Regionale Verteilung insgesamt genehmigte WEA (ohne Ibn) vs. beklagte WEA (ohne Ibn); Daten: FA Wind (Stand Q2/2019), BNetzA (Stand 31.05.2019) Bundesland Gesamt Davon beklagt Anteil (Stand 31.05.2019) (gemäß Stichprobe) beklagt / gesamt Anlagen Leistung Anlagen Leistung Leistung [MW] [MW] [MW] Baden-Württemberg 70 234,8 19 64,8 28% Bayern 59 182,0 26 75,6 42% Brandenburg 213 681,4 28 77,9 11% Hessen 61 190,4 26 75,1 39% Mecklenburg-Vorpommern 111 335,3 15 47,5 14% Niedersachsen 225 746,6 45 139,1 19% Nordrhein-Westfalen 227 758,0 48 164,3 22% Rheinland-Pfalz 100 305,3 18 55,9 18% Saarland 14 37,3 3 9,0 24% Summe 1.080 3.471,0 228 709,0 20% Über die oben angeführten Bundesländer hin- dürfte sich dort auf die Zahl der Klagen auswir- weg betrachtet zeigt sich, dass Mitte 2019 ken, da identifizierte Konflikte nicht bereits im mindestens ein Fünftel der dort genehmigten Rahmen eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO (noch nicht in Betrieb befindlichen) Windener- gelöst werden können. gieleistung vor Gericht angegriffen wird. In ein- Einen in Bayern überproportional hohen Anteil zelnen Ländern liegt dieser Anteil weitaus hö- an windenergiespezifischen Gerichtsverfahren her: In Bayern und Hessen sind jeweils mindes- bestätigt auch ein Gutachten aus dem Jahr tens 40 Prozent der genehmigten Anlagenleis- 2017. Von seinerzeit analysierten 228 verwal- tung beklagt. In den beiden Ländern gibt es tungsrechtlichen Entscheidungen wurde ein kein Widerspruchsverfahren für Entscheidun- Drittel an bayerischen Gerichten gefällt. 15 Das gen auf Grundlage des Bundes-Immissions- Gutachten wies zudem einen überdurchschnitt- schutzgesetzes, 14 sodass dort nur auf dem Kla- lich hohen Anteil an Gerichtsentscheidungen in geweg gegen eine Genehmigung vorgegangen Nordrhein-Westfalen aus. Auch dort ist das Wi- werden kann. Der verkürzte Rechtsmittelzug derspruchsverfahren für die hier relevanten Sachverhalte abgeschafft. 16 Zumindest bei den 14 Vgl. Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO bzw. § 16a Abs. 2 Satz Auftrag des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energie- 1 HessAGVwGO. wende, S. 63 ff. 15 16 Hentschel (2017), Gerichtliche Auseinandersetzungen im Vgl. § 110 Abs. 1 JustizG NRW. Konfliktfeld Naturschutz und Energiewende, Gutachten im
Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen | 11 absoluten Werten zeigen sich auch in den Um- frageergebnissen auffallend hohe Werte in Nordrhein-Westfalen. 4.4 Seit wann werden die Windenergieanlagen beklagt? In der Umfrage wurde auch der Zeitpunkt der im Jahr 2016 erteilt (vgl. unten, Tabelle 5) und Klageerhebung für die einzelnen Anlagen ab- mit einem gewissen zeitlichen Nachlauf ab gefragt. Die Auswertung dessen ergab, dass 2017 angegriffen wurde. Von 226 Anlagen, die durchschnittliche Verfahrensdauer, über die in den Jahren 2017 und 2018 erstmals be- alle 325 beklagten Anlagen hinweg betrachtet, klagt wurden, erhielten 144 Anlagen im Jahr Ende Mai 2019 bei 21,6 Monaten lag. Die 2016 die Genehmigung. Klageverfahren die längste Verfahrensdauer betrug 59 Monate. In 2014/2015 initiiert wurden, dürften mittler- 70 Prozent der Fälle wurden die Rechtsmittel- weile weitgehend entschieden sein, weshalb verfahren in den Jahren 2017 und 2018 anhän- sich in dieser Zeit genehmigte Anlagen seltener gig. Die Zahl erklärt sich dadurch, dass die in der Stichprobe finden. Hälfte der in Rede stehenden Genehmigungen Tabelle 4: Kalenderjahre, in denen gegen WEA (mit und ohne Ibn) Klagen erhoben wurden; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Jahr der Klage- Anlagen Leistung Anteil einreichung [MW] [MW] 2019 37 131,7 13,0% 2018 106 322,9 32,0% 2017 120 377,8 37,4% 2016 25 75,6 7,5% 2015 6 15,3 1,5% 2014 31 87,3 8,6% Gesamt 325 1.010,6 100% 4.5 Wann wurden die Windenergieanlagen genehmigt? Die Hälfte der in der Stichprobe erfassten Windenergieleistung wurde 2016 die immissi- Windenergieanlagen wurde im Jahr 2016 im- onsschutzrechtliche Zulassung beschieden, da- missionsschutzrechtlich genehmigt, davon von wurden 5.000 MW allein im Dezember be- stammen wiederum zwei Drittel aus Dezember willigt. 17 In den Jahren 2014 und 2015 waren 2016 (vgl. Tabelle 5). Der hohe Anteil an Ge- es 4.000 MW bzw. 3.600 MW die genehmigt nehmigungen aus diesem Zeitraum ist insofern wurden. 2017 und 2018 wurden jeweils nur erklärbar als 2016 außerordentlich viele Neuan- rund 1.400 MW neue Windenergieleistung ge- lagen zugelassen wurden. Rund 9.000 MW nehmigt. 18 17 18 Ausführlich dazu FA Wind (2017), Ausbau der Windener- Vgl. FA Wind (2019); Ausbau der Windenergie an Land gie an Land im Jahr 2016, Kap. 3.2. im Jahr 2018; Kap. 3.3.1.
12 | Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen Tabelle 5: Jahr der Genehmigungserteilung der beklagten WEA (mit und ohne Ibn); Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Jahr der Genehmigungs- Anlagen Leistung Anteil erteilung [MW] [MW] 2019 17 65,1 6,4% 2018 44 133,5 13,2% 2017 41 129,1 12,8% 2016 166 519,1 51,4% davon nur Dez. 2016 112 363,3 35,9% 2015 19 58,9 5,8% 2014 29 79,0 7,8% 2013 9 26,1 2,6% Gesamt 325 1.010,6 100% Zur Verdeutlichung welche Anteile die beklag- Von den Anlagen, die 2014 genehmigt aber bis ten Genehmigungen (abzüglich der beklagten Mitte 2019 noch nicht am Netz waren, ist na- Genehmigungen für bereits in Betrieb befindli- hezu ein Viertel (23%) von Rechtsstreitigkeiten che Anlagen) an den insgesamt im MaStR er- betroffen. Für die Jahre 2017 bis Mitte 2019 fassten Genehmigungen für noch nicht reali- erfasst die Stichprobe jeweils rund ein Zehntel sierte Windturbinen haben, werden diese in Ta- der seinerzeit genehmigten Anlagenleistung, belle 6 einander gegenübergestellt. Daraus die noch nicht realisiert ist. Über fünfeinhalb wird erkennbar, dass von den Anlagen, die im Jahre hinweg betrachtet, sind laut Stichprobe Jahr 2016 genehmigt wurden und die bis dato 17 Prozent der bislang noch nicht in Betrieb noch nicht in Betrieb sind, knapp 40 Prozent in gegangenen Windenergieleistung gerichtlich der Stichprobe als beklagt identifiziert sind. angegriffen. Tabelle 6: Beklagte WEA (ohne Ibn) vs. insgesamt genehmigte WEA (ohne Ibn) nach Jahr der Geneh- migungserteilung; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019), BNetzA (Stand 31.05.2019) Jahr der Gesamt Davon beklagt Anteil Genehmigungs- (Stand 31.05.2019) (gemäß Stichprobe) beklagt / erteilung gesamt Anlagen Leistung Anlagen Leistung Leistung [MW] [MW] [MW] 2019 182 674,0 17 65,1 10% 2018 410 1.410,3 44 133,5 10% 2017 320 1.016,3 41 129,1 13% 2016 306 876,1 113 344,1 39% 2015 36 101,6 2 4,6 5% 2014 54 145,7 11 32,7 23% Summe 1.308 4.223,9 228 709,0 17%
Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen | 13 4.6 Welche Klagegründe werden gegen Windenergieanlagen angeführt? Neben dem Umfang der von Klagen betroffe- Gesprächen mit einzelnen Teilnehmern heraus- nen Windenergieanlagen brachte die Umfrage kristallisierte, dass ganz überwiegend Fehler im auch Erkenntnisse hinsichtlich der Gründe, Zusammenhang mit der Umweltverträglich- weswegen die Anlagen vor Gericht angegriffen keitsprüfung moniert werden. Weitere As- werden. Wenig überraschend bestätigte sich pekte, die in den Gerichtsverfahren oftmals ins durch die Umfrage, dass der mit Abstand häu- Feld geführt werden, adressieren den Flächen- figste Klagegrund im Bereich des Artenschutzes zugriff und Wegerechte sowie Lärmschutzkon- liegt. Die Gefährdung besonders geschützter flikte (siehe Abbildung 1). Bei neun Anlagen Vogel- bzw. Fledermausarten wird bei nahezu laufen die Klageverfahren erst seit kurzem, so der Hälfte der beklagten Anlagen (157 WEA) dass zum Zeitpunkt der Umfrage die Begrün- geltend gemacht. Allgemeinere Artenschutzas- dung noch nicht vorlag. pekte finden sich bei jeder vierten Anlage Inwieweit in den Rechtsstreitigkeiten Argu- (77 WEA) in der Klagebegründung. Bei einem mente des Artenschutzes »stellvertretend« für Drittel der betroffenen Windturbinen eine potenziell windkraftkritische Motivation (105 WEA) werden Form- und/oder Verfahrens- angeführt werden, lässt sich aus den Rückmel- fehler geltend gemacht, wobei sich aus den dungen nicht ablesen. Anmerkungen in den Fragebögen wie auch in 48% Wesentliche Klagegründe gegen Windenergieanlagen [Zahlen = betroffene Anlagen] 32% 24% 17% 10% 6% 6% 2% 6% 2% 2% 2% 2% 1% 1% 1% 0,3% 2% 7 7 8 7 157 105 6 3 3 3 1 6 77 20 55 20 32 18 Sonstige Lärmschutz (Vögel/Fledermäuse) Denkmalschutz (Bauleitplanung) (Regionalplanung) Wasserschutzgebiet Radar Drehfunkfeuer Wegerecht/Erschließung optisch bedrängende Artenschutz Konzentrationswirkung Standorteignungs- Form-/Verfahrensfehler Gesundheit (Anwohner) Tieffluggebiet planung/10 H-Regelung) (allgemein) Flächenzugriff (Landes- Flächenzugriff Flächenzugriff (§ 13 BImSchG) Artenschutz nachweis Wirkung Abbildung 1: Klagegründe und Zahl der betroffenen WEA mit Mehrfachnennungen [n = 325 WEA]; Daten und Grafik: FA Wind (Stand Q2/2019) 4.7 Wer klagt gegen Windenergieanlagen? In dem Fragebogen wurde zudem abgefragt, Bitte um Erläuterung. Anhand des Auswahlme- wer gegen die Windenergieanlagen den Ge- nüs konnten für jede Anlage bis zu zwei Klä- richtsweg beschreitet. Die Antwortfelder waren ger(-gruppen) angegeben werden. Unter den mit folgenden Gruppen vorstrukturiert: Um- 325 erfassten Anlagen wurde bei 204 Anlagen welt-/Naturschutzverband, Bürgerinitiative, jeweils ein Kläger benannt. Für die anderen Nachbargemeinde, Standortgemeinde, Privat- 114 Anlagen wurden zwei Akteure angegeben, person, Genehmigungsinhaber, Konkurrieren- die als Kläger fungieren. Abbildung 2 verdeut- der Projektierer, Flugsicherung, Bundeswehr licht die Zahl der beklagten Windenergieanla- sowie sonstige Kläger; bei letzterem mit der gen je Akteursgruppe. Hier zeigt sich, dass mit deutlichem Abstand die meisten Windräder
14 | Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen (198 WEA) durch Umwelt-/Naturschutzvereini- Bürgerinitiativen entweder der Gruppe der an- gungen beklagt werden. Bei 61 Prozent der er- erkannten Umwelt-/Naturschutzverbände oder fassten Anlagen ist solch eine Vereinigung eine aber der Gruppe von Privatpersonen zuzuord- der klagenden Parteien. Am zweit häufigsten nen. Nahezu gleichauf liegt der Anteil an Kom- prozessieren Privatpersonen gegen Windturbi- munen, die sich gegen den Bau von Windrä- nen (117 WEA). In 15 Prozent der Fälle be- dern vor Gericht wehren, wobei es hier ganz schreiten Bürgerinitiativen den Gerichtsweg. überwiegend die Gemeinden sind, auf deren Formaljuristisch muss eine Bürgerinitiative aller- Hoheitsgebiet die Anlagen realisiert werden dings als Vereinigung iSd § 3 Umwelt-Rechts- sollen. Ein geringer Anteil der beklagten Anla- behelfsgesetz (UmwRG) anerkannt sein, um gen entfällt auf die Bundeswehr, die in der umweltrelevante Behördenentscheidungen ge- Stichprobe nur bei sechs Anlagen vor Gericht in richtlich überprüfen lassen zu können. 19 Alter- Erscheinung tritt. Unter den sonstigen Klägern nativ können einzelne Mitglieder einer Bürger- (7 WEA) finden sich konkurrierende Projektie- initiative aufgrund ihrer subjektiven Betroffen- rer, der Inhaber der Genehmigung sowie ein heit antragsbefugt sein. In diesem Sinne wäre örtliches Unternehmen. streng genommen der Anteil der Klagen von Anzahl beklagter Windenergieanlagen 61% und einzelne Akteursgruppen 36% 14% 12% 1% 2% 2% 198 47 117 39 3 6 7 Umwelt-/Natur- Bürger- Privat- Standort- Nachbar- Bundeswehr Sonstige schutzverbände initiativen personen gemeinden gemeinden Abbildung 2: Akteursgruppen und beklagte WEA mit Mehrfachnennungen [n = 325 WEA]; Daten und Grafik: FA Wind (Stand Q2/2019) Von insgesamt 198 durch Umwelt-/Natur- turschutzverband tritt bei 37 Windenergieanla- schutzverbände beklagte Windenergieanlagen gen der Stichprobe als Kläger auf. Eine in werden 93 Anlagen durch einen einzelnen, Rheinland-Pfalz ansässige Vereinigung klagt bundesweit tätigen Verband angegriffen. Bezo- gegen 27 Windturbinen. 22 Windräder in der gen auf die insgesamt in der Stichprobe als be- Stichprobe beklagt ein Verband in Niedersach- klagt erfassten 325 Anlagen entspricht dies ei- sen. Vier weitere, namentlich genannte Ver- nem Anteil von 29 Prozent. Ein bayerischer Na- bände prozessieren gegen insgesamt 19 Wind- räder in drei Bundesländern. Bemerkenswert ist 19 Das UmwRG eröffnet Vereinigungen, die vorwiegend die Schwerpunkt die Ziele des Naturschutzes und der Land- Ziele des Umweltschutzes fördern, die Möglichkeit, gegen schaftspflege fördert (anerkannte Naturschutzvereinigung), Umweltrechtsverstöße mit einem Rechtsbehelf (Wider- hat darüber hinaus Mitwirkungsrechte nach § 63 Bundes- spruch oder Klage) vorzugehen. Um einen Rechtsbehelf Naturschutzgesetzt (BNatSchG) und kann Rechtsbehelfe nach UmwRG einlegen zu können, benötigen Umweltver- nach § 64 BNatSchG einlegen. Das Umweltbundesamt und einigungen eine Anerkennung (anerkannte Umweltvereini- die Anerkennungsbehörden der Länder sind für die Aner- gung). Eine nach § 3 UmweltRG anerkannte Vereinigung, kennung zuständig. die nach ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich im
Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen | 15 in diesem Zusammenhang, dass einige Ver- Behördenentscheidungen – also auch immissi- bände mit Sitz in einem Bundesland nicht nur onsschutzrechtliche Genehmigungen für Wind- Windräder in ihrem regionalen Umfeld, son- energieanlagen – unabhängig von der subjekti- dern auch in anderen Ländern angreifen. ven Betroffenheit gerichtlich überprüfen zu las- sen. Eine Liste der bundesweit anerkannten Ein Teil dieser Verbände ist erst seit wenigen Vereinigungen veröffentlicht das Umweltbun- Jahren als Vereinigung iSd § 3 UmwRG aner- desamt auf seiner Webseite. 20 kannt und damit in der Lage, umweltrelevante 4.8 Ausschreibungsrelevante Aspekte der beklagten Anlagen Von den erfassten 325 beklagten Windenergie- in der Ausschreibung geboten wurden. Nur für anlagen waren im Abfragezeitraum 228 Anla- diese Fälle sieht das EEG die Möglichkeit vor, gen noch nicht in Betrieb. Davon wiederum be- die Umsetzungsfrist des Zuschlags zu verlän- saßen (bis einschließlich der Gebotsrunde 1. gern, sofern die sofortige Vollziehbarkeit der Mai 2019) 122 Anlagen einen Zuschlag aus der Genehmigung angeordnet worden ist (§ 36e Ausschreibung. Für 49 dieser Anlage wurde Abs. 2 EEG). In sechs Fällen ließ sich nicht ein- nach Klageerhebung ein Gebot abgegeben. 67 deutig feststellen, ob die Anlage vor oder erst Anlagen wurden erst beklagt, nachdem diese nach der Gebotsabgabe beklagt worden sind. Tabelle 7: Zeitpunkt der Klageerhebung im Hinblick auf die Gebotsabgabe in der Ausschreibung; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Klageerhebung Anlagen Leistung Anteil [MW] [MW] vor Gebotsabgabe 49 150,8 40% nach Gebotsabgabe 67 214,2 56% nicht eindeutig 6 16,5 4% Gesamt 122 381,5 100% Die vergleichsweise hohe Zahl an Windenergie- Pönale leichter streuen können, während ein anlagen, die trotz laufender Gerichtsverfahren kleiner, regional tätiger Akteur von einer Straf- in der Ausschreibung geboten wurden, ist inso- zahlung weitaus substanzieller betroffen wäre. fern überraschend, da diesen mangels Fristver- Bemerkenswert ist außerdem, dass von 106 längerung nach 30 Monaten – teilweise auch Windenergieanlagen in der Stichprobe, die bis schon nach 24 Monaten – der Verlust des Zu- dato noch keinen Zuschlag besaßen, drei Vier- schlags droht. In dessen Folge wird eine Straf- tel (79 WEA) nicht geboten wurden, gerade zahlung (§ 55 Abs. 1 EEG) in empfindlicher weil die Anlagen beklagt sind. Für diese Anla- Höhe fällig. 21 Bei genauerer Betrachtung dieser gen wurde explizit angegeben, dass aufgrund Daten zeigt sich, dass die Klageverfahren bei des Gerichtsverfahrens von der Ausschrei- diesen Windenergieanlagen zum Zeitpunkt der bungsteilnahme abgesehen wurde. Damit ent- Gebotsabgabe im Schnitt bereits zwei Jahre schieden sich die Vorhabenträger bei drei Vier- (23,3 Monate) andauerten. Dies lässt vermu- tel der beklagten und noch nicht bezuschlag- ten, dass sich zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe ten Anlagen allein aufgrund des anhängigen bereits ein positiver Ausgang des Verfahrens Rechtsstreits gegen eine Teilnahme am Aus- für den Genehmigungsinhaber abzuzeichnen schreibungsverfahren. schien. Darüber hinaus ist festzustellen, dass es sich bei den weniger risikoaversiven Bietern um Der mit der Stichprobe erfasste Umfang an be- größere Akteure handelt, die überregional tätig klagten Windenergieanlagen mit Förderzusage sind. Diese dürften das finanzielle Risiko einer 20 21 UBA (2019), Liste der vom Bund anerkannte Umwelt- Siehe Fn. 3. und Naturschutzvereinigungen.
16 | Umfrageergebnisse: Beklagte Windenergieanlagen im Rahmen der Ausschreibung liegt bei 13 Pro- Windenergieanlagen mit immissionsschutz- zent aller bislang bezuschlagten Windenergie- rechtlicher Genehmigung bezuschlagt. 22 Davon anlagen, die zum Stichtag 31. Mai 2019 immis- waren 134 Anlagen im Mai 2019 in Betrieb. sionsschutzrechtlich genehmigt waren (vgl. Ta- Von den verbleibenden 857 Anlagen, die Ende belle 8). In den bis Mai 2019 durchgeführten Mai noch nicht errichtet waren, sind gemäß neun Gebotsterminen wurden insgesamt 991 Stichprobe 122 Anlagen beklagt. Tabelle 8: Beklagte WEA mit Zuschlag in der Ausschreibung; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Genehmigte WEA Davon beklagt mit Zuschlag ohne Ibn (gemäß Stichprobe) (Stand 31.05.2019) Anteil Anlagen Leistung Anlagen Leistung Leistung [MW] [MW] [MW] 857 2.867,8 122 381,5 13,3% Abhängig vom Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nommen werden müssen. Die ersten 18 Anla- ergeben sich für die 122 Anlagen verschiedene gen daraus müssen in einem Jahr (spätestens Fristen, innerhalb derer die Anlagen in Betrieb am 27. August 2020) ans Netz gehen, um die gehen müssen, ohne Gefahr zu laufen, den Zu- Förderzusage nicht zu verlieren. In der nachfol- schlag zu verlieren. In Tabelle 9 sind die jeweili- genden Tabelle werden keine Leistungswerte gen Monate aufgeschlüsselt zu denen die be- ausgewiesen, da ansonsten Rückschlüsse auf klagten Anlagen in der Stichprobe in Betrieb ge- einzelne Zuschläge möglich werden könnten. Tabelle 9: Inbetriebnahmefristen für beklagte WEA mit Zuschlag; Daten: FA Wind (Stand Q2/2019) Letztmöglicher Zeitpunkt Anlagen Anteil für Inbetriebnahme [%] August 2020 18 15% November 2020 13 11% Februar 2021 45 37% April 2021 33 27% Mai 2021 13 11% Gesamt 122 100% 22 Ausführlich dazu, FA Wind (2019), Analyse der 9. Aus- schreibung für Windenergieanlagen an Land, Kap. 5.1.3.
Umfrageergebnisse: Blockierte Windparks durch Drehfunkfeuer | 17 5. Blockierte Windenergieprojekte aufgrund von Drehfunkfeuern Im zweiten Teil der Umfrage wurde ermittelt, DVOR-Anlage ein Abweichen bei der Bemes- wie viele Windenergieprojekte – sprich bislang sung des Prüfradius begründen. 26 Die DFS hat noch nicht genehmigte Windparks oder Einzel- nach einer Überprüfung ihrer DVOR-Anlagen anlagen – in welchen Bundesländern von Dreh- hiervon Gebrauch gemacht und festgelegt, funkfeuern blockiert werden. Drehfunkfeuer dass für sämtliche Drehfunkfeuer – also auch sind Navigationsanlagen für den Luftverkehr. Sie für DVOR – der erweiterte Prüfradius von werden unterteilt in VOR (Very High Frequency 15 km gilt. Davon ausgenommen bleibt nur Omnidirectional Radio Range) und DVOR (Dopp- das DVOR Hamburg, für das eine eigene Be- ler-VOR). VOR/DVOR senden ein spezielles wertungsmethodik angewandt werden kann. 27 UKW-Funksignal aus, anhand dessen eine Emp- Im immissionsschutzrechtlichen Genehmi- fangsanlage im Flugzeug die Richtung zum gungsverfahren trifft das zu beteiligende Bun- Drehfunkfeuer bestimmen kann. In Deutschland desaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) für die werden derzeit 59 Drehfunkfeuer von der Deut- jeweiligen Windenergieanlagen eine Einzelfall- schen Flugsicherung (DFS) betrieben, davon 20 entscheidung auf der Grundlage einer gut- VOR- und 39 DVOR-Sendeanlagen. 23 achterlichen Stellungnahme der DFS. Die Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrt- In der Abfrage wurde daher das konfligierende organisation (ICAO) 24 sehen vor, dass Wind- Drehfunkfeuer (mittels Auswahlliste) sowie die energieanlagen im Umkreis von drei Kilometern Entfernung des Windprojekts zum VOR/DVOR um ein VOR/DVOR generell unzulässig sind. (Distanzunterscheidung bis 10 bzw. 10 bis Jenseits dessen bemisst sich die Zulässigkeit an- 15 km) ermittelt. Zudem wurde abgefragt, ob hand einer Einzelfallprüfung, wobei sich der das Vorhaben innerhalb einer planerisch ausge- Prüfbereich bei VOR-Anlagen in einem Radius wiesenen Fläche für die Windenergienutzung von 15 Kilometern (km) um das Drehfunkfeuer liegt und welche Verfahrensschritte in dem erstreckt. 25 Bei DVOR-Anlagen beschränkt sich Vorhaben wann eingeleitet worden sind. der Prüfradius auf 10 km. Allerdings können lo- kale Gelände- und Umweltbeschränkungen o- der bestehende Leistungseinschränkungen der 5.1 Regionale Verteilung der blockierten Windenergieprojekte Antworten zu diesem Hemmnisfeld gaben 66 die der BWE im Jahr 2015 durchführte (2.300 Akteure, die im Umfragezeitraum in 13 Bun- MW), 28 geradezu verdoppelt. desländern Windenergieprojekte entwickelten. Die regionale Verteilung der von Drehfunkfeu- Diese Vorhaben umfassen insgesamt 1.140 An- ern behinderten Windprojekte zeigt Tabelle 10. lagen mit einer Gesamtleistung von rund 4.800 Daraus wird deutlich, dass der Interessenskon- MW. Dabei sind sowohl Anlagen, die sich im flikt in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Genehmigungsverfahren befinden oder deren besonders ausgeprägt ist. In diesen Ländern ist Antrag sogar schon abgelehnt wurde, als auch fast die Hälfte (48%) der bundesweit gesperr- solche, bei welchen der Antrag noch in Vorbe- ten Windenergieleistung geplant. Aber auch in reitung ist, in die Abfrage eingeflossen (siehe Brandenburg und in Hessen kann eine dreistel- dazu unten, 5.4). Insgesamt hat sich der Um- lige Zahl an Vorhaben im Umfeld von VOR/ fang der betroffenen Projekte gegenüber den DVOR-Anlagen derzeit nicht realisiert werden. Ergebnissen der letzten Branchenbefragung, 23 27 Eine Übersicht über alle deutschen VOR/DVOR-Anlagen Vgl. Behrend (2019), Wissenschaftliches Hintergrunddo- bietet Wikipedia unter dem Stichwort Drehfunkfeuer. kument zum Einfluss von Windenergieanlagen auf den 24 ICAO EUR Doc 015, European Guidance Material on Flugbetrieb mit UKW-Drehfunkfeuer, Gutachten im Auf- Managing Building Restricted Area, 3rd Edition, Nov. 2015. trag des BWE, S. 7. 25 28 ICAO EUR Doc 015, Appendix 1. BWE, Fn. 6. 26 ICAO EUR Doc 015, Ziff. 8.6.
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