Digitalisierung auf allen Meeren - Umfassende Aufgaben für die neue BSH-Chefin - Hydrographische Nachrichten
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Article, Published Version Benner, Katrin Digitalisierung auf allen Meeren - Umfassende Aufgaben für die neue BSH-Chefin Hydrographische Nachrichten Verfügbar unter/Available at: https://hdl.handle.net/20.500.11970/107832 Vorgeschlagene Zitierweise/Suggested citation: Benner, Katrin (2019): Digitalisierung auf allen Meeren - Umfassende Aufgaben für die neue BSH-Chefin. In: Hydrographische Nachrichten 113. Rostock: Deutsche Hydrographische Gesellschaft e.V.. S. 56-58. https://doi.org/10.23784/HN113-10. Standardnutzungsbedingungen/Terms of Use: Die Dokumente in HENRY stehen unter der Creative Commons Lizenz CC BY 4.0, sofern keine abweichenden Nutzungsbedingungen getroffen wurden. Damit ist sowohl die kommerzielle Nutzung als auch das Teilen, die Weiterbearbeitung und Speicherung erlaubt. Das Verwenden und das Bearbeiten stehen unter der Bedingung der Namensnennung. Im Einzelfall kann eine restriktivere Lizenz gelten; dann gelten abweichend von den obigen Nutzungsbedingungen die in der dort genannten Lizenz gewährten Nutzungsrechte. Documents in HENRY are made available under the Creative Commons License CC BY 4.0, if no other license is applicable. Under CC BY 4.0 commercial use and sharing, remixing, transforming, and building upon the material of the work is permitted. In some cases a different, more restrictive license may apply; if applicable the terms of the restrictive license will be binding.
Neue Präsidentin am BSH DOI: 10.23784/HN113-10 Digitalisierung auf allen Meeren Umfassende Aufgaben für die neue BSH-Chefin Ein Beitrag von KATRIN BENNER Seit November 2018 hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg und Rostock eine neue Präsidentin. Die Juristin Dr. Karin Kammann-Klipp- stein hat die Aufgabe, den Übergang in die hochautomatisierte Schifffahrt in die Wege zu leiten. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es viel zu tun: Weltweit einheitliche Stan- dards zu schaffen, damit die neuen hydrographischen Informationen verwertet wer- den können. Damit soll eine optimierte Routen- BSH | Digitalisierung | Automatisierung | autonome Schifffahrt | Standardisierung | Meeresumweltschutz planung möglich sein. Offshore-Windenergie | ImoNAV | ATAIR | LNG-Antrieb | GtL-Treibstoff Ein wichtiger Beitrag zum Meeresumwelt- Selbstfahrende Schiffe, Containerladungen per ›intelligenter‹, sondern auch sicherer und nach- schutz. Mausklick oder landseitige Steuerung und Kon- haltiger gestalten. In manchen Bereichen wird trolle der Flotten: Die Digitalisierung verändert bereits Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um die Möglichkeiten der Schifffahrt. Um diese Mög- Entscheidungsprozesse mittels Datenverarbei- lichkeiten nutzen zu können, bedarf es moderner tung zu beschleunigen. Dies ist der Trend. Doch weltweit einheitlicher Standards. Das Bundesamt es will genau geprüft sein, wo Algorithmen bis- für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist un- herige Ressourcen ersetzen können. Digitalisie- mittelbar an der Entwicklung dieser künftigen Di- rung impliziert Veränderungen an Bord und auch gitalisierungsprozesse und deren Standardisierung in den Hydrographischen Diensten. Das BSH be- Autorin Katrin Benner ist stellvertreten- beteiligt. obachtet sehr genau, was da technisch möglich de Pressesprecherin am BSH in Dr. Karin Kammann-Klippstein (Abb. 1) leitet seit und sinnvoll ist, um im internationalen Rahmen Hamburg. November 2018 als neue Präsidentin die komple- und auch gemeinsam mit der Internationalen xen Aufgaben der Bundesoberbehörde und ist Hydrographischen Organisation (IHO) Standards katrin.benner@bsh.de sich der Herausforderungen sehr bewusst: »Die zu entwickeln.« technischen Neuerungen bieten Chancen auf mehr Effizienz in vielen Bereichen. Allerdings müs- Automatisierung der Schifffahrt und sen digitale Innovationen auch immer daraufhin der Hydrographischen Dienste überprüft werden, ob sie die Schifffahrt nicht nur Immer mehr Informationen wollen in immer kom- primierterer Form aufgearbeitet und allen Nutze- rinnen und Nutzern zeitnah zur Verfügung gestellt werden. Hierbei spielt neben der gigantischen Datenmenge die zeitliche Komponente eine we- sentliche Rolle. Immer mehr Sensordaten auf der einen und steigende Nutzeranforderungen auf der anderen Seite bringen immer mehr automa- tisierte Aufbereitungsalgorithmen zum Einsatz. Hierdurch entwickeln sich große Datenmengen – also Big Data – zu »intelligenten Daten« – Smart Data –, was langfristig Arbeitsprozesse erleichtern und Ressourcen sparen soll. Dies technisch umzu- setzen ist eine umfassende Aufgabe, die eine gute Kooperation mit technischen Partnerinnen und Partnern und eine punktgenaue Umsetzung vor- aussetzt, damit sämtliche Daten an einer Schnitt- stelle zeitgleich zur Verfügung stehen. Doch dies ist nur eine Aufgabe, um die sich die neue Präsi- dentin kümmert. Dr. Karin Kammann-Klippstein hat gemeinsam mit den Expertinnen und Experten im BSH auch die Entwicklung der Navigationssysteme und die Sicherheit auf See im Blick. Dazu zählen mögliche Maßnahmen für digitale Abwehrtechniken bei Abb. 1: Neue BSH-Präsidentin Dr. Karin Kammann-Klippstein Cyber-Risiken in der Schifffahrt genauso wie neue Informationssysteme zur Steuerung von Schiffen. 56 Hydrographische Nachrichten
Neue Präsidentin am BSH Gemeinsam mit der IHO beteiligt sich das BSH aktiv an der Gestaltung von internationalen Rah- menbedingungen. Auf deren Basis stellen Unter- nehmen zukunftsgerichtete Produkte her, die die Navigation künftig erleichtern sollen. Die Automatisierung in der Schifffahrt nimmt stark zu bis hin zu autonom fahrenden Schiffen, und es ist fast keine Frage mehr, ob Schiffe auto- nom fahren, sondern eher, wann und mit welcher Technik sie das tun. Mittelfristig werden diese Sys- teme die Navigation und Routenplanung deutlich verändern. Herkömmliche Elektronische Seekarten reichen dann nicht mehr aus. Es sind umfassende- re und genauere hydrographische und andere In- formationen an Bord gefragt. Wenn Nautikerinnen und Nautiker mit Hilfe von virtuellen Ergänzungen der realen Umwelt – sogenannter Augmented Reality (AR) – Objekte beim Blick durch die Brü- ckenfenster lagerichtig angezeigt bekommen, auch bei schlechter Sicht oder durch das Wasser, Abb. 2: Messstation vor kann dies zu mehr Sicherheit auf See beitragen. Wedel, die Teil eines größeren Auch ist wahrscheinlich schon in ein paar Jahren Schiffsabgasmessnetzes ist eine bessere Routenplanung unter automatischer Berücksichtigung von Tiefen, Strömungen, Wetter tionale Seeschifffahrtsorganisation (InternationaI und anderen Einflüssen möglich. Dies kann den Maritime Organization – IMO) haben für den Mee- Betriebsstoffverbrauch eines Schiffes erheblich resumweltschutz bereits wichtige Weichen ge- senken und die Emissionen reduzieren. stellt, berichtet Dr. Karin Kammann-Klippstein zu »Dies wäre ein großer Vorteil«, betont die Prä- den Erfolgen auf diesem Gebiet. Auch in Deutsch- sidentin, »um die Schifffahrt und den Schutz der land werden die Schiffe kontrolliert. Das BSH hat Umwelt in Einklang zu bringen.« Es ist ihr persön- dafür ein Schiffsabgasmessnetz mit zahlreichen lich auch ein wichtiges Anliegen: »Denn die Mee- Partnerinnen und Partnern wie dem Institut für re waren vor Millionen Jahren da und sie werden Umweltphysik der Uni Bremen initiiert und in noch Millionen Jahre da sein. Ihre Bedeutung für Wedel, Kiel und Bremerhaven bereits erste Mess- das gesamte Leben auf unserem Planeten wird stationen aufgestellt (Abb. 2). »Die Ergebnisse sind vielfach stark unterschätzt. Umso größer ist unsere ermutigend. Fast 99 Prozent der Schiffe halten die Verantwortung, diesen Lebensraum zu schützen. Grenzwerte für Schwefelabgase ein«, berichtet Das sehe ich als große Aufgabe des BSH.« Kammann-Klippstein. Demnächst werde das Netz ausgebaut. In Kooperation mit der Bundespolizei International unterwegs im Dienst für testet das BSH sogar mobile Stationen. In engem die deutsche Schifffahrt Kontakt mit den Anrainerstaaten von Nord- und Die Juristin Dr. Karin Kammann-Klippstein hat ihre Ostsee sind auch erste Schritte geplant, um das berufliche Laufbahn im Referat »Internationale Überwachungsnetz auf die europäischen Küsten Schifffahrtspolitik« im Bundesverkehrsministerium auszudehnen und so die Meeresumwelt nachhal- gestartet. Damals in der Abteilung »Seeverkehr« tig zu schützen. in Hamburg, im selben Gebäude wie das heutige BSH. Insofern ist es ein Stück wie »nach Hause kom- Offshore-Windenergie: men«, sagt sie über ihre neue Position im BSH. Ihre Erneuerbare Energien, Energieeffizienz Erfahrungen in der maritimen Branche ergänzt sie und Umweltschutz durch eine Karriere auf internationalem Niveau. Auch auf dem Gebiet der Nutzung von Off- Ihre vielseitigen Erfahrungen über den Tellerrand shore-Windenergie ist das BSH hinsichtlich der För- hinaus sind vor allem für die großen Themen wie derung erneuerbarer Energien weit vorne. Mit der Meeresumweltschutz oder nachhaltige Schifffahrt Übertragung weiterer Aufgaben, unter anderem sehr von Vorteil. Und dafür ist das BSH als zentrale für Flächenvoruntersuchungen, und der Schaf- maritime Behörde auch zuständig. fung der neuen Abteilung »Ordnung des Meeres« Rund 90 Prozent des Welthandels werden auf (siehe HN 111, S. 36–37) unterstützt das BSH die dem Seeweg abgewickelt. Von daher haben Schif- langfristigen umwelt- und energiepolitischen Zie- fe als wichtigste Verkehrsträger und die Seewege le der Bundesregierung. Durch die Erstellung von als zentrale Infrastruktur der Weltwirtschaft hohe Flächenentwicklungsplänen für Windenergie auf Relevanz – sowohl als Wirtschaftsfaktor als auch See und mit Genehmigung sowie Überwachung für das Weltklima. Die Einrichtung von Emissions- der Windenergieanlagen trägt das BSH zur erfolg- schutzgebieten und die Festlegung von Grenz- reichen Energiewende in Deutschland bei. Die werten für Schiffsemissionen durch die Interna- Ausweisung von Flächen zur möglichen künftigen HN 113 — 06/2019 57
Neue Präsidentin am BSH Abb. 3: Detailreiche historische Seekarte von 1878 Umwandlung von Windenergie in Wasserstoff und auch feststellen, wie beeindruckend präzise be- Nutzung als Speichermedium zum Erreichen von reits vor über hundert Jahren gearbeitet worden mehr Energieeffizienz und Umweltschutz wurde ist. Diese historischen Seekarten sind wahre Kunst- dem BSH erst Ende letzten Jahres gesetzlich zu- werke und wahrscheinlich wäre die Entwicklung in gewiesen. diesem Bereich bei weitem nicht so weit fortge- »Wichtig«, sagt die Präsidentin, »sind auch zahl- schritten ohne diese wichtige Grundlage« (Abb. 3). reiche Forschungsprojekte des BSH – meist in Ko- operation mit diversen Institutionen, Behörden Nachhaltige BSH-Flotte und Ministerien.« Die Projekte zielen auf weitere Daneben ist das BSH auch an zahlreichen For- Fortschritte bei der Seevermessung und opti- schungsprojekten zum Zustand der Meere und mieren die nautisch-hydrographischen Informa- den Auswirkungen des Klimawandels auf die Oze- tionen. Beispielsweise zielt das Projekt ImoNAV ane beteiligt. Es geht in puncto Klimaschutz mit darauf, die Daten für die Elektronischen Seekarten gutem Beispiel voran. Die fünf BSH-Forschungs-, nicht mit Mindesttiefen, sondern mit hochaktuel- Vermessungs- und Wracksuchschiffe sind mit dem len Wassertiefen bereitzustellen. Damit könnten im Betrieb umweltfreundlichen Gas-to-Liquids- Schiffe zukünftig noch effizienter und sicherer in Treibstoff (GtL) unterwegs. Dabei wird Erdgas zu schwierigen Revieren wie etwa der Elbe navigie- Erdöl verflüssigt, das deutlich weniger Schadstoffe ren. Auch arbeitet das BSH gemeinsam mit den enthält als herkömmlicher Diesel. Lotsen an der Bereitstellung detaillierter Tiefen- Das neue Vermessungs-, Wracksuch- und For- informationen für Elektronische Seekarten. »Es schungsschiff ATAIR (Abb. 4, siehe auch HN 112, ist schon faszinierend, was heute technisch alles S. 24–26), das Anfang 2020 in Dienst gestellt wer- Abb. 4: Die neue ATAIR mit möglich ist«, so Dr. Karin Kammann-Klippstein. »Al- den soll, erfüllt die Vorgaben des Umweltzeichens LNG-Antrieb, die Anfang 2020 lerdings konnte ich bei einer Ausstellung histori- »Blauer Engel« für umweltfreundliches Schiffs- in Dienst gestellt werden soll scher Seekarten bei der IHO in Monaco vor Kurzem design und ist mit einem LNG-Antrieb (Liquefied Natural Gas) ausgestattet. Die Unterwassergeräu- sche des Schiffs sind minimiert. Diese Maßnahmen schützen die Meeresumwelt. Für die anstehenden Neubauten der BSH-Schiffe DENEB und WEGA wer- den ebenfalls Antriebe installiert, die dem aktuel- len Stand der Technik entsprechen. Zurzeit ist das LNG. Das BSH beobachtet somit auf Nord- und Ost- see die Entwicklungen der Meeresumwelt, nimmt zahlreiche Aufgaben wahr, die Sicherheit auf den Meeren zu gewährleisten und digitale Seekarten- produkte mit zu entwickeln, damit der Übergang in die hochautomatisierte Schifffahrt gelingt. »Die Papierseekarte«, so die Präsidentin, »wird aber neben all den digitalen Neuerungen wohl Alle Fotos: Claudia Thomsen, BSH noch eine Weile Bestand haben. Denn als Naviga- tions-Back-up ist sie für viele auf der Schiffsbrücke nach wie vor unverzichtbar.« Deshalb vertreibt das BSH auch weiterhin die wichtigsten Karten in Papierform. // 58 Hydrographische Nachrichten
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