Dresden Sehnsucht Stadt - Zehn Entwürfe zur Stadtentwicklung
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Inhalt 07 Vorwort 09 Dresden Sehnsucht Stadt 11 Entwurf | Wilsdruffer Vorstadt 12 Anna Hofheinz 14 Christine Roeger 16 Astrid Karr 18 Annica Hees 20 Mian Su 23 Entwurf | Shopping_Center_Dresden 24 Dong Gyu Kim, Yeoun Ug Jung 26 GyunDo Park, Jee Yeon Kim 28 Ajla Susic, Daniela Dangelmaier 30 Eva Bäuerle, Eike Lehnhoff 32 Laure Blanco, Agnieszka Sadecka
Vorwort Als Dresden in den letzten Kriegstagen dem verheerenden Bombenhagel zum Opfer fiel, wurde ein städ- tebauliches Gesamtkunstwerk zerstört, das über Jahrhunderte zu besonderer Schönheit gereift war. Ihren Rang verdankte die Stadt nicht allein einer Vielzahl bedeutender Kunstwerke und Baudenkmale, sondern auch den hochwertigen Stadträumen und Stadtansichten. So ist bemerkenswert, dass in der von August dem Starken im 18. Jahrhundert umgebauten Stadt höfische Prunkbauten wie Zwinger, Hofkirche, Frauen- kirche und Japanisches Palais die barocke Stadtansicht beherrschen, dass aber der mittelalterliche Stadt- grundriss erhalten blieb und selbst nach massivem Beschuss im Siebenjährigen Krieg nicht aufgegeben wurde. Es kommt also nicht von ungefähr, wenn die heutigen Planungsleitbilder diesem ausgereiften Raumkon- zept huldigen, indem sie sich in der Altstadt und den gut erhaltenen Vorstädten an ihm ausrichten und in den Quartieren – wo der sogenannte komplexe Städtebau der DDR seine Spuren hinterlassen hat – ihm wie- der nahe kommen wollen, ohne die Nachkriegsentwicklung zu leugnen. Aus heutiger Sicht muss aber kons- tatiert werden, dass dieses Ziel weniger schnell zu erreichen ist, als in der Euphorie nach der Wende erwar- tet wurde und dabei in wesentlich geringerem Maße auf bauliche Maßnahmen gesetzt werden kann, als da- mals angenommen. So wird sich die Dresdner Stadtentwicklung in den kommenden Jahren auf die für die inneren Stadtansichten und wichtigen Raumeindrücke wesentlichen Orte konzentrieren müssen. Gleichsam oberste Priorität hat dabei die Stärkung der Wohnfunktion sowie die Schaffung von Nutzungsdichte, Vielfalt und Abwechslungsreichtum in der Dresdner Innenstadt. Mit diesen Planungszielen sind auch die wichtigsten Inhalte der beiden Entwurfsaufgaben umrissen, mit de- nen sich die Studentinnen und Studenten am Städtebau-Institut im Wintersemester 2006/07 und im Som- mersemester 2007 auseinandergesetzt haben. Die beiden praxisnahen Aufgaben hatten zwei für die Ent- wicklung der Dresdner Innenstadt wesentliche Bereiche zum Gegenstand: Den Georgplatz als gemischt ge- nutzten Schwerpunkt für Handel und Verwaltung sowie die Wilsdruffer Vorstadt, die sich besonders für hochwertiges und vielfältiges innerstädtisches Wohnen empfiehlt. Diesen beiden Aufgaben haben sich insgesamt 38 Studierende aus zehn Nationen mit großem Engagement und dem „frischen Blick von außen“ gestellt. Jeweils vier Arbeiten werden im Rahmen dieser kleinen Pu- blikation vorgestellt und sollen einen Eindruck über die vielfältigen Entwicklungspotenziale und Entwurfsan- sätze vermitteln. Unser Dank gilt der Landeshauptstadt Dresden, ohne die die Realisierung dieser Dokumentation nicht mög- lich gewesen wäre. Für die Unterstützung durch das Stadtplanungsamt bei der Durchführung der beiden Projekte wollen wir uns namentlich bei Herrn Baubürgermeister Feßenmayr, Herrn Amtsleiter Wurff, Frau Heckmann und Herrn Mann bedanken. Franz Pesch 5
Dresden Sehnsucht Stadt Kaum eine andere europäische Großstadt ist nach ihrer Zerstörung im Krieg in ihrer Kernstadt so radikal mit einem idealtypischen Modell moderner Stadtplanung überformt worden wie Dresden. Diese Entwicklung wird heute als Verlust an Identität und lebendiger Vielfalt empfunden. So prägt die Sehnsucht nach der Ge- schichte den Wiederaufbau. Die Frauenkirche steht in diesem Zusammenhang nicht nur als Zeichen der Ver- söhnung nach dem Krieg, sondern – gemeinsam mit dem wieder neu entstehenden Neumarkt – auch sinn- bildlich für eine historisierende Architektur, in der das Scheitern moderner Stadtplanung und dem damit ver- bundenen Wunsch nach kompakter und nutzungsgemischter europäischer Stadt deutlich wird. Die wieder aufgebaute Frauenkirche ist aber auch Symbol eines beispiellosen Strukturwandels und Erneue- rungsprozesses, der in Dresden auf den Weg gebracht wurde. Unternehmen wie AMD oder Infineon beset- zen weltweit Spitzenplätze im Bereich der Mikroelektronik und Chipproduktion und mit alleine elf Fraunho- fer-Instituten ist Dresden heute ein gefragter Forschungsstandort. Aber auch als Kunst- und Kulturmetropole hat sich Dresden einen Namen gemacht und zählt zu den beliebtesten Touristenzielen in der Bundesrepub- lik. Weit über 80 Prozent aller Gebäude in der Stadt sind saniert und mit zahlreichen Wettbewerben konnten architektonische Qualität und Baukultur auch bei Neubauten gesichert werden. Und nicht zuletzt: Dresden wächst! Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch die Bevölkerungszahl steigt kontinuierlich. Aber, von diesem Wachstum gelangte – von der historischen Altstadt abgesehen – bisher noch zu wenig in die Innenstadt. Die verhaltene gesamtwirtschaftliche Entwicklung der 90er Jahre und die vorläufige Kon- zentration der Stadtplanung auf die substanzielle Sicherung des baulichen Bestands haben Baumaßnahmen und -spekulation in großem Stil verhindert. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Systemwechsel nach dem zweiten Weltkrieg und die damit verbundenen Enteignungen hatten nach 1990 ungeklärte Eigentums- verhältnisse hinterlassen. Zudem gingen jeder baulichen Maßnahme in der Innenstadt umfangreiche stadt- archäologische Untersuchungen voraus, die eine zügige Entwicklung der Mitte erschwerten. Bauherren und Investoren, besonders aus dem Bereich des Einzelhandels wichen auf einfacher zu entwickelnde Flächen an der Peripherie aus. Oftmals griffen sie auf bestehendes Baurecht aus DDR-Zeiten zurück, das etwa in den Großsiedlungen am Stadtrand (nie realisierte) Versorgungszentren vorsah. Diese Suburbanisierung be- scherte den Stadt- und Ortsteilen am Stadtrand ein enormes Wachstum. So verlor die Dresdner Innenstadt und die angrenzenden Stadtteile seit 1990 20-25 Prozent ihrer Bevölkerung, während die Ortschaften an den Rändern Dresdens einen Zuwachs von durchschnittlich 27 Prozent verbuchen konnten. Glücklicherweise haben sich die Vorzeichen geändert: Das Areal um die Frauenkirche entwickelt sich zu einem Selbstläufer, dessen Strahlkraft inzwischen auch angrenzende Bereiche erreicht. Davon können der Georgplatz am Promenadenring als neues gemischt genutztes Innenstadtquartier und die Wilsdruffer Vor- stadt als vielfältiger innerstädtischer Wohnstandort profitieren und mit neuen Impulsen die Dresdner Mitte ihrem verloren gegangenen Ideal ein Stückchen näher bringen. Jan Blanek Anne Mayer-Dukart Tilman Sperle 7
Entwurf | Wilsdruffer Vorstadt Die Wilsdruffer Vorstadt liegt unmittelbar am westlichen Rand der Dresdner Altstadt, in prominenter Nach- barschaft zum Terrassenufer mit Zwinger, Semperoper, Landtag und Kongresszentrum. Sie gilt dank ihrer di- rekten Anbindung an die Elbe sowie der unmittelbaren Nähe zu herausragenden Einrichtungen des Dresd- ner Stadtzentrums als Schlüsselstelle für eine Weiterentwicklung der Innenstadt nach Westen. Zusammen mit dem Bahnhof Dresden-Mitte bietet das Quartier die Chance, als Bindeglied zwischen Stadtzentrum und Friedrichstadt zu fungieren. Die städtebauliche Struktur ist jedoch äußerst fragmentarisch. Geprägt von zahlreichen Brachen finden sich neben Versatzstücken großstädtischer Planungen aus der Vorkriegszeit auch Großstrukturen der Nach- kriegsmoderne. Der für die Dresdner Innenstadt vergleichsweise große Anteil an historischer Bausubstanz begründet sich in gewisser Hinsicht mit ersten Bombardements des Jahres 1944. Die dabei entstandenen Lücken minderten die verheerende Feuersbrunst, die im Februar 1945 weite Teile Dresdens zerstörte. Die erhaltenen historischen Gebäudestrukturen eröffnen heute ein weites und vielfältiges Entwicklungspotenzial für innerstädtisches Wohnen. Zudem erscheint eine Reaktivierung des Quartiers als Wohnstandort dringend erforderlich, da die Wilsdruffer Vorstadt hinsichtlich ihrer Bevölkerungsstruktur zu den „ältesten“ Quartieren Dresdens zählt. Hier sind heute annähernd 50 Prozent der Menschen 65 Jahre und älter. Weitere Ansätze für die Entwicklung der Wilsdruffer Vorstadt finden sich in der ausgeprägten stadträum- lichen Identität und dem vorhandenen Nutzungsgefüge, das sich durch einen künstlerisch-musischem Schwerpunkt auszeichnet. Als belebende Initialzündung einer solchen Entwicklung könnte der Neubau der Konzerthalle der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber begriffen werden. Darüber hinaus bieten die ehemalige Hutfabrik und der Bahnbogen vielfältige Potenziale für eine Anreicherung des bestehenden Nut- zungsspektrums. Hier könnten beispielsweise Ateliers und Wohnräume für Studenten oder künstlerische Interventionen in Zusammenarbeit mit den Kunsthochschulen oder anderen künstlerischen Gruppierungen nachhaltig zur Vitalität und zur „Verjüngung“ des Quartiers beitragen. Dieses Projekt wurde im Wintersemester 2006/07 ausgegeben und bearbeitet. Start war eine mehrtägige Exkursion nach Dresden mit Workshop vor Ort. Aufgabe der Studierenden war es, die Besonderheiten und Potenziale des Ortes aufzugreifen und den Stadtgrundriss auf der Grundlage des vorgefundenen Raumge- füges neu zu interpretieren. Wesentliche stadträumliche Verknüpfungen sollten dabei gestärkt bzw. neu ge- schaffen und ein attraktives Wohnquartier mit urbaner Atmosphäre in unmittelbarer Nähe zur Altstadt etab- liert werden. Schwerpunkt der Aufgabe war es, geeignete städtische Wohnformen für unterschiedliche soziale Milieus zu entwickeln, die heutigen Ansprüchen an Wohnen mit privatem Freiraumbezug Rechnung tragen. 9
Anna Hofheinz | Diversität Die Wilsdruffer Vorstadt ist heute durch ma- gebildet aus dem Wettiner Platz im We- tuationsabhängig von parzellengebundenen ximale Diversität ihrer Baustrukturen, Typo- sten mit der Musikhochschule, dem Schüt- Wohnformen gebildet. In den privaten Zo- logien und Architekturen geprägt und spie- zenplatz in Norden mit dem Gewerkschafts- nen entsteht der für das Wohnen so wich- gelt fragmentarisch die unterschiedlichen haus, dem Postplatz im Süden mit dem tige Freiraum in Form individueller Gärten. Entwicklungsepochen der Stadt wider. Ge- Schauspielhaus und dem Platz am Schieß- Das Konzept bietet in idealer Weise städ- genüber diesem scheinbar zufällig entstan- haus. Im Zusammenspiel mit der histo- tische Wohnformen an, die zugleich am öf- denen Erscheinungsbild des Stadtteils steht rischen Bausubstanz entwickeln sich unter- fentlichen Leben der Stadt teilhaben, aber das klare räumliche Grundmuster der öffent- schiedlich bespielbare Blockrandfiguren, die auch das gewünschte Maß an privatem Frei- lichen Räume. Das Konzept greift diesen ge- das vielfältige Erscheinugsbild des Quartiers raum zulassen. netischen Code des Ortes auf. Ein unhie- durch Gegenwartsarchitektur bereichern. rarchisches System von Plätzen bildet die Die teilweise perforierten Baustrukturen wichtigsten Koordinaten zur Navigation im gliedern den Stadtraum in öffentliche und öffentlichen Raum. Diese Raumfolge wird private Zonen. Der Stadtraum wird hier si- 10
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Christine Roeger | Urbanes Puzzle Fragmente unterschiedlicher Bauepochen unterschiedlicher Gebäudetypen und Nut- Mit einer differenzierten Nutzungsstruk- prägen heute das Bild der Wilsdruffer Vor- zungen vorgeschlagen, mit dem Ziel, den ur- tur werden die vorgefundenen Potenziale stadt. So sind unter anderem einige der we- banen Charakter des Quartiers zu stärken. aufgegriffen und gestärkt. Dies erfolgt vor nigen erhaltenen Renaissancebauten Dres- Ein Netz öffentlicher Räume, wie etwa der allem mittels der Etablierung weiterer öf- dens an diesem Ort zu finden. Schützenplatz oder der neue Platz gegen- fentlicher und kultureller Einrichtungen so- In Anlehnung an den historischen Stadt- über der Musikhochschule, verbindet die wie einem vielfältigen Wohnangebot, das grundriss von 1944 wird in das vorgefun- Wilsdruffer Vorstadt mit seinen prominenten besonders dem Thema ‚Wohnen und Arbei- dene Quartiersgefüge eine neue Bebau- Nachbarn (Elbufer, Postplatz, Landtag, Sem- ten’ großes Gewicht verleiht. Dabei werden ungsstruktur eingeschrieben. Dabei entste- peroper) und rückt das Quartier in seiner differenzierte Wohnformen mit einem ho- hen neben neuen quartiersinternen Wege- herausragenden Lagegunst in die Mitte der hen Anteil an privatem Freiraum angeboten. verbindungen klar erkennbare Einheiten, die Stadt. Betont werden dabei besonders die Der Entwurf kondensiert die räumlichen die jeweils vorhandenen Strukturen aus al- Querverbindungen in Richtung Neue Ter- Fraktale der Wilsdruffer Vorstadt zu einem len Epochen sensibel integrieren. Es wird rasse. kontemporären städtebaulichen Ensemble. eine Arrondierung der Raumkanten mittels Es entsteht ein stimmiges urbanes Puzzle. 12
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Astrid Karr | Urbanes Wohnen Gegenüber Wohnformen an der Periphe- sik und den Medien Campus zwischen hof Mitte bis zur Friedrichsstadt. In dieses rie zeichnen sich innerstädtische Wohn- Landtag und Ostra-Allee. Ein Netz öffent- räumliche Koordinatensystem sind unter- standorte durch ihre Nähe zu vielfältigen In- licher Räume verortet diese beiden Impuls- schiedlichste Wohnraumangebote integriert. frastrukturangeboten und urbanen öffent- geber und Nutzungsschwerpunkte im Stadt- Sie umfassen ein vielfältiges Spektrum vom lichen Räumen aus. Nur in diesem Kontext grundriss. In Ost-West Richtung entwickelt Wohnen auf der Parzelle bis zum Geschoss- erlangt das innerstädtische Wohnen seine sich vom Wettiner Platz über den Schützen- wohnungsbau und machen das Quartier besondere Attraktivität. Folgerichtig entwi- platz eine Platzraumfolge bis an das Elbu- zu einem hochwertigen innerstädtischen ckelt der Entwurf sein Potential aus dem fer. In Nord-Südrichtung sind zwei Raumfol- Wohn- und Lebensraum. Netz öffentlicher Räume. Der Entwurf fo- gen prägend für die Struktur der öffentlichen kussiert dabei zwei Entwicklungsschwer- Räume: die Ostra-Allee als Stadtboulevard punkte: Das Kunst- und Kulturzentrum am und der Bereich zwischen dem Postplatz Wettiner Platz mit der Hochschule für Mu- mit dem Schauspielhaus und dem S-Bahn- 14
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Annica Hees | urban und peripher Auf die Frage, wie ein qualitativ hochwer- neren eröffnet sich eine vielfältige, kleintei- tiges Wohnraumangebot mit hohem Freirau- lige Binnenwelt mit parzellengebundenen manteil in einem städtischen Kontext ent- ein- bis zweigeschossigen Gartenhofhäu- wickelt werden kann, gibt der Entwurf fol- sern. Der Kontrast zwischen Bestand und gende Antwort: Neubau, urbaner Außenwelt und suburba- Die Neuinterpretation des historischen ner Innenwelt, Wohnen auf der Parzelle und Stadtgrundrisses zwischen 26er Ring, Laur- Geschosswohnungsbau, zwischen privaten instraße, Schützenstraße und Schützenplatz Gärten und öffentlichen Freiräumen, Nut- fasst mehrere Baufelder zu einer größeren zungsmischung und reinem Wohnen kenn- mäandrierenden Blockrandfigur zusammen. zeichnet dieses Konzept. Dadurch gelingt es Mit seiner 3-5 geschossigen, teilweise per- dem Entwurf, die Blockrandfigur in exempla- forierten Randbebauung prägt der Blockrand rischer Weise maßstäblich in den Stadtraum den städtischen Raum nach außen. Im In- einzufügen. 16
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Mian Su | Polymorpher Stadtraum Kennzeichnend für das berühmte Elbpano- bausteine, das die Stadtsilhouette durch ver- rama Dresdens ist die historische Stadtsil- tikale Akzente bereichert und in die Tiefe houette. In einem größeren Maßstab be- des Stadtraums fortführt. Das Grundgerüst trachtet setzten die Architekturen des Land- des historischen Stadtgrundrisses wird da- tages, des Erlweinspeichers, des Kongress- bei mit kongruenten Blockrandfiguren be- zentrums und der Yenidze dieses Thema spielt. Kein Stadtbaustein gleicht dabei dem entlang der Neuen Terrasse als eine Raum- anderen, aber alle zusammen bilden eine schicht in westlicher Richtung fort. Unmittel- „Formfamilie“, die dem Quartier eine ei- bar dahinter schafft die Wilsdruffer Vorstadt gene Identität in der Stadt verleiht. In dieses ein Spannungsfeld zwischen Elbe, Innen- räumliche Konzept wird die historische Bau- stadt und gründerzeitlicher Friedrichstadt. substanz geschickt integriert und um wei- Aus den Teilräumen und Fragmenten der tere öffentliche Räume bereichert. Wilsdruffer Vorstadt entwickelt der Entwurf ein Konzept verdichteter polymorpher Stadt- 18
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Entwurf | Shopping_Center_Dresden Das Planungsgebiet befindet sich am Georgplatz in zweiter Reihe zur Prager Straße, die als Haupteinkaufs- meile die Altstadt mit dem Hauptbahnhof verbindet. Das Gebiet wird dominiert von der überdimensionierten Verkehrsinfrastruktur der St. Petersburger Straße und ihrer Knotenpunkte. Gegenüber liegen die Ausläufer des Großen Gartens mit den Gebäuden des ehemaligen Robotron-Areals. Das Planungsgebiet zählt zu den größten innerstädtischen Brachflächen Dresdens und gilt als eine der Schlüsselstellen für die bauliche Ver- vollständigung der Innenstadt. Die überwiegend monofunktionalen Nutzungsstrukturen des Nachkriegsstäd- tebaus wirken hier bis heute nach und so erscheint dieser Teil des Stadtzentrums des nachts wie ausge- storben. Tagsüber präsentiert sich die Prager Straße als Shopping-Meile mit den inzwischen europaweit be- kannten und standardisierten Einzelhandelsangeboten. Aufgrund der besonderen Situation nach der Wende vollzogen sich viele für eine Belebung des Zentrums wesentliche Entwicklungen an der städtischen Peripherie und so befinden sich zum Beispiel noch heute zentrale städtische Verwaltungen fernab der Innenstadt. Besonders deutlich wird diese Entwicklung aber beim Einzelhandel: Mit nur 25 Prozent besitzt die Dresdner Innenstadt – verglichen mit anderen bundesdeut- schen Großstädten – einen relativ geringen Verkaufsflächenanteil. Gleichzeitig liegt jedoch die Einzelhandels- fläche pro Kopf bei 1,7 qm und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,4 qm. Die im Sommersemester 2007 bearbeitete Entwurfsaufgabe umfasste die Konzeption eines Quartierszent- rums, von dem wichtige Entwicklungsimpulse auf die Innenstadt ausgehen sollten. Von besonderer Bedeu- tung waren die räumlich-funktionale Konzeption und Organisation des großflächigen Einzelhandels sowie die Integration verschiedener Nutzungen, die möglichst viele Synergieeffekte hinsichtlich einer 24h-Belebung des Quartiers erzeugen können. Darüber hinaus sollte das Areal als städtebauliches Gelenk zwischen Alt- stadt, Prager Straße und den angrenzenden Grünstrukturen neu interpretiert werden. Als Anregung wurde den Studierenden der folgende Nutzungsmix vorgeschlagen: - Shopping Center (ca. 10.000-20.000 qm Verkaufsfläche) - Technisches Rathaus der Stadt Dresden - Hotel und Gastronomie - Wohnen (ca. 30 Prozent) - Soziale Einrichtungen (KiTa, Generationenhaus etc.) Neben der Etablierung einer vielfältigen Nutzungsmischung sollte die verkehrliche und räumliche Situation am Georgplatz optimiert werden. Diesen Entwurf haben wir in Kooperation mit der Bauhaus-Universität Weimar und der Technischen Univer- sität Krakau als studentischen Ideenwettbewerb angeboten. Im Rahmen der Bearbeitung fanden zwei ge- meinsame Workshops vor Ort statt sowie die abschließende Jurysitzung mit großes Abschlussfest in Wei- mar. Unser besonderer Dank gilt hier nochmals Herrn Prof. Christ von der Bauhaus-Universität Weimar für die federführende Organisation sowie der Real Estate & Shopping Association in Person von Herrn Molitor und Herrn Bretthauer für die überaus großzügige finanzielle Unterstützung für diese ganz besondere Lehr- veranstaltung. 21
Dong Gyu Kim, Yeon Ug Jung | 3+3 - drei öffentliche und drei halb-öffentliche Höfe Der Entwurf will die charakteristischen Ele- Parallel zur Haupteinkaufszone in der Pra- zur Prager Straße mit ihren großen Einkaufs- mente der Stadtstruktur – die Figur der Alt- ger Straße soll eine neue wichtige Wege- magneten einen menschlicheren Maßstab stadt, den Park und die Freiräume – stärker verbindung etabliert werden – vom Rund- erhalten. Feingliedrige Gassen und Höfe bil- erlebbar machen. Mit der geplanten Grün- kino über die Ferdinandstraße, die Schul- den einen urbanen Stadtraum, der an die At- und Fußgängerzone im Norden soll der Rand gasse, die Weiße Gasse, den Neumarkt mit mosphäre und Maßstäblichkeit der Altstadt des historischen Stadtkerns räumlich her- der Frauenkirche und die Münzgasse bis anknüpft, sie jedoch mit moderner Architek- ausgearbeitet werden. Der neu gestaltete zur Elbe. Diese neue Wegeverbindung ist tur neu interpretiert. Drei öffentliche Höfe Rathausplatz akzentuiert die Eingangssitu- nicht nur durch Einzelhandel, sondern auch gliedern sich an die neue Hauptwegeverbin- ation im südöstlichen Bereich der Altstadt. durch einen Schwerpunkt im Bereich Gas- dung an. Drei weitere halb-öffentliche Höfe Ein neuer Park schafft vielfältige Freiraum- tronomie, Kultur, Freizeit und Wohnen ge- ergänzen das Areal und schaffen differen- qualitäten und führt die bestehenden Park- prägt. Das engere Planungsgebiet am Ge- zierte Aufenthaltsqualitäten für Bewohner anlagen – die Bürgerwiese und den Großen orgplatz ist ein wesentlicher Baustein die- und Besucher Garten – an die Stadt heran. ser neuen Raumfolge. Es soll im Gegensatz 22
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GyunDo Park, Jee Yeon Kim | Magnetic Zone Der städtebaulich undefinierte Raum im fen an die bestehende Bebauungsstruktur den sich Restaurants und Cafés, die der Umfeld des Georgplatzes wird durch bau- an und schaffen differenzierte Aufenthalts- Bibliothek, der Mediathek und dem an- liche Ergänzungen im Bereich der Schreiber- qualitäten: grenzenden Generationenhaus zugeord- gasse, der Ringstraße und östlich der St. Pe- • Der erste Platz ist aus vielen Richtungen net sind. Ein Bodenbelag aus Holz schafft tersburger Straße räumlich gefasst. Der Ver- zugänglich und dient als Gelenkpunkt zwi- eine warme Atmosphäre. kehrsraum wird neu geordnet und zu einem schen dem umgestalteten Karstadt und • Der dritte Platz öffnet sich zur Altstadt städtischen Boulevard entwickelt. Eine Neu- dem neuen Quartier. Dieser zentrale Platz und bildet eine wichtige Adresse für das gestaltung und Erweiterung des Großen soll zu einem neuen Treffpunkt in der In- gesamte Areal. Er ist sowohl dem Ein- Gartens nach Westen schafft neue Frei- nenstadt werden. Seine Gestaltung ist kaufszentrum als auch dem neuen Mu- raumqualitäten. durch Wasserelemente und eine beson- seum zugeordnet und kann durch Kunst- Das engere Planungsgebiet südwestlich des dere Beleuchtung geprägt. installationen des Museums bespielt wer- Georgplatzes wird durch drei unterschied- • Der zweite Platz hat einen eher ruhigen den. lich gestaltete Plätze gegliedert. Sie knüp- und geschlossenen Charakter. Hier befin- 24
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Ajla Susic, Daniela Dangelmaier | Treffpunkt Ferdinandplatz Der Grundgedanke des Entwurfs für das Um die gewünschte Atmosphäre zu erzie- Die Grünstrukturen der historisch wertvollen neue Quartier am Ferdinandplatz ist das Auf- len, sind neben der Betrachtung des ei- und bis dato kaum wahrnehmbaren Bürger- nehmen von Sicht- und Wegbeziehungen gentlichen Planungsgebietes auch vielfäl- wiese wurden näher an das Planungsge- vom Rathausplatz, der Prager Straße, der tige Maßnahmen im Umfeld des Quartiers biet herangeführt und der Straßenzug Bür- Bürgerwiese und der Altstadt, um an deren notwendig. So sollen der bisher ausufernde gerwiese-Parkstraße für den Durchgangs- Kreuzungspunkt – etwa in Lage des histo- Straßenraum der St. Petersburger Straße verkehr geschlossen. So werden die angren- rischen Ferdinandplatzes – einen Treffpunkt sowie der überdimensionierte Verkehrskno- zenden Grünräume für das Quartier am Fer- zu schaffen, der zwischen den verschie- ten am Georgplatz neu geordnet werden, in- dinandplatz erlebbar und die Zugangsmög- denen Richtungen vermittelt und diese mit- dem die Verkehrsflächen minimiert und der lichkeiten von der Altstadt in den Großen einander verknüpft. So ergibt sich eine kom- Straßenraum klar gegliedert werden. Der Garten verbessert. plexe aber gut lesbare Raumstruktur, deren Altstadtring wird durch eine doppelte Baum- Wegeverbindungen sich strahlenförmig aus reihe deutlich markiert und zu einem eigen- dem neuen Platz heraus entwickeln. ständigen Element innerhalb der Stadtfigur. 26
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Eva Bäuerle, Eike Lehnhoff | Dresdner Höfe Ausgehend vom Vergleich des histrischen auf das eigentliche Planungsgebiet am Ge- diese Grünflächen durch eine Raumfolge Stadtgrundrisses mit dem heutigen orgplatz, sondern macht auch konkrete Vor- aus neuen und bestehenden Plätzen, wie Schwarzplan ist es das Hauptziel, im gesam- schläge für das gegenüber liegende Robo- zum Beispiel dem Rathausplatz. ten Planungsgebiet die einstige baustruk- tron-Areal. Denn nur durch Verdichtung und Durch die vorgeschlagene Entwicklung des turelle Dichte und Vielfalt wiederherzustel- Fassung dieses wichtigen Stadtraums kön- Robotron-Areals wird auch die Lage des Hy- len. Die Innenstadt Dresdens hat durch die nen die Dresdner Innenstadt aufgewertet giene-Museums aufgewertet, da es jetzt als Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und und europäische Stadtqualitäten wiederher- Sonderbaustein klar erkennbar im Großen die DDR-Moderne erheblichen Schaden er- gestellt werden. Garten liegt. Ergänzt wird dieser Kultur- und litten. Öffentliche Plätze wie der Rathaus- Vor diesem Hintergrund werden die Bür- Freizeitschwerpunkt durch die Neugestal- platz, aber auch Freiräume wie der Große gerwiese und der Große Garten durch bau- tung und Erweiterung des bestehenden Ska- Garten oder der Altstadtring sind räumlich liche Kanten neu gefasst und der Altstadt- terparks und den Umbau eines alten Ro- nicht mehr gefasst oder überdimensioniert. ring durch eine Neuordnung des Straßen- botron-Gebäudes zu einem Kulturzentrum. Daher beschränkt sich der Entwurf nicht nur raums aufgewertet. Verbunden werden 28
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Laure Blanco, Agnieszka Sadecka | Stadteinstieg Zentrale Ziele des Entwurfs sind die Etab- Wohnungsniveau. Die Wohnungen kön- lierung einer vielfältigen Nutzungsmischung nen das begrünte Dach der Einzelhandels- und die Betonung der prägenden Freiraume- nutzungen als Garten nutzen und verfügen lemente. Die Figur des Altstadtboulevards über einen außergewöhnlichen Blick auf soll herausgearbeitet und die Beziehung zwi- die Altstadt bzw. den Bereich der Bürger- schen der Bürgerwiese und der Altstadt ge- wiese. Die vielfältige Nutzungsmischung ge- stärkt werden. Das neue Quartier soll die währleistet eine Belebung rund um die Uhr. städtischen Grün- und Freiräume durch Durch die geschickte Anordnung der Funk- grüne Terrassen auf verschiedenen Ebenen tionen können Nutzungskonflikte weitge- verknüpfen. So entstehen zwei vertikal ge- hend minimiert und ein urbanes Quartier gliederte Zonen: das Straßenniveau mit gas- entwickelt werden, das eine hohe Dichte tronomischen Einrichtungen, Verkaufs- und mit großen ökologischen und freiräumlichen Büroflächen sowie das darüber befindliche Qualitäten verbindet. 30
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Herausgeber: Städtebau-Institut Lehrstuhl Stadtplanung und Entwerfen Prof. Dr. Franz Pesch Keplerstraße 11 D-70174 Stuttgart Tel. +49 (0) 711 685 83350 Redaktion und Layout: Jan Blanek Anne Mayer-Dukart Tilman Sperle Ajla Susic Das Werk ist urheberrechtlich geschützt © 2008 Städtebau-Institut, Universität Stuttgart Quelle Abbildungen: Städtebau Institut und Mitglieder der Universität Stuttgart www.uni-stuttgart.de/si
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