Durchflussmessungen durch indirekte Messverfahren an der Mangfall
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Durchflussmessungen durch indirekte Messverfahren an der Mangfall Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades B.Sc. an der Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt der Technischen Universität München. Betreut von Dr. phil. Jorge Eduardo Teixeira Leandro Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement Eingereicht von Friedrich Seidl Ritterland 13 85570 Ottenhofen 0152 25993910 Eingereicht am München, den 27.04.2017
Inhaltsverzeichnis 1. Einführung ......................................................................................................................... 4 2. Grundlagen der Durchflussmessung ................................................................................. 7 2.1. Der Durchfluss ............................................................................................................ 7 2.2. Direkte Durchflussmessung ........................................................................................ 8 2.2.1. Volumetrische Messung ....................................................................................... 8 2.2.2. Messwehre ........................................................................................................... 9 2.2.3. Messrinnen ..........................................................................................................10 2.3. Indirekte Durchflussmessung .....................................................................................12 2.3.1. Messung der Fließgeschwindigkeit nach dem Lotrechtverfahren .........................12 2.3.1.1. Messsysteme ............................................................................................14 2.3.1.1.1. Mechanische Durchflussmessung .......................................................14 2.3.1.1.2. Magnetisch induktive Durchflussmessung ...........................................16 2.3.1.1.3. Akustische Durchflussmessung...........................................................17 2.3.1.2. Durchführung einer punktuellen Messung .................................................19 2.3.1.2.1. Stangenmessung ................................................................................20 2.3.1.2.2. Schwimmkörper ..................................................................................20 2.3.1.3. Ermittlung des Gesamtdurchflusses ..........................................................22 2.3.2. Messung der mittleren Querschnittsgeschwindigkeit ...........................................22 2.3.2.1. Messschirm ...............................................................................................22 2.3.2.2. Tracerverfahren .........................................................................................23 2.3.2.2.1. Bestimmung der Durchmischungsstrecke ...........................................24 2.3.2.2.2. Einspeisung des Tracers .....................................................................25 2.4. Messung des Wasserstands ......................................................................................25 2.4.1. Der Lattenpegel ...................................................................................................26 2.4.2. Der Schwimmschreibpegel ..................................................................................26 2.4.3. Der Druckpegel ...................................................................................................27 2.4.4. Das Wasserstandsradar ......................................................................................27 2.4.5. Mobile Pegelmessung .........................................................................................28 2.5. Berücksichtigung der Messunsicherheiten .................................................................28 2.5.1. Systematische Fehler ..........................................................................................28 2.5.2. Zufällige Fehler ....................................................................................................29 2.5.3. Ausgleich der Messfehler ....................................................................................29 3. Messungen an der Mangfall .............................................................................................31 3.1. Die Mangfall ...............................................................................................................31 3.2. Ablauf der Messungen ...............................................................................................34 3.2.1. Messungen mit dem ADCP-Boot .........................................................................34 2
3.2.2. Messungen mit der Magnetisch-induktiven Sonde ...............................................39 3.3. Probleme während der Messung ...............................................................................42 4. Messergebnisse ...............................................................................................................45 4.1. Tag 1 – 30.11.2016 ....................................................................................................46 4.2. Tag 2 – 22.02.2017 ....................................................................................................48 4.3. Tag 3 – 03.04.2017 ....................................................................................................50 5. Auswertung der Messergebnisse......................................................................................52 5.1. Genauigkeit der ADCP-Messungen ...........................................................................52 5.2. Vergleich der zwei angewandten Verfahren ...............................................................55 5.2.1. Analyse der mittleren Fließgeschwindigkeiten .....................................................56 5.2.2. Vergleich der gemessenen Durchflüsse ..............................................................58 5.3. Durchfluss-Wasserstand-Diagramm...........................................................................59 6. Schlussfolgerung und Ausblick .........................................................................................62 Literaturverzeichnis ..............................................................................................................64 Sonstige Unterlagen .........................................................................................................67 Bildquellen ........................................................................................................................69 Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................71 Tabellenverzeichnis ..............................................................................................................73 Symbolverzeichnis ...............................................................................................................74 Anhang I ...............................................................................................................................77 Vorlage Matlab-Code ........................................................................................................77 Anhang II ..............................................................................................................................79 Erklärung ..........................................................................................................................79 3
1. Einführung „Diese Klimaveränderung wird mit erheblichen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt verbunden sein.“ (Kliwa 2005, S.1) So prognostizierte das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft bereits 2005 die Auswirkungen steigender Temperaturen auf den hydrologischen Kreislauf in Bayern (Kliwa 2005). Im Zuge dieser „Intensivierung des hydrologischen Kreislaufs“ (Kliwa 2005, S.1) ist mittelfristig mit einer Verschärfung der Hochwasserlage in Bayern zu rechnen (Kliwa 2005). Der Freistaat sieht sich daher mit immer häufiger drohenden Extremwetterereignissen konfrontiert, so dass immer größere Anstrengungen im Bereich des Hochwasser- schutzes von Nöten sind. Bereits im Jahre 2001 reagierte die bayerische Staatsre- gierung mit dem Aktionsprogramm 2020 (AP 2020) auf mehrere Hochwasserer- eignisse in Bayern (StMUV 2014, S.12). Ziel des Programms war die Modernisierung des Hochwasserschutzes auf den damaligen Stand der Forschung, sowie der Entwick- lung von Langzeitstrategien zum Schutze der Bevölkerung und Infrastruktur. Der moderne Hochwasserschutz basiert dabei auf einem Drei-Säulen-Modell, dem technischen Hochwasserschutz, der Hochwasservorsorge und der Stärkung des natürlichen Wasserrückhalts in der Fläche (Fuchs Seminar, S.1). Die seit 2001 aufgetretenen Hochwasserereignisse zeigten jedoch, dass diese strikte Einteilung keinesfalls die effektivste Herangehensweise an den Hochwasserschutz ist. So konnte festgestellt werden, dass jede Verzögerung im Prozess der Abflusskon- zentration zu einer Abschwächung der Hochwasserspitze führte und dadurch die be- reits getroffenen Schutzmaßnahmen im akuten Fall entlastet werden konnten. Rück- haltemaßnahmen können daher im Falle starker Hochwasser unterstützend neben die Mittel des technischen Hochwasserschutzes treten (LfU AP2020). Um eben jener Synergie zwischen technischem Hochwasserschutz und der Stärkung des natürlichen Wasserrückhalts in der Fläche Rechnung zu tragen, wurde im Zuge 4
der Aufarbeitung des Junihochwasser 2013 das AP 2020 zum Aktionsprogramm 2020plus (AP 2020plus) erweitert. Ziel dieser Erweiterung war es, das Forschungsfeld des natürlichen Wasserrückhalts zu stärken und noch enger mit dem technischen Hochwasserschutz zu kombinieren (StMUV 2014, S.16). Im Rahmen der Stärkung des natürlichen Wasserrückhalts in der Fläche stehen grund- sätzlich mehrere geeignete Maßnahmen zur Verfügung. So können beispielsweise Retentionsflächen entlang von Gewässern wiedergewonnen, Gewässerläufe sowie umliegende Moore renaturiert oder die gewässernahen Flächenversiegelungen redu- ziert werden (Spiekermann et al. 2014, S.85). Problematisch dabei ist, dass die Wirkung der unterschiedlichen Rückhaltemaßnahmen von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird (LfU AP2020). Ein Projekt der Technischen Universität München beschäftigt sich daher mit der prozessbasierten Modellierung natürlicher sowie dezentraler Hochwasserrückhalte- maßnahmen zur Analyse der ereignis- und gebietsabhängigen Wirksamkeit (ProNaHo). Ziel ist es eine bayernweite gültige Aussage über die Wirksamkeit von natürlichen und dezentralen Hochwasserrückhaltemaßnahmen treffen zu können. Im Rahmen dieses Projekts soll dabei eine bisher weitestgehend vernachlässigte Rückhaltemöglichkeit näher untersucht werden. Lag der Schwerpunkt von natürlichen Rückhaltemaßnahmen in der Vergangenheit in dem Bereich der bewährten Gewäs- serrenaturierung und der Auenreaktivierung, so tragen diese doch den Makel der Kostenintensität (Spiekermann et al. 2014, S.85) Eine bloß auf „menschliche“ Renaturierung fixierte Herangehensweise verkennt gerade, dass der Mensch nicht als einziges Lebewesen in der Lage ist, aktiv seine Umwelt zu gestalten. Wie keine andere Tierart prägt der Biber als „Baumeister der Natur“ (BN Bericht) seinen Lebensraum (Nater 2012, S.67). Trotz der gut erforschten positiven Auswirkungen des Bibers auf die Flora und Fauna im Einzugsgebiet seiner Bauwerke (Meßlinger 2014, S69f.), mangelt es in Deutschland an Studien über den Einfluss der Biberdämme auf die natürliche Wasserrückhaltefähigkeit eines Gewäs- sers (Nater 2012, S.69). So wird lediglich „davon ausgegangen“ (Nater 2012, S.69), dass der durch den Biberdammbau hervorgerufene Rückstaueffekt oder die durch Biberseen geschaffene Retention zu einer Einflussnahme auf die Hydraulik eines 5
Fließgewässers führt (Nater 2012, S.69). Ein endgültiger Beweis, dass es tatsächlich zu behauptetem Rückstaueffekt oder eines andersgearteten Effekts des Bibers auf die Gewässerhydraulik kommt, fehlt jedoch bisher. Um ebendiesen Beweis zu erbringen, wird im Rahmen des ProNaHo-Projektes eine Methodik zur Ermittlung der ereignisabhängigen Retentionseigenschaften von Biber- dämmen entwickelt. Im ersten Schritt wird mit Hilfe von photogrammetrischen Aufnah- men und terrestrischen Vermessungen eine 3D-Rekonstruktion des Biberdammes samt Flussschlauch erstellt. Anschließend soll mit Hilfe von indirekten Durchfluss- messmethoden ein Durchfluss-Wasserstand-Diagramm aus Messungen bei drei verschiedenen Wasserständen erstellt werden. Der nächste Schritt sieht eine Verwer- tung der gesammelten Daten in Form eines 2D-hydraulischen Modells vor, welches im letzten Arbeitsschritt der Methodik für verschiedene Hochwasserszenarien ange- wendet wird, um so eine Aussage über die Beziehung zwischen Abfluss, Wasserstand und Rückhalt eines Flussabschnitts mit Biberdamm zu treffen. Ziel dieser Arbeit ist eine Darstellung der heutigen Möglichkeiten im Bereich der Durchflussmessung mit ihren Vor- und Nachteilen und anschließender Überprüfung des zweiten Schrittes der Methodik. Hierzu wurden zwei Verfahren aus dem darge- stellten Spektrum ausgewählt, mit Hilfe derer der Durchfluss hinter einem Biberdamm in einem Seitenarm der Mangfall gemessen wurde. 6
2. Grundlagen der Durchflussmessung Dieses Kapitel vermittelt die Grundlagen der Messung benötigter Daten eines Durchfluss-Wasserstand-Diagramms. Eines der Hauptziele in der Hydrometrie ist die Bestimmung des Oberflächenwasserdargebots für einen betrachteten Flussquer- schnitt. Eine von der Zeit abhängige Funktion des Durchflusses nennt man Durchfluss- ganglinie. Da kontinuierliche Messungen des Durchflusses bisher schwer zu verwirklichen sind, nähert man eine sogenannte Durchflusskurve mittels vieler einzelner Durchflussmessungen und den zugehörigen Wasserständen an (Dyck et al. 1995, S.92). Sofern keine andere Quelle angegeben wird, ist der Inhalt der folgenden Kapitel an die Bücher von Gerd Morgenschweis, Siegfried Dyck und Gerd Peschke angelehnt. 2.1. Der Durchfluss In der Hydrologie unterscheidet man nach der DIN 4049-3 (1994) zwei Definitionen des Abflusses. Allgemein versteht man unter dem Abfluss die Wassermenge, die sich über- und unterhalb der Landoberfläche unter den Einflüssen der Schwerkraft bewegt. Quantitativ beschreibt man den Abfluss als das Wasservolumen, welches in einer be- stimmten Zeit einen Gewässerquerschnitt durchfließt (LS Hydrologie 2014, S.123). Diese quantitative Betrachtung wird weitläufig auch als Durchfluss bezeichnet (Baumgartner et al. 1996, S.519). Beide werden mit dem Symbol Q abgekürzt und geben einen Volumenstrom der Einheit m³/s an (LS Hydrologie 2014, S.123). Während des Vorgangs der Abflusskonzentration sammeln sich die Ströme des Oberflächenab- flusses, des Zwischenabflusses und des Grundwasserabflusses in dem Vorfluter des Einzugsgebiets und bilden so den Durchfluss (Baumgartner et al. 1996, S.491). In der Wasserbilanzgleichung dient der Durchfluss der indirekten Bestimmung der Wassermenge, welche das Einzugsgebiet verlässt (Maniak 2005, S. 57). Berechnet wird der Durchfluss mit Hilfe folgender Formel: = ∗ 7
Bei der Verwendung dieser Formel geht man von laminaren Strömungsverhältnissen aus. Laminare Strömungen werden als stationäre, gleichförmige Strömung definiert, bei denen die Geschwindigkeit konstant ist. In Hinsicht auf die Bedingungen in einem natürlichen Fließgewässer können diese nicht vorliegen. Deshalb überwiegen dort turbulente Verhältnisse, welche starke Schwankungen der Fließgeschwindigkeit und somit des Durchflusses zur Folge haben. Turbulente Strömungen charakterisieren sich durch Verwirbelungen der Strömungsrichtung, welche instationäre Bedingungen zur Folge haben (Hering et al. 1995, S.123). 2.1. Strömungsarten (Quelle: Chemieplanet) Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten der Durchflussmessung, die direkten und die indirekten Methoden. Bei folgender Einteilung der Verfahren ist zu berücksichtigen, dass in der Fachliteratur voneinander abweichende Klassifizierungen zu finden sind (statt vieler Bonfig 2002). 2.2. Direkte Durchflussmessung Bei direkten Messverfahren wird der Durchfluss mit Hilfe von Abflussbauwerken mit bekannter Durchfluss-Wasserstand-Beziehung bestimmt. Derartige Messungen sind nur für kleine Durchflüsse geeignet (Maniak 2005, S. 59). 2.2.1. Volumetrische Messung Eine selten verwendete Art der direkten Messung ist die volumetrische Messung (Maniak 2005, S. 59). Hier werden entweder speziell angefertigte Messbehälter oder vorab kalibrierte Alltagsgegenstände wie Eimer oder Tonnen verwendet. Zu beachten 8
ist eine möglichst geringe Oberfläche im Vergleich zu dem bekannten Volumen. Ein scharfkantiger Überfall und ein vollständiges Auffangen des Wasserstroms aus dem Querschnitt sind für die Genauigkeit der Messung unumgänglich. Während der in das Behältnis umgeleitete Durchfluss das selbige füllt, wird die Zeit bis zur vollständigen Füllung gestoppt. Bei der Auswahl des Messgefäßes ist darauf zu achten, dass mindestens fünf Sekunden für das Befüllen benötigt werden. Anschließend wird der Durchfluss wie folgt berechnet (Pertl 2004, S.20). = Aufgrund der Beschränkung auf kleine Volumenströme sind Quellschüttungen ein typisches Einsatzgebiet der volumetrischen Messung (Morgenschweis 2010, S.117). 2.2.2. Messwehre Messwehre fungieren in dem Flussquerschnitt als Stauanlagen und führen, bis sie überströmt werden, zu einer Anhebung des Wasserspiegels. Dies nennt sich dann Überfall. Messwehre werden häufig in kleinen natürlichen Wasserläufen eingesetzt (Dyck et al. 1995, S.100). Im Fall eines überströmten Wehres berechnet sich der Durchfluss mittels der Formel nach Poleni. 2 3 = ∗ ∗ ∗ √2 ∗ ℎü 2 3 Der Überfallbeiwert μ wird in der Praxis für bestimmte Überfallgeometrien als konstant angesetzt. Er resultiert aus dem Verhältnis der Überfallhöhe und der Wehrform (LfU 2001, S.19). In der Bauweise von Messwehren unterscheidet man Wehre mit und ohne Seitenkontraktion (vgl. Abbildung 2.2 und 2.3.) und nach der Form des Überfallquer- schnittes. 9
2.2 Rehbock- Wehr ohne Seitenkontraktion (Quelle: Dyck 1995, 2.3. Thomson-Wehr mit Seitenkontraktion (Quelle: Dyck 1995, S.99.) S.99.) Obwohl mehrere Formen realisiert werden können, haben sich die Rechtecküberfälle nach Rehbock und Poncelet und der Dreiecküberfall nach Thomson durchgesetzt. Messwehre mit scharfkantigen Überfällen werden aufgrund der guten Kenntnisse über deren Überfallbeiwerte bevorzugt. Vor Errichtung eines Wehrs sollte die Breite und Tiefe des Gewässers erfasst werden, um spätere Veränderungen besser nachvollziehen zu können. Beim anschließenden Einbau sollte eine Stelle mit mindestens drei Meter langem, geradem Flussverlauf verwendet werden, welcher genug Stauraum für den folgenden Einstau durch das Wehr aufweist. Auch größere Strömungshindernisse, welche einen geregelten Abfluss verhindern könnten, sollten vermieden werden (Coldewey et al. 2014, S.44). Probleme bei Messwehren treten bei zu hoher Geschiebefracht auf, die zu einer Verlandung des Stauraums führt und dadurch die Überfallhöhe verfälscht. Ein Einbau von Messwehren ist aufgrund der benötigten Zeit nur bei Messungen über einen längeren Zeitraum sinnvoll (Coldewey et al. 2014, S.44). 2.2.3. Messrinnen Messrinnen basieren auf dem Prinzip der Durchflussbestimmung mittels Wasserspie- geldifferenzen an Verengungen im Querschnitt des Gewässers. Es gibt sie in verschie- denen Ausführungen wie z.B. den Parshall-, den Palmer Bowlus-, den Khafagi-und den Venturi-Messrinnen, wobei letztere in Europa am weitesten verbreitet sind (Pertl 2004, S.20). Der Venturi-Kanal ist ein dreigeteiltes Gerinne, bestehend aus Einlaufs-, Einschnürungs- und Nachlaufstrecke. 10
hOW 2.4. Venturi-Kanal (Quelle: Pertl 2004, S.25, bearbeitet) In der Einschnürung des Kanals steigt die Strömungsgeschwindigkeit und die Wasser- höhe sinkt. Wichtig ist, dass die Verengung so gewählt wird, dass ein Übergang vom Strömen ins Schießen geschieht. Setzt man nun die Geschwindigkeit an der Verengung in die Bernoulli-Gleichung, so erhält man eine Formel für die Wassertiefe hE an der Einschnürung abhängig von hOW (Fiedler, O. 1992, S.94). In der Regel wird der Gewässerquerschnitt seitlich eingeschnürt, eine Verwendung von Sohlschwellen kann bei entsprechender Dimensionierung jedoch dieselben Effekte haben (ABB 2011, S.160). Da nun eine Messung der Oberwassertiefe ausreicht, kann die Beziehung zwischen dem Durchfluss Q und der Oberwassertiefe hOW durch die allgemein gültige Berechnungsformel für Venturikanäle beschrieben werden: 3 = ∗ ∗ √ ∗ ∗ ℎ 2 Bei einem Kanal dieser Art folgt aufgrund des geringen Energiehöhenverlustes nur ein geringer Aufstau. Ein Vorteil dieser Kanäle ist, dass sie auch bei stark schwankenden Durchflüssen verwendet werden können und sich bei Verwendung einer durchgehenden Gerinnesohle auch für Messungen in besonders feststoffhaltigem Wasser (z.B. Abwasser) eignen (Dreyhaupt 1994, S.1271). 11
2.3. Indirekte Durchflussmessung Die indirekte Durchflussmessung bedient sich der Messung der Fließgeschwindigkeiten und des Gewässerquerschnittes zur Bestimmung des Durch- flusses (LfÖ, LfB 1997, S.148). Für die Bestimmung der hierzu benötigten Geschwindigkeiten unterscheidet man zum einen die Messung mit Hilfe einzelner Messlotrechten und zum anderen die Messung der mittleren Querschnittsfließge- schwindigkeit. 2.3.1. Messung der Fließgeschwindigkeit nach dem Lotrechtverfahren Zunächst wird bei derartigen Messungen der Gewässerquerschnitt mit Hilfe von Messvertikalen unterteilt und anschließend die Fläche A des Querschnittes durch die Wassertiefen an den Lotrechten bestimmt. Zu beachten ist eine möglichst genaue Abbildung des Flussquerschnittes durch mehrere Lamellen (Abbildung 2.2). 2.5. Räumliche Darstellung des Durchflussquerschnittes und der Geschwindigkeitsverteilung (Quelle: Dyck 1995, S.95.) In der Mitte jeder Lamelle befindet sich eine der festgelegten Messlotrechten. Dies ist auch die Stelle an der die repräsentative Geschwindigkeit für die jeweilige Lamelle bestimmt wird. Mit zunehmender Anzahl an Messstellen steigt die Messgenauigkeit. Je nach Querschnittsbreite schwankt die Anzahl der Messlotrechten zwischen 5-15 (Morgenschweis 2010, S.118). In der Regel sollten bei nicht zu unregelmäßigen Profilen zehn Messstellen verwendet werden, um eine vertretbare Genauigkeit zu erhalten (Dyck et al. 1995, S.93). 12
Hat man nun den Querschnitt entsprechend unterteilt stehen drei unterschiedliche Vorgehensweisen zur Verfügung. a) Vielpunktverfahren Hier werden auf jeder Lotrechten mindestens zwei Messpunkte in unterschiedlicher Tiefe gewählt. Abhängig von der Wassertiefe kann man folgende Verfahren anwenden: - Dreipunktverfahren = 0,25 ∗ 0,2 + 0,5 ∗ 0,6 + 0,25 ∗ 0,8 Messpunkte in 20% - 60% - 80% der Wassertiefe - Fünfpunktverfahren = 0,1 ∗ ( 0 + 3 ∗ 0,2 + 2 ∗ 0,6 + 3 ∗ 0,8 + ) Messpunkte in 0% - 20% - 60% - 80% - 100% der Wassertiefe - Sechspunktverfahren = 0,1( 0 + 2 ∗ 0,2 + 2 ∗ 0,4 + 2 ∗ 0,6 + 2 ∗ 0,8 + ) Messpunkte in 0% - 20% - 40% - 60% - 80% - 100% der Wassertiefe b) Integrationsverfahren Durch Absenken des Messinstruments mit konstanter Geschwindigkeit wird die mittlere Geschwindigkeit auf der gesamten Tiefe der Messlotrechten bestimmt. Dabei kann beispielsweise auf eine Kabelwinde oder Ähnliches zurückgegriffen werden. Möglich ist eine vertikale oder horizontale Integration. Vorgesehen ist diese Methode im insbesonderen für breite und tiefe Gewässer (wie z.B. Rhein, Donau und Elbe). c) Abgekürzte Punktmessverfahren Erlauben die äußeren Umstände nur eine kurze Messung, so erwiesen sich die abgekürzten Punktmessverfahren als sinnvoll. - Zweipunktmessmethode nach Kreps (1954) Messpunkte an der Oberfläche und 0,38 * h über der Sohle (Barsch et al. 1994, S.215). = 0,31 ∗ 0 + 0,634 ∗ 0,38 - Zweipunktmethode für geringe Tiefen Messpunkte in 20% und 80% der Wassertiefe = 0,5 ∗ ( 0,2 + 0,8 ) 13
- Einpunktmessverfahren Messung in einer Tiefe von 0,32 * h über der Sohle (Pertl 2004, S.33). Jede der drei geschilderten Messverfahren kann dazu verwendet werden, die Fließgeschwindigkeit vor Ort zu bestimmen. Eine hohe Anzahl an Messpunkten führt jedoch auch zu einer hohen Genauigkeit bei den späteren Ergebnissen. Die abgekürzten Punktmessverfahren sollten daher die Ausnahme darstellen und lediglich dort zum Einsatz kommen, wo eine Vielpunktmessung nicht möglich ist. 2.3.1.1. Messsysteme Jedes der oben beschriebenen Verfahren kann mit einer Vielzahl von Messsystemen durchgeführt werden. Unterschieden werden dabei drei grundlegende Messtechnologien, welche in verschiedensten Formen zum Einsatz kommen (Vgl. Produktkatalog OTT). Jede Technologie wird anhand eines charakteristischen Beispiels erklärt. 2.3.1.1.1. Mechanische Durchflussmessung „Ein Werkzeug, welches geschickt ist, die Geschwindigkeit der strömenden Gewässer und des Windes genau damit zu beobachten, kann hauptsächlich folgenden Nutzen haben: Es kann dazu dienen, die Theorie oder die Gesetze, wie Stoß und Geschwindigkeit flüßiger Massen von einander abhängen, zu untersuchen…“ ( Woltman 1790, Vorrede). So erkannte bereits Richard Woltmann im Jahr 1790 die Notwendigkeit und den Nutzen der mechanischen Durchflussmessung für den Menschen. Das von Woltmann beschriebene Messprinzip des hydrometrischen Flügels zählt noch heute zu den Standards der Fließgeschwindigkeitsmessung in Flüssen und offenen Gerinnen (OTT C31, S.3). Der moderne Messflügel besteht aus einem drehbaren Aufsatz in Form eines Propellers, einem stromlinienförmigen, wasserdichten Körper und einem Zählmechanismus (Maniak 2005, S.62). Nachdem das Schaufelrad des Flügels durch 14
das Wasser in Bewegung versetzt wurde, leitet der Kontaktgeber der Zählmechanik ein Signal pro Umdrehung an ein seperates Zählgerät weiter. 2.6. Hydrometrischer Flügel in seiner heutigen Form (Quelle: Morgenschweis (2010), S. 128.) Der Zusammenhang zwischen Umdrehungszahl und Fließgeschwindigkeit wird durch folgende Formel beschrieben (OTT C31, S.2). = ∗ +∆ Die Konstanten k und Δ müssen für jeden Flügel individuell und exakt vom Hersteller bestimmt werden (OTT C31, S.2). Die Messdauer ist stets so zu wählen, dass kleinere Strömungsschwankungen das Ergebnis nicht verfälschen; empfohlen werden hier 30 Sekunden (Kraus 2009, S.3). Messungen mit dem hydrometrischen Flügel können nahezu überall zum Einsatz kommen, da dem Flügel nur wenig Grenzen gesetzt sind. Probleme ergeben sich jedoch bei zu seichtem Gewässer, bei denen der Flügel nicht komplett unter Wasser liegt. Außerdem muss die Fließgeschwindigkeit größer als die Anlaufgeschwindigkeit des Flügels (in der Regel 2 cm/s) sein. Zuletzt können auch vorhandene Wasserpflanzen die Messung mit dem Flügel unmöglich machen. Bei zu starker Verkrautung kann sich der Flügel nicht mehr drehen und verhakt sich in den Pflanzen (zustimmend Siedschlag 2015, S.236). Diese Einschränkungen beim Einsatz des Flügels führten letztlich dazu, dass sich neben den mechanischen Durchflussmessungen noch alternative Systeme zur Messung der Fließgeschwindigkeit entwickelten. 15
2.3.1.1.2. Magnetisch induktive Durchflussmessung Eines dieser alternativen Systeme ist das seit über 60 Jahren in der Industrie angewandte Magnetisch-induktive Verfahren. Es basiert auf dem Faraday‘schen Induktionsgesetz, welches besagt, dass durch die Bewegung eines elektrisch leitenden Körpers im Magnetfeld, diesem eine Spannung induziert wird, welche proportional zu seiner Geschwindigkeit v, der Magnetfeldstärke B und dem Elektro- denabstand L ist. (Vgl. Hering et al. 1995, S.315). = ∗ ∗ Die Magnetisch-induktive Sonde (MID-Sonde) ist eines der auf diesem Verfahren basierenden Messinstrumente. Da bei ihr die Größen B und L feste bekannte Werte sind, vereinfacht sich die Gleichung wie folgt: = ∗ Das Messinstrument selbst besteht aus einem Messkopf, der die Messelektronik und die Magnetspulen, die ein Magnetfeld erzeugen, enthält. Des Weiteren enthält er zwei isolierte Elektroden, welche senkrecht zum Magnetfeld und der Fließrichtung angebracht sind und dazu dienen die Fließgeschwindigkeit zu messen. Ein tragbares Anzeigegerät gibt die gemessenen Geschwindigkeiten an. Während der Messung ist die Sonde stets parallel zur Strömung auszurichten, sowie ein ausreichend langes Messintervall zu wählen (Kraus 2009, S.3). Der Vorteil der Magnetisch-induktiven-Strömungssonde ist die Unabhängigkeit von Druck, Dichte, Temperatur und Viskosität (Tecmara GmbH). Ein weiterer Vorteil ist die Einsatzmöglichkeit in verkrauteten Gewässern (OTT MF Pro, S.2). Messungen können nicht nur näher am Ufer oder anderen Hindernissen durchgeführt werden, sondern auch bei sehr geringen Strömungen, da anders als beim hydrometrischen Flügel keine Anlaufgeschwindigkeit überwunden werden muss. Dennoch unterliegt auch die MID- Sonde Mindestabständen Dmin in Hinblick auf Ufer, Sohle und Wasseroberfläche (Morgenschweis 2010, S.141). 16
Messpunkt Dmin in cm Wasseroberfläche 5 - 10 Sohle 2,5 Ufer 2,5 bei v > 10 cm/s 5 bei v < 5 cm/s Tabelle 2.1. Minimal einzuhaltende Abstände beim 2.7. Magnetisch induktiver MF-Pro Sensor der Firma OTT Einsatz der MID-Sonde (Quelle: Morgenschweis (2010), (Quelle: OTT MID) S.141.) Magnetisch-induktive Sonden kommen daher meist dort zum Einsatz, wo der hydro- metrische Flügel aufgrund der Fließgeschwindigkeit, der Verkrautung oder sonstigen Begrenzungen nicht verwendet werden kann (Pertl 2004, S.41). Der Vergleich von Messergebnissen zeigt eine sehr hohe Übereinstimmung zwischen magnetisch- induktiver und der mechanischen Messung mit Flügel (Pertl 2004, S.64). Die MID- Sonde stellt damit eine optimale Ergänzung zur mechanischen Durchflussmessung dar, wobei die einzuhaltenden Mindestabstände der praktischen Anwendung Grenzen setzen. 2.3.1.1.3. Akustische Durchflussmessung Eine weitere alternative Methode ist die akustische Durchflussmessung. Derartige Verfahren basieren auf der Messung der Fließgeschwindigkeit durch den Frequenz- unterschied von ausgesandten und reflektierten Ultraschall-Impulsen. Der Acoustic- Doppler-Profiler genannt ADP (ADP SonTek) bedient sich des Phänomens der Doppler-Verschiebung. Dieses beschreibt die Frequenzverschiebung eines Signals, bei dem sich das Signal zwischen Senden und Empfangen verändert (Fiedler, K., S.22). Je größer die Bewegungsgeschwindigkeit des Senders bzw. des Empfängers, umso größer die Doppler-Verschiebung. Vereinfacht lässt sich die Frequenzverschie- bung im Allgemeinen aus der ausgesandten Frequenz, der Schallgeschwindigkeit im betrachteten Medium und der Relativgeschwindigkeit berechnen (Fiedler, K., S.36). ∆ = ∗ 17
Mit Hilfe des weiterentwickelten Ultraschall-Puls-Dopplerverfahren lässt sich die zuge- hörige Entfernung vom Sender bis zum reflektierenden Partikel bestimmen. Hierbei fungieren die Sensoren in der Regel als Sender und Empfänger, um so eine minimale Auflösung zu erreichen (Teufel 2006, S.384). Die Ultraschallstrahlen werden in Frequenzbündeln definierter Länge in kurzen Pulsen (einige hundert Signale pro Sekunde) ausgestrahlt. Notwendig ist das Vorhandensein von Partikeln im Wasser welche die Ultraschallsignale reflektieren können (Fiedler, K., S.3). Ein wesentlicher Bestandteil der heutigen Systeme ist eine Kombination des Puls- Dopplerverfahren mit dem Korrelationsverfahren, einem mathematischen Hilfsmittel im Bereich der Datenauswertung und Signalgewinnung (Teufel 2006, S.385). Mit jedem Echo des Pulsverfahrens wird ein Bild der Streukörper im Wasser abgespeichert. Aus dem Vergleich der Bilder kann die Zeitverschiebung bestimmt werden, welche propor- tional zur Geschwindigkeit der Partikel und somit zur Strömungsgeschwindigkeit ist. Diese Korrelation ergibt die mittlere Geschwindigkeit des Pulsbündels (Teufel 2006, S.385). Zusammen mit der Zeitdifferenz zweier Pulse wird die Transportgeschwindigkeit ermittelt. ( ∗ ) = ( 4 ∗ ) Die Ultraschall-Doppler-Messtechnik steht in zwei verschiedenen mobilen Ausführungen zur Verfügung (Vgl. Produktkatalog SEBA). Für das Vielpunkt- oder das abgekürzte Punktmessverfahren steht ein der MID-Sonde ähnliches Gerät zur Verfü- gung. Dieses arbeitet mit Frequenzen um die 6 MHz und kann Geschwindigkeiten zwischen 0 und 3 m/s messen, jedoch keine Aussage über die Strömungsrichtung treffen (AquaProfiler-M, S.2). Sollte diese Information wichtig für die Messung sein, besteht die Möglichkeit auf den zweiten Typen zurückzugreifen. Hier werden zwei ADP-Sensoren mit einem Wasserstandssensor kombiniert und ermöglichen so eine gleichzeitige Messung der Wassertiefe, wobei zu beachten ist, dass diese Sensoren nur in Verbindung mit der Integrationsmethode zum Einsatz kommen (AquaProfiler M- Pro, S.2). Durch die zwei Sensoren ist außerdem eine Bestimmung der Strömungs- richtung möglich. Ein Nachteil dieser Messsysteme ist der tote Bereich vor der Sonde, welcher in der Regel 10 – 15 cm groß ist. 18
2.8. Ultraschall-Doppler-Strömungssonde (Quelle: OTT 2.9. Ultraschall-Doppler-Profiler mit Stange (Quelle: SEBA ADC) M-Pro) Ein zusätzlich erwähnenswertes Messsystem auf Basis der akustischen Durchfluss- messung ist der Acoustic Doppler Current Profiler (ADCP), dessen Technik sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt hat (HD Steiermark 2004, S.5). An einem Boot montierte ADCPs erwiesen sich als ein hilfreiches Werkzeug bei der Reduzierung der Dauer von Durchflussmessungen und ermöglichen die Messung von Geschwindigkeiten auf innovative Art (Vgl. USGS 2013, S.1f.). Die Sensoren werden so an einem Messboot angebracht, dass sie während der Überquerung des Gewässers zur Sohle ausgerichtet sind (USGS 2013, S.2). Diese Systeme messen die Geschwindigkeit des Wassers relativ zur Geschwindigkeit des Bootes, welche mit Hilfe des sogenannten Bottom Track aus der Reflektion der Schallwellen an der Sohle bestimmt werden kann (USGS 2013, S.2). Hohe Partikelkonzentrationen nahe der Sohle durch Geschiebeabtrieb oder Ähnlichem führen zu einer Verfälschung der Reflektion und können in einer falschen Messung der Wassertiefe oder der Bootsgeschwindigkeit resultieren (USGS 2013, S.2). Das ADCP unterteilt den Gewässerquerschnitt anhand der Reflektionszeiten in Tiefenzellen und weist jeder eine gemessene Geschwindigkeit zu (USGS 2013, S.6). Die bei diesem Verfahren verwendeten Boote können sowohl bemannt als auch unbemannt sein (USGS 2013, S.14). 2.3.1.2. Durchführung einer punktuellen Messung Mit Hilfe der dargestellten Messsysteme kann nun eine punktuelle Messung vorge- nommen werden. Bei der Durchführung in der Praxis haben sich grundsätzlich zwei Verfahren bewährt, die Messung an der Stange oder am Schwimmflügel (LfU, Krämer 2002, S.15). 19
2.3.1.2.1. Stangenmessung Im Falle der Stangenmessung werden zusammen- schraubbare Metallstangen mit einem Durchmesser von 10 – 40 mm (i.d.R. nur 20 mm) und Markierungen in Zentimeter-Abständen verwendet. Abbildung 2.10. zeigt wie das Gestänge mit einem Messinstrument verbunden wird. Je nach benötigter Tiefe kann man um zusätzliche Abschnitte erweitern. Mit Hilfe dieser Konstruktion wird das gesamte Messgerät an den einzelnen Punkten jeder Lotrechten für die festgelegte Messdauer ins Wasser eingesetzt. Dies ist ein sehr langwieriger Vorgang, da nach jeder Messung die Sonde wieder aus dem Wasser gezogen werden muss, um in der Höhe verstellt zu werden. Bei modernen Geräten gibt es bereits Konstruktionen mit denen die Höhen- verstellung durchgeführt werden kann, ohne das System aus dem Wasser zu holen (OTT ADC, S.6). 2.10. Montierte MID-Sonde am Messgestänge (Quelle: Füller 2016) Zu beachten ist bei dieser Art der Messung, dass die Strömungsverhältnisse durch den Messenden nicht beeinträchtigt werden und das Gestänge während des gesamten Messvorgangs senkrecht gehalten wird. So weit möglich wird die Messung von einer Brücke oder alternativ einem transportablen Messsteg zur Vermeidung von Strömungsänderungen bevorzugt (LfU, Krämer 2002, S.16). 2.3.1.2.2. Schwimmkörper Steht kein Gestänge oder eine geeignete Brücke zur Verfügung, bietet sich eine Messung am Seil an. Die Messsonde wird zusammen mit einem fischkörperartigen Ballastgewicht an einem Seil ins Wasser gelassen (Maniak 2005, S.63). Die Flügel- achse orientiert sich automatisch in Richtung der Fließgeschwindigkeit (LfU, Krämer 2002, S.17). Die Eintauchtiefe des Messkörpers wird über die Länge des abgespulten 20
Seiles ermittelt. Bei starker Strömung driftet der Schwimmkörper ab und verfälscht so die Werte der Eintauchtiefe. Beträgt der Abdriftwinkel mehr als 5° muss eine Korrektur mit Hilfe folgender Formel vorgenommen werden. ℎ = ℎ – ( ℎ1 + ℎ2 ) Die beiden Werte Δh1 und Δh2 ermittelt man mit Hilfe des Abstandes a zwischen Wasser und Seilaufhängung, sowie dem Winkel α welcher die Ablenkung des Seiles aus der Senkrechten beschreibt während der Schwimmkörper sich auf der Wasseroberfläche befindet und dem Winkel β welcher sich aus der Ablenkung ergibt, wenn der Schwimmkörper auf der Sohle aufsetzt. In der Pegelvorschrift von 1961 finden sich Tabellen in denen die entsprechenden Werte für Δh1 und Δh2 nachgeschlagen werden können. Heutzutage kann durch Tiefenmesssonden unab- hängig von der Seillänge die Eintauchtiefe bestimmt und somit dieser Fehler minimiert werden (Vgl. LfU, Krämer 2002, S.17). Verwendet werden derartige Schwimmflügel in Kombination mit mobilen Messauslegern an Brücken oder Seilkrananlagen. 2.11. Mobiler Brückenausleger (Quelle: SEBA Brückenausleger) 2.12. Stationäre Seilkrananlage SKA-H der Firma SEBA Hydrometrie (Quelle: SEBA SKA-S) Stationäre Seilkrananlagen bieten einen hohen Schutz des Personals an Stellen, an denen eine Durchflussmessung von einer Brücke oder Ähnlichem nicht möglich wäre. Die Laufkatze der Anlage kann von einem sicheren Standpunkt am Ufer mit Hilfe eines tragbaren Steuergerätes bedient werden. Sie können Querschnitte mit einer Breite von bis zu 160 Metern abdecken (OTT Seilkrananlage, S.1ff). 21
2.3.1.3. Ermittlung des Gesamtdurchflusses Nachdem die Fließgeschwindigkeiten jeder Messstelle in verschiedenen Tiefen ermittelt wurden, kann die mittlere Geschwindigkeit entsprechend der verwendeten Anzahl an Messpunkten berechnet und daraus der Durchfluss für jede Lamelle bestimmt werden. Den Gesamtdurchfluss des Gewässerquerschnitts erhält man durch aufsummieren der Einzeldurchflüsse (Pertl 2004, S.36). = ∑ 2.3.2. Messung der mittleren Querschnittsgeschwindigkeit Alle beschriebenen Messverfahren zur Ermittlung des Durchflusses mittels punktueller Messungen liefern eine detaillierte Abbildung der Strömungssituation im Messquer- schnitt. Kann auf derartige Informationen verzichtet werden, da es sich zum Beispiel um eine reine Ermittlung der Durchflussganglinie handelt, bietet sich die Messung der mittleren Fließgeschwindigkeit vmit des Gewässers im Bereich der Messstelle an. 2.3.2.1. Messschirm Die integrierende Durchflussmessung mittels Messschirm ist ein einfaches Verfahren, welches sich jedoch auf kleinere Gewässer mit einem regelmäßigen Querschnitt auf einer längeren Strecke beschränkt. Trotz der hohen Genauigkeit von +/- 2% wird diese Methode heutzutage nur noch selten angewandt und dies meist nur im Versuchswesen (Morgenschweis 2010, S.219). Auf beiden Seiten des Ufers müssen für die Anwendung Schienen befestigt werden, auf welchen sich anschließend der Messschirm mit der Form des Gerinnequerschnitts mittels einer Laufkatze bewegt. Angetrieben wird die Konstruktion durch das fließende Wasser, weshalb die Geschwindigkeit, mit welcher sich der Schirm bewegt, der mittleren Fließgeschwindigkeit des Gewässers entspricht. Gemessen wird die Zeit, die der Schirm benötigt um eine bestimmte Strecke zurückzulegen (Büttig 2015, S.6). 22
Nach der allgemein gültigen Formel bestimmt sich die Geschwindigkeit aus der benötigten Zeit für die zurückgelegte Strecke (Vgl. Hering et al. 1995, S.20). = Um die tatsächliche mittlere Fließgeschwindigkeit des Querschnittes zu erfassen, ist es dringend erforderlich, dass der Messschirm den kompletten Querschnitt ausfüllt und keine Spaltwasserverluste auftreten. Ein gewisser Abstand zwischen Messschirm und Kanalwand muss jedoch gegeben sein, damit sich die Konstruktion fortbewegen kann. Zwangsläufig auftretende Spaltwasserverluste beeinträchtigen erheblich die Messgenauigkeit. Ebenfalls zu beachten ist, dass das System keine hohe Trägheit aufweist und der Fahrtwiderstand des Systems schnell vom Wasserdruck überwunden werden kann. 2.13. Anordnung eines Messschirms (Quelle: Morgenschweis 2010, S.218.) 2.3.2.2. Tracerverfahren Unter dem Tracerverfahren versteht man den Einsatz von geeigneten Markierungsstoffen zur Verdeutlichung der Strömungen im Gewässer mit der grundle- genden Zielsetzung, Fließwege nachzuvollziehen sowie der Ableitung quantitativer Aussagen über Fließgeschwindigkeit und Stoffverlagerung (TU Cottbus 2006, S.1). Die seit dem Jahre 1923 bekannten Versuche mit Tracern finden Anwendung in Gewässern in denen klassische Methoden scheitern. Als Markierungsstoffe für die Geschwindigkeitsmessung eignen sich Elektrolyte, radioaktive Stoffe und Farbstoffe. Bei der Wahl des Tracers ist die Umweltverträglichkeit und ein unbedenklicher Einsatz 23
stets zu berücksichtigen. Außerdem sollte er kaum in dem zu untersuchenden Gewässer vorhanden und ausreichend nachweisbar sein, sowie ein repräsentatives Verhalten für Wasserbewegungen besitzen. Elektrolyte können später mittels Messung der Leitfähigkeit, Farbstoffe mit Hilfe von kolorimetrischen Messungen und radioaktive Stoffe durch Messung der Aktivität nachgewiesen werden. Üblich ist eine Messung direkt vor Ort, allerdings ist auch eine regelmäßige Probenentnahme möglich, welche später im Labor ausgewertet werden. Unter der Messstelle bei einem Tracerversuch versteht man einen längeren Gewäs- serabschnitt, welcher die Eingabe- und Entnahmestelle sowie die Durchmischungs- strecke umfasst und dessen Länge die vollständige Vermischung des Tracers mit dem Wasser ermöglicht, ohne dass jedoch große Teile des Markierungsstoffes verloren gehen (TU Cottbus 2006, S.3). 2.3.2.2.1. Bestimmung der Durchmischungsstrecke Die Länge der Durchmischungsstrecke hängt von vielen Parametern ab und variiert daher von Gewässer zu Gewässer. Wie schnell eine vollständige Durchmischung eintritt hängt maßgeblich von der Art des Gewässers und der Fließgeschwindigkeit ab. Vielzählige Versuche zeigten daher, dass jede theoretisch ermittelte Länge mit der Praxis nur selten übereinstimmt und daher die Formeln für die Berechnung der Strecke lediglich als grobe Abschätzung dienen (TU Cottbus 2006, S.4). Es gibt viele verschiedene Ansätze, jedoch kann als Faustformel für die Länge der Durchmi- schungsstrecke die Formel von Day verwendet werden. = 25 ∗ Vor der eigentlichen Versuchsdurchführung sollte die theoretisch ermittelte Strecke stets durch Versuche bestätigt werden, wobei sich vor allem optische Tracer wie Farb- stoffe eignen. 24
2.3.2.2.2. Einspeisung des Tracers Bei der Zugabe des Markierungsstoffes in das Gewässer unterscheidet man die Momentan Injektion und die Kontinuierliche Injektion. - Momentan Injektion: In einem kurzen Zeitintervall wird die gesamte Tracer- menge in das Gewässer eingespeist. Nach der Durchmischungsstrecke wird die Konzentration des Markierungsstoffes gemessen, welche beim Eintreffen der Welle stark ansteigt und anschließend langsam abfällt. Unter der Voraussetzung, dass der Durchfluss Q konstant ist, kann folgende Formel zur Berechnung verwendet werden (TU Cottbus 2006, S.6). = ∫0 ( ( ) − 0 ) - Kontinuierliche Injektion: Bei der in der Praxis häufiger vorkommenden kontinu- ierlichen Injektion wird der Markierungsstoff über eine längere Zeit mit konstanter Konzentration zugegeben, bis an der Messstelle eine stationäre Verdünnung vorliegt (TU Cottbus 2006, S.5). ( 1 − 2 ) = ∗ ( 2 − 0 ) Während die Kontinuierliche Injektion einfacher zu messen ist, gestaltet sich die Einspeisung deutlich aufwändiger und der Bedarf an Tracer deutlich höher. Im Gegensatz gestaltet sich die Messung bei der Momentan Injektion deutlich komplizierter, während die Einspeisung hier sehr einfach abläuft. Bei der Momentan Injektion werden im Vergleich zu der Kontinuierlichen Injektion deutlich geringere Mengen an Tracerstoffen benötigt (TU Cottbus 2006, S.7). 2.4. Messung des Wasserstands Ziel jeder Durchflussmessung ist eine Aussage über die Durchfluss-Wasserstand- Beziehung des Gewässerquerschnittes zu treffen. Daher ist es elementar bei jeder Durchflussmessung den zugehörigen Wasserstand (Pegel) zu bestimmen. Der Pegel gibt an wie hoch der Wasserspiegel über einem festgelegten Bezugspunkt liegt. 25
Um diesen zu bestimmen stehen vier Methoden zur Verfügung (LfU Wasserstands- messung). 2.4.1. Der Lattenpegel Der Lattenpegel ist im übertragenen Sinne ein großer Meterstab, welcher an Bauwerken, in Pegelnischen oder bei kleinen Gewässern an einem Pfahl befestigt wird. Oftmals ist der Pegel auch schräg an Treppen angebracht. Sein Nullpunkt befindet sich meist unterhalb der Pegelsohle, eingemessen auf das deutsche Höhen- festnetz (LfU Wasserstandsmessung). 2.15. Schrägpegel (Quelle: Vlotho) 2.14. Lattenpegel (Quelle: WSV) 2.4.2. Der Schwimmschreibpegel Schwimmschreibpegel werden schon seit Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt, wobei insbesondere ihre Langlebigkeit, sowie die kostengünstige Wartung den Einsatz dieser Methode immer noch sinnvoll erscheinen lässt. (Pertl 2004, S.16). Bei diesen Pegelmessern wird ein Schwimmer verwendet, der durch ein über Rollen geführtes Stahlseil verbunden wird. Über eine Umlenkrolle werden die Bewegungen des Schwimmers an ein Schreibwerk weitergeleitet (Maniak 2005, S.55). Der Zulauf zum Schwimmerschacht wird so gelegt, dass der Pegel bei Höchst- und Niedrigstwasserständen immer noch in der Lage ist die Veränderungen zu messen (Vgl. Pegeldeutschland). 26
2.16. Schreibpegelstation (Dyck (1995), S. 91.) 2.4.3. Der Druckpegel Druckpegel werden in Bayern nun seit über zwei Jahrzehnten verwendet. Ihr Vorteil liegt in der freien Wahl des Gerätestandorts, welcher bis zu 200 Meter weit vom betrachteten Gewässer entfernt sein kann. Sie basieren auf dem sogenannten Einperlverfahren, bei welchem Druckluft durch eine dünne Leitung in das Wasser eingespeist wird. Der benötigte Druck entspricht dem Wasserdruck über der Öffnung der Leitung (LfU Wasserstandsmessung). Mit sinkendem oder steigendem Wasser- stand verändert sich der Wasserdruck und führt zu einer Veränderung im benötigten Druck. Diese Druckänderungen werden an eine Schreibfeder übertragen. Alternativ zum Einperlverfahren können Drucksonden verwendet werden welche mittels einer Druckmembran den Wasserdruck messen und in einem Datensammler speichern (LfU Wasserstandsmessung). 2.4.4. Das Wasserstandsradar Der Wasserstandsradar, auch Pulsradar genannt, verwendet Mikrowellen-Impulse und misst die Laufzeit zwischen Senden und Empfangen der Pulse, welche an der Wasseroberfläche reflektiert werden. Die Laufzeit ist proportional zur Entfernung zwischen Sender und Wasseroberfläche. Der Messbereich solcher Pegel liegt zwischen 0 und 35 Meter. Die Impulse im Bereich von 5,8 GHz werden von Temperatur, Wind, Regen und Schnee nicht beeinflusst (Wyder 1998, S.61). 27
2.4.5. Mobile Pegelmessung Da die oben beschriebenen Methoden der Wasserstandsbestimmung stationär und mit hohem Einrichtungsaufwand verbunden sind, bieten sie sich lediglich bei kontinu- ierlichen Durchflussmessungen an. Im Falle der einmaligen Messung lohnt sich derar- tiger Aufwand nicht und nur sehr selten steht ein nichtregistrierender Pegel an genau der benötigten Stelle zur Verfügung. Hier kann man auf den Einsatz von Systemen der Fernerkundung mit Satelliten zurückgreifen. Mit Hilfe dieser Geräte können die Koor- dinaten der beiden Ufer an der Wasserkante ermittelt und daraus auf den Wasserstand des Gewässers geschlossen werden. Leider kann selbst bei idealen Bedingungen nur eine maximale Messgenauigkeit von ±10 cm erreicht werden (Morgenschweis 2010, S.85). Bereits bei bewölktem Himmel oder Messungen unter Bäumen kann diese Genauigkeit aufgrund der gestörten Verbindung zu den Satelliten drastisch sinken. 2.5. Berücksichtigung der Messunsicherheiten Grundsätzlich weicht jeder gemessene Wert von dem tatsächlich untersuchten Zustand ab, sodass es Aufgabe des Messpersonals ist, diese Fehler so gering wie möglich zu halten (LfU, Krämer 2002, S.34). 2.5.1. Systematische Fehler Unter systematischen Abweichungen versteht man alle Abweichungen, die aus der „angewandten Messmethode, dem Messgerät oder der Vorgehensweise des Personals“ (LfU, Krämer 2002, S.34) resultieren. Diese können auch durch mehrere Messungen nicht beseitigt werden. Bei einwandfrei funktionierenden Geräten und einer sorgfältigen Bedienung sollten derartige Abweichungen unter 1% liegen (LfU, Krämer 2002, S.34). Ein Wert wird durch systematische Fehler unrichtig (Gräber TUD, S.185). 28
2.5.2. Zufällige Fehler Zufällige Abweichungen entstehen durch unvermeidbare Einflüsse technischen oder natürlichen Ursprungs auf die Messung (LfU, Krämer 2002, S.34). Da diese sich stetig verändern, kann man durch mehrfache Durchführung der Messung und anschließende Mittelung der Ergebnisse diese Fehler möglichst geringhalten (LfU, Krämer 2002, S.34). Durch zufällige Fehler wird die Messung unsicher (Gräber TUD, S.185). 2.5.3. Ausgleich der Messfehler Systematische Fehler lassen sich nur durch ausreichend geschultes Personal, Vergleichsmessungen mit anderen Geräten und Personen sowie regelmäßiger Kalib- rierung der Messgeräte weitestgehend geringhalten (LfU, Krämer 2002, S.34). Anders verhält es sich bei den zufälligen Fehlern. Diese oftmals als statistische Fehler bezeichneten Abweichungen werden in der Regel als normalverteilt angenommen und mit den Mitteln der Statistik behandelt. Hierzu werden mehrere Messungen benötigt, aus denen anschließend das arithmetische Mittel gebildet wird (Gräber TUD, S.195). 1 ̅ = ∗ ∑ =1 Dies liefert die beste Schätzung für den gesuchten Wert xwahr. Um eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit treffen zu können, mit welcher ein Messwert dem arithmeti- schen Mittel entspricht, bestimmt man aus der Streuung der Ergebnisse die Stan- dardabweichung und den Variationskoeffizienten. 1 =√ ∗ ∑( − ̅ )2 −1 =1 = ∗ 100% ̅ 29
Liegt eine endliche Zahl an Messergebnissen vor, so kann der wahre Wert in einem Bereich xwahr = x̅ ± Δx angenommen werden. ∆ = √ Zusätzlich muss die Streuung aus den Unsicherheiten der Messfehler berücksichtigt werden, welche man mit Hilfe der t- / Student-Verteilung annimmt. Durch die Verknüpfung der Standard-Abweichung mit dieser Verteilung erhält man die Wahr- scheinlichkeit, mit welcher xwahr in dem Vertrauensbereich x̅ ± t * Δx liegt. Die Werte für die t-Verteilung werden mittels der Anzahl der Messungen aus Tabelle 2.1. für die gewünschte Sicherheit P bestimmt (Gräber TUD, S.197ff). 2.17. t-Werte der Student-Verteilung in Abhängigkeit der Genauigkeit (Quelle: TU Ilmenau, S.3.) 30
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