Editorial Sandra Plontke, Astrid Utler & Carlos Kölbl - ZEITSCHRIFTENARCHIV - Psychosozial-Verlag

 
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Editorial Sandra Plontke, Astrid Utler & Carlos Kölbl - ZEITSCHRIFTENARCHIV - Psychosozial-Verlag
ZEITSCHRIFTENARCHIV

Sandra Plontke, Astrid Utler & Carlos Kölbl
Editorial

                psychosozial
                43. Jahrgang, Nr. 2, 2020, Seite 5–15
                Psychosozial-Verlag
                DOI: 10.30820/0171-3434-2020-2-5

                                                        26406
Impressum
psychosozial
43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
https://doi.org/10.30820/0171-3434-2020-2
ISSN (Print-Ausgabe): 0171-3434 · ISSN (Online-Ausgabe): 2699-1586
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142     psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
Bilderfluten
                    und die psychosoziale Rolle
                            des Bildes
                                              Editorial
     psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160) 5–15
     https://doi.org/10.30820/0171-3434-2020-2-5
     www.psychosozial-verlag.de/ps

     Zusammenfassung: Dieses Editorial leitet in ein Schwerpunktheft ein, das mit seinen Beiträgen
     auf das nicht selten mit dem Schlagwort »Bilderflut« bezeichnete Phänomen der Omnipräsenz
     von Bildern in unterschiedlichen Bereichen menschlichen Lebens interdisziplinär Bezug nimmt
     und dabei immer auch auf die psychosoziale Rolle von Bildern und den mit ihnen verbundenen
     Bildpraktiken fokussiert. In den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften haben Bilder in dra‐
     matischer Unterschätzung ihrer ganz eigenen Potenzialität lange Zeit vorwiegend zur Illustration
     von Texten gedient, ein Defizit, auf das dieses Heft reagiert. Für eine weitere Kontextualisie‐
     rung der Beiträge wird zunächst die viel bemühte Metapher der »Bilderflut« diskutiert, sodann
     auf die ikonische Verfasstheit des Menschen und die Rolle von Bildern für dessen Selbst-
     und Weltverständnis hingewiesen, sowie auf die Potenzialität ikonischer Kommunikation und
     (Selbst‑)Artikulation. Abschließend wird das Verhältnis von Sprache und Bild in den Blick ge‐
     nommen und der sich im Horizont einer Logozentrismuskritik entfaltende iconic und pictorial
     turn mit seinen jeweiligen Annahmen.

     Schlüsselwörter: Bilderfluten, Ikonizität, iconic turn, pictorial turn, Bildpraktiken, Mediatisie‐
     rung, Bildwissenschaft, Visual Culture

     »Wir haben kaum mehr die Wahl zwischen             en – die vermutlich aus dem Jungpaläolithikum
     Bildern und einer bildlosen Erfahrung, weil        stammenden Höhlenbilder von Lascaux bezeu‐
     wir es mit dem weltumspannenden Netz einer         gen das eindrucksvoll –, haben Bilder für den
     unbegrenzten Bildproduktion zu tun haben,          Menschen eine wichtige Rolle gespielt, wobei
     der wir kaum noch entfliehen können.«              das Herstellen und die Verwendung von Bildern
        Hans Belting (Das echte Bild, 2006, S. 18)      als anthropologische Universalie und Konstante
                                                        gelten kann (siehe hierzu etwa Patrick Krügers
Den Menschen als ein vernunft- und sprachbe‐            Beitrag in diesem Heft). So sei der Mensch,
gabtes Wesen zu verstehen, darüber herrschte            wie Hans Jonas, ein Mitbegründer der Bildan‐
bereits lange vor dem linguistic turn (Rorty,           thropologie, konstatiert, ein homo pictor, ein
1967) Einigkeit. Die ikonische Verfasstheit des         bildschaffendes und bildgebrauchendes Wesen
Menschen scheint hingegen weniger selbstver‐            (Jonas, 1994 [1973]).
ständlich. Doch der Mensch denkt, lebt und
kommuniziert nicht einzig im Modus der Spra‐
che. Zwar ist er unzweifelhaft ein zoon logon           »Bilderfluten«?
echon, aber er ist eben auch mehr oder zumin‐           Ein neues altes Phänomen
dest noch etwas anderes als das: Seit seinen frü‐
hesten Anfängen, nachweislich spätestens seit           Die Geschichte der Bilder, ihre Herstellung, ihr
dem Aufkommen der Fels- und Höhlenmalerei‐              Gebrauch und ihre Distribution ist so alt wie
                                                      © Psychosozial-Verlag, Gießen • www.psychosozial-verlag.de   5
Schwerpunktthema: Bilderflut

die Menschheitsgeschichte selbst und dennoch,       men wird, zeigt jedoch, dass es Phänomene
so scheint es, leben wir in einem Zeitalter, das    der Bilderflut durchaus schon früher gegeben
stärker denn je von Bildern durchzogen ist, wie     hat, es sich also um kein ausschließlich »neu‐
das Eingangszitat des Kunsthistorikers Hans         zeitliches« Phänomen handelt. Was jeweils zu
Belting verdeutlicht. Weltweit sind Menschen        einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten
tagtäglich mit einer Vielzahl an Bildern kon‐       Ort, von bestimmten Personen als »Bilderflut«
frontiert: Smartphones, die mit Kameras aus‐        wahrgenommen und erfahren wird, und wie
gestattet sind, ermöglichen jeder*m, jederzeit      man bestimmten Bildern überhaupt begegnet,
Fotos oder Videos aufzunehmen, zu bearbei‐          beispielsweise mit einem Gefühl der Sättigung
ten und zu verbreiten. Internetplattformen wie      und des Überdrusses, oder ob man sie gar
Instagram leben davon, dass die Menschen die        als Bedrohung empfindet, wie Menschen sich
gemachten Bilder im Anschluss online stellen,       schließlich gegenüber dem Phänomen Bild po‐
mit anderen teilen, gemeinsam betrachten und        sitionieren, all das ist stets auch eine psycho‐
erörtern, beurteilen und vielleicht verändern.      soziale Frage, deren Beantwortung dem sozio-
Alle, die gängige Free-Mailprogramme nutzen,        historischen wie kulturellen Wandel unterliegt.
sehen sich mit Bildern in Form von Werbung          Dabei scheinen Bilderfluten das Resultat (kul‐
konfrontiert, und schließlich sind die Interfaces   tur‑)technischer Neuerungen und Erfindungen
von derartigen und anderen Softwareprogram‐         zu sein, die es allerdings immer schon in je
men selbst aus einer Vielzahl visueller Ele‐        unterschiedlichen Ausformungen gegeben hat
mente komponiert. Diese Beispiele könnten           und wohl immer geben wird. Medientechni‐
beliebig fortgeführt werden und illustrieren die    sche Innovationen – schon vor der Erfindung
Omnipräsenz von Bildern in unterschiedlichen        der Lithografie und der Fotografie –, etwa der
Bereichen menschlichen Lebens.                      Buchdruck oder Bilddruckverfahren wie der
    Dieses Phänomen findet nicht selten in der      Holzschnitt, der Kupferstich oder die Radie‐
Metapher der »Bilderflut« seinen Ausdruck.          rung, haben in der Vergangenheit zu einer mas‐
Auf den ersten Blick sind solche diagnosti‐         senhaften Herstellung und Verbreitung von Re‐
schen Bezeichnungen naheliegend und mehr            produktionsgrafiken geführt, die unter anderem
als gerechtfertigt. Kaum eine*r wird anzwei‐        einen visuellen Transfer von Wissen ermög‐
feln wollen, dass im Reigen massenmedialer          lichten und zu einer Popularisierung von zuvor
Spektakel die Menge an Bildern und ihre Zir‐        exklusiven Bildern beigetragen haben (Würg‐
kulation insbesondere in den letzten zehn bis       ler, 2013). Waren zum Beispiel kostspielige
fünfzehn Jahren rapide zugenommen hat und           Ölbilder Unikate und lediglich einer Elite vor‐
sich in vielen gegenwärtigen – vor allem digital    behalten, so konnten mit den spätestens seit dem
vermittelten – Bildpraktiken ein inflationärer      15. Jahrhundert entwickelten, neuen Repro‐
Gebrauch, ein zum Teil unreflektierter Konsum       duktionsverfahren kostengünstigere Kopien der
und manipulative Effekte von Bildern abzeich‐       Werke hergestellt und der weiteren Öffentlich‐
nen. Kritisch betrachtet mag die Metapher der       keit zugänglich gemacht werden (ebd., S. 31).
»Bilderflut« aber auch etwas plakativ erschei‐      Aber auch zu propagandistischen Zwecken, wie
nen, suggeriert sie doch zum einen, dass Bil‐       etwa zur Vervielfältigung und Verbreitung re‐
derfluten etwas gänzlich Neues seien bzw. eine      formatorischen Gedankenguts, wurden Bilder
Erfahrung darstellen, die lediglich den im Zeit‐    beispielsweise in Form satirischer Flugschrif‐
alter der Mediatisierung und Digitalisierung        ten unter die Menschen gebracht. Von Martin
lebenden Subjekten vorbehalten ist. Zum ande‐       Luther lässt sich wie wohl von kaum einem
ren impliziert der Begriff der Bilderflut, dass     anderen sagen, dass er seine schnelle Karrie‐
sich der Mensch dieser Flut an Bildern kaum         re mithilfe der damaligen Printmedien gemacht
erwehren und sich dadurch sogar bedroht füh‐        hat, insbesondere durch den Einsatz von bissi‐
len könnte.                                         gen, sich gegen Papst und Kirche wendenden
    Ein Blick in die Geschichte, wie er etwa        Flugblättern (vgl. Tieke, 2016). Ob die Zeit‐
in diesem Heft von Patrick Krüger unternom‐         genoss*innen des Wittenberger Theologen die
6   psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
S. Plontke, A. Utler & C. Kölbl: Bilderfluten und die psychosoziale Rolle des Bildes

Flugblätter als Flutblätter empfunden haben,       der Musik oder dem Tanz stellen Bilder ein
dem wäre weiter nachzugehen; abwegig er‐           wichtiges Medium der Selbstartikulation der
scheint dies keinesfalls.                          Person dar. Bilder haben Anteil an der Bil‐
    Und wie steht es um die mit dem Begriff        dung und Auseinandersetzung mit der eigenen
der Bilderflut suggerierte Bedrohung durch die     Identität, mit den eigenen Erwartungen, Erfah‐
Bilder, denen wir uns scheinbar nicht erweh‐       rungen und Orientierungen (siehe Straub et al.,
ren können, die sich uns gleichsam aufzwingen      2020). Denkt man darüber hinaus an nicht-ma‐
und sich in unsere Retina brennen, bevor wir       terielle Bilder, das heißt an mentale Bilder wie
überhaupt die Augen vor ihnen verschließen         Erinnerungen, Ideen, Vorstellungsbilder, Träu‐
können? Der*die Einzelne hat stets die Mög‐        me und Fantasien (für eine Klassifizierung in
lichkeit, sich der Flut an Bildern, wie auch       unterschiedliche Bildtypen und ihre Funktio‐
immer geartet, zumindest ein Stück weit zu         nen siehe Mitchell, 2008; für ein empirisches
entziehen oder sich irgendwie dazu zu ver‐         Beispiel siehe Utler, 2017), so zeigt sich auch
halten (sie zu kritisieren, zu verändern, sie      hier, dass die Art, sich zu sich selbst zu ver‐
weniger zu konsumieren und so weiter). Nie‐        halten und in Beziehung zu seinem eigenen
mand ist beispielsweise dazu verpflichtet, sich    Inneren zu treten, häufig im Modus des Ikoni‐
einen Instagram-Account anzulegen oder Ins‐        schen operiert (vgl. Plontke, 2020; Plontke et
tagram zu nutzen. Niemand muss ein Smart‐          al., 2020).
phone verwenden und damit Bilder oder Vide‐             Sprache stellt damit immer nur einen Mo‐
os aufnehmen. Der kommerziellen Einführung         dus der Erfahrungsbildung und eine Art zu
von Fernsehgeräten und alltäglichen -sendun‐       wissen, lediglich ein Register menschlicher Ar‐
gen im geteilten Deutschland vor etwa sieben       tikulation und Kommunikation dar. Vieles, was
Jahrzehnten folgten die kulturkritischen Emp‐      gesagt werden kann, lässt sich auch in anderen
fehlungen, dieses bildintensive Medium mit         Medien kommunizieren (eine Verkehrsregel et‐
Bedacht oder gar nicht zu nutzen auf den Fuß.      wa lässt sich auch in einem Verkehrsschild
Individuen haben und nutzen die Möglichkeit,       symbolisieren, ein wortreicher Befehl auch mit
sich zu (gängigen) Bildpraktiken zu positionie‐    einer knappen Geste kommunizieren). Vieles,
ren, so auch in diesem Band. Abigail Nieves        das nicht gesagt werden kann, da es sich der
dekonstruiert beispielsweise die Praktik biome‐    diskursiven und linearen Ordnung der Spra‐
trischer Bildverfahren. Sandra del Pilar zeigt     che entzieht, findet seinen Ausdruck oftmals in
auf, wie künstlerische Bilder ihrerseits dazu      Form einer »präsentativen Symbolik«, zu der
beitragen können, Bilder des Kollektivwissens      nach Susan K. Langer insbesondere auch Bilder
in neue Kontexte zu setzen. Marc Dietrich und      beitragen (Langer, 1979 [1942]). Es ist unter
Günter Mey begegnen dem Phänomen Bild              anderem die Simultanität, die Bilder und das
mit der Entwicklung eines methodisch kontrol‐      in und mit ihnen Dargestellte oder Mitgeteilte
lierten Verfahrens der Bildanalyse und Sabine      kennzeichnet und von der Linearität der sprach‐
Moller zeigt, wie filmische Narrative zur Kon‐     lichen Logik abgrenzt. Die Möglichkeit, etwas
struktion von (Familien‑)Geschichte beitragen      ausdrücken zu können, was sich in Worten nicht
können.                                            sagen und vermitteln lässt – weil die Botschaft
                                                   und das Medium inkommensurabel sein kön‐
                                                   nen –, zeichnet Bilder aus. Wir alle kennen das,
Zur ikonischen Verfasstheit                        zum Beispiel wenn es um die Artikulation des
des Menschen                                       eigenen Inneren geht – von kaum in Worte zu
                                                   fassenden Gefühlen etwa – oder darum, hilfrei‐
Von jeher spielen Bilder also eine wichtige Rol‐   che Abbreviationen komplexer Phänomene und
le im Leben des Menschen, für dessen Selbst-       unüberschaubarer Sachverhalte zu finden. Hier
und Weltverständnis, für die Beziehung zu sich     sagen Bilder oftmals viel schneller und dich‐
selbst und zu anderen. Neben der Sprache und       ter einfach mehr oder auch etwas Anderes als
anderen Ausdrucksformen wie zum Beispiel           es tausend Worte vermögen. Gottfried Boehm
                                                              psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)   7
Schwerpunktthema: Bilderflut

spricht ferner von dem Moment der Deixis,           Köhnen & Plontke, 2018; zum kulturpsycholo‐
das der Potenzialität des Ikonischen innewoh‐       gischen Verständnis der Ko-Konstitution von
ne, und konstatiert (Boehm, 2007, S. 39): »Die      Kultur und Psyche siehe etwa Chakkarath &
Macht des Bildes bedeutet: zu sehen geben, die      Straub, 2020).
Augen zu öffnen. Kurzum: zu zeigen.« Dieses             In dieser Perspektive sind menschliche Kul‐
Zeigen, so Boehm (ebd., S. 19), sei immer ein       turen mitsamt ihren selbstreflexiven Bemühun‐
doppeltes: Bilder zeigen in diesem Sinne im‐        gen aufs engste auch mit Bildern verwoben,
mer sich selbst, verweisen aber auch stets über     womit die Frage nach dem Bild stets auch die
sich hinaus und geben den Blick frei auf et‐        Fundamente menschlichen Lebens und Daseins
was jenseits ihrer selbst, womit sie für den*die    berührt und neue Anforderungen an diejenigen
Betrachter*in Abwesendes anwesend machen            Wissenschaftsdisziplinen stellt, die sich der Er‐
(siehe hierzu del Pilar in diesem Heft). Dieser     forschung des Menschen, seiner Kultur(en) und
Aspekt spiegelt sich auch in Boehms Idee der        seiner Praxen widmen.
»ikonischen Differenz«, die sich unter anderem
durch ein spielerisches »Spannungsverhältnis«
und einen Kontrast von »Sichtbarem und Un‐          Sprache und Bild
sichtbarem« (Boehm, 2007, S. 210) konstitu‐
iert.                                               Trotz der nicht zu leugnenden großen Bedeutung
    Als ein Mittel sozialer Kommunikation           von Bildern für den Menschen und ihrer ins‐
sind Bilder schließlich auch ein wichtiger Ka‐      besondere im Zuge gegenwärtiger Mediatisie‐
talysator und ein Vehikel für Prozesse der          rungs- und Digitalisierungsprozesse stetig wach‐
Vergemeinschaftung (siehe hierzu auch Diet‐         senden Relevanz in diversen gesellschaftlichen
rich und Mey in diesem Heft). Menschen              Lebensbereichen, die bereits Walter Benjamin
produzieren, reproduzieren und distribuieren        (1991 [1936]) mit der Möglichkeit der »techni‐
Bilder bzw. bestimmte Bildtypen und Bildmo‐         schen Reproduzierbarkeit« beschrieb, kann sich
tive, um mit anderen Beziehungen einzugehen,        das Bild jedoch nur schwer aus dem Schatten
Bindungen zu pflegen oder einfach in Aus‐           der Sprache befreien. Angesichts der vielfältigen
tausch zu bleiben. Neben vergemeinschaften‐         Verquickungen von Sprache und Bild scheint
den oder sozial-integrativen Funktionen kön‐        dies auch weder ganz möglich noch sinnvoll zu
nen Bilder auch gegenteilige Funktionen erfül‐      sein. Bilder sind immer auch mit Sprache, mit
len: Konflikte und Krisen können ebenso auf         Worten, Texten und ganzen Narrativen einer Per‐
ihr Konto gehen. Um ihre sozialen, kommuni‐         son, einer Gruppe, Gesellschaft oder Kultur ver‐
kativen Dienste erweisen zu können, sind sie        bunden und unterhalten komplexe Beziehungen
auf aktive, kompetente Nutzer*innen angewie‐        untereinander, worauf beispielsweise in kultur‐
sen. Menschen bilden im Laufe ihrer medialen        semiotischer Perspektive unter anderem Roland
und medientechnischen Sozialisation spezifi‐        Barthes (1972) und Umberto Eco (1987) hinge‐
sche Modi und Praktiken des Sehens bzw.             wiesen haben, wenn sie sich auf die narrative
bestimmte Sehkonventionen und -ordnungen            Eingebundenheit und sprachliche »Hinterfan‐
aus (für das Phänomen der »Selfies« siehe           genheit« von Bildern beziehen (vgl. Köhnen &
Ullrich, 2019). Die vom Menschen gemach‐            Plontke, 2018). Dass sich dieses Band zwischen
ten Bilder wirken auch immer auf ihn selbst,        Sprache und Bild kaum durchtrennen lässt, kul‐
auf seine Wahrnehmung und sein Erleben zu‐          miniert schließlich in der Tatsache, dass sich
rück. Wie wir die Welt sehen, was für ein Bild      über Bilder sprechen lässt, was wir bekanntlich
wir uns von uns selbst und von anderen ma‐          unentwegt tun – auch in diesem Heft.
chen, ist damit bereits durch die Bilder, die           Es muss in den Subjekt-, Sozial- und Kul‐
wir schaffen und die uns umgeben, gerahmt.          turwissenschaften also darum gehen, die Un‐
Bilder als Teil unserer Kultur sind somit auch      terschiede zwischen Sprache und Bild systema‐
immer konstitutiv für das psychische Erleben        tisch zu erfassen und anzuerkennen, wobei sich
des Einzelnen (siehe Plontke, 2020; siehe auch      beim Phänomen Bild ein stärkerer Nachholbe‐
8   psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
S. Plontke, A. Utler & C. Kölbl: Bilderfluten und die psychosoziale Rolle des Bildes

darf diagnostizieren lässt. Das gilt in besonderer   che bzw. Texte (etwa in den Subjekt- und
Weise für die Psychologie.                           Sozialwissenschaften in Form von Fragebögen
    Die Mediengeschichte beginnt in aller Re‐        und Interviews) und deren Analyse das episte‐
gel mit der Sprache und nicht mit dem Bild           mische Einfallstor zum Subjekt und zu Phäno‐
(Hörisch, 2001). Die Sprache ist Mittel der          menen, Prozessen und Praktiken gesellschaft‐
Erkenntnis, nicht etwa das Bild, das – nach          lichen Zusammenlebens darstellen. Vor die‐
»konventioneller« Auffassung – vielmehr da‐          sem Hintergrund konturiert sich sodann auch
zu neigt, jegliche wahre Erkenntnis aufgrund         das Bemühen einer am Menschen sowie an
seiner Unbestimmtheit, Polyvalenz und seines         seiner Lebenswelt und seinen Praktiken in‐
semantischen Überschusses zu verhüllen oder          teressierten Wissenschaft, Sprache kritisch zu
zu vereiteln. Bildern wurde, blickt man in die       reflektieren und – methodisch – zu kontrollie‐
etablierte Mediengeschichte, eher eine obskure       ren.
Macht zugesprochen. Bereits Platon, der als ei‐          Einen der Höhepunkte, Sprache und ins‐
ner der ersten Medienkritiker angesehen werden       besondere ihre Funktion als Erkenntnismittel
kann, schreibt den Bildern in seiner Ideenlehre      infrage zu stellen, bildet sicherlich das Un‐
einen trügerischen Charakter zu. Auch die grie‐      terfangen einer analytischen Philosophie, wie
chischen Wurzeln des Begriffes »Bild« verraten       sie sich im Tractatus logico-philosophicus des
dies. So bezeichnet das Wort »eidolon« im Grie‐      frühen Ludwig Wittgenstein (1997a [1921])
chischen nicht nur das Bild oder Abbild, son‐        und im logischen Empirismus des Wiener
dern es steht auch für das »Trug‑«, »Schatten‑«      Kreises zeigte und im Desiderat einer »Philo‐
und »Scheinbild«. Tendenziell ließen sich auch       sophie der idealen Sprache« ihren Ausdruck
die Ikonophobie und der Ikonoklasmus mo‐             findet. Dabei ging es darum, mittels Analy‐
notheistischer Religionen hier einordnen, wie        se und formaler Logik den Unschärfen und
sie sich beispielsweise im alttestamentarischen      Unklarheiten der Sprache und der Philoso‐
Bilderverbot im Buch Exodus oder im byzanti‐         phie beizukommen und sich dieser Unzuläng‐
nischen Bilderstreit darstellen. Dem Wort wird       lichkeiten zu entledigen oder sie zumindest
Wahrheit, dem Bild eine Scheinhaftigkeit attes‐      einzuhegen. Das war ein sehr ambitionier‐
tiert.                                               tes und letztlich uneinlösbares Vorhaben, von
    Der Weg zur Wahrheit und Erkenntnis führt        dem sich unter anderem Wittgenstein in sei‐
über das Wort bzw. über sprachliche Formen,          nen späteren Philosophischen Untersuchun‐
denen gegenüber dem Bild eine epistemische           gen distanzierte (Wittgenstein, 1997b [1953]).
Vorrangstellung eingeräumt wird.                     An die Stelle der Idee einer idealen formalen
    In den Subjekt-, Sozial- und Kulturwissen‐       Sprache rückte dann eine »praxeologische«
schaften gilt nach wie vor der Text als Primär‐      Perspektive, welche die Alltagssprache und
medium, als erste Quelle wissenschaftlicher          ihren situativen Gebrauch – die in Lebensfor‐
Analysen. Entsprechend sind der wissenschaft‐        men eingebetteten Sprachspiele – sowie ihre
lichen Auseinandersetzung sodann auch Texte          Deskription und Analyse in den Fokus rück‐
vertrauter als Bilder. Textanalytische Verfah‐       te.
ren sind beim heutigen Stand der Methoden‐               An diese praxistheoretischen Überlegungen
entwicklung vielfältiger und elaborierter. Das       knüpfen dann auch Ansätze der Sozialwissen‐
verwundert auch nicht weiter, wenn »die Welt         schaften an, beispielsweise die Ethnomethodo‐
als Text« (vgl. Garz & Kraimer, 1994; Bach‐          logie Garfinkels oder die von ihr informier‐
mann-Medick, 1996) und das menschliche Da‐           te praxeologische Wissenssoziologie und ih‐
sein als eine im Wesentlichen sprachlich struk‐      re qualitativ-empirische Forschungsmethodo‐
turierte Angelegenheit verstanden wird. Wenn         logie, die sich nicht mehr nur alltagssprachli‐
menschliches Denken, Wahrnehmen und Erle‐            chen Phänomenen, sondern auch Bildern des
ben sowie menschliche Erfahrungen und Er‐            Alltags und ihrem spezifischen modus ope‐
kenntnis sprachlich verfasst sind, so liegt in       randi zuwendet (Bohnsack, 2011; Przyborski,
dieser Annahme a priori begründet, dass Spra‐        2018).
                                                               psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)   9
Schwerpunktthema: Bilderflut

Pictorial und iconic turn                             kurz skizziert – dem Medium Sprache wi‐
                                                      derfahren). Ein weiteres Desiderat der Aus‐
Bei all dem Interesse, das dem Text zukam und         einandersetzungen mit dem Phänomen Bild
nach wie vor zukommt, dürfen die insbesondere         ist es schließlich, dieses als eigenständiges
seit den 1990er Jahren durch die Ausrufung ei‐        Erkenntnismittel zu begreifen und in seiner
nes pictorial (Mitchell, 1992) bzw. iconic turn       heuristischen Potenzialität ernst zu nehmen.
(Boehm, 1994) aufgekommenen Bemühungen                Dieser letzte Aspekt findet sich insbesonde‐
der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften        re in den Analysen wissenschaftlicher und
nicht unbeachtet bleiben. Ungeachtet aller Un‐        medizinischer Bildpraktiken und hier speziell
terschiede im Einzelnen hat man sich seither          im Bereich sogenannter bildgebender Verfah‐
verstärkt auch dem Medium Bild zugewandt.             ren (zum Beispiel Burri, 2008). Bilder – und
Beide »Wenden« kritisieren den insbesonde‐            zwar meistens hoch artifizielle, nicht selten
re tief in der sprachanalytischen Philosophie         an Kunstwerke erinnernde visuelle Artefakte,
wurzelnden Logozentrismus und die Annah‐              die, je künstlicher sie sind, desto natürlicher
me, dass jede Form menschlicher Erkenntnis            erscheinen (Bredekamp et al., 2013) – wer‐
als ein Problem sprachlicher Logik aufzufassen        den hier zu Katalysatoren von Erkenntnis,
sei.                                                  zu epistemischen Werkzeugen, die allerdings
     Galt lange Zeit die Kunstgeschichte (vertre‐     die Phänomene, die erforscht werden, nicht
ten etwa durch Erwin Panofsky, Max Imdahl             etwa neutral, objektiv oder positivistisch-re‐
und Aby Warburg) mit ihrem umfangreichen              präsentativ abbilden, sondern aktiv herstel‐
methodischen, theoretischen und terminologi‐          len (Bredekamp, 2004; Rheinberger, 2006).
schen Repertoire als Leitdisziplin, wenn es um        Im Rahmen dieser Bildpraktiken rücken dann
Bilderfragen ging, so hat sich aus dieser her‐        auch die medialen bzw. materiell-apparativen
aus und zunächst in enger Verbindung mit der          Konfigurationen von Ikonizität und Erkennt‐
Philosophie (etwa mit der Hermeneutik Hans-           nis verstärkt in den Fokus. Dasselbe gilt für
Georg Gadamers) im deutschsprachigen Raum             die Beobachtung, wie Technologien und die
eine interdisziplinär ausgerichtete Bildwissen‐       mit ihnen hergestellten Bilder an Praktiken
schaft zu etablieren begonnen, die heterogene         des Sehens sowie an der Ausbildung von
visuelle Phänomene in den Blick nimmt und             Sichtbarkeits- und Wissensordnungen partizi‐
sich neben der Frage nach dem Bild selbst,            pieren, das heißt wie sie diese orchestrieren
seiner Ontologie und Eigengesetzlichkeit, auch        und modellieren. Die politischen Implikatio‐
der Produktion, Rezeption und Distribution von        nen derartiger und ähnlicher Bildpraktiken
Bildern zuwendet (Sachs-Hombach, 2005; Bel‐           dürften auf der Hand liegen (siehe hierzu den
ting, 2001). Das geschieht mit dem Ziel, diese        Beitrag von Abigale Nieves in diesem Heft).
Praxen und ihre Ergebnisse und Folgen syste‐          Ähnliche und ergänzende Bemühungen wie in
matisch zu erfassen und theoretisch aufzuarbei‐       der bislang erwähnten Bildwissenschaft (im
ten.                                                  deutschsprachigen Raum) finden sich auch
     Auch die Entwicklung von methodisch              in den im angelsächsischen Sprachraum be‐
kontrollierten Zugängen zum Bild, wie sie             heimateten Cultural und Visual Studies (Mir‐
sich mit der ikonischen Wende insbesonde‐             zoeff, 1999), deren Fragen sich aber dezidier‐
re in der qualitativen Sozialforschung zeigt          ter an der politischen Dimension von Alltags-
(siehe Dietrich und Mey in diesem Heft),              bzw. Bildpraktiken und visueller Kultur ge‐
stellt eine symptomatische Reaktion auf die           nerell orientieren. In diesem Kontext steht
Allgegenwärtigkeit der Bilder dar. So kon‐            auch der von Mitchell proklamierte pictori‐
statiert Bachmann-Medick (2006, S. 333),              al turn, wohingegen der iconic turn Boehms
dass es eines der Anliegen des iconic turns           den Impulsgeber für die deutschen Bildwis‐
sei, »die zunehmende Flut der Bilder durch            senschaften darstellt.
kritische Bildanalysen in den Griff zu be‐                Beeinflusst durch die kritische Theorie der
kommen« (ähnliches ist bereits – wie oben             Frankfurter Schule und den Poststrukturalis‐
10    psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
S. Plontke, A. Utler & C. Kölbl: Bilderfluten und die psychosoziale Rolle des Bildes

mus (Mitchell, 2007) stellen Vertreter*innen      fassen sich die hier versammelten interdiszipli‐
der Visual Studies ihre Frage nach dem Bild       nären Beiträge thematisch mit verschiedenen
und den Massenmedien nicht vom Bild selbst        Bildphänomenen (so werden bewegte wie stil‐
her, sondern im Kontext kultur- und gesell‐       le Bilder in den Blick genommen, darunter
schaftskritischer, hegemonialer und diskursi‐     filmisch vermittelte Bilder und Fotografien,
ver Medienanalysen. Sie interessieren sich        aber auch Bilder der Kunst) und -praktiken so‐
hierbei unter anderem für Politiken und Prak‐     wie Produktions- und Aushandlungsprozessen
tiken des Sehens, der (Un‑)Sichtbarmachung        von Bildern. Die in diesem Heft versammel‐
sowie für die materiellen und apparativen Di‐     ten Beiträge zeigen beispielhaft, wie Bilder
mensionen des Bildes (Boehm & Mitchell,           hergestellt, verwendet und rezipiert werden
2007). So konstatiert der unter anderem von       (können). Zudem illustrieren sie, dass es sich
Marshall McLuhan, Michel Foucault, Nelson         bei der Produktion und Rezeption von Bil‐
Goodman und Louis Althusser inspirierte Wil‐      dern letztlich nie um einseitige »Operationen«
liam J. T. Mitchell in einem Briefwechsel mit     (der Produktion und Rezeption), sondern stets
dem deutschen Protagonisten der ikonischen        um interaktive oder relationale Prozesse han‐
Wende, Gottfried Boehm, dass »[d]as Bild als      delt, da Bilder Aushandlungsprozesse ansto‐
komplexes Wechselspiel von Visualität, Appa‐      ßen oder nach sich ziehen und die Art, wie
rat, Institutionen, Diskurs, Körpern und Figu‐    Bilder rezipiert werden, eine (Rück‑)Wirkung
rativität« (Mitchell, 1997, S. 19) zu verstehen   auf die Produktion von Bildern hat und um‐
sei.                                              gekehrt. Die angesprochenen Aushandlungen
                                                  erfolgen auch auf einer Metaebene, in die‐
                                                  sem Heft in Form einer kritischen Reflexion
Zu den Beiträgen in diesem Heft                   der Gefahren, die mit bestimmten Bildprakti‐
                                                  ken einhergehen können (vgl. Nieves) sowie in
Vor dem oben skizzierten jüngeren Diskurs‐        Form einer Auseinandersetzung mit der Fra‐
horizont ist auch das vorliegende Schwer‐         ge, wie ein methodisch kontrollierter Zugang
punktheft zu verorten: Unter dem eingangs         zum Bild aussehen könnte (vgl. Dietrich und
diskutierten Schlagwort der »Bilderflut« wid‐     Mey).
met sich das Heft dem Phänomen der Omni‐              Den Anfang macht Patrick Krügers Bei‐
präsenz von Bildern in unterschiedlichen Be‐      trag »Vom Kultbild zum Stifterkult. Wie Bilder
reichen menschlichen Lebens (in diesem Heft       zur Konstruktion religiöser Stifterfiguren bei‐
beispielhaft in der digitalen Jugendkultur, in    tragen«. Darin wird deutlich, dass Bilderfluten
Kunst, Spiel- und Dokumentarfilmen sowie          weder ein bloß »westliches«, noch ein aus‐
in der Religion und der Politik). Dabei wird      schließlich neuzeitliches Phänomen darstellen.
der Versuch unternommen, eben diese Bil‐          Vielmehr reichen Bilderfluten zumindest bis
derflut interdisziplinär und aus verschiedenen    ins 1. Jahrhundert zurück, wie Krüger am Bei‐
Blickwinkeln zu kartieren, um das fragliche       spiel der Jaina-Religion in Indien nachzeichnet.
Phänomen in seiner Vielfalt offenbar werden       Der Autor skizziert in seinem Beitrag zudem ein
zu lassen und gleichzeitig diverse Umgangs-       Phänomen wechselseitiger Bild- und Schrift‐
und Positionierungsmöglichkeiten aufzuzei‐        beeinflussung, an deren Anfang jedoch nicht
gen.                                              die schriftliche Überlieferung, sondern das Bild
    Inhaltlich werden Fragen nach den psycho‐     stand: Wie er herausarbeitet, war es vermutlich
sozialen, identitäts- und orientierungsstiften‐   nicht die Legende vom Jina, die zur Produktion
den Funktionen von Bildern, ihrer epistemolo‐     von Bildern angeregt hat, sondern existieren‐
gischen und ihrer sinn- und bedeutungskonsti‐     de Jina-Bilder (die ursprünglich zur Verehrung
tuierenden Rolle sowie nach dem methodisch        der jainistischen Lehre dienten) lieferten den
kontrollierten Zugang zum Bild gestellt, wobei    Anstoß für die Entwicklung einer Jina-Legen‐
auch Fragen nach der Ontologie des Bildes und     de, die ihrerseits zu einer Vergottung des Jina
seiner Besonderheit berührt werden. Dabei be‐     beitrug.
                                                            psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)   11
Schwerpunktthema: Bilderflut

    Sandra del Pilar diskutiert in ihrem Beitrag      rendes gesellschaftliches Phänomen dar, wel‐
»Sehnsucht nach Leben. Die Konsequenzen ei‐           ches uns in unterschiedlichen Lebensberei‐
nes uralten Traums in der bildenden Kunst«            chen (etwa im institutionellen Kontext) und
die Medialität des Bildes. Dabei greift sie auf       in Alltagspraktiken begegnet, bei denen es
die Überlegungen des Philosophen und Kunst‐           um die Identifikation und Verifizierung per‐
theoretikers Arthur C. Danto zur Transparenz          sonaler Identität geht. Die rege Produktion
und Opazität von Bildern zurück (Danto, 2014          von Gesichtsbildern, ihre Verwendung, Dis‐
[1981]). Vereinfacht gesprochen verweist die          tribution und Interpretation untersucht Nieves
Opazität auf die Materialität, die Transparenz        unter Bezugnahme auf das Konzept der »Fa‐
auf die Repräsentanz des Bildes. Gerade in ei‐        cilization« von Deleuze und Guattari (1987),
nem Kontext – nämlich dem aktuellen Kontext           welches als mächtige politische und institu‐
von uns Heutigen –, in dem die Bildhaftig‐            tionalisierte Maschinerie Prozesse der Homo‐
keit von Bildern, mithin ihre materielle Ge‐          genisierung und Reproduktion von gleichen
bundenheit oder eben Opazität in Auflösung            Gesichtern durch die Nivellierung und Ein‐
begriffen zu sein scheint, beharrt die Auto‐          ebnung von Unterschieden beschreibt, indem
rin auf der unhintergehbaren Medialität des           diese Differenzen und schließlich die Identität
Bildes als der conditio sine qua non seiner spe‐      der Person selbst als normativ gefasst wer‐
zifischen ästhetischen, aber auch politischen         den. Technologien der Gesichtserkennung, ihr
und epistemischen Möglichkeiten, ohne die es          Gebrauch und die aus ihnen hervorgehenden
schlicht keine Transparenz geben könne. Ne‐           Bilder, so zeigt die Autorin, sind aufs Engs‐
ben solch begrifflich-konzeptuellen Klärungen         te mit Vermessungs-, Standardisierungs- und
in der Auseinandersetzung mit einschlägigen           Kategorisierungspraktiken verbunden, die zu
Autoren – wie Hans Belting, Max Imdahl                einer Limitierung, Reproduktion und Wieder‐
oder Gottfried Boehm – erfolgen auch spora‐           belebung von physiognomischen Annahmen
dische Ausflüge in die ältere Kunstgeschichte         und Beurteilungen (beispielsweise zu Schön‐
zur weiteren Untermauerung der Kernannah‐             heit, »Rasse«, Gefährlichkeit) führen und da‐
me des Textes. Den größten Teil nehmen aber           mit spezifische Macht- und Wissensordnungen
mit dem erarbeiteten begrifflich-konzeptuellen        generieren bzw. vorhandene Ordnungen stabi‐
Instrumentarium vorgenommene Beschreibun‐             lisieren und zu Diskriminierungen beitragen
gen von und Überlegungen zu Bildern aus der           können.
eigenen künstlerischen Praxis der Autorin ein.            Sabine Moller widmet sich in ihrem Beitrag
Diese Bilder bestehen aus mehreren bemalten           »Wie schreiben Filme (Familien-)Geschichte?
halbtransparenten Trägermaterialien, die so auf       Ein Essay zu den sozialen Bezugsrahmen von
eine ihrerseits bemalte Leinwand gespannt wer‐        populären Bewegtbildern« ausgewählten ge‐
den, dass Zwischenräume entstehen. Die sich je        schichtsmächtigen Spielfilmen, wie The Birth
nach Blickwinkel offenbarenden oder überde‐           of a Nation, der den amerikanischen Bürger‐
ckenden Bildanteile verleihen den Bildern – in        krieg behandelt, ferner aber auch der The‐
den Worten der Autorin – räumliche und tem‐           matisierung von Familiengeschichte unter do‐
porale Tiefe und Beweglichkeit, und es ist just       kumentarischen Gesichtspunkten, wie in der
die Transparenz ihres Materials, die ihre Opa‐        Dokumentation Familie Brasch aus dem Jahr
zität unterstreicht.                                  2017. Dies geschieht vor dem Hintergrund der
    Abigale Nieves begibt sich mit ihrem Bei‐         empirischen Erinnerungs- und Tradierungsfor‐
trag »Facial recognition technologies and the         schung und mit Konzepten aus der Visual His‐
new physiognomic era« in das Feld politisch-          tory. Im Durchgang durch Filme wie die eben
technologischer Bildpraktiken im Kontext bio‐         Erwähnten, aber auch einer Reihe weiterer,
metrischer Verfahren und befasst sich mit der         kann Moller unterschiedliche Erzählmuster und
Herstellung von Gesichtsabbildungen und -er‐          -schablonen sowie psychosoziale Funktions‐
kennungstechnologien. Der Gebrauch von Ge‐            weisen von Filmen, die (Familien‑)Geschichte
sichtserkennungssystemen stellt ein expandie‐         schreiben, herausarbeiten. Schlussendlich – so
12    psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
S. Plontke, A. Utler & C. Kölbl: Bilderfluten und die psychosoziale Rolle des Bildes

verdichtet die Autorin ihre Rekonstruktionen –      Literatur
geht es uns bei diesen Filmen weniger dar‐
                                                    Bachmann-Medick, D. (1996). Cultural turns. Neuorien‐
um zu erfahren, wie es »wirklich gewesen ist«.
                                                        tierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek: Ro‐
Vielmehr triumphiere unsere emotionale Be‐              wohlt.
dürftigkeit beständig über unseren empirischen      Barthes, R. (1972). Rhétorique de l’ image. In W. A. Koch
Realismus.                                              (Hrsg.), Strukturelle Textanalyse – Analyse du récit –
    Den Aufhänger für Marc Dietrichs und Gün‐           Discourse Analysis (S. 240–251). Berlin et al.: de
                                                        Gruyter.
ter Meys Beitrag »Perspektiven einer Audio‐         Belting, H. (2001). Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine
visuellen Grounded-Theory-Methodologie und              Bildwissenschaft. München: Fink.
ihr Potenzial im Forschungsfeld ›digitale Ju‐       Belting, H. (2006). Das echte Bild. Bildfragen als Glau‐
gendkulturen‹« bildet ein Defizit ab, das die Au‐       bensfragen (2. Aufl.). München: C. H.Beck.
toren bei der visuellen Jugendkulturforschung       Benjamin, W. (1991 [1936]). Das Kunstwerk im Zeitalter
                                                        seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt/M.:
ausmachen und das sie als »umständliches La‐            Suhrkamp.
vieren« bezeichnen: Bei empirischen Auswer‐         Boehm, G. (1994). Die Wiederkehr der Bilder. In ders.
tungen würden die verwendeten Auswertungs‐              (Hrsg.), Was ist ein Bild? (S. 11–38). München: Fink.
methoden nur sehr unsystematisch miteinander        Boehm, G. (2007). Wie Bilder Sinn erzeugen. Die Macht
kombiniert. Diesem Defizit (das unseres Er‐             des Zeigens. Berlin: UP.
                                                    Boehm, G. & Mitchell, W. J. T. (2007). Briefwechsel:
achtens auch andere Forschungsbereiche kenn‐            Gottfried Boehm und Tom Mitchell. In H. Belting
zeichnet) setzen Dietrich und Mey den Ansatz            (Hrsg.), Bilderfragen. Die Bildwissenschaften im Auf‐
der Audiovisuellen Grounded-Theory-Metho‐               bruch (S. 37–46). München: Fink.
dologie (AVGTM) entgegen, deren Schritte sie        Bohnsack, R. (2011). Qualitative Bild- und Videointerpreta‐
                                                        tion: Die dokumentarische Methode. Opladen: Budrich.
in ihrem Beitrag an ausgewählten Musikvi‐
                                                    Bohnsack, R. (2017). Praxeologische Wissenssoziologie.
deos exemplarisch nachzeichnen. Um sowohl               Opladen: Budrich.
dem Bild- als auch dem Text-/Tonmaterial ge‐        Bredekamp, H. (2004). Drehmomente. Merkmale und An‐
recht zu werden, schlagen Dietrich und Mey              sprüche des iconic turn. In H. Burda & C. Maar (Hrsg.),
die Erstellung getrennter, aber gleichberechtig‐        Iconic turn. Die neue Macht der Bilder (S. 15–26).
                                                        Köln: DuMont.
ter Partituren vor. Die darin herausgearbeiteten
                                                    Bredekamp, H., Fischel, A., Schneider, B. & Werner, G.
Kategorien werden erst in einem anschließen‐            (2003). Bildwelten des Wissens. In H. Bredekamp &
den Schritt übereinandergelegt bzw. miteinan‐           G. Werner (Hrsg.), Bilder in Prozessen (S. 9–20). Ber‐
der in Beziehung gesetzt. Neben diesen metho‐           lin: Akademie.
dischen Weiterentwicklungen widmet sich der         Burri, R. (2008). Doing images. Zur Praxis medizinischer
                                                        Bilder. Bielefeld: transcript.
Beitrag einem in der Jugendkulturforschung
                                                    Chakkarath, P. & Straub, J. (2020; i. D.). Kulturpsychologie.
bisher eher unterbelichteten Gegenstand: Mu‐            In G. Mey & K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitati‐
sikvideos aus dem Internet, da dieses – so              ve Forschung in der Psychologie (2., aktual. u. erw.
die These der Autoren – (mittlerweile) einen            Aufl.). Wiesbaden et al.: Springer.
zentralen Ort jugendkultureller Aushandlungen       Danto, A. C. (2014 [1981]). Die Verklärung des Gewöhnli‐
                                                        chen. Eine Philosophie der Kunst. Frankfurt/M.: Suhr‐
darstellt.                                              kamp.
    Abschließend sei den Autor*innen und den        Deleuze, G. & Guattari, F. (1987). Year zero: Faciality.
Gutachter*innen für die gute Zusammenarbeit,            In dies., A thousand plateaus. Capitalism and schizo‐
Dr. Sandra del Pilar und dem Kunstmuseum                phrenia (S. 167–191). Minneapolis: UP.
Wilhelm Morgner für die Erlaubnis, ihr Bild         Garz, D. & Kraimer, K. (Hrsg.). (1994). Die Welt als Text.
                                                        Theorie, Kritik und Praxis der objektiven Hermeneu‐
Boschs Kinder auf dem Heftumschlag verwen‐              tik. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
den zu dürfen, sowie Christina Huschke (Uni‐        Hörisch, J. (2001). Der Sinn und die Sinne. Eine Geschich‐
versität Bayreuth) für ihre Unterstützung bei           te der Medien. Frankfurt/M.: Eichborn.
den redaktionellen Arbeiten sehr herzlich ge‐       Jonas, H. (1994 [1973]). Homo Pictor. Von der Freiheit
dankt.                                                  des Bildens. In G. Boehm (Hrsg.), Was ist ein Bild?
                                                        (S. 105–124). München: Fink.
                                                    Köhnen, R. & Plontke, S. (2018). Bild. In C. Kölbl &
                  Sandra Plontke, Astrid Utler          A. Sieben (Hrsg.), Stichwörter zur Kulturpsychologie
                              & Carlos Kölbl            (S. 71–79). Gießen: Psychosozial-Verlag.

                                                                psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)   13
Schwerpunktthema: Bilderflut

Langer, S. K. (1979 [1942]). Philosophie auf neuem Wege.         »Bilderfluten« and the psychosocial role of images
     Mittenwald: Mäander.                                        Abstract: This editorial introduces the current edition
Mirzoeff, N. (1999). An introduction to Visual Culture.
                                                                 of psychosozial dedicated to the notion of Bilderflut.
     London et al.: Routledge.
Mitchell, W. J. T. (1992). The pictorial turn. Artforum,         The notion of Bilderflut (literally a »flood of images«
     30(7), 89–94.                                               in German) speaks to the omnipresence of images in
Mitchell, W. J. T. (1997). Der Pictorial Turn. In C. Krav‐       various aspects of human life and to the psychosocial
     agna (Hrsg.), Privileg Blick. Kritik der visuellen Kultur   roles played by images and image-related practices.
     (S. 15–40). Berlin: Edition ID-Archiv.
                                                                 Within the social sciences, images have long been
Mitchell, W. J. T. (2008). Bildtheorie (übers. v. H. Jatho et
     al., hrsg. u. mit einem Nachw. v. G. Frank). Frank‐         dramatically underappreciated, being seen primarily
     furt/M.: Suhrkamp.                                          in their role as illustrations of text. The current edi‐
Plontke, S. (2020; i. V.). Bild. In J. Reichmayr, P. Chakka‐     tion is an attempt to address this deficit. In order to
     rath & E. Haldorsson (Hrsg.), Psychotherapie. Sozial-       further contextualize the contributions, the metaphor
     und kulturwissenschaftliche Grundbegriffe für Ausbil‐
                                                                 Bilderflut which is widely used is discussed. Then
     dung und Praxis. Wien: Mandelbaum.
Plontke, S., Przyborski, A. & Straub, J. (2020; i. V.).          the iconic constitution of humans and the role of im‐
     Qualitative Methoden der Bildinterpretation, Bildge‐        ages for their self- and world-understanding and the
     brauchs- und -wirkungsanalyse in der Psychologie. In        possibilities of iconic communication and (self‑)ar‐
     G. Mey & K. Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitati‐              ticulation are indicated. Finally the relations between
     ve Forschung in der Psychologie (2., aktual. u. erw.
     Aufl.). Heidelberg: Springer. https://link.springer.com/
                                                                 language and image are focused and the iconic and
     referencework/10.1007%2F978-3-658-18387-5                   pictorial turn with their respective assumptions with‐
Przyborski, A. (2018). Bildkommunikation. Qualitative            in the horizon of a critique of logocentrism.
     Bild- und Medienforschung. Berlin et al.: de Gruy‐
     ter.
                                                                 Keywords: Bilderfluten, iconicity, iconic turn, pic‐
Rheinberger, H.-J. (2006 [1997]). Experimentalsysteme und
     epistemische Dinge. Eine Geschichte der Proteinsyn‐         torial turn, image practices, mediatization, pictorial
     these im Reagenzglas. Frankfurt/M.: Suhrkamp.               sciences, Visual Culture
Rorty, R. (Hrsg.). (1967). The linguistic turn. Essays in
     philosophical method. Chicago: UP.                          Die Herausgeberinnen und der Herausgeber
Sachs-Hombach, K. (Hrsg.). (2005). Bildwissenschaft.
                                                                 Sandra Plontke, M. A., ist wissenschaftliche Mitar‐
     Disziplinen, Themen, Methoden. Frankfurt/M.: Suhr‐
     kamp.                                                       beiterin am Lehrstuhl für Sozialtheorie und ‑psy‐
Straub, J., Przyborski, A. & Plontke, S. (2020; i. D.). Bild‐    chologie und wissenschaftliche Assistentin am Hans
     theorie. Eine sozialwissenschaftliche, handlungs- und       Kilian und Lotte Köhler-Centrum (KKC) für sozial-
     kulturpsychologische Perspektive im Kontext multi-          und kulturwissenschaftliche Psychologie und histo‐
     und interdisziplinärer Bildwissenschaften. In J. Straub,
                                                                 rische Anthropologie sowie Koordinatorin der Pro‐
     Psychologie als interpretative Sozial- und Kulturwis‐
     senschaft. Grundzüge einer handlungstheoretischen           jektlinie Forschendes Lernen bei inSTUDIESplus an
     Kulturpsychologie. Teilband 1: Wissenschaftsverständ‐       der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Forschungsinter‐
     nis, Theorie, Programmatik. Ausgewählte Schriften.          essen liegen in den Bereichen Bildwissenschaften,
     Gießen: Psychosozial-Verlag.                                Visual Culture, Design und Media Studies, Kul‐
Ullrich, W. (2019). Selfies. Berlin: Wagenbach.
                                                                 turpsychologie und Science & Technology Studies.
Tieke, H. (2016). »Martin Luther, Mediengigant«. Frank‐
     furter Rundschau. https://www.fr.de/kultur/luther-med       Gegenwärtig arbeitet sie an einer Praxeografie des
     iengigant-11080763.html (Stand: 31.03.2020).                digitalen Bildes, in der sie sich mit der Ko-Konstruk‐
Utler, A. (2017). »There is nobody here – no German              tion von Bildern, Technik und Wissen in der Ent‐
     body«. Deutschlandbild(er) eines Geflüchteten. psy‐         wicklung von Computerspielen auseinandersetzt. Zu
     chosozial, 40(4), 41–56.
Wittgenstein, L. (1997a [1921]). Tractatus logico-philo‐
                                                                 ihren jüngsten Publikationen gehört der mit Jürgen
     sophicus. In ders., Werkausgabe, Bd. 1 (S. 7–85).           Straub herausgegebene Band 5: Soziologische, sozi‐
     Frankfurt/M.: Suhrkamp.                                     alpsychologische und zeitdiagnostische Analysen der
Wittgenstein, L. (1997b [1953]). Philosophische Untersu‐         Gesammelten Schriften Hans Kilians (Gießen: Psy‐
     chungen. In ders., Werkausgabe, Bd. 1 (S. 225–580).         chosozial-Verlag 2020).
     Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Würgler, A. (2013). Medien in der Frühen Neuzeit. En‐
     zyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 85. München:           Astrid Utler, Dr., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin
     Oldenbourg.                                                 am Lehrstuhl für Psychologie an der Universität Bay‐

14     psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)
S. Plontke, A. Utler & C. Kölbl: Bilderfluten und die psychosoziale Rolle des Bildes

reuth. Zu ihren Forschungsinteressen und ‑schwer‐       (2020) sowie Ernst Boesch’s cultural psychology of
punkten gehören insbesondere interkulturelle, kul‐      education. Culture & Psychology, 26(2), 159–172
turpsychologische Fragestellungen. Derzeit arbeitet     (2020).
sie an einem Forschungsprojekt zu Deutschland‐
bildern von Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten,        Kontakt
wobei sie zu deren Erfassung sowohl Interviews als      Sandra Plontke, M. A.
auch (von den Teilnehmenden gemachte) Fotos her‐        Ruhr-Universität Bochum
anzieht. Zu ihren Publikationen gehört »Aber der        Fakultät für Sozialwissenschaft
Tongchun is’ echt komisch«: Differenzerfahrungen        Lehrstuhl für Sozialtheorie und Sozialpsychologie
im Migrationskontext (Bochum: Westdeutscher Uni‐        D-44801 Bochum
versitätsverlag 2014).                                  E-Mail: sandra.plontke@rub.de

Carlos Kölbl, Prof. Dr. phil., ist Inhaber des Lehr‐    Dr. Astrid Utler
stuhls für Psychologie an der Kulturwissenschaft‐       Universität Bayreuth
lichen Fakultät der Universität Bayreuth. In seiner     Kulturwissenschaftliche Fakultät
Forschung beschäftigt er sich unter anderem mit Illi‐   Lehrstuhl für Psychologie
teralität in urbanen Kontexten, der Entwicklung von     D-95440 Bayreuth
Gesellschaftsverständnis und Geschichtsbewusstsein      E-Mail: astrid.utler@uni-bayreuth.de
sowie der kulturhistorischen Psychologie (Vygotskij,
Lurija, Leont’ev). Zu seinen jüngeren Veröffentli‐      Prof. Dr. Carlos Kölbl
chungen gehören der gemeinsam mit Anna Sieben           Universität Bayreuth
herausgegebene Band Stichwörter zur Kulturpsycho‐       Kulturwissenschaftliche Fakultät
logie (Gießen: Psychosozial-Verlag 2018) und die        Lehrstuhl für Psychologie
Zeitschriftenartikel: Fausto Reinaga sobre educa‐       D-95440 Bayreuth
ción. Un esbozo. Foro de educación, 18(1), 67–84        E-Mail: carlos.koelbl@uni-bayreuth.de

                                                                  psychosozial 43. Jg. (2020) Heft II (Nr. 160)   15
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