EHI-Thementag KÜNSTLICHE INTELLIGENZ - 2019 | stores-shops.de - KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
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offizielle 2019 | stores-shops.de Zeitschrift der EHI-Thementag KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Foto: agsandrew/istockphoto.com
EHI Dienstleister- verzeichnis 2019 Produkte, Lösungen und Partner für den Handel finden: www.dienstleister-handel.de Auf www.dienstleister-handel.de finden Händler schnell und unkompliziert die passenden Partner, Produktanbieter und Dienstleister für ihre Projekte im Handel in über 100 Rubriken. Ihr Kontakt: Maren Franken Tel.: +49 221 57993-43 E-Mail: franken@ehi.org
künstliche intelligenz | EHI-THEMENTAG 3 Winfried Lambertz Chefredakteur, lambertz@ehi.org Chancen künstlicher Intelligenz nutzen KI erobert die Welt. Über 7 Millionen Ergebnisse liefert Google zum Suchbegriff „Künstliche Intelligenz“ allein für den deutschsprachigen Raum. Künstliche Intelligenz hat zweifellos das Potenzial, bestimmte Prozesse im Einzelhandel positiv zu reorganisieren. Intelligente Algorithmen sind in der Lage, Muster in immens großen Datenmengen zu erkennen und organisatorische Abläufe zu automatisieren. Zum Beispiel mit Tools, die Warenwirtschafts- daten auswerten, mit anderen Parametern vernetzen und über treffgenaue Bedarfsanalysen die Disposition selbständig steuern. Die meisten großen Handelsunternehmen beschäftigen sich intensiv mit dem Thema KI – quer über mögliche Anwendungsgebiete hinweg. Neben dem Bereich Predictive Analytics sind weitere Anwendungsfelder im Einzelnen: Sortiments- steuerung, Absatzprognosen, Preisoptimierung, Personalisierung der Kundenansprache, Individualisierung von Produktangeboten sowie optimierte Tourenplanung in der Logistik. Viele Händler loten derzeit Anwendungsoptionen aus, die ihnen Künstliche Intelligenz b ieten kann. Praktische Beispiele zum Einsatz von KI in Handelsunternehmen lieferte der EHI- Thementag „Künstliche Intelligenz und Analytics.“ Auf den folgenden Seiten finden Sie die Inhalte der Fachvorträge in einer Zusammenfassung. stores+shops technology 04|2019
4 EHI-THEMENTAG | künstliche intelligenz Besser entscheiden mit KI und Analytics Eigene Technik-Labore, Kooperationen mit Forschungsinstituten: Händler loten die Anwen- dungsoptionen aus, die ihnen Künstliche Intelligenz bietet. Im Fokus stehen oft kunden bezogene Prozesse wie die Individualisierung der Ansprache. Das Potenzial von Machine Learning geht aber weit darüber hinaus, wie der EHI-Thementag „Künstliche Intelligenz und Analytics“ zeigte. Klaus Manz Key Facts den Austausch zu aktuellen Themen und Anwendungs- feldern der Künstlichen Intelligenz vorantreiben. „So ■ D ie meisten großen Handelsunternehmen beschäftigen soll relevantes Forschungswissen künftig noch schnel- sich intensiv mit dem Thema KI – quer über mögliche ler in Innovationen einfließen, mit denen Betriebsab- Anwendungsgebiete hinweg. läufe verbessert und das stationäre Handelsgeschäft ■ B ei den (geplanten) Einsatzbereichen steht der Bereich unterstützt werden können“, erklärt das DFKI. Bereits Predictive Analytics weit vorne. in den vergangenen Jahren haben die Schwarz-Grup- ■ estehende und geplante Einsatzbereiche sind im einzel- B pe und das Institut im Bereich von Sprachassis- nen: Sortimentssteuerung, Absatzprognosen, Preisopti- tenz-Systemen und im Bereich Robotik kooperiert. mierung, Personalisierung der Kundenansprache, Individu- Die meisten anderen großen Handelsbetriebe be- alisierung von Produktangeboten, das „dynamische schäftigen sich ebenfalls intensiv mit dem Thema KI Haltbarkeitsdatum“ sowie optimierte Tourenplanung in der – quer über mögliche Anwendungsgebiete hinweg. Logistik. Firmen der Otto Group zum Beispiel erproben Machi- ne Learning für Absatzprognosen, für die Preis optimierung, für die Personalisierung der Kunden- ansprache und für die Individualisierung von Pro Der SB-Warenhaus-Betreiber Globus hat in Zusam- duktangeboten. Metro arbeitet an Algorithmen, die ein menarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum „dynamisches Haltbarkeitsdatum“ errechnen, um für Künstliche Intelligenz (DFKI) im Globus-Markt einem zu frühen Aussortieren noch einwandfreier St. Wendel ein Labor eingerichtet. Dort werden An- Lebensmittel entgegenzusteuern. wendungen wie die Instore-Navigation in der Praxis Der Drogeriemarkt-Betreiber Rossmann will Ma- erprobt, kombiniert mit individuell auf den Kunden chine Learning für die Sortimentssteuerung einset- zugeschnittenen Informationen, die er bei seiner Jour- zen. Über die Auswertung von Suchanfragen bei Goo- ney durch den Markt erhält. gle und Amazon soll dabei eine selbstlernende Software Auch Lidl arbeitet mit dem DFKI zusammen. Die in die Lage versetzt werden, Konsumtrends bis hinun- Schwarz-Gruppe gehört als erstes Handelsunterneh- ter auf Produktebene frühzeitig zu erkennen und da- men dem Gesellschafterkreis von insgesamt 29 An- bei kurzfristige Hypes von Mainstream-Entwicklun- teilseignern an, die die Forschungsarbeit des DFKI und gen zu unterscheiden. stores+shops technology 04|2019
künstliche intelligenz | EHI-THEMENTAG 5 EHI-THEMENTAG KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Referenten des EHI-Thementags „Künstliche Intelligenz und Analytics“ v.l.n.r.: Taras Hnot (Softserve), Thomas Hellerich (Samhammer), Ralf Schienke (Fujitsu), Stephanie Loock (Intel), Dirk Krüger (Fujitsu), Stephan Kolassa (SAP), Nadja Klein (Microsoft), Anastasia Laska (Revionics), Joseph O’Leary (Microsoft), Julian Heister (Microsoft) Zur Mainstream-Entwicklung im Handel wird was darauf schließen lässt, dass es sich bei KI um ei- auch die KI selbst. Knapp 70 Prozent der vom EHI im nen ernstzunehmenden, dauerhaften Trend handelt“, Rahmen seiner aktuellen Trend-Studie befragten stellt Marco Atzberger, Mitglied der EHI-Geschäfts- IT-Entscheider zählen KI zu den wichtigsten techno- leitung fest. logischen Neuerungen der kommenden Jahre. „Nie- Bei rund einem Drittel der befragten Unterneh- mals zuvor in der langen Historie der Studie gab es ei- men sind KI-basierte Anwendungen schon im Einsatz. nen derart breiten Konsens bei den Interviewpartnern, Generell gehen die Händler davon aus, dass KI im Um- Künstliche Intelligenz Geplante Einsatzbereiche in Prozent Predictive Analytics 53 Standortspezifische Allokation (Ware) 22 Bilderkennung 22 Dynamic Pricing 19 Datenvalidierung 14 Personalisierte Kundenansprache 13 Chatbots 11 Voice Recognition 8 Predictive Maintenance 3 0 10 20 30 40 50 60 Quelle: EHI stores+shops technology 04|2019
6 EHI-THEMENTAG | künstliche intelligenz feld der vorausschauenden Datenanalyse (Predictive Kapazitäten für Big Data- Analytics) eine tragende Rolle spielen wird. 53 Prozent Anwendungen definieren dies als relevanten E insatzbereich. Auch der standortspezifischen Waren-Allokation, das heißt KI-Anwendungen müssen üblicherweise sehr gro- dem Ziel, die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt ße Datenmengen verarbeiten. Das erfordert hohe am richtigen Ort zur Verfügung zu haben, wird ein ho- Rechnerkapazitäten. Die Fortschritte in der Com- hes Gewicht beigemessen. puter-Technologie schaffen dafür die Grundlage. DYNAMIC PRICING Die dynamische Preisgestaltung Es gibt keine offiziellen Gütekriterien – unter dem La- (Dynamic Pricing), die bisher im Handel noch wenig bel „Künstliche Intelligenz“ werden daher zuweilen ausgeprägt ist, dürfte gemäß der Befragung durch KI auch Software-Lösungen geführt, die ein wesentliches künftig ebenfalls an Bedeutung gewinnen (siehe Gra- Merkmal der KI nicht erfüllen, nämlich die Fähigkeit, fik). Der deutsche Handel würde damit nachvollzie- selbst zu lernen. Echte KI-Anwendungen dagegen sind hen, was zum Beispiel in den USA inzwischen S tandard in der Lage, zunächst mit Trainingsdaten zu arbeiten, ist. „Dort gibt es kaum noch große Handelsunterneh- dann ihr Wissen zu verallgemeinern und es auf unbe- men, die nicht systematisch Preisoptimierungstech- kannte Daten anzuwenden. Da sich Datenbestände nologie einsetzen“, beobachtet Dr. Michael Feindt, Pro- sehr schnell ändern, lernen sie aus jedem neuen Da- fessor am Karlsruher Institut für Technologie. tensatz, den sie einbinden. Außerdem bewerten sie Ob für Dynamic Pricing, für Predictive Analytics fortlaufend die Qualität ihrer Arbeit und ziehen dar- oder für die Sortimentsoptimierung: In allen Fällen aus Schlüsse für künftige Entscheidungen. müssen KI-Lösungen riesige Datenmengen einbinden Künstliche Intelligenz unterstützt den Menschen und verarbeiten. Dies erfordert entsprechende Rech- in seiner Arbeit immer dort, wo große Datenmengen ner-Kapazitäten, die in einem einzelnen Unternehmen mit komplexen Zusammenhängen schnell analysiert nicht zur Verfügung stehen und die sich Cloud-Dienst- und auf dieser Basis Entscheidungen getroffen wer- leister gut bezahlen lassen. Diese und andere Einstiegs- den müssen. Unternehmen können die dafür notwen- barrieren, aber auch interessante Anwendungsoptio- digen Rechner-Kapazitäten nicht selbst bereitstellen nen sowie erste praktische Beispiele wurden auf einem – KI-Anwendungen greifen daher auf Cloud- bzw. Workshop thematisiert, den das EHI Anfang Oktober Blockchain-Technologien zurück. Parallel dazu entwi- veranstaltete und dessen Einzelheiten im Folgenden ckelt sich die Computer-Technologie ständig weiter, vorgestellt werden. sodass Rechenzentren immer größere Kapazitäten zur Einstiegsbarrieren abbauen möchte auch ein vom Verfügung stellen. Bundeswirtschaftsministerium gefördertes Projekt mit So vermeldete Google vor einigen Monaten einen der Bezeichnung „Knowledge4Retail“, das auch vom EHI Durchbruch bei der Entwicklung von Quantencompu- Retail Institute mitgetragen wird. Ziel ist es, eine offe- tern. Mithilfe des Prozessors „Sycamore“ sei es mög- ne Plattform aufzubauen, die sowohl komplexe KI-An- lich, eine Rechnung in 200 Sekunden zu erledigen, für wendungen im Bereich Planung als auch Robotik-An- die der aktuell schnellste Supercomputer 10.000 Jah- wendungen für die Handelsfiliale zum Inhalt hat. re benötigen würde. Hintergrund: Während heute üb- Die Open-Source-Plattform stellt dazu „semanti- liche Computer mit 0 und 1 nur zwei Zustände ken- sche digitale Zwillinge (semdZ)“ von Einzelhandels nen, arbeiten Quantenprozessoren mit sogenannten filialen als Grundlage für verschiedene KI- und Robo- Qubits, die viele verschiedene Werte annehmen kön- ter-Anwendungen bereit (mehr dazu unter www.ehi. nen und damit höhere Rechnerleistungen ermögli- org). „Damit werden für Einzelhandelsunternehmen chen. die Rüst- und Aufbauzeiten sowie die Kostenbarrie- Seit dieser Meldung von Google diskutiert die Fach- ren bei der Einführung von KI-Lösungen reduziert“, welt über Wert und Fähigkeiten von „Sycamore“. sagt Marco Atzberger. Beteiligt an dem Projekt sind Chip-Hersteller wie IBM oder Intel forschen ebenfalls u.a. dm-drogerie markt, das Deutsche Forschungszen- an Quantencomputern, entwickeln parallel aber auch trum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Fraunho- die konventionelle Rechner-Technologie weiter. Intel fer IIS und die Technische Universität München. etwa hat die Skalierbarkeit seiner „Xeon“-Prozessoren stores+shops technology 04|2019
künstliche intelligenz | EHI-THEMENTAG 7 „Wir bereiten den Weg für einen erfolgreichen Einsatz von KI im Handel.“ auf unterschiedliche KI-Workloads und auf die Per- Stephanie Loock Account Executive formance von Deep Learning-Anwendungen ausge- Intel richtet. Mit den „Nervana“-Prozessoren hat der Kon- zern außerdem eine neue Architektur für neuronale Netze vorgestellt, die auf Aufgaben rund um Künstli- che Intelligenz abzielt. „Wir bereiten den Weg für ei- „Der Digital Annealer löst nen erfolgreichen Einsatz von KI auch im Handel“, sag- umfangreiche kombinatorische te Stephanie Loock, Account Executive bei Intel, auf dem EHI-Thementag. Optimierungsprobleme.“ Ralf Schienke SCHRITT-FÜR-SCHRITT-EINSTIEG Der Technolo- Head of Retail Sales gie-Anbieter betreibt eine Plattform, um Unternehmen Fujitsu zu einem Schritt-für-Schritt-Einstieg in die KI zu ver- helfen – von der Auswahl einer Anwendung über die Erstellung eines Datenprofils und die Evaluierung des chen und Verpackungsgrößen. Für Japan Post wurde EHI-THEMENTAG KÜNSTLICHE INTELLIGENZ betrieblichen Nutzens bis zur Erstellung eines auf der mithilfe des Digital Annealer eine solche Optimie- Plattform laufenden Proof-of-Concept. Das US-ameri- rungsaufgabe durchgeführt für die Belieferung von 22 kanische Unternehmen Cloudian zum Beispiel hat auf Post-Filialen aus einem zentralen Depot. Ergebnis laut dieser Plattform eine Anwendung entwickelt, um Da- Schienke: Durch Optimierung der Wegstrecken und ten aus Überwachungskameras in den Citys zur Steu- durch Reduzierung der Zahl der eingesetzten Liefer- erung zielgerichteter Außenwerbung zu nutzen. fahrzeuge ergab sich ein jährliches Einspar-Potenzial Eine interessante technologische Variante präsen- von rd. 30 Mio. US-Dollar. tierte Fujitsu auf dem EHI-Thementag mit dem so genannten Digital Annealer – eine „von der Quanten- mechanik inspirierte“ Chip-Technik. In der Quanten- Erst Hausaufgaben erledigen, mechanik bezieht sich das als „Superposition“ bezeich- dann einsteigen nete Phänomen auf das gleichzeitige Vorhandensein von zwei verschiedenen Zuständen, 0 und 1. Dieses KI-basierte Anwendungen stehen und fallen mit der Phänomen bildet die Grundlage der „Qubits“, welche Qualität der Daten, die ihnen zur Verfügung gestellt die Rechengeschwindigkeit erheblich steigern können. werden. Das betrifft externe Daten ebenso wie die „Der Digital Annealer als Brückentechnologie emuliert unternehmensinternen Stamm- und Kundendaten. diese Qubits in einer digitalen Schaltung“, erklärte Ralf Schienke, Head oft Retail Sales bei Fujitsu. Vorteile „Manchmal ist zunächst die beste Investition nicht laut Schienke: Die Lösung ist auf Standard-Infrastruk- die in ein KI-Projekt, sondern in die Stammdatenpfle- turen einsetzbar und kommt daher mit den üblichen ge“, sagt Stephan Kolassa, Data Science Expert bei SAP. Raumtemperaturen klar (Quantencomputer brauchen Häufig muss nach seiner Erfahrung erst die unterneh- eine Umgebung von knapp über null Grad Celsius). Sie mensinterne Datenbasis aktualisiert bzw. neu struk- ist als Cloud- und als On-Premise-Anwendung ver- turiert werden, bevor konkrete KI-Projekte überhaupt fügbar. „Und sie arbeitet rund 10.000-Mal schneller sinnvoll angegangen werden können. Auf dem als ein Industrie-Standardcomputer“, so Schienke. EHI-Thementag befasste sich Kolassa mit dem The- Ausgerichtet ist der Digital Annealer auf die Lö- ma Predictive Analytics (PA), also der datengestütz- sung umfangreicher kombinatorischer Optimierungs- ten Prognose betrieblicher Kennzahlen. Der Walldor- aufgaben. Typisches Beispiel: Ein Online-Händler hat fer Software-Konzern hat dazu ein Werkzeug entwickelt, 10 Fahrzeuge zur Verfügung, muss an 500 Adressen in das ungenutzte Daten verwendet und daraus per Da- einem bestimmten Zeitfenster ausliefern und sucht tenmodellierung und Analyse-Logik eine realistische dafür nach einer optimalen, kostengünstigsten Tages Vorhersage zukünftiger Entwicklungen generiert. touren-Kombination – dies auch unter Berücksichti- Beispiel: Aus Transaktionsdaten wird ermittelt, gung unterschiedlicher Ladezeiten, Fahrzeug-Ladeflä- welche Produkte zusammen gekauft wurden, sodass stores+shops technology 04|2019
8 EHI-THEMENTAG | künstliche intelligenz Mit „Ocean“ stellte Hnot auf dem EHI-Themen- „Vor der Investition erst die tag den Lösungsansatz von Softserve vor. Er basiert Qualität der eigenen Daten auf der Nutzung zweier Datenquellen: einerseits all- sicherstellen.“ gemeine und unternehmensspezifische Transaktions- daten, andererseits Textdaten aus sozialen Medien und Stephan Kolassa anderen Internet-Portalen, auf denen Verbraucher Data Science Expert Produkte kommentieren und bewerten. Diese Daten SAP werden zunächst mit fünf Konsumenten-Clustern kombiniert, um daraus dann über Machine Lear- ning-Modelle die Typologie bzw. das Konsumverhal- ten von Gruppen und von einzelnen Konsumenten ab- „Machine Learning verhilft zu zuleiten. „Dieser Machine Learning-Ansatz verhilft zu einem effektiven Empfehlungs- einem effektiven Empfehlungsmanagement, das Kun- management.“ den bindet und für zusätzlichen Umsatz sorgt“, so Hnot. Voraussetzung auch hier: Die eigenen Kundendaten Taras Hnot müssen möglichst detailliert sein und immer auf dem Data Science-Experte aktuellen Stand gehalten werden. Softserve Daten-basiert zu jederzeit optimalen Preisen sich Cross-Selling-Potenziale identifizieren lassen. Immer mehr Händler bedienen sich professioneller Oder: Basierend auf historischen Daten, Trends und Software-Lösungen, um ihre Produktpreise automa- saisonalen Bedingungen werden Vorhersagen über tisch anzupassen und permanent zu optimieren. Verkäufe getroffen. In der Frischeabteilung von Super- Selbstlernende Systeme unterstützen diese Prozesse. märkten zum Beispiel helfen diese Prognosen, kos- tenoptimal zu bestellen und insbesondere Abschrif- Speziell bei Elektronik-Händlern gehören digitale Preis- ten zu minimieren – wobei eine Vielzahl von Faktoren schilder an den Regalen inzwischen zum Standard. in die Rechnung einfließen müssen, von Haltbarkeits Denn nach Erkenntnissen des Preisbeobachtungs- informationen über Regalkapazitäten bis zu Verkaufs- dienstes Spottster ändern sich im Internet die Preise und Aktionspreisen. gerade von Elektronik-Produkten fast so schnell wie die Aktienkurse an der Börse. Insbesondere bei gut VOLLSTÄNDIG UND KONSISTENT Da leuchtet un- vergleichbaren Produkten benötigt der stationäre Han- mittelbar ein: Nur wenn die benötigten historischen del daher kurzfristige Reaktionsmöglichkeiten auf die Daten vollständig und konsistent sind, wenn zum Bei- Preise der Konkurrenz – zumal immer mehr mit Smart- spiel Bestandsinformationen jederzeit aktuell zur Ver- phone ausgerüstete Kunden vor Ort im Store aktuelle fügung stehen, kann PA weiterhelfen. Kolassa emp- Preisvergleiche abrufen. fiehlt, „vor der Investition in PA den gesamten Prozess Manuelle Preissetzungen sind in diesem dynami- zu durchdenken, die relevanten Einflussgrößen zu iden- schen Umfeld nicht machbar. In den USA arbeiten da- tifizieren und insbesondere die Qualität der eigenen her die meisten großen Handelsunternehmen schon Daten sicherzustellen.“ länger mit Pricing-Anwendungen. „In Europa dage- In gleichem Maße gilt dies für KI-Projekte, die auf gen befindet sich der Handel noch in der Findungs- die Individualisierung der Kundenkommunikation ab- phase“, konstatierte Anastasia Laska auf dem EHI-The- zielen. „70 Prozent der Kunden begrüßen es, wenn sie mentag. Sie ist Vice President of Business Development gemäß ihrer Interessen und Vorlieben angesprochen bei Revionics EMEA, Düsseldorfer Ableger des texa- und auf dieser Basis mit gezielten Kaufempfehlungen nischen Unternehmens Revionics und eines der we- versorgt werden“, sagte Taras Hnot, Data Sience-Ex- nigen Unternehmen, die Software-Pakete zur Preisop- perte bei Softserve, US-Unternehmen für Digitalisie- timierung auf dem deutschen Markt anbieten. rungsberatung mit Zentrale in Austin/Texas und Nie- Auch Preisoptimierungen sind Big Data-Projek- derlassung in Berlin. Hnot bezieht sich dabei auf eine te. Denn die Lösung verarbeitet in externen Rechen- Studie der US-Agentur Adlucent. zentren einerseits allgemeine Informationen wie stores+shops technology 04|2019
künstliche intelligenz | EHI-THEMENTAG 9 KI besitzt zurzeit eine hohe Aktualität in den großen Handelsunternehmen, wie auch der Workshop zeigte EHI-THEMENTAG KÜNSTLICHE INTELLIGENZ „In Europa befindet sich der Handel noch in der Findungsphase.“ Anastasia Laska Vice President Business Development Revionics emographische Daten, Marktstrukturdaten, Wettbe- d Zu den Anwendern der Revionics-Lösung gehört werber-Preise, Preissensibilitäten der Verbraucher je Conrad Electronic. Als international agierendes Un- nach Produkten, andererseits unternehmensinterne ternehmen ist Conrad mit Landesgesellschaften in 16 Informationen, in erster Linie eigene Bestands- und Ländern Europas als Omnichannel-Anbieter für Tech- Abverkaufsdaten, dazu Daten über Merkmale und Kauf- nik und Elektronik präsent – dies nicht nur mit stati- verhalten der eigenen Kunden. onären Filialen, sondern auch mit einem über Jahr- zehnte, schon im Katalog-Zeitalter dynamisch INDIVIDUELLE REGELN Außerdem werden individu- gewachsenen Versandhandel, der in den B2B- und ell definierte Regeln hinterlegt, nach denen die Preis- B2C-Bereich aufgeteilt ist. vorschläge ermittelt werden, u.a. händlerspezifische Der Händler startete sein Projekt zur Flexibilisie- Kalkulationsziele, Rundungsvorgaben, Preisuntergren- rung und Optimierung der Verkaufspreise vor zwei zen oder Preisabstände innerhalb des Sortiments, etwa Jahren mit Installationen und Testphasen innerhalb von Eigenmarke zu Herstellermarke. So entstehen per- bestimmter Produktkategorien und zunächst be- manent optimierte Preisvorschläge, die in die Waren- schränkt auf das Online-Geschäft und auf den deut- wirtschaft eingespeist werden können. Das System ist schen Markt. Heute werden von dem System rd. 17.000 selbstlernend, da es die Auswirkungen der Preisset- automatische Preisänderungen pro Woche durchge- zung auf den Umsatz und die Handelsspanne inner- führt. Die Einbindung weiterer und letztlich aller Pro- halb der einzelnen Produktkategorien einbindet und duktkategorien läuft, danach erfolgt der Rollout der daraus Schlüsse ziehen kann. Lösung in die stationären Filialen und die weiteren stores+shops technology 04|2019
10 EHI-THEMENTAG | künstliche intelligenz „Neue Formen der Zusammenar- Transparenz und Datenschutz, dazu gehört ebenfalls beit sind Grundvoraussetzung für die Ermöglichung einer „KI-fähigen“ Unternehmens- die Implementierung von KI.“ kultur. „Neue Formen der Zusammenarbeit mit funk- tionsübergreifenden Teams sind Grundvoraussetzung Nadja Klein Cloud Solution- und KI-Expertin für die Implementierung von KI in der gesamten Or- Microsoft ganisation“, sagte Nadja Klein, Cloud Solution Archi- tect und KI-Expertin bei Microsoft. Für die technische Umsetzung von KI-Projekten stellt Microsoft eine um- fangreiche Plattform zur Verfügung mit „einsatzferti- „Wir wollen Retailer dazu befähi- gen Diensten, mit denen Entwickler schnell Lösungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz erstellen kön- gen, eigenständig die Algorithmen nen“, so Nadja Klein. zu entwickeln.“ Zu diesen Tools gehört die Sprach- und Text-Er- kennung. Mit Sprachassistenten wie Amazon Alexa Thomas Hellerich KI-Experte und Google Home hat die Künstliche Intelligenz auch Samhammer Einzug in das Zuhause der Konsumenten gehalten. Entsprechend wächst bei den Verbrauchern die Akzeptanz, sich auch beim Shopping von solchen Systemen unterstützen zu lassen. Auf der Micro- Länder, in denen Conrad präsent ist. Das Unterneh- soft-Plattform hat zum Beispiel der britische Waren- men hat Kenn- und Planzahlen definiert, um Erfolg hausbetreiber Macy’s einen virtuellen Agenten entwi- oder Misserfolg der Lösung permanent validieren zu ckelt, der mit den Backend-Systemen des Hauses können. „Alle KPIs sind positiv bzw. über den Plan- verknüpft ist und damit rund ein Viertel der Kunden- werten“, berichtete Ales Drabek, Chief Digital & Dis- anfragen selbstständig beantworten kann. Andernfalls ruption Officer at Conrad Electronic SE, auf dem leitet er den Kunden an einen Mitarbeiter weiter. EHI-Thementag. Das Beispiel Conrad zeigt: Projekte zur automati- WISSEN INHOUSE HALTEN Auf diesem Anwendungs- schen und intelligenten Optimierung der Preise sind feld der KI bewegt sich auch das Unternehmen Sam- hochkomplex und erfordern einen langen Atem – von hammer. Der Technologie-Anbieter mit Sitz in Wei- der Aufbereitung oftmals unstrukturierter und chao- den (Oberpfalz) hat sich auf KI-Lösungen im tischer Daten über die Definition und Installation in- Backend-Bereich der Filiale spezialisiert. „Sprach- und dividueller Regelwerke sowie die Einbindung aller Pro- Texterkennungssysteme können im Kundenservice duktkategorien und Absatzkanäle bis hin zur immer dann eingesetzt werden, wenn es um Prob- Evaluierung und Optimierung der vom System vorge- lem-Identifikation und um standardisierte Leistungen schlagenen Ergebnisse. geht“, erklärte Samhammer-Experte Thomas Helle- rich. Über das Technologische Institut für angewand- Standards automatisieren, den te Künstliche Intelligenz, ein Spin-off von Samham- Kundenservice verbessern mer, hat der Anbieter schon zahlreiche internationa- le KI-Projekte realisiert. „Wir wollen Retailer dazu Von der Automatisierung technischer Systeme in der befähigen, eigenständig die Algorithmen zu entwickeln, Filiale bis zur Abwicklung standardisierter Service- um das Wissen inhouse zu halten“, so Hellerich auf leistungen: KI-gestützte Anwendungen schaffen Re- dem EHI-Thementag. Erforderliche Datenstrukturen serven, die an anderer Stelle genutzt werden können. aufbauen, dann einen klar abgegrenzten Use Case auf- setzen, diesen bis ins kleinste Detail durchdenken, erst Neben technischer Unterstützung und Trainings bie- dann eine KI-basierte Lösung entwickeln – so syste- tet der Software-Konzern Microsoft eine „AI Business matisch muss laut Hellerich vorgegangen werden, um School“, die den Unternehmer umfassend über die zu tragfähigen Lösungen für den automatisierten Kun- Möglichkeiten der und über die praktischen Erfahrun- denservice zu kommen. Denn: „98 Prozent der Chat- gen mit der Künstlichen Intelligenz informiert. Dazu bot-Projekte gehen nicht live oder versagen nach kur- gehören auch ethische Fragen etwa zu Themen wie zer Zeit“, so der KI-Experte. stores+shops technology 04|2019
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