Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz? - REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement - SÜDWIND-Institut
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Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz? REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement Irene Knoke, Dr. Pedro Morazán
> Inhalt Impressum Inhalt Bonn, Februar 2017 1 Einführung: Das Konzept REDD+ 3 Herausgeber: SÜDWIND e.V. – 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden 6 Institut für Ökonomie und Ökumene Kaiserstraße 201 3 Waldzerstörung und Konsum im globalen Norden 9 53113 Bonn Tel.: +49 (0)228-763698-0 info@suedwind-institut.de 4 Länderbeispiele 10 www.suedwind-institut.de 4.1 Entwaldung und REDD+ in Brasilien 10 Bankverbindung: 4.2 Entwaldung und REDD+ in Indonesien 12 KD-Bank 4.3 Entwaldung und REDD+ in Guatemala 14 IBAN: DE45 3506 0190 0000 9988 77 BIC: GENODED1DKD 5 REDD+: Chancen und Grenzen eines Instrumentes 16 AutorInnen: Irene Knoke, Dr. Pedro Morazán 6 Schlussfolgerung und Empfehlungen 19 Mitarbeit: 7 Literatur 21 Linda Rohnstock (Kap. 4.3), Thomas Brose (Kasten S. 18) Recherche und Redaktion: Abkürzungsverzeichnis Jannik Krone, Vera Schumacher, Petra Welzel COICA Coordinadora de las Organizaciones Indígenas de la Cuenca Amazónica – Dachverband der indigenen Organisationen des Amazonasbeckens V.i.S.d.P.: Martina Schaub FAO Food and Agriculture Organisation – Ernährungs- und Landwirt- Gestaltung und Satz: schaftsorganisation der Vereinten Nationen www.pinger-eden.de FCPF Forest Carbon Partnership Facility – Waldkohlenstoff-Partnerschaft Druck und Verarbeitung: der Weltbank Brandt GmbH, Bonn, FDN Fundación Defensores de la Naturaleza – Stiftung der Verteidiger der Natur gedruckt auf Recycling-Papier GNU-Initiative Germany, Norway and United Kingdom – Initiative von Deutschland, Titelfoto: Norwegen und Großbritannien Neil Palmer/CIAT/Flickr.com ILO International Labour Organisation – Internationale Arbeitsorganisation KFCP Kalimantan Forest and Climate Partnership (KFCP) – Wald- und Klima- partnerschaft von Kalimantan Für den Inhalt dieser Publikation ist NRO Nichtregierungsorganisationen allein SÜDWIND e.V. verantwortlich. Die PPCDAM Plano de Ação para Prevenção e Controle do Desmatamento na Amazônia hier dargestellten Positionen geben nicht Legal – Aktionsplan zum Kampf gegen die Entwaldung am Amazonas den Standpunkt von Engagement Global REDD(+) Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation (and gGmbH und dem Bundesministerium für the role of conservation, sustainable management of forests and en- wirtschaftliche Zusammenarbeit und hancement of forest carbon stocks in developing countries) – Verringe- Entwicklung wieder. rung von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (und die Rolle des Waldschutzes, der nachhaltigen Waldbewirtschaf- Gefördert aus Mitteln des Kirchlichen tung und des Ausbaus des Kohlenstoffspeichers Wald in Entwicklungs- Entwicklungsdienstes durch Brot für die ländern) Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst, RIA REDD+ Indígena Amazónico – Indigenes REDD+ durch den Evangelischen Kirchenverband SDG Sustainable Development Goals – Nachhaltige Entwicklungsziele Köln und Region sowie die Evangelische UN United Nations – Vereinte Nationen Kirche im Rheinland. UNEP United Nations Environment Programme – Umweltprogramm der Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL Vereinten Nationen im Auftrag des UNFCCC United Nations Framework Convention on Climate Change – Rahmen- übereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltver- änderungen Gefördert durch: 2 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 1 Einführung: Das Konzept REDD+ 1 Einführung: Das Konzept REDD+ REDD steht für „Reducing Emissions from Deforesta- und den lebensnotwendigen Sauerstoff „ausatmen“. tion and Forest Degradation“ (Verringerung von Emis- Rund 30 % der weltweiten Landfläche ist mit Wäldern sionen aus Entwaldung und Waldschädigung) und ist bedeckt: Regen- und Nebelwälder, Nutzwälder, Misch- zu einem wichtigen Bestandteil des internationalen wälder, in tropischen oder gemäßigten Zonen, im Tief- Klimavokabulars geworden. Die Idee dahinter ist zu- land oder hoch bis zur Baumgrenze, naturbelassen nächst einmal simpel: Entwicklungsländer schützen oder bewirtschaftet. Trotz großer Unterschiede bezüg- ihre Wälder besser und vermeiden Abholzung und lich Artenreichtum und Klimabilanz ist den Wäldern damit den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Können sie doch eines gemeinsam: Es sind komplexe Ökosysteme nachweisen, dass sie den Wald erfolgreich geschützt und in ihrer Gesamtheit nach den Ozeanen der wich- haben, erhalten sie von den Industrienationen eine tigste Speicher (Senke) für Kohlendioxid, sowie unent- Kompensationszahlung für jede Tonne reduziertes behrlicher Sauerstofflieferant. Eine Ausnahme bilden CO2. Das soll den finanziellen Anreiz für den Schutz jedoch Baumplantagen, die von der FAO (Ernährungs- der Wälder und deren finanzielles Gewicht in wirt- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Natio- schaftlichen Entscheidungsprozessen erhöhen. Auf nen) größtenteils auch als Wälder definiert werden. Als der 11. UN-Klimarahmenkonferenz (2005) in Montreal extrem naturfernes Waldsystem bestehen sie nur aus gelangte das Instrument auf Initiative Costa Ricas und einer einzigen Baumart (Monokultur), oft einer schnell Neuguineas in den internationalen Verhandlungspro- wachsenden Art, mit dem Ziel der landwirtschaftlichen zess. Das Plus (REDD+) wurde im Jahr 2008 nach zum Nutzung. Nicht nur die Artenvielfalt ist hier stark ein- Teil heftigen Diskussionen offiziell hinzugefügt und geschränkt. Durch intensive Bodenbearbeitung, Dün- beinhaltet zusätzlich Aspekte zum Erhalt von Wäldern, gemittel- und Pestizideinsatz ist auch der ökologische die Förderung einer nachhaltigen Waldwirtschaft und Wert von Monokulturen deutlich geringer als der von ein verbessertes Schutzgebietsmanagement, sowie die natürlichen Wäldern und es kann zu Belastungen des Rehabilitierung von Wäldern. Grundwassers kommen. Soziale Konflikte, die gerade im globalen Süden oft mit der Anlage der Plantage ein- Wälder werden als die „Lungen der Welt“ bezeichnet, hergehen, sind in diese Bilanz noch nicht eingerechnet. weil sie das klimaschädliche Kohlendioxid „einatmen“ Grafik 1: Rückgang der Waldgebiete 1990 – 2015 Jährlicher Nettoverlust an Jährliche Veränderung der Waldfläche weltweit Waldfläche 1990-2015 Mio. ha / Jahr Tausend ha / Jahr Wenig Veränderung Zuwachs an Waldfläche Verlust an Waldfläche (Zuwachs oder Verlust) Quelle FAO (2015): o.S. 3 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 1 Einführung: Das Konzept REDD+ Das Problem: Die weltweite Waldfläche ist von 4.128 REDD+ als Kompensationsinstrument Mio. Hektar (ha) im Jahr 1990 (das entspricht 31,6 % der weltweiten Landfläche) auf 3.999 Mio. ha im Jahr 2015 Mit Hilfe von REDD+ sollen Entwicklungsländer er- (30,6 %) zurückgegangen. Der Verlust von 129 Mio. ha muntert werden, einen Beitrag zum Klimaschutz zu (etwa 5,2 Mio. ha jährlich) entspricht in etwa der Fläche leisten. Neben der Verringerung von CO2–Emissionen Südafrikas (FAO 2016: 3). Während Zugewinne über- aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (dem wiegend in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel eigentlichen Kernstück des Instrumentes) gehören zu zu verzeichnen sind, finden Verluste vor allem in den den Maßnahmen auch der Erhalt und die Erhöhung der tropischen Wäldern statt. Diese sind insbesondere in Biomasse von Wäldern und die nachhaltige Waldbe- Brasilien und Indonesien, aber auch in Teilen Afrikas wirtschaftung (das Plus aus REDD+). Zur Durchführung besorgniserregend. Die jährlichen Verluste sind in den dieser Maßnahmen sollen Regierungen und lokale Ge- letzten 15 Jahren zwar zurückgegangen, bleiben aller- meinden in Entwicklungsländern über REDD+ Kom- dings mit 3,3 Mio. ha jährlich immer noch zu hoch, um pensationszahlungen erhalten, wenn sie nachweisen die stabilisierende Funktion des Regenwaldes aufrecht- können, dass sie hierdurch Emissionen reduzieren (das zuerhalten (siehe Grafik 1). wird auch als ergebnisbasierte Zahlung bezeichnet). REDD+ ist also in erster Linie ein Finanzierungsinstru- Aufgrund stetig steigender Emissionen des Industrie-, ment reicher Länder für messbare Emissionsminderun- Energie- und Verkehrssektors hat der Anteil des Wald- gen (durch Waldschutz) in armen Ländern. und Forstsektors an den weltweiten CO2-Emissionen abgenommen. Dies liegt auch daran dass die Entwal- Seit den Klimaverhandlungen in Bali (2007) geht es dungsrate in den letzten Jahren rückläufig war (WBGU dabei um einen nationalen Ansatz, REDD+ ist also Be- 2014: 35). Dennoch gehen noch immer rund 11 % der standteil der gesamten Sektorpolitik eines Landes. Emissionen weltweit allein durch den Waldverlust in Das soll verhindern, dass an einer Stelle im Land der die Atmosphäre, so die Schätzungen des in Bonn ansäs- Waldschutz gefördert, an anderer Stelle aber weiter sigen Weltklimarates. Wenn die fortschreitende Ent- entwaldet wird. Entwicklungsländer können mit inter- waldung gestoppt wird – so die Idee – kann also auf kos- nationaler Unterstützung rechnen, wenn sie ihre Ent- tengünstige Weise mehr Kohlenstoff gebunden und so waldungsrate nachweislich reduzieren können (KfW dem Klimaschutz gedient werden. 2012: 1). Zahlreiche internationale Geber, darunter auch Deutschland, internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank sowie Fonds unterstützen REDD+ fi- nanziell. Das mittelfristige Ziel ist es aber, die Finanzierung von REDD+-Maßnahmen über einen globalen Kohlenstoff- markt abzuwickeln, um die Kompensationszahlungen an Entwicklungsländer nicht alleine durch die staatli- che Entwicklungszusammenarbeit stemmen zu müs- sen. Als Anreiz für den Privatsektor sollen handelbare Zertifikate für nachgewiesene Emissionsreduktionen ausgestellt werden, die von Staaten und Industrie zur Kompensation ihrer Treibhausgasemissionen erwor- ben werden können (s. Kap. 5). Die Anwendung dieses marktbasierten Ansatzes gehört bis heute zu den strit- tigsten Fragen von REDD+. Für die Umsetzung von REDD+ wurden nach langen Diskussionen bei der Klimakonferenz in Warschau (2013) die letzten großen Weichenstellungen mit der Verabschiedung eines Rahmenwerks für REDD+ ver- einbart.1 Über einzelne Details wird seither weiter ver- handelt, vor allem die Frage der Finanzierung dieser Kompensationen ist noch immer nicht abschließend geklärt. Wenn die fortschreitende Entwaldung gestoppt werden kann, wäre dem Klimaschutz gedient ,Foto: CIFOR/Flickr.com 1 Siehe hierzu: https://unfccc.int/meetings/warsaw_nov_2013/session/7767.php 4 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 1 Einführung: Das Konzept REDD+ Akteure zur Finanzierung von REDD+ Gegenwärtig kommen die Mittel zur Finanzierung von REDD+ überwiegend aus öffentlichen Quellen der Entwicklungszu- sammenarbeit. Internationale Finanzinstitutionen, allen vor- an die Weltbank, sowie eine Reihe von nationalen Gebern, wie Norwegen, Deutschland und Großbritannien, unterstützen REDD+ durch bi- und multilaterale Initiativen. So gibt es für die drei größten Tropenwaldregionen (Brasilien, Indonesien, De- mokratische Republik Kongo) eigene Fonds, die sich aus den Diskussionen um REDD+ bei der UN-Klimakonferenz in Zahlungen verschiedener nationaler Regierungen speisen. Warschau im Jahr 2013, Foto: Mariusz Patalan/IFRC-Climate Centre/Flickr.com Mit der GNU-Initiative („Germany-Norway-United Kingdom“) haben die drei wichtigsten bilateralen Geber im Waldsektor ihren politischen Willen bekräftigt, sich noch stärker für den Die drei Phasen von REDD+ Walderhalt einzusetzen. Zwischen 2015 und 2020 wollen sie gemeinsam 5 Mrd. US-Dollar für REDD+ und Waldklima- Zahlungen über einen solchen marktbasierten Ansatz schutzaktivitäten bereitstellen, wobei Zahlungen zunehmend können nur dann erfolgen, wenn die erreichten Emis- ergebnisbasiert, also auf Nachweis von tatsächlichen Emissi- sionsminderungen durch Waldschutz auch tatsächlich onsreduktionen, erfolgen sollen. Die Bundesregierung unter- nachgewiesen werden können. Das erfordert eine Rei- stützt in diesem Rahmen mit einem eigenen Programm auch he von Voraussetzungen, wie eine adäquate Emissions- die Länder, die sich in Phase 2 befinden, die sogenannten Early referenz (Baseline), nationale Waldmonitoringsysteme Movers (Vorreiter). und Institutionen, die in der Lage sind, entsprechende Messungen vorzunehmen und zu verifizieren. Da die Darüber hinaus haben die Weltbank und die Vereinten Natio- Entwicklungsländer über diese Voraussetzungen noch nen Fonds zu REDD+ aufgelegt, die vor allem den Kapazitäts- nicht verfügen und auch unterschiedlich weit sind, aufbau in den Partnerländern (Phase 1) und auch erste Umset- einigte man sich bei der Klimakonferenz in Cancún zungen unterstützen sollen: (2011) auf einen Ansatz mit drei Phasen: • Die Waldkohlenstoff-Partnerschaft der Weltbank (Forest Phase 1: Vorbereitung Carbon Partnership Facility, FCPF) ist das größte multilate- Partnerländer formulieren nationale Strategien und rale REDD+-Programm. Neben öffentlichen Geldern sind in Aktionspläne mit der Beteiligung relevanter Akteure, diesen Fond auch in sehr geringen Mengen Beiträge priva- bauen die notwendigen Kapazitäten für die Umset- ter Akteure geflossen. zung auf, entwickeln REDD+-bezogene Politiken und Maßnahmen und formulieren Demonstrationsaktivitä- • Das Waldinvestitionsprogramm der Weltbank (Forest ten. In dieser Phase werden sie weitgehend von öffent- Investment Program) ist ein Finanzierungsfenster der Kli- lichen Gebern unterstützt. mainvestitionsfonds der Weltbank mit einem Fokus auf REDD+. Mit ähnlichen Zielsetzungen wie die FCPF konzent- Phase 2: Demonstration riert sich das Programm stärker auf die Umsetzung in Pilot- Die in der Phase 1 vorgeschlagenen Strategien und ländern (Phase 2). Aktionspläne sollen in Phase 2 angewandt und in Pi- lotprojekten getestet und ausgebaut werden. In dieser • Das UN-REDD-Programm unterstützt mit hauptsächlicher Phase greift oft eine ebenfalls öffentlich ausgestattete Finanzierung aus Norwegen Entwicklungsländer bei der Brückenfinanzierung über spezielle Fonds. Umsetzung von REDD-Aktivitäten. Darüber hinaus fördert das Programm auch den Wissensaustausch zwischen den Phase 3: Umsetzung Ländern. In der dritten Phase werden die REDD+-Aktivitäten voll- ständig auf nationaler Ebene umgesetzt und die Resul- Quellen: tate gemessen, berichtet und überprüft. Erst dann sind www.climatefundsupdate.org, auch die Voraussetzungen geschaffen, dass eine Finan- https://www.bmz.de/de/themen/wald/Deutscher_Beitrag/index.html zierung über Marktmechanismen (Emissionshandel) stattfinden kann. 5 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden Akteure und Konflikte Von besonderer entwicklungspolitischer Relevanz sind indigene Völker, arme Bevölkerungsgruppen und lo- REDD+ ist und bleibt ein kontroverses Instrument. Ins- kale Gemeinschaften, deren schwierige soziale und besondere durch die marktbasierte Finanzierung ent- wirtschaftliche Situation durch ein solches Instrument stehen Zielkonflikte, die in Verbindung mit den betei- nicht automatisch verbessert wird. Die folgenden Aus- ligten Akteuren stehen. In den Partnerländern gibt es je führungen sollen diese Konfliktlinien etwas genauer nach nationalem Kontext eine vielfältige Konstellation beleuchten. an Akteuren und Interessen die z. T. gegensätzlich sind. 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden Die Ausbreitung der kommerziellen Landwirtschaft Demgegenüber ist die Bedeutung der Kleinproduktion (Agrobusiness) ist einer der wichtigsten Faktoren von für die weltweite Ernährungssicherheit unbestritten. Entwaldung in den Tropenländern. Tatsächlich setzt Große Konzerne produzieren vor allem für den Export die kommerzielle Landwirtschaft traditionelle Anbau- und vielfach Produkte, die nicht für den (direkten) Ver- formen, die im Einklang mit der Natur stehen, immer zehr gedacht sind, wie Futtermittel, Agrotreibstoffe etc. mehr unter Druck. Die Ausweitung von großen Flächen Im Gegensatz dazu konzentrieren sich kleinbäuerliche für Viehzucht und den Anbau von Exportprodukten, Betriebe auf den Anbau von Grundnahrungsmitteln für sogenannten „cash crops“ wie Soja, Palmöl, Eukalyp- den eigenen Konsum und für die lokalen und nationa- tus und anderen Holzarten, ist der wichtigste Treiber len Märkte. In den Entwicklungsländern produzieren von Waldzerstörung und Walddegradierung in den sie so Schätzungen zufolge mehr als 80 % der Nahrungs- Tropen: Mehr als 70 % der Waldzerstörung gehen auf mittel.Dafür beanspruchen sie weniger als ein Viertel das Konto der kommerziellen Großproduktion (Grain der weltweit genutzten landwirtschaftlichen Agrarflä- 2011: 2). che.2 Die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe weltweit ist klein, sie umfasst im Durchschnitt etwas mehr als 2 ha und die durchschnittliche Größe dieser Kleinbetriebe schrumpft immer weiter. Überall auf der Welt werden KleinproduzentInnen durch den Groß- grundbesitz und internationale Konzerne zurückge- drängt, die Landkonzentration nimmt zu – mit entspre- chenden Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit (Grain 2014: o.S.). Die zunehmende Nutzung von Landflächen durch den Großgrundbesitz geht jedoch auch auf Kosten des Re- genwaldes. Durch Abholzung für den Anbau von Soja, Palmöl und anderen cash crops gehen immer größere Waldflächen in allen Kontinenten verloren. Entwal- dung oder sonstige Landnutzungsänderungen sind al- lerdings ein komplexer Prozess. Waldgewinnung oder Waldverlust findet ständig statt und ist auch mit Hilfe von Satellitentechnik kaum möglich zu verfolgen. 2 In El Salvador beispielsweise verfügen kleine Farmen nur über etwa 29 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Damit produzieren sie jedoch 90 % der Die Ausweitung großer Flächen z.B. für den Anbau von Bohnen, 84 % des Mais und 63 % des Reises, die drei wichtigsten Grundnah- rungsmittel des Landes. Darüber hinaus produzieren sie 51 % des Schwei- Palmöl ist hauptverantwortlich für Waldzerstörung, Foto: nefleischs, 20 % der Hähnchen und den Großteil an traditionellen Früchten Mokhamad Edliadi/CIFOR/Flickr.com (Grain 2014: o.S.). 6 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden Grafik 2: Anteil kleiner Betriebe an der landwirtschaftlichen Fläche nach Kontinenten 100,0 90,0 93,9 92,3 89,6 88,5 80,0 80,1 76,8 70,0 n Anteil der Kleinbetriebe an der Gesamtzahl landwirtschaftlicher Betriebe (%) 60,0 n Fläche in den Händen von Kleinbetrieben (%) 50,0 40,0 30,0 34,7 26,1 24,7 20,0 17,4 19,3 10,0 14,7 0,0 Afrika Asien Europa Latein - Nord- Gesamt amerika amerika Quelle: Eigene Darstellung nach Grain 2014: o.S. Aus der Sicht vieler Nichtregierungsorganisationen (NRO) können auch REDD+-Projekte angesichts der oben erwähnten Verdrängung der Subsistenzland- wirtschaft die lokale Nahrungsmittelproduktion gefährden. Denn kleinbäuerliche Betriebe werden nicht nur durch die Agrarindustrie verdrängt. Immer wieder geschieht es auch, dass sie auf den Anbau von Grundnahrungsmitteln oder die Nutzung von Wäl- dern verzichten müssen, um Platz für den Anbau von neuen Bäumen im Rahmen von REDD+-Projekten zu machen oder bestehende Wälder stärker zu schützen. Grain (2015: 17 ff) gibt eine Reihe solcher Beispiele aus Mosambik, Nigeria, Brasilien oder Madagaskar, Verdrängung der Subsistenzwirtschaft durch REDD+-Projekte, wo ansässige Familien sich dazu verpflichten, Bäume Foto: Terry Sunderland/CIFOR/Flickr.com für die Wiederaufforstung zu pflanzen oder neuerlich geschützte Gebiete zu respektieren und dafür auf den Völker durch den Wanderfeldbau im Einklang mit dem Anbau von Nahrungsmitteln oder die Nutzung ihrer Regenwald. Vielerorts wird der Bevölkerungszuwachs Wälder verzichten. Die Entschädigungen, die sie da- als Ursache für die Waldzerstörung angeführt. Es sind für erhalten, reichen oft nicht aus und sind zeitlich be- jedoch vielmehr die Umstellung von Landnutzungsfor- grenzt, während ihre Verpflichtungen und Nutzungs- men, Regierungspolitiken oder die Integration in die restriktionen auf viele Jahre vertraglich festgelegt sind. Weltwirtschaft durch den Export von cash crops, die Auch alternative einkommensschaffende Maßnahmen die Dynamik und Bedeutung ihrer Lebensweise verän- waren oft nur von kurzer Dauer. dert haben. Der Lebensraum der indigenen Völker wur- de samt dem Wald durch den Agrobusiness eingeengt. Indigene Völker Durch die stetige Ausweitung des Agrobusiness werden die Lebensgrundlagen von indigenen Völkern für die Für die meisten indigenen Völker ist der Wanderfeld- Nahrungssicherung zunehmend gefährdet. In vielen bau3 eine ökologisch angepasste und in vielen Fällen Ländern wurden den indigenen Völkern in den letzten unverzichtbare Form der Ernährungssicherung. In- Jahren zwar Nutzungs- und Eigentumsrechte mit Hilfe digene Völker mussten sich in ihrer Geschichte an die externen Veränderungen anpassen, die ihre Lebensfor- men bedrohten. Solange ihre Lebensräume nicht durch 3 Der Wanderfeldbau ist eine traditionelle Form der Landwirtschaft, bei der die oft durch Brandrodung geschaffenen Felder nur für einige Jahre genutzt wer- das Eindringen der kapitalistischen Landwirtschaft den. Sobald die Fruchtbarkeit des Bodens nachlässt, ziehen die Siedlungen und der cash crops bedroht wurden, lebten indigene weiter, so dass Wald wieder nachwachsen kann. 7 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden von Abgrenzungen und Zugangsrechten zuerkannt. Diese Instrumente bleiben jedoch unzureichend und Das FSC-Zertifikat als Orientierung für werden z. T. durch die neuen Zugangsrechte für Berg- nachhaltigen Konsum von Holzprodukten? baugesellschaften und internationale Großkonzerne überlappt und verwässert. Dabei bleibt umstritten, ob Das Forest Stewardship Council (FSC) ist eine Nicht- die REDD+-Strategien einen positiven Beitrag dazu leis- regierungsorganisation mit Sitz in Bonn, die sich ten können, die Situation der Indigenen zu verbessern. der Förderung eines verantwortlichen Waldma- Solange die kommerzielle Landwirtschaft in dem Maße nagements weltweit verschrieben hat. Die FSC- wie bisher zunimmt, bleiben die Landnutzungsrechte Zertifizierung soll garantieren, dass Produkte von von indigenen Völkern in Gefahr. vorbildlich bewirtschafteten Wäldern stammen, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Vor- Für die Umsetzung von REDD+-Strategien wurden vom teile bieten. Die Zertifizierung von Wäldern ist Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über der Kern des FSC-Systems. Damit verbunden sind Klimaänderungen (UNFCCC) Schutzmaßnahmen ent- jährliche Kontrollen im Wald und in allen holz- wickelt, um indigene Völker und lokale Bevölkerungs- verarbeitenden Betrieben. Alle fünf Jahre wird der gruppen von negativen Effekten von Umweltmaß- jeweils national geltende Standard revidiert (aktu- nahmen zu schützen. Bereits in der Vereinbarung von ell für Deutschland: „FSC-Waldstandard 3.0“, fina- Cancún (2011) wurde dazu aufgerufen, das Wissen und ler, noch nicht akkreditierter Entwurf, siehe FSC die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinden zu Deutschland 2016). respektieren. ExpertInnen weisen jedoch darauf hin, dass es aufgrund der in REDD+ formulierten Bedingun- gen und Voraussetzungen für die meisten Kleinprodu- zentInnen unmöglich sein dürfte, REDD+-Maßnahmen umzusetzen. Die Vervielfältigung von Normen in sol- chen Prozessen begünstigt in der Regel die mächtigen Konzerne, die die finanziellen Mittel haben, technische und bürokratische Bedingungen zu erfüllen. Foto: Gerhard Elsner/Wikimedia Commons Aktuell sind weltweit 194 Mio. ha in 83 Ländern zer- tifiziert (FSC 2016). Das entspricht ungefähr der Flä- che Mexikos. Die Organisation bezeichnet ihr Label als das „weltweit am meisten geachtete Waldzerti- fizierungssystem“, das „Aspekte in allen Waldarten rund um die Welt zertifiziert“ (eigene Übersetzung nach FSC o.J.). Proteste gegen REDD während der UN-Klimakonferenz in Cancún/Mexiko im Jahr 2010, Foto: Sheila Menon/Friends of the Earth International/Flickr.com Umweltverbände kritisierten jedoch in den vergan- genen Jahren immer wieder Kahlschlagpraktiken Auch Instrumente für Nachhaltigkeits-Zertifizierung von Unternehmen oder in Wäldern, die FSC-Zerti- von Holzprodukten führen häufig zu einer Margina- fikate tragen. Auch mangelnde Transparenz wird lisierung von KleinproduzentInnen. Aufgrund ihrer kritisiert: So sei es nicht möglich, das jeweils zerti- begrenzten administrativen und finanziellen Möglich- fizierte Holz lückenlos zurückzuverfolgen. Einige keiten können sie oft nicht von Zertifizierungsinstru- Mitglieder im FSC haben in der Vergangenheit ihre menten profitieren und werden zum Teil verdrängt. Mitgliedschaft aufgrund dieser und anderer Kritik- In Falle des Forest Stewardship Council (FSC – s. Kasten) punkte aufgekündigt (u.a. Robin Wood und FERN). übertreffen die Kosten der Zertifizierung in der Regel Auch die klimarelevante (emissionsreduzierende) die Einnahmen der Gemeinden bei der Zertifizierung Wirkung der Zertifizierung wird bezweifelt (Lang von Holz (Pokorni et al 2013: 5). 2014). 8 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 3 Waldzerstörung und Konsum im globalen Norden Auch staatliche Kreditprogramme in Brasilien und Soja oder Viehzucht zu tätigen. Die Ausweitung einer anderen Amazonasländern haben nicht nachhaltige exportorientierten Landwirtschaft ging auf Kosten des Produktionsformen begünstigt. Anstatt eine angepass- Regenwaldes und eines nachhaltigen Nahrungsmit- te Landwirtschaft im Rahmen von Agroforstsystemen telanbaus. Nur selten führten Investitionen in der land- zu fördern, wurden mit Hilfe von Kreditprogrammen wirtschaftlichen Produktion zu einer Begrenzung des ProduzentInnen in die Lage versetzt, kapitalintensi- Kahlschlags. ve Investitionen in Monokulturen für den Export wie 3 Waldzerstörung und Konsum im globalen Norden Die kommerzielle Agrarwirtschaft ist für mehr als dere in der intensiven Tierhaltung. Die EU als eine der 70 % der Entwaldung in den Tropenwaldländern ver- wichtigsten Fleischproduzenten ist weltweit der größte antwortlich (Lawson 2014: 18). Auch viele Produkte, Importeur von Soja-Futtermitteln, denn weder einhei- die wir in der EU verbrauchen, müssen mit Entwaldung misches Soja noch andere eiweißhaltige Futtermittel in Verbindung gebracht werden, oft sogar aufgrund il- (wie Leguminosen) stehen in der EU in ausreichendem legaler Rodungen. Ob Soja, Fleisch, Leder oder Palmöl: Maße für die heimische Massentierhaltung zur Ver- Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2012 Wa- fügung. In der Regel greifen Hersteller daher auf Soja ren im Wert von 6 Mrd. Euro in die EU eingeführt wur- aus Lateinamerika und den USA zurück. Besonders in den, die auf illegal gerodeten Flächen des Regenwaldes lateinamerikanischen Ländern kommt es zu einer Aus- wuchsen. Legal nutzbar gemachte Flächen sind hier weitung der Anbauflächen, da die Nachfrage aus Euro- noch nicht eingerechnet. Deutschland gehört neben pa hoch und der Soja-Export oft am lohnenswertesten den Niederlanden, Großbritannien, Frankreich und ist (BUND 2016: 28). Italien zu den größten Verbrauchern innerhalb der EU: Zusammen ist diese Gruppe für drei Viertel der Fläche verantwortlich, die durch die EU-Importe zerstört wer- den (FERN 2015: 6). Zwischen den Jahren 1990 und 2008 verursachte der Konsum der EU einer Studie der Europäischen Kommis- sion zufolge die Zerstörung von etwa 9 Mio. ha Wald – das entspricht etwa der Fläche Irlands (EU Kommis- sion 2013: 23). Von den elf Hotspots, in denen bis zum Jahr 2030 die höchsten Verluste an Waldflächen zu er- warten sind, zählt in sieben die Agrarindustrie zu den Hauptverursachern; in sechs Fällen allein die Viehhal- tung (WWF 2015: 5). Der Fleischkonsum wird damit zu einem der wichtigsten Treiber der Entwaldung. Die intensive Nutzung als Ackerland trägt zur Entwaldung (hier in Acre/Bra- silien) bei, Foto: Kate Evans/CIFOR/Flickr.com Entwaldung zugunsten von Tierhaltung Der durchschnittliche Fleischkonsum in Deutschland Im Jahr 2009 galt, dass rund 80 % der im brasilianischen wird mit 88 kg pro Kopf und Jahr angegeben. Inklusive Amazonas-Regenwald gerodeten Fläche für die Rin- der Futtermittelproduktion verbrauchen wir damit derzucht genutzt wurden und noch immer zerstört allein für den Konsum von Fleisch etwa die Hälfte der die Viehzucht in großem Stil Waldflächen im brasi- Fläche, die in Deutschland für landwirtschaftliche lianischen Amazonas. Auch heute noch sind mehr als Produktion zur Verfügung steht. Mehr als ein Fünftel 60 % der gerodeten Flächen von Rinderfarmen belegt davon werden allein für den Anbau von Soja als Futter- (Greenpeace 2015). Vielfach werden u.a. auch in Brasi- mittel gebraucht (Zahlen für 2009, WWF 2014: 56f.). lien Grasland und Weideflächen in intensiv genutztes Das Soja aber wird zu einem ganz überwiegenden Teil Ackerland z.B. für den Sojaanbau umgewandelt. Eine aus Lateinamerika importiert, große Mengen kommen solche intensive Nutzung als Ackerland ist in der Klima- aus Brasilien, wo die Ausbreitung der Anbauflächen bilanz sogar noch ungünstiger. Soja wird als eiweißrei- natürliche Ökosysteme zerstört (wie beispielsweise den ches Futtermittel für Kraftfutter verwendet – insbeson- tropischen Regenwald). Somit ist die Tierhaltung ge- 9 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 2 Waldzerstörung und Ernährungssituation im globalen Süden meinsam mit der Holzwirtschaft Hauptverursacher für summuster. Die notwendigen Nahrungsmittel auch Abholzung und den Rückgang der Artenvielfalt (WWF für eine wachsende Weltbevölkerung könnten auf den 2014: 9). Und Deutschland und weite Teile der EU gehö- zur Verfügung stehenden Flächen produziert werden. ren zu den wichtigsten Abnehmern dieser Produkte. Es sind vielmehr unsere Konsummuster im globalen Norden, mit einem hohen Anteil an tierischen Produk- Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und ten und einer immensen Nahrungsmittelverschwen- der dadurch weiter steigenden Nachfrage nach Agrar- dung, die die Flächenverfügbarkeit sprengen. Auch in produkten würde sich die Umwandlung von Wald- in der aufstrebenden Mittelschicht vieler Entwicklungs- Agrarflächen vor allem in den Tropen fortsetzen, so und Schwellenländer werden unsere Konsummuster die Prognose der FAO, sofern die landwirtschaftliche mittlerweile kopiert. Um den steigenden Bedarf einer Produktivität sich nicht substanziell erhöht (FAO 2016: wachsenden und sich weiter entwickelnden Weltbe- 18f.). Das vorangegangene Kapitel und die Ausführun- völkerung abfedern zu können, müssen sich diese Kon- gen oben zeigen jedoch, dass es nicht nur eine Frage summuster ändern. der Produktivität ist, sondern vor allem auch der Kon- REDD+ im weiteren politischen Kontext REDD+ und die 2030 Agenda für eine nachhaltige Entwicklung gefragt, auf dieses Ziel hinzu- wirken. Marktstrukturen lassen sich jedoch nicht allein durch Konsumentscheidungen der einzelnen Verbraucherinnen und Verbraucher verändern. Sie sind wichtig, müssen aber durch verbindliche Rahmenbe- dingungen der Politik für nach- Unter den nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG) haltigen Konsum begleitet werden und setzen die zielt insbesondere das Ziel 15 auf den Schutz von Bereitschaft der Industrie voraus, nachhaltige Inves- Wäldern ab: „Landökosysteme schützen, wiederher- titionsentscheidungen für faire Produktionsmetho- stellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wäl- den zu treffen. der nachhaltig bewirtschaften“. Als Zielvorgabe 15.2 wurde formuliert: „Bis 2020 die nachhaltige Bewirt- Green Economy und REDD+ schaftung aller Waldarten fördern, die Entwaldung beenden, geschädigte Wälder wiederherstellen und In einer 2015 vom Umweltprogramm der Vereinten die Aufforstung und Wiederaufforstung weltweit Nationen (UNEP) herausgegebenen Studie wird die beträchtlich erhöhen“. Die zugehörige Zielvorgabe Rolle der Wälder bei der Transformation zu einer 15.b ist weniger spezifisch und lautet: „Erhebliche Green Economy in Afrika betont. Die Transformati- Mittel aus allen Quellen und auf allen Ebenen für die on wird in vielen Ländern von einem vorausschau- Finanzierung einer nachhaltigen Bewirtschaftung enden, nachhaltigen Management von Wäldern der Wälder aufbringen und den Entwicklungslän- abhängen, die zu den reichsten und bedeutendsten dern geeignete Anreize für den vermehrten Einsatz Ökosystemen Afrikas gehören“ (Grieg-Gran et al. dieser Bewirtschaftungsform bieten, namentlich 2015: 4). Die Studie empfiehlt daher, REDD+-Pro- zum Zweck der Walderhaltung und Wiederauffors- gramme mit Green Economy und nachhaltigem In- tung“. vestment zu verknüpfen. Angesichts der Ausführungen im Text wird aber auch Eine Reihe von REDD+-Projekten beinhaltet explizi- schnell deutlich, dass auch das Ziel 12 von großer Re- te Maßnahmen, um landwirtschaftliche Produktion levanz ist, es fordert zu nachhaltigem Konsum und zu erhöhen und so den Druck auf Waldflächen zu nachhaltigen Produktionsmustern auf. Hier geht reduzieren. Es wird zunehmend anerkannt, dass Be- es sowohl um Aspekte wie Abfallvermeidung und mühungen zur Reduzierung von CO2−Emissionen Reduzierung von Nahrungsmittelverschwendung auf den produktiven Aktivitäten der Landwirtschaft als auch um den schonenden und effizienten Um- aufbauen und diese nicht außen vor lassen dürfen. gang mit Ressourcen und Recycling. Sowohl Ver- braucherInnen als auch Politik und Wirtschaft sind 10 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 4 Länderbeispiele Agrosprit und Entwaldung Palmöl und Sojaöl im hiesigen Biodiesel schwanken je- doch und bewegen sich zwischen 5-10 % für Palmöl und Neben der weltweit steigenden Produktion tierischer 8-25 % für Sojaöl (vgl. DBFZ 2012). In jedem Fall aber er- Produkte ist auch der Anbau von Agrosprit eine wich- höht die vermehrte Nachfrage nach Agroenergie den tige Ursache für die Ausweitung landwirtschaftlicher Druck auf die Wälder und begünstigt direkte und indi- Nutzflächen. Denn auch für den Anbau von Agrosprit- rekte Landnutzungsänderungen. pflanzen werden Waldbestände gerodet oder Feucht- gebiete trocken gelegt. Geschieht dies, wird sogar Wesentliche Teile unseres gegenwärtigen Konsum- deutlich mehr CO2 freigesetzt, als über die Nutzung und Produktionsmodells basieren somit sehr stark auf von Agrotreibstoffen über Jahrzehnte eingespart wer- der scheinbar unbegrenzten Verfügbarkeit kosten- den kann. Wenn beispielsweise ehemalige Torfregen- günstiger Rohstoffe und Flächen, sowie billiger Ar- wälder für die Gewinnung von Palmöl umgewandelt beitskräfte auf den internationalen Märkten. Auch die werden, hat die Verbrennung von Biodiesel aus Palm- klima- und umweltbezogenen SDG (13-15) dürfen nicht öl erst nach 400 Jahren positive Auswirkungen auf die getrennt werden von der Frage, wie unser zukünftiges CO2-Bilanz (vgl. Sheil et al. 2009). Wirtschaften gestaltet werden muss. REDD+ kann nur einen Sinn machen, wenn die bestehende Logik der Seit 2008 haben die Biodieselimporte aus Argentinien Weltwirtschaft - und damit ist auch der Konsum ge- (Basis Soja) und Indonesien (Basis Palmöl) zugenom- meint - eine radikale Veränderung erlebt. men (vgl. DBFZ 2012). Die Angaben über den Anteil von 4 Länderbeispiele > 4.1 Entwaldung und REDD+ in Brasilien Die Ursachen für Entwaldung und Waldschädigung Amazonasgebietes steht also in einer engen Verbin- sind in Brasilien vielfältig und beinhalten ökonomi- dung mit den globalisierten Märkten für Rindfleisch, sche, politische und soziale Aspekte. Im größten zu- Soja, Leder, Tropenholz und anderen Exportprodukten. sammenhängenden Tropenwaldgebiet der Welt, Hinzu kamen groß angelegte Infrastrukturprojekte, dem Amazonas, haben unterschiedliche Regierungen wie ein Programm zur Beschleunigung des Wirtschafts- durch großangelegte Projekte für Viehzucht, Holzge- wachstums, das den Bau von großen Staudamm- und winnung und Sojaanbau die Besiedlung gefördert. Die Wasserkraftprojekten (wie Madeira, Xingu and Tapajós Politik hat seit den 1960er Jahren einerseits Ziele gegen Rivers) und den Bau von Straßen durch Waldgebiete die Entwaldung formuliert, gleichzeitig aber auch eine (wie die Autobahn von Manaus nach Porto Velho) vor- Wirtschaftspolitik gefördert, die durch starke Investi- antrieb. Bei diesen Maßnahmen, die durch das Lobby- tionen in Bergbau und cash crops genau das Gegenteil ing von großen Bauunternehmen ermöglicht wurden zur Folge hatte. Die Perspektiven für die Umsetzung und ein Wachstumsparadigma auf Kosten der Umwelt einer REDD+-Strategie werden auch von Korruption, förderten, spielten Umweltstandards kaum eine Rolle Machtmissbrauch und Landkonflikten eingeschränkt. (CIFOR 2011: 12). Umgerechnet 15 % (75 Mio. ha) des Amazonasgebietes wurden bereits in landwirtschaftliche und Viehzucht- Flächen verwandelt. Viehzucht oder Weideland ist mit Abstand die wichtigste Landnutzungsform in den entwaldeten Gebieten. Mit über 80 % war bis zum Jahr 2007 die Viehhaltung der wichtigste Treiber. Der Rest verteilte sich auf einjährige (wie Reis, Soja oder Baum- wolle) oder mehrjährige Anbauprodukte (wie Kaffee, oder Kakao). Ungefähr die Hälfte der CO2-Emissionen Brasiliens kommt aus der Viehzucht durch Entwaldung Autobahn von Porto Velho nach Cuiabá in Mato Grosso, und Waldbrände (CIFOR 2011: 6). Die Entwaldung des Foto: Kate Evans/CIFOR/Flickr.com 11 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 4 Länderbeispiele Das Fehlen einer kohärenten Politik und einer institu- die brasilianische Regierung den Aktionsplan bei der tionellen Präsenz in den jeweiligen Waldregionen sind COP 15 in Kopenhagen als wichtigstes Instrument vor- die größten Schwächen der brasilianischen Waldpo- gestellt. litik. Die brasilianische Regierung hat versucht, durch Dezentralisierung und Übertragung von Kompetenzen Die Fähigkeiten Brasiliens, die Waldkonversion und an die Bundestaaten im Amazonasgebiet die Probleme Landnutzung zu analysieren, haben sich dennoch ver- in den Griff zu bekommen. Mit Hilfe von Klientelismus bessert, obwohl die Durchsetzungsmöglichkeiten eher und Korruption haben es die Eliten immer wieder ge- bescheiden einzustufen sind. Angesichts der fehlenden schafft, das brasilianische Waldgesetz zu unterminie- Land- und Eigentumstitel und der illegalen Besetzung ren (CIFOR 2011: 35). Als die Entwaldung in Brasilien des nationalen Landes sind die Verantwortlichen für im Jahr 2004 mit 2,7 Mio. ha jährlich einen Höchststand die Abholzung im Amazonasbecken nur schwer fest zu erreichte, startete die Regierung unter dem brasiliani- machen (CIFOR 2011: 37). schen Präsidenten Lula da Silva („Lula“) eine Reihe von Gegenmaßnahmen. Bis 2009 konnte die Entwaldung Ungeklärte Landbesitzverhältnisse machen es zudem auf 0,75 Mio. ha zurückgefahren werden, um sich in der für LandhalterInnen unmöglich, langfristige Verträge Folgezeit bei etwa 0,5 Mio. ha jährlich einzupendeln. zu erhalten, die sie zur Reduzierung von Entwaldung Zu den Maßnahmen gehörten u.a. die Ausweisung verpflichten. Damit fehlt ihnen der Zugang zu den neuer Schutzgebiete, eine stärkere Kontrolle und här- REDD+-Erträgen. In einer ähnlichen Situation befinden tere Strafen für illegale Abholzungen und die Mobili- sich indigene Völker, deren Zugangstitel sich mit dem sierung der Zivilgesellschaft (Fatheuer 2015: 22). In der des Bundestaates überlappen sowie titellose Nutznie- Nachfolge ist demgegenüber durch REDD+-Maßnah- ßerInnen der Landreform und KleinschürferInnen in men nicht viel erreicht worden. Das Informations- und den Schutzzonen. Diese Eigentumsunsicherheit hat Monitoring System des Regenwaldes ist jedoch je nach Ungleichheiten geschaffen, die zukünftigen Potenziale Bundesstaat unterschiedlich intensiv ausgelegt und von REDD+ nutzen zu können. Nichtsdestotrotz wurde könnte eine weitere Grundlage bieten. eine Reihe von freiwilligen Reduktionsprojekten von NRO und Gruppen, die selbstständig agieren, geför- Als eines der zentralen Instrumente der Lula-Regierung dert. wurde der „Aktionsplan zum Kampf gegen die Entwal- dung am Amazonas“ (PPCDAM) gestartet. Die vierte Angesichts der Untätigkeit der Regierung haben sich Phase dieses Aktionsplans, die von 2016 bis 2020 laufen unterschiedliche Initiativen gebildet, die einen Einfluss soll, startete in einem Jahr in dem die Entwaldung eine auf den REDD+-Prozess ausüben. In den letzten Jahren neuerliche Steigerung von 29 % im Verhältnis zu 2015 haben subnationale REDD+-Projekte Hochkonjunktur (auf 0,79 Mio. ha) erlebte.4 Allerdings wurde das Pro- in Regionen erfahren, die eher für Ungleichheit als für gramm mit einer stark zentralisierten Struktur umge- Waldmanagement von Bedeutung sind. So gesehen setzt. Zudem haben die unzureichende Koordinierung wurde REDD+ in Brasilien eher als ein Instrument der zwischen den Institutionen und die wachsende Unter- Armutsbekämpfung verstanden, als ein Vehikel, die stützung von Bergbau und Agrobusiness einen negati- Ziele der Klimakonvention UNFCC zu erreichen (CIFOR ven Einfluss auf das Instrument gehabt. Trotzdem hat 2011: 53-55). > 4.2 Entwaldung und REDD+ in Indonesien Zwischen 2010 und 2015 verzeichnete Indonesien ei- hohe ökonomische Attraktivität aufweist. Der starken nen jährlichen Waldverlust von mehr als 684.400 ha. In Agrarlobby steht nur eine durchsetzungsschwache diesem Zeitraum war dies nach Brasilien der weltweit bzw. unwillige Regierung gegenüber; Korruption und höchste Verlust. Je nach Berechnung besitzt Indone- eine Vermischung von politischen und wirtschaftli- sien heute etwa 118 Mio. bzw. 91 Mio. ha Wald, was chen Interessen verstärken die Probleme. 68 % bzw. 53 % der gesamten Landfläche entspricht (FAO 2016: 5, 11).5 Die mit Abstand meisten Emissionen in Indonesien entstehen durch Landnutzungsänderun- 4 Siehe hierzu: gen, also z.B. durch die Umwandlungen ehemaliger http://www.mma.gov.br/florestas/controle-e-preven%C3%A7%C3%A3o- Waldgebiete in landwirtschaftlich genutzte Gebiete. do-desmatamento/plano-de-a%C3%A7%C3%A3o-para-amaz%C3%B4nia- ppcdam Der wichtigste Treiber hierfür ist die Agrarindustrie, 5 Die Unterschiede ergeben sich, wenn Holzplantagen und neu angepflanzte allen voran der Anbau von Ölpalmen, der eine extrem Wälder hinzugezählt werden. 12 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
> 4 Länderbeispiele Um die Emissionen aus den Landnutzungsänderun- gen in Zukunft zu reduzieren, setzt Indonesien stark KFCP: Wald- und Klimapartnerschaft in Kalimantan auf REDD+. Hierfür hat das Land im Dezember 2015 ein Emissionsniveau für die Referenzjahre 1990-2012 Die zwischen Australien und Indonesien vereinbarte Kalimantan gemeldet, das für die Emissionsberechnungen unter Forest and Climate Partnership (KFCP) steckte im Jahr 2007 höchst REDD+ gelten soll (Government of Indonesia 2016: 3). ehrgeizige Ziele: 100 Mio. US-Dollar sollten investiert werden, um Indonesien gehört zu den Ländern, in denen die meis- 70.000 ha Torfmoore zu schützen, 200.000 ha in der Suhartozeit ten REDD+-Projekte angesiedelt sind. Programme wie trockengelegte Torfmoore wieder zu fluten und 100 Mio. Bäume das KFCP (s. Kasten) zeigen, wie wichtig die Vorberei- in Zentral-Kalimantan zu pflanzen. Den großen Ankündigungen tungsphase ist. Groß angelegte Ziele konnten aller- folgten jedoch nur wenige konkrete Ergebnisse, auch aufgrund dings auch deshalb nicht erreicht werden, weil viel chronischer Unterfinanzierung und der großen Komplexität und Geld in vorbereitende Maßnahmen floss, wie beispiels- Vielschichtigkeit des Projektes. So wurden die Ziele – weitgehend weise Untersuchungen zur Messung von Emissionen, unbemerkt von der Öffentlichkeit – deutlich nach unten korrigiert. Aufbau von Kapazitäten oder Monitoringsystemen (Ol- Nur etwas mehr als 10 % der ursprünglichen Fläche soll nunmehr ge- brei /Howes 2012: 22-23). Da eine weitere Finanzierung flutet werden und bis 2012 waren lediglich 50.000 Bäume gepflanzt über den Verkauf von Zertifikaten in absehbarer Zeit worden. Da auch eine umfassende Evaluierung des Projektes fehlt, unwahrscheinlich oder im besten Fall unsicher ist, sind konnten auch Lerneffekte nicht dokumentiert werden. Ein zen- die Anreize zu gering, um gerade die großen Treiber traler Punkt des Projektes war der Rückbau der noch unter Suharto der Entwaldung, allen voran die Agroindustrie, zurück- angelegten Entwässerungskanäle. Sie können Torffeuer in Trocken- zudrängen. Daher konnte die voranschreitende Ent- perioden begünstigen, sind mittlerweile aber von hoher Bedeutung waldung nur wenig eingedämmt werden. Insgesamt als Infrastruktur für die Bevölkerung. So ist es vielleicht als eines der scheinen Pilotprojekte nicht umfassend und ausrei- wichtigsten Ergebnisse des Projektes zu werten, dass in der Kommu- chend genug, um den Treibern der Abholzung recht- nikation mit und durch Unterstützung der ansässigen Bevölkerung zeitig etwas entgegen setzen zu können. Vielmehr sei- das Bewusstsein für Waldschutz und Schutz vor Torffeuern gestärkt en Druck und Unterstützung notwendig, um politische werden konnte. Reformen einzuleiten (ebd. 37ff). Quelle: Eigene Darstellung nach Grain 2014: o.S. Die norwegisch-indonesische Zusammenarbeit zielt stärker auf solche politischen Reformen ab. Im Jahr 2010 unterzeichneten die Regierungen beider Län- der eine Absichtserklärung (Letter of Intent) über ihre tiven Prozessen ihre Landansprüche kartografieren REDD+-Partnerschaft. Diese Erklärung beinhaltet ins- (Howell / Bastiansen 2015: 5, 17). Auch die Tatsache, titutionelle Reformen wie die Einrichtung einer REDD- dass viele lokale Gemeinden schlechte Erfahrungen Agency sowie die Unterstützung politischer Prozesse mit der meist ausländischen Palmindustrie gemacht wie die Erarbeitung einer nationalen REDD+-Strategie haben, lässt sie vielerorts REDD+-Initiativen gegenüber oder eines Moratoriums für neue Waldkonzessionen. positiv eingestellt sein (Howell / Bastiansen 2015: 16). Dieses Moratorium wurde mehrfach verlängert. Eine Studie der Universität in Oslo, die die Entwicklungen in Insgesamt hat sich in Indonesien die Erkenntnis durch- diesem Bereich über fünf Jahre begleitet hat, kommt zu gesetzt, dass REDD+ sehr viel Zeit braucht. Dadurch, dem Ergebnis, dass, trotz aller Schwächen, gerade die dass REDD+ auch die WaldbewohnerInnen in den politischen Reformen dazu beitragen konnten, dass die Blick nimmt, besteht allerdings auch die Chance, dass Rechte indigener Gemeinden über die Waldnutzung ihre Anliegen überhaupt erst zur Kenntnis genommen gestärkt werden konnten. So wurde die „One Map“-In- werden. Damit können indigene Gruppen im Prozess itiative gestartet, um mehr Transparenz in Landrechte der Demokratisierung und Dezentralisierung Indone- und die Vergabe von Konzessionen für Waldnutzung siens einen stärkeren Platz finden. Das muss allerdings zu bringen. Bisherige Praxis war (und ist), dass unter- erkämpft werden, denn nach wie vor versucht die Zen- schiedliche Ministerien und Verwaltungen ohne Ab- tralregierung ihrerseits, REDD+ als Werkzeug zu nut- sprachen Konzessionen vergeben, so dass zum Beispiel zen, um die Kontrolle über den Forstsektor zu behalten. in Zentral-Kalimantan allein 27 überlappende – und Erste Ergebnisse zeichnen sich möglicherweise darin sich damit widersprechende – Konzessionen vergeben ab, dass es der wichtigsten Vereinigung indigener Völ- worden waren. Von einer vereinheitlichten Kartogra- ker in Indonesien gelungen ist, einen Verfassungsge- fierung versprechen sich auch die lokalen Gemeinden richtbeschluss zu erwirken, dass Land der indigenen eine Festschreibung ihrer bisher oft nicht schriftlich Völker nicht länger staatliches Waldgebiet ist. Auch niedergelegten Landrechte. Mithilfe einheimischer wenn dieses Urteil noch von der Nationalversammlung NRO nutzen sie aber selbst auch verstärkt die techni- bestätigt werden muss, mag die Diskussion um die schen Möglichkeiten, mit denen auch sie in partizipa- Rechte der indigenen Völker in Zusammenhang mit 13 REDD+ als Instrument für nachhaltiges Waldmanagement
> 4 Länderbeispiele Unregelmäßigkeiten bei Entscheidungen lokaler Re- gierungen führen immer wieder dazu, dass Macht- und Wirtschaftsinteressen Vorrang behalten vor Umwelt- belangen oder den Anliegen der ansässigen Bevölke- rung. Trotz des anhaltenden Moratoriums stehen il- legale Rodungen noch immer auf der Tagesordnung. Nicht zuletzt auch aufgrund solcher Erfahrungen ist auch die indigene Gemeinschaft gespalten zwischen BefürworterInnen und GegnerInnen (Pollock 2015: o.S.). Noch befindet sich auch Indonesien in der Vorberei- tungsphase für die vollständige Umsetzung von REDD+. Hierfür wurden einige wichtige politische Reformen eingeleitet wie das Moratorium oder die One-Map Ini- tiative. Eine 2013 hierfür eingerichtete REDD-Agentur, Waldaufseher versuchen, illegale Rodungen zu unterbinden, die direkt dem Präsidialamt untergeordnet war, hat Foto: Abbie Trayler-Smith / Panos Pictures / Department for International hierbei eine wichtige Rolle gespielt. Machtgerangel Development (DFID) zwischen dem mächtigen Forstministerium und der Agentur gab es von Anfang an. Nun wurde die Agentur REDD+ wichtige Impulse für diese Entscheidung ge- dem zusammengelegten Ministerium für Umwelt und setzt haben (Howell / Bastiansen 2015: 14). Forstwirtschaft unterstellt. Ob dies tatsächlich zu mehr Effizienz führen wird, wie einige Beobachter glauben, Dennoch ist auch in Indonesien der REDD+ Prozess oder ob hier einfach nur ein unliebsamer Akteur ruhig- weiterhin mit vielen Problemen behaftet. Korruption, gestellt werden sollte, wie andere befürchten, bleibt mangelnde Kommunikation und Transparenz oder abzuwarten (Bellfield et al 2016: 20, Pollock 2015: o.S.). > 4.3 Entwaldung und REDD+ in Guatemala Guatemala ist flächenmäßig das zweitgrößte Land Vor rund zehn Jahren wurde auch REDD+ ein Thema in Mittelamerika und ist zu etwa einem Drittel seiner in dem mittelamerikanischen Land – initiiert durch die Landfläche mit Wald bedeckt. Auch wenn die Gesamt- Zivilgesellschaft vor Ort, die erste Pilotvorhaben starte- fläche im Vergleich zu den großen Regenwaldregionen te, darunter etwas später auch das Lacandón REDD+- der Erde sehr klein ist, befindet sich in Guatemala mit Projekt (s. Kasten). Basierend auf diesen Erfahrungen dem Maya Biosphärenreservat im Norden des Landes und dem System für forstliche Anreizzahlungen hat eines der größten Schutzgebiete der Region. Von Be- Guatemala in einem partizipativen Prozess mit rele- deutung für REDD+-Aktivitäten ist das Land aber auch vanten Akteuren seine nationale REDD+-Strategie mit aufgrund seiner hohen Biodiversität. Zwischen 1950 Aktionen und Zielen definiert. Die Strategie beinhaltet und 2002 hat Guatemala durch Entwaldung rund die u.a. einen Plan zur Konsultation und Beteiligung für Hälfte seiner Waldfläche verloren und trotz Rückgang REDD+-Interessierte, eine Analyse der Ursachen der lag die Entwaldungsrate zwischen 2006 und 2010 noch Entwaldung, Mechanismen zur Verteilung der Gewin- immer bei durchschnittlich 1 % pro Jahr (38.600 ha). Zu ne und ein nationales Monitoringsystem. den großen Treibern der Entwaldung gehören auch in Guatemala die Agroindustrie (Palmöl) und die Vieh- Parallel zu den nationalen Vorbereitungen führen die zucht (the REDD desk, 2013: o.S.). bereits aktiven Pilotprojekte ihre Maßnahmen über den freiwilligen Kohlenstoffmarkt weiter, bis sie in In Guatemala wird ca. die Hälfte der nationalen Treib- ein nationales REDD+-System integriert werden kön- hausgasemissionen durch Landnutzungsänderungen nen. Die Projektverantwortlichen sind auch deswegen verursacht. Maßnahmen zum Schutz und dem Wieder- für die Regierung ein äußerst wichtiger Berater und aufbau von Wäldern stehen auch deswegen schon seit nehmen auf die nationalen Prozesse über die Gruppe vielen Jahren auf der Agenda der Regierung, lange be- der REDD+-Implementierer Einfluss. Aktuell verhan- vor REDD+ in der internationalen Diskussion auftauch- delt die guatemaltekische Regierung mit der FCPF der te. Fokus dabei waren vor allem die Einrichtung von Weltbank über Finanzierungsmöglichkeiten für die und die Arbeit in Schutzgebieten sowie ein System für konkrete Umsetzung seiner REDD+-Strategie. forstliche Anreizzahlungen. 14 Ein neuer Maßstab für den Klimaschutz?
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