Ein Stadtteil lebt auf! - Geschichte und Geschichten aus dem Kardinalviertel Eine Ausstellung der Viertelagentur // 05. September 2019 bis 11 ...
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(c)studiohorst Ein Stadtteil lebt auf! Geschichte und Geschichten aus dem Kardinalviertel Eine Ausstellung der Viertelagentur // 05. September 2019 bis 11. Oktober 2019
Jedes Stadt- und Stadtteilenwicklungsprojekt sollte sich frü- her oder später mit der Geschichte des Ortes auseinander- setzen. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit des Kardi- nalviertels haben wir, die Viertelagentur, im Herbst 2019 zum Anlass genommen und die Ausstellung „Geschichte und Ge- schichten aus dem Kardinalviertel - Ein Stadtteil lebt auf!“ konzipiert und umgesetzt. Bei unserer Recherche sind wir auf spannende Hotelbesitzer, einzigartige Denkmäler, demons- trierende StädterInnen, unglaubliche Hausgeschichten und ganz persönliche Erfolgsgeschichten gestoßen. Um das Ma- terial für die Ausstellung zusammenzutragen, hatten wir reichlich Hilfe. Nicht nur dank einiger Klagenfurter Historiker wurde die Ausstellung zum Erfolg: Ehemalige Kardinalviertle- rInnen haben unserer wachsenden Ausstellung ihre privaten Erinnerungen in Form von Fotos, Dokumenten, Postkarten und Erzählungen zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Ausstel- lung gab es auch einen Vortrag von Dr. Gerhard Katschnig für SchülerInnen unserer Partnerschule der NMS Hasnerschule mit dem Titel „Bildungsstätten in Klagenfurt. Ein kulturge- schichtlicher Überblick“. Als ein weiteres Highlight der Aus- stellung kann die Teilnahme an der Langen Nacht der Mu- seen genannt werden. Die über ZAHL BesucherInnen nutzen nicht nur die Chance sich über das geschichtsträchtige Kar- dinalviertel zu informieren, sondern auch den Ausstellungsort, das Haus Kardinalplatz 8, welches erstmals seit Jahrzehnten wieder zugänglich war, zu bestaunen. Die Beschäftigung mit dem Viertel hat uns nur bestätigt, w Die Viertelagentur
Inhaltsverzeichnis Ausstellung 6 Haus Kardinalplatz 8 7 Kardinalplatz 13 Hausgeschichten 22 Unternehmen anno dazumal 34 Schulen 47 Impressionen 52 Presseinformation 57 Danksagung 59 Quellenverzeichnis 61
Das Haus Kardinalplatz 8 ist ein sehr geschichtsträchtiges Haus, das während seines Bestehens vorwiegend als Hotel genutzt wurde. Im Stadtplan von 1605 ist anstelle des heutigen Gebäudes mit „palaisartiger“ Fassade, ein aus mehreren kleine Häuschen bestehender Block eingezeichnet. Ein paar dieser Häuschen wurden ca. 1760 von dem Weinwirt Kajetan Grundner erworben. Im Jahr 1784 wird der Weingastgeber Andree Nußbaumer Besitzer vom „Zum goldenen Hirsch“, vormals „Braunen Hirschen“. Danach wechselten die Eigentümer bis 1818 die Gastgeber-Familie John das Haus erwarb. 1845 ließ der Hausbesitzer die Fassade des damals zweigeschossigen Hauses nach einem Plan von Baumeister Alois Cargnelutti abändern. Nachfolgebesitzer Josef Mossmann veranlasste 1864 einen Um- und Ausbau nach Plänen von Anton Bierbaum – mit historischem Dekor – zum bereits ein Jahr später fertiggestellten „Hotel Europa“. Das Hotel befand sich danach vorübergehend im Besitz des Hoteliers Anton Ronacher. 1875 wurde das Hotel an Georg Haager und darauf an den Hotelier Leonhard Tauber verkauft. Bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, war der „Kärntnerhof“ im Besitz von Familie Lausegger. 8
Kardinalplatz 12
Der Kardinalplatz ist ein Platz auf rund 5.400 Quadratmetern im Herzen des Kardinalviertels. In der planmäßigen Anlage der Stadt im 16. Jahrhundert wurde hinter jedem Stadttor ein Platz freigehalten – so auch vor dem Völkermarkter Stadttor. Hier entstand sogar der größte Platz, obwohl das Völkermarkter Tor keine repräsentative Bedeutung besaß. Umgeben war der Platz von viele kleinen Bürger- und Handwerkerhäusern. Erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt Ende 16. Anfang 17. Jahrhundert, wurden einige Grundstücke zusammengelegt und mit größeren Häusern neu bebaut. Im Jahr 1809 nach der Schleifung der Befestigungsanlagen durch die Napoleonischen Truppen, kam es zu einer dichteren Bebauung der Schütt. Alle Zugänge zur Stadt waren zerstört. Dank einer Ablösezahlung von Kardinal Salm-Reifferscheidt an die Franzosen konnte das Völkermarkter Tor erhalten bleiben. Über viele Jahre stellte das Tor die einzige Fahrverbindung über den mit Geröllmassen gefüllten Stadtgraben dar. Erst nach und nach wurden die Schäden behoben, Straßen instandgesetzt und neue Häuser errichtet. 13
Im Jahr 1867 musste auch das Völkermarkter Tor dem Verkehr weichen. Als Erinnerung an diese Ereignisse, wurde der Platz zunächst als Fürstenplatz und schließlich als Kardinalplatz bezeichnet. Zu den Gründerzeiten der Stadt war hier der Viehmarkt, weshalb der Platz ursprünglich der Viehplatz war. Nach Kardinal Salm-Reifferscheidt ist auch die Salmstraße benannt. Der Kardinal hatte bereits im Jahr 1807 zum Gedenken an den Preßburger Frieden, in dem der Abzug der Napoleonischen Truppen aus Österreich festgelegt worden war, einen Obelisk mittig am Platz errichten lassen. Der Obelisk stellt somit ein Friedenssymbol dar. Die letzte Neugestaltung des Platzes war in den 70er Jahren. 14
äalter Stadtplan von Klagenfurt Geschichtliche Namensaenderung Viehplatz - Kardinalplatz - Stuttgarterplatzz - Kardinalplatz 15
Kardinal und Fuerstbischof von Gurk, Franz 2. Xaver von Salm-Reifferscheidt Namens- geber vom Kardinal- platz und der Salmstras- se Kunst- und Naturlieb- haber organisierte den ersten Bestieg des Grossglockners, 16 um 1800
Markenzeichen: Friedenspalme Schlankheit gestiftet von Kardinal Salm-R. Friedensobelisk gefertigt aus 1807 enstanden Salzburger Marmor 17
Innenseite des Voelkermartker Tors 1 von 4 Stadttoren Schoene Aussenseite, wenn man in die Stadt hereinkommt 18
sehr gut erhaltene Befestigungsmauer 19
Kardinalplatz genutzt als Gedenk,- Aufmarsch und Demonstrationsplatz 20
Alte Post- bzw. Korrespondenzkarte aus dem Jahr 1908 Postkarten als Werbemittel fuer die UnternehmerInnen 21
Hausgeschichten 22
Baualtersplan von 1970 23
Das Haus Kardinalplatz 1 ist im alten Stadtplan bereits eingezeichnet. Bekannt wurde es als „Stubenberg- Behausung“. Im 18. Jahrhundert wechselten mehrmals die Besitzer: Graf von Kaiserstein, Dr. Johann Georg von Pirkenau, Ernst Maria Graf Lodron und Dr. Karl Anton Hamerlitz bewohnten das Haus. Im Jahr 1175 wurde das Haus an Therese von Kaiserstein verkauft. Zu einem weiteren ehemaligen Hausbesitzer zählt auch Polykarp Graf Christalnigg. Ab 1806 war das Haus im Besitz der Grafenfamilie Egger, danach wurde der Bankier Anton Ritter von Ehrfeld Eigentümer. Haus Kardinalplatz 1 24
Das Haus Kardinalplatz 2 war bereits als Doppeleckhaus im Stadtplan von 1605 eingezeichnet. Es wird als ein zweigeschossiges Gebäude, nach Süden (Kardinalplatz) mit sieben Fenster und Osten (Getreidegasse) 16 Fenster, beschrieben. Die Fassade stammt aus dem späten 18. Jahr- hundert. Der Weinwirt Hudelist, aber auch Baron Sembler, das Gut Freudenberg, Sigmund Graf Galler, Franz Freiherr von Koller, und die Grafen Egger zählten zu den Besitzern. Im Jahr 1882 kauft das Haus am Kardinalplatz 2schließlich die Bankiersfamilie Ehrfeld. Haus Kardinalplatz 2 25
Das Haus Kardinalplatz 3 ist ein altes Bäckerhaus. Im Stadt- plan von 1605 ist hier noch kein Haus eingezeichnet. Erste Eigentümer werden Mitte des 17. Jahr- hunderts erwähnt. Im Jahr 1738 übernimmt der Bäckermeister Johann Trenowitz das auf landwirtschaftlichem Grund liegende Haus mit zwei Gewöl- ben unter dem Stadttor und einem Getreidemagazin. Nach ihm wurden weitere Bäckermeister, der Dampfmühlenbesitzer Peter Majdič und ein Mühlenbesitzer Eigentümer des Hauses. Im Jahr 1847 wurde an der Vorderseite anstelle eines Fensters durch den Baumeister Alois Cargnelutti ein rundbogiges Portal errich- tet. Der berühmte Bäcker Ernst Pietschnigg verkaufte seine Backwaren im Haus Kardinalplatz 3. Haus Kardinalplatz 3 26
Das Haus Kardinalplatz 4 ist das ehemalige „Hufschmiedhaus“ beim Völkermarkter Tor“. Im alten Stadtplan stand hier noch kein Haus. Im Jahr 1658 wird ein Schmied als Erstbesitzer erwähnt. Bis zum Jahr 1893 gibt es Aufzeichnungen, dass vorwiegend Hammer- und Hufschmiedmeister Eigentümer des Hauses waren. Ende des 18. Jahrhunderts wird das zweigeschossiges Haus detailliert beschrieben. Zu dem Haus gehören unter anderem eine gewölbte Beschlagbrücke, ein Vorhaus, eine Schmiede, zwei Eisengewölbe im Erdgeschoß, ein Vorhaus, zwei Zimmer, eine Küche, ein Gewölbe im ersten Stock und zwei Kammern am Dach. Im Jahr 1852 wird ein Zubau am Haus genehmigt und nach der Demolierung des Völkermarkter Tores ein Haus am Kardinalplatz 4 angrenzender Neubau bewilligt. Haus Kardinalplatz 4 27
Das Haus Kardinalplatz 5 ist seit den 80er Jahren eine Zweigstelle der Raiffeisenbank Kärnten. Davor waren im Haus der Landesverband der landwirtschaftlichen Genossenschaft für Kärnten und 1918 das Elektrizitätswerk untergebracht. Um 1860 war es als „Schröderbrauhaus“ bekannt, 30 Jahre später war das zweistöckige Haus mit Gärtchen Eigentum der Stadtgemeine Klagenfurt. Im Stadtplan von 1605 ist noch kein Haus eingezeichnet – erste Beschreibungen gibt es um 1679. Als Erstbesitzer wird der bürgerliche Nadler Thomas Tschernitz genannt. Viele nachfolgende Eigentümer gehen dem Beruf des Kaffeesieders nach, aber auch ein Sockenstrickmeister, ein Glashändler und ein Chirurg bewohnten einst das Haus. Haus Kardinalplatz 5 28
Das Haus Kardinalplatz 6 ist das ehemalige „Montagtischlerhaus“, benannt nach seinem Besitzer aus Jahr 1792, dem Tischler Felix Montag. Nach dessen Tod verkaufte seine Frau Luzia Karler das Haus im Alter von 85 Jahren an den damals noch minderjährigen Tischlermeister Christian Dworsky, der 1880 noch als „Montagtischler“ bezeichnet wurde. Im Stadtplan von 1605 ist hier noch kein Haus eingezeichnet. Erste Hausbesitzer werden Mitte des 17. Jahrhunderts genannt. Ab 1930 war es im Besitz von Ferdinand Fruhmann bis es 2012 an den heutigen Besitzer verkauft wurde. Das Haus bestand schon früher aus zwei Gschossen, mit Schindeln gedeckt, einen kleinen Hof und einen von einer Mauer umgebenen Garten mit Schweinestall. Haus Kardinalplatz 6 29
Das „Alte Bäckerhaus“ am Kardinalplatz 7 war im Stadtplan von 1605 bereits als Eckhaus eingezeichnet. Im Jahr 1774 wurde derBäckermeister Johann Eggendorfer als Eigentümer genannt, danach war das Haus im Besitz von Bäckermeister Josef Rauter, Bäckermeister Gregor Leben und Bäckermeister Mathias Huber. Johann Trabesinger, ein Familienmitglied der Bierwirte Familie Trabesinger, die auch im Besitz des Hauses am Kardinalplatz 6 waren, ließ ab 1860 Adaptierungs- und Renovierungsarbeiten durchführen. Danach stand das Haus sogar als mögliches Mietobjekt in einem Inserat der Klagenfurter Zeitung. Einer der letzten Besitzer Ende des 19. Jahrhunderts war der k. k. Obergerichtsbeamte Polykarp Allesch. Haus Kardinalplatz 7 30
Das Haus Kardinalplatz 9 befindet sich an der Südwestecke des Kardinalplatzes. Das Haus ist bekannt als Apotheke „Zum Obelisken“. Im alten Stadtplan ist das Eckhaus bereits vermerkt. Das einstöckige Haus war seit Mitte des 18. Jahrhunderts im Besitz von Dr. Lorenz Chrysant Vest, der es dann seinem Schwiegersohn, einem Buchdrucker, übergab. Im Jahr 1792 wurde der erste Apotheker Joseph Hartz Eigentümer des Hauses, danach folgten ihm weitere Apotheker als Besitzer des Hauses. Haus Kardinalplatz 9 31
Das Haus Kardinalplatz 10 wird als „bescheidenes zweigeschossiges Haus an der Westseite des Kardinalplatzes“ beschrieben. Das Haus war im späten 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert meistens in Besitz von Juristen. Im Jahr 1845 folgten als Besitzer ein Schneider, eine Schuhmachergattin, ein Handelsmann und ein Wirt. Ab 1927 war der Nähmaschinenhändler Andreas Samonig Eigentümer. Als einer der letzten Besitzer ist die Familie Sintschnig angeführt. Haus Kardinalplatz 10 32
Unternehmen anno dazumal Radio Prinz 33
Walter Prinz, eröffnete in der Vorkriegszeit im Jahr 1937 seine Türen. Im Haus Kardinalplatz 8 wurde alles rund um Harmonika und Elektronik angeboten. Walter Prinz hatte eine besonders künstlerische Ader, so dekorierte er nicht nur selbst die Schaufenster, sondern gestaltete auch mehrmals das Firmenlogo neu. Auch seine Frau Ilse war bis zu ihrem 75sten Lebensjahr im Geschäft tätig. Interessierten Kund*innen spielte Walter Prinz auch schon mal was auf einer Harmonika vor, ohne jemals dieses Instrument oder Notenlesen gelernt zu haben, was die potentiellen Kunden immer sehr beeindruckte. Zu einer Zeit, als noch nicht jeder Haushalt einen Fernseher besaß, blieben Menschentrauben vor dem Prinz-Schaufenster stehen, um in der Auslage Schirennen anzuschauen, die mit Lautsprechern übertragen wurde. Im Jahr 1971 übergibt Wal- ter Prinz die Firma seinem Sohn Werner Prinz, der Anfang der 80iger Jahre drei Kellerräume im Haus dazu nimmt und 1984 einen Umbau des Geschäftslokals initiiert. Im Jahr 1988 wird Radio Prinz an die Firma Elektrotechnik Mahovec aus St. Paul verkauft. Zur Hochblüte hatte Radio Prinz um die 20 Mitarbeiter*innen beschäftigt. 34
10. Oktober 1970 Festliche Schaufenster zum 50. Jahrestag der Kaerntner Volksabstimmung Behoerdliche Kommissio- nierung 1973, Erqweiterung 35
Vom Geschaeftsfuehrer dekorierte Schaufenster Fertigstellung des Zu- und Umbaues am 16. April 1973 36
Bushaltestelle vor der Tuer 37
Delikatessen Fruhmann 38
Delikatessen Fruhmann – das ehemalige Steckenpferd beim Kardinalplatz, war vor allem für seine belegten Brötchen weit über Klagenfurts Grenzen hinaus bekannt. Irene Reinprecht übernimmt mit ihrem Mann das Geschäft 1970 von ihrem tüchtigen Onkel. Der gelernte Konditor war einer der ersten, der am Markt einen Stand mit frischen Almprodukten hatte. Mit dem Erspartem vom Verkauf von Butter, Topfen und Käse kaufte er sich das Haus am Kardinalplatz 6. Als Irene und ihr Mann das Geschäft übernahmen, war schon ein gewisser Kundenstamm aufgebaut. Trotzdem arbeitete das Ehepaar von früh bis spät, sechs Tage die Woche. „Geschenkt worden ist uns nichts“, erinnert sich Frau Reinprecht. Auf jede Veränderung musste man sich einstellen, das Geschäftskonzept überdenken. Die erste Veränderung kommt, als langsam die ersten Großmärkte am Stadtrand auftauchten. „Was bis jetzt gut angekommen ist, ging auf einmal gar nicht mehr“, so die ehemalige Geschäftsführerin. Anfangs hatten sie auf 50 Quadratmetern Obst und Gemüse und nur ein etwas Jause im Angebot. Nach dem ersten Umbau kamen die Südfrüchte dazu. 39
Im Winter gab es Sauerkraut, Rüben, Kohl und Kartoffel. Das Kraut wurde selbst von Familie Reinprecht eingeschnitten, im Wintergeschäft schon mal bis zu 5000 Krautköpfe. Später kamen Imbisse und die bekannten Brötchen dazu. „Wir waren einer der ersten Betriebe, die belegte Brötchen angeboten haben, das hat sehr viele angezogen“, erinnert sich Frau Reinprecht. Roastbeef, Schweinsbraten oder Glundner Käse wurden selber hergestellt. Zu den besten Zeiten beschäftig- te der Familienbetrieb 8 Mitarbeiter*innen. „So einfach wie viele denken, war es früher auch nicht. Du hast auch schwer an einem Standort bestehen können, ohne dir immer wieder was Neues einfallen zu lassen“, sagt Irene Reinprecht. Früher gab es am Kardinalplatz mehr Frequenz wegen der vorhandenen Busstationen und auch dieLandesregierung hat sehr viel Frequenz gebracht. Zu Mittag holte man sich eine Jause beim Fruhmann. Bald wurden auch Jause und Brötchen geliefert – damals war Fruhmann noch der einzige Caterer von belegten Brötchen. Zur Weihnachtszeit gingen oft 1000 Brötchen über die Theke. Bei so viel Arbeit, blieb wenig Zeit für die Familie, an Urlaub war nicht zu denken. 40
Den Onkel, der Delikatessen Fruhmann aufgebaut hatte, be- schreibt Irene Reinprecht als einen Pionier: „Der hat den richtigen Riecher dafür gehabt, was die Leute wirklich wollen“, erzählt sie. Im Innenhof des Hauses Kardinalplatz 6 gab es früher kleine Hühnerställe. Ihr Onkel hat Hühner in den 70er Jahren mitten in der Stadt gezüchtet. Im Geschäft konnte man dann ein frisches Bio-Huhn bestellen und in einer halben Stunde abholen. Währenddessen hat der Onkel das Huhn im Hof gestochen, ein Biohuhn aus der Stadt. Er hatte auch einen Gemüsegarten in St. Peter, wo er Gemüse angebaut hat, welches er dann imGeschäft verkaufte. Irene Reinprecht und ihr Mann haben den Garten ein paar Jahre nach ihrer Übernahme mitbetreut, bis es dann zu viel geworden ist. Der Onkel aber, war einer der Regionalität in der Stadt durch und durch gelebt hat. „Er war ein feiner Kaufmann, selbst sehr hakelig, deshalb wollte er immer nur die beste Qualität“, so seine Nichte. Im Jahr 2012 sperrten Irene und ihr Mann das Geschäft zu. Einen Tipp an heutige Unternehmer hat die Pensionistin: „Du musst dir selber helfen! Wir haben nie geschaut, was die anderen machen, sondern uns selbst den Kopf zerbrochen!“ 41
Cafe Konditorei Todor „Am Kardinalplatz, da war was los!“, erinnert sich Frau Todor. Die Cafe Konditorei Todor wurde von der Familie Todor 1960 eröffnet. Der Bruder von Frau Todors Mann war Konditor, von ihm wurde das Cafe mit den Süßspeisen beliefert. Von Montag bis Samstag war das Cafe geöffnet, Familie Todor bewohnte den 1. Stock – wie auch noch heute. Nach sehr aufwendigen Umbauarbeiten, von Fassade und Dach, kommt auch bald der wunderschöne Gastgarten dazu, der aber zusätzliche Arbeit bedeutetet. „Der ganze Garten musste ja jeden Tag hineingetragen werden!“, erinnert sich die ehemalige Cafebesitzerin. Es wurde im Cafe aber nicht nur Süßes genascht, sondern auch sehr viel gekocht. Der Sparverein mit 150 Sparern wurde von Frau Todor bekocht – dafür musste sie in den 1. Stock in ihre Privatküche ausweichen. Ihre zwei Mädchen halfen als Kinder und während des Studiums fleißig im Familienbetrieb mit. Das Eis von Herrn Todor war auch sehr bekannt und beliebt. „Die Kinder sind nach der Schule immer für ein Eis eigestanden“, erinnert sich Frau Todor schmunzelnd. Auch dass sie heute immer noch von Menschen erkannt wird, freut die inzwischen 82-jährige ehemalige Geschäftsfrau sehr. 42
Baeckergasse 43
Foto ca. um 1970/80 44
Familie Todor, Betreiber des Cafes Todor bis 1996 45
Schulen 46
Bereits zu Beginn der 1890er Jahre befasste sich der Gemeinderat mit der Notwendigkeit am Ostrand der Stadt, am Völkermarkter Ring (ehemals Bismarckring), ein zweites Schulgebäude zu errichten. Die Bismarckschule bzw. das Ostschulhaus, heute bekannt als die Hasnerschule in der Lidmanskygasse 55. Nach einer ungefähr dreijährigen Bau- zeit und unter einer Aufwendung von 250.00 Gulden, wurde am 1. April 1896 im Nordteil die Knabenschule aus dem Realschulgebäude unter der Leitung von Anton Wissiak, im Südtrakt eine zur Entlastung der bestehenden Mädchenschulen eine eigens geschaffene Mädchenvolksschule auf, während im Westteil ebenerdig die städtische Feuerwehr und bereits seit 1. Oktober 1895 im zweiten Stockwerk die Communal-Handelsschule Unterkunft fanden. Im Haus gab es ab 1910/11 auch eine selbstständige einklassige Hilfsschule für ‚bildungsunfähige‘ Schulkinder. Im Halbkellergeschoß waren eine Schülerwerkstätte sowie ein Schulmuseum vorgesehen, welches dann ab 1913 im Eigen- tum des k.k. Stadtschulrates stand. Der Schwerpunkt der Hasnerschule ist Musik bzw. musisch-kreativ. 47
Die ehemalige Volkschule 3 in der Lidmanskygasse 22 oder auch Lidmanskyschule genannt wurde um 1820 erbaut. Seit 1861 diente das Gebäude als Schule. Zwischen 1861 und 1890 war hier die „Staatshandwerksschule“ untergebracht, spä- ter wurde sie zur Bürgerschule I. Vier Jahre lang, von 1945 bis 1949 beanspruchte die Schule die englische Besatzungsmacht. Am 29. September 1949 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Hier entsteht bis 1970 die Hauptschule 4, von 1970-1972 die Hauptschule 13 und dir Übungsvolkschule. Im Jahr 1986 ist hier die Volkschule 24, bis sie dann endgültig zur Volkschule 3, mit musikalischen Schwerpunkt, wird. Die Schule wird am 1. September 2014 aufgrund der ständig sinkenden Schülerzahlen geschlossen. Der älteste erhaltene Teil des Gebäudes befindet sich in der ehemaligen Bibliothek der Volksschule.
Beide Schulen, die NMS Hasnerschule als auch die ehemalige Volkschule 3 befinden sich in der Lidmanskygasse. Namensgeber der Straße ist Fürstbischof von Gurk Adelbert Josef Lidmansky,geboren 1795 und gestorben 1858 in Klagenfurt. Lidmansky studierte in Budweis Philosophie und Theologie und wurde 1818 zum Priester geweiht. Am 13. Mai 1842 ernannte ihn Kaiser Ferdinand I. zum Fürstbischof von Gurk. Zeitlebens bereiteten den Bischof die finanziellen Schwierigkeiten der Diözese Sorgen, die er nur allmählich lindern konnte. Am 2. September 1856 besuchte das junge Kaiserpaar das zweite Mal Klagenfurt und Bischof Lidmnns- ky las die Messe in der Burg. Seit 1856 ging es des dem Bi- schof gesundheitlich immer schlechter, 1858 verstarb er. Die Hälfte seines beträchtlichen Vermögens vermacht er den Ar- men.
Feuerwehr in der Hasnerschule um 1908 50
Impressionen
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Ausstellungseroeffnung am 05. September 2019 55
Lange Nacht der Museen am 05. Oktober 2019 im Haus Kardinalplatz 8 56
Presseinformation
30.08.2019 Presseinfo aus dem Kardinalviertel © Kärntner Landesarchiv, Ansichtskartensammlung AT-KLA 129-E-Klagenfurt 237 St, 1873 Fürstenplatz AUSSTELLUNG „Geschichte und Geschichten aus dem Kardinalviertel – Ein Stadtteil lebt auf!“ Eröffnung am 5. September 2019 um 18.00 Uhr, Kardinalplatz 8, Klagenfurt „Die Sonne scheint, als es im Schanigarten des Hotel Europas vor Gästen nur so wuselt. Der letzte freie Tisch wird von einem Pärchen ergattert und die frisch angereisten Gäste bestellen freudig beim Ober eine Kanne Kaffee und einen frischen Apfelstrudel mit Schlag – herrlich! Die Ruhe und Stille rund um den Kardinalplatz wird abrupt unterbrochen. „Auf die Plätze fertig los!“ – hört man eine männliche Stimme durch ein Megafon brüllen. „Das Sprinttraining der Jungen im ersten Gymnasium von Klagenfurt (heute Hasnerschule) hat wieder begonnen“, erklärt der Ober den verwunderten Reisenden. Vor ihnen der weite Raum mit dem in den Himmel strebenden Friedensobelisk, dem Wahrzeichen dieses Platzes. „Bei Fruhmann, gleich gegenüber, gibt es die besten Brötchen!“, schnappen die Neuankömmlinge aus einem Gespräch ihres Nachbartisches auf und nehmen sich fest vor, während ihres Aufenthalts bei Delikatessen Fruhmann vorbeizuschauen. Ein wunderbarer Sommertag im Kardinalviertel“ – Geschichte und Geschichten bunt gemischt aus dem Kardinalviertel zeigt eine Ausstellung im auch als „Geisterhaus“ bekannten Gebäude am Kardinalplatz 8. Das Haus stand lange Zeit leer und wird seit einigen Monaten von der Viertelagentur zwischenzeitlich genutzt. Am 5. September 2019 um 18.00 Uhr wird die Ausstellung zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses Stadtraumes eröffnet. 58
Danksagung
Die Viertelagentur dankt folgenden Personen für Ihr Interesse, Ihre Mithilfe, Ihr Engagement, das Zurverfügungstellen diverser Materialien und die spannenden Gespräche: Hans-Jörg Gallob Reinhold Gaspar Gerhard Katschnig Daniela Obiltschnig Werner Prinz Irene Reinprecht Fam. Todor 60
Inhaltsverzeichnis Quellenverzeichnis
Textquellen Kinogeschichte (2019), Kammerlichtspiele. Online unter: http://www. kinogeschichte.at/kammerli.htm. Koschier, Ilse (1993), Kardinal Salm und Klagenfurt. In: Ausstellungskatalog Franz Xaver von Salm, Ausstel- lungskatalog, Diözese Gurk & Stadt Klagenfurt. Bildquellen Sammlung Fam. Todor Sammlung Werner Prinz Sammlung Beatrice Bednar Sammlung Reinhold Gaspar Sammlung Hans-Jörg Gallob Ausstellungskatalog Franz Xaver von Salm, Ausstel- lungskatalog 1993, Diözese Gurk & Stadt Klagenfurt, S. 12, 140ff., Stadt Klagenfurt, 1970, Doppelband, Baualtersplan. Kärntner Landesarchiv: Pläne: Kardinalplatz 3, Kardinalplatz 4, Kardinalplatz 5, Kardinalplatz 7, Kardinalplatz 9 (2 Ansichten) und Kar- dinalplatz 10, Klagenfurt Stadt II, AT-KLA 502-I.a.22 Su, 1818-1938. Plan Lidmanskygasse 22, Klagenfurt Stadt II, AT-KLA 502-I.a.32, Su, 1818-1938. 62
Ansichtskartensammlung, AT-KLA 129-E-Klagenfurt 688 St, Klagenfurt. Kardinalplatz / 313. - Blick leicht schräg über den schwach belebten Platz gegen Nord- osten, gut zu sehen die Schütt. ca. 1925. Ansichtskartensammlung, AT-KLA 129-E-Klagenfurt 237 St/ 1873 Kärnthen. Klagenfurt Fürstenplatz KK. - Blick schräg über den Kardinalplatz gegen Südwesten, dominant ders südseitige gründerzeitliche Repräsenta- tivbau., 1873. Ansichtskartensammlung, AT-KLA 129-E-Klagenfurt 91 St, Gruss aus Klagenfurt. Fürstenplatz No. 5031. / Corre- spondenz-Karte. - Blick schräg über den belebten Kar- dinalplatz gegen Südwesten. Bildmotiv nimmt nur Teil der Vorderseite ein. ca. 1898. Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1477 St, Klagenfurt: Blick auf den Obelisk am Stutt- gartplatz (heute Kardinalplatz) während des National- sozialismus, 1938-1945. Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1513 St, Klagenfurt: Blick auf den Obelisk am Fürsten- platz (heute Kardinalplatz), o. D. Karten und Pläne, AT-KLA 127-G-K 6 St, Vogelschau von Klagenfurt. Beilage zur Urban Paumgartners Aris- teion Carinthiae, Claudiforum, 1605. 63
Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1503 St, Klagenfurt: Blick auf den Obelisk am Fürs- tenplatz (heute Kardinalplatz), 1908. Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1509 St, Klagenfurt: Blick auf den Obelisk am Kardi- nalplatz, o. D. Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1507 St, Klagenfurt: Blick auf den Obelisk am Fürs- tenplatz (heute Kardinalplatz), 1898. Hudelist, Christian; Bildquellensammlung, AT-KLA 986- E-1496 St, Klagenfurt: Aufnahme der Jungmänner-Ver- eidigung 1931 am Kardinalplatz, 1931. Plakatsammlung, AT-KLA 131-H-B 48 St, Mobilisierung. Massenversammlung d. Arbeitslosen ohne Unterschied d. Standes u. d. Partei auf d. Klagenfurter Kardinalplatz. TO: Angriff auf d. Achtstundentag, Forderungen d. Ar- beitslosen, Aufbau d. Arbeitslosenorganisation. Lachs- farbig, 02.03.1924. Plakatsammlung, AT-KLA 131-H-B 75.1 St, Heraus zum Hungermarsch am 23. Juni 1932 um 10 Uhr vormittags in Klagenfurt am Kardinalplatz. Arbeitslose! Ausgesteuer- te..Demonstriert für Arbeit, Unterstützung, Notopfer etc., 23.06.1932. 64
Bundesdenkmalamt, 1989, 8.-Mai-Straße 44, Hasner- schule, Repro Puch (1060/2), Orig. Magistrat Anfang 20. Jahrhundert, Klagenfurt, Pos.Nr.: 76.764. Alte Ansichten von Klagenfurt (2019), Facebookgruppe, Cafe Kuder, Cafe Swoboda, Cafe Obelisk. Kinogeschichte (2019), Kammerlichtspiele. Online unter: http://www. kinogeschichte.at/kammerli.html. 65
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