Eine Armee singender junger Soldatinen in Petra.

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Eine Armee singender junger Soldatinen in Petra.
Eine Armee singender junger Soldatinen in Petra.
Eine Armee singender junger Soldatinen in Petra.
Der Anblick auf die Schatzkammer in den Schluchten von Petra kurz vor
Sonnenuntergang ohne Touristen von einem ungewöhnlichen Blickwinkel aus.
Eine Armee singender junger Soldatinen in Petra.
DIE WÜSTE BEBT
Text & Bilder: Cecile M. Lederer

Ich hab Euch versprochen noch mehr von dem Rave in Jordanien zu
erzählen.
Aber die erste logische Station nach der Ankunft im quirligen Amman (der
Hauptstadt Jordaniens) war erst einmal Petra, die zu einem der sieben
Weltwunder gekrönte Felsenstadt und Kultstätte der Nabatäer.
Wenn man sich nicht unbedingt im Hochsommer mittags bei 40° Celsius im
Schatten (,den es dort nicht gab) dort einfindet (so wie ich) und gut zu Fuß (so
wie ich nicht) ist, bieten die behauenen orangeroten Schluchten und Felsen
einen uneingeschränkt überwältigenden Eindruck. Das weitläufige und von
außen unscheinbare Areal der Ausgrabungsstätten birgt unter anderem
einen relativ leicht zu erreichenden touristischen Höhepunkt - die
Schatzkammer, die sich am Ende einer der vielen durchwanderbaren
Schluchten hervortut.

Vor der, aus einem Stück gehauenen Felsen-Fassade, sammeln sich auch ihre
Bewunderer aus allen Ländern. Aber es lohnt sich gegen Abend ein paar
Schritte abseits der Schaulustigen den Berg hinauf zu steigen und den
Sonnenuntergang zu genießen. Das hat mir Abdullah gesteckt, der junge
Beduinenbursche, dessen zwei Kamele immer röhrend wie kaputte
Klospülungen vor der Schatzkammer wiederkäuen. Er war es auch, der mir mit
abenteuerlicher Euphorie den versteckten Stiegenaufgang gegenüber des
alten Amphitheaters gezeigt hat und mich auf einem geborgten Esel die
steilen Treppen hinauf lotste.
Beim Anstieg war meine Neugierde größer als die Furcht. Hinunter ging’s flott
aber zu dritt. Ich, der Esel und die wachsende Panik, dass die müden, zarten
Haxerln des Tieres ausrutschen und uns in die Tiefe reißen würden.
Mit den dort ansässigen Beduinen kann man übrigens ruhig ein paar
englische Worte wechseln. Man braucht keine Angst haben, dass sie einem
unermüdlich ihre Waren andrehen wollen. Ihr Stolz macht sie überaus
zurückhaltend und hilfsbereit. Ihr Wissen über die verwinkelten Schluchten ist
oft größer als das jedes Guides. Die meisten von ihnen wurden in den Höhlen
geboren und verdienen sich ein Zubrot mit den Touristen.

Übernachten lässt es sich gut in einem der beiden Mövenpick-Hotels, das fast
direkt beim Eingang der Ausgrabungsstätte liegt. Abends kann man unweit
des Hotels bei Eid Nawafleh, dem Eigentümer von „Petra Kitchen“,
eigenhändig arabische Gerichte zubereiten und verzehren. Dazu bringt eine
Hubbly-Bubbly (Wasserpfeife) und einer der satten jordanischen Weine die
nötige Ruhe vor dem Schlafengehen.
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Der kleine Hammed schlagt in der Wüste von Wadi Rum bei
             Sonnenuntergang Purzelbäume vor Glück.
Das Event-Gelände von oben: Der DJ Dave Seamen tut was er kann.
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Die Ruhe vor dem Sturm
Will man schnell von Petra in den Süden von Jordanien in die Wüste Wadi
Rum, schmeißt man sich auf den Desert Highway, wobei ein klimatisiertes
Mietauto von Vorteil ist. Als Alternative kann man den täglich verkehrenden
Bus nehmen. Immer wieder wird man an langgestreckten braun-weiß
gestreiften Zelten aus Ziegenhaar vorbei fahren, in denen noch heute
Beduinen mit ihren Familien wohnen und ihre Tiere an den wenigen Brunnen
tränken.
In Wadi Rum selbst, der Wüste mit den unzähligen spitz aufgetürmten
Felsblöcken (Säulen der Weisheit genannt) gibt es die Möglichkeit in solcherlei
Zelten zu übernachten. Zwingende Anlaufstelle ist dafür das „Visitor Center“,
von dem aus Schlafplätze, Jeep- und Kameltouren aber auch Wanderungen
vermittelt werden. Ohne sich dort anzumelden, sollte man sich nicht in das
Naturschutzgebiet wagen.

Rafiq Suleiman, der bärige Service Manager des Touristenzentrums und
Eigentümer des „Captain’s Camp“, gibt einen Einblick in die zahlreichen
Möglichkeiten für Übernachtungen. Angefangen vom Wüstenboden Marke
„Rückenschmerz“ im Selbstversorger Camp bis zum Luxury-Chillout unter
Sternen am Wüsten-Pool wird alles geboten.

Unweit des „Captain’s Camp“, dass sich in den Schoß eines schützenden und
schattenspendenden Felsen schmiegt, befindet sich auch das Areal auf dem
seit fünf Jahren der Rave „Distant Heat“ stattfindet. Internationale DJ’s wie
Dave Seamen und Above&Beyond sollen in dieser Nacht die Scheiben
wetzen und den Wüstensand mit wummerden Beats erbeben lassen.
Kira, eine hübsche blonde Holländerin und ebenfalls Rave-Besucherin ist sich
gar nicht mehr so sicher, ob sie sich die Party geben soll. Denn die flirrende
Ruhe des frühen Abends, der Salbei-Tee und der raue Kelim auf dem wir uns
vorsorglich ausstrecken, laden ein im Camp zu bleiben und bis spät in die
Nacht ins Feuer zu starren.
Doch die Karten waren teuer und die Neugierde auf die ungewöhnliche
Lokation für solch ein Musik-Erlebnis überwiegt doch.
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Der DJ Dave Seamen bringt die Menge zum toben..
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Abu Rami Mohammed (=“Der Vater von Rami mit dem Namen Mohammed“)
und Verwalter der Lokation im traditionellen Gewand spricht gerade über
Homosexualität ohne ein einziges Mal das Wort „Sex“ zu benützen.
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Durststrecke
Security-Guys riegeln den noch dünnen Anstrom der Leute behände ab, bis
endlich an der Kassa die vorreservierten und auf 1000 Personen limitierten
Karten ausgeteilt werden. Auch für zahlkräftige VIPs gibt es erstmal kein
Durchkommen. Die Bässe des eintönig wummernden Sounds brechen sich an
den rot beleuchteten Bergen, vor denen eine relativ kleine Bühne mit den DJ-
Pults und das silbernblaue VIP-Zelt aufgebaut ist. Taschen werden nach
mitgebrachtem Alk und Drogen kontrolliert und bunte Arm-Bändchen
ausgeteilt.
Es hat bestimmt immer noch über 35° Celsius und ich habe unendlichen Durst.
Aber als ich endlich drinnen bin, fällt mir ein, dass ich mein Geld bei meinen
restlichen Sachen im „Captain’s Camp“ gelassen habe. Der Weg zurück
durch die dunkle Wüste scheint mir zu unheimlich, also beschließe ich mich so
durchschlagen und treffe leicht verzweifelt und mit trockenem Mund auf Abu
Rami. Er ist der Verwalter des Areals und weit und breit der einzige in einer
Dischdascha, dem traditionellen bodenlangen appetitlich gestärkten Hemd
der Araber.
Er wandelt wie ein Alien durch die knapp betuchte Gesellschaft und
entwickelt sich zu einem äußerst amüsanten und generösen Unterhalter,
verschafft Bühnenzutritt und hält den kleinen Tisch frei, während ich mich auf
die auf die Tanzfläche wage.
Die Beats und die Lasershow pumpen mich durch die wabernde Menge,
mein Herzschlag scheint immer aus dem Rhythmus zu hämmern, alles
vermischt sich zu einem einzigen Getöse. Aus den Gesichtern schreit die
eingeworfene Liebe und der Alkohol.
Von der schwer bewachten VIP-Zone lacht Kira, die Holländerin, herunter und
winkt mich zu sich her. Auch die Gay-Szene aus Amman hat sich hier
eingefunden und manikürte Männerhände grapschen feste Pöpsche in
engen Jeans. Alles ist eng und heiß hier unten, mein Kopf droht zu platzen und
ich steige hinter der Bühne auf ein Felsplateau, das Luft und Überblick bringt.
Ein paar Pärchen tun es mir gleich und es werden brüderlich Zigaretten und
Wasser geteilt.

Freundliche paästinensische Kellner liefern begehrte Flüssigkeiten. Irgendwer
hat ein rohes Ei und ein Kamel-Gaga auf meine Frühstücksflade gelegt, die
eigentlich als Marmeladenhalterung dienen sollte.
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Auch weit nach Mitternacht bleiben die erwünschten Low Beats aus, chillen
ist kaum möglich, nicht einmal in den kleinen braunen Zelten mit den zur
Verfügung gestellten Betten kommt der Puls wieder auf Normalniveau.
Also halte ich durch, bis der Morgen den Horizont streift, hole mir etwas von
dem spärlichen Frühstücksbuffet und Kaffee und schaue den aufgedunsenen
Gestalten zu, die zombiartig umherwandeln, die letzte Tablette einwerfend
um wieder auf Touren zu kommen.
Bei Licht löst sich das idyllisch gelegene Areal in ein Feld aus rotem Sand und
Müllfetzen auf, der Glanz der Nacht schwindet und ich mache mich vor
Einbruch der großen Hitze auf nach Aqaba am Roten Meer. Keine 40
Kilometer weiter wird noch am Abend des selben Tages eine weitere Party im
Royal Yacht Club steigen.

Morgenstund hat Koks im Mund – Die Wüste bebt weiter. Das Wasserglas im
Vordergrund sichert das Überleben bei 44° Celsius im Schatten. Keine 100
Meter links davon gab’s Nachmittags den ersten Soundcheck. Der Generator
im Hintergrund rumort dagegen angenehm.

Showdown am Roten Meer
44 ° im Schatten. Das Mövenpick-Hotel in Aqaba berstet beinah vor lauter
müder High-Society-Kids, die auf ein Zimmer warten, dass sie diese Nacht
nicht betreten werden.
Am hoteleigenen Strand klärt sich der Kopf ein wenig durch das kristallklare
Meerwasser aber die Müdigkeit zieht bleischwer am Gemüt.
Die abendliche Party verspricht aufgrund der kleinen Lokation im königlichen
Yacht Club sehr intim zu werden – maximal 350 Leute passen hinein. Das
Gelände mit den saftigen Palmen und den glitzernden Schiffen liefert einen
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drastischen Gegensatz zur Wüste, sodass ich mir mit meinen verschwitzten
Allerlei-Latschen ziemlich underdressed vorkomme.
Um den gepflegten Pool wippen Multikulti-Gazellen in High-Heels und hängen
locker an den rasierten Unterarmen ihrer mitgebrachten Drei-Tage-Bart-
Model-Typen in weißen Cargopants. Die Musik hat Kontur bekommen und
verspricht einen mehr einzunehmen als zuzudröhnen.
Hinter mir kreischt jemand freudig meinen Namen und die aufgekratzten
palestinensischen Kellner reißen die Arme in die Luft. Sie kennen mich noch
vom Vorabend in Wadi Rum und schenken mir fröhlich Mixgetränke in
Pappbecher ein. Aber ich bin trotz ihrer Großzügigkeit zu müde, um weiter
durchzuhalten, schlendere schon bald Richtung Hotel.
Vor dem McDonalds von Aqaba steht die übernächtigte Holländerin Kira mit
einem saftelnden Cheesburger und tankt Kraft für den frühmorgendlichen
Showdown.

Die Beats sind bis tief in die sehr lebendige Stadt zu spüren, die den ganzen
Nachmittag in Hitzestarre vor sich hingedöst hat.
Eine Frage, die mich durchgehend beschäftigt ist, warum dieses Festl gerade
in Jordanien stattfinden kann, in dem Land, wo viele Frauen noch immer bis
zu den Wimpern in schwarze Stoffe gehüllt sind und Traditionen der Kleister der
Gesellschaft sind.
Roula, die hübsche Syrerin im kurzen Hemdchen gibt Antwort. Sie hat beide
Nächte durchgehalten, obwohl es überhaupt nicht ihre Musikrichtung war,
die ihren Körper durch die Stunden bewegt hat.
„It’s Revolution-Time! And Jordan is easy!“ schreit sie mir erklärend entgegen,
als ich frage, warum sie extra von Damaskus den weiten Weg für diese Party
auf sich genommen hat. Kurz bevor wir uns an der Bushaltestelle
verabschieden zieht sie doch noch hastig ihre weite Hose an, macht sich den
obersten Knopf der Bluse zu und steigt mit zwei ausgefransten Plastiksackerln
in den Bus nach Damaskus, zurück in die noch konservativere Heimat.

Das Kempinsky Hotel mit einer riesigen Pool-Landschaft direkt am Toten Meer.
Tot ist dort nur, wer zu lange in der Sonne oder Salzwasser bleibt.

Was man auf der Rückfahrt von Aqaba nach Amman nicht versäumen sollte:
Das Tote Meer (allerdings sollte man ein Hotel buchen, da es keine
öffentlichen Badestrände gibt. ZB das Kempinsky Hotel mit dem hübschen
Souvenirshop)

Tipps:
         Man soll sich nicht wundern, wenn man von Einheimischen gefragt wird,
         ob man verheiratet ist und ob man Kinder hat. Was für uns eine eher
         intime Frage ist, ist für Menschen aus arabischen Ländern eine reine
         Höflichkeit.

         Wenn man zu etwas eingeladen wird, sollte man sich nicht umständlich
         zieren oder lang nach der Bezahlung fragen. Das wäre eine Nicht-
Wertschätzung des Gegenübers. Ein klares „nein, danke!“ wird aber
      respektiert.

      Obwohl Jordanien ein sehr fortschrittliches Land ist, sollte der Höflichkeit
      halber doch noch auf knie- und schulterfreie Kleidung so weit wie
      möglich verzichtet werden.

Definition „Rave“ aus dem Brockhaus:
[englisch/amerikanisch], eine 1990 von der nordenglischen Industriestadt
Manchester ausgehende Spielart der Popmusik, in der Elemente von
Acidhouse mit einer nostalgischen Rückorientierung auf das Klangbild der
Endsechzigerjahre einhergingen. Zu den Bands, die eine derartige Mixtur aus
Dancefloor-Rhythmen und Independent Rock praktizierten, gehören u.a.
Happy Mondays, Soup Dragons, Stone Roses und die Charlatans.
Ausgangspunkt für den kurzlebigen Discoboom waren die Klubs »Hacienda«
und »Dry 201« in Manchester, in denen Mike Pickering (* 1950) als Discjockey
beschäftigt war. Der britische Slangausdruck Rave steht dabei für »Fete« oder
»tolle Party« und ist auf die nächtelangen Tanzorgien, verbunden mit einer
aufwendigen Licht- und Videoshow, bezogen. Im Zusammenhang mit der
Technowelle (Techno) seit Ende der Achtzigerjahre wurde der Begriff dann
auf die oft mehrere Tage dauernden Massenpartys übertragen. Seitdem
versteht man unter Rave bzw. Techno-Rave eine partyähnliche Veranstaltung
mit Techno-Musik, was vom Discoabend bis zur zwei oder drei Tage
dauernden Massenveranstaltung reichen kann.
© Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2006

Bilder: © butjabutja – multicrossmedia, Cecile M. Lederer
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