Einflüsse von Cannabinoiden auf die Hirnentwicklung - Dipl.-Psych. Yehonala Gudlowski Charité Berlin

 
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Einflüsse von Cannabinoiden auf die Hirnentwicklung - Dipl.-Psych. Yehonala Gudlowski Charité Berlin
Einflüsse von Cannabinoiden auf
      die Hirnentwicklung

     Dipl.-Psych. Yehonala Gudlowski
              Charité Berlin
Einflüsse von Cannabinoiden auf die Hirnentwicklung - Dipl.-Psych. Yehonala Gudlowski Charité Berlin
Cannabis
             gestern und heute

• Die Hanf-Pflanze, Cannabis Sativa, wird bereits
  seit über 4000 Jahren wegen ihrer entspannenden
  und bewusstseinsverändernden Wirkung
  konsumiert. Marihuana und Haschisch sind heute
  die bei weitem am häufigsten gebrauchten Drogen
  weltweit. Allerdings wird Cannabis bereits seit
  dem 4. Jhd. v. Chr. ebenfalls als Therapeutikum
  verwendet. Keine Droge wird gegenwärtig derart
  kontrovers diskutiert wie Cannabis.
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• Heutige Debatten fokussieren die zukünftige
  Legalisierung des Cannabis, zumindest zu
  therapeutischen Zwecken. Cannabis weist eine
  Vielzahl therapeutischer Eigenschaften auf, z.B.
  gegen Muskelverspannungen (Spasmen im
  Rahmen von MS), Schmerzen, epileptische
  Anfälle und erhöhter Augeninnendruck. (Hollister,
  1986). Ferner wirkt es appetitanregend und
  mindert Übelkeit und eignet sich daher gut zur
  Behandlung von HIV- und Krebspatienten
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• Ziel der vorliegenden Zusammenstallung
  soll sein, einen Überblick über
  Wirkmechanismen und Risiken des
  Cannabis zu geben und deren Verständnis
  zu vermitteln.
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∆9-Tetrahydrocannabinol (∆9-THC)

 Die wichtigste psychoaktive Komponente
 des Cannabis , ∆9-Tetrahydrocannabinol
 (∆9-THC), ebenso wie strukturell ähnliche
 Inhaltsstoffe des Cannabis, ist ein
 hochgradig lipophiles Molekül, welches
 seine zentralnervösen Effekte durch Bindung
 an spezifische Membranrezeptoren, die CB1-
 Cannabinoid-Rezeptoren, entfaltet.
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∆9-Tetrahydrocannabinol (∆9-THC)

 Neben ihren zentralen Effekten besitzen,
 Cannabinoide diverse periphere Effekte, die
 wahrscheinlich über einen anderen
 Rezeptortyp, den CB2 Cannabinoid-
 Rezeptor vermittelt werden.
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ZNS   PNS
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Pharmakologie des Cannabis
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Effekte von Cannabinoiden

Während Cannabinoide direkte zelluläre
Effekte auf viele Organe, insbesondere die
Leber, das Fortpflanzungs- und
Immunsystem haben, scheinen die meisten
Einflüsse auf Verhalten und Emotionen
direkt durch Einflüsse auf das zentrale
Nervensystem bedingt zu sein.
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Euphorie, Kognition und Verhalten

Das wichtigste Merkmal besteht in einer
vorläufigen Phase der Euphorie und
Entspannung, welcher meist eine depressive
Phase folgt. In geringen Dosen rufen
Cannabinoide eine Mischung aus
stimulierenden und depressiogenen Effekten
hervor. Bei höheren Dosen provozieren Sie
vorwiegend Depression.
Während des
              Nach dem Rausch
 Rausches
Entspannung und Veränderung der
              Wahrnehmung
Der angenehme Effekt des Cannabis-Rauchens, welcher
hauptverantwortlich für dessen Missbrauch ist, schließt
ferner Gefühle der Beruhigung und Entspannung, sowie
eine veränderte Wahrnehmung von akustischen und
visuellen Reizen ein.
Kognition und Verhalten
Akute Konsumption des Cannabis geht mit
einer Reihe kognitiver Störungen einher,
insbesondere Gedächtnisstörungen,
verändertem Zeiterleben, verlangsamter
Reaktionszeit, eingeschränkte Lernfähigkeit,
sensorische Wahrnehmung ,
Bewegungskoordination und Aufmerksamkeit.
Schmerzlindernde Effekte von
           Cannabinoiden

• Einer der bestbeschriebenen biologischen
  Effekte der Cannabinoide, wie ∆9-THC, ist
  ihre Fähigkeit zur Hemmung der
  Nozizeption, das heißt die Weiterleitung
  von Schmerzreizen.
Antinozizeptive Effekte von
             Cannabinoiden

• Die Schmerz mindernden Effekte der
  Cannabinoide werden über µ Opioid Rezeptoren
  vermittelt (über diese wirkt auch Heroin). Es
  wurden verschiedene Experimente durchgeführt,
  um eine mögliche Beziehung zwischen dem
  Opioidsystem und den Cannabinoiden zu
  untersuchen.
• Dabei konnte gezeigt werden, dass sich
  Cannabinoide und Opioide gegenseitig in ihrer
  Schmerz lindernden Wirkung potenzieren.
Cannabinoide       Opioide          Kombination

       Schmerz
Toleranz, Abhängigkeit und Toxizität

• Toleranz entwickelt sich in Bezug auf die meisten
  pharmakologischen Effekte des ∆9-THC aber
  auch auf andere Cannabinoide.
• Toleranz konnte nach wiederholter Verabreichung
  von ∆9- THC und anderer psychoaktiver
  Cannabinoide für die Schmerz lindernde und
  antikonvulsive (antiepiletische) Wirkung,
  Katalepsie (motorische Unruhe), Unterdrückung
  des Bewegungsdrangs und Blutdruckminderung
  nachgewiesen werden.
Cannabinoidwirkung vor Toleranz   nach Toleranz

Schmerzwahrnehmung

Anfallsneigung
(Epilepsie)

Blutdruck

Bewegungsdrang
Entzugssymptome nach Absetzen oder Reduktion
                  des THC-Konsums

Schmerzwahrnehmung

Anfallsneigung
(Epilepsie)

Blutdruck

Bewegungsdrang
Die der Toleranzentwicklung zugrunde liegenden
  Mechanismen sind bis heute nicht vollständig
  geklärt. Im Allgemeinen entwickelt sich Toleranz
  auf zwei Wegen:

• 1. Veränderungen in der Pharmakokinetik
     (z.B. Absorption, Verstoffwechselung und
     Ausscheidung)
  oder
• 2. Veränderungen auf Rezeptorebene.
• Während der erste Mechanismus eine
  geringe Rolle bei der
  Toleranzentwicklung spielt, sind
  Veränderungen der Rezeptordichte und
  Rezeptorsensibilität eng mit der
  Entwicklung von Toleranz verbunden.
• Nimmt die Rezeptordichte ab oder werden
  die Rezeptoren weniger sensibel, so bedarf
  es einer Erhöhung der Liganden (z.B. ∆9-
  THC), um den gleichen Effekt wie vor der
  Toleranzentwicklung zu erzielen.
• Cannabinoid-Toleranz scheint ohne
  Veränderungen der Pharmakokinetik zu
  entstehen.
• Veränderungen in der Verstoffwechselung
  des ∆9-THC konnten selbst bei Menschen
  mit täglichem und langjährigem Konsum
  nicht gefunden werden.
Down-Regulation der Rezeptoren
• Es besteht starke Evidenz, dass der
  Cannabinoid-Rezeptor die größte Rolle bei
  der Entstehung der Cannabinoid-Toleranz
  spielt.
• Ein häufiges Phänomen in Folge
  langdauernden Drogenkonsums ist die
  Internalisierung von Rezeptoren.
Internalisierung
• Internalisierung von Rezeptorproteinen bedeutet,
  das Rezeptoren von der Zellmembran ins
  Zytoplasma zurückgeführt und dort
  verstoffwechselt oder recycelt werden.
• Dadurch wird die Anzahl der Rezeptoren an der
  Zelloberfläche reduziert.
• Gleichzeitig kann die Zelle die Anzahl neu
  produzierter Rezeptoren vermindern.
Einflüsse auf die
            Hirnentwicklung
• Es besteht inzwischen Konsens darüber, dass
  zumindest chronischer Cannabinoid-Konsum
  (mindestens für mehrere Monate) Störungen des
  Kurz- und Langzeitgedächtnisses hervorrufen
  kann.
• Ferner kommt es zu Störungen der
  Aufmerksamkeitsfokussierung und der
  Ausblendung irrelevanter Reize.
Filterstörung

π
∆9-THC-Neurotoxizität
• In Folge von Behandlung kultivierter
  Hippocampus-Neurone mit ∆9-THC,
  konnte ein Schrumpfen der neuronalen
  Zellkörper und –kerne, sowie
  Fragmentierung der DNS beobachtet
  werden.
∆9-THC-Neurotoxizität

Der neuronale Zelltod könnte eine
Erklärung für die Gedächtnisdefizite nach
langjährigem Cannabiskonsum sein.
Hippocampus
Der Hippocampus als Bibliothekarin des Gehirns
Gestörter Abruf von Informationen

Der am häufigsten beschriebene Einfluss
von Cannabis auf kognitive Fähigkeiten ist
die Störung der freien Wiedergabe vorher
gelernter Informationen (z.B. Zahlen,
Wörter , Symbole).

              π                              ?
Langzeit- Effekte
• Obgleich keine Zweifel bestehen, dass
  Cannabis bei akuter Intoxikation negative
  Einflüsse auf kognitive Funktionen hat,
  bestehen nach wie vor Kontroversen über
  die Langzeitschäden des Cannabiskonsums
Langzeit-Effekte

• Ferner konnte bisher nicht eindeutig geklärt
  werden, inwiefern ein Unterschied zwischen
  Konsumenten mit frühem und spätem
  Konsumbeginn gibt, also ob Cannabis Einflüsse
  auf die Hirnentwicklung hat.
• Eine Untersuchung von Solowij et al (1995)
  hat gezeigt, dass Defizite in der
  Verarbeitung komplexer Informationen
  auch bei Ex-Konsumenten mit ausgeprägten
  Konsum selbst noch nach langjähriger
  Abstinenz bestehen.
• Hingegen konnte die kanadische Studie von
  Fried et al (2002) keine bleibenden Effekte
  nach längerer Abstinenz feststellen.
Früher Konsumbeginn
• Was uns jedoch interessiert, ist die Frage,
  ob ein bereits im frühen Jugendalter
  beginnender Konsum entscheidend für
  bleibende Beeinträchtigungen nach
  Abstinenz ist. Tatsächlich kann ein
  Konsumbeginn in der Prä-Adoleszenz zu
  dauerhaften Störungen der Aufmerksamkeit
  und Konzentration führen.
Cannabis und Psychose
• Eine Psychose …

• Ist eine in der Regel vorübergehende
  psychische Störung,
• bei der die Betroffenen den Kontakt zur
  Realität verlieren
• Und folgende Symptome haben können:
Symptome einer Psychose
Wahn
Halluzinationen
Desorganisation
Denkstörungen
emotionale Störungen
und viele weitere Beschwerden
Wahn
Halluzinationen
• Halluzinationen sind Sinnestäuschungen, die sämtliche Sinne des
  Menschen betreffen können.

• Bei der Schizophrenie kommen meist Halluzinationen in Form von
  Stimmenhören vor. Die vom Erkrankten wahrgenommenen Stimmen
  können sich z.B. über den Betroffenen unterhalten, sein Verhalten
  kommentieren oder ihm Befehle erteilen.

• Es können jedoch auch körperliche Halluzinationen wie „elektrisierendes“
  Kribbeln auf der Haut oder eigenartige Schmerzen sowie
  Geruchshalluzinationen auftreten.

• Auch bei den Halluzinationen hält der Betroffene am Wahrheitsgehalt
  seiner Wahrnehmungen unbeirrbar fest.
Denkstörungen
Wer erkrankt ?

• Jeder Mensch kann im Prinzip an einer
  schizophrenen Psychose erkranken.
• Jeder Hundertste ist im Laufe seines
  Lebens davon betroffen
• Es gibt jedoch Menschen mit einem
  besonders erhöhten Psychoserisiko
Stress

         Genetik

Drogen
Wer ist besonders gefährdet?

• biologische Verwandte an Psychosen
  Erkrankter (z.B. Kinder, Geschwister)
• Menschen mit Geburtskomplikationen
• Drogenkonsumenten (auch Cannabis)
Früher Verlauf einer schizophrenen
                     Psychose nach der ABC-Studie

                                                      2 Monate
                                               Psycho-
                         Prodromalphase          tische
                                              Vorphase
   Alter 24,2                               29,0      30,1 30,3

 Zeitdauer                  5,0 Jahre          1,1 Jahre
                                                                     positive
                                                                     Symptome

                                                                     negative und
                                                                     unspezifische
                                                                     Symptome

                                                                  Ersthospitalisation
erstes Anzeichen einer                     erstes    Maximum
 psychischen Störung                      positives     der
 (unspezifisches oder                     Symptom Positiv-
 negatives Symptom)                                 symptomatik
Was erwartet mich im FETZ?
Psychotherapie/
                                                                                Psychotherapie/
                                                                                Pharmakotherapie
                                                                                Pharmakotherapie

                                                             Somatische
                                                             Somatische Diagnostik
                                                                        Diagnostik
                                                             (EEG
                                                              (EEG
                                                             /MRT/Serologie)
                                                              /MRT/Serologie)

                                      Psychopathologische
                                       Psychopathologische
                                      Abklärung
                                       Abklärung
                                      (BSABS/SIPS)
                                       (BSABS/SIPS)

                       Erstgespräch
                       Erstgespräch

Vorfeldeinrichtung
Vorfeldeinrichtung
überweist
überweist Patient
          Patient an
                  an
das FETZ
das FETZ
Diagnostik von Prodromalstadien
Gedankeninterferenz

"Wenn ich mich nicht anstrenge, drängen sich
  andere, völlig unwichtige Gedanken dazwischen.
  Sie kommen wie angeflogen und haben mit der
  Sache, mit der ich mich gerade beschäftige,
  überhaupt nichts zu tun."
Gedankendrängen, Gedankenjagen

"Ich meine Gedanken nicht im Zaum halten.
  Manchmal fühle ich mich von der Vielfalt der
  Gedanken regelrecht erdrückt. Ich springe dann
  leicht von einem Gedanken zum anderen."
Störung der rezeptiven Sprache

"Wenn ich etwas lese, wundere ich mich oft über
  ein alltägliches Wort und muss erst über die
  Bedeutung des Wortes nachdenken.„
                            HOUSE
"Immer öfter lese ich nur über die Zeilen hinweg
  und erkenne den Sinn nicht."
Störung der Diskriminierung von
Vorstellungen und Wahrnehmung bzw. von
Phantasie- und Erinnerungs-vorstellungen

„Als ich an der Kasse saß, war ich mir plötz-lich
  nicht mehr sicher, ob da tatsächlich eine
  Schlange von Leuten anstand oder ob ich mir
  das nur einbildete. Erst habe ich einfach weiter
  die Artikel eingescannt – obwohl ich mir auch da
  nicht wirklich sicher war, ob sie wirklich da
  waren, aber nach kurzer Zeit war das einfach
  alles zuviel für mich und ich musste nach Hause
  gehen."
Derealisation

„Manchmal erscheint mir meine Umgebung
ganz unwirklich – anders als sonst. So
seltsam flach und unzusammenhängend,
wie einzelne Reliefs oder eine schlecht
aufgebaute Filmkulisse."
Eigentümliche Vorstellungen oder
        magisches Denken

„Ich glaube nicht, dass die Dinge aus
Akte X wahr sind, aber Stephen King
schreibt so gut, dass ich immer denke,
dass die Dinge passieren, wenn man nur
stark genug daran denkt. Ich glaube
schon, dass man Dinge passieren lassen
kann, wenn man intensiv daran denkt."
Beziehungsideen

„Wenn     ich    irgendwelche    anderen
Menschen – auf der Straße oder egal wo
- miteinander sprechen sehe, denke ich
oft, dass sie über mich sprechen. Ich
beobachte sie dann auch, um zu sehen,
ob sie zu mir herschauen. Meist stelle
ich dann nach einer Weile fest, dass die
wohl gar nicht über mich reden."
Paranoide Ideen
"Wenn ich unter Menschen bin, habe ich
Angst und kann nicht richtig atmen. Ich
weiß nicht, was sie denken, ob sie etwas
schlechtes von mir denken oder sogar
gerade planen, mir zu schaden."

„Manchmal denke ich, dass einige
Mitschüler, mit denen ich nicht so gut
auskomme, mich so sehr hassen, dass sie
mir vielleicht weh tun, wenn ich zur
Schule gehe. Sie haben mir zwar nie
gedroht, aber ich habe halt manchmal
plötzlich diese Angst – nicht immer.“
Vielen Dank !
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