Energieverbrauch erfolgreich steuern

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Energieverbrauch erfolgreich steuern
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                          Energieverbrauch
                          erfolgreich steuern

Eine Studie zum Einsatz
eines ganzheitlichen
Energiemanagements
in Unternehmen des
verarbeitenden Gewerbes
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Energieverbrauch
                          erfolgreich steuern

Eine Studie zum Einsatz
eines ganzheitlichen
Energiemanagements
in Unternehmen des
verarbeitenden Gewerbes
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Energieverbrauch erfolgreich steuern

Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers und Strascheg Institute for Innovation and Entrepreneurship (SIIE)
EBS Business School

Von Dr. Ludger Mansfeld, Dr. Diane Robers, Alexia Spieler und Sebastian Holtze

In Kooperation mit Prof. Dr. Peter Russo, Dr. Anna Quitt und Viktoria Kortüm

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigungen, Mikroverfilmung sowie die Einspeicherung und
Verarbeitung in elektronischen Medien sind ohne Zustimmung des Verlags nicht gestattet.

Die Ergebnisse der Studie sind zur Information unserer Mandanten bestimmt. Sie entsprechen dem Kenntnisstand
der Autoren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Für die Lösung einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die in
der Publikation angegebenen Quellen zurück oder wenden sich an die genannten Ansprechpartner. Alle Meinungs­
beiträge geben die Auffassung der Autoren wieder.

© März 2011 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte
vorbehalten.
„PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungs­
gesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der
Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Grußwort

Grußwort

Energieeffizienz ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Energiepolitik.
Bekanntlich trägt die Steigerung der Energieeffizienz wesentlich zur Erhöhung der
Versorgungs­sicherheit, zum Klimaschutz und zur Marktentwicklung von energie­
effizienten Technologien und Produkten bei. Investitionen im Bereich Energieeffizienz
sind Investitionen in Zukunftstechnologien, die nachhaltiges Wachstum und
Beschäftigung fördern.

In Industrie und Gewerbe gibt es noch erhebliches ungenutztes Potenzial, Energie
effizienter zu nutzen. Einsparungen lassen sich in fast allen Bereichen erzielen: sowohl
in Produktion und Verwaltung als auch bei der Klimatisierung und Beleuchtung
von Gebäuden. Die Ausschöpfung dieses Potenzials trägt jedoch nicht nur zur
Verwirklichung der genannten energiepolitischen Ziele bei; sie liegt insbesondere auch
im Interesse der Unternehmen. Erfolgreiche Bemühungen um mehr Energieeffizienz
senken den Kostendruck, steigern die Wettbewerbsfähigkeit und können sich positiv
auf das Bild eines Unternehmens in der Öffentlichkeit auswirken, denn der Energie­
verbrauch beeinflusst die CO2 -Bilanz.

Unternehmen wissen jedoch oft nicht, wo Energie eingespart werden kann. Gleichzeitig
bestehen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen finanzielle Hemmnisse,
Investitionen zu tätigen, die zu Energieeinsparungen führen, obwohl langfristig
Aussicht auf Kostensenkungen besteht. Ein betriebliches Energiemanagement kann
dabei helfen, den Energieverbrauch und das wirtschaftliche Einsparpotenzial im Unter­
nehmen zu ermitteln, um betriebliche Abläufe gezielt optimieren zu können.

Das Angebot an Energiedienstleistungen weiter zu fördern und einen Markt zu
schaffen, ist auch Ziel der EU-Richtlinie Energieeffizienz und Energiedienstleistungen.
Weitere europäische und nationale Vorschriften machen eine Auseinandersetzung mit
Energieeffizienz im eigenen Unternehmen notwendig; dies gilt sowohl für Gebäude
als auch für Produkte und Verfahren. Insbesondere in stark exportorientierten Volks­
wirtschaften schafft frühzeitiges Handeln Vorsprung und damit Wettbewerbs­vorteile.

Vor diesem Hintergrund liefert die vorliegende Studie einen wertvollen Beitrag. Denn
ganzheitliches Energiemanagement muss stärker in den Fokus eines jeden Unter­
nehmens rücken.

Günther Oettinger
EU-Kommissar für Energie

                                                                                           Energieverbrauch erfolgreich steuern 5
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Vorwort

   Vorwort

             Ganzheitliches Energiemanagement gewinnt immer mehr
             Bedeutung für den Unternehmenserfolg
             Unternehmen aller Größen sind aufgrund der gestiegenen Energiepreise und des
             Wettbewerbs­drucks gezwungen, auf ihren Energieverbrauch und ihre Energiekosten zu
             achten. Im Fokus steht einerseits die Kostenvermeidung und andererseits die Effizienz,
             mit der Energie eingesetzt wird. Um die Energiekosten nicht nur kontrollieren, sondern
             auch gezielt steuern zu können, ist die Einrichtung eines ganzheitlichen Energie­
             managements (GEM) unerlässlich. Die effektive Ausgestaltung des GEM bietet die
             Möglichkeit, die eigene Wettbewerbsposition zu stärken und hat Einfluss auf den Unter­
             nehmenserfolg.

             Die Energiekosten, zu denen neben dem Stromverbrauch auch der Öl- und Gasverbrauch
             zählen, werden laut fast allen aktuellen Prognosen in Zukunft steigen. Gründe
             dafür sind die Verknappung der Ressourcen und die zunehmende Nachfrage in den
             Emerging Markets, wie zum Beispiel China oder Indien. Es gilt, sich auf diese Situation
             einzustellen und die Bedingungen für das eigene Unternehmen zu optimieren. Dazu
             gehören die Analyse der momentanen Situation und die Berücksichtigung von Energie­
             zielen in der Unternehmensstrategie.

             Auch schenkt die Öffentlichkeit dem ökologischen Management eines Unternehmens
             und der damit einhergehenden Nachhaltigkeit seiner Aktivitäten immer mehr
             Aufmerksamkeit. Nur diejenigen, die sich frühzeitig mit einer gut ausgestalteten Lösung
             für ein GEM positionieren, werden ein positives Image pflegen können.

             Die vorliegende Studie beleuchtet zum einen die allgemeine Stimmung der Unter­
             nehmen im Bezug auf Energiemanagement und gibt zum anderen Tipps anhand
             von Best-Practice-Beispielen und Darstellungen der Situation von Unternehmen auf
             verschiedenen Entwicklungsstufen von GEM. Die hier beschriebenen Beispiele für die
             Implementierung und den kontinuierlichen Ausbau des GEM liefern eine praxisgerechte
             Orientierungshilfe für Ihr Unternehmen.

             Manfred Wiegand
             Global Utilities Leader
             PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

6 PwC
Energieverbrauch erfolgreich steuern
Vorwort

Vorwort

Zukunftsorientierte Unternehmen sollten Energie mit
Weitblick steuern
Energie wird aufgrund knapper werdender Ressourcen zu einem immer wertvolleren
Gut. Dieser Umstand hat steigende Energiepreise für alle Verbraucher zur Folge und
verlangt nach erhöhter Energieeffizienz. Die Fähigkeit, Energie effizient zu nutzen,
entwickelt sich vor allem im produzierenden Gewerbe zu einem entscheidenden Erfolgs-
und Wettbewerbsfaktor. Doch wie kann Energie im Unternehmen erfolgreich gesteuert
werden?

In der wissenschaftlichen Literatur befasst man sich mit Energiefragen bereits seit vielen
Jahren. Ein Erfolg versprechendes Konzept für betriebliches Energiemanagement – auch
ganzheitliches Energiemanagement (GEM) genannt – existiert trotz der Brisanz des
Themas bisher nur in Ansätzen. Auch in der Praxis ist GEM nur vereinzelt in Form von
Leitfäden präsent, obwohl unterschiedliche Studien die Notwendigkeit des energie-
effizienten Wirtschaftens und die Relevanz eines betrieblichen Energiemanagements
belegen.

Viele Fragen zur Konzeption und Organisation von GEM bleiben bisher weitgehend
unbeantwortet: Wer ist im Unternehmen für das Energiemanagement verantwortlich?
Welche Bausteine sind für die GEM-Implementierung essenziell? Welche Faktoren
tragen zum GEM-Erfolg bei?

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde eine zweistufige methodische Vorgehensweise
gewählt. Im ersten Schritt haben wir eine quantitative Erhebung mit 165 verwertbaren
Rückläufen aus 13 Branchen des produzierenden Gewerbes durchgeführt, um ein
repräsentatives Meinungsbild zum Status quo des GEM zu generieren. In der zweiten
Studienphase wurden drei semistrukturierte Interviews mit Umwelt- und Energie­
experten aus repräsentativen Branchen geführt, um tiefer gehende Herausforderungen
in der Unternehmenspraxis zu identifizieren. Hierauf baute die Entwicklung eines
Basiskonzepts sowie von Handlungsempfehlungen auf, die Unternehmen bei der
Einführung eines GEM initial Hilfestellung geben sollen. Ein besonderer Dank gilt dafür
den Studienteilnehmern sowie unseren ausgewählten Fallstudienpartnern, die durch
ihre Teilnahme und aktive Unterstützung unsere Forschung erst ermöglicht haben.

Prof. Dr. Peter Russo
EBS Business School

                                                                                             Energieverbrauch erfolgreich steuern 7
Inhaltsverzeichnis

    Inhaltsverzeichnis

                     Grußwort........................................................................................................................ 5

                     Vorworte......................................................................................................................... 6

                     Abbildungsverzeichnis.................................................................................................... 9

                     A        Management Summary.......................................................................................11

                     B        Ausgangssituation.............................................................................................. 13

                     C        Konzeption der Studie........................................................................................ 15

                     D        GEM-Situation in Deutschland........................................................................... 21

                     E        Analyse der GEM-Bausteine................................................................................ 28
                     1        Ergebnisse der schriftlichen Befragung.............................................................. 28
                     1.1      Organisation und Prozess................................................................................... 28
                     1.2        Energiestrategie................................................................................................. 32
                     1.3         Energieziele........................................................................................................ 34
                     1.4         Umsetzung der Energieziele............................................................................... 35
                     1.5         Energiecontrolling.............................................................................................. 36
                     1.6         Energiekultur..................................................................................................... 38
                     2           Ergebnisse aus drei Experteninterviews............................................................. 40
                     2.1       Das Maschinenbauunternehmen – „Beginner“ im Energiemanagement..............41
                     2.2        Der Automobilhersteller – „Performer“ im Energiemanagement........................ 46
                     2.3      Das Metall verarbeitende Unternehmen –
                               „Professional“ im Energiemanagement.............................................................. 52

                     F	Best Practice: Ganzheitliches Energiemanagement – ein Basiskonzept und
                        Handlungsempfehlungen für die Praxis............................................................. 60

                     Glossar.......................................................................................................................... 67

                     Ihre Ansprechpartner................................................................................................... 70

8 PwC
Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1     Bezugsrahmen eines ganzheitlichen Energiemanagements............................. 16

Abb. 2     Vorgehensweise der empirischen Untersuchung.............................................. 17

Abb. 3     Themenblöcke des Fragebogens......................................................................18

Abb. 4     Branchenverteilung der Stichprobe.................................................................19

Abb. 5     Umsatz der Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr...............................19

Abb. 6     Mitarbeiterzahl der Unternehmen...................................................................19

Abb. 7     Absolute Energiekosten der Unternehmen.......................................................20

Abb. 8     GEM-Relevanz für die Unternehmen...............................................................21

Abb. 9     GEM-Organisationsebene nach Mitarbeiterzahl..............................................22

Abb. 10 Status quo der GEM-Implementierung.............................................................22

Abb. 11 Energiekostenanteil an den Betriebskosten.....................................................23

Abb. 12 Energieverbraucher und Kostentransparenz....................................................23

Abb. 13 Motive für die GEM-Einführung......................................................................24

Abb. 14 Hindernisse für die GEM-Einführung .............................................................25

Abb. 15 Organisationsgrad der GEM-Bausteine............................................................28

Abb. 16 Verortung der GEM-Aktivitäten.......................................................................29

Abb. 17 Einsatz von Energiemanagern.........................................................................30

Abb. 18	Hierarchieebene des Energiemanagers............................................................30

Abb. 19 Zeitaufwand des Energiemanagers..................................................................31

Abb. 20 Einsatz eines Energieteams . ...........................................................................31

Abb. 21 Abteilungszugehörigkeit der Energieteammitglieder.......................................32

Abb. 22 Ausgestaltung der Energiestrategie.................................................................33

Abb. 23 Ausgestaltung der Energieziele........................................................................34

Abb. 24	Ausgestaltung der Energiestrategieumsetzung................................................35

Abb. 25 Ausgestaltung des Energiecontrollings............................................................37

                                                                                                                     Energieverbrauch erfolgreich steuern 9
Abbildungsverzeichnis

                        Abb. 26	Die Rolle von Energiekultur und Kommunikation...........................................39

                        Abb. 27	Übersicht über den GEM-Status-quo der Teilnehmer am qualitativen
                                 Teil der Studie................................................................................................. 41

                        Abb. 28 GEM in der Fallstudie „Beginner“ (Maschinenbauunternehmen)....................46

                        Abb. 29 GEM in der Fallstudie „Performer“ (Automobilhersteller)...............................52

                        Abb. 30	GEM in der Fallstudie „Professional“ (Metall verarbeitendes Unternehmen)...59

                        Abb. 31 Ganzheitliches Energiemanagementkonzept................................................... 61

                        Abb. 32 Tipps von Unternehmen mit langjähriger GEM-Erfahrung..............................66

10 PwC
Management Summary

A Management Summary

Im Zeitalter der Verknappung fossiler Brennstoffe und steigender Energiepreise gewinnt
der bewusste und ressourcenschonende Umgang mit Energie für Unternehmen
zunehmend an Bedeutung. Für die gezielte Steuerung von Energie benötigen die
Unter­nehmen ein systematisches betriebliches Energiemanagement – im Folgenden
auch ganzheitliches Energiemanagement (GEM) genannt. In den USA betreiben bereits
einige Unternehmen Energiemanagement; ein Trend, der auch von der Politik gefördert
wird. GEM ist in der EU vergleichsweise neu und findet bisher noch keine breite
Anwendung. Das primäre Ziel von GEM sollte sein, den innerbetrieblichen Energie­
verbrauch transparent zu machen und somit die Möglichkeit zu bieten, diesen aktiv und
bewusst – sowohl in den Abteilungen als auch innerhalb der Prozessschritte – zu
steuern. Durch ein GEM können Schwachstellen sowie unvorhergesehene Verän-
derungen zeitnah erkannt und adäquate Maßnahmen ergriffen werden. Die indirekten
Effekte (z. B. Umweltschutz, Ressourcenschonung, Imagegewinn) sollten dabei genauso
wichtig sein wie die direkten Auswirkungen (z. B. Kosteneinsparungen).

Ziel der vorliegenden Studie ist es, herauszufinden, in welchem Ausmaß GEM im
verarbeitenden Gewerbe bereits umgesetzt wird, welche Motive die Unternehmen
treiben und welche Lücken noch geschlossen werden müssen. Mithilfe der Ergebnisse
sowie drei Tiefeninterviews mit Industrievertretern werden anschließend Bausteine
eines Energiemanagements definiert und aus den erkannten Chancen und Heraus­
forderungen werden zielgerichtete Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet.

An der quantitativen Studie nahmen 165 Unternehmen aus 13 Branchen des
verarbeitenden Gewerbes teil. Die Kernergebnisse des Fragebogens sind Folgende:
Für 79 % der befragten Unternehmensvertreter ist GEM unternehmensintern ein
zumindest teilweise relevantes Thema. 25 % denken, dass durch ein GEM noch
wesentlich mehr Energie eingespart werden könnte.

54 % der Befragten haben bereits Ansätze eines ganzheitlichen Energiemanagements
eingeführt. Hauptmotive dafür sind Kosteneinsparung sowie der Erhalt bzw. die
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Haupthindernisse sind ressourcenbedingt,
wie zum Beispiel der Mangel an Zeit und Personal.

70 % haben bereits den Posten eines Energiemanagers installiert bzw. planen, dies zu
tun. Ein Energieteam wird bzw. soll nur in 29 % der Fälle eingesetzt werden.

Bisher werden nur in wenigen Unternehmen alle GEM-Bausteine vollständig umgesetzt.
Knapp über die Hälfte der Befragten formuliert eine kurzfristige Energiestrategie. Nur
ein Drittel leitet konkrete Energieziele ab und setzt diese strukturiert um. Weniger
als 50 % praktizieren Teile des Energiecontrollings und sogar weniger als 25 % haben
Richtlinien für den korrekten Umgang mit Energie. Jedoch planen alle Unternehmen,
sich in Zukunft in Bezug auf die einzelnen Schritte zu verbessern und besser zu
positionieren.

                                                                                         Energieverbrauch erfolgreich steuern 11
Management Summary

                     Anhand dieser Ergebnisse sowie mithilfe der drei qualitativen Tiefeninterviews
                     wurde ein Grobkonzept für GEM entwickelt und Handlungsempfehlungen für die
                     Praxis abgeleitet. Die sechs im Vorfeld identifizierten und im Fragebogen abgefragten
                     Bausteine konnten anhand der Studienergebnisse erweitert und präzisiert werden.
                     Dabei handelt es sich – neben weiteren erfolgskritischen Schritten, die im folgenden
                     Bericht detailliert beschrieben werden – um:
                     • Kultur und Kommunikation
                     • Organisation und Prozess
                     • Strategie
                     • Ziele
                     • Umsetzung
                     • Controlling

12 PwC
Ausgangssituation

B Ausgangssituation

Betriebliches Energiemanagement – vom Vorreiter zur Notwendigkeit
Energiemanagement ist längst nicht mehr nur ein Thema für energieintensive
Industrien. Im Zeitalter kontinuierlich steigender Energiepreise rücken die Energie­
kosten mittlerweile auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) in
den Fokus. Nicht zuletzt aufgrund der ehrgeizigen deutschen Klimaziele werden in der
Politik die Themen Energieeffizienz, Energieeinsparung und Energieunabhängigkeit
immer prominenter. Schließlich gilt laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie (BMWi): „Die beste Energie ist die, die nicht gebraucht wird!“

Für viele Unternehmen wird effiziente Energiesteuerung somit zunehmend zu einem
Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor. Bisher standen dabei vor allem technische Aspekte zur
Steigerung der Energieeffizienz im Vordergrund der Forschung. Betriebswirtschaftliche
Steuerungsaspekte sind noch relativ unerforscht. Auch die staatliche Förderung legt
bis dato ihren Schwerpunkt auf die Einführung technischer Effizienzmaßnahmen,
vor allem im Bereich der Produktionsprozesse. Eine ISO-Zertifizierung, zum Beispiel
entsprechend ISO 14001 beim Umweltmanagement, die eine strategische, unter­
nehmens­weite Implementierung erfordert, konnte sich bisher nicht durchsetzen. Dabei
betrifft Energieeffizienz bzw. -einsparung nicht nur die Produktion, sondern auch das
grundlegende Energiemanagement.

Definition von GEM

„Energiemanagement ist ein strategisches Instrument, das dazu beitragen soll,
Maßnahmen der rationellen Energieverwendung so zu entwickeln und umzusetzen, damit
Energiesysteme unter technischen und ökonomischen Gesichtspunkten bei gegebenem
Komfort- bzw. Produktionsniveau effizient betrieben werden können.“

Prof. Dr. Dietmar Winje, Leiter Fachgebiet Energie- und Rohstoffwirtschaft, TU Berlin

Ganzheitliches Energiemanagement sollte demnach ein Teil der Unternehmensstrategie
sein und sich über alle Prozesse der betrieblichen Wertschöpfungskette erstrecken –
vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb und der Administration.

Zu berücksichtigen ist auch, dass „Energie“ nicht nur Strom aus der Steckdose ist,
sondern auch Öl, Gas und andere Energieformen und -träger, wie zum Beispiel
regenerative Energien, umfasst. Auch ist die selbsterzeugte Energie zu beachten, die oft
im Produktionsprozess durch Umwandlung generiert wird.

Dies zeigt, dass das Themenfeld Energie weitaus komplexer ist, als es auf den ersten
Blick erscheint. Auch aus diesem Grund ist ein adäquates Energiemanagement in den
Unternehmen erforderlich.

Energiekosten im verarbeitenden Gewerbe
Die Energiekosten eines Unternehmens, unabhängig von dessen Größe oder Branchen­
zugehörigkeit, haben in den letzten Jahren stark an wirtschaftlicher Bedeutung
gewonnen. Aufgrund der steigenden Öl- und Gaspreise ist der Einsatz des Produktions­
faktors Energie immer kostenintensiver geworden, wodurch sein prozentualer Anteil an
den gesamten Betriebskosten kontinuierlich anstieg. Aktuelle Prognosen gehen davon

                                                                                           Energieverbrauch erfolgreich steuern 13
Ausgangssituation

                    aus, dass diese Energiepreisentwicklung aufgrund der Knappheit fossiler Brennstoffe
                    anhalten wird. Dies wird mittel- bis langfristig zu tiefgreifenden strukturellen
                    Veränderungen in den Industrieunternehmen führen. Auch die gestiegenen
                    Anforderungen an den Umweltschutz machen ein betriebliches Energie­management
                    erforderlich.

                    Die Industrie ist knapp nach dem Sektor Verkehr in Deutschland mit 29 % der zweit­
                    größte Energieverbraucher. Zwar hat sich die Energieeffizienz der deutschen Industrie
                    in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert, doch die Industriekundenpreise für Öl
                    und Gas sind zwischen den Jahren 1990 und 2008 um ca. 200 % angestiegen. Trotz der
                    kontinuierlichen Verbesserung des spezifischen Energieeinsatzes in der Industrie sind
                    die Energiekosten von 22 Milliarden Euro in 1998 auf 36,8 Milliarden Euro in 2008
                    deutlich gestiegen.1

                    Somit ist es schlüssig, dass bei einer Umfrage der dena-Initiative EnergieEffizienz 70 %
                    der Befragten angaben, dass der Einsatz von Energieeffizienzmaßnahmen vornehmlich
                    aus Kostengründen erfolgt.2 Allerdings gehen laut einer Studie der Deutschen Bank
                    43 % der Unternehmen auch davon aus, dass Investitionen in Energieeffizienz ihre
                    Wett­bewerbs­position verbessern können. Dies wird jedoch mehr von größeren als
                    von kleineren Unternehmen gesehen.3 Diese Zahlen weisen darauf hin, dass Energie­
                    management ein aktuelles Thema in der Unternehmenslandschaft ist, dessen Brisanz
                    aber noch nicht allen Unternehmen deutlich geworden ist.

                    Es muss gehandelt werden – sei es, um Energie einzusparen, alternative Energiequellen
                    zu erschließen oder Energieeffizienzmaßnahmen einzuführen. Denn Energienutzung
                    ist eine wesentliche Voraussetzung für sämtliche unternehmerischen Tätigkeiten:
                    „Sei es die mechanische oder chemische Fertigung, der güter- und geldwirtschaftliche
                    Austausch mit den Beschaffungs- und Absatzmärkten oder die Gewährleistung einer
                    für die Beschäftigten adäquaten Arbeitsumgebung – sämtliche der genannten Vorgänge
                    sind mit der Nutzung von Energie verbunden“4 und sollten somit auch Gegenstand
                    des betrieblichen Energiemanagements sein. Dennoch lag der Fokus bisher auf der
                    produktionsorientierten Energienutzung. Bisherige Studien griffen damit aus heutiger
                    Sicht zu kurz bzw. beschränkten sich, wie die Studien von dena und Deutscher Bank, auf
                    technische und allgemeine Fragen zum Thema Energieeffizienz. Untersuchungen, die
                    das ganzheitliche Konzept von Energiemanagement in den Unternehmen durchleuchten
                    und dabei sämtliche Managementaspekte in die Befragung integrieren, sind bisher nicht
                    bekannt.

                    Zur Schließung dieser Lücke wurde die vorliegende Studie initiiert und durchgeführt.
                    Ziel der Studie ist es, Einblick in den Status quo des betrieblichen Energiemanagements
                    in Deutschland zu geben, um daraus Anforderungen und Handlungsempfehlungen für
                    die Zukunft abzuleiten. Um ein eigenständiges Energiemanagement als integrierten
                    Bestandteil des Unternehmensgeschehens zu etablieren, hat die Studie neben
                    dem Erkenntnis­gewinn aus den empirischen Untersuchungen zwei weitere Ziele:
                    die Entwicklung eines Best-Practice-Konzepts sowie die Formulierung konkreter
                    Handlungs­­empfehlungen für die Praxis. Im Folgenden wird zunächst die Konzeption der
                    Studie dargestellt.

                    1
                      	BMWi: Energie in Deutschland (aktualisierte Ausgabe April 2009).
                    2
                      	dena-EnergieEffizienz-Initiative: Umfrage zur Energieeffizienz bei Entscheidungsträgern aus Unternehmen in
                        Industrie und Gewerbe (November 2008).
                    3
                      	Deutsche Bank: Energieeffizienz (November 2008).
                    4
                      	Goebel, D.: Betriebliches Energiemanagement (2007), S. 44.

14 PwC
Konzeption der Studie

C Konzeption der Studie

Analyserahmen
Die zentralen Fragen dieser Studie betreffen den Grad der strategischen und unter­
nehmensweiten Umsetzung eines ganzheitlichen Energiemanagements. Neben
der Analyse der Motive, GEM zu implementieren bzw. nicht zu implementieren,
steht vor allem die Abbildung und Bewertung des Status quo von Unternehmen des
verarbeitenden Gewerbes im Mittelpunkt der Untersuchung. Das verarbeitende Gewerbe
wurde als Untersuchungsfeld gewählt, da es alle Produktionsbetriebe der Industrie, des
zweit­größten Energieverbrauchers in Deutschland5, umfasst.

Das Ziel ist, mithilfe der Ergebnisse konkrete Bausteine eines Energiemanagements zu
definieren und aus den Chancen und Herausforderungen zielgerichtete Handlungs­
empfehlungen für die Praxis abzuleiten. Zentrale Fragestellungen der Studie sind:
• Inwieweit steuern Unternehmen ihren Energieverbrauch ganzheitlich und welche
  Gründe motivieren sie dazu?
• Wie ist GEM organisatorisch in den Unternehmen verankert und wer trägt die
  Verantwortung?
• Welche Bausteine sind essenziell für ein funktionierendes und wirkungsvolles
  Energiemanagement?
• Welche Rolle spielen die Mitarbeitenden des Unternehmens für GEM?
• Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich bei der Implementierung eines
  betrieblichen Energiemanagements?

Was ist ein GEM?
Oft beschränken sich die Energieeffizienzmaßnahmen eines Unternehmens auf den
Produktionsprozess, bei dem durch unterschiedliche Technologien, wie die Wärme­
rückgewinnung, oder durch Maßnahmen wie die Aufspürung von Druckluft­leckagen
Energie eingespart werden soll.

Unser Konzept des GEM umfasst den Begriff entlang der gesamten Wertschöpfungs­
kette: GEM ist ein ganzheitlich im Unternehmen implementiertes System, das neben
der technischen Komponente und Einführung konkreter Effizienzmaßnahmen auch
kulturelle und organisatorische sowie Steuerungsaspekte beinhaltet und als Teil der
unternehmensweiten Strategie angesehen wird.

Dementsprechend beinhaltet dieses Konzept verschiedene Bausteine, deren Beachtung
und Implementierung den Erfolg und die Wirkung des Konzepts ausmachen
(siehe Abb. 1).

5
    	BMWi: Energie in Deutschland (aktualisierte Ausgabe April 2009).

                                                                                         Energieverbrauch erfolgreich steuern 15
Konzeption der Studie

                        Abb. 1   Bezugsrahmen eines ganzheitlichen Energiemanagements

                             Energiebeschaffung            Energieumwandlung             Energieverwendung

                            Organisation & Prozesse

                            Strategie             Ziele                 Umsetzung              Controlling

                            Kultur & Kommunikation

                        Die sechs Bausteine im Überblick
                        Die sechs Bestandteile des GEM-Konzepts erfassen alle Bereiche und Phasen der
                        Energienutzung – von der Energiebeschaffung über die Energieumwandlung bis zur
                        Verwendung von Energie.

                        Organisation und Prozess
                        GEM sollte, wie auch andere Managementaufgaben, in vordefinierten Prozessen
                        ablaufen. Dies kann sowohl intern als auch extern oder als Mischform durch
                        Auslagerung einzelner Energieaktivitäten geschehen. Unternehmen sollten einen
                        Energie­manager und/oder ein Energieteam einsetzen, das die GEM-Umsetzung
                        koordiniert und kontinuierlich vorantreibt.

                        Strategie
                        Die Energiestrategie sollte auf internen Istanalysen basieren und sowohl eine kurz­
                        fristige als auch eine langfristige Ausprägung haben. Außerdem sollte sie von der
                        Unternehmens- auf die funktionale Ebene heruntergebrochen werden, sodass die Ziele
                        für die einzelnen Unternehmensabteilungen konkret umsetzbar sind. Dabei sollte die
                        Energiestrategie mit der Unternehmensstrategie abgestimmt werden, damit einheitliche
                        Zielsetzungen verfolgt werden.

                        Ziele
                        Die Energiestrategie schafft eine solide Basis für die Ableitung von Energiezielen und
                        somit auch für die darauf folgenden Prozessschritte. Wichtig ist, dass die Ziele konkret
                        und realistisch formuliert werden, um sie im Arbeitsalltag umsetzen zu können.
                        Jedes Ziel sollte mit einer Messgröße hinterlegt werden, um kontinuierlich den Ziel­
                        erreichungs­grad abbilden zu können.

                        Umsetzung
                        Bei der Umsetzung der Energieziele ist es wichtig, aus den Energiezielen operative
                        Effizienzmaßnahmen abzuleiten und (Einspar-)Effekte für die einzelnen Maßnahmen
                        zu definieren. Um den Effekt der einzelnen Maßnahmen im Gesamtkontext zu
                        optimieren, müssen sie strukturiert und mithilfe von Aktionsplänen implementiert
                        werden.

                        Controlling
                        Die Umsetzung der definierten Ziele sollte systematisch gesteuert werden. Unter­
                        stützend sollten dafür Steuerungs- und Monitoring-Instrumente sowie Leistungs­
                        kennzahlen eingesetzt werden, um die aktive Steuerung der Energieverbrauchs- und
                        Energiekostenentwicklung zu erleichtern. Durch regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche sollten
                        frühzeitig potenzielle Abweichungen erkannt werden, sodass Gegenmaßnahmen
                        ergriffen werden können.

16 PwC
Konzeption der Studie

Kultur und Kommunikation
Richtlinien sollten den korrekten Umgang mit Energie erleichtern und gleichzeitig dazu
dienen, Energieziele intern zu kommunizieren. Anreizsysteme können die Befolgung
dieser Richtlinien fördern. Mitarbeitende sollten die Möglichkeit haben, sich über die
Energieziele und Energieaktivitäten des Unternehmens zu informieren und diese sollten
auch extern offen kommuniziert werden.

Methodik
Gang der Untersuchung
Um die Thematik des betrieblichen Energiemanagements zu erfassen, wurde eine
zweistufige methodische Vorgehensweise gewählt (siehe Abb. 2).

Abb. 2   Vorgehensweise der empirischen Untersuchung

 1. quantitative Fragebogenerhebung           2. qualitative Tiefeninterviews
 • mit Unternehmen der Nachfrageseite         • mit Experten der Nachfrageseite
 • aufbauend auf Erkenntnissen der            • mit Experten der Angebotseite
    Literaturrecherche und des Pretests       • aufbauend auf Erkenntnissen der
                                                 quantitativen Befragung

 3. Energieverbrauch erfolgreich steuern –
 ganzheitliches Energiemanagement

Aufbauend auf den Erkenntnissen der Literaturrecherche wurde in der ersten Phase
der Studie eine quantitative Befragung durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde ein
Fragebogen konzipiert (siehe Abb. 3), dessen Eignung mithilfe eines Pretests mit
Unternehmen verschiedener Branchen und Größen sichergestellt wurde. Insgesamt
wurden 3.800 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes kontaktiert. Die Unter­
suchung erstreckte sich über den Zeitraum von Mai bis Juli 2010.

In der ersten Befragungsrunde wurden die Einladungen zum Ausfüllen des Online-
Fragebogens per E-Mail an die Finanz- und Controllingleiter der ausgewählten
Unternehmen versandt. Nach einer Erinnerungsaktion per E-Mail wurde eine zweite
Befragungsrunde gestartet, bei der der Fragebogen postalisch den Zielpersonen
zugesandt wurde. 165 Unternehmen haben verwertbare Ergebnisse geliefert. Dies
entspricht einer Rücklaufquote von 4,34 %.

                                                                                         Energieverbrauch erfolgreich steuern 17
Konzeption der Studie

                        Abb. 3   Themenblöcke des Fragebogens

                                                Angaben zum Unternehmen

                                                Energiekostentransparenz

                                                Relevanz des Themas

                                                Implementierung von GEM

                                                Einsparungen und Investitionen

                            Organisation                  Strategie                    Ziele

                            Umsetzung                     Controlling                  Kommunikation

                                                    ganzheitliches Energiemanagement

                        In der zweiten Studienphase wurden zunächst drei semistrukturierte Interviews
                        mit Umwelt- und Energieexperten geführt, um weiterführende Informationen zum
                        Energiemanagement im praktischen Umfeld zu erlangen. Um einen möglichst breiten
                        Einblick zu gewinnen, wurden drei Interviewpartner ausgewählt, die unterschiedliche
                        Branchen des verarbeitenden Gewerbes sowie Unternehmen unterschiedlicher Größen
                        repräsentieren. Ebenso war es von Bedeutung, Unternehmen auszuwählen, die
                        unterschiedliche Stadien der Implementierung des GEM erreicht haben. Ziel dabei war
                        es zum einen, die Herangehensweise der Unternehmen bei der Umsetzung zu erforschen
                        und zum anderen, diverse Chancen und Risiken auf dem Weg zum ganzheitlichen
                        betrieblichen Energiemanagement zu identifizieren.

                        Der Leitfaden, der für alle drei Interviews identisch war, orientierte sich primär an den
                        Themenblöcken des Fragebogens der quantitativen Befragung. Schwerpunkte wurden
                        situativ gesetzt.

                        Um auch die Energie-Angebotsseite abzubilden, wurden des Weiteren drei Energie­
                        anbieter bzw. Energiedienstleister in Telefoninterviews befragt. Ziel dabei war es,
                        herauszufinden, in welcher Form Energieanbieter die aktuellen Entwicklungen
                        thematisch aufgreifen und die Energienachfrager dabei unterstützen, ihren Energie­
                        verbrauch zu senken und parallel ihre Energieeffizienz nachhaltig zu erhöhen. Die
                        Ergebnisse dieser Interviews werden in diesem sowie dem nächsten Kapitel in Form von
                        Einschüben dargestellt.

                        Charakteristika der Stichprobe
                        In der Felderhebung wurden Unternehmen diverser Größe des verarbeitenden Gewerbes
                        kontaktiert. Die Fragebögen von 165 Unternehmen waren verwertbar und konnten in
                        die Ergebnisanalyse einbezogen werden. Abbildung 4 illustriert die Branchenverteilung
                        der Stichprobe. Die Branchen Chemie/Pharma/Kunst- und Mineralstoffe (17 %), Eisen/
                        Metall (17 %) sowie Maschinen/Anlagen (17 %) haben sich am stärksten beteiligt.
                        Daneben sind die Branchen Elektrotechnik/Elektronik (10 %), Druck/Papier (9 %),
                        Fahrzeuge/Fahrzeugteile (8 %), Nahrungs- u. Genussmittel/Getränke (7 %), Bau­

18 PwC
Konzeption der Studie

elemente/Baustoffe (5 %) und Holz/Holzwaren (4 %) vertreten. Teilnehmer aus den
Branchen Bekleidung/Leder/Textil und Bergbau/Steine/Erden sowie Glas/Keramik/
Porzellan bilden die Gruppe der sonstigen Unternehmen (6 %).

Abb. 4     Branchenverteilung der Stichprobe

sonstige
                                                                 Chemie/Pharma, Kunst-/
Nahrungs- u. Genussmittel/Getränke          6%                            Mineralstoffe
                                          7%   17 %
Elektrotechnik/
                                     10 %                                Holz/Holzwaren
Elektronik                                              4%
Fahrzeuge/                           8%
Fahrzeugteile                                           17 %                Eisen/Metall
                                       17 %
                                                   9%
Maschinen/Anlagen                             5%                            Papier/Druck
                                                                  Baustoffe/Bauelemente

N = 165

An der Studie haben vorwiegend KMUs teilgenommen (siehe Abb. 5). 85 % der befragten
Unternehmen haben im vergangenen Jahr einen Umsatz von bis zu 100 Millionen Euro
erwirtschaftet, 22 % einen Umsatz unter 10 Millionen Euro.

Abb. 5     Umsatz der Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr

  < 10 Mio. €     22 %

 10–25 Mio. €     30 %

26–100 Mio. €     33 %

 > 100 Mio. €     15 %

N = 118

Bezüglich der Mitarbeiteranzahl zeichnet sich ein ähnliches Bild ab (siehe Abb. 6). 84 %
der befragten Unternehmen haben weniger als 500 Mitarbeitende und können somit der
Gruppe der KMUs zugeordnet werden.

Abb. 6     Mitarbeiterzahl der Unternehmen

          < 500   84 %

   500–2.000      11 %

2.001–10.000      2%

     > 10.000      3%

N = 131

                                                                                           Energieverbrauch erfolgreich steuern 19
Konzeption der Studie

                        Bei der Frage nach der Höhe der Energiekosten der Unternehmen lässt sich jedoch
                        eindeutig erkennen, dass die Größe des Unternehmens nicht unbedingt auf die absolute
                        Höhe der Energiekosten schließen lässt (siehe Abb. 7). So haben trotz des großen Anteils
                        an KMUs 32 % der befragten Unternehmen Energiekosten von mehr als einer Million
                        Euro.

                        Abb. 7    Absolute Energiekosten der Unternehmen

                            < 100 Tsd. €   23 %

                         100–500 Tsd. €    34 %

                        501–1.000 Tsd. €   11 %

                          > 1.000 Tsd. €   32 %

                        N = 157

                        Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit sich diese Ergebnisse auf die
                        Maßnahmen und Ausprägungen des GEM in den Unternehmen auswirken:
                        Haben die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes die Brisanz des Themas
                        „Energie­management und Energieeffizienz“ erkannt?

                        Diese Kernfrage sollte im Rahmen der quantitativen Befragung sowie der Tiefen­
                        interviews mit ausgewählten Umwelt- und Energieexperten beantwortet werden. Die
                        Ergebnisse der Studie werden im Folgenden dargestellt.

                        „Der Trend zur Energieeffizienz geht in die richtige Richtung und
                        wird weiter an Bedeutung gewinnen.
                        Aber es ist keine Revolution. Er verläuft lediglich in Wellenbewegungen, abhängig von
                        finanziellen Ressourcen und dem Energiepreisdruck der Unternehmen. Wirtschaftlicher
                        und öffentlicher Druck haben großen Einfluss auf den Trendverlauf. Die unter­nehmerische
                        Gesellschaftsverantwortung wird zunehmend von den Verbrauchern und der Öffentlichkeit
                        gefordert. Dennoch hängen die möglichen Auswirkungen der Trend­bewegung auf die
                        Unternehmenslandschaft in großem Maße von der Politik ab, die das Thema mithilfe
                        verschiedener Gesetze weiter in den Fokus der Verbraucher rücken. Auch wenn der Großteil
                        der Erträge weiterhin aus dem klassischen Commodities-­Geschäft kommen wird, werden
                        Energiedienstleistungen für Energie­versorger zunehmend an Bedeutung gewinnen. Daraus
                        kann eine Branchenkonvergenz wie bei der Telekommunikation entstehen.“

                        Dr. Norbert Verweyen, Geschäftsführer der RWE Effizienz GmbH

20 PwC
GEM-Situation in Deutschland

D GEM-Situation in Deutschland

Inwieweit ist GEM für die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes
relevant?
GEM ist für die Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland bereits ein
bekanntes und beachtetes Thema. Die Untersuchung hat ergeben, dass das Bewusstsein
der Notwendigkeit, Energie effizient zu steuern, bei den befragten Unternehmen
durchaus vorhanden ist (siehe Abb. 8).

Abb. 8    GEM-Relevanz für die Unternehmen

     GEM ist ein relevantes
   Thema innerhalb unseres 6 %         15 %           24 %                   31 %                24 %
            Unternehmens.

      GEM ist nicht nur eine
  technische, sondern auch 3 12 %                 25 %                   34 %                   26 %
 eine strategische Aufgabe!

   In unserem Unter­nehmen
könnte man noch wesentlich      4       21 %              31 %                      29 %             15 %
       mehr Energie sparen.

   Ich bin über die Energie-
    ziele des Unternehmens      8% 7%            22 %                31 %                     32 %
                  informiert.

                                    trifft nicht zu          trifft eher nicht zu

                                    trifft teilweise zu          trifft zu          trifft voll und ganz zu
N = 164

79 % der befragten Unternehmen geben an, dass GEM für sie ein zumindest teilweise
relevantes Thema ist. Ihnen stehen 21 % der Unternehmen gegenüber, die GEM als nicht
relevant empfinden. Dieses Verhältnis zeigt, dass die Aufklärungsarbeit in den Unter­
nehmen über die Relevanz und Brisanz von GEM bei Weitem noch nicht abgeschlossen
ist.

85 % der Unternehmen haben erkannt, dass es sich bei GEM nicht nur um eine
technische, sondern vor allem um eine strategische Aufgabe handelt. Dies wird
von der Aussage gestützt, dass ebenfalls 85 % der Befragten über die Energieziele
des Unter­nehmens informiert sind. Überraschenderweise denkt jedoch nur ein
Viertel der Befragten, dass in ihrem Unternehmen noch wesentlich mehr Energie als
bisher eingespart werden könnte. Dies lässt vermuten, dass viele Unternehmen im
verarbeitenden Gewerbe entweder GEM bereits erfolgreich umsetzen und mit ihren
Energie­leistungen zufrieden sind oder aber ihr Einsparpotenzial unterschätzen.

Bei der Frage, für welche Hierarchieebene GEM relevant ist, wird eine eindeutige
Meinung erkennbar: GEM sollte bei der Geschäftsleitung angesiedelt sein. Dies bestätigt
auch die Untersuchung der Deutschen Bank, bei der 75 % der Befragten angaben, dass
die Einführung von energieeinsparenden Maßnahmen Aufgabe der Geschäftsleitung
sei.

                                                                                                              Energieverbrauch erfolgreich steuern 21
GEM-Situation in Deutschland

                               Unterschiede zwischen Unternehmen zeigen sich in der vorliegenden Studie erst auf
                               operativer Ebene. Während Großunternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden
                               GEM auf allen Hierarchie-Ebenen verankert sehen, würden vor allem mittelgroße
                               Unternehmen GEM nicht im Aufgabenbereich der operativen Ebene ansiedeln (siehe
                               Abb. 9).

                               Abb. 9     GEM-Organisationsebene nach Mitarbeiterzahl

                               Zu welchem Grad ist GEM Ihrer Meinung nach relevant für die folgenden Ebenen?

                                           relevant für die
                                          Geschäftsleitung
                               relevant für die Bereichs-/
                                        Abteilungsleitung
                                           relevant für die
                                          operative Ebene
                                                              trifft nicht   trifft eher        trifft        trifft zu    trifft voll
                                                              zu              nicht zu      teilweise zu                  und ganz
                                                                                                                                   zu

                                                                   < 500             500–2.000         2.001–10.000

                                                                   > 10.000

                               N = 163

                               Die wahrgenommene Notwendigkeit von GEM spiegelt sich auch im Status der GEM-
                               Durchführung wider. Nur die Hälfte der befragten Unternehmen hat GEM bereits
                               implementiert, 15 % befinden sich noch in der Planungs- oder Implementierungsphase.
                               31 % der Studienteilnehmer planen für die nächsten Jahre keine GEM-Einführung (siehe
                               Abb. 10).

                               Abb. 10 Status quo der GEM-Implementierung

                               Wie lange ist GEM in Ihrem Unternehmen bereits implementiert?

                                         < 1 Jahr    3%

                                        1–3 Jahre    18 %

                                        > 3 Jahre    33 %

                               Implementierung
                                                     15 %
                                       geplant
                                         keine
                               Implementierung       31 %
                                       geplant

                               N = 160

                               Zusammenfassend zeichnet sich an dieser Stelle ein relativ positives und optimistisch
                               stimmendes Bild der Situation im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland ab. Die
                               Voraussetzung – das Bewusstsein für die Notwendigkeit von GEM – ist bereits bei den
                               meisten Unternehmen zumindest im Ansatz erfüllt. Gerade bei den Unternehmen,
                               die GEM seit mehr als drei Jahren durchführen, zeichnet sich eine fortschrittliche

22 PwC
GEM-Situation in Deutschland

und vorbildliche Umsetzung des Energiemanagements ab. Dennoch wird noch ein
enormes Verbesserungspotenzial vor allem im Bereich der GEM-Aufklärung sowie des
nachhaltigen GEM-Designs deutlich.

Sind die Energiekosten der Unternehmen transparent?
Die absoluten Energiekosten der Unternehmen machen bei 78 % der teilnehmenden
Unternehmen bis zu 10 % der Gesamtbetriebskosten aus. Bei 22 % der Unternehmen
liegt der Kostenanteil sogar über 10 % (siehe Abb. 11). Studienteilnehmer mit solch
hohem Energiekostenanteil kommen vor allem aus den Branchen Druck/Papier,
Bauelemente/Baustoffe, Bergbau/Steine/Erden sowie Glas/Keramik/Porzellan.

Abb. 11   Energiekostenanteil an den Betriebskosten

Wie viel Prozent der Betriebskosten Ihres Unternehmens sind Energiekosten?

≤ 10 %    78 %

> 10 %    22 %

N = 148

Die Fragen der Untersuchung zur Energiekostentransparenz haben ergeben, dass in
den befragten Unternehmen zwar die Hauptenergieverbraucher mehr oder weniger
bekannt sind (96 %), der Kostenanteil der größten Energieverbraucher am Gesamt­
energiekostenblock jedoch nicht vollständig zugeordnet werden kann (34 %). Somit
besteht keine umfassende Energietransparenz (siehe Abb. 12).

Abb. 12 Energieverbraucher und Kostentransparenz

       Die größten
Energieverbraucher
                      4 8%                34 %                              54 %
des Unternehmens
     sind bekannt.

   Das Unternehmen
    hat volle Kosten-
transparenz über die 6 %     14 %            26 %                   27 %               27 %
    größten Energie-
        verbraucher.
       Der Anteil der
    größten Energie-
 verbraucher an den 3      12 %       19 %                32 %                      34 %
    Gesamtenergie-
 kosten ist bekannt.

                        trifft nicht zu        trifft eher nicht zu        trifft teilweise zu

                        trifft zu         trifft voll und ganz zu

N = 160

Obwohl GEM in 33 % der befragten Betriebe seit mehr als drei Jahren implementiert ist
und bei 18 % der Befragten zwischen einem und drei Jahren (siehe Abb. 10), konnten
bisher nur 28 % der Unternehmen volle Energiekostentransparenz erlangen. Umso
interessanter wird damit die Frage nach Motiven und Hindernissen für die GEM-
Einführung.

                                                                                                 Energieverbrauch erfolgreich steuern 23
GEM-Situation in Deutschland

                               Welche Motive führen zur GEM-Implementierung?
                               Die ausschlaggebenden Motive für Unternehmen, ein Energiemanagement einzuführen,
                               sind eindeutig (siehe Abb. 13): An erster Stelle (95 %) steht die potenzielle Kosten­
                               einsparung, die durch den effizienteren Einsatz von Energie realisiert werden kann.
                               Dieser Wert wird durch das Ergebnis der dena-Studie tendenziell bestätigt, bei der
                               70 % der Befragten angaben, Energieeffizienzmaßnahmen aus Gründen der (Energie-)
                               Kosten­einsparung eingeführt zu haben.

                               Knapp drei Viertel der Unternehmen führen die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit
                               bzw. die Generierung eines Wettbewerbsvorteils als Motive an. Dies weicht von den
                               Ergebnissen der Deutsche-Bank-Studie ab, bei der 51 % der Großunternehmen und nur
                               35 % der KMUs glaubten, durch Investitionen in Energieeffizienz eine Verbesserung der
                               eigenen Wettbewerbsposition zu erreichen. Die höheren Werte in der aktuellen Studie
                               deuten an, dass Energiemanagement im Wettbewerbsumfeld weiter an Bedeutung
                               gewinnt und mittlerweile sogar als Wettbewerbsvorteil angesehen wird.

                               Bei zwei Dritteln der Befragten erfolgt die GEM-Implementierung aufgrund eines
                               Geschäftsleitungsbeschlusses. Als Motive werden nachhaltigkeits- und umwelt­
                               getriebene Vorhaben wie zum Beispiel die Erstellung eines CO2 -Footprints genannt.
                               Zudem wird die Verbesserung der Energiekostentransparenz als treibender Faktor
                               erwähnt.

                               Politische Beschlüsse oder gesetzliche Vorgaben hingegen scheinen bisher keinen Anreiz
                               zu geben, GEM im Unternehmen zu implementieren.

                               Abb. 13 Motive für die GEM-Einführung

                               Aus welchen Gründen wurde GEM implementiert bzw. wird Ihr Unternehmen
                               GEM implementieren?

                                        um wettbewerbs-
                                     fähig zu sein/bleiben

                                    zum/zur Reputations-
                               aufbau bzw. -verbesserung
                               zur Energieeinsparung aus
                                  ideologischen Gründen
                                     (z. B. Umweltschutz,
                                     Unternehmenskultur)
                               zur Energieeinsparung aus
                                          Kostengründen

                                    aufgrund gesetzlicher
                                      (externer) Vorgaben

                                   aufgrund der Vorgaben
                                 unserer Geschäftsleitung

                                                             trifft nicht trifft eher       trifft     trifft zu    trifft voll
                                                             zu            nicht zu     teilweise zu               und ganz
                                                                                                                            zu
                               N = 125

24 PwC
GEM-Situation in Deutschland

Welche Hindernisse erschweren die GEM-Einführung?
Betrachtet man im Vergleich zu den Motiven die Hindernisse bzw. Faktoren, die die
GEM-Implementierung erschweren, lässt sich schnell erkennen, dass die befragten
Unternehmen eigentlich keine schwerwiegenden Hindernisse für die Einführung von
GEM sehen. Keinen der abgefragten Faktoren bewerten mehr als 50 % der befragten
Unternehmen als absolut ausschlaggebend (siehe Abb. 14).

Abb. 14 Hindernisse für die GEM-Einführung

Welche Gründe hindern bzw. erschweren die GEM-Implementierung?

mangelndes Bewusstsein
für die Notwendigkeit von
                    GEM

  keine Transparenz über
        Energieverbrauch

  keine Transparenz über
           Energiekosten

             unzuverlässige
              Datenqualität

mangelndes Wissen über
        Energieeinspar-
         möglichkeiten

             Mangel an Zeit

   Mangel an finanziellen
                  Mitteln

     Mangel an Personal

  fehlende Motivation der
          Mitarbeitenden

    zu viele verschiedene
               Zuständige

          GEM nicht auf der
               Agenda der
           Geschäftsleitung
                              trifft     trifft eher       trifft     trifft zu    trifft voll
                              nicht zu    nicht zu     teilweise zu               und ganz
                                                                                           zu
N = 153

Bei den genannten Faktoren, die mit 3 oder höher bewertet werden und somit im
Bereich der Zustimmung liegen, handelt es sich vor allem um ressourcenbasierte
Mängel: Mangel an Zeit sowie Mangel an Personal. Diese bewerten jeweils ca. 60 % der
Studien­teilnehmer als relevant.

Den dritten Rang der Hindernisse nimmt das „mangelnde Bewusstsein für die
Notwendigkeit von GEM“ ein, wie über 50 % der Befragten empfinden. Auch das

                                                                                                 Energieverbrauch erfolgreich steuern 25
GEM-Situation in Deutschland

                               Argument „GEM [steht] nicht auf der Agenda der Geschäftsleitung“ liegt knapp unter
                               der Zustimmungsschwelle. Mehrfach genannt wird zudem der zu geringe Energie­
                               kostenanteil an den Gesamtkosten und das damit verbundene ungünstige Kosten-
                               Nutzen-Verhältnis. Somit lässt sich feststellen, dass es sich bei den bedeutendsten
                               Hindernissen vor allem um ressourcen- und wahrnehmungsbasierte Faktoren handelt.

                               Vergleicht man die ermittelten wesentlichen Hindernisse für die GEM-Einführung mit
                               den Resultaten der vorhergehenden Status-quo-Analyse, lassen sich gewisse Wider­
                               sprüche erkennen: Vorab gaben nur 21 % der Studienteilnehmer an, dass GEM bisher
                               kein relevantes Thema innerhalb der Unternehmen sei (siehe Abb. 8). Bei der Frage
                               nach den Hinderungsgründen hingegen empfanden über 50 % der teilnehmenden
                               Unter­nehmen das „fehlende Bewusstsein für die Notwendigkeit von GEM“ als eines der
                               wesentlichen Hindernisse für die Einführung eines Energiemanagements.

                               Auch im Hinblick auf die Unternehmensebene, auf der die Verantwortung für die
                               Implementierung und Durchführung von GEM angesiedelt sein sollte, kam es zu
                               widersprüchlichen Angaben. Als die Studienteilnehmer gefragt wurden, für welche
                               Geschäftsebene GEM relevant sei, sahen 84 % die Verantwortung für das Thema GEM
                               bei der Geschäftsleitung (siehe Abb. 9). Außerdem erfolgte bei zwei Dritteln aller
                               Befragten die GEM-Implementierung unter anderem aufgrund eines Beschlusses der
                               Geschäftsleitung (siehe Abb. 13). Dennoch teilte später über die Hälfte der Befragten
                               zum gleichen Sachverhalt mit, dass der Faktor „GEM [steht] nicht auf der Agenda der
                               Geschäftsleitung“ durchaus ein Hinderungsgrund für die GEM-Einführung sei.

                               Blickt man auf das im vorhergehenden Abschnitt gezogene erste Zwischenfazit
                               (siehe Seite 15/16), wonach die ersten Studienergebnisse ein relativ positives und
                               optimistisches Bild der Situation im deutschen verarbeitenden Gewerbe zeichnen,
                               so lassen die in diesem Abschnitt gezeigten Widersprüche erste Zweifel an diesem
                               positiven Bild zu.

                               Daher stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob es sich bei der zuvor dargestellten Fort­
                               schrittlichkeit der Unternehmen bei der Implementierung von GEM um eine reale oder
                               lediglich wahrgenommene Fortschrittlichkeit handelt. Im Vergleich der Ergebnisse der
                               intuitiven Gesamteinschätzung mit denen der Detail- und Einzelbausteinanalyse kann
                               möglicherweise im Laufe der weiterführenden Auswertungen eine Wahr­nehmungs­lücke
                               der Unternehmen, im Folgenden „Perception Gap“ genannt, identifiziert werden.

26 PwC
GEM-Situation in Deutschland

„Der sparsame Umgang mit Energie ist ureigenstes Interesse der
Industrie und kein neuer Trend.

Die Politik will Energieeffizienz weiter erhöhen. Das erfordert mehrere Dinge:

Tragfähige Geschäftsmodelle für Energieeffizienz werden in weiten Teilen noch gesucht.
Aufgabe der Politik ist es, marktwirtschaftliche Anreize zu setzen und neue Märkte zu
schaffen, wie dies bei C02 -Zertifikaten gelungen ist. Dies ist gegenüber starren Auflagen klar
zu bevorzugen.

Zweitens müssen fehlerhafte Rahmenbedingungen korrigiert werden. Contracting ist
eines der wenigen etablierten Modelle. Möchten wir für einen Dritten eine hoch­effiziente
Erzeugungsanlage errichten und betreiben, bezahlen wir dafür jedoch EEG-Umlage. Die
gleiche Anlage durch den Industriekunden selber betrieben nicht. Typischer­weise läuft dann
die Altanlage weiter. Das Industrieunternehmen will in Neben­aktivitäten nicht investieren
und wir können den EEG-Kostennachteil nicht wettmachen.

Und schließlich müssen wir unsere Kunden überzeugen. Unsere Kompetenz ist unstrittig.
Als EnBW garantieren wir die benötigten Nutzenergien und können gleich­zeitig die Kosten
des hochkomplexen Systems aus Beschaffungsverträgen der Kunden, Vermarktungs­
optionen mit ständig neuen Preisen, und Eigen­erzeugungs­anlagen samt Speichern
optimieren. Schlüssel für unsere Glaubwürdigkeit sind nach­vollziehbare Geschäfts­modelle,
und die Erkenntnis, dass langfristig unser Energie­absatz sinkt und wir Energie­dienst­
leistungen anbieten müssen.“

Matthias Groß, Leiter Business Development Operations der EnBW

                                                                                                  Energieverbrauch erfolgreich steuern 27
Analyse der GEM-Bausteine

   E Analyse der GEM-Bausteine

                            1 Ergebnisse der schriftlichen Befragung
                            Ziel der quantitativen Befragung ist es, die Ausprägung der im Rahmen der Desk
                            Research vordefinierten Kernbausteine eines GEM in den Unternehmen des
                            verarbeitenden Gewerbes abzufragen. Die Ergebnisse der Befragung werden im
                            Folgenden dargestellt.

                            1.1 Organisation und Prozess
                            Die adäquate Einführung eines integrierten Managementsystems, so wie GEM eines
                            darstellt, ist nur mithilfe formalisierter und standardisierter Prozesse und einer
                            definierten Organisation möglich. Daher ist ein zentrales Ergebnis der Studie, dass
                            alle abgefragten Bausteine von GEM – Organisation und Prozess, Strategie, Ziele,
                            Umsetzung, Controlling sowie Kultur und Kommunikation – bereits mehr oder minder
                            gleich stark im Bewusstsein und der Organisation verankert sind.

                            Abb. 15 Organisationsgrad der GEM-Bausteine

                                                                           Strategie
                                                                            5

                                                                            4

                                                                            3
                                          Kultur und
                                                                                                         Ziele
                                          Kommunikation                     2

                                                                            1

                                                      Controlling                                 Umsetzung

                                                                       bisher           geplant

                                       1 (trifft   2 (trifft eher       3 (trifft      4 (trifft zu)    5 (trifft voll
                                      nicht zu)      nicht zu)      teilweise zu)                      und ganz zu)

                            N = 165

                            Abbildung 15 zeigt, dass den einzelnen Bausteinen, die im Vorfeld der Studie
                            identifiziert und im Fragebogen angesprochen wurden, auf einer Skala von 1 (trifft
                            nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu) in den Unternehmen ungefähr die gleiche
                            Bedeutung beigemessen wird. Die Ausprägung der einzelnen Bausteine wird derzeit
                            mit Werten zwischen 2 und 3 angegeben – ein Niveau, das für ein ganzheitliches
                            Energiemanagement wesentlich zu niedrig ist.

                            Ein weiteres zentrales Ergebnis der vorliegenden Studie ist, dass die Unternehmen
                            mit dem aktuellen Entwicklungsstand nicht zufrieden sind und planen, zum Teil

28 PwC
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