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2. Regionalkonferenz der Begleitforschung zum KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 15. Oktober 2020 in Erfurt Dokumentation © Dr. Christine Meißner
THEMENWERKSTATT 01 UND 02 „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Bearbeitung Urbanizers • plan zwei • KEEA Berlin, Januar 2021 Urbanizers Büro für städtische Konzepte, Berlin plan zwei • Stadtplanung und Architektur, Hannover KEEA Klima- und Energieeffizienz Agentur UG, Kassel * Hinweis: Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich in geschlechts- spezifischen Personenbezeichnungen differenziert. Die gewählte männliche Form schließt eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein. 2
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten Die Energetische Stadtsanierung ist eine Zukunftsaufgabe für viele Akteure in unter- schiedlichsten kommunalen Quartiersstrukturen. Fast 90 % der deutschlandweit bis- her bewilligten Förderprojekte des KfW-Programms 432 werden in Klein- und Mittel- städten umgesetzt. Anforderungen an Konzepte und Prozesse, Handlungsfelder und Themenschwerpunkte unterscheiden sich dabei von denen in größeren Städten, vor allem in kleineren Gemeinden. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie stellt sich daher die Frage besonders dringend, welche unterschiedlichen Herausforderungen angesichts begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen existieren und welche Möglichkeiten für kleine und mittlere Kommunen bestehen, Maßnahmen aus den Quartierskonzepten anzuschieben sowie den Stellenwert der Energetischen Stadtsanierung zu sichern. Am 15.10.2020 kamen 34 Kommunalvertreter, Vertreter von Energieagenturen, des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft sowie weiteren Fach- gebieten, Institutionen und Verbänden in Erfurt zusammen. Sie folgten der Einladung zur Regionalkonferenz „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten“ durch das BMI, das BBSR und die Begleitforschung Ener- getische Stadtsanierung, in Kooperation mit der Thüringer Energie- und GreenTech- Agentur GmbH (ThEGA). Im Rahmen von Vorträgen durch das Thüringer Ministerium für Infrastruk¬tur und Landwirtschaft sowie die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH wurden Impulse zu möglichen Förderungen für ländliche Räume sowie gute Beispiele aus Thüringen gegeben. Berichte aus der Praxis erfolgten durch die beiden Kommunen Kaltennordheim (TH) und dem Werra-Meißner-Kreis (HE). Schwerpunkte der ge- meinsamen Diskussion lagen auf den Themen „Interkommunale Zusammenarbeit – Kleine Kommunen stärken, große Chance für ländliche Strukturen“, „Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung - Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefrei- es Wohnen“ sowie „Förderung – Synergien mit anderen Förderprogrammen“. 3
THEMENWERKSTATT 06 „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Begrüßung und Einführung Wolfgang Neußer, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung In Vertretung von Katharina Voss (BMI) hieß Wolfgang Neußer (BBSR) im Namen von BMI und BBSR die Gäste willkommen. Er verwies auf die aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung blieben trotz Corona gleich ambitioniert. Der Klimaschutzplan 2050 sehe das Zwischenziel vor, im Gebäudebereich bis 2030 eine Minderung von 66 bis 67 Prozent (gegenüber 1990) des Kohlenstoffdioxid- ausstoßes zu erreichen. Das beschlossene „Klimapaket“ der Bundesregierung sei dabei ein „Turbo-Programm für mehr Klimaschutz“. Bei der Weiterentwicklung der Energetischen Stadtsanierung seien in den vergangenen Mo- naten neue Meilensteine erreicht worden. So wurden beispielweise bereits Ende 2019 der Tilgungszuschuss bei der Quartiersversorgung (KfW 201/202) von 5 % auf 10 % erhöht. Seit dem Programmstart 2012 wurden im Programm der Energetischen Stadtsanierung insge- samt 1.087 Sanierungskonzepte und 362 Sanierungsmanagements mit Zuschüssen in Höhe von insgesamt 97,7 Mio. Euro gefördert (Stand 31.08.2020). Der bisherige Erfolg des Pro- gramms sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass es auch in der Breite der kleinen und mittelstädtischen Kommunen Anwendung finde und damit eine große Wirkung entfalte. In der Städtebauförderung sei die Betrachtung von Klimaschutzaspekten für die Kom- munen zur Pflicht gemacht worden. Die Beantragung eines Konzeptes der Energetischen Stadtsanierung als Vorstufe für eine eventuelle spätere Städtebauförderung sei damit für die Kommunen noch attraktiver geworden. Die Verstärkung weiterer Themenbereiche wie „Grüne Infrastruktur“ und „Digitalisierung“ im Rahmen der Förderung sei in Vorbereitung. Mit der Energetischen Stadtsanierung solle langfristig ein umfassendes Programm für ländliche und städtische Quartiere entstehen, in denen die Themen Klimaschutz und inte- grierte Stadtentwicklung noch stärker als bislang gemeinsam entwickelt werden können. Dr. Thomas Sauer, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Referat 27 – EU-Förderung, Bauhaushalt, Baukultur Im Anschluss begrüßte Dr. Thomas Sauer alle Teilnehmenden im Namen des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Er hob dabei die Thematik der Ener- getischen Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten hervor. Das engmaschige Siedlungs- netz aus kleinen und mittleren Gemeinden in Thüringen sei in Deutschland und Europa besonders. Dies müsse vor allem in der Förderstruktur Beachtung finden – das EFRE-Pro- gramm gehe hier beispielsweise darauf ein. Dr. Gregor Langenbrinck, Begleitforschung Energetische Stadtsanierung Nach der offiziellen Begrüßung hieß Dr. Gregor Langenbrinck die Teilnehmenden im Na- men der Begleitforschung willkommen. Die Etablierung einer „Kultur der Energetischen Stadtsanierung“ sei einer der Kernaspekte der Arbeit der Begleitforschung. Dabei ginge es vor allem um das Herstellen von Verknüpfungen mit anderen Aspekten der kommunalen Entwicklung. Die integrierte Entwicklung der Quartiere sei dabei zu betonen. Dabei gelte es vorhandene Themenfelder und Schnittstellen zu nutzen und miteinander in Verbin- dung zu setzen. Die Begleitforschung beobachte dabei mehrere Kommunen, die diese Ge- danken verinnerlichen und erfolgreich umsetzen. 4
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Energetische Quartierssanierung in Thüringen Dr. Thomas Sauer, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Referat 27 – EU-Förderung, Bauhaushalt, Baukultur Dr. Thomas Sauer berichtete in seinem Vortrag über den aktuellen Stand der Quartiers- sanierung in Thüringen sowie über Maßnahmen und Fördermöglichkeiten in der Ener- getischen Quartierssanierung. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Land- wirtschaft habe bei der Programmierung der EFRE-Förderperiode 20212/13 erstmalig die auf EU-Ebene eröffneten Möglichkeiten genutzt, zwei Programme im Bereich der Energetischen Stadtsanierung aufzusetzen. Diese zielen dabei auf die Umsetzung von Maßnahmen im Gebäudebereich und auf Quartiersebene ab. Durch die Förderungen zur Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien im Bereich der öf- fentlichen Hand (Gebäude) konnten bereits 28 Vorhaben angeschoben werden. Acht wei- tere Vorhaben seien angemeldet. Durch die Förderungen zur Energieeffizienzsteigerung in Kommunen und städtischen Quartieren konnten weitere 19 Vorhaben initiiert werden – weitere zwölf Vorhaben seien angemeldet. Durch das KfW-Programm 432 seien seit 2012 bereits 66 Förderungen in 31 Kommunen Thüringens erteilt worden. Darunter seien 43 Konzepte erstellt und 23 Sanierungsmana- ger finanziert worden. Zudem seien fünf der Städte, die durch das KfW-Programm 432 gefördert wurden, gleichzeitig auch EFRE-Kommunen. Zu den verschiedenen Vorhaben gehören nichtinvestive Vorhaben, wie die Erstellung von Strategien zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung, kommunale Ener- giekonzepte oder Energiebedarfs- und Potenzialanalysen sowie investive Vorhaben, wie energetische Sanierungen, das Erschließen von Effizienzpotenzialen oder die Umsetzung von energetischen Konzepten und Strategien. Ziel der EFRE-Förderung von 2021 bis 2027 sei ein grüneres, CO2-armes Europa. Mit Hilfe von Förderungen sauberer Energien, einer fairen Energiewende, grünen und blauen Inve- stitionen, der Kreislaufwirtschaft, der Anpassung an den Klimawandel, der Risikopräven- tion und des Risikomanagements solle dies ermöglicht werden. Im speziellen sollen dabei Energieeffizienzmaßnahmen und die Entwicklung intelligenter Energiesysteme, Netze und Speichersysteme auf lokaler Ebene gefördert werden. So dass eine Energieeffizienz- steigerung in öffentlichen Gebäuden und der Infrastrukturen sowie Neu- und Ausbauten von Fernwärmenetzen umgesetzt werden könne. Energiewende umsetzten: Best Practise mit EFRE & Co. In Thüringen Fank Roman Leipe, Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH (ThEGA), Projektleiter Kommunale Energiekonzepte Einen Einblick in die praktische Umsetzung der EFRE-Förderung „Effiziente Stadt“ in Thüringen gab Frank Roman Leipe. Bereits viele Beispiele zeigen positive Bilanzen. Her- vorzuheben seien u. a. die energetische Sanierung der Kita „Sebastian Kneipp“ in Heilbad Heiligenstadt, die Nutzung der Abwärme der Eishalle zur Heizung der Schwimmhalle in Ilmenau, die Installation einer LED-Straßenbeleuchtung in Nesse-Apfelstädt, die energie- autarke Umrüstung der Kläranlage in Leinefelde, die Solarthermieanlage in Mühlhausen sowie das Biomasse-Heizwerk und Nahwärmenetz in Nordhausen. Die Maßnahmen werden dabei u. a. durch die beiden Landesprogramme „Klima Invest“ und „Solar Invest“ der Thüringer Aufbaubank gefördert. Mit der Förderung von Klima- schutzkonzepten sowie der Investition in Gebäudetechnik, E-Mobilität und Personal für Klimaschutz- oder Energiemanagement durch das Programm „Klima Invest“ werde eine Minderung der Treibhausgasemissionen verfolgt sowie Anpassungsmaßnahmen für un- vermeidbare Folgen des Klimawandels getroffen. Der Schwerpunkt des Förderprogramms 5
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) „Solar Invest“ liege auf der Förderung von erneuerbaren Energien für Strom und Wärme. Die beiden Programme seien mit anderen Förderprogrammen kumulierbar. Durch die ThEGA stehe den Kommunen dabei die Möglichkeiten der Beratung und Vernetzung zur Verfügung. Energetische Stadtsanierung in der Praxis Energetische Stadtsanierung im Verbund-Werra-Meißner-Kreis Holger Schülbe, Werra- Meißner-Kreis, Fachbereich 7 – Bauen, Umwelt und Gebäudemanagement Holger Schülbe gab einen Einblick in die das Verbundprojekt des Werra-Meißner-Kreises, in dem seit 2015 verstärkt die Beratung zu energetischen Sanierungsmaßnahmen verfolgt werde. Einwohner sollen mit der Erzeugung, Nutzung sowie Einsparmöglichkeiten von Energie vertraut gemacht und bei Modernisierungen unterstützt werden. Das Projekt solle für alle Generationen gleichermaßen zugänglich und nutzbar sein. Beteiligt seien seit dem Start der Förderung sechs Quartiere mit insgesamt ca. 100.000 Einwohnern. Eine Besonderheit des Projektes sei dabei der „wachsende Charakter“. Bei gleichbleibendem Sanierungsmanagement sollen so über einen längeren Zeitraum hin- weg „alte“ Quartiere gehen und „neue“ Quartiere hinzukommen. Die interkommunale Zusammenarbeit der Quartiere bringe dabei verschiedene Vorteile mit sich. So unter an- derem, dass für die sechs Quartiere nur drei Sanierungsmanager notwendig seien. Zudem konnte eine Beratungsleistung als Pilotvorhaben etabliert werden, welche zu 20 % auch über die Quartiersgrenzen hinaus angeboten werde. Die Beratung richte sich an private Eigentümer, gewerbliche Immobilienbesitzer sowie an Kommunen. Dabei werden Ideen erarbeitet, bautechnische Empfehlungen gegeben sowie Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Resultate seinen individuelle Modernisierungsfahrpläne. Eine Besonderheit bilden zudem die „Kümmerer“, welche als Schnittstelle zwischen den Gebäudeeigentümern und dem Sanierungsmanagement agieren. Die direkte Ansprache der Interessierten durch engagierte Bürger aus dem Quartier seien ein „Türöffner“. Herausforderungen im Projekt bestehen u. a. in der gezielten Ansprache der Immobili- eneigentümer, dem hohen Aufwand der Beratungen z. B. durch die Klärung spezieller Fragestellungen bzgl. Förderbedingungen oder durch die Schaffung von Datenschutz- grundlagen. Gleichzeitig sei aber auch durch die interkommunale Zusammenarbeit viel Potential geschaffen worden. Holger Schülbe nannte hier u. a. die Aufstellung eines Teams mit unterschiedlichen Kompetenzen bzw. Spezialisierungen, die Möglichkeit auch kleinen Quartieren eine hohe Beratungsleistung zukommen zulassen oder entstehende Synergien durch ähnlich strukturierte Quartiere. Nahwärmenetz Kaltennordheim – Aktivierung privater Eigentümer Erik Thürmer, Bürgermeister Kaltennordheim Erik Thürmer berichtete über die bevorstehende Errichtung des Nahwärmenetzes in Kal- tennordheim. Durch das große Interesse der Bürger, Förderungen durch die KfW sowie das Thüringer Förderprogramm „Klima Invest“ konnten dabei bereits in der Vorbereitung des Projektes große Erfolge erzielt werden. Mit dem energetischen Quartierskonzept für das Sanierungsgebiet Altstadt (2015–2017) wurden zunächst CO2-Bilanzen für das gesamte Untersuchungsgebiet sowie verschiedene Szenarien zur CO2-Einsparung dargelegt. Als Ergebnis des partizipativen Prozesses ma- nifestierte sich die Projektidee eines Nahwärmenetzes. Nach der Erarbeitung einer Wirt- schaftlichkeitsstudie zur Prüfung von Varianten wurde Anfang 2019 eine Entwicklungsge- sellschaft als Sanierungsmanagement zur Umsetzung beauftragt. 6
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Die Planungen des Nahwärmenetzes starteten im Herbst 2019. Zu den geplanten Maßnah- men zählen u. a. der Umbau der alten Turnhalle zu einer Heizzentrale, die Verlegung von zwei Haupttrassen mit einer Gesamtlänge von zwei Kilometern sowie die Erzeugung von Wärme durch Holzhackschnitzel. Dabei sollen alle städtischen und kreiseigenen Gebäude (u. a. Rathaus, Bürgerhaus, Schloss, Schule, Kita) sowie 60 private Wohnhäuser an das Netz angeschlossen werden. Die Finanzierung des Nahwärmenetzes solle über die EFRE 4e-Förderung mit einer För- derquote von 72 % sowie weiteren Fördermitteln der KfW sowie des BAFA erfolgen. Herausforderungen bestünden vor allem durch die gleichzeitige Koordination mehrerer Fördervorhaben, dem umfangreichen Abstimmungsbedarf zwischen den Akteuren sowie die zum Teil erstmalige Konfrontation der Kommune mit den Themen „Umsatzsteuer“, „Gründung eines kommunalen Eigenbetriebs“, „Vertragsgestaltung mit privaten Kunden“ sowie „Kalkulation von Energiepreisen“. Der Erfolg der bisherigen Planungen sei nicht zuletzt auf die hohe Transparenz des Planungsprozesses sowie den ständigen Informati- onsaustausch mit allen Projektbeteiligten zurückzuführen. So standen beispielswiese die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, die Fördermittelgeber, Sanierungsberater sowie das Landesverwaltungsamt der Kommune als fachliche Beratung zur Seite. Darü- ber hinaus sei der Erfolg auch auf die hohe Akzeptanz des Vorhabens beim Stadtrat und den Bürgern zurückzuführen. Diese wurden bereits während des Planungsprozesses stark einbezogen. So beteiligten sich Bürger sowie Ortsteil- und Stadtrat bereits während der Ideenfindung auf Informationsveranstaltungen oder im Rahmen von Fragebogenakti- onen. Auch seien regelmäßig Informationen an die Bevölkerung über Zeitungsartikel, die Internetseite sowie das Amtsblatt gesendet worden. Diskussionsrunden Im Zentrum des Austauschs standen Gespräche über Erfahrungen und Anregungen zu den Themen „Interkommunale Zusammenarbeit – Kleine Kommunen stärken, große Chance für ländliche Strukturen“, „Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung - Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen“ sowie „Förderung – Synergien mit anderen Förderprogrammen“. Die Ergebnisse der drei parallelen Diskussionsrunden werden im Folgenden dargestellt. Diskussionsrunde I - Interkommunale Zusammenarbeit – Kleine Kommunen stärken, große Chance für ländliche Strukturen Im Rahmen einer Vorstellungsrunde wurden Fragen und Anregungen zu den Themen „In- itiierung der Zusammenarbeit“, „Synergien“, „Unterstützungsmöglichkeiten durch Lan- desministerien“ sowie „Digitalisierung“ gesammelt und anschließend diskutiert. Initiierung der Zusammenarbeit: Für die interkommunale Zusammenarbeit brauche es eine Person, die das Projekt proaktiv vorantreibe. Dabei stellte sich die Frage, von wem der Anstoß der Zusammenarbeit ausgehen müsse und welche Rolle Bürgermeister dabei einnehmen. Letztere sollten der Zusammenarbeit mindestens neutral gegenüberstehen, wenn nicht so- gar diese unterstützen. Das Beispiel des Werra-Meißner-Kreises zeige, dass Bürgermeister in der tatsächlichen Zusammenarbeit der Kommunen nicht mehr eingebunden seien müs- sen. Das Beispiel aus Kaltennordheim dagegen verdeutliche die Zugkraft, die durch einen Bürgermeister entstehen könne, der sich aktiv für die Energetische Stadtsanierung einsetze. Darüber hinaus könne die interkommunale Zusammenarbeit durch die Landkreise initi- iert werden. Ein gutes Beispiel sei der Landkreis Gießen in Hessen. Jedoch bestünde nicht in allen Bundesländern die Möglichkeit, die Zusammenarbeit vom Kreis heraus zu orga- nisieren. So müssen beispielsweise in Thüringen die Kommunen dem Landkreis zunächst vertraglich die Zuständigkeit für das Klimamanagement zusichern, bevor der Kreis aktiv werden könne. 7
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Synergien: Eine Synergie, die durch die Arbeit im Verbund bestünde, sei die Möglichkeit der fachlichen Spezialisierung des Sanierungsmanagements. Diese sei beispielsweise dann möglich, wenn mehrere Sanierungsmanagements zusammenarbeiten und sich die einzel- nen Mitglieder in bestimmten Themenbereichen spezialisieren. Ein gutes Beispiel sei hier der Werra-Meißner-Kreis. Unterstützungsmöglichkeiten durch Landesministerien: Die Förderung durch das KfW-Pro- gramm 432 sei für manche Kommunen nicht ausreichend. Unterstützung könne dabei durch die Landesministerien erfolgen. Berichtet wurde diesbezüglich aus Hessen, wo finanz- schwache Kommunen durch die Aufstockung der Landesmittel im Rahmen des Förderpro- gramms „Energetische Stadtsanierung“ eine Förderung in Höhe von 95 % erhielten. Darüber hinaus wurde in der Diskussion eine Beratungsleistung für Verbundprojekte angestoßen, die interessierten Kommunen durch die Landesministerien angeboten werden könnte. Digitalisierung: Digitalisierung solle als Chance gesehen werden. Die durch Corona neu eingeübten digitalen Techniken wie z. B. Online-Seminare und Online-Konferenzen könnten dazu genutzt werden, die Kommunen mit Wissen zu versorgen, die diese vor Ort nicht bekommen können. Der Ressourceneinsatz der Kommunen sei dabei überschaubar. Konferenzbeiträge könnten über längere Zeit auf Videoplattformen archiviert werden und über Kommentarfunktion dauerhafter diskutiert werden. Auch Foren oder FAQ-Listen könnten als weitere Formen des digitalen Austausches dienlich sein. Diskussionsrunde II – Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung: Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen Wesentliche Inhalte der Diskussionsrunde „Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung: Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen“ bildeten die Themen „Förderung von Kommunen und Bürgern“, „Einbindung von Bürgern“, „Kopplung von Themen“, „Klimabewusstsein schärfen“, „Schrittweise Umsetzung der Maßnahmen“ und „Finanzielle kommunale Ausganslage“. Förderung von Kommunen und Bürgern: Die Förderung von Maßnahmen der Energe- tischen Stadtsanierung sei unabdingbar für die Erreichung der Klimaschutzziele. Dabei seien sowohl Förderungen für Kommunen als auch für Bürger von Bedeutung. Gerade die Förderlandschaft für Privateigentümer sei jedoch oft unübersichtlich und Förderungen erreichen nicht die Bürger vor Ort. Attraktiv für private Eigentümer könnte eine erhöhte steuerliche Abschreibung für energetische Maßnahmen sein. Durch die Ausweisung eines Sanierungsgebietes (vereinfachtes Verfahren) durch Kommunen sei dies möglich. Dies werde bereits vielerorts praktiziert. Einbindung von Bürgern: Bürgerengagement könne eine große Kraft im Quartier entwickeln. Bereits in der Auswahl der Quartiere könne beispielsweise der Fokus auf Quartiere mit aktiven Vereinen und interessierten Akteuren gelegt werden. Um Potenziale zu entfalten, sollten die- se von Beginn an in den Prozess sowie in die Beratungsstruktur vor Ort eingebunden werden. Kopplung von Themen: Private Eigentümer seien vielerorts schwer für Sanierungsmaß- nahmen zu aktivieren. Besonders die Gruppe der Senioren sei schwer zu erreichen. Vor allem der Zeitpunkt der Ansprache sowie der Anlass sei von großer Bedeutung. Mit der Verschrän- kung der Themen „barrierefreies und altersgerechtes Wohnen“ sowie „Sanierungsmaß- nahmen“ im Rahmen der Ansprache könnten die Anliegen der Energetischen Stadtsanierung besser transportiert werden. Bauliche Synergien bestünden jedoch dabei letztendlich nicht. Klimabewusstsein schärfen: Themen wie „Nachhaltigkeit der Baustoffe“ oder „Lebenszy- klusbilanzen“ fänden oft noch zu wenig Berücksichtigung in der Betrachtung von Wirt- schaftlichkeit. Voraussetzungen für die Etablierung nachhaltiger Lösungen seien die stärkere Ausbildung eines Klimabewusstseins sowie die ganzheitliche Betrachtung von Nachhaltigkeitsaspekten. So könnten z. B. Bürger selbst Lebenszyklen beurteilen. Auch sollten nachhaltige Bausubstanzen höher gefördert werden. 8
KOMMUNALE WEISSBÜCHER „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Schrittweise Umsetzung der Maßnahmen: In vielen Fällen sei aufgrund der Finanzierung nur eine Schrittweise Sanierung durch die Eigentümer möglich. Niedrigschwellige kom- munale Förderprogramme böten dabei gute Anreize. Jedoch greife dieser Ansatz nur in finanzstarken Kommunen. Dabei stellte sich generell die Frage, ob eine schrittweise Sanie- rung im Sinne der Energetischen Stadtsanierung zielführend sei. Finanzielle kommunale Ausganslage: Herausforderungen bestünden vielerorts durch eine schlechte Haushaltslage von Kommunen. Kleine Kommunen könnten sich daher kein Sanierungsmanagement leisten. Probleme bestünden durch die Haushaltssicherung so- wie die Einordnung des Klimaschutzes als freiwillige Leistung. Angestoßen wurde eine 100 %-ige Konzeptförderung von finanzschwachen Kommunen. Diskussionsrunde III – Förderung: Synergien mit anderen Förderprogrammen erschließen Die Teilnehmenden der dritten Diskussionsrunde setzte sich mit Fragen zu den Themen „Förderung von Kommunen“, „Förderung von Privateigentümern“ und „Vom Konzept in die Umsetzung“ auseinander. Förderung von Kommunen: Die Frage nach vorhandenen Fördermöglichkeiten zur Umset- zung der Maßnahmen des Quartierskonzeptes ist zentral. Genannt wurden für Kommunen u. a. die Förderprogramme der KfW, Förderprogramme der Thüringer Aufbaubank, För- derprogramme des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, der Europäische Fonds für regionale Entwicklung sowie RENplus, ein Förderprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg. Für Klimafolgekonzepte kön- nen beispielweise Mittel aus dem Thüringer Programm „Klima Invest“ abgerufen werden.. Förderung von Privateigentümern: Für Privateigentümer stünden Mittel der Dorferneue- rung für (energetische) Sanierungen zur Verfügung. Zentrales Ziel des Förderprogrammes sei jedoch die Erhaltung des Dorfbildes. Kommunen müssen dabei die Einreichung von Entwicklungskonzepten sowie die Finanzierung des Prozesses übernehmen. Letzterer sei jedoch sehr langwierig. Vorteile für Privateigentümer lägen in der Finanzierung, die genau wie bei Kommunen auf je rund 30% Bundesmittel, 30 % Landesmittel sowie 30% Eigenan- teil aufgeteilt sei. Zudem ermögliche die Ausrufung eines Sanierungsgebiets nach verein- fachtem Verfahren Privateigentümern die Sanierungskosten nach §74 EkStGesetz über 10 Jahre zu 90 % von der Einkommenssteuer abzusetzen. Dies sei vor allem ein guter Ansatz für Quartiere mit vielen selbstnutzenden Privateigentümern. Hinweis: weitere Hinweise zur Ausrufung eines Sanierungsgebiets nach vereinfachtem Verfah- ren finden Sie in der Arbeitshilfe „Quartierskonzepte als erster Schritt zur Ausweisung von Sanie- rungsgebieten“ in der Infothek der Webseite der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung. Vom Konzept in die Umsetzung: Wie kommt man vom Konzept zur Umsetzung? Praxi- serfahrungen der Kommune Neuruppin zeigen, dass es am Ende jeden Konzeptes wirt- schaftlich tragfähige Handlungsempfehlungen brauche. Der Politik müsse „auf dem Sil- bertablett eine sichere Zukunft serviert werden“, sodass sie gewillt sei, die aufgeführten Maßnahmen umzusetzen. Abschlussrunde Zum Abschluss der Veranstaltung wurden die themenbezogenen Diskussionen der einzel- nen Runden in der großen Gruppe vorgestellt. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, offene Fragen und Kommentare einzubringen, Aspekte hervorzuheben, die ihnen beson- ders wichtig waren, sowie eine Rückmeldung zur Veranstaltung zu geben. Auch wenn die Veranstaltung unter strengen Corona-Regelungen ablief, nahmen die Teil- nehmenden die Veranstaltung positiv war und dankten vor allem den Vortragenden für ihre Praxisberichte. Diese herausragenden Projekte seien ein gutes Vorbild für die Vertre- ter der verschiedenen Kommunen. 9
KOMMUNALE WEISSBÜCHER „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" 2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH) Weitere Informationen zur Energetischen Stadtsanierung Broschüren Energetische Stadtsanierung in der Praxis I: Grundlagen zum KfW-Programm 432 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/ energetische-stadtsanie-rung-1.html Energetische Stadtsanierung in der Praxis II: Erste Ergebnisse der Begleitforschung und gute Beispiele https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/ energetische-stadtsanie-rung-2.html Energetische Stadtsanierung in der Praxis III: Umsetzungserfolge und Herausforderungen für die Zukunft https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/ energetische-stadtsanie-rung-3.html Internetseite Begleitforschung Energetische Stadtsanierung www.energetische-stadtsanierung.info Animations- und Praxisfilme Schnelle Information für Sie oder andere zum Programm Energetische Stadtsanierung www.energetische-stadtsanierung.info/infothek/animations-und-praxisfilme/ Newsletter Abonnieren Sie den Newsletter mit aktuellen Informationen der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung www.energetische-stadtsanierung.info/newsletter/ Planspiel „Energetische Stadtsanierung“ Lernen Sie das Programm und die nötigen Handlungsschritte zur Vorbereitung spielerisch selbst und gemeinsam mit anderen kennen www.energetische-stadtsanierung.info/planspiel/ 10
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