"Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" Dokumentation - Regionalkonferenz der Begleitforschung zum ...

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"Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" Dokumentation - Regionalkonferenz der Begleitforschung zum ...
2. Regionalkonferenz der Begleitforschung zum
KfW-Förderprogramm Energetische Stadtsanierung

„Energiewende integriert: Energetische
Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten"
15. Oktober 2020 in Erfurt

Dokumentation

                                                 © Dr. Christine Meißner
"Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten" Dokumentation - Regionalkonferenz der Begleitforschung zum ...
THEMENWERKSTATT 01 UND 02
„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten"
2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH)

Bearbeitung
Urbanizers • plan zwei • KEEA
Berlin, Januar 2021

Urbanizers Büro für städtische Konzepte, Berlin

plan zwei • Stadtplanung und Architektur, Hannover

KEEA Klima- und Energieeffizienz Agentur UG, Kassel

* Hinweis: Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich in geschlechts-
spezifischen Personenbezeichnungen differenziert. Die gewählte männliche Form schließt
eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.

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„Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten"
2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH)

  Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in
  Klein- und Mittelstädten
  Die Energetische Stadtsanierung ist eine Zukunftsaufgabe für viele Akteure in unter-
  schiedlichsten kommunalen Quartiersstrukturen. Fast 90 % der deutschlandweit bis-
  her bewilligten Förderprojekte des KfW-Programms 432 werden in Klein- und Mittel-
  städten umgesetzt. Anforderungen an Konzepte und Prozesse, Handlungsfelder und
  Themenschwerpunkte unterscheiden sich dabei von denen in größeren Städten, vor
  allem in kleineren Gemeinden.

  Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie stellt sich daher die Frage besonders dringend,
  welche unterschiedlichen Herausforderungen angesichts begrenzter personeller und
  finanzieller Ressourcen existieren und welche Möglichkeiten für kleine und mittlere
  Kommunen bestehen, Maßnahmen aus den Quartierskonzepten anzuschieben sowie
  den Stellenwert der Energetischen Stadtsanierung zu sichern.

  Am 15.10.2020 kamen 34 Kommunalvertreter, Vertreter von Energieagenturen, des
  Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft sowie weiteren Fach-
  gebieten, Institutionen und Verbänden in Erfurt zusammen. Sie folgten der Einladung
  zur Regionalkonferenz „Energiewende integriert: Energetische Stadtsanierung in
  Klein- und Mittelstädten“ durch das BMI, das BBSR und die Begleitforschung Ener-
  getische Stadtsanierung, in Kooperation mit der Thüringer Energie- und GreenTech-
  Agentur GmbH (ThEGA).

  Im Rahmen von Vorträgen durch das Thüringer Ministerium für Infrastruk¬tur und
  Landwirtschaft sowie die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH wurden
  Impulse zu möglichen Förderungen für ländliche Räume sowie gute Beispiele aus
  Thüringen gegeben. Berichte aus der Praxis erfolgten durch die beiden Kommunen
  Kaltennordheim (TH) und dem Werra-Meißner-Kreis (HE). Schwerpunkte der ge-
  meinsamen Diskussion lagen auf den Themen „Interkommunale Zusammenarbeit –
  Kleine Kommunen stärken, große Chance für ländliche Strukturen“, „Spannungsfeld
  Energetische Stadtsanierung - Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefrei-
  es Wohnen“ sowie „Förderung – Synergien mit anderen Förderprogrammen“.

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THEMENWERKSTATT 06
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2. Regionalkonferenz der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung , 15. Oktober 2020 Erfurt (TH)

Begrüßung und Einführung
Wolfgang Neußer, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
In Vertretung von Katharina Voss (BMI) hieß Wolfgang Neußer (BBSR) im Namen von BMI
und BBSR die Gäste willkommen. Er verwies auf die aktuellen Herausforderungen der
Corona-Pandemie. Die Klimaschutzziele der Bundesregierung blieben trotz Corona gleich
ambitioniert. Der Klimaschutzplan 2050 sehe das Zwischenziel vor, im Gebäudebereich
bis 2030 eine Minderung von 66 bis 67 Prozent (gegenüber 1990) des Kohlenstoffdioxid-
ausstoßes zu erreichen. Das beschlossene „Klimapaket“ der Bundesregierung sei dabei ein
„Turbo-Programm für mehr Klimaschutz“.

Bei der Weiterentwicklung der Energetischen Stadtsanierung seien in den vergangenen Mo-
naten neue Meilensteine erreicht worden. So wurden beispielweise bereits Ende 2019 der
Tilgungszuschuss bei der Quartiersversorgung (KfW 201/202) von 5 % auf 10 % erhöht. Seit
dem Programmstart 2012 wurden im Programm der Energetischen Stadtsanierung insge-
samt 1.087 Sanierungskonzepte und 362 Sanierungsmanagements mit Zuschüssen in Höhe
von insgesamt 97,7 Mio. Euro gefördert (Stand 31.08.2020). Der bisherige Erfolg des Pro-
gramms sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass es auch in der Breite der kleinen und
mittelstädtischen Kommunen Anwendung finde und damit eine große Wirkung entfalte.

In der Städtebauförderung sei die Betrachtung von Klimaschutzaspekten für die Kom-
munen zur Pflicht gemacht worden. Die Beantragung eines Konzeptes der Energetischen
Stadtsanierung als Vorstufe für eine eventuelle spätere Städtebauförderung sei damit für
die Kommunen noch attraktiver geworden. Die Verstärkung weiterer Themenbereiche wie
„Grüne Infrastruktur“ und „Digitalisierung“ im Rahmen der Förderung sei in Vorbereitung.
Mit der Energetischen Stadtsanierung solle langfristig ein umfassendes Programm für
ländliche und städtische Quartiere entstehen, in denen die Themen Klimaschutz und inte-
grierte Stadtentwicklung noch stärker als bislang gemeinsam entwickelt werden können.

Dr. Thomas Sauer, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Referat 27 –
EU-Förderung, Bauhaushalt, Baukultur
Im Anschluss begrüßte Dr. Thomas Sauer alle Teilnehmenden im Namen des Thüringer
Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Er hob dabei die Thematik der Ener-
getischen Stadtsanierung in Klein- und Mittelstädten hervor. Das engmaschige Siedlungs-
netz aus kleinen und mittleren Gemeinden in Thüringen sei in Deutschland und Europa
besonders. Dies müsse vor allem in der Förderstruktur Beachtung finden – das EFRE-Pro-
gramm gehe hier beispielsweise darauf ein.

Dr. Gregor Langenbrinck, Begleitforschung Energetische Stadtsanierung
Nach der offiziellen Begrüßung hieß Dr. Gregor Langenbrinck die Teilnehmenden im Na-
men der Begleitforschung willkommen. Die Etablierung einer „Kultur der Energetischen
Stadtsanierung“ sei einer der Kernaspekte der Arbeit der Begleitforschung. Dabei ginge es
vor allem um das Herstellen von Verknüpfungen mit anderen Aspekten der kommunalen
Entwicklung. Die integrierte Entwicklung der Quartiere sei dabei zu betonen. Dabei gelte
es vorhandene Themenfelder und Schnittstellen zu nutzen und miteinander in Verbin-
dung zu setzen. Die Begleitforschung beobachte dabei mehrere Kommunen, die diese Ge-
danken verinnerlichen und erfolgreich umsetzen.

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Energetische Quartierssanierung in Thüringen
Dr. Thomas Sauer, Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Referat 27 –
EU-Förderung, Bauhaushalt, Baukultur

Dr. Thomas Sauer berichtete in seinem Vortrag über den aktuellen Stand der Quartiers-
sanierung in Thüringen sowie über Maßnahmen und Fördermöglichkeiten in der Ener-
getischen Quartierssanierung. Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Land-
wirtschaft habe bei der Programmierung der EFRE-Förderperiode 20212/13 erstmalig
die auf EU-Ebene eröffneten Möglichkeiten genutzt, zwei Programme im Bereich der
Energetischen Stadtsanierung aufzusetzen. Diese zielen dabei auf die Umsetzung von
Maßnahmen im Gebäudebereich und auf Quartiersebene ab. Durch die Förderungen zur
Steigerung der Energieeffizienz und des Anteils erneuerbarer Energien im Bereich der öf-
fentlichen Hand (Gebäude) konnten bereits 28 Vorhaben angeschoben werden. Acht wei-
tere Vorhaben seien angemeldet. Durch die Förderungen zur Energieeffizienzsteigerung
in Kommunen und städtischen Quartieren konnten weitere 19 Vorhaben initiiert werden
– weitere zwölf Vorhaben seien angemeldet.

Durch das KfW-Programm 432 seien seit 2012 bereits 66 Förderungen in 31 Kommunen
Thüringens erteilt worden. Darunter seien 43 Konzepte erstellt und 23 Sanierungsmana-
ger finanziert worden. Zudem seien fünf der Städte, die durch das KfW-Programm 432
gefördert wurden, gleichzeitig auch EFRE-Kommunen.

Zu den verschiedenen Vorhaben gehören nichtinvestive Vorhaben, wie die Erstellung
von Strategien zur Energieeinsparung und Energieeffizienzsteigerung, kommunale Ener-
giekonzepte oder Energiebedarfs- und Potenzialanalysen sowie investive Vorhaben, wie
energetische Sanierungen, das Erschließen von Effizienzpotenzialen oder die Umsetzung
von energetischen Konzepten und Strategien.

Ziel der EFRE-Förderung von 2021 bis 2027 sei ein grüneres, CO2-armes Europa. Mit Hilfe
von Förderungen sauberer Energien, einer fairen Energiewende, grünen und blauen Inve-
stitionen, der Kreislaufwirtschaft, der Anpassung an den Klimawandel, der Risikopräven-
tion und des Risikomanagements solle dies ermöglicht werden. Im speziellen sollen dabei
Energieeffizienzmaßnahmen und die Entwicklung intelligenter Energiesysteme, Netze
und Speichersysteme auf lokaler Ebene gefördert werden. So dass eine Energieeffizienz-
steigerung in öffentlichen Gebäuden und der Infrastrukturen sowie Neu- und Ausbauten
von Fernwärmenetzen umgesetzt werden könne.

Energiewende umsetzten: Best Practise mit EFRE & Co. In Thüringen
Fank Roman Leipe, Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH (ThEGA), Projektleiter
Kommunale Energiekonzepte
Einen Einblick in die praktische Umsetzung der EFRE-Förderung „Effiziente Stadt“ in
Thüringen gab Frank Roman Leipe. Bereits viele Beispiele zeigen positive Bilanzen. Her-
vorzuheben seien u. a. die energetische Sanierung der Kita „Sebastian Kneipp“ in Heilbad
Heiligenstadt, die Nutzung der Abwärme der Eishalle zur Heizung der Schwimmhalle in
Ilmenau, die Installation einer LED-Straßenbeleuchtung in Nesse-Apfelstädt, die energie-
autarke Umrüstung der Kläranlage in Leinefelde, die Solarthermieanlage in Mühlhausen
sowie das Biomasse-Heizwerk und Nahwärmenetz in Nordhausen.

Die Maßnahmen werden dabei u. a. durch die beiden Landesprogramme „Klima Invest“
und „Solar Invest“ der Thüringer Aufbaubank gefördert. Mit der Förderung von Klima-
schutzkonzepten sowie der Investition in Gebäudetechnik, E-Mobilität und Personal für
Klimaschutz- oder Energiemanagement durch das Programm „Klima Invest“ werde eine
Minderung der Treibhausgasemissionen verfolgt sowie Anpassungsmaßnahmen für un-
vermeidbare Folgen des Klimawandels getroffen. Der Schwerpunkt des Förderprogramms

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„Solar Invest“ liege auf der Förderung von erneuerbaren Energien für Strom und Wärme. Die
beiden Programme seien mit anderen Förderprogrammen kumulierbar. Durch die ThEGA
stehe den Kommunen dabei die Möglichkeiten der Beratung und Vernetzung zur Verfügung.

Energetische Stadtsanierung in der Praxis
Energetische Stadtsanierung im Verbund-Werra-Meißner-Kreis
Holger Schülbe, Werra- Meißner-Kreis, Fachbereich 7 – Bauen, Umwelt und
Gebäudemanagement
Holger Schülbe gab einen Einblick in die das Verbundprojekt des Werra-Meißner-Kreises,
in dem seit 2015 verstärkt die Beratung zu energetischen Sanierungsmaßnahmen verfolgt
werde. Einwohner sollen mit der Erzeugung, Nutzung sowie Einsparmöglichkeiten von
Energie vertraut gemacht und bei Modernisierungen unterstützt werden. Das Projekt solle
für alle Generationen gleichermaßen zugänglich und nutzbar sein.

Beteiligt seien seit dem Start der Förderung sechs Quartiere mit insgesamt ca. 100.000
Einwohnern. Eine Besonderheit des Projektes sei dabei der „wachsende Charakter“. Bei
gleichbleibendem Sanierungsmanagement sollen so über einen längeren Zeitraum hin-
weg „alte“ Quartiere gehen und „neue“ Quartiere hinzukommen. Die interkommunale
Zusammenarbeit der Quartiere bringe dabei verschiedene Vorteile mit sich. So unter an-
derem, dass für die sechs Quartiere nur drei Sanierungsmanager notwendig seien. Zudem
konnte eine Beratungsleistung als Pilotvorhaben etabliert werden, welche zu 20 % auch
über die Quartiersgrenzen hinaus angeboten werde.

Die Beratung richte sich an private Eigentümer, gewerbliche Immobilienbesitzer sowie an
Kommunen. Dabei werden Ideen erarbeitet, bautechnische Empfehlungen gegeben sowie
Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Resultate seinen individuelle Modernisierungsfahrpläne.
Eine Besonderheit bilden zudem die „Kümmerer“, welche als Schnittstelle zwischen den
Gebäudeeigentümern und dem Sanierungsmanagement agieren. Die direkte Ansprache
der Interessierten durch engagierte Bürger aus dem Quartier seien ein „Türöffner“.

Herausforderungen im Projekt bestehen u. a. in der gezielten Ansprache der Immobili-
eneigentümer, dem hohen Aufwand der Beratungen z. B. durch die Klärung spezieller
Fragestellungen bzgl. Förderbedingungen oder durch die Schaffung von Datenschutz-
grundlagen. Gleichzeitig sei aber auch durch die interkommunale Zusammenarbeit viel
Potential geschaffen worden. Holger Schülbe nannte hier u. a. die Aufstellung eines Teams
mit unterschiedlichen Kompetenzen bzw. Spezialisierungen, die Möglichkeit auch kleinen
Quartieren eine hohe Beratungsleistung zukommen zulassen oder entstehende Synergien
durch ähnlich strukturierte Quartiere.

Nahwärmenetz Kaltennordheim – Aktivierung privater Eigentümer
Erik Thürmer, Bürgermeister Kaltennordheim
Erik Thürmer berichtete über die bevorstehende Errichtung des Nahwärmenetzes in Kal-
tennordheim. Durch das große Interesse der Bürger, Förderungen durch die KfW sowie
das Thüringer Förderprogramm „Klima Invest“ konnten dabei bereits in der Vorbereitung
des Projektes große Erfolge erzielt werden.

Mit dem energetischen Quartierskonzept für das Sanierungsgebiet Altstadt (2015–2017)
wurden zunächst CO2-Bilanzen für das gesamte Untersuchungsgebiet sowie verschiedene
Szenarien zur CO2-Einsparung dargelegt. Als Ergebnis des partizipativen Prozesses ma-
nifestierte sich die Projektidee eines Nahwärmenetzes. Nach der Erarbeitung einer Wirt-
schaftlichkeitsstudie zur Prüfung von Varianten wurde Anfang 2019 eine Entwicklungsge-
sellschaft als Sanierungsmanagement zur Umsetzung beauftragt.
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Die Planungen des Nahwärmenetzes starteten im Herbst 2019. Zu den geplanten Maßnah-
men zählen u. a. der Umbau der alten Turnhalle zu einer Heizzentrale, die Verlegung von
zwei Haupttrassen mit einer Gesamtlänge von zwei Kilometern sowie die Erzeugung von
Wärme durch Holzhackschnitzel. Dabei sollen alle städtischen und kreiseigenen Gebäude
(u. a. Rathaus, Bürgerhaus, Schloss, Schule, Kita) sowie 60 private Wohnhäuser an das Netz
angeschlossen werden.

Die Finanzierung des Nahwärmenetzes solle über die EFRE 4e-Förderung mit einer För-
derquote von 72 % sowie weiteren Fördermitteln der KfW sowie des BAFA erfolgen.

Herausforderungen bestünden vor allem durch die gleichzeitige Koordination mehrerer
Fördervorhaben, dem umfangreichen Abstimmungsbedarf zwischen den Akteuren sowie
die zum Teil erstmalige Konfrontation der Kommune mit den Themen „Umsatzsteuer“,
„Gründung eines kommunalen Eigenbetriebs“, „Vertragsgestaltung mit privaten Kunden“
sowie „Kalkulation von Energiepreisen“. Der Erfolg der bisherigen Planungen sei nicht
zuletzt auf die hohe Transparenz des Planungsprozesses sowie den ständigen Informati-
onsaustausch mit allen Projektbeteiligten zurückzuführen. So standen beispielswiese die
Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur, die Fördermittelgeber, Sanierungsberater
sowie das Landesverwaltungsamt der Kommune als fachliche Beratung zur Seite. Darü-
ber hinaus sei der Erfolg auch auf die hohe Akzeptanz des Vorhabens beim Stadtrat und
den Bürgern zurückzuführen. Diese wurden bereits während des Planungsprozesses stark
einbezogen. So beteiligten sich Bürger sowie Ortsteil- und Stadtrat bereits während der
Ideenfindung auf Informationsveranstaltungen oder im Rahmen von Fragebogenakti-
onen. Auch seien regelmäßig Informationen an die Bevölkerung über Zeitungsartikel, die
Internetseite sowie das Amtsblatt gesendet worden.

Diskussionsrunden
Im Zentrum des Austauschs standen Gespräche über Erfahrungen und Anregungen zu
den Themen „Interkommunale Zusammenarbeit – Kleine Kommunen stärken, große
Chance für ländliche Strukturen“, „Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung - Ansätze
für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen“ sowie „Förderung – Synergien
mit anderen Förderprogrammen“. Die Ergebnisse der drei parallelen Diskussionsrunden
werden im Folgenden dargestellt.

Diskussionsrunde I - Interkommunale Zusammenarbeit –
Kleine Kommunen stärken, große Chance für ländliche Strukturen
Im Rahmen einer Vorstellungsrunde wurden Fragen und Anregungen zu den Themen „In-
itiierung der Zusammenarbeit“, „Synergien“, „Unterstützungsmöglichkeiten durch Lan-
desministerien“ sowie „Digitalisierung“ gesammelt und anschließend diskutiert.

Initiierung der Zusammenarbeit: Für die interkommunale Zusammenarbeit brauche es eine
Person, die das Projekt proaktiv vorantreibe. Dabei stellte sich die Frage, von wem der Anstoß
der Zusammenarbeit ausgehen müsse und welche Rolle Bürgermeister dabei einnehmen.
Letztere sollten der Zusammenarbeit mindestens neutral gegenüberstehen, wenn nicht so-
gar diese unterstützen. Das Beispiel des Werra-Meißner-Kreises zeige, dass Bürgermeister
in der tatsächlichen Zusammenarbeit der Kommunen nicht mehr eingebunden seien müs-
sen. Das Beispiel aus Kaltennordheim dagegen verdeutliche die Zugkraft, die durch einen
Bürgermeister entstehen könne, der sich aktiv für die Energetische Stadtsanierung einsetze.
Darüber hinaus könne die interkommunale Zusammenarbeit durch die Landkreise initi-
iert werden. Ein gutes Beispiel sei der Landkreis Gießen in Hessen. Jedoch bestünde nicht
in allen Bundesländern die Möglichkeit, die Zusammenarbeit vom Kreis heraus zu orga-
nisieren. So müssen beispielsweise in Thüringen die Kommunen dem Landkreis zunächst
vertraglich die Zuständigkeit für das Klimamanagement zusichern, bevor der Kreis aktiv
werden könne.

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Synergien: Eine Synergie, die durch die Arbeit im Verbund bestünde, sei die Möglichkeit
der fachlichen Spezialisierung des Sanierungsmanagements. Diese sei beispielsweise dann
möglich, wenn mehrere Sanierungsmanagements zusammenarbeiten und sich die einzel-
nen Mitglieder in bestimmten Themenbereichen spezialisieren. Ein gutes Beispiel sei hier
der Werra-Meißner-Kreis.

Unterstützungsmöglichkeiten durch Landesministerien: Die Förderung durch das KfW-Pro-
gramm 432 sei für manche Kommunen nicht ausreichend. Unterstützung könne dabei
durch die Landesministerien erfolgen. Berichtet wurde diesbezüglich aus Hessen, wo finanz-
schwache Kommunen durch die Aufstockung der Landesmittel im Rahmen des Förderpro-
gramms „Energetische Stadtsanierung“ eine Förderung in Höhe von 95 % erhielten. Darüber
hinaus wurde in der Diskussion eine Beratungsleistung für Verbundprojekte angestoßen, die
interessierten Kommunen durch die Landesministerien angeboten werden könnte.

Digitalisierung: Digitalisierung solle als Chance gesehen werden. Die durch Corona neu
eingeübten digitalen Techniken wie z. B. Online-Seminare und Online-Konferenzen
könnten dazu genutzt werden, die Kommunen mit Wissen zu versorgen, die diese vor Ort
nicht bekommen können. Der Ressourceneinsatz der Kommunen sei dabei überschaubar.
Konferenzbeiträge könnten über längere Zeit auf Videoplattformen archiviert werden und
über Kommentarfunktion dauerhafter diskutiert werden. Auch Foren oder FAQ-Listen
könnten als weitere Formen des digitalen Austausches dienlich sein.

Diskussionsrunde II – Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung:
Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen
Wesentliche Inhalte der Diskussionsrunde „Spannungsfeld Energetische Stadtsanierung:
Ansätze für nachhaltiges, bezahlbares und barrierefreies Wohnen“ bildeten die Themen
„Förderung von Kommunen und Bürgern“, „Einbindung von Bürgern“, „Kopplung von
Themen“, „Klimabewusstsein schärfen“, „Schrittweise Umsetzung der Maßnahmen“ und
„Finanzielle kommunale Ausganslage“.

Förderung von Kommunen und Bürgern: Die Förderung von Maßnahmen der Energe-
tischen Stadtsanierung sei unabdingbar für die Erreichung der Klimaschutzziele. Dabei
seien sowohl Förderungen für Kommunen als auch für Bürger von Bedeutung. Gerade die
Förderlandschaft für Privateigentümer sei jedoch oft unübersichtlich und Förderungen
erreichen nicht die Bürger vor Ort. Attraktiv für private Eigentümer könnte eine erhöhte
steuerliche Abschreibung für energetische Maßnahmen sein. Durch die Ausweisung eines
Sanierungsgebietes (vereinfachtes Verfahren) durch Kommunen sei dies möglich. Dies
werde bereits vielerorts praktiziert.

Einbindung von Bürgern: Bürgerengagement könne eine große Kraft im Quartier entwickeln.
Bereits in der Auswahl der Quartiere könne beispielsweise der Fokus auf Quartiere mit aktiven
Vereinen und interessierten Akteuren gelegt werden. Um Potenziale zu entfalten, sollten die-
se von Beginn an in den Prozess sowie in die Beratungsstruktur vor Ort eingebunden werden.

Kopplung von Themen: Private Eigentümer seien vielerorts schwer für Sanierungsmaß-
nahmen zu aktivieren. Besonders die Gruppe der Senioren sei schwer zu erreichen. Vor allem
der Zeitpunkt der Ansprache sowie der Anlass sei von großer Bedeutung. Mit der Verschrän-
kung der Themen „barrierefreies und altersgerechtes Wohnen“ sowie „Sanierungsmaß-
nahmen“ im Rahmen der Ansprache könnten die Anliegen der Energetischen Stadtsanierung
besser transportiert werden. Bauliche Synergien bestünden jedoch dabei letztendlich nicht.

Klimabewusstsein schärfen: Themen wie „Nachhaltigkeit der Baustoffe“ oder „Lebenszy-
klusbilanzen“ fänden oft noch zu wenig Berücksichtigung in der Betrachtung von Wirt-
schaftlichkeit. Voraussetzungen für die Etablierung nachhaltiger Lösungen seien die
stärkere Ausbildung eines Klimabewusstseins sowie die ganzheitliche Betrachtung von
Nachhaltigkeitsaspekten. So könnten z. B. Bürger selbst Lebenszyklen beurteilen. Auch
sollten nachhaltige Bausubstanzen höher gefördert werden.                                              8
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KOMMUNALE WEISSBÜCHER
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Schrittweise Umsetzung der Maßnahmen: In vielen Fällen sei aufgrund der Finanzierung
nur eine Schrittweise Sanierung durch die Eigentümer möglich. Niedrigschwellige kom-
munale Förderprogramme böten dabei gute Anreize. Jedoch greife dieser Ansatz nur in
finanzstarken Kommunen. Dabei stellte sich generell die Frage, ob eine schrittweise Sanie-
rung im Sinne der Energetischen Stadtsanierung zielführend sei.

Finanzielle kommunale Ausganslage: Herausforderungen bestünden vielerorts durch eine
schlechte Haushaltslage von Kommunen. Kleine Kommunen könnten sich daher kein
Sanierungsmanagement leisten. Probleme bestünden durch die Haushaltssicherung so-
wie die Einordnung des Klimaschutzes als freiwillige Leistung. Angestoßen wurde eine
100 %-ige Konzeptförderung von finanzschwachen Kommunen.

Diskussionsrunde III – Förderung: Synergien mit anderen
Förderprogrammen erschließen
Die Teilnehmenden der dritten Diskussionsrunde setzte sich mit Fragen zu den Themen
„Förderung von Kommunen“, „Förderung von Privateigentümern“ und „Vom Konzept in
die Umsetzung“ auseinander.

Förderung von Kommunen: Die Frage nach vorhandenen Fördermöglichkeiten zur Umset-
zung der Maßnahmen des Quartierskonzeptes ist zentral. Genannt wurden für Kommunen
u. a. die Förderprogramme der KfW, Förderprogramme der Thüringer Aufbaubank, För-
derprogramme des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, der Europäische
Fonds für regionale Entwicklung sowie RENplus, ein Förderprogramm des Ministeriums
für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg. Für Klimafolgekonzepte kön-
nen beispielweise Mittel aus dem Thüringer Programm „Klima Invest“ abgerufen werden..

Förderung von Privateigentümern: Für Privateigentümer stünden Mittel der Dorferneue-
rung für (energetische) Sanierungen zur Verfügung. Zentrales Ziel des Förderprogrammes
sei jedoch die Erhaltung des Dorfbildes. Kommunen müssen dabei die Einreichung von
Entwicklungskonzepten sowie die Finanzierung des Prozesses übernehmen. Letzterer sei
jedoch sehr langwierig. Vorteile für Privateigentümer lägen in der Finanzierung, die genau
wie bei Kommunen auf je rund 30% Bundesmittel, 30 % Landesmittel sowie 30% Eigenan-
teil aufgeteilt sei. Zudem ermögliche die Ausrufung eines Sanierungsgebiets nach verein-
fachtem Verfahren Privateigentümern die Sanierungskosten nach §74 EkStGesetz über 10
Jahre zu 90 % von der Einkommenssteuer abzusetzen. Dies sei vor allem ein guter Ansatz
für Quartiere mit vielen selbstnutzenden Privateigentümern.

Hinweis: weitere Hinweise zur Ausrufung eines Sanierungsgebiets nach vereinfachtem Verfah-
ren finden Sie in der Arbeitshilfe „Quartierskonzepte als erster Schritt zur Ausweisung von Sanie-
rungsgebieten“ in der Infothek der Webseite der Begleitforschung Energetische Stadtsanierung.

Vom Konzept in die Umsetzung: Wie kommt man vom Konzept zur Umsetzung? Praxi-
serfahrungen der Kommune Neuruppin zeigen, dass es am Ende jeden Konzeptes wirt-
schaftlich tragfähige Handlungsempfehlungen brauche. Der Politik müsse „auf dem Sil-
bertablett eine sichere Zukunft serviert werden“, sodass sie gewillt sei, die aufgeführten
Maßnahmen umzusetzen.

Abschlussrunde
Zum Abschluss der Veranstaltung wurden die themenbezogenen Diskussionen der einzel-
nen Runden in der großen Gruppe vorgestellt. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit,
offene Fragen und Kommentare einzubringen, Aspekte hervorzuheben, die ihnen beson-
ders wichtig waren, sowie eine Rückmeldung zur Veranstaltung zu geben.

Auch wenn die Veranstaltung unter strengen Corona-Regelungen ablief, nahmen die Teil-
nehmenden die Veranstaltung positiv war und dankten vor allem den Vortragenden für
ihre Praxisberichte. Diese herausragenden Projekte seien ein gutes Vorbild für die Vertre-
ter der verschiedenen Kommunen.

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Weitere Informationen zur Energetischen Stadtsanierung
Broschüren

Energetische Stadtsanierung in der Praxis I: Grundlagen zum KfW-Programm 432

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/
energetische-stadtsanie-rung-1.html

Energetische Stadtsanierung in der Praxis II: Erste Ergebnisse der Begleitforschung und
gute Beispiele

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/
energetische-stadtsanie-rung-2.html

Energetische Stadtsanierung in der Praxis III: Umsetzungserfolge und Herausforderungen
für die Zukunft

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/
energetische-stadtsanie-rung-3.html

Internetseite

Begleitforschung Energetische Stadtsanierung

www.energetische-stadtsanierung.info

Animations- und Praxisfilme

Schnelle Information für Sie oder andere zum Programm Energetische Stadtsanierung

www.energetische-stadtsanierung.info/infothek/animations-und-praxisfilme/

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Energetische Stadtsanierung

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Planspiel „Energetische Stadtsanierung“

Lernen Sie das Programm und die nötigen Handlungsschritte zur Vorbereitung spielerisch
selbst und gemeinsam mit anderen kennen

www.energetische-stadtsanierung.info/planspiel/

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