Entwicklung des Übergangs in die Altersrente bei den Geburtsjahrgängen 1936 bis 1952

Die Seite wird erstellt Peer Krämer
 
WEITER LESEN
522                                                   Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Entwicklung des Übergangs in die Altersrente
bei den Geburtsjahrgängen 1936 bis 1952
Tatjana Mika und Tino Krickl, Berlin

 Die rechtlichen Voraussetzungen für den Zugang zur Altersrente haben sich für die
 Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952 sukzessive verändert. Die Reformen veränderten vor
 allem das früheste mögliche Alter, mit dem eine Altersrente erstmals bezogen werden
 konnte, indem sie es in ein höheres Alter verschoben. Das Verrentungsalter bestimmte
 dann allerdings auch die Höhe der gezahlten Rente mit, weil es unterschiedlich hohe
 Abschläge mit sich brachte. Deshalb mussten viele Versicherte eine differenzierte Rech-
 nung durchführen: Ein möglichst früher Renteneintritt wurde in später geborenen Ge-
 burtsjahrgängen mit höheren prozentualen Abschlägen bezahlt, als sie vorangehende
 Jahrgänge hinnehmen mussten. Inzwischen sind die Möglichkeiten der ganz frühen Ver-
 rentung mit 60 Jahren verschlossen, denn sie waren nur für alle bis 1951 Geborenen
 eröffnet. Damit sind auch die höchsten möglichen prozentualen Abschläge gesunken.
 Daher zeigt sich beim Übergang des Geburtsjahrgangs 1952 ein vorläufger Endpunkt
 der Reformen. Die nachfolgenden Analysen zeigen, in welchem Umfang die Geburts-
 jahrgänge 1936 bis 1952 die unterschiedlichen Altersrenten in Anspruch nahmen und
 welche Rentenhöhen sie durchschnittlich erzielten. Die Analysen wurden auf der Grund-
 lage der prozessproduzierten Daten der gesetzlichen Rentenversicherung zum Renten-
 zugang durchgeführt.1

1. Einleitung                                 langjährig Versicherte, der Altersrente für
                                              besonders langjährig Versicherte, der Al­
Der Übergang in den Ruhestand ist ein we­     tersrente für schwerbehinderte Menschen,
sentlicher Einschnitt in der Biografe. Wäh­   der Altersrente für Bergleute, der Alters­
rend das Beenden der Erwerbsarbeit nicht      rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Al­
geregelt ist, unterliegt der erste mögliche   tersteilzeitarbeit sowie der Altersrente für
Bezug einer Altersrente starren rechtlichen   Frauen unterschiedlich festgelegt. Renten­
Regelungen. Dieser Übergang steht im          arten waren dabei von Versicherungsbio­
Zentrum der nachfolgenden Analysen. Der       grafe und Geschlecht abhängig. So war
Übergang aus dem Erwerbsleben in den          es für Frauen bis einschließlich dem Ge­
Bezug von Rentenleistungen der gesetz­        burtsjahrgang 1951 möglich, mit 60 Jah­
lichen Rentenversicherung erfolgt je nach     ren Rente zu beziehen, allerdings nur, wenn
Rentenart aufgrund unterschiedlicher Vo­      sie in der Summe mindestens zehn Jahre
raussetzungen. Die Rentenarten bündeln        lang ab dem 40. Geburtstag gearbeitet hat­
dabei eine Reihe von biografschen Voraus­     ten. Damit eröffnet die Rentenart Altersren­
setzungen, die gegeben sein müssen, um        te für Frauen den Übergang in den Ruhe­
ab einem bestimmten Alter eine Altersrente    stand für diejenigen Frauen, die nach der
beziehen zu können. Der Übergang in den       Familienphase wieder dauerhaft sozialver­
Ruhestand ist bei Nachweis der versiche­      sicherungspfichtig erwerbstätig waren oder
rungsbiografschen Voraussetzungen dann
bei Erreichen eines bestimmten, gesetzlich
festgelegten Alters möglich. Diese Voraus­
setzungen sind bei den Rentenarten der        1 Wir danken Marcel Lizon für seine fachlichen Hinweise zum
Regelaltersrente sowie der Altersrente für      Manuskript.
Statistik                                                                                                     523

nicht erwerbsmäßig pfegten.2 Dies ist ein          lich verkürztem Arbeitslosengeldbezug und
typisches Beispiel der drei Faktoren, die bei      wesentlich später möglichem Eintritt in die
der Wahl der Rentenart eine Rolle spielen:         Rente entgegensahen (Mika und Baumann,
der Geburtsjahrgang, die Versicherungsbio­         2008).4 Der schrittweise durchgeführten, in
grafe und das Erreichen eines bestimmten           der Gesamtwirkung aber radikalen Verände­
Lebensalters, ab dem die Rente erstmals            rung liegen die – aus der Perspektive der Be­
bezogen werden kann. Alle Zugangsvoraus­           troffenen – gleichzeitig wirksam werdenden
setzungen unterlagen dabei seit 1999 recht­        Reformen der Arbeitslosen­ und Rentenver­
lichen Veränderungen, da die Möglichkeiten         sicherung zugrunde. Unter anderem wurde
der Frühverrentung geändert wurden. Die            entschieden, die Rente wegen Arbeitslosig­
Folgen dieser Veränderungen für die Ge­            keit für ab 1952 Geborene abzuschaffen.
burtsjahrgänge 1936 bis 1952 sind Gegen­           Die ursprünglich langsame Anhebung wurde
stand der nachfolgenden Untersuchung.              durch die Rentenreform 1996 beschleunigt
Zentraler Bestandteil der Rentenreformen           und 2001 modifziert, weshalb für einige Be­
seit 1989 war die Erhöhung des durch­              troffene die Folgen sehr kurzfristig eintraten,
schnittlichen Verrentungsalters für Alters­        weil sie bereits für früher Geborene wirksam
rentner. Hierdurch wurden die maximalen            wurden.5 Die biografsche Lücke, die durch
Abschläge schrittweise erhöht, weil das            die steigende Altersgrenze der Rentenver­
früheste mögliche Renteneintrittsalter             sicherung nach Langzeitarbeitslosigkeit ge­
gleich blieb, während sich der Abstand             schaffen wurde, ist nicht durch die Arbeits­
zum steigenden Referenzalter vergrößerte.          losenversicherung geschlossen worden. Die
Für später geborene Jahrgänge war dann             Regelung der Altersrente für Frauen wurde
der Bezug einer frühen Altersrente in den          ebenfalls mit Wirkung vom 1.1.2000 gestri­
meisten Fällen gar nicht mehr möglich, weil        chen und durch eine Neuregelung6 ersetzt.
die Rentenarten, die eine sehr frühe Rente         Historisch gesehen war die vorgezogene
möglich machten, abgeschafft wurden.               Rente wegen Arbeitslosigkeit ab 60 Jahren
Die stärksten Veränderungen gab es für             zunächst ein Privileg der Angestellten.7 Mit
Langzeitarbeitslose, weil die Rente nach           der Angleichung der Arbeiter­ und Ange­
Arbeitslosigkeit ersatzlos abgeschafft             stelltenrentenversicherung auf dem Niveau
wurde. Die sozialstaatliche Sicherung für          der Angestelltenversicherung kam es 1957
ältere Arbeitslose wurde damit radikal um­         zur Ausweitung dieser Rentenart auch auf
und dabei teilweise auch abgebaut. Zuvor           die Arbeiter.8 Infolge der Massenarbeits­
gab es für ältere Arbeitslose eine Brücke
gesicherten Lohnersatzeinkommens vom
Arbeitslosengeld über die Arbeitslosenhilfe
                                                   2 Es zählen die Pfichtbeitragszeiten gemäß §§ 3 und 4 SGB VI.
bis in die vorgezogene Rente. Dieser insti­          Damit zählen Lohnersatzleistungen wie Krankengeld oder
tutionalisierte Vorruhestand bildete eine            Arbeitslosengeld ebenfalls zu diesen Versicherungszeiten. Auch
                                                     die Beiträge aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit werden
eigenständige biografsche Phase für einen            voll angerechnet.
bedeutenden Anteil der älteren Beschäftig­         3 Buchholz et al., 2006, Globalization, accelerating economic
                                                     change and late careers, in: Blossfeld et al. (Hrsg.), London
ten und wurde dadurch zu einem charakte­             und New York, Routledge, S. 74 f.
ristischen Element des deutschen Modells           4 Mika und Baumann, 2008, Soziale Konsequenzen der Abschaf­
                                                     fung des Vorruhestands für Langzeitarbeitslose, WSI Mitteilun­
der sozialstaatlichen Sicherung.3 Bereits seit       gen, S. 605.
dem Jahr 2000 wurde die Frühverrentung             5 Brall et al., 2004, Neuregelungen im Bereich der Altersgrenzen,
                                                     DRV 6 – 7/2004, S. 350.
nun schrittweise abgebaut. Die Folge ist,          6 § 237a SGB VI.
dass die sozialpolitisch gesicherte Überlei­       7 Albrecht und Müller, 1996, Die neue Altersrente wegen Arbeits­
                                                     losigkeit oder nach Altersteilzeit, DRV 3/1996, S. 123.
tung aus der letzten Beschäftigung über die        8 Schmähl, 2007, Die Einführung der Dynamischen Rente im
Arbeitslosigkeit bis zur Rente für viele Betrof­     Jahr 1957: Gründe, Ziele und Maßnahmen – zugleich Versuch
                                                     einer Bilanz nach 50 Jahren, in: Deutsche Rentenversicherung
fene zusammenbrach und sie einer neuen,              Bund (Hrsg.), Die gesetzlichen Rente in Deutschland – 50 Jahre
unsicheren Lebensphase zwischen deut­                Sicherheit durch Anpassung, Bad Homburg, wdv, S. 20.
524                                                       Deutsche Rentenversicherung 4/2020

losigkeit in Westdeutschland seit den spä­       den, die Rente für besonders langjährig
ten 1980er­Jahren und seit der Wieder­           Versicherte.
vereinigung in Ostdeutschland wurde sie
so häufg in Anspruch genommen, dass
das durchschnittliche Rentenzugangsalter         2. Datengrundlage
messbar sank.9 Um diesen Trend umzukeh­
ren, wurde die Abschaffung dieser Renten­        Datengrundlage der Analysen ist der seit
art, allerdings ursprünglich mit langfristiger   vielen Jahren erhobene Datensatz Renten­
Übergangszeit bis 2014, beschlossen. 10          zugang des statistischen Berichtswesens
Der sozialstaatlich abgesicherte Übergang        der Rentenversicherung. Er bildet jeweils
aus der Arbeitslosigkeit in die Rente hatte      einmal jährlich vollständig die Verrentung
in den zwei Jahrzehnten seit 1990 heraus­        in einem bestimmten Kalenderjahr ab, etwa
ragende biografsche Bedeutung für ältere         des Berichtsjahres 2019. Der Querschnitts­
Versicherte, deren Chancen auf Wieder­           datensatz zum Rentenzugang wird jährlich
einstellung bei Arbeitslosigkeit sehr gering     für den Stichtag 31.12. erhoben. Er beruht
waren. Dies traf besonders auf diejenigen        auf den Meldungen der Rentenversiche­
zu, die im Zuge der Umstrukturierung von         rungsträger, die alle bei ihnen in dem ent­
Betrieben oder Branchen entlassen wurden         sprechenden Jahr beschiedenen Renten
und mit ihrer Qualifkation und Arbeitserfah­     mit den wichtigsten soziodemografschen
rung auf dem (regionalen) Arbeitsmarkt kein      und rentenrechtlichen Informationen an die
neues Arbeitsangebot erhielten.11 Eine sol­      Datenstelle der Rentenversicherung mel­
che Umstrukturierung traf besonders Ost­         den. Von Interesse sind für diesen Beitrag
deutsche nach 1990, sodass es nach 1992          ausschließlich neu beschiedene Renten für
zunehmend kaum noch über 55­jährige Be­          einen erstmaligen Rentenbezug. Für die
schäftigte in ostdeutschen Betrieben gab.12      nachfolgenden Analysen werden daher nur
So wurden beispielsweise ostdeutsche             diese Fälle ausgewählt.
Frauen der Alterskohorte um 1939 nach            In einem Berichtsjahr geht stets nur ein Teil
der Wiedervereinigung besonders häufg            eines Geburtsjahrgangs in Rente. Ein Be­
und lange arbeitslos, weil bei ihnen eine        richtsjahr ist daher nicht repräsentativ für
durchschnittlich niedrigere Qualifkation         das Verrentungsgeschehen der Geburts­
mit einem für die Wiedereinstellung nach         jahrgänge im Trend. Das Rentenrecht hat
Arbeitslosigkeit bereits ungünstig hohen         als fundamentalen Bezugspunkt für den
Alter zusammentraf.13 Insgesamt resultieren      Rentenzugang allerdings hautsächlich das
die Änderungen der Bedingungen für den           Geburtsjahr, das sich auf mehrere Renten­
Renteneintritt in ungünstigerer Absicherung      zugangsjahrgänge aufteilt, und nur nach­
ab dem 55. Lebensjahr bei Arbeitslosigkeit.      rangig das tatsächliche Rentenzugangsjahr.
Dafür trat in vielen Vertrauensschutzrege­
lungen die Gruppe der langjährig sozial­         9 Fasshauer, 2005, Die Folgen des demographischen Wandels
versicherungspfichtig Beschäftigten in den          für die gesetzliche Rentenversicherung, in: Kerschbaumer und
                                                    Schroeder (Hrsg.), Sozialstaat und demographischer Wandel.
Vordergrund. Wer wirksam früh im Betrieb            Herausforderungen für Arbeitsmarkt und Sozialversicherung,
Altersteilzeit vereinbart hatte, konnte viele       Wiesbaden, S. 67, 75.
                                                 10 Ruland, 2007, Die gesetzliche Rentenversicherung im Wan­
Jahre von einem vorgezogenen Rentenzu­              del der Herausforderungen – Zentrale Reformen nach 1957
gang proftieren. Vergünstigungen gab es             bis 2007, in: Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.), Die
                                                    gesetzliche Rente in Deutschland – 50 Jahre Sicherheit durch
auch für diejenigen, die 45 Jahre Pficht­           Anpassungen, Bad Homburg, wdv, S. 33 f.
versicherung ohne Zeiten der Beiträge der        11 Buchholz et al., a. a. O., S. 69.
                                                 12 Wübbeke, 2005, Der Übergang in den Rentenbezug im Span­
Arbeitslosensicherung nachweisen konn­              nungsfeld betrieblicher Personal­ und staatlicher Sozialpolitik.
ten. Für diese Personengruppe der sehr              Beiträge zur Arbeitsmarkt­ und Berufsforschung, S. 4.
                                                 13 Trappe, 2006, Lost in Transformation?, in: Diewald et al. (Hrsg.),
dauerhaft lebenslang Beschäftigten ist              Disparities of Gender and Age, Stanford, California Stanford
2012 eine neue Rentenart geschaffen wor­            University Press, S. 116, 133.
Statistik                                                                                                 525

Dieses spielt vor allem beim Vertrauens­       Die Wartezeit der Regelaltersrente ist er­
schutz eine wichtige Rolle. Daher wurden       füllt, wenn in einem Gesamtzeitraum von
für die nachfolgende Untersuchung alle         fünf Jahren im gesamten Erwerbsleben
Rentenzugangsjahrgänge ab 1996 zusam­          entweder Beiträge aus sozialversiche­
mengespielt, um dann die Geburtskohorten       rungspfichtiger Beschäftigung oder ande­
1936 bis 1952 auszuwerten. Im Datenbe­         re Beitragszahlungen in das Rentenversi­
stand der Rentenzugänge 1996 bis 2019          cherungskonto wie zum Beispiel für Zeiten
können die Altersrenten im Vergleich der       der Kindererziehung oder Arbeitslosengeld
Geburtskohorten 1936 bis 1952 vollständig      oder freiwillige Beiträge vorliegen.14 Beiträ­
beobachtet werden.                             ge können aus eigener sozialversicherungs­
                                               pfichtiger Erwerbstätigkeit, aber auch aus
                                               einem Versorgungsausgleich15 nach Schei­
3. Rechtliche Voraussetzungen                  dung oder von Dritten wie der Bundesagen­
   der Rentenarten im Zeitverlauf              tur für Arbeit in Zeiten der Arbeitslosigkeit
                                               eingezahlt worden sein. Auch Kindererzie­
Grundsätzlich ist der Bezug einer Rente        hungszeiten zählen hier hinzu. Für jedes
in jüngerem Alter als dem gesetzlich fest­     vor 1992 geborene Kind werden inzwischen
gesetzten Alter für die Regelaltersrente       30 Monate Beitragszeiten verbucht.16 Als
ein sozialpolitisches Privileg, das an er­     Beitragszeiten zählen auch Zeiten der nicht
weiterte Voraussetzungen geknüpft ist. Im      erwerbsmäßigen Pfege seit 1995, wenn
Nachfolgenden werden daher die Voraus­         unter anderem der medizinische Dienst
setzungen der Regelaltersrente, der Rente      den Pfegebedarf anerkannt hat und die
mit dem höchsten Verrentungsalter, zuerst      Pfegeversicherung Beiträge für die Pfege
dargestellt. Die anderen Rentenarten sind      zahlt. Weil fünf Jahre solcher Zeiten in den
vergleichend dargestellt, um zu verdeutli­     meisten, auch sehr lückenhaften Erwerbs­
chen, welche zusätzlichen Bedingungen in       biografen zusammenkommen, haben sehr
jeder Rentenart jeweils erfüllt sein müssen.   viele ältere Personen in Deutschland einen
Grundsätzlich gibt es vonseiten der Renten­    – wenn auch eventuell geringen – Anspruch
versicherung keine Verpfichtung, zu einem      auf Altersrente von der gesetzlichen Ren­
bestimmten Zeitpunkt die Erwerbstätigkeit      tenversicherung. Auf die relativ hohe Re­
einzustellen und in den Ruhestand über­        gelaltersgrenze warten damit vor allem
zuwechseln. Daher können in der Lebens­        diejenigen, die nur sehr wenige Jahre bei­
phase vor der Rente auch die Bedingungen       tragspfichtig gearbeitet haben, aber im Er­
mehrerer Rentenarten erfüllt sein. In dieser   gebnis für einen Gesamtzeitraum von fünf
empirischen Analyse wird jeweils die tat­      Jahren Beiträge nachweisen können. Durch
sächlich gewählte Rentenart dargestellt.       die Verlängerung der angerechneten Bei­

3.1 Regelaltersrente
                                               14 § 51 Abs. 1 SGB VI.
                                               15 Für die Erfüllung der Wartezeit werden die Ansprüche aus dem
Die Anspruchsvoraussetzungen für die Re­          Versorgungsausgleich in eine Zeitdauer umgerechnet. Hierfür
                                                  werden die erworbenen Ansprüche aus dem Versorgungaus­
gelaltersrente für die Alterskohorten von         gleich durch 0,0313 geteilt und die errechnete Summe als
1936 bis 1946 waren das Erreichen der             Monate Beitragszeit im Konto registriert. So wird aus einem
                                                  übertragenen Entgeltpunkt eine Anzahl von 32 Monaten Bei­
Regelaltersgrenze von 65 Jahren und das           tragszeit.
Erfüllen der allgemeinen Wartezeit von         16 Bei Rentenbeginn bis einschließlich Juni 2014 wurden für
                                                  Geburten vor 1992 12 Monate Kindererziehung als Beitragszei­
fünf Beitragsjahren. Die Dauer der Warte­         ten anerkannt. Diese Dauer wurde für einen Rentenbeginn ab
zeit von fünf Jahren ist seit vielen Jahren       Juli 2014 bis einschließlich Dezember 2018 auf zwei Jahre ver­
                                                  längert. Ab Januar 2019 wurde die Dauer auf 30 Monate hoch­
unverändert, geändert wurde aber das frü­         gesetzt. Für bereits bewilligte Renten wurde die Aufstockung
heste mögliche Alter des Rentenbezugs.            ebenfalls vorgenommen.
526                                                         Deutsche Rentenversicherung 4/2020

tragszeiten für Kindererziehung für vor 1992       den anderen untersuchten Gruppen nicht
geborene Kinder in mehreren Schritten auf          bedeutend. Sie ist in der unteren Linie zu
30 Monate wurde die Erreichung der War­            erkennen. Der Grund für die geringe Inan­
tezeit von fünf Jahren für viele, vor allem        spruchnahme ist wahrscheinlich, dass für
westdeutsche Frauen noch einmal erleich­           die gleiche Zielgruppe alternative vorge­
tert. Aufgrund der Anerkennung eines wei­          zogene Altersrentenarten attraktiver waren,
teren Kindererziehungsjahres zum 1. Juli           wie zum Beispiel die Rente für langjährig
2014 je Kind mit Geburt vor 1992 wurden in         Versicherte.
den Rentenzugangsdatensätzen der Jahre
2014 und 2015 rund 103 000 Personen mit
einem erstmaligen Rentenbezug gezählt,             3.2 Rente für langjährig Versicherte
deren Alter teilweise deutlich über der Re­
gelaltersgrenze lag.17                             Die Altersrente für langjährig Versicher­
Das rechtliche Verrentungsalter der Regel­         te kann beziehen, wer eine Wartezeit von
altersrente lag für lange Zeit bei 65 Jahren.      35 Jahren erfüllt hat. Zu den 35 in der
Für die zwischen 1947 und 1958 Geborenen           Summe nachzuweisenden Jahren zählen
erhöhte sich das Verrentungsalter dann mit         nicht nur Zeiten, in denen Beiträge entrich­
jedem Geburtsjahr um einen Monat. Damit            tet wurden, wie bei der Wartezeit für die
war die Altersgrenze für den Geburtsjahr­          Regelaltersrente, sondern auch Zeiten der
gang 1952 das Alter 65 und sechs Monate.           Arbeitslosigkeit mit oder ohne Leistungs­
Aufgrund einer Vertrauensschutzregelung            bezug beziehungsweise Krankheit, Zeiten
für alle, die bis 2006 Altersteilzeit vereinbart   einer Schul­ und Hochschulausbildung, Er­
hatten, galt die Erhöhung aber nicht für alle      ziehungszeiten bis zum zehnten Lebensjahr
bis 1952 Geborenen.18 Für die zwischen Ja­         eines Kindes und Zeiten der vom medizini­
nuar 1959 und Dezember 1963 Geborenen              schen Dienst anerkannten Pfege von 1992
erhöht sich das früheste mögliche Verren­          bis 1995. Auch freiwillige Beiträge zählen zu
tungsalter um jeweils zwei Monate für jedes        der Wartezeit für langjährige Versicherung
Geburtsjahr, bis schließlich die Altersgren­       hinzu und auch die versicherungsfreie ge­
ze bei 67 Jahren liegen wird. Dies wird im         ringfügige Beschäftigung kann dazu bei­
Jahr 2031 der Fall sein. Abbildung 1 zeigt         tragen, die Wartezeit zu erfüllen.19 Damit
die Reform des Verrentungsalters der Re­           ist die Dauer der Wartezeit sehr viel länger
gelaltersrente.                                    als bei der Regelaltersrente, aber auch Bio­
Das tatsächliche Zugangsalter der Regel­           grafen zum Beispiel mit längeren Familien­
altersrente lag in den Geburtsjahrgängen bis       phasen ohne sozialversicherungspfichtige
1946 bei etwa 65 Jahren. Das Zugangsalter          Beschäftigung können für diese Rente qua­
lag, wie die Abbildung 2 zeigt, in der Regel       lifzieren, weil die Regelung der Wartezeit
sogar um einige Monate über diesem Alter.          großzügig beim Einschluss unterschied­
Mit der Anhebung der Regelaltersgrenze er­         licher Lebensphasen ist.
höhte sich für die Mehrheit das tatsächliche       Die Altersgrenze für die Rentenart Rente für
Rentenzugangsalter ab der Geburtskohorte           langjährig Versicherte lag für lange Zeit bei
1947 kontinuierlich mit jedem nachfolgen­          63 Jahren (Abbildung 3). Diese Altersgrenze
den Jahrgang. Der eingeräumte Vertrau­
ensschutz für Versicherte, die Altersteilzeit
verbindlich bis 2006 vereinbart hatten, er­        17 Siehe auch Keck/Krickl und Kruse, RVaktuell, 11–12/2015,
möglichte dem Jahrgang 1947 eine Verren­              248–256.
                                                   18 § 235 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI.
tung mit 65 Jahren. Die Vertrauensschutz­          19 Die geringfügige Beschäftigung ist seit dem 1.4.1999 mit einer
regelung wurde von etwa 5 Prozent der                 Meldung an die Sozialversicherung und einem Pauschalbeitrag
                                                      der Arbeitgeber verbunden. Die durch geringfügige Beschäfti­
westdeutschen Männer in dieser Rentenart              gung erzielten Entgeltpunkte werden durch eine Teilung durch
in Anspruch genommen und war auch bei                 0,0313 in eine Dauer in Monaten umgerechnet.
Statistik                                                            527

Abbildung 1:           Altersgrenze der Rentenart Regelaltersrente

Quelle: eigene Darstellung.
528                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 2:           Alter beim Zugang zur Regelaltersrente

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.
Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

galt zuletzt für den Geburtsjahrgang 1936.                            Von dieser allgemeinen Regelung gab es
Dann griffen zwei Reformkomponenten. Die                              eine Ausnahme für die Geburtsjahrgänge
eine erhöhte perspektivisch die Altersgrenze                          1948 bis 1954. Sie konnten bereits jünger
für eine abschlagsfreie Rente zunächst auf                            eine Rente mit Abschlägen beziehen, näm­
65 Jahre für die Geburtsjahrgänge 1939 bis                            lich der Jahrgang 1948 absinkend von 63 auf
1948 und in weiterer Zukunft auf 67 Jahre für                         62 Jahre und die Jahrgänge 1949 bis 1954
die Geburtsjahrgänge ab 1964.20 Die zwei­                             bereits mit 62 Jahren, wenn sie bis zum Ende
te Reformkomponente legte das Alter 63                                des Jahres 2007 Altersteilzeit vereinbart hat­
für die Zukunft als mögliches Zugangsalter                            ten.
fest, wenn die Versicherten bereit waren, Ab­                         Abbildung 4 zeigt die Inanspruchnahme der
schläge in Kauf zu nehmen.21 Mit dem An­                              Vertrauensschutzregelung für die Geburts­
heben des Alters für die erste abschlags­                             jahrgänge 1948 bis 1952, die einen Renten­
freie Rente zunächst auf 65 und dann auf
67 Jahre und dem konstanten Alter für die
früheste Rente mit Abschlägen mit 63 Jahren
steigt für später Geborene die Höhe der Ab­
schläge. Für die meisten der hier untersuch­                          20 Dieses Alter ergibt sich aus § 36 SGB VI, der allerdings erst ab
                                                                         2027 wirksam werden wird, weil er nur die Geburtsjahrgänge
ten Geburtsjahrgänge betrug der höchste                                  ab1964 betrifft. Die aktuell gültige Regelung für die früher gebo­
denkbare Abschlag 7,2 Prozent, weil sie die                              renen Versicherten fndet sich in § 236 SGB VI.
                                                                      21 Die Abzüge für vorzeitige Inanspruchnahme errechnen sich bei
Rente zwei Jahre vorzeitig in Anspruch neh­                              allen Rentenarten gleich. Für jeden Monat vorzeitigen Bezugs
men konnten.                                                             werden 0,3 Prozent von der Rente abgezogen.
Statistik                                                                            529

Abbildung 3:           Altersgrenze der Rentenart Rente für langjährig Versicherte

Quelle: eigene Darstellung.
530                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 4:           Quote der Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes
                       bei der Rente für langjährig Versicherte

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

zugang im 62. Lebensjahr ermöglichte. Die                             regelung der Rente für langjährig Versicherte
Auswirkungen des Vertrauensschutzes der                               der Geburtskohorten 1937 bis 1941 war vor
Jahrgänge ab 1948 auf das Verrentungsalter                            allem für westdeutsche Männer zahlenmä­
zeigt Abbildung 5. Diese Regelung war zu­                             ßig von erheblicher Bedeutung. Die Vertrau­
nächst nur für Männer attraktiv, weil Frauen                          ensschutzregel für die Jahrgänge 1937 bis
noch eine Frühverrentung durch die Alters­                            1941, die nur einen geringen Effekt auf das
rente für Frauen offenstand. Erst nach Aus­                           Verrentungsalter hatte, wurde sowohl von
laufen dieser Rentenart für den Geburtsjahr­                          westdeutschen als auch von ostdeutschen
gang 1952 fndet sich auch eine erkennbare                             Männern stark in Anspruch genommen, wie
Inanspruchnahme dieser Regelung durch                                 Abbildung 4 zeigt. Sie proftierten hierdurch
10 Prozent der Frauen. Weniger prägnant                               von einer höheren Rente, weil keine Abschlä­
ist die Auswirkung der Vertrauensschutz­                              ge erhoben wurden.
regelung für die Versicherten, die bis ein­
schließlich dem 1.1.1942 geboren wurden,
auf das Verrentungsalter. Um sich für den                             3.3 Rente für besonders langjährig
Vertrauensschutz gemäß § 236 SGB VI alte                                  Versicherte
Fassung zu qualifzieren, mussten 45 Jahre
mit Pfichtversicherungszeiten ohne Zeiten                             Die Rente für besonders langjährig Versi­
mit Beiträgen der Arbeitslosenversicherung                            cherte ist eine 2012 neu eingeführte Ren­
nachgewiesen werden. Mit dieser Vertrau­                              tenart, die Elemente des Vertrauensschut­
ensschutzregelung konnten Versicherte mit                             zes der Rente für langjährig Versicherte
durchgehenden Versicherungsbiografien                                 aufgenommen hat (Abbildung 6). Für diese
abschlagsfrei zwölf Monate früher in Rente
geben, zum Beispiel mit 63 statt mit 64
Jahren, wenn sie im Dezember 1937 gebo­                               22 § 236 SGB VI alte Fassung in Verbindung mit Anlage 21 (in der
ren worden waren.22 Die Vertrauensschutz­                                Fassung vom 31.12.1999, inzwischen aufgehoben).
Statistik                                                                                                                     531

Abbildung 5:           Alter im Rentenzugang mit und ohne Vertrauensschutz
                       bei der Rente für langjährig Versicherte

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Rente muss eine besonders lange Versiche­                             verursacht. Dafür sind seit 2014 Zeiten mit
rungszeit nachgewiesen werden, die Warte­                             freiwilligen Beiträgen ebenfalls zur Warte­
zeit beträgt 45 Jahre. Anerkennungsfähig                              zeit zu zählen, wenn außerdem mindes­
sind im Kern Beitragszeiten in sozialversi­                           tens 18 Jahre mit Pfichtbeiträgen vorliegen.
cherungspfichtiger Beschäftigung und Zei­                             Diese Regelung zielt zentral auf Handwer­
ten der Kindererziehung bis zu zehn Jahren                            ker, die eine 18­jährige Pfichtversicherungs­
nach der Geburt (Berücksichtigungszeiten).                            zeit absolviert haben und sich im Anschluss
Durch eine Reform wurden diese Zeiten                                 freiwillig versichern.
für den Rentenbezug ab dem 1.7.2014 um                                Zum Zeitpunkt der Einführung war das frü­
Zeiten des Bezugs von Krankengeld und                                 heste Verrentungsalter der Rente für beson­
Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistungen                             ders langjährig Versicherte 65 Jahre. Kurz
hinzugezählt. Zu diesen Versicherungsjah­                             nach der Einführung dieser Rente wurde sie
ren zählt der Bezug von Arbeitslosengeld II                           dann bereits reformiert, weshalb ab dem
allerdings nicht, selbst wenn zwischen 2005                           1.7.2014 diese Rentenart dann bereits ab
und 2010 Beiträge entrichtet wurden, und                              63 Jahren bezogen werden konnte. Die­
auch die zuvor gezahlte Arbeitslosenhilfe                             ses abgesenkte Alter wird ab der Geburts­
wird trotz Beitragszahlungen der Arbeits­                             kohorte 1953 schrittweise pro Geburtsjahr
losensicherung nicht für diese Wartezeit                              um zwei Monate angehoben, bis es für den
anerkannt. Auch das Arbeitslosengeld I ist                            Geburtsjahrgang 1964 wieder bei 65 Jahren
dann nicht anerkennungsfähig, wenn es in                              liegen wird. Auch dieser frühere Bezug war
den beiden Jahren vor der Verrentung bezo­                            abschlagsfrei. Diese Rentenart kennt keine
gen wurde, es sei denn, die Arbeitslosigkeit                          Vertrauensschutzregelung und keine vorzei­
wurde durch Insolvenz des Arbeitgebers                                tige Inanspruchnahme mit Abschlägen.
532                                                         Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 6:           Altersgrenze der Rentenart Rente für besonders langjährig Versicherte

Quelle: eigene Darstellung.
Statistik                                                                                                                     533

Abbildung 7:           Alter beim Zugang zur Rente für besonders langjährig Versicherte

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Abbildung 7 zeigt die tatsächliche Inan­                              tersrente für langjährig Versicherte zuzüglich
spruchnahme der Rente für besonders lang­                             Versicherungszeiten für Ausbildung und Kin­
jährig Versicherte. Während die Rechts­                               dererziehungszeiten, die nicht mit Beiträgen
reform das Zugangsalter für die bis 1951                              verbunden sind (Anrechnungszeiten). Diese
Geborenen schlagartig reduziert hat, um es                            Rente kam damit nur für langjährig sozialver­
dann für später Geborene wieder zu steigern,                          sicherungspfichtig Beschäftigte in Betracht.
sinkt das tatsächliche Zugangsalter stetig ab                         Seit dem Jahr 2000 kann die Rente nur noch
dem Geburtsjahrgang 1949. Der Grund liegt                             bei anerkannter Schwerbehinderung (von
in der kurzfristigen Einführung des herabge­                          mindestens 50 Prozent) und nicht mehr bei
setzten Alters 63, von dem viele Ältere nicht                         Berufs­ und Erwerbsunfähigkeit beantragt
mehr voll proftieren konnten.                                         werden.
                                                                      Die Altersgrenze für schwerbehinderte
                                                                      Menschen lag für die Geburtsjahrgänge bis
3.4 Altersrente für schwerbehinderte                                  einschließlich 1940 bei 60 Jahren. Darauf
    Menschen                                                          folgte eine Erhöhung des Rentenalters in
                                                                      zwei Etappen. Für die Geburtsjahrgänge
Eine spezielle Rentenart, die Rente für                               1941 bis 1943 wurde die Altersgrenze rela­
schwerbehinderte Menschen, ermöglicht                                 tiv zügig auf 63 Jahre erhöht (Abbildung 8).
gesundheitlich stark beeinträchtigten Men­                            Die Inanspruchnahme ab dem 60. Lebens­
schen, früher Altersrente zu beziehen. Vor­                           jahr war aber immer noch möglich, es wur­
aussetzungen dieser Altersrente waren das                             den lediglich Abschläge von 0,3 Prozent
Vorliegen einer anerkannten Schwerbehin­                              bis zu 10,8 Prozent für die Differenz zur
derung oder der Berufs­ oder Erwerbsun­                               neuen höheren Altersgrenze für die ab­
fähigkeit (für vor 1951 Geborene) und die                             schlagsfreie Rente erhoben. Wegen um­
Erfüllung von 35 Jahren Wartezeit unter den                           fangreicher Vertrauensschutzregelungen
gleichen Voraussetzungen wie bei der Al­                              kam das verschärfte Recht für diese Jahr­
534                                                        Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 8:           Altersgrenze der Rentenart Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Quelle: eigene Darstellung.
Statistik                                                                                                                     535

Abbildung 9:           Alter beim Zugang zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

gänge aber noch nicht voll zur Anwendung.                             Die tatsächliche Inanspruchnahme der
Personen, die vor dem 17.11.1950 geboren                              Rente für schwerbehinderte Menschen war
sind und bereits am 16.11.2000 schwerbe­                              mit ihren vielen Vertrauensschutzregeln für
hindert oder berufs­ oder erwerbsunfähig                              die Rentenversicherung besonders schwer
nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht                                vorherzusehen, denn die Umstände, die eine
waren, waren von der Anhebung der Alters­                             Vertrauensschutzregelung möglich machen,
grenze nicht betroffen. Sie konnten die Al­                           wurden erst zur Verrentung vorgelegt und
tersrente für schwerbehinderte Menschen                               waren in den Versichertenkonten vor dem
bereits nach Vollendung des 60. Lebensjah­                            Bezug der Rente nicht erkennbar.
res ohne Rentenabschläge beanspruchen.                                Abbildung 9 zeigt ab dem Geburtsjahrgang
Für den Geburtsjahrgang 1952 und später                               1941 deutlich steigende Verrentungsalter bei
Geborene wurde das Alter für den frühest­                             den Personen, die keinen Vertrauensschutz
möglichen Rentenbezug mit Abschlägen                                  geltend machen konnten. Andererseits nahm
dann in einem Jahr um sechs Monate he­                                ein Teil der Personen mit Schwerbehinde­
raufgesetzt.23 Auch für diesen Geburtsjahr­                           rung der Geburtsjahrgänge bis 1950 den
gang gab es aber eine Vertrauensschutzre­                             Vertrauensschutz in Anspruch und ging mit
gelung, welche den Rentenzugang mit 60                                60 Jahren in Rente. Die Vertrauensschutz­
Jahren bei Inkaufnahme von 10,8 Prozent                               regel für den Geburtsjahrgang 1952 wirkte
Abschlägen möglich machte. Personen,                                  sich dagegen tatsächlich kaum auf das Ver­
die vor dem 1.1.1955 geboren sind, am                                 rentungsalter aus.
1.1.2007 schwerbehindert waren und vor                                Abbildung 10 zeigt, dass der Vertrauens­
dem 1.1.2007 verbindlich Altersteilzeitarbeit                         schutz bei der Rente für schwerbehinderte
vereinbart hatten, konnten nach Vollendung
des 60. Lebensjahres eine Rente mit Ab­
schlägen beziehen.                                                    23 § 236a Abs. 2 SGB VI.
536                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 10: Quote der Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes
              bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Menschen für die Geburtsjahre bis 1944                                58 Jahren und sechs Monaten arbeitslos
sehr große Bedeutung hatte, vor allem für                             waren (Abbildung 11). Voraussetzung war,
Frauen. Für die Jahrgänge bis einschließ­                             dass die betroffene Person zum Zeitpunkt
lich 1950 war der Vertrauensschutz relevant,                          der Verrentung arbeitslos war. Für den Jahr­
um die Rente mit 60 Jahren ohne Abschläge                             gang 1936 musste die Arbeitslosigkeit in
beziehen zu können, wie Abbildung 9 zeigt.                            dem biografschen Fenster zwischen 58 Jah­
Für den Geburtsjahrgang 1951 gab es keine                             ren und sechs Monaten in einem zusammen­
relevante Vertrauensschutzregelung. Im Ge­                            hängenden Zeitraum, der bis an die Rente
burtsjahrgang 1952 war die Bedeutung der                              heranreichte, vorliegen. Damit wäre es für
vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente mit                             die Versicherten sehr ungeschickt gewesen,
60 Jahren unter Inkaufnahme von Abschlä­                              in den letzten Monaten vor der Verrentung
gen dann gering. Dies kann auch an der ge­                            noch einmal eine Erwerbstätigkeit aufzuneh­
ringen Anzahl von Personen liegen, die be­                            men. Diese Regelung wurde für die Geburts­
reits 2006 Altersteilzeit verbindlich vereinbart                      jahrgänge ab 1941 zum 1.1.2000 reformiert,
haben, als sie erst 54 Jahre alt waren.                               sodass die Bedingung, in welchem biograf­
                                                                      schen Zeitraum die Arbeitslosigkeit vorlie­
                                                                      gen muss, gelockert wurde. Es reichte nun
3.5 Rente wegen Arbeitslosigkeit                                      das summarische Erreichen von 52 Wochen
    und nach Altersteilzeit                                           Arbeitslosigkeit im Alter ab 58 Jahren und
                                                                      sechs Monaten. Zusätzlich mussten zwei
Versicherte der Geburtskohorten 1936 bis                              Bedingungen erfüllt sein. Erstens mussten
1951 konnten eine vorzeitige Rente wegen                              in den letzten zehn Jahren vor Rentenbeginn
Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen, wenn                             mindestens acht Jahre mit Pfichtbeiträgen
sie mindestens ein Jahr ab dem Alter von                              für eine versicherte Beschäftigung oder
Statistik                                                                                               537

Tätigkeit, also mit Beiträgen aus sozialversi­   die Hälfte reduzierte. Der Arbeitgeber, der
cherungspfichtiger Beschäftigung als Ange­       für solche Vereinbarungen Förderung vom
stellter oder Selbstständiger sowie weiteren     Arbeitsamt bekam, musste das Gehalt auf
Versicherungszeiten wie Arbeitslosengeld,        mindestens 90 Prozent des vorher erzielten
Krankengeld sowie eventuell Pflegezei­           Bruttogehalts aufstocken und zusagen, die
ten (ab 1995) vorliegen.24 Der Zeitraum von      ausscheidende ältere Person durch einen
zehn Jahren, in dem die acht Jahre Pficht­       vormals Arbeitslosen oder einen jüngeren
beiträge vorliegen mussten, verlängerte sich     Beschäftigten nach der Ausbildung zu er­
allerdings unter anderem um angerechne­          setzen. Die Voraussetzungen der Wartezeit
te Zeiten der Arbeitslosigkeit und Zeiten        waren identisch zur Rente wegen Arbeits­
des Bezugs einer Erwerbsminderungsren­           losigkeit. Zielgruppe waren damit ebenfalls
te. Durch diese Bedingungen wurde diese          sozialversicherungspfichtige Beschäftigte
Rente auf den Personenkreis beschränkt,          und Erwerbstätige, die zumindest seit ihrem
der zumindest ab dem Alter 48 weitgehend         48. Lebensjahr nahezu durchgehend sozial­
sozialversicherungspfichtig beschäftigt war.     versicherungspfichtig beschäftigt waren.
Zusätzliche Bedingung war, dass für den ge­      Wegen des administrativen Aufwands für
samten Lebenslauf zumindest eine Wartezeit       den Arbeitgeber fand die Altersteilzeit in
von 15 Jahren mit Beiträgen der Art gefüllt      größeren Betrieben zwar schnell Verbrei­
war, wie sie auch für die Erfüllung der Re­      tung, wurde aber in kleineren Betrieben we­
gelaltersrente gefordert sind, also Beiträge     niger praktiziert. Das Verrentungsalter war,
aus sozialversicherungspfichtiger Beschäf­       wie bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit,
tigung oder Erwerbstätigkeit, Arbeitslosen­      60 Jahre.
und Krankengeld und auch Kindererziehung,        Geburtsjahrgänge ab 1937 mussten in der
aber auch aus Versorgungsausgleich. Für          Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Al­
Geburtsjahrgänge ab 1937 wurde die Alters­       tersteilzeit Abschläge in Kauf nehmen oder
grenze angehoben. Wie auch bei der Rente         um einige Monate später in Rente gehen. Die
für schwerbehinderte Menschen war aller­         ansteigenden Altersgrenzen in der tatsächli­
dings der Bezug mit Abschlägen ab 60 Jah­        chen Inanspruchnahme zeigt Abbildung 13.
ren möglich.                                     Die umfangreichen und mehrmals reformier­
Die Rente nach Altersteilzeit wurde der          ten Vertrauensschutzregelungen zeigen ab
Rente wegen Arbeitslosigkeit erst später         dem Geburtsjahrgang 1937 Wirkung beim
als Ergänzung mit Wirksamkeit ab 1996            tatsächlichen Rentenzugang (Abbildung 13).
hinzugefügt. Damit konnte erst der Jahr­         Sie senkten das Verrentungsalter messbar ab
gang 1939 voll von dieser Rente proftie­         dem Geburtsjahrgang 1946.
ren. Dieser war der erste Geburtsjahrgang,       Die Vertrauensschutzregelungen hatten bei
der diese Rente bewusst anstreben und die        der Rente wegen Arbeitslosigkeit für die Ge­
rechtlichen Voraussetzungen durch ent­           burtsjahrgänge 1937 bis 1940 und 1946 bis
sprechende Lebensplanung erfüllen konn­          1949 zahlenmäßig starke Bedeutung, wie
te. Die Regelung vollständig ausschöpfen         Abbildung 12 zeigt. Beim Rentenzugang
konnte der Geburtsjahrgang 1941. Bedin­          nach Altersteilzeit setzte die Wirkung des Ver­
gung war, dass für einen Zeitraum von ins­       trauensschutzes ab dem Geburtsjahrgang
gesamt 24 Monaten ab dem Alter 55 nach           1938 ein (Abbildung 14). Die Inanspruchnah­
einer Altersteilzeitregelung gearbeitet wor­     me des Vertrauensschutzes ist am stärksten
den war. Speziell für die Altersteilzeit wurde   im Geburtsjahrgang 1941 zu beobachten, in
ein Gesetz erlassen, das Altersteilzeitge­       dem 70 Prozent der westdeutschen Männer
setz, dessen Vorgaben erfüllt sein muss­
ten. Danach musste mit dem Arbeitgeber
                                                 24 Pfegezeiten zwischen 1992 und 1995 konnten dann geltend
eine Vereinbarung geschlossen worden                gemacht werden, wenn für diese Zeiten freiwillige Beiträge
sein, welche die Arbeitszeit rechnerisch auf        gezahlt worden waren, was sehr selten der Fall war.
538                                                                           Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 11: Altersgrenze der Rentenart Altersrente wegen Arbeitslosigkeit
              oder nach Altersteilzeit

Anmerkung: Für Geburtsjahrgänge 1952 und jünger gibt es diese Altersrente nicht mehr.

Quelle: eigene Darstellung.
Statistik                                                                                                                     539

Abbildung 12: Quote der Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes
              bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999–2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952, eigene Berechnungen.

Abbildung 13: Alter beim Zugang zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.
540                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 14: Quote der Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes
              beim Zugang zur Rente nach Altersteilzeit

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

aufgrund des Vertrauensschutzes die Rente                             wurde das früheste mögliche abschlagsfreie
früher in Anspruch nahmen (Abbildung 15).                             Verrentungsalter wie bei der Rente wegen
Ab dem Geburtsjahrgang 1946 war die In­                               Arbeitslosigkeit um einen bis drei Monate
anspruchnahme des Vertrauensschutzes für                              angehoben (Abbildung 16). Für Teile der bis
die Rente nach Altersteilzeit wieder zahlen­                          1944 geborenen Versicherten gab es Ver­
mäßig von hoher Bedeutung.                                            trauensschutzregelungen, die viele grund­
                                                                      sätzlich Betroffene faktisch von der Anhe­
                                                                      bung der Altersgrenzen ausnahmen, wenn
3.6 Altersrente für Frauen                                            sie bis 1996 arbeitslos geworden waren oder
                                                                      45 Jahre mit Pfichtbeiträgen nachweisen
Frauen der Geburtsjahrgänge bis einschließ­                           konnten. Der Vertrauensschutz hatte Auswir­
lich 1951 konnten zusätzlich zu den bisher                            kungen auf die Höhe der Abschläge, die bei
genannten Renten auch die Altersrente für                             vorzeitigem Rentenbezug erhoben wurden.
Frauen beantragen, wenn sie die gesetzlich                            So führte eine Rente mit 60 Jahren für eine
geforderten Versicherungszeiten vorweisen                             im Mai 1944 geborene Frau, die 45 Jahre
konnten.                                                              Versicherungszeiten nachweisen konnte, zu
Mit 60 Jahren konnten mit dieser Rentenart                            3,3 Prozent Abschlägen. Alternativ konnte
Frauen in Ruhestand gehen, die seit dem 40.                           diese Frau mit 60 Jahren und elf Monaten
Lebensjahr mindestens zehn Jahre sozial­                              abschlagsfrei in Rente gehen.25
versicherungspfichtig beschäftigt oder tätig
waren und außerdem 15 Jahre insgesamt
an Beitragszeiten in ihrem Rentenkonto ver­
bucht hatten. Ab dem Geburtsjahrgang 1940                             25 § 237a Abs. 3 SGB VI.
Statistik                                                                                                                     541

Abbildung 15: Alter beim Zugang zur Rente nach Altersteilzeit

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Diese Rentenart ist mit der Voraussetzung                             Obwohl der Rentenzugang mit 60 Jahren
langjähriger sozialversicherungspfichtiger                            eröffnet war, ist empirisch eine deutliche
Beschäftigung oder Tätigkeit in der zweiten                           Steigerung auf das Alter 62 zu beobachten,
Hälfte der Erwerbskarriere sehr ähnlich wie                           nachdem die Abschläge einsetzten und sich
die Rente wegen Arbeitslosigkeit gestaltet,                           dann sukzessive erhöhten.
aber sie erforderte keine Arbeitslosigkeit
zum Zeitpunkt des Rentenbeginns. Früh­
verrentung war daher für Frauen der Alters­                           4. Inanspruchnahme der Rentenarten in
kohorten bis einschließlich 1951 nicht von                               den Geburtsjahrgängen 1936 bis 1952
Arbeitslosigkeit abhängig. Abbildung 17
zeigt, dass Frauen, die Vertrauensschutz                              Die frühen Zugangswege in die Altersren­
in Anspruch nahmen, aber dem Geburts­                                 te wurden über die zwei Instrumente der
jahrgang 1942 nicht früher in Rente gingen.                           Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
542                                                                           Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 16: Altersgrenze der Rentenart Altersrente für Frauen

Anmerkung: Für Geburtsjahrgänge 1952 und jünger gibt es diese Altersrente nicht mehr.

Quelle: eigene Darstellung.
Statistik                                                                                                                     543

Abbildung 17: Alter beim Zugang zur Altersrente für Frauen

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

und die Abschläge gesteuert. Die recht­                               Einsetzen höherer Abschläge: Die Zugänge
lichen Voraussetzungen wurden in der                                  sanken deutlich auf nur noch 28 Prozent
Regel durch Vertrauensschutzregelungen                                im Geburtsjahrgang 1942. In diesem Fall ist
für viele potenziell betroffene Versicherte                           also das Ziel der geringeren Inanspruchnah­
eingefroren. Dennoch sollten die Abschlä­                             me durch die erhobenen Abschläge erreicht
ge dafür sorgen, dass die vorzeitige Inan­                            worden.
spruchnahme der Rente zunehmend un­                                   Am unteren Ende der Balken in Abbil­
attraktiver wurde. Gewünscht war, dass                                dung 18 ist die Inanspruchnahme der Re­
die auslaufenden Rentenarten zunehmend                                gelaltersrente abgetragen. Sie stieg von
weniger in Anspruch genommen würden.                                  einem niedrigen Niveau von einem Viertel
Für die Entwicklung der Inanspruchnahme                               im Geburtsjahrgang 1936 auf die Hälfte
der verschiedenen Rentenarten zeigt Ab­                               im Jahrgang 1944. Ab dem Geburtsjahr­
bildung 18, dass dieses Ziel bei westdeut­                            gang 1947 fnden sich dann schnell deut­
schen Männern teilweise erreicht wurde.                               lich steigende Anteile von Rentnern, die
Die starke Verbreitung der Frühverrentung                             Altersrente für besonders langjährig Versi­
wegen Arbeitslosigkeit oder nach Alters­                              cherte beziehen konnten. Im Geburtsjahr­
teilzeit blieb für die Geburtsjahrgänge von                           gang 1952 war diese Rente mit einem An­
1936 bis 1941 konstant und nahm dann ab                               teil von einem Drittel dann eine bereits sehr
dem Geburtsjahrgang 1942 bis 1951 stetig                              verbreitete Rentenart geworden, zumal sie
ab. Von 40 Prozent Inanspruchnahme sank                               aufgrund der Reform vom Juli 2014 einen
sie auf 10 Prozent, bevor sie ab dem Jahr­                            abschlagsfreien Zugang bereits mit 63 Jah­
gang 1952 nicht mehr zur Verfügung stand.                             ren ermöglichte und damit attraktiver ge­
Der deutlichste Rückgang zeigt sich mit dem                           worden war. Eine ähnliche Entwicklung ist
544                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 18: Anteile der Inanspruchnahme verschiedener Rentenarten
              bei Männern in Westdeutschland

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

in Ostdeutschland bei den Männern noch                                Westdeutschland, aber im Ergebnis führten
stärker zu beobachten (Abbildung 19).                                 auch in Ostdeutschland die geänderten Zu­
Wie in Westdeutschland war auch in Ost­                               gangsbedingungen zu einem geänderten
deutschland der frühe Zugang in die Alters­                           Rentenzugangsverhalten. Dagegen stie­
rente durch die Altersrente wegen Arbeits­                            gen die Zugänge auf Rente für besonders
losigkeit oder nach Altersteilzeit beim                               langjährig Versicherte nach 45 Versiche­
Geburtsjahrgang 1936 sehr beliebt. Über                               rungsjahren auf 32 Prozent im Geburtsjahr­
60 Prozent der Männer in Ostdeutschland                               gang 1951 und dann sprunghaft auf zuletzt
nahmen die früheste mögliche Rente in                                 41 Prozent beim Geburtsjahrgang 1952 an.
Anspruch. Hier spiegelt sich unter ande­                              In Ost­ wie in Westdeutschland sind zwei
rem die verbreitete Arbeitslosigkeit in Ost­                          Verschiebungen zu beobachten: Die Rente
deutschland in den Jahren 2001 bis 2006                               wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteil­
im Rentenzugangsverhalten wider. Aller­                               zeit wird zunächst von einem wachsenden
dings stiegen die Abschläge von der Rente                             Anteil von Renten für schwerbehinderte
im Verlauf der Zeit an und machten die                                Menschen und dann von einem steigenden
Frühverrentung fnanziell immer unattrakti­                            Anteil der Renten für besonders langjährig
ver, weshalb die Inanspruchnahme ab der                               Versicherte abgelöst.
Geburtskohorte 1942 deutlich zurückging.                              Frauen der Geburtsjahrgänge 1941 bis 1951
Zuletzt haben im Geburtsjahrgang 1951                                 hatten die Möglichkeit, ab 60 die Altersren­
auch in Ostdeutschland nur noch 22 Pro­                               te für Frauen zu beziehen und damit auch
zent die Rente wegen Arbeitslosigkeit und                             ohne vorangehende Arbeitslosigkeit früh
nach Altersteilzeit in Anspruch genom­                                aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die
men. Dies ist zwar ein größerer Anteil als in                         Frühverrentung war daher für Frauen, wenn
Statistik                                                                                                                     545

Abbildung 19: Anteile der Inanspruchnahme verschiedener Rentenarten
              bei Männern in Ostdeutschland

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

sie ab dem Alter 40 überwiegend erwerbs­                              en, die eine Regelaltersrente beanspruchten,
tätig gewesen waren, von den rechtlichen                              sogar noch an und erreichte beim Jahrgang
Möglichkeiten her leichter zugänglich als für                         1946 dann 52 Prozent, also die Mehrheit,
Männer. Für die Geburtsjahrgänge ab 1952                              um dann wieder leicht abzunehmen. Mit der
stand diese Rentenart dann nicht mehr zur                             Ausweitung der Anerkennung der Kinder­
Verfügung.                                                            erziehungszeiten als Beitragszeiten wurde
In Westdeutschland zeigt sich bei den Frau­                           die Voraussetzung für die Regelaltersrente,
en schon im Geburtsjahrgang 1936 eine                                 die Wartezeit von fünf Jahren, von noch mehr
Zweiteilung (Abbildung 20). 48 Prozent aller                          westdeutschen Frauen erfüllt, sodass es in
Frauen nahmen eine Rente in Anspruch, die                             den erstmals beschiedenen Renten mehr
längere Versicherungszeiten erfordert, davon                          Fälle von Frauen gab, die in ihrem gesamten
der größte Teil die Altersrente für Frauen. Im                        Leben sehr wenig oder gar nicht erwerbstä­
Geburtsjahrgang 1951 wählten immer noch                               tig oder beschäftigt waren. Auf der anderen
34 Prozent der westdeutschen Frauen diese                             Seite konnte ein Viertel der Frauen in West­
frühe Rentenart. Die Abschläge hatten auf                             deutschland im Geburtsjahrgang 1952 eine
den Rentenzugang der Frauen also weni­                                Versicherungsbiografe von 45 oder mehr
ger Wirkung als auf den Rentenzugang der                              Jahren nachweisen und damit die Rente für
Männer. Die andere Hälfte der Frauen (circa                           besonders langjährig Versicherte beziehen.
44 Prozent) beantragte dagegen nahezu                                 Die Rente für schwerbehinderte Menschen
konstant eine deutlich später beginnende                              spielte bei Frauen in Westdeutschland mit
Regelaltersrente. Im Vergleich der Geburts­                           5 Prozent Inanspruchnahme eine geringe
kohorten bis 1951 stieg der Anteil der Frau­                          Rolle.
546                                                                             Deutsche Rentenversicherung 4/2020

Abbildung 20: Anteile der Inanspruchnahme verschiedener Rentenarten
              bei Frauen in Westdeutschland

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Abbildung 21: Anteile der Inanspruchnahme verschiedener Rentenarten
              bei deutschen Frauen in Ostdeutschland

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.
Statistik                                                                                                                     547

Abbildung 22: Alter beim Rentenzugang nach Geschlecht und Region im Zeitverlauf

Anmerkungen: nur Altersrenten ohne Altersrente für Bergleute, nur erstmalige Bewilligung einer Rente.

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenzugang 1999 bis 2019, Geburtsjahrgänge 1936 bis 1952; eigene Berechnungen.

Die frühe Verrentungsmöglichkeit durch                                teil von Frauen, welche die Regelaltersren­
die Altersrente für Frauen wurde in Ost­                              te als späteste Option wählte, auf etwa ein
deutschland im Geburtsjahrgang 1936 von                               Fünftel. Mit der Einführung der Rente für be­
fast allen Frauen in Anspruch genommen                                sonders langjährig Versicherte wird ab dem
(Abbildung 21). Ein nur geringer Anteil von                           Geburtsjahrgang 1952 auch erkennbar, wie
jeweils etwa 5 Prozent nehmen in diesem                               viele Frauen in Ostdeutschland 45 Versiche­
Jahrgang die Rente für schwerbehinderte                               rungsjahre und mehr aufweisen konnten. Mit
Menschen und die Regelaltersrente in An­                              der Abschaffung der Rente für Frauen wurde
spruch. Für die nachfolgenden Jahrgänge                               dem Geburtsjahrgang 1952 diese früheste
ist die Altersrente für Frauen mit mehr Ab­                           Altersrente genommen, womit schlagartig
schlägen berechnet worden und wurde                                   der Anteil der Frauen auf ein Drittel steigt,
damit zunehmend unattraktiver. Die Quote                              die nach 45 und mehr Jahren als beson­
der Inanspruchnahme sank im Vergleich der                             ders langjährig Versicherte ohne Abzüge in
frühen mit den späteren Geburtskohorten in                            Rente gegangen sind. Ebenso viele konn­
Ostdeutschland von 88 Prozent auf 56 Pro­                             ten 35 Versicherungsjahre für eine Rente für
zent. Die Einführung der Abschläge ließ also                          langjährig Versicherte vorweisen und ent­
die Inanspruchnahme sinken, aber erst mit                             schieden sich für diese Rentenart. Durch die
der Abschaffung dieser Rente kam es zu                                Reformen wurde im Ergebnis erreicht, dass
einem abrupten Ende dieser Rentenart. Mit                             vor allem Frauen des Geburtsjahrgangs 1952
dem Rückgang der frühen Verrentung stieg                              in Ostdeutschland länger auf die Altersrente
der Anteil von Frauen, die eine Rente für                             warteten, aber auch seltener Abzüge für vor­
langjährig Versicherte abwarteten, die ihnen                          zeitige Rente in Kauf nehmen mussten.
nach 35 Versicherungsjahren als spätere Al­                           Insgesamt zeigt sich in Abbildung 22 ein
ternative zur Verfügung stand. Es stieg aber                          Trend zum späteren Rentenzugang. Dieser
ab dem Geburtsjahrgang 1945 auch der An­                              Trend verlief bei den westdeutschen Män­
Sie können auch lesen